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unterwegs MAGAZIN DER SCHWESTERN VOM GUTEN HIRTEN 4-2017 Bei den Schwestern vom Guten Hirten in Burkina Faso finden junge Mädchen Schutz und Hilfe weltweit Angekommen!

n e eg · mit Wachslichtern, Zuckerwerk und Äpfeln staunen. Und die religiöse Botschaft von Weih - ... Junge Frauen und nicht Frauen über 60 pflegen schwanger zu werden

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unterwegsMAGAZIN DER SCHWESTERN VOM GUTEN HIRTEN 4-2017

Bei den Schwestern vom Guten Hirten in Burkina Fasofinden junge Mädchen Schutz und Hilfe

weltweit

Angekommen!

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„Glaubst du, dass Du wiedergeborenwirst?“ fragte mich vor einiger Zeitüberraschend eine Kollegin. Sie hattegerade im Fernsehen ein Interviewmit dem Dalai Lama gesehen. Dasgeistliche Oberhaupt der tibetischenBuddhisten hatte darin erklärt, dasses nach seinem Tod möglicherweisekeine Wiedergeburt des Dalai Lamageben werde, weil der Zweck diesesAmtes erfüllt sei. Eine solche Ankün-digung könnte auch politische Hin-tergründe haben. Es geht darum zuverhindern, dass China, das Tibet1951 annektierte, Einfluss nimmt aufdie Suche nach dem nächsten DalaiLama, wie es bereits beim PanchenLama geschah. Ob ich an eine Wiedergeburt glaube?Eine seltsame Frage für einen Chris-ten. Ich begann mich trotzdem zu fra-gen, als was ich denn wiedergeborenwerden wolle. Ehrlich gesagt, mir fieldazu wenig ein. Die Vorstellung, einweiteres Leben zu durchlaufen,schien mir wenig verlockend. Zumalnach buddhistischer Ansicht keinMensch wissen kann, wo, unter wel-chen Umständen und in welcher Ge-stalt er wiedergeboren wird. Dann stellte ich mir ein hungerndesKind vor, dass sich sehnlichstwünscht, im nächsten Leben satt zuwerden. Oder einen Soldaten, der imKrieg beide Beine verloren hat und

gern wieder laufen möchte. Oder einBlinder, der sehen möchte, ein Con-tergan-Opfer ohne Arme und Hände,das einmal erfahren möchte, wie esist, einen geliebten Menschen zuumarmen. Ist die Vorstellung voneiner Wiedergeburt nicht auch einZeichen dafür, dass die Menscheneine tiefe Sehnsucht nach einemglücklichen und erfüllten Leben insich tragen?Warum ich über dieses Themaschreibe? Weil gerade Advent ist. Inder Urkirche bezog sich dieses War-ten nicht auf das Weihnachtsfest,sondern auf die Wiederkunft Christi,der zu seinen Jüngern gesagt hatte:„Eine kleine Weile, und ihr seht michwieder.“ Ist diese „kleine Weile“ nichtlängst vorbei? Warten wir wirklichnoch auf das Kommen des Herrn,oder belassen wir es bei einer Ge-burtstagsfeier? Christus wird wiederkommen. Nichtals Wiedergeborener in anderer Ge-stalt, sondern als der, der er war, istund immer sein wird. Aber Adventund Weihnachten erinnern uns auchdaran, dass wir uns wie die tibeti-schen Mönche oder die Weisen ausdem Morgenland auf die Suche nacheinem kleinen Kind machen müssen,dass den Geist Gottes in sich trägt. Indiesem Sinne wünsche ich Ihnen eineerfolgreiche adventliche Suche!

EDITORIAL

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„Glaubst du aneine Wiedergeburt?“

Von der Vorstellung, ein weiteres Leben zu durchlaufen,und der christlichen Heilserwartung

Wolfgang PoeplauRedakteur von „unterwegs“

Foto der Titelseite: © Jörg Böthling

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„Weihnachten? Ist doch total uncool“,meint Damian. „Das ist was für mei-nen kleinen Bruder. Der glaubt nochans Christkind...“Und die Geschenke? Reizen die viel-leicht? „Ich habe allen gesagt, dass siemir Geld geben sollen. Dann kaufe ichmir selbst, was ich haben will. Dakrieg ich wenigstens nichts Falsches.“Weihnachten steckt in einer Krise.Und nicht erst seit gestern. Indiziensind der schleichende Verfall gesell-schaftlicher Werte, das Abhanden-kommen religiösen Wissens undreligiöser Bezüge, sowie die Um-wandlung traditioneller Feste in so-genannte „Events“, bei denen diebunte Verpackung wichtiger ist alsder Inhalt. Weihnachten wird vielenlästig. Immer dasselbe Ritual: Gottes-dienst, Bescherung, Festessen. DieFamilien kommen zusammen, dochoft hat man sich nur noch wenig zusagen oder muss sich bemühen, Kon-flikte für einige Stunden unter denTeppich zu kehren. Nicht von unge-fähr legen immer mehr Bundesbür-ger ihren Winterurlaub so, dass sie

an den Feiertagen nicht zu Hausesind oder nicht zu Eltern oder Ver-wandten müssen. Wenn man in die Geschichte schaut,stellt man fest, dass das Weihnachts-fest in der frühen Kirche nicht die Be-deutung hat, die es später erlangte.Das Geburtsdatum Jesu wird imNeuen Testament nicht genannt undwar den Urchristen unbekannt. Sieinteressierten sich für die Todestage,nicht aber für die Geburtstage ihrerMärtyrer. Der Mittelpunkt des Kir-chenjahres war Ostern, die Aufer-stehung Christi. Im liturgischen Ka-lender taucht das Geburtsfest erst im3. Jahrhundert nach Christus auf.Krippenspiele, wie wir sie heute ken-nen, kamen erst in der Neuzeit inMode. Man sagt, dass Franziskus vonAssisi der erste gewesen sei, der1123 die Geburt Jesu in einem Stall„inszeniert“ habe. Und der ge-schmückte Tannenbaum wurde erstim 18. Jahrhundert in die Wohnstu-ben wohlhabender Familien impor-tiert. In seinem Roman „Die Leidendes jungen Werther“ aus dem Jahr

1774 lässt Goethe seinen Protagonis-ten an einem Sonntag vor Weihnach-ten über einen aufgeputzten Baummit Wachslichtern, Zuckerwerk undÄpfeln staunen.Und die religiöse Botschaft von Weih-nachten? Nur etwas für Kinder? DieKindergottesdienste an Weihnachtensind jedenfalls gut besucht. Die Weih-nachtsgeschichte von dem kaltenStall, der Krippe, von Ochs und Eselund den jubilierenden Engelein magjeder gern hören. Doch schon bei denErwachsenen tun sich viele Pfarrerschwer mit ihren Predigtworten. DieBotschaft des Festes ist eben mehrals nur eine Rührgeschichte mit Sozi-alromantik oder der Appell „Seid nettzueinander!“Schlägt man die Evangelien auf, stelltman fest, dass die GeburtsgeschichteJesu nur beim Evangelisten Lukasvorkommt. Matthäus beschränkt sichauf den Stammbaum Jesu, die Josef-geschichte und die Huldigung durchdie Sterndeuter. Markus beginnt seinEvangelium mit der Taufe Jesu durchJohannes den Täufer, und auch Jo-

THEMA

„Weihnachten? Ist doch total uncool“

Foto: © shutterstock.de

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hannes setzt nach dem berühmtenProlog „Im Anfang war das Wort..."direkt mit der Täufergeschichte ein. Ist die Weihnachtsgeschichte alsonur eine Erfindung, mit der Lukasdem Interesse der Leser an der Kind-heit Jesu entgegenkommen wollte? Legenden sind eine besondere Formder Erzählung. Sie bringen in symbo-lischer und dichter Sprache die Be-deutung von Ereignissen zur Geltung.Sie sind nicht historisch im Sinneeiner Tagesschaumeldung, aber auchnicht unhistorisch im Sinne vonetwas frei Erfundenem. Das Evange-lium erzählt von der Geburt Jesu inder Form von Legenden. Das erken-nen wir auch daran, dass sie in vielenDetails nicht übereinstimmen. Demflüchtigen Leser mag das nicht auffal-len, weil wir sozusagen eine Collageder Weihnachtsgeschichte im Kopfhaben, aber zum Beispiel erscheintGottes Engel bei Lukas nur vor Maria,bei Matthäus nur vor Josef. Die Stern-deuter kommen nur bei Matthäusvor, die Hirten auf dem Felde nur beiLukas. Und von einem „Stall“ ist inkeinem Evangelium die Rede, son-dern nur von einer Krippe, und diekonnte auch in einem Wohnhaus ste-hen, denn man lebte mit den Tierenunter einem Dach. All das sind Indizien dafür, dass sichhier dieselbe Glaubensgeschichte inunterschiedlicher Form entfaltete.Später hat die Kirche diese Geschich-ten nicht etwa harmonisiert, sondernnebeneinander stehenlassen. Imzweiten Jahrhundert wurden zudemweitere Bücher geschrieben, die so-genannten Kindheitsevangelien, indenen weitere ausschmückende De-tails vorkommen.Die Evangelisten begreifen Jesu Ge-burt als ein göttliches Geheimnis, dasmit einem nüchternen Geschichtsbe-richt nicht wiedergegeben oder ver-standen werden kann. Mit Jesus trittetwas völlig Neues in die Welt, etwas,das es vorher nicht gab. Er kann nicht

