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Moderne Traditionen

Moderne Traditionen - Home - Springer978-3-7643-8195-0/1.pdf · Jawahar Kala Kendra Kunstzentrum, Jaipur, Charles Correa — Hiranandani Gardens gast_moderne_traditionen.indb 10 16.02.2007

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Moderne Traditionen

gast_moderne_traditionen.indb 1 16.02.2007 16:06:09 Uhr

Klaus-Peter Gast

Zeitgenössische Architektur in IndienModerne Traditionen

Birkhäuser

Basel · Boston · Berlin

gast_moderne_traditionen.indb 3 16.02.2007 16:06:09 Uhr

—Grafische GestaltungMiriam Bussmann, Berlin

—Bildverarbeitung Licht+Tiefe, Berlin

—CAD-AssistenzRaphel Kalapurakkal, Cochin

—DruckFreiburger Graphische Betriebe, Freiburg i. Br.

Dieses Buch ist auch in englischer Sprache erschienen:ISBN 978-3-7643-7754-0

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet über<http://dnb.ddb.de> abrufbar.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begrün-deten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks,des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, derFunksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung aufanderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanla-gen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehal-ten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen diesesWerkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichenBestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltendenFassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig.Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen desUrheberrechts.

© 2007 Birkhäuser Verlag AGBasel · Boston · BerlinPostfach 133, CH-4010 Basel, SchweizEin Unternehmen von Springer Science+Business Media

Printed in Germany

ISBN 978-3-7643-7753-3

9 8 7 6 5 4 3 2 1

www.birkhauser.ch

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Vorwort

Raj Jadhav

—INDISCH-MODERN

Charles Correa and Associates

Regierungsgebäude Vidhan Bhavan

Bhopal, 1997

Rahul Mehrotra and Associates

Haus in einer Plantage

Ahmedabad, 2004

Raj Rewal and Associates

Bibliothek des indischen Parlaments

Neu-Delhi, 2003

—REGIONALISTISCH-MODERN

Shimul Javeri Kadri Architects

Produktionsgebäude für Synergy Lifestyles

Karur, 2004

—SPÄTMODERN

HCP Design and Project Management Pvt. Ltd.

Indian Institute of Management

New Campus (IIM)

Ahmedabad, 2006

Charles Correa and Associates

Stadtplanung

Mumbai und Bagalkot, im Bau

—MINIMAL-ÖKONOMISCH

Raj Rewal and Associates

CIDCO Lowcost Housing

Neu-Mumbai, 1993

Auswahlbibliografie

Der erwachende Riese

—KLASSISCH-MODERN

Khareghat and Associates

Wohnhochhäuser Belvedere und Tytan

Mumbai, im Bau

Klaus-Peter Gast

Haus Leslie Pallath

Cochin, 2005

—MATERIALBETONT

Rahul Mehrotra and Associates

Unterkünfte des Tata Institute of

Social Sciences

Tuljapur, 2000

—TRADITIONSVERBUNDEN

Shimul Javeri Kadri Architects

Ayushakti – Klinik für ayurvedische

Behandlung

Mumbai, 1999

Karl Damschen

Brunton Boatyard Hotel

Cochin, 1999

—ÖKOLOGISCH-NACHHALTIG

Karan Grover and Associates

Sohrabji Godrej Green Business Center

Hyderabad, 2003

Bildnachweis

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Inhalt

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7

Trotz ihrer modernen Formensprache ist die zeitgenös-

sische Architektur Indiens in vieler Hinsicht tief in ihrer Jahr-

tausende alten Vergangenheit verwurzelt. Anders als die

moderne Architektur des Westens, die nach der durch die

Weltkriege verursachten Verwüstung weiter Landstriche

gleichsam von einem reinen Tisch aus neu begann, ist die

indische Architektur als natürliche Fortsetzung ihrer mehr-

tausendjährigen, dabei durch zahlreiche Fremdeinflüsse ge-

prägten Geschichte zu verstehen. Der Versuch, den jewei-

ligen Fremdeinflüssen Raum zu schaffen, wurde von einem

langen und zähen Prozess der Untersuchung und Selbstprü-

fung etablierter Konventionen begleitet. So kommt es, dass

die indische Architektur eines jeden Zeitalters sowohl Aus-

druck ihrer Zeit ist, als auch tief in ihrer Vergangenheit ver-

wurzelt bleibt. Wer die heutige Architektur Indiens begreifen

will, muss also auch verstehen, welche Faktoren ihre Metho-

den bestimmen und wie man sie begründet.

Die Technologie ist heute ein fester Bestandteil der west-

lichen Weltanschauung. Sie bestimmt Verfahren und Produk-

tion, ebenso wie im Gegenzug diese die Technologie bestim-

men. Im Kontext des “Neubeginns” und seiner Ursachen

konnte sich die westliche Welt tatkräftig der Zukunft zuwen-

den. Die Technologie ermöglichte ihr, in unerforschte Be-

reiche vorzudringen und dabei eine neue Art von Architektur

hervorzubringen. Heute bestimmt zum großen Teil die Tech-

nologie, was an Architektur entsteht und welche Vorstöße in

neue Richtungen sie unternimmt. Romi Khosla bezeichnet

solche Sondierungen des Neuen, die aus “Dynamik und Be-

wegung” als den primären Impulsen der westlichen Welt

entstehen, als abstract futures1 – abstrakte Zukunftsszenari-

en. Die vormoderne Vergangenheit spielt, wenn überhaupt,

nur eine untergeordnete Rolle.

Im Gegensatz hierzu sind die Kulturen Asiens durch ihre

Bindung an die Vergangenheit und die davon ausgehende

Verpflichtung gekennzeichnet, im Verlaufe ihrer bruchlosen

Fortentwicklung die Dynamik der Moderne aufzunehmen

und im eigenen Sinne zu verarbeiten. Der Osten kann die

Moderne nicht ignorieren. In erster Linie seiner Kolonialge-

schichte wegen, doch auch aufgrund von zunehmender glo-

baler Interdependenz und deutlicher werdenden Homogeni-

sierungstendenzen, hält man sie allgemein für die unver-

meidliche Richtung der Zukunft. Die Länder des Ostens sind

nun dauerhaft Teil der modernen Welt. Die Herausforderung

besteht daher darin, ihre weit zurückreichende Vergangen-

heit mit dem Geist, den Systemen, Methoden und Produkten

der modernen Welt auszusöhnen. Genau von diesem Stand-

punkt aus sollte dieses Buches gelesen werden.

Pluralismus im indischen Kontext Spiritualität und da-

mit verbundene Mythen bilden den Kern der indischen Iden-

tität. Die Geisteshaltung der Toleranz lässt sich bekanntlich

bis zu den Anfängen der indischen Zivilisation und insbeson-

dere bis zu ihrem Diskurs zur Spiritualität zurückverfolgen.

