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Oesterreiehisehe BOTANISCHE ZEITSCHRIFT. Ge meinniitziges Organ for hie nmeerr~lehltJehe ~x$1n~|ct r@ I die frel durch diePost be- .,,,.,,,.o,,.~.o,,o~.,...,,.~.,, Botanik und Botaniker, ~o~ ..... ~,,,o . .... ~.d den ~rsten~jeden Monats. biota bei der iledaktlon Man pr/t ...... irtaufselbeGarl,cr, 0ck0n0me,, F0rstm/i,lner, Aerzte, c-~o..~..... ~ ~., mit $ IL ~$ kr. Oest. g. zu pr//numerlren. ($ Thl~'. 10 Ngr.) TmWe~e des ..... ~..~, od~ Apotheker und Tech,iker. ~oo,,,,.=.~, iibernimm, gilt ! II. 6g kr. Oest. IV, Pr~i n unterat ion h a i b j ~ h r i g. IU. q~erold'g $oltn TnBoyt~t| in Wien, d ieg .... Petitze(le ~Xo. I So wie alle ilbrlge,, 10 kr. Oest. W. J-I~-- Buehhandlungen. XVI. Jahrgang. ~[]~. J~nner 1866. IFNIt[&LY: Mutius Tommasini. -- Reise each Ungarn und Siebenbiirgen. -- Yon W i n k le r. --Ph~no- Iogische Studie. Von Dr. Kerner.-- Correspondenz. Von Heufler, lltarkus, Dr. Rabenhorst.-- Personalnotizen. -- Vereine, GesellsehaRen, Anstalten. -- Literarisches. -- Sammlungen. -- Botani- seher Tauschverein. -- Beriehtigung. 6allerie 6sterreichischer Botaniker. X. Mutius RitLer yon Tommasini. (Hiezu ein hthographirtes P0rtr~t.) ,Flora alpina, sagt Koch in der Vorrede zu seiner Synopsis, declivibus suis meridionalibus in Littorali austriaco mare adriaticum adtingit. Rarissimis plantarum speciebus haec Flora superbit." Und mit Recht; d(~nn schou in den friihesten Zeiten war diese wundervolle Flora, die yon dem Kamme der carnischen und julischen Alpen an den Seestrand der Adria herabsteigt und lungs dem Gestade und auf den Inseln des Quarnero immer deu/licher den Einfluss eines siidlic!len Himn~els verr~th, his sie sich am ~iussersten Ende Dalmafiens zu einer fast exotischen Vegetation gestaltet, der Anziehungspunkt zahlreicher Botaniker, besonders der Norddeutschen, die auch im Anfange dieses Jahrhunderts zur Kenntniss der Liltor;~lflora Oesterreichs wesenllich beitrugen. Aber so dankbarman anch die Verdienste anerkennen muss, die sich Hacquet, Schwagrichen, Seenus, Hoppe, Graf Sternberg, Bartling, MOiler, dann yon den lnlandern Scopoli, Brumati, Berini, Brignoli und vor allen Wulfen um diese Oesterr. botan. Zeitschrift. 1. Heft. 1866.

Mutius Ritter von Tommasini

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Oesterreiehisehe

BOTANISCHE ZEITSCHRIFT. Ge me inn i i t z ige s Organ

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h i e nmeer r~ leh l t Jehe ~ x $ 1 n ~ | c t r@ I d ie f r e l durch d i e P o s t be- .,,,.,,,.o,,.~.o,,o~.,...,,.~.,, Botanik und Botaniker, ~o~ . . . . . ~ , , , o . . . . . ~.d

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M a n pr / t . . . . . . irtaufselbe Garl,cr, 0ck0n0me,, F0rstm/i,lner, Aerzte, c-~o..~ . . . . . ~ ~ . , m i t $ IL ~$ k r . O e s t . g . zu p r / / n u m e r l r e n .

($ Thl~'. 10 Ngr.) T m W e ~ e des . . . . . ~ . . ~ , od~ Apotheker und Tech,iker. ~ o o , , , , . = . ~ , i i b e r n i m m ,

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T n B o y t ~ t | i n Wien , d i e g . . . . P e t i t z e ( l e ~ X o . I So wie alle i l b r l g e , ,

10 k r . Oes t . W. J - I~- - � 9 B u e h h a n d l u n g e n .

XVI. Jahrgang. ~ [ ] ~ . J~nner 1866.

I F N I t [ & L Y : Mutius Tommasini. - - Reise each Ungarn und Siebenbiirgen. - - Yon W i n k l e r. - - P h ~ n o - Iogische Studie. Von Dr. K e r n e r . - - Correspondenz. Von H e u f l e r , l l t a r k u s , Dr. R a b e n h o r s t . - - Personalnotizen. - - Vereine, GesellsehaRen, Anstalten. - - Literarisches. - - Sammlungen. - - Botani- seher Tauschverein. - - Beriehtigung.

6allerie 6sterreichischer Botaniker. X.

Mutius RitLer yon Tommasini. ( H i e z u ein h t h o g r a p h i r t e s P 0 r t r ~ t . )

,Flora alpina, sagt Koch in der Vorrede zu seiner Synopsis, declivibus suis meridionalibus in Littorali austriaco mare adriaticum adtingit. Rarissimis plantarum speciebus haec Flora superbit." Und mit Recht; d(~nn schou in den friihesten Zeiten war diese wundervolle Flora, die yon dem Kamme der carnischen und julischen Alpen an den Seestrand der Adria herabsteigt und lungs dem Gestade und auf den Inseln des Quarnero immer deu/licher den Einfluss eines siidlic!len Himn~els verr~th, his sie sich am ~iussersten Ende Dalmafiens zu einer fast exotischen Vegetation gestaltet, der Anziehungspunkt zahlreicher Botaniker, besonders der Norddeutschen, die auch im Anfange dieses Jahrhunderts zur Kenntniss der Liltor;~lflora Oesterreichs wesenllich beitrugen. Aber so dankbarman anch die Verdienste anerkennen muss, die sich H a c q u e t , S c h w a g r i c h e n , S e e n u s , H o p p e , Graf S t e r n b e r g , B a r t l i n g , MOiler, dann yon den lnlandern S c o p o l i , B r u m a t i , B e r i n i , B r i g n o l i und vor allen W u l f e n um diese

O e s t e r r . bo tan . Z e i t s c h r i f t . 1. H e f t . 1866.