aus seinen Genen erklärt werden.Gottes Schöpferkraft schafft etwasNeues. Dazu gehört auch die Jung-frauengeburt. Von berühmten Gestal-ten aus der römisch-hellenistischenMythologie wurde Ähnliches be-hauptet, doch es gibt keine echtenHinweise darauf, dass solche gängi-gen Vorstellungen die Evangelistenbewegten, einen weiteren „Geburts-mythos“ zu erfinden. Nach Ansichtdes Evangelisten Matthäus wird mitMaria vielmehr die Weissagung Je-saja 7,14 erfüllt: „Eine Jungfrau wirdempfangen und gebären, und dasKind wird Emmanuel heißen.“ Diegriechische Bibel übersetzt das heb-räische Wort „alma“ („junge Frau“)mit „parthenos“, das heißt: Jungfrau.Man könnte an einen Übersetzungs-

fehler denken, doch die Übersetzungwurde bewusst gewählt, da es hierum eine Prophetie geht und nicht umdas Normale, Alltägliche. Alles an-dere wäre doch gar nicht erwäh-nenswert. Junge Frauen und nichtFrauen über 60 pflegen schwangerzu werden. Wenn es also nur um eine„junge Frau“ ginge, so wäre dasnichts Besonderes. Der amerikani-sche Jesuit James Martin schreibtdazu: „Für mich war es immer ziem-lich einfach zu begreifen: Wenn Gottein Universum aus dem Nichts er-schaffen kann, dann erscheint eineJungfrauengeburt vergleichsweiseleicht zu bewerkstelligen.“Die Geburt Jesu ereignet sich in einerZeit, als in Rom ein mächtiger Mannregierte: Kaiser Augustus. Mit seiner

Regentschaft verband man die Er-wartung eines „Goldenen Zeitalters“,das nach den Wirren des Bürger-kriegs ein Zeitalter des Friedens ver-hieß. Das war für die Bevölkerungdes römischen Reiches die „froheBotschaft“, die überall durch Rund-schreiben, Erlasse und Inschriftenverkündet wurde. Es kann kein Zufallsein, dass die Evangelisten, die imRömischen Reich aufwuchsen, dieserKaiserideologie ein Kontrastpro-gramm entgegenstellten: Auf dereinen Seite der Kaiser und Sohn desgroßen Caesar, geboren im Zentrumdes Imperiums, auf der anderen derSohn eines Handwerkers, geboren inBethlehem, im letzten Winkel des Rö-mischen Reiches. Auf der einen Seiteder Sohn eines vergöttlichten Vaters,auf der anderen der Sohn Gottesselbst, der als Mensch die Welt be-tritt. Durch die Verknüpfung der Ge-burt Jesu mit der kaiserlichen Ver-waltungsmaßnahme einer Steuer-schätzung stößt uns Lukas geradezudarauf, die beiden „Friedensfürsten“gegenüberzustellen und zu verglei-chen. Der „Friede“, den Augustus demReich bringen will, beruht auf Krieg,Unterwerfung und Unterdrückunganderer Völker - auch des jüdischenVolkes. Wer diese Provokation versteht,kann den Kern der Weihnachtsbot-schaft begreifen. Maria singt im„Magnificat“: „Meine Seele preist dieGröße des Herrn [...] Er stürzt dieMächtigen vom Thron und erhöht dieNiedrigen. Die Hungernden be-schenkt er mit seinen Gaben undlässt die Reichen leer ausgehen.“ DieWeltordnung wird durch die GeburtJesu auf den Kopf gestellt. Weihnach-ten ist der Beginn eines Weges, deram Kreuz enden wird - im Wider-stand gegen eine Welt, die daraufsetzt, mit Hilfe von Geld, Profit undMacht die Menschen „glücklich“ zumachen.

W.P.

Macht stark

die erschlafften Hände

und die wankenden Knie fest!

Sagt den Verzagten:

Habt Mut, fürchtet euch nicht!

Seht, hier ist euer Gott!

Jesaja 35, 3

THEMA

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INTERNATIONAL

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„Caminos de Esperanza - Wege derHoffnung“ ist ein neues Mikrokredit-projekt der Schwestern vom GutenHirten in El Salvador. Unter der Lei-tung von Heidi Hochstatter, Regio-nalleiterin des Missionsentwick-lungsbüros Lateinamerika, wandtensich die Schwestern drei Problembe-reichen zu, die in den nächsten fünfJahren angegangen werden sollen:Wirtschaftliche Ungerechtigkeit,Menschenhandel und soziale Gefähr-dung von Jugendlichen.Als Schwester Digna Rivas undSchwester Judy Mannix in der StadtSan Miguel im östlichen Teil El Salva-dors ankamen, hatten sich bereitsdrei Jahre um Kinder von Markt-frauen und Straßenhändlerinnen ge-kümmert. Nun stellten die Missions-entwicklungsbüros Lateinamerikaund Rom finanzielle Mittel zur Verfü-gung, um mit den Marktfrauen dasProjekt „Caminos de Esperanza“ zubeginnen. Zuvor gab es für armeLeute nur eine Möglichkeit, an einDarlehen zu kommen: sie musstendas Geld von Privatpersonen leihen,die monatlich, manchmal sogar wö-chentlich 10 bis 20 Prozent Zinsenberechnen. Eine Marktfrau hatte sichbeispielsweise 10 Dollar ausgeliehenund musste wöchentlich 2 Dollar Zin-sen zahlen. Bei einem solchen Zins-satz wäre sie nie in der Lage ge-wesen, das gesamte Darlehen zu-

rückzuzahlen. Natürlich glaubte des-halb den Schwestern zunächst nie-mand, dass sie ein zinsloses Darlehenanböten. Doch als die ersten Interes-senten merkten, dass die Schwesternes ernst meinten, verwandelte sichSkepsis in Vertrauen. Andere Leutesagten den Schwestern, dass siegerne an dem Projekt teilnehmenwürden, aber Angst hätten, dann vonVerbrecherbanden erpresst zu wer-den. Leider sind solche Befürchtun-gen in einem Land wie El Salvadornicht unrealistisch.Schwester Judy Mannix ist optimis-tisch: „Unsere Hoffnung ist, dass dieTeilnehmer unseres Mikrokredit-Projektes ihre eigenen Fähigkeitenund Talente entdecken und finanzielleine bessere Zukunft für sich undihre Familien aufbauen können.“Vor dem Erhalt der Darlehen absol-vieren die Projektteilnehmer 16 Aus-bildungsstunden, in denen es umGeschäftsführung, Umgang mit Geldund Sparen geht.Schwester Judy: „Unsere Darlehensind klein, meist weniger als 200 Dol-lar. Die Rückzahlung erfolgt inner-halb von zehn Monaten zu einerTilgungsrate, die jeder mit uns ab-sprechen kann. Wenn das Darlehenordnungsgemäß getilgt wird, könnendie Teilnehmer zwei Jahre lang wei-tere Kredite aufnehmen. Wir ermun-tern sie auch, ein Bankkonto zu

eröffnen und Geld zu sparen, selbstwenn es nur ein paar Dollar sind.“Hausbesuche sind ein wesentlicherBestandteil des Projekts; die Schwes-tern überzeugen sich davon, dass derKredit für den angegebenen Zweckverwendet wird, dass die Familienein geordnetes Zuhause haben unddie Kinder zur Schule geschickt wer-den. Eine Familie mit fünf Kindernlebte beispielsweise in einem winzi-gen Haus mit zwei Zimmern ohnefließend Wasser und mit Löchern inder Decke. Die Vermieterin sagte,wenn es ihnen nicht gefalle, sollte sieausziehen. Sie werde das Haus jeden-falls nicht auf ihre Kosten reparierenlassen. Die Schwestern stellten da-raufhin der Familie das nötige Geldfür die Reparatur zur Verfügung.Schwester Judy ist mit den ersten Er-folgen des Projektes zufrieden: „Wirsehen, dass jeder Tag für die Men-schen hier wie ein Frühlingstag ist.Es sprießen junge Knospen und neueHoffnungen. Das Projekt hat uns dieGelegenheit gegeben, mit den Fami-lien ein Stück des Alltagslebens zuteilen. Das fordert uns heraus, tieferüber unser eigenes Handeln undüber die wirtschaftliche Ungerechtig-keit in unserer Welt nachzudenken.“

Mit Mikrokreditengegen Zinswucher

Schwestern vom Guten Hirtenhelfen armen Markfrauen in El Salvador

Bevor die Marktfrauen einen Kredit erhal-ten, werden sie von den Schwestern bera-ten und im Umgang mit Geld geschult.

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BURKINA FASO

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Wer an das eiserne Tor klopft, ist ingroßer Not: Junge Mädchen, diezwangsweise verheiratet werden sol-len. Frauen, die ungewollt schwangergeworden sind oder der Prostitutionentkommen möchten. Die Schwes-tern vom Guten Hirten in BurkinaFaso können keine Wunder vollbrin-gen, aber sie finden fast immer eineLösung.Früher war das so: Wenn es dunkelwurde, dann begann für Mary K. dieArbeit. Heute ist es genau umge-kehrt. Sobald sich die Nacht überBurkina Faso senkt, dann kann MaryFeierabend machen. Besser gesagt:Sie muss. Denn ihr kleiner Getränke-stand am staubigen Straßenrand hatkeinen Strom. Also gibt es auch keinLicht. Und im Dunkeln kommenkeine Kunden.