So erklärt sich, dass zahlreiche Lehren gleichzeitig entstehen

und koexistieren konnten. Der Hinduismus als Weltanschau-

ung2 bestand neben dem Buddhismus, dem Dschainismus

— VorwortRaj Jadhav

Grundriss eines nordindischen Tempeltyps

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Nordindischer Tempeltyp — Fatehpur Sikri — Verwaltungsgebäude, Mumbai — Art Deco Kino, Mumbai

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und weiteren Lehren, die sich alternativ zur hinduistischen

Gedankenwelt herausbildeten. Die mit den jeweiligen Lehren

verbundene Architektur spiegelte deren Vorstellungen wider

und war bestimmt durch in skulpturaler Erzählform darge-

stellte kosmologische Konnotationen, Mythen und Diskurse

sowie insgesamt durch Anspielungen auf das holistische und

integrative Weltverständnis ihrer Zeit. Zu einem großen Teil

basierte die Bautätigkeit auf komplexen altindischen Kunst-

theorien.

Als im 7. Jahrhundert n. Chr. persische Eroberer in Indien

einfielen, unterschied sich ihre Auffassung der Welt wesent-

lich von den bestehenden Weltanschauungen. Dieser neue

Fremdeinfluss war geprägt durch Opulenz, durch die de-

monstrative Darstellung von Reichtum, durch persische Form

und Ästhetik, ihre Erzählform lag in der Beschriftung der

Bauwerke mit Koranversen. Das Verbot der Abbildung von

Menschen und Tieren stand in direktem Gegensatz zu den

skulpturalen Erzählformen der vor-islamischen Kulturen.

Weitere Unterschiede zeigten sich im Laufe der Zeit. Für die

Dauer von beinahe 1000 Jahren bestanden die islamischen

und vor-islamischen Architekturformen nebeneinander. Die

Bevölkerung lernte entweder, mit den Unterschieden zu le-

ben, oder sie versuchte, sie miteinander in Einklang zu brin-

gen. Aller Differenzen zum Trotz gab es Versuche einer Aus-

söhnung vor-islamischer und islamischer Ausdrucksformen.

Die im 16. Jahrhundert n. Chr. durch den indischen Großmo-

gul Akbar errichtete Stadt Fatehpur Sikri ist ein Beispiel für

solch einen Harmonisierungsversuch.

Ab ca. dem 17. Jahrhundert brachten die allmählich ein-

treffenden europäischen Kolonialisten eine von kartesischer

Vernunft, christlicher Religion und europäischem Klassizismus

geprägte dritte, grundverschiedene Weltanschauung mit den

daraus hervorgehenden Stilformen ins Land. Die Architektur

wurde mit ihrem Streben nach Größe und Erhabenheit und

ihren Stilelementen zu einem Ausdruck der Macht des Welt-

reichs. Einheimische Handwerker, die in den Jahrtausende

alten Handwerkstraditionen geschult waren, wurden in die

europäischen Künste neu eingewiesen. Dem Pluralismus der

indischen Architektur wurde durch die Kolonialarchitektur ein

weiteres Element hinzugefügt. Mit der britischen Kolonial-

herrschaft kamen das Gedankengut der Moderne und damit

neue Baustoffe, neue Technologien, neue Methoden und Ver-

fahren nach Indien. Der Niedergang der Jahrtausende alten

Handwerkstraditionen ließ sich nicht vermeiden. Nicht länger

bestimmten srenis (Gilden) von mistris (Handwerkern) das

Bauwesen, sondern Architekten und Ingenieure, deren Ent-

würfe an Zeichentischen entstanden und die die am Bau ein-

gesetzten Materialien nie in die Hand nahmen.

Art Deco wurde für die moderne Architektur vom Beginn

bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts zu einer bedeutenden

Stilrichtung, an der sich bis weit in die 1960er Jahre viele

Bauprojekte orientierten. Nachdem Indien 1947 die Unab-

hängigkeit erlangt hatte, wandte sich der in England ausge-

bildete Jawarharlal Nehru auf der Suche nach einem Vorbild

für eine seiner Vision von einem industrialisierten Indien ent-

sprechenden Architektur an Le Corbusier. Dessen Entwurf

der Stadt Chandigarh avancierte zum Symbol der modernen

indischen Architektur. Zu jener Zeit wurde Indien nach sozi-

alistischem Muster regiert und das Land nahm gewaltige

Infrastrukturprojekte, darunter die Errichtung von Verwal-

tungsgebäuden und Wohnungsbauprojekten, in Angriff. Der

Modernismus im Stil Le Corbusiers wurde über zwei Jahr-

zehnte lang nicht in Frage gestellt.

Erst in den 1980er Jahren erkannte man, dass der dem

Geiste Le Corbusiers entspringende Modernismus keine aus-

reichende Antwort auf die Realitäten des Lebens in Indien bot.

Es hatte sich gezeigt, dass das Bauwesen die weit zurückrei-

chende Vergangenheit Indiens nicht außer Acht lassen durfte,

da diese Vergangenheit Indiens zugleich in der Gegenwart

des Landes fortlebt. In einer natürlichen Fortsetzung der lan-

gen indischen Baugeschichte musste man sich den Modernis-

mus aneignen und dabei im eigenen Sinne verarbeiten. Ent-

sprechend versuchten Architekten wie Raj Rewal, Charles

Correa oder Balkrishna Doshi die moderne Architektur mit

dem, was man gemeinhin als “indisch” identifizierte, auszu-

söhnen und so eine “moderne indische” Architektur entste-

hen zu lassen – ein weiteres Konzept unter der Vielzahl der

architektonischen Ausdrucksweisen, die die indische Zivilisa-

tion im Verlaufe der Jahrtausende hervorbrachte.

Zwischenzeitlich setzte man in verschiedenen Landesteilen

die modernistisch geprägte Erkundung architektonischen

Neulands fort. Das von Roger Anger entworfene Matrimandir

in Auroville zeugt, ebensowie eine Anzahl weiterer Bauten am

selben Ort, von Spiritualität; Laurie Bakers Arbeiten in Kerala

sind kostengünstig, basieren auf Selbsthilfe und sind ebenso

wie sein Center for Developmental Studies sowohl kultur- als

auch klimagerecht; Satish Gujrals Bau der belgischen Bot-

schaft in Neu-Delhi hat Skulpturcharakter und nimmt auf hin-

duistische Mythen Bezug – um nur einige wenige Beispiel für

die Vielfalt der in den vergangenen zwei Jahrzehnten in In-

dien entstandenen modernen Architektur anzuführen.