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Flora damals erwarben, so Wurden'ilire Leistungen doch weitaus von ]enen des :rriesiiners T o m m a s in i in den Hintera'rund gedriin~'t. Denn wtihr(~na ,lene ~ar lte,i~lberlc~ta, kl~eme Loch[i~orett :and: a~tthdu~ Andeutangen sChriaben :oder auch nur Pflanzensammler :wardn~ 'b~it .T4) m m a s in i: da:s ganze Fiorengebiet des Osterreichisch~eri: [ ( ~ t e a , landes nach einem systematisch angeleglen Plane durchforscht, zah|- reiche neue Entdeckungen yon mitunter hi~chst seltenen:Pflanzen ge- macht und in Fol~e se iner Verbindungeri mit denber~h~tfitesten Auto- ren Deutschlands und [taliens (lie theilweise unrichtigen Angaben seiner Vorg~inger berichtigt und tiberhaupt die Vegetationsverhiiltnisse seines Vaterlandes richtig ge!s[ei~t.:Das Leben und Wirken eines in jederHinsicht so ausgczeichnetenMannes~ w e n n a u c h b l o s a ls B o t a n i k e r s ~ zuschildern, kann daher nut c inelohnendeAufgabe sein. Sie i s tes um so mehr, als man hier nicht ~ wie dies oft der Fall ist, den Kampf eines Slrebsamen Geistes mit Noth und Missgeschick vorzuftihren hat. Ganz im Gegenthe!le, durch Stellung und fiussere Verhiiltnisse begiinstigt und s(~iner reichen Mittel sich wohl bewusst sieht man T o m m a s i n i beharrlich und sicher dem vorgestecklen Ziele zuschreiten und Hindernisse, die auch den Gliicklichsten nicht verschonen, mit gewandter Hand bei Seite schieben. Ueberall trat er als Herr der Situation auf~ daher auch seine Erfolge.

Mu t ins1) Tom m as in i wurde im Jahre i794zuTriest geboren~ wo sein aus Livorno eingewanderter Vater ein vermi)glicher und unler- nehmender Kaufmann war. Unglfickliche Handelsunternehnmngen und die Folgen vieler w~ihrend der franz(')sischen Revolu[ionskriege erliite- ner Verluste brachten allmfihlig den Vermbgensstand des Vaters herab und da iiberhaupt tier Handel Triests durch die damaligen Ereignisse gelfihmt keine Hoffnung des Wiederaufbltihens darbot, so beschloss T o m m a s i n i seinenSohn nicht demKaufmanustande, sondernden Universitfits-Studien zu widmen. So kam der junge T o m m a s i n i nach Laibach, wo Fi;anz Hladnik~ damals der vorztiglichste Botaniker Krains~ Pr~ifekt am dortigen Gynmasium war; einer iener seltsamen Zufiille, die oft enlscheidend auf die Geistesrichtung eines Menschen einwirken. An H l a d n i k warm empfohlen undvon ihml i eb re i chau f - genommen, wurde T o m m a s i n i's schlummernder Sinn ftir die Reize der Pfianzenwelt frtih geweckt un(l an der Seite seines genialen Lehrers zum Bewusstsein gebracht. In den Umgebungen yon Laibach unter dem Kanonendonner desJahres i809 machte T o m m a s i n i seine ersten botanischen Ausfitige ~ die er dase/bsl und wfihrend der Herbsfferien zu Triest durch zwei Jahre eifrig fortsetzte. Auf diese Art lernte er in einem Alter yon i 5 - - 16 Jahren (lie vaterliindische Vegelation kennen, deren Erforschung spiller die Hauptaufgabe seines bolanischenLebens werden sollte.

1) Dernur selten vorkommende Taufilame Mutius wurde dem jungen Tommasini aus Vorliebe seiner Mutter ffir den damals gepriesenen Tonkfinstler Muzio Clementi beigelegt.

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Inzwischen waren'Triest und Laibach unter franzi)sische Herr - schaft gekommen. Mitvielen seinerLandsleute macble auch T o m m a - s i n i yon dem vorbehaltenen Auswanderungsrechte Gebrauch und be- gab sich im Jahre 1811 zur Fortsetzung seiner Sludien nach Wien, in der Absicht an tier dortigen Universitfit sich seiner Zeit der Arznei- kunde zu widmen. In Wien kam ihm der kaiserlicbe Leibarzt und be- riihmte Botaniker I- lost , ebenfalls yon kiistenl~indiseher Abkunft. freundlich entgegen, gestattete ihm den freien Zutritt in den Garten der •sterreichischen Flora michst dem Belvedere und fiihrte ilm in das Hans des Barons J a c q u i n ein, das dazumal der Versamrnlungsort aller wissenschattlichen 5~otabilit~iten war. Von .jugendli,'hen~ Eifer be- seelt begann sofort der siebzeh@ihrige Sludent die Umgebungen Wiens botanisch zu durchstreifen nnd seine Ausfliige selbsl his anf den Schneeberg auszudehnen, den e r zweimal und zwar das zweitemal 1813 ill Gesellschaft des gefeierten Geologen P a u l P a r t s c b bestieg. Bei einer dieser Excursionen auf dem Geissberge bei Perchtoldsdorf hatte er, eben mit der Einsammlung des DracoCephalum austriacum begriffen, das Ungltick auszugleiten und sicb in tier rechten Kniescheibe derartzu verletzen, dass die Folgen davon noch bis in sein sp~tes Alter ftihlbar hlieben.