Das war früher ganz anders. Erstnach Sonnenuntergang erwachte ihrArbeitsplatz zum Leben. Denn da-mals arbeitete Mary in einem Nacht-klub. Als Prostituierte. Eigentlichkommt Mary aus Nigeria. Wie sienach Burkina Faso gelangte, was siealles tun musste, um ihren Körper zuverkaufen, darüber redet sie heutenicht mehr gerne. Auch ihr richtigerName soll hier nicht erscheinen. Feststeht aber eines: Mary wollte ausstei-gen und ein neues Leben beginnen.Schluss mit Ausbeutung und Ernied-rigung, vorwärts in eine bessere Zu-kunft. Eine ganze Weile suchte sienach Hilfe - und fand sie bei den Or-densfrauen. „Oh ja, es kommen sehrviele Frauen zu uns, die einen Aus-weg aus der Prostitution suchen“,sagt Schwester Yvonne Clémence

Bambara. Sie leitet das Zentrum derSchwestern vom Guten Hirten inBobo-Dioulasso. Die zweitgrößteStadt von Burkina Faso ist ihre Hei-mat, sie weiß, dass Menschenhandelund die Ausbeutung von Frauen undMädchen in dieser Region weit ver-breitet sind. Über die Grenzen vonBurkina Faso nach Mali, der Elfen-beinküste, Ghana, Togo und Beninhinweg gibt es weit verzweigte Netz-werke. Oft sind es entfernte Ver-wandte, die verarmten Familien Geldgeben und ihren Kindern ein Aus-kommen versprechen. Doch sie er-wartet Ausbeutung und Missbrauch.Für 230 Euro werden Kinder zumBeispiel in die Elfenbeinküste ver-kauft, damit sie dort auf Kakaoplan-tagen arbeiten - so war es zumindestim dänischen Dokumentarfilm

Das Haus der HoffnungSchutz und Hilfe für junge Mädchen und Frauen in Burkina Faso

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BURKINA FASO

„Schmutzige Schokolade“ zu sehen.Mary wurde in Calabar geboren. Einenigerianische Hafenstadt am Atlan-tik, nahe der Grenze zu Kamerun. Im19. Jahrhundert war Calabar einerder größten Umschlagplätze für Skla-venhändler. Sie schickten ihre Gefan-genen auf Schiffen übers Meer nachNord- und Südamerika. Diese Zeitenmögen vorbei sein – doch das Schleu-sertum, der Handel mit Frauen undMännern hat wieder Hochkonjunk-tur. Jedenfalls schlug Mary den Wegin Richtung Norden ein. In BurkinaFaso blieb sie - und kämpft heute umein gutes Leben. „Wir haben ihr einen kleinen Kreditgegeben“, sagt Schwester Yvonne.Damit konnte Mary ihren Getränke-stand öffnen. „Ich verkaufe Cola undTee“, erklärt sie uns. Neben ihr glühtein kleiner Ofen mit Holzkohle, dasWasser dampft aus der blechernenKanne. Heute hat sich nur ein müderKunde zu ihr verirrt. Er sitzt aufeinem Barhocker und nippt an einemundefinierbaren Getränk. AuchSchnaps und Likör gehören zum An-gebot.Schwester Yvonne sieht das ganzpraktisch: Ein Anfang ist gemacht. Inihrem Büro hat sie ein kariertes

Buch, in dem sie genau auflistet, werbei ihr und ihren Mitschwestern umHilfe gesucht hat. Hinter Mary’sNamen könnte sie einstweilen einenHaken setzen. Bevor sie dazukommt, betritt ein junges Mädchendas Büro. Schüchtern fragt sie umRat, die Schwester bittet sie, sich zusetzen und hört ihr zu. Lydia (Namegeändert) ist gerade erst im Zentrumangekommen. Sie wurde von den So-

zialbehörden geschickt. Auch in Bur-kina Faso gelten Menschenhandelund Zwangsprostitution als Verbre-chen. „Das Gesetz ist die eine Sache“,meint Schwester Yvonne schulterzu-ckend. „Die Wirklichkeit sieht oft an-ders aus...“ Nun also, warum ist Lydiagekommen? „Man hat mir wehgetan“, sagt sie mit leiser Stimme. Ge-duldig hört die Schwester ihr zu,stellt nur ganz behutsam Fragen. Ihre Eltern hatten sie zu einem Onkelin Obhut gegeben. Sie fanden, dasssie nicht mehr für ihr Kind sorgenkonnten und rechneten damit, dassLydia es dort besser haben würde.Vor allem aber gab ihnen der Onkeletwas Geld, das sie dringend brau-chen konnten. Dafür sollte das Mäd-chen im Haushalt helfen - kochen,waschen, putzen, und auf die kleinenKinder aufpassen. Wobei „klein“ indiesem Falle seltsam klingt. DennLydia ist selbst kaum elf oder zwölfJahre alt. Ein Alter, in dem für jungeMädchen in vielen Regionen West-afrikas die Probleme anfangen. Siegelten als „heiratsfähig“, werden alsBraut wesentlich älteren Männernversprochen. Auch solche Geschich-

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Mary K. und ihr Getränkestand. Heute hat sie nur wenige Kunden, aber für sie ist derkleine Getränkestand auf dem Markt die Chance für ein neues Leben.

Viele Mädchen bekommen Nachwuchs, obwohl sie selbst noch gar nicht erwachsen sind.Wenn sie von ihrer Familie verstoßen werden, sind sie auf sich allein gestellt.

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BURKINA FASO

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ten kennt Schwester Yvonne nurallzu gut. In ihrem Zentrum lebenmehrere Mädchen, die von zu Hausefortgelaufen sind, weil sie sich vorder arrangierten Ehe fürchteten. Siewollten keinen Mann, der ihr Großva-ter sein könnte.„Wer war es, der dir weh getan hat?“Lydia sagt, es sei ihr Cousin gewesen,selbst erst 14 Jahre alt. Jetzt ermitteltdie Polizei. „Aber wenn der Täterminderjährig ist“, sagt SchwesterYvonne „mussen wir abwarten, ob sieetwas unternehmen.“ Sie merkt, dassdas Mädchen nicht mehr weiterer-zählen möchte. Besser, Lydia gehterst einmal in den Schlafraum, wo sieein eigenes Bett bekommen wird, einStofftier, Schulhefte. Wie in einemKinderzimmer eben. „Wir versuchen,den Mädchen erst einmal Vertrauenund Zuwendung zu schenken. Sie sol-len wissen: Bei uns seid ihr in Sicher-heit. Wir helfen euch.“ Erst allmählich kann man dannsehen, welche Hilfe konkret nötig ist.Kann Lydia lesen und schreiben?Wenn nicht, werden die Schwesternversuchen, es ihr beizubringen. Viel-leicht kann sie dann einmal in dienormale Schule gehen. Aber viele tun

sich schwer, das aufzuholen, was sieverpasst haben. Vielleicht kommtauch eine Berufsausbildung in Frage.So wie sie Emilie gerade macht.Gleich nebenan betreiben dieSchwestern ein eigenes Restaurantmit Namen „Le Yélemani“. Am kom-menden Samstag hat sich eine Hoch-zeitsgesellschaft angesagt. DasBrautpaar will mit 100 Gästen feiern– eine Familie aus der Mittelschicht,die es auch in Burkina Faso gibt. Fürdieses Fest also laufen schon die Vor-

bereitungen. Im Lokal wird der Saaldekoriert, in der Lehrkuche probie-ren die Auszubildenden neue Ge-richte aus. Emilie wischt sich dieHände an ihrer Schürze ab. Dann hatsie kurz Zeit. „Ich war wirklich ver-zweifelt, bevor ich hierher gekom-men bin“, sagt sie. Auch Emiliekommt von weit her aus dem Nach-barland Mali. Die 25-Jährige hatkeine Eltern mehr, musste ihr Hei-matdorf verlassen, landete in einemNachtklub. Sie dachte sogar daran,sich das Leben zu nehmen. Jetzt willsie sich mit einer Lehre ins Lebenzuruckkämpfen. „Damit werde ichmir eine eigene Zukunft aufbauen.“Irgendwann will sie sogar wiedernach Mali zurück – um ihrer Familieund den Leuten im Dorf zu zeigen,dass etwas aus ihr geworden ist. Es lohnt sich, um jedes einzelneSchicksal zu kämpfen. Aber manbraucht Geduld dafür. Das ist die Er-fahrung der Schwestern vom GutenHirten. Zu fünft leben die Ordens-frauen in ihrer Gemeinschaft. FünfFrauen aus fünf Nationen. AuchSchwester Hilaria Puthirikkal gehörtdazu. Geboren in Indien, kam sie mit18 Jahren nach Deutschland, wo siemehrere Jahre in der Jugendhilfe ar-beitete. Dann lebte sie 27 Jahre auf

Schwester Hilaria bringt den Mädchen, die oft keine Gelegenheit hatten, eine Schule zubesuchen, Lesen und Schreiben bei, um ihnen einen Schulbesuch zu ermöglichen.

Behutsame Annäherung: Die Schwestern bauen Vertrauen auf und hören sich die Ge-schichten der Mädchen an. Dann überlegen sie, wie sie helfen können.