Das Jahr 1991 markiert insofern einen entscheidenden

Einschnitt in der indischen Geschichte, als die Regierung in

jenem Jahr den sozialistischen Gesellschaftsentwurf aufgab,

die indische Volkswirtschaft liberalisierte und damit den glo-

balen Realitäten anpasste. Für die Bautätigkeit in Indiens

Städten hatte diese “Liberalisierung” ungeheure Auswir-

kungen. Die Architektur der Großkonzerne und der global

operierenden Finanzwelt mit ihren Fassaden aus Glas und

Aluminium und ihrer universalen Formensprache bestimmte

nun einen bedeutenden Teil der Bauaktivitäten. Daneben

wurde der Einzelhandel zu einem wichtigen Auftraggeber

des Bauwesens. Jetzt war es die Globalisierung der Wirt-

schaft, die die indische Architektur bestimmte. Die Ära des

Vorwort

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Jawahar Kala Kendra Kunstzentrum, Jaipur, Charles Correa — Hiranandani Gardens

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Sozialismus mit ihren staatlich kontrollierten Produktionsme-

chanismen war vorüber; in der Architektur regierten nun

Angebot, Nachfrage und Profitabilität.

Neben der Architektur, die im Auftrag der Großkonzerne

und Einzelhandelsunternehmen entsteht, gibt es auch noch

den gewaltigen Bereich des Wohnungsbaus. Zuwanderung

zu den urbanen Zentren verstärkt die Nachfrage nach Wohn-

unterkünften und führt zu einer deutlichen Erhöhung der

Preise für Wohneigentum. Die zunehmende Anzahl von im

Wohnungsbaubereich tätigen Bauunternehmern “verpackt”

ihre Gebäude so, dass sie auf Käufer möglichst attraktiv wir-

ken. Riesige Wohnkomplexe werden mit Ornamenten ver-

ziert, die der klassischen europäischen Architektur entlehnt

sind. In Städten wie Mumbai finden sich solche Bauten recht

häufig, die Hiranandani Gardens des Architekturbüros Ha-

feez Contractor sind ein Beispiel hierfür.

Daneben bestehen die Vorstellungen der modernen in-

dischen Architektur ebenso weiter wie (in Sakralbauten und

Wohnhäusern auf dem Lande) die Formensprache traditio-

nellen Bauens und zahlreiche weitere Ausdrucksformen. Eine

solche Vielfalt könnte meiner Meinung nach ohne das in der

altindischen Spiritualität verwurzelte Prinzip der Toleranz

nicht existieren. Auch weiterhin wird dieses fortbestehende

Toleranzprinzip Fremdeinflüsse aufnehmen, indem es sie sich

zu eigen macht und den Bedürfnissen indischer Nutzer an-

passt. Darüberhinaus steht es nach dem Beitritt Indiens zum

Global Agreement on Trade and Services (GATS), dem welt-

weiten Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen, nun

ausländischen Architekten frei, im Land tätig zu werden. Dies

wird den Pluralismus weiterhin stärken und damit die in-

dische Architektur spannender und bunter machen.

Soziokulturelle Determinanten In seinem Buch House

Form and Culture3 vertritt Amos Rapoport die Auffassung,

dass die Form eines Hauses in erster Linie durch einer be-

stimmten Gesellschaft entwachsene soziokulturelle Faktoren

bestimmt wird und erst danach durch pragmatische Überle-

gungen hinsichtlich solcher Faktoren wie Wirtschaftlichkeit,

Klima, Materialwahl oder Technologie. Man kann beobach-

ten, dass ein Großteil der indischen Architektur dieser Theo-

rie entspricht. Die als Vastu Shastra bekannten altindischen

Schriften zur Baukunst werden in der modernen indischen

Architektur häufig zur Planung von Häusern, Wohnbaukom-

plexen, Büro-, Wirtschafts- und Industriebauten sowie ande-

rer Gebäudetypen herangezogen.

Von der Stadtentwicklung bis zur Möblierung eines Raumes

regeln die Lehren des Vastu Shastra Planung und Entwurf bis

in die Einzelheiten hinein. Seine Vorgaben leiten sich, wie

man sagt, von einer uralten, erfahrungsgeprägten Kenntnis

des menschlichen Körpers und seines Verhältnisses zu Erde

und Kosmos ab. Die Beachtung der Regeln, so glaubt man,

sorgt für ein allgemeines Wohlbefinden des Menschen. Ein

Klient also, der an die Prinzipien des Vastu Shastra glaubt,

wählt anhand der Leitlinien dieser Schriften sein Grundstück

aus und ordnet Baufunktionen und -elemente entsprechend

an. Architekten und ihre Klienten konsultieren Vastu Shastra-

Berater, bevor sie sich auf einen Entwurf einigen. Zur Zeit

lässt sich ein rapides Wiederaufleben dieser alten Wissens-

lehre beobachten.

Raj Rewal verfolgt in seinen Arbeiten einen anderen An-

satz der soziokulturell bestimmten Architekturgestaltung.

Rewal hat sechs ihrem Zweck nach multifunktionale Ele-

mente der traditionellen Architektur identifiziert – d.h. es

handelt sich um soziale und kulturelle Räume, die klimage-

recht sind und die, traditionellerweise, Symbole der Gemein-

schaftsidentität darstellen. Die Gruppe dieser sechs Elemente

setzt sich aus der Bebauungsstruktur, den Häusergruppen,

den Innenhöfen, Straßen, darwaza (dem Tor als Element,

dass das Innen im Kontrast zum Außen definiert) und den

Dachterrassen zusammen. In seinen Entwürfen nutzt Rewal

beispielsweise den Innenhof als einen Raum, in dem zwi-

schenmenschliche Begegnungen und kulturelle Aktivitäten

stattfinden können. Daneben dient der Innenhof als Licht-

schacht und als effektive Belüftungsstrategie in heißen und

trockenen Klimazonen. Mit dem Central Institute for Educa-

tional Technology in Neu-Delhi überführt Rewal wesentliche

Elemente eines als chhatri bekannten, auf einer Terrasse ge-

legenen traditionellen Aussichtspavillions in eine moderne

Ästhetik, in der das überkommene Sinnbild der lokalen Iden-

tität aufscheint.

Darüber hinaus spielt Rewal auf die altindische Kunsttheo-

rie des rasa an – es handelt sich um ein Wort aus dem Sans-

krit, das dem deutschen Begriff von “Geschmack” in einer

überhöhten Bedeutung von “Essenz” nahekommt. Mit “Cha-

rakter” sollte es nicht verwechselt werden. In Bezug auf die

Architektur lässt sich die Vorstellung von rasa als die Einbin-

dung einer einzigartigen, praktisch erfahrenen Ästhetik ver-

stehen, die sich sowohl harmonisch zu Gebäudefunktion

und -zweck verhält, als auch dazu etwas hinzufügt. Dahinter

steht die Absicht, eine Architektur zu gestalten, die nicht nur

funktional ist, sondern auch auf eine mit der Gebäudefunk-

tion harmonisierenden Weise den Tastsinn und die Augen

anspricht. Außerdem trägt die Übernahme dieser Vorstellung

von rasa dazu bei, eine Verbindung zur Kultur der Vergan-

genheit herzustellen. Andere Architekten wie beispielsweise

Charles Correa ziehen es vor, in ihren Bauten eine kulturell

besetzte bildliche Darstellung zu verwenden. So bezieht er

sich im Falle des Jawahar Kala Kendra in Jaipur mit seinen

großflächigen Wandbemalungen auf altindische Hindu-My-

then und machte ein aus neun Quadraten bestehendes man-

dala (eine Darstellung der Welt in geometrischer Form)4 zur

Basis seines Bauplans.