Mi! F r a n z S i e b e r , der sich damals eben zu seiner grossen A1- penreise anscbickte, bekannt geworden und von ihm zum Anschlusse aufgefordert, ware T o m m a s in i beinahe diesem Rule gefolgt, wenn ihn seine Familie nicht in Folge der veriiuderten Verh~iltnisse nach Triest , der nun wieder (isterreichischen Stadt, zurtiekgerufen hiitte. Aber auf dem Wege dabin fiber Croatien yon dem dort herrschenden typhiisen Fieber befallen, erlangte er nur nach tiberstandener langer und schwerer Krankheit seine Gesundheit wieder, war.jedoch so ge - schwiicht, dass er dem Studium der Arzneikunde entsagen und jenem der Rechlswissensehaft sich zuwenden musste. Zu diesem Ende bezog er dieRechtsschule z u G r a z , woProfessor J e n u l l , der bertihmte Criminalist, sein Lehrer im 51atur- und Strafrechte war. Da sich T o m ~ a s i n i seinem neueu Studium mit Ernst und Eifer widmete, so konnte er der Botanik wiihrend dieser Zeit nur geringe Aufmerksam- keit scbenken. Auch seine aus den Umgebnngen Wiens angelegten Pflanzensammlungen, sowie theilweise jene aus Laibach gingen in H o s t ' s Besitz tiber, der sie seinem Herbar einverleibte.

Im Jahre 1 8 1 7 e r h i e l t T o m m a s i n i seine e r s t eAns te l lunga l s Conceptspraklikant bei dem Kreisamte ftir Istrien, wurde aber schon im folgenden Jahre zum Kreissekret~ir in Spalato und bald darauf zum Concipisten bei dem Gubernium zu Zara befiirdert. In dieser als Fe- slung wenig einladenden und fiberdies in einer 0den und steinigen Gegend liegenden Stadt verweille er vier Jahre , ohne dass sich ibm zur Wiederaufnahme seiner sehon 9 Jahre rnhenden botanischenThii.- tigkeit ein besonderer Reiz oder Anlass geboten h~itte. Erst als er im Jahre 1873 als Kreiskommissiir nach Spalato kam, wurde er durch die dortige prachtvolle Frfihlingsflora so miichtigangezogen, dass die Liebe zur Botanik mit roller Kraft wieder erwachte, um hie mehr zu e r -

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li)schen. Allein ernste Amtspflichten und Schwierigkeit des Botanisirens in einem so unwegsamen Lande waren Ursache~ dass er seinem Lieb- lingstudium nicht in dem Masse nachkommen konnte, als er es ge- wUnscht hatte~ denn gar oft musste er in seiner Eigenschaft alsKreis- kommissfir auf besehwerlichen Ritten in den Felsengebirgen an der bosnischen Grenze beiden herrlichsten Gewfichsen voriibereilen, ohne sic aueh nur naher besichtigen zu k(innen, um nicht den Zug des be- waffneten Gefi)lges aul'zuhalten. So war es in dem Hochthale yon Za- guozd, wo man durch dos dichle weitverbreitete Gebiisch eines damals unbekannten Cytisus zog, den V i sia n i sparer C. Weldeni nannte, ob- schon ihn S i e b e r schon h'tiher bet Cattaro gefunden und alsC. ra- mentaeeus aut'gestellt und besehrieben hatte. In diesePeriodefiillt aueh dieBesteigung desBiokovo, die T o m m a s i n i in den ersten Tagen des Mat vt)n Makarska aus unternahm und naeh einem iiusserst anstren- genden iSstiindigen Hin- und Rtickmarsche ausfiihrte, dabei viele sel- tene Erstlinge der Frtihlingsflora aber auch grosse Schneemassen und M0hseligkeiten aller Art fand, so class sich aierzu urn diese Jahreszeit schwerlich wieder Jemand finden dtirfte.

hn Jahre 1827 wurde T o m m a s i n i zum ersten Kreiskommiss~ire nach Callaro bef6rdert. Wenn diese Ernennung weder in amtlieher noel~ in gese|lschaftlicher Beziehung irgend etwas Erfreuliehes darbot, so eri)lt'nete sie andersei/s ein eben so retches als neues Feht far bo- la~isehe Forschnngen. Denn tiberall, sowohl in den Gegenden longs der Grenze yon Montenegro und Albanien als in den niiehsten Umge- bungen yon Cattaro fanden sich neue und seltene Arten in Mehrzahi vor. Die dureh den Sanitats-Cordon verursaehte Grenzsperre machte es unmi)glich, dos benachbarte Gebiet vnn Montenegro zu belreten, nor durch Vermitllung der auf den Markt zu Catlaro kommenden Bergbe- wohner gelang es, grtissere Pllanzenpartien aus Montenegro zu er- halten, darunter manches Neue namen/lich die seltene Silene (ltelio- sperma) Tommasinii Vis ian i von dem Monte Sella.

Gegen alle Erwartung wiihrte T o m m a s i n i's Aufenthaltin Cattaro nor 4 M~)nale, d a e r schon im September desselben Jahres als Assessor znm Magistrate nach Triest berofen wurde. Damit schloss sieh seine bntanisctie Thatigkeit wiihrend des nennj~ihrigen Aufenthaltes in Dal- matienab. Den grbssten Theil seiner Ausbeute sendele er an V i s i an i und Ho s t, d a e r bet dem Mangel hinlanglieher literarischer Hiilfsmittcl in Cattaro nor schwankend urtheilen konnte. Die unter d('n eingesen- deten Ptlanzen neuen Arten hat)en nachher V i s i a n i in den Ergiinzungs- blattern der Flora 1879 I. Bande, Host im lI. Bande seiner Flora auslriaca benannt und I)eschrieb,'n, so dass manchmal eine und dieselbe Pflanze zwei verschiedene No,hen erhielt. Diess veranlasste T o m m a- s ini aber seine botanisl"hen Wanderungenim Kreise yon Cattaro selbst einen Anfsatz zu s(:hreiben und in den Beiblattern der Flora tS35 11. Bande und h;telligenzblatt Nr. Ili. pag. 33 zu veriiffentlichen.

Von nun an blieb Triest T o m m a sin i 's besti~ndiger Wohnsitz. Der ibm bier angewiesene amtliche Wirkungskreis war yon seinem frtihern sehr versehieden, bevor er daher mit seiner neuen Stellung

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nicht vollko,nmen verlraut war~ konnte und wollte er sich nicht mit der Botanik besch~ifiigen. Abet nicht blos in seinen amtlichen, auch in seinen Familienverhaltnissen war eine bedeutende Veranderung ein- getre ten, da er durch eine in jederBeziehung gliickliche Ehe seinen hfiuslichen lterd gegriindet halle. Gleichzeitig war in ibm der Plan zur Reife gelangt , (tie Flora des 5sterreichischen Ktist~nlandes (Triester Statthallerei-Gebietes) und der damit nach orografischen und vegeta- liven Gesetzen im Zusammenhange stehenden Gegenden Krains ~) ge - nau und wissenschaftlich zu durc!fforschen. Diesen mit Liebe aufge- fassten Plan zur Ausfiihrung zu bringen, war far ihn yon nun an eine Lebensaufgahe, deren LSsung er sich mit eben so grosser Beharrlich- keit als glticklichem Erfolge unterzog, we~n auch die Wechselfalle des Schicksals 5fter stbrend einwirkten und selhst bedeutende Unterbre- chungen zur Folge hatten.