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der Insel Madagaskar, baute dortganze Dörfer für Frauen, die von derGesellschaft ausgestoßen waren. „Esist einfach herrlich zu sehen, wennMenschen sich entwickeln und selb-ständig werden“, sagt Schwester Hi-laria. Vor sechs Jahren wagte sie nocheinmal einen Neuanfang und gingnach Westafrika. Schnell merkte sie,dass ihre Arbeit wirklich gebrauchtwird: „Frauen werden in BurkinaFaso wirklich in jeder Hinsicht aus-gebeutet.“ Trotz aller Bemühungen,die es auch in Burkina Faso gibt: „DerStaat ist einfach noch nicht weitgenug.“ Deshalb müssen andere Or-ganisationen einspringen – wie dieSchwestern.Wie wird es nun mit Lydia weiterge-hen? Allmählich fasst sie mehr Ver-trauen und erzählt weiter. „Es warder Vater“, gesteht sie SchwesterYvonne. Nicht der 14-Jährige, son-dern dessen Vater, Lydias Onkel,wollte sich an ihr vergehen. Sie hatteAngst davor, ihn zu beschuldigen.Schwester Yvonne schüttelt den Kopf.Auch nach Jahren lassen sie solcheGeschichten nicht unberührt. „Ichverstehe ja, dass die Menschen arm

sind und Geld brauchen“, meint sie.„Aber das kann doch kein Grund sein,dass Eltern ihre eigenen Kinder ver-kaufen.“ Dorthin, wo ihnen nichts an-deres bevorsteht als Gewalt undAusbeutung. Für die Schwester stehtfest: „Frauen und Mädchen dürfenkeine Handelsware sein.“ Auch ihr Schützling Mary mit ihremGetränkestand kommt voran. „Wennich einen Generator hätte, dannkönnte ich einen Kühlschrank betrei-ben. Und ich hätte abends Licht“, sagt

sie. Dann müsste sie nicht schließen,wenn es dunkel wird. Sie habe wohlimmer noch den einen oder anderenKunden im Nachtklub, vermutetSchwester Yvonne. Aber sie ist zuver-sichtlich, dass Mary den Absprungschaffen wird. „Wenn sie tagsüber inihrem Geschäft arbeiten will, dannmuss sie nachts schlafen.“ Besser, dieFrauen handeln selbst, als dass an-dere mit ihnen Handel treiben.

Text: Christian SelbherrFotos: Jörg Böthling

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Das Team der Schwestern von vom Guten Hirten in Burkina Faso.

Im Kindergarten der Schwestern lernendie Kleinsten für die Schule.

Lydia ist zu Hause weggelaufen und hatgroße Angst, dorthin zurückzumüssen.

Schwester Hilaria ist glücklich über jedenFortschritt, den die Mädchen machen.

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INTERNATIONAL

Unsere Geschichte beginnt auf einerkleinen Insel an der französischenAtlantikküste: Noirmoutier, die Inseldes Schwarzen Klosters. Schonimmer war das Leben der Inselbe-wohner vom Meer und vom Fisch-fang geprägt. Heute ist Noirmoutiereine beliebte Ferieninsel, die im Som-mer Tausende von Touristen anlockt. Drehen wir das Rad der Geschichte200 Jahre zurück: In den Wirren der französischen Re-volution ist Noirmoutier ein Verban-nungsort für politische Gegner. Auchder Arzt Julien Pelletier wird auf dieInsel verbracht. Man wirft ihm vor,„Feinde der Revolution“ ärztlich be-handelt zu haben. Pelletier wird von freigesprochenund läßt sich mit seiner Familie ineinem Haus in der Grande-Rue nie-der. Hier wird im Jahre 1796 Rose-Virginie als achtes Kind der Familiegeboren. Heute birgt das ehemaligeWohnhaus der Pelletiers eine Ka-pelle.Noirmoutier ist ein Paradies für Kin-der: Das Meer, der Wald mit seinen

uralten Steineichen, die Grotte desheiligen Philbert, der im 7. Jahrhun-dert auf der Insel ein Kloster grün-dete. Doch das Kloster derSchwarzen Mönche wurde zerstört,die später auf den Trümmern errich-tete Kirche in der Revolutionzeit alsGefängnis mißbraucht. Rose-Virginie durchstöbert mit ihrerFreundin die alten Gemäuer. Die ge-heimnisvolle Krypta fasziniert dieMädchen. Es wird erzählt, sie hättengemeinsam den Raum von Gerümpelund Unrat befreit und das Grab desHeiligen geschmückt - eine Ge-schichte, die an Franziskus von Assisierinnert, der in der verfallenen Ka-pelle von San Damiano den RufChristi vernahm: Franziskus, baumeine Kirche wieder auf!Die unbeschwerten Kindertage ver-gehen rasch. Rose-Virginies Vaterstirbt mit 54 Jahren, das Mädchen be-sucht die neu gegründete Schule derUrsulinen. 1810 faßt die Mutter den Entschluß,mit den Kindern zu ihren Verwand-ten nach Soullans zurückzukehren.

Das bedeutet Abschied vom Meer,von Noirmoutier. Doch Rose-Virginiewird die Erlebnisse ihrer Kindheitnie vergessen.

[ZITAT 1]Ich erinnere mich, dass mein Vateroft ein pflegedürftiges Kind in unsereFamilie brachte. Er sagte dann zuuns: „Das ist ein kleiner Bruder, dasist eine kleine Schwester, die Gott unsschickt. Wir müssen sie liebhaben.“ Wenn ich bedenke, was Ärzte tun, umdas Leben ihrer Patienten zu retten,dann mache ich mir Vorwürfe, nichtgenug für das seelische Heil der Men-schen zu arbeiten, das doch unend-lich kostbarer ist. Es ist wahr, dass ich weder reich bin,noch talentiert, noch mit besonde-rem Charme begnadet. Aber die miranvertrauen Menschen habe ichimmer mit aller Kraft meines Herzengeliebt! Wenn man ein lebhaftes Wesen, eineliebende Seele und ein gutes Herz be-sitzt, dazu noch fröhlich, phantasie-voll und aufrichtig ist, so muß mandiese Eigenschaften nützen für dasHeil der Menschen. Man darf niemals vor Hindernissenzurückschrecken. Wenn man sichwaschen will, dabei aber nur die Fin-gerspitzen eintaucht oder nur flüch-tig den Schwamm gebraucht, wirdman niemals sauber. Um schwimmenzu lernen, muß man ins Wasserspringen; Trockenübungen helfennicht.“

Mit 14 Jahren wird Rose-Virginie inein privates Mädchen-Pensionat inTours geschickt. Es ist ein Abschiedfür immer. Madame Pelletier stirbtdrei Jahre später, ohne dass sich Mut-ter und Tochter wiedersehen. FürRose-Virginie bricht eine harte Zeitan. Nur schwer kann sich das leb-hafte Mädchen an die strengen Vor-schriften und das klosterähnlicheLeben im Pensionat gewöhnen. Kon-

Märtyrerin für die ArmenSeligsprechung von Schwester Agustina eingeleitet

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flikte mit der autoritären Heimleite-rin sind an der Tagesordnung. „Ichhabe im Internat viel geweint“, be-kennt sie offen.

Im Schatten der Kathedrale vonTours liegt das Kloster der Schwes-tern "Unserer Frau von der Liebe" -genannt „Die Zuflucht“. Im 17. Jahr-hundert hatte der französischeVolksmissionar Jean Eudes eine Or-densgemeinschaft gegründet, um"gefallenen Mädchen" und "Sünde-rinnen" zu helfen. Gemeint warenBettlerinnen, straffällig gewordeneFrauen und Prostituierte. Allein inParis, so schätzt man, gab es um1650 mehr als 10.000 Mädchen undFrauen, die meist aus sozialer Notder Prostitution nachgingen. VieleBürger sahen in ihnen nur eine Last,von der man die Gesellschaft be-freien oder Kriminelle, die man ein-sperren müsse. Die Schwestern„Unserer Frau von der Liebe“ gehör-ten zu den wenigen, die sich um dasSchicksal dieser Mädchen undFrauen kümmerten, ihnen Zufluchtund neue Lebensperspektiven boten.

Rose-Virginie hört von der Arbeit derSchwestern und ist beeindruckt. Siefaßt den Entschluß, in den Orden ein-zutreten. In einer Nacht- und Nebel-aktion verläßt die 19-jährige dasPensionat und eilt zum Kloster. „Hierbin ich und will nicht wieder fortge-hen“, erklärt sie der verblüfften Obe-rin. Doch aus dem raschen Ordenseintrittwird nichts. Rose-Virginie muß war-ten, bis sie volljährig ist. Zwei Jahreverbringt sie mit Gartenarbeit undPutzen. Auf Anregung ihrer Oberinnutzt sie die Zeit zum Studium derBibel und der Heiligengeschichten.Bei der Profeß erhält Rose-Virginieden Ordensnamen „Maria von derheiligen Euphrasia“. Schon bald wirdihr die Leitung einer Mädchengruppeanvertraut. Ihre ersten pädagogi-

schen Versuche sind wenig erfolg-reich. „Ich gebe zu, dass ich einigeZeit äußerst streng war“, bekennt siespäter. „Das ging soweit, dass meinBeichtvater mir sagte: Jetzt reicht es!Seien Sie weniger streng, sonst wirdIhr Erziehungsstil unerträglich."

Schwester Euphrasia arbeitet an sichselbst. Sie besinnt sich auf die liebe-volle Erziehung in ihrem Elternhausund ändert ihr Verhalten. Mit 29 Jah-ren wird sie zur Oberin gewählt.Unter ihrer Leitung nimmt das Lebender Gemeinschaft neuen Auf-schwung. Maria Euphrasia entwi-ckelt eine für die damalige Zeitrevolutionäre Pädagogik, die vonpsychologischem Einfühlungsvermö-gen, Liebe, Geduld und Achtung vorder Einzigartigkeit jedes Menschengeprägt ist.