In den ländlichen Gegenden Indiens beeinflussen sozio-

kulturelle Faktoren häufig die volkstümliche5 Baugestaltung.

Vorwort

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Central Institute of Educational Technology (CIET), Neu-Delhi

Sohrabji Godrej Green Business Center, Hyderabad

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So bestimmt beispielsweise die Rolle der Frau in der Gesell-

schaft die den Frauen vorbehaltenen Bereiche in einem Haus.

Die dekorativen Muster und Farben, mit denen die Häuser

geschmückt sind, haben eine tiefe kulturelle Bedeutung. Ei-

nige dieser Schmuckelemente werden auch in der urbanen

Architektur Indiens verwendet. Auch weiterhin bestimmen

soziokulturelle Elemente und Räume die Architektur Indiens

wesentlich mit. Diese starke Identifizierung mit dem Wesen

des Indischen ist ein fester Bestandteil sowohl der traditio-

nellen als auch der modernen Architektur Indiens.

Nachhaltiges Bauen – eine altindische Tradition Die

Lehren der altindischen Spiritualität verstehen den Menschen

als einen Teil des Universums und stellen die menschliche

Existenz in ein direktes Verhältnis zu kosmischen Abläufen.

Aus dieser Auffassung heraus begegnete die altindische Zivi-

lisation ihrer Umwelt stets mit Respekt. Klimagerechte Ge-

staltung, die Verwendung von örtlich verfügbaren und nach-

haltig gewonnenen Baustoffen und die Regenwassergewin-

nung gehörten typischerweise zu ihren Grundsätzen.

Insbesondere die klimagerechte Baugestaltung befindet sich

nach Jahrtausenden ihrer Verfeinerung auf einem sehr ho-

hen Entwicklungsstand. Das Wissen darum scheint bedauer-

licherweise im Laufe der vergangenen 50 Jahre an Bedeu-

tung verloren zu haben.

Heute jedoch verbinden verschiedene Architekten die tra-

ditionellen Methoden und Prinzipien des nachhaltigen Bau-

ens mit modernen Methoden und Prinzipien. Karan Grovers

CII Sohrabji Godrej Green Business Center (CII-Godrej GBC)

in Hyderabad ist ein Beispiel einer solchen Verbindung. Das

Gebäude setzt traditionelle indische Gestaltungsprinzipien

des nachhaltigen Bauens im Rahmen der als United States

Green Building Council’s (USGBC) Leadership in Energy and

Environmental Design (LEED version 2) publizierten Leitlinien

ein. Diese Leitlinien berücksichtigen bereits solche herge-

brachten indischen Prinzipien wie die Verwendung von ört-

lich vorhandenen und nachhaltigen Materialien und die Re-

genwassergewinnung. Darüber hinaus bedient sich Grover

jedoch auch anderer traditioneller Techniken wie der Ver-

wendung von Windtürmen, die Wind einfangen, ihn durch

ihren Schacht hindurchführen und die Luft aufbereiten (im

Falle des CII-Godrej GBC mit künstlichen Mitteln), bevor sie

in die bewohnbaren Räume eingeleitet wird. Eine weitere

traditionelle Methode des klimagerechten Bauens ist die An-

ordnung des Gebäudes um einen Innenhof herum. Der In-

nenhof trägt dazu bei, den Bedarf an künstlichem Licht zu

senken, spendet dank der Gebäudemasse Schatten und er-

leichtert die Abwasserrohrentlüftung.6 Das CII-Godrej GBC

strebt die Verbreitung der revidierten LEED-Leitlinien inner-

halb Indiens und in Asien an, um die CII-Godrej GBC-Initiati-

ve ins Zentrum des grünen Bauens in Asien zu rücken.7 Mit

solchen Vorhaben wird das nachhaltige Bauen in der moder-

nen Architektur des heutigen Indien institutionalisiert. Ganz

offensichtlich liegt die Zukunft der modernen indischen Ar-

chitektur in der Gestaltung grüner Gebäude.

Schlussbemerkungen Aufgrund ihrer spirituellen und

kulturellen Verankerung gelten Jahrtausende alte Bauprin-

zipien bis heute und werden noch bis weit in die Zukunft

hinein gelten. Unter Verweis auf solche Prinzipien habe ich

den Pluralismus architektonischer Entwurfspraxis, soziokul-

turelle Bestimmungsfaktoren und das nachhaltige Bauen als

bedeutende Elemente der früheren, heutigen und zukünf-

tigen indischen Architektur identifiziert. Das pluralistische

Wesen der heutigen Architektur Indiens ist eine spannende

Ausgangsbasis für zukünftige Vorstöße und Innovationen.

Soziokulturelle Determinanten “verindischen” die moderne

und universalisierte Architektur und tragen so zur Herausbil-

dung einer modernen indischen Identität in der Architektur

bei. Indien steht kurz davor, zum Zentrum des modernen,

nachhaltigen Bauens in Asien zu werden.

Diese drei Faktoren lassen mich der Zukunft der indischen

Architektur mit Zuversicht entgegensehen. Vor diesem Hinter-

grund sollte Klaus-Peter Gasts Buch gelesen werden. Es strebt

an, diese und andere Merkmale der zeitgenössischen Archi-

tektur Indiens zu erfassen. Seine Projektsammlung stellt an-

hand von repräsentativen Beispielen die verschiedenen Rich-

tungen vor, die die indische Architektur heute einschlägt und

zukünftig einschlagen wird. Meiner Ansicht nach sind sie in-

sofern einzigartig, als Indiens Vergangenheit in Indiens Ge-

genwart lebendig ist und sich aller Wahrscheinlichkeit nach

auch in die Zukunft fortsetzen wird. Ich danke Klaus-Peter

Gast für diese Initiative – jeder, der sich für die zeitgenössische

Architektur Indiens interessiert, wird daraus Gewinn ziehen.

Vorwort

5 Ich beziehe mich auf Amos Rapoports Begriff von folk architecture, der die

Architektur des einfachen Volkes bezeichnen soll. Siehe Rapoport, Amos. House

Form and Culture. NJ: Prentice-Hall, Inc., 1969. S. 2.

6 Jadhav, Rajratna. www.architectureweek.com/2004/0922/environment_1-1.html.

7 www.greenbusinesscentre.org/grn/events/

1 Khosla, Romi. The Loneliness of a Long Distant Future: Dilemmas of

Contemporary Architecture. Neu-Delhi: Tulika, 2002.