I m J a h r e 1832 nahm T o m m a s i n i seine botanischen Studien wieder auf. l)er Apetheker Dr. B i a so l e t to, damals der einzige Bo- taniker in Tr ies t , war und blieb durch eine lange Reihe yon Jahren sein beinahe bestfindiger Begleiter auf den vielen Auslliigcn, (lie nach allen Richtungen des Gebietes unlernomnmn ~urden. Die erstePeriode yon T o m m a s i n i's botanischer Th~iligkeit uml'asst di~* Jahre 1832 bis t835. Wahrend derselben wurden die Umgebungen yon Triest und der Ktiste bis Mnnfalcone, dann die ttohen des Karstes eingehend ~m- tersuchl~ der Nanos als Cenlralpunkt der Karster Bergflora zu wieder- hnlten Malen, der ptlanzenreiche aber frt~her vOllig nnheachtet geblie- bent Slavnik in Istrien dreimal und zwar beide zu verschiedenen Jahreszeiten bestiegen und auf letzterem jene Pedieularis entdeckt, die sp~iter den Na,nen des Ki)nigs vo, Sachsen Friderici Augusti er - hielt (Torero. Der Berg Slavnik in der Linnaea 1839). Im Frtihlinge des Jallres 1833 unternahm T o m m a s i ni gemeinschaftlich mit B i a- s o l e t t o und den beiden Briidern T h e o d o r nnd L o u i s i ~ e e k e r de S a u s s u re aus Genf, den Tr~igern bertihmter Namen, eine an botani- schen Ergebnissen sehr reiche Reise nachIstrien, auf den Monte Mag- giore und yon diesem til)er Cepieh undAlbona quer durch Istrien nach Rovigno und auf die benachbarten Inseln (Torero. Streifzug nach Istrien in der Linnaea 1837). Ferner wurden (tie anmuthigen Umge- bnngen yon Gorz, insbesondere die mfichlige Berggruppe vnn Ter - nova mit ihren ausgedehnten Forslen, der (~aun, Mall und Velki Golak, der iiber 7000' hohe Krn, die hohen Thfiler des Isonzo, tier Predil und das durch W u l f e n bertihmt gewordene Raibler Thai in Kfirnlen be - sucht und die seltene Ferula rablensis W u l f . wieder aufgefunden (T o mm. Ausflug aufdie Krn-Alpe in der Flora 1837 I. Band).

Im Frtihlinge des Jahres 1836 brach in Triest die Cholera aus und wiithete dnrch volle 6 Monate ununterbrochen fort. Bald nach

*) Die Grenzen dieses zwischen dem Hauptzuge der julischen Alpen und dem Meere gelegenen Florengebietes hat Tommasin i im 5sterr. bot. Wochea- blatte i85t p. 3~ n~iher angegeben,

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Beginn derselben mit der Leitung der ausserordentlichen Sanitiils- Commission betraut, musste T a m m a s in i mit Beseitigungjeder Neben- beszhiiftigung sich unausgesetzt den ihm obliegenden schweren Pflichten widmen u n d e r that es auch mit griisster Hingebung~ his gegen Ende des Sommers die theuere Gattin, die an sr Seite liebvoll attsgeharrt, der verheerenden Seuche erlag und seine Gesundheit in Folge dieses Verlustes und tier vorausgegangenen Anstrengungen so herabge- kommen war, dass er sich flit einige Zeit yore Geschaftsdrange zu- rfiekziehen musste und mit seiner trauernden Familie nach Ob6ina be- gab, wo ibm die letzten Reste der Herbslflora nut wenig Zerstreuung biclen konnten ~Tomm. Ueber die Vegetation des Jahres i836 in der Flora 1837 II. Band). Das Bedtirfniss, Trost und Erheiterung in der I~etraehtung tier Natur zn finden, machte sich daher in dem n~ichst fol- genden Jahre mit um so gr(isserem Nachdrucke geltend, hi der That war aucb dieJahresperiode 1837 1839 an botanischenErfolgen reich. Schon imMai 1837 besuehle T o m m a s i n i in Gesellschail des bertihm- ten Georg BenthanJ die Kasten Istriens und den Monte Maggiore, spater den alpinen Schneeberg an der dreifachen Grenze yon Krain, Croatien und Islrien, ferner die G0rzer Alpen Kuk, Na Skerbina und Rombon, den K0nigsberg bet Raibl in Ki~rnten, fiber die P~isse der (~rnaprst in die Sucha und Wochein in Krain und yon da durch die Thiiler des ohern Isonzo in den Ternovaner Wald, darunter einmal in Begleitung des Engl~inders Eduard F o r b e s , der diesen Ausflug in den Verhandlungen (let" Edinburger botanischen Gesellschaft 1839 be- schrieb. Auch nach Gemona in Friaul wurde wegcn Wiederauffindung des Alyssum petraeum eine Reise unternommen und dasselbe genau an der Stelle beobachtet, woes A r d u i n o urspriiuglich entdeckthatte ( T o m m . Aus f lugnachGemona inde rF lo ra183911 . Band). Diedor t Seite 503 erwahnte noch kaum in der ersten Blfilhe begritrene ver - meintliche ~ledicago carstiensi~ ist dieselbe Pflanze, die spater Pi- r o n a als eine neue Art .~/. rupestris und Visia n i, weil dieser Name scbon vergehen war, M. Pironae benannt hat. Die Aussicht~ den K(inig yon Sachsen auf seiner im Jahre 1838 unterno|nmenen Reise nach Dalmatien, z u d e r T o m m a s i n i d e n P l a n eutworfen hatte, beg[eiten zn dOrfen, wmde vereitelt, well er hierzu seltsamer Weise vomLandes- GouVerneur nicht die Erlaubniss erhielt.