[ZITAT 2]Liebe Schwesterm, bedenkt, dass diemeisten Mädchen, die zu uns kom-men, keine gute Erziehung genossenhaben. Glaubt Ihr vielleicht, es seieinfach für sie, zu gehorchen, zuschweigen und den ganzen Tag zu ar-beiten? Manches Mal müssen sie sichbezwingen, um die Leidenschaft ausihren Herzen zu reißen. Achtet da-rauf, was sie brauchen, sei es für dieSeele, sei es für den Körper. Bevor Ihrüber religiöse Dinge sprecht, sorgtdafür, daß sie mit ihrer Behandlungzufrieden sind. Glaubt bloß nicht,daß es zur Bekehrung eines Men-schen beiträgt, wenn man ihn leidenläßt. Behandelt die Kinder deshalbgroßherzig. Sie sollen bei Euch Lin-derung ihrer seelischen Verletzungenund Heilmittel gegen ihr Fehlverhal-ten finden. Ihr dürft die Mädchen niemals schla-gen, mißhandeln oder einkerkern. Esist bekannt, dass damit nichts gebes-sert wird. Im übrigen entsprichtHärte weder dem Geist unseres Be-rufes, noch dem Willen Gottes. Ver-

gebt, ohne lange nachzudenken. Sagtden Kindern nichts, was sie verletzenkönnte. Tröstet sie, richtet sie wiederauf und macht aus ihnen mit GottesGnade glückliche Menschen!

Angers. Die traditionsreiche Stadt amZusammenfluß von Maine und Loireist Mitte des 19. Jahrhunderts einaufstrebender Industriestandort. Fa-briken und Webereien entstehen undmit ihnen ein städtisches Proletariat.Soziale Probleme bleiben nicht aus.Das veranlaßt den Bischof von An-gers, die Schwestern in Tours um dieGründung eines Erziehungsheims zubitten. Schwester Euphrasia ist vonder Idee begeistert. „Als mich der Rufaus Angers erreichte, war ich wie imsiebten Himmel.“ 1829 bricht sie mit fünf Schwesternnach Angers auf. Die Räume einerehemaligen Weberei werden not-dürftig als Kloster hergerichtet.Schwester Euprasia gibt der Nieder-lassung den Namen „Haus vom GutenHirten“. Die ersten Mädchen und Frauen wer-den aufgenommen. Doch der Neuan-fang ist schwer. Man lebt von Wasserund Brot. „Wir waren so arm, dasswir unsere Mohrrüben aus dem Gar-ten verkaufen mussten“, erinnert sichSchwester Euphrasia. „Wir hattenkeine Möbel, keine Decken, keineKleider, manchmal sogar nichts zuessen.“Da Schwester Euphrasia immer nochOberin von Tours ist, muß sie notge-drungen dorthin zurückkehren. DieSchwestern in Angers sind sich selbstüberlassen und offenbar überfordert.Die Flamme des Neubeginns droht zuerlöschen. Erst 1831, als ihre Amtszeit in Toursendet, wird Schwester Euphrasia zurOberin in Angers ernannt und kannsich ganz der neuen Aufgabe wid-men. Sie ordnet die wirtschaftlichenVerhältnisse, läßt die alten Gebäuderenovieren, kümmert sich um Nähar-

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beiten für die Mädchen und beginntmit dem Bau einer Kirche. Sieschreibt: „Wir mögen noch so armsein: Wenn ich das Allerheiligste inunserer Kapelle weiß und eineGruppe von Büßerinnen im Haus,dann genieße ich einen Vorge-schmack der himmlischen Glückse-ligkeit.“

Das soziale Engagement der Schwes-tern wird von Vielen mit Skepsis be-trachtet. Schwester Euphrasia mußan zwei Fronten kämpfen: gegen in-nerkirchliche Widerstände undgegen gesellschaftliche Vorurteile.Aber niemand besitzt eine größereGabe als sie, Engagement und Hilfs-bereitschaft zu wecken. „Wenn manunsere Mutter sprechen hörte“, so er-innern sich später die Schwestern,„wäre man mit ihr bis ans Ende derWelt gegangen.“ Viele junge Frauen fühlen sich vonihrem Charisma angezogen und tre-ten in die Gemeinschaft ein. DasHaus in Angers wächst - nicht zuletztdurch großzügige Spenden des Gra-fen von Neuville und anderer Wohl-täter. Doch Schwester Euphrasia gibtsich damit nicht zufrieden. Die „Ret-tung der Seelen“, wie sie die Arbeitder Schwestern nennt, hat für sieweltweite Dimensionen.

[ZITAT 3]Liebe Schwestern, glaubt Ihr etwa, esgenüge, die Euch anvertraute Auf-gabe vorschriftsmäßig zu erledigen?Routine hat viel mit dem Schlaf ge-meinsam.Werdet wach und setzt Euch inMarsch! Ihr sollt nicht die Mauerneures Klosters lieben, sondern denGeist des Eifers, der Frömmigkeitund der Liebe. Wenn wir Hirten seinwollen, oder besser gesagt: Hirtin-nen, darf uns ein kleines StückchenHeimaterde nicht halten.Was mich betrifft, so möchte ich

nicht, dass man sagt, ich sei Franzö-sin. Ich bin Italienerin, Engländerin,Deutsche, Amerikanerin, Afrikanerin,Inderin... Ich bin in allen Ländern zuhause, woMenschen auf Rettung warten. Wirdürfen keine Angst haben, unsereZelte an fernen Ufern aufzuschlagen,wenn wir sehen, dass es auch dortSchafe gibt, die wir in den Stall zu-rückführen müssen. Laßt Euch niemals entmutigen!Wenn ein Jäger seinen Bogen spannt,zielt er höher als auf den Punkt, dener treffen will, sonst würde er seinZiel verfehlen. Haltet es genauso,zielt höher, damit Ihr das Ziel er-reicht!

Aus der bitteren Erfahrung derArmut und Not bei der Klostergrün-dung in Angers hat Schwester MariaEuphrasia eines gelernt: die Selb-ständigkeit der Klöster "Unserer Frauvon der Liebe" ist ein Hindernis beider Ausbreitung des Ordens. Ohnematerielle und personelle Unterstüt-zung können Neugründungen nichtgedeihen. Schwester Euphrasia plantdeshalb die Errichtung eines Genera-lates, um alle Häuser des Ordenseiner gemeinsamen Leitung zu un-terstellen. Erneut stößt sie auf Wi-derstand. Einige Bischöfe fürchtenum ihren Einfluß, werfen SchwesterEuphrasia Hochmut und falschenEhrgeiz vor. Als Frau hat sie es nichtleicht, sich gegen den Klerus zu be-haupten. „Ich weiß, wie viele Briefe gegenmich geschrieben werden“, sagt sie,„aber ich habe ein ruhiges Gewissen.“ 1835 genehmigt Papst Gregor XVI.die Errichtung des Generalats. Dieneue Kongregation erhält den Namen"Unsere Frau von der Liebe desGuten Hirten von Angers.“ SchwesterEuphrasia wird zur ersten General-oberin gewählt. Es schmerzt sie, dassnicht alle Häuser bereit sind, sich derKongregation anzuschließen, aber

ihr Blick ist nach vorn gerichtet.„Unser Eifer muß die ganze Welt um-fassen“, sagt sie immmer wieder. Vonüberall erreichen sie Bitten um dieGründung von Klöstern. Es vergehtkaum ein Jahr, in dem nicht neue Nie-derlassungen der Schwestern vomGuten Hirten entstehen, erst inEuropa, dann in Afrika und schließ-lich sogar in Übersee.

Der Alltag von Schwester Euphasiagleich dem eines modernen Mana-gers. In ihrem Arbeitszimmer stapelnsich Akten und Briefe in großenWandschränken. In einer Zeit ohneTelefon und Internet versucht siedurch lebhafte Korrespondenz dieVerbindung zu allen Häusern auf-recht zu erhalten, läßt Druckmaschi-nen anschaffen, um eine Zeitschriftherauszugeben, ist unermüdlich un-terwegs, um die einzelnen Häuser zubesuchen, den Schwestern Mut zumachen und die Gründung neuerNiederlassungen vorzubereiten. 1864 zählt der Orden 92 Häuser,2.000 Schwestern und 350 Novizin-nen. „Ich hätte nicht geglaubt, dass unsereKongregation sich so schnell ausbrei-tet“, bekennt Schwester Euphrasia.Aber der Generaloberin ist auch be-wußt, dass rasches Wachstum Gefah-ren in sich birgt. Immer wiederbeschwört sie die jungen Schwes-tern, auch im Ausland, weit entferntvon Angers, den Geist des Mutterhau-ses zu bewahren und dem ursprüng-lichen Auftrag des Ordens treu zubleiben. [ZITAT 4]Liebe Schwestern, unser Eifer darfnicht darin bestehen, immerfort zupredigen, gute Ratschläge zu erteilenund ständig zum Guten aufzufordern.Eifer zeigt sich im guten Beispiel, dasmehr beeindruckt als schöne Worte.Selbst wenn es uns gelingt, Men-schen zu Gott zu bekehren, so stehtes doch nicht in unserer Macht, sie

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Kinder und Jugendliche leiden besondersunter dem Krieg in Syrien.

auf dem rechten Wege zu halten.Christus ist auf die Welt gekommen,um für die Menschen zu sühnen, umsie zu retten. Und für wen hat derHerr so große Dinge getan? Etwa fürwenige Auserwählte, für seine engs-ten Freunde? Nein, liebe Schwestern,das tat er für die verirrten, vom Wegeabgekommenen Geschöpfe. Ihr seidnicht berufen, Euch den Reichen zuwidmen. Seid mit den Armen arm,denn die Armen sind der Schatz, denGott Euch anvertraut hat.