2 Der Hinduismus wurde erst im 8. Jahrhundert n. Chr. nach der Verbreitung des

islamischen Glaubens in Indien als Religion identifiziert. Siehe Singh, Jaswant. A

Call to Honour: In Service of Emergent India. Neu-Delhi: Rupa & Co. 2006, S. 82.

3 Rapoport, Amos. House Form and Culture. NJ: Prentice-Hall, Inc., 1969.

4 Lang, Jon, Desai, Madhavi, Desai, Miki. Architecture and Independence: The

Search for Identity – India 1880 to 1980. Delhi: Oxford University Press, 1997.

gast_moderne_traditionen.indb 13 16.02.2007 16:06:17 Uhr

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Am 14. August 1947 verkündete der erste Premierminister

Indiens Jawaharlal Nehru um Mitternacht „das Ende der Ar-

mut und des Unwissens und der Krankheiten und der Un-

gleichheiten“¹. Indien war nach über 200 Jahren britischer

Herrschaft unabhängig geworden. Der eiserne gewaltlose

Kampf von Mohandas Karamchand (Mahatma) Gandhi ge-

gen Unterdrückung und Besetzung einer einstmals freien

Nation war ein triumphaler Erfolg geworden. Seit dem

16. Jahrhundert, zur Zeit des moslemischen Eroberers Akbar,

herrschte auf dem Subkontinent eine große Toleranz- und

Kommunikationsbereitschaft und die Fähigkeit eines Mit-

einander in reger Aktivität und großem Austausch. Pluralis-

mus und akzeptierte Vielfalt des Denkens waren seit jeher

Komponenten der Bevölkerung eines Landes, das sich Bharat

und später, aus dem Fluss Indus abgeleitet, Hindustan nann-

te. Nicht erst seit Akbar, sondern schon seit Alexander dem

Großen hatte dieser Teil der Welt Eroberer über sich ergehen

lassen müssen, doch zumeist mit erstaunlicher Gelassenheit

und Gewaltlosigkeit. Indien absorbierte immer wieder das

Neue, das ungebeten hereinbrach und nutzte es für sich

selbst. Das Fremde wurde indisch, es wurde Teil des natio-

nalen Erbes. Hier beginnt bereits die indische Globalisierung,

früher als in jedem anderen Land, ohne jemals die eigenen

Grenzen überschritten zu haben, denn das antiimperiale In-

dien hat niemals Expansionskriege geführt. Und so bleibt zu

fragen, ob sich diese außergewöhnlichen Qualitäten über die

200 Jahre der Besetzung erhalten haben und ob Nehrus em-

phatischer Ausruf nach nun 60 Jahren Wirklichkeit gewor-

den ist. Die sich neu etablierende „größte Demokratie der

Welt“ sollte nach dem Vorbild der Sowjetunion ein sozialis-

tisches Muster erhalten, nach Nehru ein Ideal an Gerechtig-

keit, dessen 5-Jahres-Planwirtschaft zentral zu regeln war.

Da Gandhi bereits ein halbes Jahr nach der Unabhängigkeit

einem Attentat zum Opfer gefallen war, konnte er seine Vor-

stellung von einem Indien der Dörfer, größtenteils mit Selbst-

verwaltungen und Kleinindustrien, nicht mehr einbringen.

Nehru verwirklichte seine Ideen kompromisslos, während die

Beziehungen zur Sowjetunion damit ihren Höhepunkt er-

reichten. Grundsätzlich fortgeführt wurde dessen Politik von

seiner Tochter Indira Gandhi und später deren Sohn Rajiv

Gandhi. Erst im Jahre 1992 wurde die Nehru-Doktrin aufge-

geben, als der derzeitige Premierminister Manmohan Singh

als damaliger Finanzminister unter dem Premier Narasimha

Rao eine neue Wirtschaftspolitik einleitete. Das Tor zur Welt

wurde aufgetan, der autarken Selbstbewirtschaftung eines

geheimnisvollen, in der übrigen Welt immer noch fast unbe-

kannten Landes hinter dem Himalaja ein Ende bereitet. Die

indische Öffnung zum globalen Markt war die zweite ent-

scheidende Wende des Landes im 20. Jahrhundert: Dem In-

dividuum wurde die alte Freiheit im privaten und wirtschaft-

lichen Leben zurückgegeben, und eine riesige, bisher wenig

genutzte Kapazität von Intelligenz konnte und kann sich frei

entfalten und ihre kreative Energie einsetzen. Damit waren

die Grundlagen für ein explosionsartiges Wirtschaftswunder

innerhalb der letzten 15 Jahre gelegt. Ein rasanter technolo-

gischer Fortschritt begann in Kooperation mit internationa-

len Firmen, wobei ausländische Unternehmen plötzlich neue

Maßstäbe setzten. Doch auch Kritik war die Folge: Konnte

— Der erwachende Riese

Jawaharlal Nehru

gast_moderne_traditionen.indb 15 16.02.2007 16:06:18 Uhr

16

Neu-Delhi, Regierungsbauten

gast_moderne_traditionen.indb 16 16.02.2007 16:06:20 Uhr

17

und sollte sich das über Jahrtausende kulturell gefestigte In-

dien einem derartigen Einfluss aussetzen? Sollte die materi-

alistisch geformte Denk- und Handlungswelt des Westens

der neue Maßstab eines auf spirituellen Werten fußenden

Indiens werden? Auch dabei setzte schließlich Gelassenheit

ein, denn der Lebensstandard eines jeden Einzelnen wuchs

und wächst. Indien wird wie immer in der Geschichte in der

Lage sein, das Neue für sich zu nutzen, ohne sich selbst auf-

zugeben.

Der Wunsch nach globalen Märkten führte aber, wie in

vielen anderen Ländern auch, zu Protesten gegen die Globa-

lisierung, die globalisierte Machtausbreitung. Doch darin

liegt die Chance eines Neulings, dieser Gefahr unkontrollier-

barer Macht sehr bewusst gegenüberzutreten und seinen

eigenen Beitrag zu einer Balance zu leisten. Den großen

Wachstumsraten von derzeit 8 % und vorhergesagten 7 %

bis zum Jahr 2025² steht allerdings eine nicht unerhebliche

soziale Asymmetrie gegenüber. Das Kastenwesen, also die

degenerierte hierarchische gesellschaftliche Gliederung nach

Geburt, stellt dabei nur einen Aspekt dar, mehr noch die

generelle mangelnde Bereitschaft zur Akzeptanz eines ge-

sellschaftlich Andersgestellten. In der Politik wird demokra-

tische Balance geübt, aber im sozialen und ökonomischen

Leben Indiens herrscht großes Ungleichgewicht. So muss

mehr praktische und weniger theoretische Demokratie ge-

fordert werden, wie beispielsweise die Realisierung des

Rechts auf Ausbildung und Arbeit für alle. Immer noch stel-

len die Frauen dabei den Schwerpunkt dar, denn über 60 %

von ihnen haben keine Schulausbildung. Auch führt die ge-

gensätzliche Reaktion der Politik, die derzeit sehr umstrittene

Quotenregelung, die der Kaste der so genannten Unberühr-

baren – den scheduled castes – zu mehr gesetzlichem Anteil

an Ausbildungsplätzen verhelfen soll, zu neuen sozialen Un-

gerechtigkeiten. Ein krasser Gegensatz der Ausbildung exis-

tiert in ländlichen Gegenden gegenüber den Metropolen

und steht im Widerspruch zur eigentlichen Wirtschaftskraft.