Der Schluss desJahres 1839 w u r d e d m c h e i n f t i r T o m m a s i n i sehr erfreulichesEreigniss bezeichnet, indem ihu der Kaiser zuu| Praises des Triester Magistrates und Btigermeister ernannte, welehe Ernennung yon seinen Mitbiirgern freudig begrtisst wurde. Allein ftir die holanische Erforschung des Landes erwuchs dadurch ebe.n kein Vorthei], denn gewohnt, sein Lieblingsstudium stets den geboten der Amtspflieht nachzusetzen, musste er yon nun an seine Ausfltige auf die niihern Umgebungen yon Triest beschrfinken undsomit aufgrbssere Reisen Verzieht leislen. Doch besuehte er im Jahre 18~0 den Koinik in Istrien und die gtirz-Friauler Alpen, namentlich den Matajur zur Aufsn chung des yon B r i g n o 1 i anfgestellten abet" liingst versehollenen Triticum biflorum, welches auch glfieklich gefunden wurde (T om [n~

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Excursion im J. i840 und Ausf lugaufdenMatajur i n d e r F l o r a 1840 II, Band und i842 H. Band). Allein da derlei auf h0chstens S T a g e berechnete Ausflfige nieht hinreichen konnten, die bisher noch wenig bekannten Gegenden des Kfistenlandes, wie die Quarnero- lnseln , das Alpengebiet yon G0rz und stellen~vei~e selbst Istrien zu durchforschen~ so musste T o m i l t a s i u i auf ein anderes Mittel bedacht~sein, um dem v0rgesteckten Zie le mihe r zu rticken. Zu diesem Ende suchte er die Beihtilfe eines wissenschafllich gebildeten thatkrfiftigen jungen Bo- tanikers zu gewinnen, dem el" die Erforschung der nut unzuliinglich bekannten Gegenden tibertragen konnte. Durch die fi'eundschaftliche Verwendung des Directors H o p p e u n d Hofrathes M a r t i u s e r h i e l t er auch die gewfinschte in jeder Hinsicht geeignete Persiinlichkeit in Dr. Otto S e n d t n e r aus Mfinchen, der den ibm gemachten Antrag bereit- willig annahm und sich Scbon im Frtihjabre 184i zur Ausfiihrung des- selben in Triest einfand.

Mit S e n d t n e r ' s Erscheinen im Kiistenlande beginnt eine neue Aera, die, obschonsie n u r 3 Jahre wi~hrte ( 1 8 4 i - - 4 3 ) , doch als tier Culminationspunkt der yon T o m m a s i n i eingeleiteten Durcbforschung des Landes bezeichnet werden muss. Mit Liebe thr die Sache beseelt entwickelte S e n d t n e r eine unermfidlicheThiitigkeit. Nach einem wohl angelegten Plan bereiste er alljiibrlich die Inseln und Scoglien des Quarnero, das Festland yon ls t r ien, die hohen Th~iler und Gipfel der Gi)rzer Alpen gegen die Grcnze .yon Krain, Ktirnten und Friau! in der Art, class er je nach der Localitiit stets die geeignete Jahreszeit wiihlte und st) die Vegetation in allen ihren Stadien traf, Vorzugsweise wurden abet" im Jahre 1843 quantitativ und qualitativ die glanzendsten Resultate erzielt, da nieht nur S et t d t n e t , diessmal in Begleitnng des Dr. P a p p e r i t z aus Dresden, sondern auch andere yon T o m m a s i n i bestellte Sammler tbi~tig wirkten, Wiihrend dieser Zeit war T o m m a s i n i nicht tmlbiitig geblieben, da er sich in S e n d t - n e r 's Gesellschaft an einigen Alpenexcursionen namentlich im Sommer t841 an der Besteigung des Mangart (8462') des h0chsten Berges im ! Ktistenlande betheiligt hatte (T o mm. Ueber S e n d t n e r 's Reisen itn Ktistenlande in der Flora 1842 I. Band, dann S e n d t n . Besteigungdes More~ in der Flora 1842 II. Band). So lhatig und gewandt sichS e n d t - n e r in der botanischen Forschung zeigte, so genau und pfinktlich war er aueh in der Einsendung des gesammelten Materials, Grosse Massen yon Pflanzen mit surgf~iltigen Verzeichnissen und erliiuternden Bemer- kungen fiber 0rtliche und sonstige Verhiiltnisse verseben, gelangten regelmassig an T o m m a s i n i und lieferten die werthvollsten Beitr~ige zu seinem Herbar. Eine vorztigliche Aufmerksamkeit hatte S e n d t n e r den Moosen zugewendet, so dass in Folge seiner Sendungen schon jetzt eine beinahe vollstiindige Moosflora des Ktistenlandes zusammenge- stellt werden kann.

S e n d t n e r hatte inzwisehen eiue Anstellung als Conservator des herzoglich Leuchtenber~.'schen Museums in Eichstadt erhalten und damit war sein Wirken im Ktistenlande zu Ende; ein Verlust, der sich nicht ersetzen liess. Glticklicher Weise befanden stch damals zwei

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junge kennlnissreiche Bolaniker L u d w i g Rilter yon H e n f l e r und J u l i u s Rifler yon S c h r f i c k i n g e r als Beamte im Kiistenlande, die zum Theil in Gesellschaft B i a so l e t to ' s mehrere Ausflage unternah- men und so ebenfalls zur Erforschung der kiistenlandischen Flora Beitrage lieferten. So bestiegen T o m n , a s i n i , Biaso le t t o und He u fl e r 1844 die Golac-Berge in lstrien, die bis dahin kein Botaniker betreten hatle (Heu f l e r Die Golac-Berge Triest 1845). lm Jahre 1845, a l s K ~ n i g F r i e d r i c h A u g u s t von S a c h s e n v o n s e i n e r i n d i e kroatischen Alpcn unternommenen Reise zurtickkehrte, hatten T o m m a- s i n i und B i a s o l e t t o die Ehre, ihn auf den Monte Maggiore in lstrien zu begleiten, hn Gefolge des KOnigs befand sich ouch der damalige Oberst sparer Ban yon Croatien Baron J e I1 a ~ i d. und musste wohl alia die Beschwerlichkeiten des ungemein heissen Tages mitmachen, ohne an den botaniscben Geniissen seinen Antheil zu hubert.