Das Haus in Angers, nunmehr Mut-terhaus der Kongregation, dehnt sichweiter aus. Die ehemalige Benedikti-ner-Abtei St. Nikolaus wird erwor-ben, um Schülerinnen undFürsorgezöglinge aufnehmen zu kön-nen. Allerdings liegt das neue Hausaußerhalb des Klostergeländes, unddie Klausurvorschriften verbieten esden Schwestern, ihr Kloster zu ver-lassen. Schwester Euphrasia ist erfin-derisch: sie läßt einen Tunnelanlegen, der die Gebäude miteinan-der verbindet. Ein Stück Untergrund-arbeit – so wie die Arbeit derSchwestern, die sich weltweit jenenMenschen widmen, die ausgebeutet,entwürdigt und ihrer Rechte beraubtwerden. Schwester Euphrasia prakti-ziert Solidarität mit den Randgrup-pen der Gesellschaft, lange bevor dieAmtskirche die soziale Frage ent-deckt. Mit ihrem sicherem Gespür fürdas Notwendige und Machbare, aberauch mit ihrem Traum von einer ge-rechteren und menschlicheren Weltsetzt sie Zeichen.

Schwester Maria Euphrasia leitet dieKongregation mehr als 30 Jahre.Sechs Mal wird sie als Generaloberinwiedergewählt. Sie stirbt am 24.April 1868 im Alter von 71 Jahren.

[ZITAT 5]Liebe Schwestern, wir gehen mit er-schreckendem Tempo dem Tod ent-

gegen und können diesen Prozeß inkeiner Weise aufhalten. Eine Genera-tion folgt rasch auf die andere; Ihrkönnt es in unserer Kongregationsehen. Werde ich in dreißig Jahrennoch hier sein? Wird noch eine unse-rer ersten Schwestern leben? Stren-gen wir uns also an, die Zeit zunutzen, die Gott uns gewährt. Lassenwir uns ganz vom Geist unserer Kon-gregation durchdringen, seien wiruntereinander eines Sinns. Solltenwir dann in eine schlimme Situationgeraten, wird der Herr uns helfen, siedurchzustehen. Selbst wenn auf derganzen Welt nur acht eifrige Ordens-frauen vom Guten Hirten übrigblie-ben, das wäre genug, um dieKongregation wieder aufzubauenund neu erblühen zu lassen. Denn was treiben wir in dieser Weltund warum sind wir überhaupt hier,wenn nicht dazu, einen Beitrag zumHeil der Menschen zu leisten?“

Schwester Euphrasia liebte in jedemMenschen das Abbild Gottes. Sie warüberzeugt davon, dass es kein Elendund kein seelisches Gebrechen gibt,das nicht mit Gottes Hilfe zu heilenoder zu lindern wäre. Ihr Vorbild wardas biblische Bild des Guten Hirten,der für die Schafe sorgt, den Verlore-nen nachgeht und die Schwachen aufseinen Schultern trägt. 1940 wurde Schwester Maria Eu-phrasia Pelletier von Papst Pius XII.heiliggesprochen. In ihrem Geist arbeiten heute mehrals 5.000 Schwestern in 70 Ländernder Erde – als „Weberinnen der Hoff-nung“, wo Verzweiflung herrscht, als„Lebensträgerinnen“, wo das Lebenschwer wird, als Gute Hirtinnen, woMenschen auf Liebe, Schutz und Ge-borgenheit warten.

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Schwester Monique, Sie sind in Sy-rien aufgewachsen, arbeiten jetztaber in Rom. Wie kam es dazu?

Ich wurde in Damaskus geboren.Meine Familie lebt noch immer dort,trotz des Bürgerkriegs, der 2011 be-gann. Nach meinem Ordenseintrittbei den Schwestern vom Guten Hir-ten habe ich einige Jahre in Einrich-tungen des Ordens im Libanon und inSyrien gearbeitet. Seit gut einem Jahrbin ich auf Wunsch der Generallei-tung als Kommunikations-Koordina-torin in Rom tätig. Das ist einespannende und vielseitige Aufgabe.Aber natürlich habe ich weiterhinenge Kontakte zu den Schwestern inSyrien und im Libanon.

Im Sommer dieses Jahres hatten Siedie Gelegenheit, ihr Heimatland zubesuchen. Welche Eindrücke konn-ten Sie gewinnen?

Der Konflikt in Syrien und der Kampfgegen den „Islamischen Staat“ hatHunderttausende Menschen getötetund Millionen gezwungen, in andereLänder zu flüchten. Die Situation inDamaskus war sehr schlecht. Wäh-rend meines Besuches bei meinen El-tern gab es immer wieder Bomben-angriffe. Während eines früheren Besuches inDamaskus wurde meine Nichte voneiner Bombe verletzt, als sie von derSchule zurückkam. Sie war einenMonat im Krankenhaus. Das war eineschreckliche Zeit für mich, denn ichwusste nicht, ob sie wieder gesundwerden würde. Sie können sich nichtvorstellen, wie das ist, wenn nacheinem Bombenangriff all die verletz-ten Menschen in die Notaufnahmeder Krankenhäuser kommen. Siekönnen sich nicht vorstellen, was Sie

dort an Verletzungen und Elendsehen. Und es geschieht ohne Vor-warnung. Man erwartet nicht, dasseine Bombe oder Rakete kommt. DieMenschen versuchen trotz des Krie-ges, ein einigermaßen normales All-tagsleben zu führen, einkaufen zugehen, Freunde und Verwandte zubesuchen, die Kinder zur Schule zuschicken. Und dann passiert plötzlichetwas Schreckliches und ihr Lebenist möglicherweise zerstört.

Sie sind von Damaskus weiter nachHoms gereist, wo die Schwesternvom Guten Hirten seit vielen Jahrenmit Kindern, Jugendlichen und Fami-lien arbeiten. Ist das heute noch mög-lich?

Ich bin nach Homs gefahren, um un-seren Schwestern ein wenig zu hel-fen. Sie benötigen dringend Unter-stützung, weil so viele Familien ausden umliegenden Gebieten nachHoms geflüchtet sind. Sie kommentrotz der Zerstörungen in die Stadt,weil es in ihren Heimatorten oft nochschlimmer aussieht. Unser Zentrumin Homs versucht, diesen Menschenetwas psychologische Betreuung undHilfe bei alltäglichen Dingen zugeben. Die Flüchtlinge sollen versu-chen, ihre zum Teil traumatischen Er-fahrungen zu verarbeiten. Für Kinderund Jugendliche haben die Schwes-tern sogar ein spezielles Hilfspro-gramm entwickelt, denn die Kinderleiden wahrscheinlich am meistenunter den Kriegserlebnissen undwerden sie möglicherweise einLeben lang nicht vergessen. Dasmacht diese Arbeit so wichtig.

Sie haben von Ihrem Besuch auchFotos mitgebracht, die das Ausmaßder Zerstörungen zeigen...

Ja, ich konnte in der Umgebung unse-res Konvents einige Fotos machen.Das ganze Stadtviertel ist zerbombt,aber das Haus unserer Schwesternund die Kirche sind unbeschädigt. Ichkonnte es fast nicht glauben - es ist,als würden die Hände Gottes es be-decken. 2006 und 2007 habe ich sie-ben Monate lang in Homs gearbeitet,und ich erinnere mich, dass die Stra-ßen, die man auf den Fotos sieht, eineschöne Wohngegend waren. JedesGebäude hatte fünf Stockwerke undBalkone. Bäume säumten die Stra-ßen, und es gab überall Blumenbeete.Als ich jetzt diese Straßen wieder-sah, wo ich früher viele schöne Tagemit den Leuten dort verbracht hatte,hat es mir fast das Herz gebrochen.Ich erinnerte mich an all diese Men-schen, an ihre Gesichter, an unsereGespräche - und jetzt sind sie nichtmehr da. Ich konnte nicht darübersprechen, als ich ins Kloster zurück-kehrte. Und dann dachte ich an dieMenschen, die von noch schlimme-ren Orten nach Homs gekommensind, zum Beispiel aus Aleppo, wokaum ein Stein auf dem anderenliegt. Es ist schwer für mich, die rich-tigen Worte zu finden...

Schwester Monique Tarabeh RGS,Kommunikations-Koordinatorin derSchwestern vom Guten Hirten

DAS INTERVIEW

„Es hat mir fast das Herz gebrochen“Interview mit Schwester Monique Tarabeh RGS

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Mir ist aufgefallen, dass unter IhrenFotos keine Bilder aus Damaskussind. Durften Sie dort nicht fotogra-fieren?

Doch, ich hätte es tun können, aberich habe es einfach nicht fertigge-bracht, weil Damaskus meine Heimatist. Es ist nicht einfach, an den Ort zu-rückzukehren, wo du aufgewachsenbist, und alles ist zerstört. Das Hausmeiner Familie ist Gott sei Dank un-beschädigt, aber überall in der Nach-barschaft gibt es Schäden. Trotzdemhaben die Leute Mut und ein wenigHumor bewahrt. Das ist wohl eineÜberlebensstrategie Ich bewunderesie wirklich. Sie tun alles, was siekönnen, um die schlimmen Erleb-nisse zu vergessen und ein einiger-maßen „normales“ Leben zu führen.

Die Schwestern in Syrien leben nunviele Jahre inmitten von Bombenan-griffen, Schießereien, Trümmern undNot. Wie kann man das auf Daueraushalten?