Weiterhin stellt das von den Briten übernommene Rechtswe-

sen, wie das gesamte bürokratische System, eine äußerst

schwerfällige Maschinerie dar, die Recht und Gerechtigkeit

zeitraubend ungerecht werden lässt, wenn ein kriminelles

Delikt etwa zehn Jahre braucht, um verhandelt zu werden.

Besonders das Kastenwesen ist ein Paradoxon im spiritu-

ellen System gleich welcher Religion, denn dort ist jeder vor

Gott gleich. Dies wird von jeher im toleranten Hinduismus,

keiner Religion, sondern einer Lebenshaltung, verkündet,

wie es beispielsweise der den westlichen Ländern gegenüber

besonders offene Mönch Swami Vivekananda um 1900 tat.

Etwa 80 % der indischen Bevölkerung gehören dem Hindu-

ismus an, doch ist dies keinesfalls eine homogene, streng

disziplinierte religiöse Gemeinschaft wie etwa der Islam. Viel-

mehr handelt es sich um eine multikulturelle, vom Atheismus

über den Großteil der Gläubigen bis zur orthodox-nationalis-

tischen Hindutva reichenden Weltglaubensgemeinschaft,

deren Komplexität nicht so einfach zu fassen ist. Während

der weltoffene, wohl überwiegende Teil der Hindus die Neu-

erungen der gegenwärtigen indischen Gesellschaft wohlwol-

lend empfängt, bleibt der orthodoxe, von strengsten Regeln

und Traditionen geprägte Gläubige skeptisch bis ablehnend.

Was alle vereint, ist die Berufung auf das „Urwissen“ Veda,

ein philosophisches Moralkompendium, das Kosmos und

Welt erklärt, unzählige Interpretationen ermöglicht hat und

vor vielen Zeitaltern entwickelt wurde. Neben Moslems und

Christen leben darüber hinaus vielerlei Untergruppen religi-

öser oder auch ethnischer Art in diesem Land mit 250 Spra-

chen, dessen Bevölkerung kürzlich die Milliardengrenze

überschritten hat. Bei einer Wachstumszahl von 13 Millionen

Menschen pro Jahr wird auch verständlich, dass die andern-

orts ausgerotteten Krankheiten wie Polio, Typhus oder Mala-

ria nicht so einfach in den Griff zu bekommen sind. Eine

derart große Bevölkerung und Diversität von Menschengrup-

pen legt die Vermutung einer möglichen Zersplitterung nahe.

Doch als 1998 im nordwestlichen Wüstengebiet die offiziell

erste indische Atombombe gezündet wurde, musste dies als

Teil des nationalen, alle einenden Selbstbewusstseins gedeu-

tet werden. Ihr Mitentwickler, der hochrangige Wissenschaft-

ler Dr. Abdul Kalam, wurde daraufhin zum Präsidenten des

Landes gewählt. Nationalbewusstsein eint die vielfältigen

Inder, und so setzte der nach der Unabhängigkeit vielfach

Der erwachende Riese

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Neu-Delhi, Ansicht der Regierungsbauten

Kalkutta, Victoria Memorial — Mumbai, Victoria Station

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vorhergesagte Zerfall, die „Balkanisierung“ Indiens, nicht ein.

Die Nation steht bis heute zusammen, und Nehru hätte dies

sicherlich mit besonderem Stolz wahrgenommen.

Als Teil einer großen kulturellen Leistung Indiens, zu der

besonders der Philosoph Vivekananda (†1902), der Dichter

und Nobelpreisträger Rabindranath Tagore (†1941) und der

Regisseur Satyajit Ray (†1992) mit ihren Auswirkungen im

20. Jahrhundert zu zählen sind, werden nun im Folgenden

die Errungenschaften der Architektur der Moderne erörtert.

Anschließend sollen an ausgewählten Beispielen die neues-

ten Tendenzen in der Architektur der Gegenwart als Teil des

auch kulturell progressiven Indien vorgestellt werden.

Zur Entwicklung der modernen Architektur in Indien

Der Begriff des „Modernen“ in der indischen Architekturent-

wicklung des 20. Jahrhunderts bleibt schwierig zu fassen,

denn er wurde für zahlreiche Stilrichtungen dem Zeitgeist

entsprechend verwendet. Ausgehend von den europäischen

Bestrebungen innerhalb der 1920er Jahre hielt der Begriff

der „modernen Architektur“ zu Beginn der 1930er Jahre als

revolutionär-innovative Kraft vorsichtigen Einzug in Indien.

Doch galt damals alles über den britischen Import erfolgende

westliche Denken und Praktizieren als „modern“, denn zu

Beginn des 20. Jahrhunderts gab es keine einheitliche unab-

hängige Architekturentwicklung in Indien. Modern waren

die vom Bauhaus und Le Corbusier beeinflussten und nach

Indien getragenen Gedanken, und als modern galt ebenso

das nachfolgende, von regionalen oder auch exotischen Mo-

tiven beeinflusste Art Deco. Bis in die 1950er, sogar 1960er

Jahre hinein wurde auch neoklassizistische Architektur von

seinen überzeugten Vertretern als modern deklariert. Doch

bestand das Moderne in Indien eher in einer Lebenshaltung

insgesamt. Es hieß, die Welt positiv zu gestalten, zu verbes-

sern, jenseits der Norm zu stehen, progressiv und erfinde-

risch zu sein, und dazu gehörten sicher große visionäre

Köpfe, wie Tagore und später Nehru. Die britischen Archi-

tekten fühlten sich in Indien als modern, weil hier ein Expe-

rimentierfeld zur Verfügung stand, fast ohne Beschrän-

kungen und Vorschriften, mit ungewohnter Freiheit. Diese

unterschiedlichen Tendenzen sollen nun etwas ausführlicher

dargestellt werden.