T o m m a s in i's eigeue botanis('he Thatigkeit wurde indessen dutch eingelretene ZeitverhMtnisse immer mehr beschr/inkt. Von Jahr zu Jahr mehrteJt sich die Amtsgesch'afte und die Sorgen fiir den Vor- steher der Stadt Triest, denn hOher gingen die Wogen der politischen Bewegung und bereiteten die Starme des Jahres 1848 allmahlich vor. Dessenungeachtet war T o m m a s ini bemUht, seine wissenschaftlichen Zwecke, soweit es m~glich war, zn verfolgen. Die gew/~hnlicheu Sammlungen im Lande wurden fortgesetzt, ein lehhafter Briefwechsel und Tauschverkehr mitausw::irtigen Freunden unterhalten und manch- mal ouch hotanisehe Ausfliige unternommen z. B. in die schwer zu- g~nglichen Lagunen yon Aquileja. Ebenso betheiligte sich T o m m a- s i a l an dem Zustandekommen eines naturgeschichtlichen Museums in Triest, welches ursprtinglich durch einen Privatverein gegriindet, spater in die st~idtische Verwaltung iiberging. Endlich sollte dutch To m m asi ni's Anregung ein alter Lieblingswunsch desselben, nam- lich die wissenschaftliche Erforschnng Bosniens in Erfiill~mg gehen, da Dr. Sen d t no r sigh bereit erklfirte, diese mtihe- und gefahrvolle Reise zu unternehmen. Die erforderlichen Geldmittel wurden durch T o m m a s i n i's th~itige Vcrmittlung im Wege einer Actiensubscription sicher gestellt und so trot S e n d t n e r im Friihtinge t847 eine Reise an, welche mit Recht die gtinstigsten Erfolge versprach. Leider hatten sich diesc Erwartungen nicht verwirklicht, dean meuchlings iiberfallen und schwer verwundet, musste Send t n e r auf halbem Wege wieder umkehren.

Da brach dos wellerschiilternde Jahr 18-18 heran. An tier Spitze einer anfgeregten dem Kriegsschauplatze ganz nahe gelegenen Stadt gestellt hatte T o m m a sin i vollaufzn thun und konnte weder in diesern noch in dem folgenden Jahre an Botanik denken, um so weniger als zu den schon vorhandenen Drangsalen sich noch 1849 eine furchlbaro Cholera-Epidemie gesellte. Erst im Jahre 1850 war die Ruhe einiger- mascon hergestellt und eine geregelte Gestaltun~ der Gemeinde- und Verwaltungs-Verlr/iltniss,~ attgebahnt. T o m m a s i n i anfangs als Rath zur Stalthalterei berufen, wurde kurz darauf in Folge der neuen fie- meindeverfassung durch die Wahl seiner Mitbiirger zum Podest~ yon

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Triest erhoben und obschon or in Folge dessen eigentlich wieder in seine frtihere Stellung trat ~ so war doch damit ein erweiterter Wir- kuogskreis und demnach auch eine Vermehrung der Geschiifte ver- bunden. Die ersten 3 Jahre verstriehen daher ohne botaniseheErfolge und auch ffir die Zukunft waren die Aussichten nicht sehr erfreulich. Doch gestatteten es dieVerhfiltnisse, dass Tom m a sin i im Jahre 1854 in Geseilsehaft des F. M. L. Barons C o rd on nod des damaligen Con- servators am stiidtischen Museums Heinrich F r e y e r e inen Ausflug nach Inner-Krain unlernehmen konnte, wobei der Schneeberg zum vierten) der Nanos zum zwt)lften Male erstiegen wurden. Allein nur selten ergab sich in der Folge eine Gelegenheit zu fihnlichen oder aueh nut zu kleinern Exeursionen. Ueb,::rhiiufnng mit Amtsgesch'aften, bestfindige Sitzungen und Verhandlungen, ein dritter Ausbruch der Cholera im Jahre 1855~ endlich die verhfingnissvolle griegsepoche des Jahres 1859 vereiniglen sich beinahe zu unfiberwindliehen Hinder- nissen, um ruhigen wissenschaftlichen Forschungen obzuliegen. Nicht minder nahmen die im Jahre 1857 yon der stfidtisehenVerwaltung be- gonnenen Versuche, den Karst bei Triest zu bewalden, dann die Er - richtung einer Gartenbau-Gesellschafl T o m m a s i ni's Thiitigkeit in Anspruch, da er bei beiden Unternehmungen mit der Leilung derselben belraut war. Sein botanisches Wirken blieb daher auf Sichtung des Stoffes, Anfertigung yon Verzeichnissen der neuen Erwerbungen und Ordnen des Herbars beschriinkt. Am meisten beschfiftigte ihn aber seit 1858 die Ergfinzung der Moos- und Flechten-Sammlungen, zu denen S e n d t n e r den Grund gelegt hatte. Die Bestimmung der seit dieser Zeit neu erworbenen Moose iibernahm der ausgezeichnete Wiener Bryolog Jakob J u r a t z k a , der Bearbeitung der Aigen hatte sich B i a s o l e t t o unterzogen, dersich schon sei tJahren mit dem Sta- dium dieserschwierigen Pflanzenfamilie beschifftigte, als der Tod diesen noch rtistigen Mann und langj'ahrigen Freund T o m m a s i n i ' s am 17. Janner 1858 dahinraffte.

Schon im Jahre 1857 war T omma sini 's 40jahrige Oienstzeit, der gewiJhnliche Abschluss der amtlichen Laufbahn zuEnde gegangen) allein sein Patriotismus erlaubte ihn nicht, unter schwierigen Verhfilt- nisaen, namentlich bei dent Ausbruche des Krieges im Jahre 1859 ab- zutreten. Er harrte also noch his zum Ende des Jahres 1860 aus ~ wo ihm endlich dcr ersehnte Uebertritt in den Ruhestand zu Theft ward.

t " . . . . . . Er erfolg e auf dm ehrenvollsteWeise unter gletchzeltlgerVerlethung des Hofraths-Titels, nachdem er schon friiher fiir seine 1848--49 e r - worbenen Verdienste den Franz Josefs-Orden und nach der Cholera- Epidemie 1855 das Rittcrkreuz derEisernen Krone mit der damit ver- bundenen Adelsstufe erhalten halte.