Das habe ich mich auch gefragt. DieSchwestern haben sich aber bewusstdafür entschieden, in Homs zu blei-ben und den Menschen dort zu hel-fen, so gut sie es eben vermögen. Ichfragte eine Mitschwester: Wie stellstdu dir vor, wie es hier weitergeht?Niemand kann doch ständig nur fürandere da sein und helfen. Daraufantwortete sie mir: „Weißt du, Moni-que, wenn ich sehe, dass ich etwasfür die Leute tun kann, auch wenn esnur wenig ist, dann vergesse ich michselbst.“ Es ist gut, dass unser Ordenim Libanon einige Häuser hat, wosich die Schwestern für ein paar Tageerholen und neue Kraft schöpfenkönnen. In Homs sind sie niemals si-cher. Jedes Mal, wenn sie das Hausverlassen, wissen sie nicht, ob sie heilzurückkommen. Sie leben von einemTag auf den anderen und vertrauendarauf, dass Gott sie beschützt.

Sie arbeiten jetzt in Rom. Haben Sienicht ständig Angst um ihre Familie,um ihre Mitschwestern?

Ja, das ist ein großes Problem fürmich, weil ich mit dieser Angstschwer umgehen kann. Aber ich habevon meiner Nichte gelernt, als ich beiihr im Krankenhaus war. Es gab einenweiteren Bombenanschlag. Ich warso wütend auf die Menschen, die sol-che Anschläge verüben und schutz-lose, unbeteiligte Menschen töten.Sie sagte zu mir: „Tante, sei nicht sowütend. Sag lieber: Möge Gott ihnenvergeben.“ Ich war sprachlos. Ichkonnte keine Worte finden. Dannsagte ich: „Ich glaube, du hast Recht.“Ich versuche im Gebet an all die leid-geprüften Menschen in meiner Hei-mat zu denken. Ich bitte Gott, dassdas Licht in ihren Herzen nicht er-lischt. Mein Vater sagte einmal zumir: „Wir müssen immer das Lebenzu lieben versuchen, denn das Lebenist stärker als der Tod.“

Glauben Sie, dass es in absehbarerZeit Frieden in Syrien gibt und dassdie Wunden, die der Krieg geschla-gen hat, jemals verheilen werden?

Ich bin in einer Familie aufgewach-sen, die fest daran glaubt, dass Gottdas Beste für uns will. Selbst jetzt,selbst angesichts des schrecklichenTerrors, den der IS verübt, wird Gotteinen Weg für unser Land finden. Dasklingt vielleicht sehr optimistisch,aber bei Gott ist kein Ding unmöglich.Ja, ich glaube, wirklich, das der Frie-den kommen wird. Vor dem Krieggab es in Syrien kaum Problem zwi-schen den Muslimen, den Christenund den verschiedenen Volksgrup-pen. Wenn der Krieg aufhört, wirdnicht alles wieder so sein wie zuvor,dazu hat es zuviel Leid und Elend ge-geben. Aber wir Schwestern wollenmithelfen, Brücken zwischen denverfeindeten Menschen zu bauenund an Versöhnung und Frieden mit-zuwirken. Gerade in einer Stadt wieHoms versuchen unsere Schwesternschon seit langer Zeit, Kindern undJugendlichen zu vermitteln, dass einfriedliches Miteinander der Religio-nen und Völkern möglich, wenn dergute Wille dazu vorhanden ist undman sich gegenseitig achtet. Ja, ichsetze meine Hoffnung auf die jungeGeneration.

Das Interview führte Dan Stockmann

Zerstörte Straßenzüge in der Umgebung des Hauses der Schwestern vom Guten Hirten inHoms. Doch inmitten der Ruinen blüht wie ein Hoffnungszeichen ein Oleanderbusch.

DAS INTERVIEW

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Schwester Euphrasia neu entdecktJunge Mädchen auf der Suche nach ihrer Berufung

„Maria Euphrasia - eine Leidenschaftfür Gott“. Unter diesem Motto standein Berufsfindungstag im Oktoberdieses Jahres in Puente Alto (Chile).An dem Treffen nahmen 27 jungeMädchen aus Ovalle, Valparaiso, San-tiago und Concepcion teil. Ziel war es,Leben und Wirken der Ordensgrün-derin der Schwestern vom Guten Hir-ten, Schwester Euphrasia Pelletier,und die heutige Arbeit der Ordensge-meinschaft näher kennenzulernen.Schwester Francisca Ponce undSchwester María Jesús Rodríguezstanden den jungen Mädchen als Ge-sprächspartnerinnen zur Verfügung.Sie stellten den Lebenslauf vonSchwester Euphrasia vor, zitiertenaus ihren Briefen und Vorträgen underarbeiteten mit den Mädchen Fra-gen und Denkanstöße. Der Berufs-findungstag wurde in Zusammen-arbeit mit drei Schulen veranstaltetund ist Teil der Berufungspastoralder chilenischen Schwestern. Diejungen Frauen waren sich nach demgemeinsamen Treffen einig: „Schwes-

ter Euphrasia war eine große Frau.Vieles von dem, was sie in Kindheitund Jugend erlebt hat, könnten auchwir erleben, und vielleicht stecktetwas von ihrem Mut, ihrem Engage-ment und ihrem Glauben auch inuns.“ Eine Teilnehmerin stellte fest:„Ich habe es geschafft, einige Dingezu klären, die ich in meinem Lebennicht verstand. Trotz aller Probleme,die wir haben, kann man mit Leiden-schaft und Ausdauer einen Weg fin-den, der zum eigenen Weg wird. Gotthat bestimmte Absichten mit jedervon uns. Wir müssen uns von ihm lei-ten lassen, wenn wir gut und glück-lich sein wollen.“Schwester Francisca Ponce fassteihre Eindrücke so zusammen: „DieZeiten, wo junge Mädchen von sichaus zu uns kamen und um Aufnahmein den Orden baten, sind vorbei. Wirmüssen neue Wege gehen. Und wirmerken, dass das Interesse an unse-rer Arbeit und an einem Leben in Ge-meinschaft auch bei den heutigenjungen Mädchen vorhanden ist.“

Beim Provinzkapitel der ProvinzÖsterreich/Schweiz/Tschechien imOktober 2017 in Wien wurdeSchwester Melitta Fragner (72) zurneuen Provinzleiterin gewählt.Schwester Melitta trat in Österreichin die Ordensgemeinschaft ein undlegte 1975 ihre Ewigen Gelübde ab.Sie studierte Hauswirtschaft, Psycho-logie und Erziehungswissenschaft. Inverschiedenen Einrichtungen des Or-dens war sie in der Mädchenerzie-hung tätig, lehrte Hauswirtschaft undunterstützte alleinstehende Mütterund ihre Kinder. In den 70er-Jahrenwar sie bereits einmal Provinzialobe-rin der Österreichischen Provinz undleitete dann den Konvent und dieFachschule Baumgartenberg. Außer-dem nahm Schwester Melitta als Re-präsentantin der Schwestern vomGuten Hirten an zahlreichen Sitzun-gen und Arbeitsgremien des UN-Büros in Wien statt, wobei sie ihrAugenmerk besonders auf demKampf gegen den weltweiten Frau-enhandels richtete. Viele Jahre warsie zudem in verschiedenen Funktio-nen im Dienst der Kongregation tätig.Zur Zeit ist sie u.a. Mitglied der Mut-terhaus-Kommission in Angers.

Im Gespräch und im Nachdenken über Schwester Maria Euphrasia: Junge chilenischeMädchen informierten sich bei einem Berufsfindungstag über das Leben und Wirken derOrdensgründerin und über die Arbeit der Schwestern vom Guten Hirten.

Neue Provinzleiteringewählt

Schwester Melitta Fragner RGS

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Jedes Jahr findet in München vonMitte September bis Anfang Oktoberdas sogenannte Oktoberfest oder die„Wiesn“ statt. Aus allen Ländern rei-sen die Menschen an. Hauptattrak-tion sind nicht nur die Karussells,sondern vor allem die großen Bier-zelte, in denen das Maß Bier ausge-schenkt wird und Brezn, Ochsen undHendln verzehrt werden. Da die be-tagten Schwestern vom Guten Hirtenim Haus St. Gabriel in München nichtmehr selbst zur Wiesn gehen kön-nen, holten Frau Meier und FrauPrincip, Mitarbeiterinnen aus demBereich Hauswirtschaft, in diesemJahr die Wiesn für ein paar Stundenzu den Schwestern. Es war eine gelungene Überra-schung, als sie am Nachmittag des 22.September zum Oktoberfest im Bin-nenhof des Klosters eingeladen wur-den. Pünktlich um 14.30 Uhr kamendie Schwestern mit oder ohne Rolla-tor und staunten über den schön her-gerichteten und geschmücktenBinnenhof. Wer nicht mehr selbst

kommen konnte, wurde im Rollstuhlvon den Pflegerinnen gebracht. AuchPater Unfried, der Hausgeistliche,war mit von der Partie. Als Nieder-bayer kennt er das Münchener Okto-berfest ja bestens. Neben derschönen wasserspeienden Kugel imHof, die ihr kühlendes Wasser ver-sprühte, prangte ein Ständer mit Leb-kuchenherzen, gebacken und ver-ziert von Frau Meier. Frau Prinziphatte die Tische bayrisch geschmücktund mit Bretzeln und Radi versehen.Auch Petrus spielte mit, indem erSonne und Wärme schickte.Ganz besonders lockte der Zwetsch-gendatschi, der zu einer guten TasseKaffee verzehrt wurde. Der Stim-mungspegel erreichte den Höhe-punkt, als jede Schwester einwunderschön gestaltetes Oktober-fest-Herz erhielt. Es wurde fotogra-fiert, gelacht und sich an Preisenerfreut. Gegen Abend trafen sich alleim bayrisch geschmückten Gemein-desaal zum Oktoberfest-Abendbrotbei Bier und Kartoffelsalat.