Die Konsolidierung der britischen Kolonialmacht im

19. Jahrhundert hatte zur Folge, dass besonders öffentliche

Bauten in den Blickpunkt des Interesses gerieten. Große Bil-

dungseinrichtungen, wie die Bombay University von 1870,

oder Bahnhöfe als Tore zur Welt, wie die Victoria Station in

ehemals Bombay von 1887, oder auch bedeutende Denkmä-

ler, wie das Victoria Memorial in Kalkutta von 1906, waren

repräsentative Bauten einer selbstbewussten Klasse britischer

Architekten, die die Überlegenheit europäischer Kultur de-

monstrieren wollte. Dies wurde ganz besonders nach dem

Umzug des Regierungssitzes von Kalkutta nach Delhi vollzo-

gen, als Edwin Lutyens und Herbert Baker um 1912 den Auf-

trag erhielten, die neuen Regierungsbauten in „Neu-Delhi“

zu realisieren. Die Architekten entwarfen eine den indischen

Städten eher fremde, monumentale Stadtstraßenanlage mit

Achsen und Alleen in grandioser Geometrie und vor allem

mit zwei symmetrischen Verwaltungsbauten, die den Blick

zum Palast des Vizekönigs flankierten. Großzügige Kolon-

naden, offene Veranden, schlanke hohe Fensteröffnungen,

Chhajjas (weite Dachüberstände) und Gesimse, Jaalis (Loch-

blenden aus Stein) und Chhatris (frei stehende Pavillons)

wurden dabei als Zierelemente typisch historisch-indischer

Architektur eingesetzt. Der Palast des Vizekönigs weist eine

Kuppel auf, die an die buddhistische Stupa in Sanchi erinnert.

Obwohl Lutyens und Baker europäisch-klassizistische und

indische Elemente verschmolzen, wirkt die Anlage mit ihrer

Flächigkeit der Wände, dem zurückhaltenden Dekor und der

strengen Geometrie besonders des Palastes in ihrer Zeit mo-

dern. Erst 1931, nach fast 20 Jahren Bauzeit, wurde der Re-

gierungssitz eingeweiht. Die Hauptperiode des Neoklassizis-

mus ging weit über die 1930er Jahre hinaus, was vor allem

dem seit den 1920er Jahren bestehenden Indian Institute of

Architects geschuldet ist, einer britischen Institution, der zu-

erst der Brite Claude Batley vorstand. Seine Lehre basierte

auf dem Studium der griechisch-römischen, aber auch in-

dischen Klassik. Unter seinem enormen Einfluss begründete

sich die Schule der Konservativen, deren wichtige Vertreter

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Bangalore, Vidhana Soudha — Neu-Delhi, Garrison Church — Indisches Art Deco Haus

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beispielsweise Sudlow-Ballardie-Thompson oder bis in die

1950er Jahre Ganesh Deolalikar hießen. Dessen Supreme

Court in Neu-Delhi von 1952 imitierte die Lutyens-Baker Bau-

ten bis ins Detail. Zu den konservativen, so genannten revival-

ists gehörte auch B. R. Manickam mit seinem an indische

Palastanlagen erinnernden, monumentalen historistischen

Regierungsbau Vidhana Soudha in Bangalore von 1952. Kol-

lossalsäulen, Mogulkuppeln, Symmetrie und monumentale

Masse bezeugten das Festhalten an historischen europäisch-

indischen Formen. Längst jedoch hatte sich ein neues Den-

ken etabliert, das sich an der reduzierten Formensprache des

„internationalen Stils“ orientierte, aber auch dem abstrakten

Expressionismus Europas anhing, wie beispielsweise Arthur

G. Shoesmith mit seiner St. Martin’s Garrison Church in Del-

hi von 1931, deren Volumen wie ineinander geschobene

reine Prismen fester Massen wirken. Die mit dem Bauhaus

parallel verlaufende, wichtige holländische Richtung De Stijl

hatte dagegen in Indien kaum Einfluss, auch wenn Willem

Marinus Dudok einige Bauten in Indien realisierte. Anfang

der 1940er Jahre begann sich die Strenge der später so ge-

nannten klassischen Moderne mit Expressionismus und de-

korativen Motiven und vor allem fließenden, oft gerundeten,

betont horizontalen und vertikalen Linien zu mischen: Das

höchst einflussreiche und sich über ganz Indien ausbreitende

Art Deco hielt triumphalen Einzug in die indische Architek-

turwelt. Frankreich und besonders Amerika waren Vorbilder

dieser Strömung, deren Architekten das Art Deco virtuos zur

Kunstform erhoben. Die streamline architecture, wie das Art

Deco auch genannt wurde, entwickelte seine Gestalt teilwei-

se aus den innovativen technischen Errungenschaften dieser

Zeit, den gerundeten Formen von Flugzeugen und Automo-

bilen. Frank Lloyd Wright entdeckte zusätzlich in Amerika die

Dekorwelt der Mexikaner und auch Azteken und Maya, so

dass deren eher geometrische Motive, neben den nahe lie-

genden Motiven wie Palmen, Flugzeuge und Sonnenstrahlen,

schließlich international Einzug hielten in das Art Deco . Das

indische Art Deco wurde darüber hinaus zunehmend durch-

mischt mit regionalen Applikationen, so dass teilweise reich

dekorierte Fassaden entstanden. Besonders die hoch popu-

lären Kinobauten waren in einer Zeit ohne Fernseher bei Ar-

chitekten beliebt, um expressives Art Deco mit monumen-

talem Gestus zu entwerfen. Bis heute haben viele dieser Ki-

nopaläste überlebt und bilden Zeugen einer großen Phase

der Architektur.

Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit 1947 gab es in Indien

nur rund 300 ausgebildete Architekten bei einer Bevölke-

rung von damals 330 Millionen Einwohnern und nur einer

Ausbildungsstätte, dem Indian Institute of Architects in Bom-

bay. Diejenigen, die es sich leisten konnten, studierten im

Ausland, vorzugsweise in den USA, da einige Heroen der

Moderne, besonders des Bauhauses, wie Mies van der Rohe,

Walter Gropius und Marcel Breuer aus dem faschistischen

Deutschland nach Amerika emigriert waren. Mit einem neu-

en Optimismus kam die erste Generation indischer Archi-

tekten aus Amerika zurück, frei vom britischen Einfluss der

Schule in Bombay, euphorisch, einem nun freien Land ihre

dringend benötigten Dienste anzubieten. Zu ihnen gehörten

Habib Rahman, der am MIT in Boston unter Gropius studier-

te, dann Achyut Kanvinde aus Harvard und Gautam Sarabhai,

der bei Wright in Taliesin arbeitete. So gelangte über den

Umweg Amerika zum zweiten Mal der Einfluss der Bauhaus-

meister nach Indien, diesmal direkt über ihre Schüler, deren

etwas zu funktionalistische Interpretationen besonders von

Kanvinde ausgeführt wurden. Doch zeitgleich entwickelte

sich in Südamerika ein neuer Betonexpressionismus, beispiels-

weise eines Felix Candela oder Oscar Niemeyer, auch weil

nun die technische Möglichkeit bestand, große Spannweiten

überbrücken zu können. Diese eindrucksvollen Konstruktio-

nen waren Anreiz für die jungen indischen Architekten, den

rigiden Rationalismus der deutschen USA-Lehrer in bewegte

Form zu bringen. Einer der wichtigsten Schüler, die vom MIT

in Cambridge/Boston in den 1950er Jahren zurückkehrten,

war Charles Correa. Er hatte unter Minoru Yamasaki in De-

troit gearbeitet, der später das World Trade Center in New

York entwarf. Correa kam 1958 nach Indien zurück, zu einer

Zeit, in der der wichtigste Architekt der ersten Hälfte des

20. Jahrhunderts, Le Corbusier, bereits sein größtes Lebens-

projekt in Indien realisierte. Der von Nehru zu Anfang der

Der erwachende Riese

Neu-Delhi, Supreme Court — Indisches Art Deco Haus

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IIM Hofanlage mit Bibliothek — Kanchanjunga Appartementhaus