T o m m a sin i war jetzt 66 Jahre alt , seine kiirperlichen Krfifte hatten nut wenig abgenommen, seine Geistesfrische war unverfindert geblieben. Sorgenfrei und ungestiirt konnte er nunmehr seiner Lieb- lingswissensehaft leben, sein vor 30 Jahren begonnenes und mit so seltener Beharrlichkeit fortgeselztes Werk, die Erforsehung der vater- litndischen Flora, der endlichen Vollendung zuftihren. Und so geschah

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es auth. Noch im Jahre t860 hatte er in F r e y e r ' s und des Statl-- halter~drathes yon K l i ng o~s t r ~ m's Bcgleituag sr langer Zeit wieder alas erstemal eine Reise in'die (~0rzer A~lpen unternommen und aber- reals obschon vergeblich versucht, H a c q u e t ' s rathselha[te (als Art wahrscheinlich gar nicht existirende) Scabiosa T~n ta an den Quell- b~ichen des Isonzo aufzusuchen. Ebenso wurde seine Sammlung aus der an Pflanzen iiberaus reichen Gegend yon Monfaleone bet Gelegett- heir als er in den Jahren 1858, 18~0 und 1861 seiner gichtischen Leiden wegen die dortigen Schwefelb~ider gebrauchte , vollsttindig erganzt. In den nun folgenden .t Jahren waren es die gr~ssern und kleinern Quarnero-Inseln, die Umgebungen yon Fianona, Pola, Rovigno, Pa- renzo und Pirano auf dem Festiande yon Istrien, die zum Adelsberger Becken geh0rige Gegend, der Ternovaner Wald, die Alpen yon Flitsch und Tolmein, welche abwechselnd und zu verschiedenen Jahreszeiten besuch twurden , undobschon 71Jahre al tunternahm T o m m a s i n i noch im Mat 1865 die Besteigung des hohen Mangart bi~ ~um Sattel desselben, wo der tiefe Schnee kein weiteres Vordringen mehr ge - stattete. Um ferner zu ether vergleichenden Kenniniss der Vegetation des Ktistenlandes mil jener des angrenzenden venetianischen Friauls zu gelangen, besuchte To m m a s tni wiederholt das carnische Hoch- gebirge, und zwar i864 vonTohnezzo aus t iberPaluzzaaufdenPlecken an der Grenze yon Kfirnlen. und 1865 abermals yon Tolmezzo aber Ampezzo auf die Wasserscheide des Tagliamento und der Piave (T o ram. Zwei zweifelhafte Pfianzen und die Vegetation der Sandinsel Sansego in den Verhandl. der zool. bot. Gesellsch. 186i und 18~2, dann Correspondenz-Artikel in der (ist. bot. Zeitsch. 1865 p. 55, endlich II Pineto di Sol'bar presso Momiano nell Istria in dem Giornale della Societfi di Agricoltura di Trieste t863). Den gegenw~irtigen Sehluss aller bo/anischen Erfolge machte aber die Entdeckung der Centaurea alpina, welche der Landesgerichts-Pr'~sident Rifler yon J o s c h einige Jabre frtiher auf dem Caun gefnnden hatte, und welehe nan T o m - m a s i n i auf dem TriesterKarst bet Merzhe d. i. in einerbotanisch sehr bekannten Gegend, wo man deren Vorkommen am wenigsten vermu- thete~ ebenfalls land.

Das durch To m m a s in i ' s vi@ahrige Bemtihungen zusammen- gebrachte Material ist ein wahrhaft grossartiges und schwerlich he- stem in der ~sterreichischen Monarchie ein iihnliches Privatherbarium. Rifler yon P i t t o n i in Graz, der bekanntlich eine der sch0nsten ond reichsten Pflanzensammlungen besitzt, schreibt dartiber im (~st. botan. Wochenblalte 1854 p. 346 Folgendes: , Ich kann mir schmeicheln, in n~einem Herbar der europttischen Ftora jede Species, die ich besitze, recht gut, m(~nche seltene iu vielen instructiven Exen~plaren vertceten zu haben, so ein Reichthum abet u~ie der T o m m a s i n i ' s ist mir noch nicht ~u Gesichte gekommen." Diese ansgezeichnetePflanzensammlung besteht aus zwei AbtheiIungen, dem ktistenliindischen und dem allge- me inenHerbar , beide n a c h D e C a n d o [ l e ' s System geordnet. DaS erste enthiilt in 250 starken Fascikeln 2307 Arten Gefttsspflanzen, jede Art in so vieten Exemplaren yon den verschiedenen Standorten,

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dass man daraus ,ohae Eintrag der Hauptsammlung: 2 - -3 vollst~indige Serien ausscheiden l~6nnte ~ die naclt T o m m a s in i ' s Absicht dem Triester Museum und der k. k. zoolog, botan. Gesellschaft zugedacht sein sollen. Das Moos-Herbar umfasst fiber 300 Arten , die meisten Arten ebenfalls zahlreich ver,treten, verhi]ltaissmi~ssig gering ist die Zahl der Lebermoose, was in tier meist trocknen und felsigen Be- schaffenheit des Bodens seine Erkl~rong finder. Von Flechtsn ist zwar eine ziemlich a,nsehnliehe Sammlung vorhanden, allein sie sind noch unhestimmt, Algen und Pi2ze bilden"(lio schwi]chs,te Partie, well To ra- m a s i n i seiner geschwfichten Augen wegen sich mit anstrengenden mikroskopischen Untersuchungen nicht befassen konnte. Nebst dem steht noch ein reicher Vorrath yon Doubletten zur Verffigung, unge- achtet im Laufe der Jahre eine grosse Anzahl derselben an wissen- schaflliche Vereine, Unterrichtsanstalten und botanische Freunde ver- sendet wurde. So erhielten die botanische Gesellschaft zuRegensburg, die Akademie der Naturforscher zu Moskau, die 2 Gymnasien und die 2 Reaischulen zu Triest, B o i s s i e r in Gear, G r a y in Nordamerika and Andere Sammlungen aus der kfistenl~indischen Flora von oft mebr als 1000 Arten, abgesehen yon den Beitr~gen, die zu den yon R e i c h e n - bach . H o h e n a c k e r ~ S c h u l t z u n d R a b e n h o r s t h e r a u s g e g e b e n e n Centurien getrockneter Pflanzen geliefert wurden.

Das all~emeine Herbarium bcgrei[t in 180 Fascikeln fiber 12000 Arten aas allen Liindern der Erde, sowie sie durch Tausch und Kauf erworhen wurden. Fast alte namhaften Botaniker, die T o m m a s i n i ' s Zeitgenossen waren, darunter Miinner von h6herem wlssenschafllichen Range wie B o i s s i e r , C e s a t i . G r a b o w s k i , G r a y , H e l d r e i c h , H o p p e , J o r d a n , R e i c h e n b a c h , Sav i , S c h n l z Bip., V i s i a n i , W i r t g e n und vor allen Koch , mit dem er in lebhaftemVerkehr stand, batten zur Grfindung dieses Herbars beigetragen. Diese gross -~ artige Sammlung wird durch eine botanische Bibliethek yon beiliiufig 1000 Rfinden, darunter Andenken berfihmter Autoren z. B. yon B e n t - ham, B o i s s i e r , K o c h , V i s i an i unterstfitzt.

Neb'sl: den in dieser Biografie bereits erwfihnten in verschiedenen Zeitschriften enthallenen Aufsiitzen schrieb T o m m a s i n i noch fiber B r i g n o l i ' s FriaulerPfianzen in derFlora 1840 [. Band, fiber die Orchideen des Kfistenlandes im 6sterr. bot. Wochenblatte 1851, die Einleitung zu L o s e r's Verzeichniss der um Capodistria vorkommen- den Fanerogamen in der 6sterr. hot. Zeitschrift 1860 und zahlreiche kleinere Correspondenzarlikel in der-Regensburger und fisterreichi- schen botanischen Zeitschrift.

Bei dem ausgedehnten wissenschafllichen Verkehr T o m m a s i ni's mit fast alien Botanikern seiner Zeit und bei seinen gvossen Ver- diensten um die kfistenl~indische Flora ist es nur eine gerechte Aus- zeichnung, dassso vielePfianzen seinenNamen ftihren. B e r t o l o n i stellte (lie Gattung Tomma.,inia auf und nicht weniger als 19 Arten sind nach ihm genannt, yon denen sich freilich mehrere spfiter alsVa- rmt~iten oder Bastarte beransgestellt haben. Es sind dies folgende: Ranunculus Tommasil~ii Reichb. , Silene Tommasinii Vis., Linum

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Tommasinii It e i e h b., C!ttisus Tommasinii V i s., Melilotus Tommasinii J o r d., Onobrychis Tommasinii J o r d., Lathyrus Tommasinii Sp r u n n., Potentilla~ Tommasinii F. S e h u I t z, Tragopogon Tommasinii S e h ul t z B i p., Lactuea Tommasinii S e h u I t z B i p., Hieracium Tommasinii H o s t, Itieracium Tommasinii Reiehb . ill., Primula Tommasinii Gren . et Godr , , Euphorbia Tommasinii Ber to l . , Ophrys Tommasinii Vis., 8erapias Tommasinii A. Kern . , J u u ~ s Tommasinii P ar l a t., Carea~ Tommasiniana R a b e n h., Calothria~ Tommasiniaua K tit z., wozu noch die Varietat Carex silvatiea var. Tommasinii R e iehb. k6mmt.

Aus dem bisher Gesagten erhellt zur Gen0ge, dass es nur T o m - mas in i ' s Bemtihungen zugeschrieben werden muss, wenn die Flora des KOstenlandes so genau erforseht ist als irgend eine der bestge- kannten Oesterreiehs. Wie Kitai bel for Ungarn, .~o bat To minas in i in dieser Beziehung for sein Vaterland mehr geleistet, als alle tibrigen hOstenl~indischen Botaniker zusammengenommen. Allein das Resultat dieser m0hvollen vieljahrigen Forsehungen ist bisher nur in T o m m a - s in i's Herbar niedergelegt, es entbehrt dell Ausdruck des belebenden Wortes, es ist kein Gemeingut der Wissenschaft geworden, sondern wenn aueh ein grossartiges ersch#pfendes Material doeh immer nur der Stoff for eine Flora, welehe erst gesehrieben werden muss. Ob T o m m a s i n i nach dent nattirlichen Laufe des Lebens diesen Stoffzu verarbeiten in der Lage sein wird, ist ebenso ungewiss, als es gewiss ist , dass er dazu wie kein Anderer geeignet ware. Denn injedem seiner Aufsatze, sei er auch noch so klein, besonders abet in jenen tiber die Verbreitung der Orchideen und tiber die Vegetation der Insel Sansego wird man den gewiegten Botaniker, den erfahrnen Pflanzen- geografen erkennen, der nichts aufgut Gliick hinnimmt, sondern alles kritiseh prtift, sich yon allem selbst Oberzeugt, nirgends zuriiekbleibt, tiberall mit der Zeit h, rtschreitet. Es ist zwar nicht zu I'augnen, dass e s aueh einem andern gewandten wissenschaflliehen Botaniker go- lingen dtirfte, aus einem so vollstandigen Materiale eine gute Flora zusammenzustellen, abet schwerlieh wird sieh sobald wieder Jemand finden, der eine mehr als 40jahrige in der freien Natur gewonnene Erfahrung ftir sich hat und daher das Bild der Vegetation des Kt~sten- landes sieh auf eine so lebhafte Weise wird vergegenw~irtigen k/Jnnen, als dies b e i T o m m a s i n i d e r F a l l i s t . Derienige , welcher hierzuam meisten geeignet gewesen ware, Otto S e n d t n e r , ist nieht mehr.

Der Verfasser dieses Aufsatzes kann daher nut den sehnlichsten Wunsch aussprechen, dass die Verhaltnisse es T o m m a s i n i gestatten mSchten, die Wissenschaft mit einer Flora des iJsterreiehisehen KO- stenlandes oder doch wenigstens mit einer Aufzablung der dort vor- ommenden Gefasspflanzen und ihrer Standorte zu bereichern.

W i e n , im December 1865.

Dr. August ~leilreieh.