Jaipur, Jawahar Kala Kendra Kunstzentrum

Chandigarh, Parlamentssaal — Chandigarh, Sekretariat

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1950er Jahre persönlich eingeladene Architekt entwarf und

baute Chandigarh, die neue Hauptstadt des Staates Punjab.

Für Nehru – der behauptete, Indien brauche „einen Schlag

auf den Kopf“ – schien Le Corbusiers visionäre Kraft, die er

in Städtebauprojekten seit den 1920er Jahren unter Beweis

gestellt hatte, genau das Richtige zu sein. Unter Mitwirkung

seines Cousins Pierre Jeanneret und der Architekten Jane

Drew und Maxwell Fry realisierte Le Corbusier die gesamte

Stadtstruktur, wobei er selbst die Regierungsbauten, das Ka-

pitol, entwarf. Sein béton brut, die schalungsraue, unver-

putzte Oberfläche der Bauten und die expressiv-skulpturale

Wirkung von singulären Monumenten auf weiter Ebene hin-

terließen einen schockartigen Eindruck bei den indischen

Architekten, die von nun an einen neuen Helden für sich

erkoren hatten. Le Corbusiers Botschaften gerieten zu neuen

Evangelien in der nachfolgenden Generation, die darin eine

neue Dimension des Denkens erkannte. Neben dem Kapitol

erhielt Le Corbusier Aufträge für weitere Villen und ein Mu-

seum in Ahmedabad. Dabei stand ihm ein Inder zur Seite, der

für ihn bereits in Paris gearbeitet hatte, Balkrishna Vitaldhas

Doshi. Er führte die Villen aus und stand bei der Bauleitung

des Kapitols zur Verfügung. Doshi war es, der Anfang der

1960er Jahre den Kontakt zu Louis I. Kahn herstellte, um das

Indian Institute of Management in Ahmedabad zu entwi-

ckeln. Kahn war beeindruckt von diesem Angebot und reali-

sierte das Projekt in einem Zeitraum von 13 Jahren. Kahn war

der nächste bedeutende Architekt für Indien. Seine auf reiner

Geometrie aufbauenden Strukturen als Abbild innewoh-

nender Ordnung, die Hinwendung zu einer Bildsprache der

Architektur jenseits des Funktionalismus und die Verwen-

dung des rohen Ziegelsteins in den Fassaden, um das Wesen

des Materials auszudrücken, eröffneten eine weitere Dimen-

sion in der Erfahrung indischer Architekten.

Charles Correa entwickelte sein Werk parallel zu diesen

übergroßen Meistern des 20. Jahrhunderts zu einer Zeit, als

beide in Indien bauten. Mit seiner Gedenkstätte in Erinne-

rung an Mahatma Gandhi von 1963 in Ahmedabad, die an

den Entwurf für das Trenton Bath House von Kahn erinnert,

begann sein reifes Werk. Wichtigste Bauten waren seitdem

sein Wohnhochhaus Kanchanjunga in Mumbai von 1970 –

1983, dann sein Regierungsgebäude in Bhopal von 1980 –

1996 (siehe S. 26 – 33) und sein Kunstzentrum in Jaipur von

1986 –1992, bei denen er die spirituelle Dimension des in-

dischen Denkens für seine Arbeit entdeckte und in sein Werk

integrierte. Correa ist der wichtigste Vertreter seiner Gene-

ration und der nach wie vor bedeutendste zeitgenössische

Architekt Indiens. Ein weiterer wichtiger Architekt dieser Al-

tersgruppe ist neben Doshi und Correa Anant Raje, der als

rechte Hand Kahns die Bauten des Indian Institute realisierte

und weitere in der Sprache Kahns ergänzte. Sein Werk ist

deutlich geprägt von den Strukturen Kahns, die aber eigen-

ständig interpretiert wurden. Weiterhin gehört Raj Rewal

dazu, in Delhi und London ausgebildet, der früh unter ande-

rem von den japanischen Metabolisten beeinflusst wurde,

später dann aber seine Identität in der eigenen Geschichte

Indiens fand und das Konzept einer Moderne, die auf Tra-

dition fußt, verfolgt. Seine Parlamentsbibliothek (siehe

S. 42 – 49) gehört zu den herausragenden Bauprojekten der

letzten zehn Jahre in Indien.

Die Auswahl der hier vorgestellten Architekten der jün-

geren Generation kann im begrenzten Rahmen einer solchen

Publikation keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder umfas-

sende Repräsentation erheben. Architekten, die hier nicht

näher erwähnt werden, aber sicher einen bedeutenden Bei-

trag geleistet haben, sind beispielsweise Laurie Baker in Ke-

rala, dessen Lebenswerk ökonomischen, ökologischen und

nachhaltigen Kriterien beim Bauen folgt und vor allem auch

den Menschen mit niedrigem Einkommen gewidmet ist.

Ähnliche Ansätze zeigen Architekten wie Anil Laul, S.K. Das

oder auch die barefoot architects in Rajasthan, bei denen

viele Menschen handwerklich in den Bauprozess einbezogen

werden und ausschließlich örtlich vorhandene Materialien

Verwendung finden. Ein vielfältiges Spektrum an Bauaufga-

ben und Architekten mit unterschiedlichen Ansätzen soll im

Folgenden die derzeitigen Tendenzen der Architektur in In-

dien illustrieren, bei denen in zunehmendem Maße auch die

Aspekte von Ökologie und Nachhaltigkeit eine Rolle spielen.

1 Amartya Sen, The Argumentative Indian, London 2005,

S. 193: “…the ending of poverty and ignorance and

disease and inequality of opportunity.”

2 Shashi Tharoor, India – From Midnight to the Millenium,

Neu-Delhi 1997, S. 360.

Der erwachende Riese

Kanchanjunga Appartements, Schnitt

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— Bauten (1993 – 2006)

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Unterhaussaal und Außenmauer — Lage des Bauwerks in der Stadt

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