Münchener Oktoberfest einmal andersSchwestern in St. Gabriel verlebten vergnügliche Stunden

Im Garten von Haus Gabriel in München war alles für ein zünftiges Oktoberfest vorberei-tet. Bei schönem Herbstwetter konnten die überwiegend betagten Schwestern ihre ei-gene „Wiesn“ mit Lebkuchen, Bretzeln und Weissbier feiern.

Mit der Schaffung eines Schüler-wohnheims im Haus des guten Hir-ten in Schwandorf (Oberpfalz) gingein lang gehegter Wunsch des Land-kreises Schwandorf und aller Betei-ligten in Erfüllung. Das Haus desGuten Hirten ist ein Zentrum für Be-rufsvorbereitung und berufliche Aus-bildung mit den Teilbereichen Inter-nat, Sonderberufsschule und ver-schiedenen Berufsfeldern. Das alteAreal des Hauses stammt aus dem13. Jahrhundert und war damals einSchloss. Im Jahre 1866 übernahmder Orden der Schwestern vomGuten Hirten das Anwesen und rich-tete ein Kloster und ein Erziehungs-heim für junge Mädchen ein, die hiereine Ausbildung in verschiedenenBerufen erhielten. 1992 übernahm die Katholische Ju-gendfürsorge der Diözese Regens-burg die gesamte Einrichtung alsTräger. Das altehrwürdige Klosterkonnte so weiter in seiner Traditionals Ausbildungsstätte bestehen blei-ben. Im neuen Wohnheim stehen 30Betten in 15 Doppelzimmern miteinem Aufenthaltsraum, einer Teekü-che, Sanitäreinrichtungen sowie Ge-meinschafts- und Freizeiträumen zurVerfügung.Die Besonderheit des Wohnheimsliegt in der Gewährleistung der päda-gogischen Betreuung im Hause. Sokönnen ab sofort auch minderjährigeBerufsschüler aus dem Landkreisaufgenommen werden, die bishermeistenteils in Pensionen unterge-bracht und dort ohne Betreuungwaren. Die Kosten für eine Übernach-tung mit Vollpension übernimmtzum Großteil der Landkreis. Der Ei-genanteil der Schüler beläuft sich auf5,10 € für Unterkunft mit Vollpen-sion, pädagogischer Betreuung undFreizeitangeboten.

Schülerwohnheim im „Guten Hirten“

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Wenn es auf Ende Oktober zugeht,dann kommt Erziehungsleiterin GabiFercher schon richtig in Weihnachts-stimmung. Denn dann wird es Zeit,im Schloss Zinneberg, einer Jugend-hilfeeinrichtung der Schwestern vomGuten Hirten, die Aktion „Geschenkemit Herz“ zu starten. Jedes Jahr ma-chen Jugendliche und Mitarbeiterin-nen aus verschiedenen Bereichen mitbei der vom Bayerischen Rundfunkinitiierten Aktion. Liebevoll werdenPäckchen für Mädchen oder Jungenin verschiedenen Altersstufen ge-packt. Einige Wochen schaut derTisch der Erziehungsleiterin aus wieein bunter weihnachtlicher Gaben-tisch. Dieser räumt sich aber MitteNovember ab, wenn alle Päckchen zueiner Sammelstelle gebracht werden. Kindern mit kleinen Dingen große

Freude zu machen - das ist die Ab-sicht der Aktion „Geschenke mitHerz“. In diesem Jahr warten Kinderim Kosovo, in Litauen, in der Ukraine,in Albanien, Rumänien, Serbien, derRepublik Moldau und in Bayern aufein Geschenk zu Weihnachten. Fürviele Kinder ist es das erste Ge-

schenk, was sie jemals bekommen.Die Geschenke und persönlichenGrüße des Päckchenpackers trans-portieren eine wichtige Botschaft:„Du bist nicht vergessen. Du bist ge-liebt. Und du bist wertvoll.“ Kirchen-gemeinden bekommen durch dieAktion die Chance, Brücken vor Ortzu bauen. So entstehen vielerorts Be-ziehungen, die eine weitergehendeUnterstützung der beschenkten Kin-der und ihrer Familien beinhalten.

Aber auch mit einer anderen Aktionsorgt Schloss Zinneberg für weih-nachtliche Freude. Der Klosterladenkonnte in diesem Jahr 800 PaketeDinkelkekse für eine Firma aus Mün-chen liefern. Das Unternehmenmacht mit den mittlerweile legendä-ren Zinneberger Dinkelkeksen schonseit einigen Jahren seinen Mitarbei-tern und Kunden eine besonders le-ckere Weihnachtsfreude. Jedes Jahrwird der Auftrag umfangreicher. Soist es seit einigen Jahren zum festenBrauch geworden, dass die Ausbilde-rinnen Susi Würz und Angelika Nieb-ler, zur „Langen Nacht der Dinkel-kekse“ einladen. In tagelanger Arbeitwerden ehrenamtlich von verschie-denen Kolleginnen und Kollegen Teigzubereitet, Kekse geschnitten, aufBleche gelegt, gebacken und ver-packt. Die Qualität der ZinnebergerBackwaren kann sich schmecken las-sen! Wohl dem Haus, das solche „Din-kelkeks-Fans“ hat, die es sich nicht

nehmen lassen, neben der Alltagsar-beit auch noch diese ehrenamtlicheTätigkeit zugunsten der Kinder- undJugendhilfe auf sich zu nehmen.

Dinkelkekse aus eigener ProduktionGeschenke und Süßes aus Schloss Zinneberg zum Fest

Bayern3-Moderatorin Claudia Conrathkümmert sich um den Versand der vielenGeschenkpakete. (Foto: Bayern3)

Als kleines Dankeschön für freiwilligund ehrenamtlich Engagierte inMünster haben die Stadtwerke in Ko-operation mit der Freiwilligenagen-tur Münster eine Fahrt mit demdurch Sonnenenergie angetriebenenSchiff „Solaaris“ auf dem Aasee ar-rangiert. Ehrenamtlich Tätige - egalob in einer Gruppe oder allein -konnten daran teilnehmen, mit ande-ren ehrenamtlich tätigen Münstera-nern ins Gespräch kommen undIdeen austauschen. Auch aus demHaus vom Guten Hirten in Münster,dem Ska-Treff und der „Alte Apo-theke“ gingen 16 Personen an Borddes Schiffes. Der Bürgertreff Ska-Treff sowie der Nachbarschaftstreff„Alte Apotheke“ sind offene Anlauf-stellen bzw. Treffpunkte für Bürgerund Bürgerinnen, die sich nachbar-schaftlich oder bürgerschaftlich en-gagieren wollen. Dort wird Raumgeboten, Ideen und Projekte einzu-bringen und konkret umzusetzen,wie zum Beispiel Spielenachmittage,Musizierrunden, Vereins-, Initiati-ven- und Gruppentreffen.

Gestern ging’s an Bord!

Lustige Seefahrt mit der „Solaaris“ aufMünsters Aasee.

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Fairer HandelVor 30 Jahren wurden "Dritte-Welt-Läden" noch belächelt. Heute ist esnichts Ungewöhnliches mehr, Artikel im Eine-Welt-Laden zu kaufen. Aberes geht nicht nur um Kaffee, Reis, Gewürze oder Kleidung, sondern umbessere Chancen für die Menschen in den Entwicklungsländern, um fairePreise und nicht zuletzt um Bewusstseinsbildung in den reichen Ländern.Die Schwestern vom Guten Hirten, die in mehr als 60 Ländern der Weltvertreten sind, haben vor über 20 Jahren die Aktion „Fair Trade - FairerHandel“ gegründet und unterhalten in verschiedenen Ländern der DrittenWelt Ausbildungszentren und Werkstätten für junge Mädchen und Frauen.Die Produkte, die dort in traditioneller Handarbeit hergestellt werden, ge-langen ohne Zwischenhandel nach Europa. So kommt der Reinerlös direktden Mädchen und Frauen zugute. Durch den Erwerb dieser schönen Hand-arbeitswaren helfen Sie mit, dass Frauen für sich selbst, ihre Kinder oderihre Familie eine gesicherte Existenz aufbauen können.

Angebot des MonatsMärchenhafte Zeiten mit der Wendepuppe „Schneewittchen“

Die Winterzeit mit ihren langen Abenden ist gerade richtig zum Märchen-erzählen. Kinder sind immer empfänglich für spannende Geschichten undspielen das Gehörte oder Gelesene gerne nach. Wie wäre es also mit einempassenden Geschenk zu Weihnachten? Die Wendepuppe „Schneewittchen“ ist eine ganz besondere Puppe, dennsie kommt in drei Gestalten daher. Durch Umstülpen der Kleidung vonInnen nach Außen und durch verschiedene Gesichter wird sie Dreierlei:Schneewittchen, die böse Königin und der schöne Prinz. Im Saum desSchneewittchen-Rockes sind außerdem die sieben Zwerge verborgen undkönnen einzeln herausgenommen werden. Wenn da das Spielen nichtSpaß macht! Angefertigt wurde die Stoffpuppe in Handarbeit und mit großer Liebe zumDetail in den Werkstätten der Schwestern vom Guten Hirten in Thailand.

FAIRER HANDEL

Für Fragen und Bestellungensteht Ihnen Patricia Schradegern zur Verfügung.Tel. 02 51 / 49 09 95 20(Mo und Mi 9.30 - 11.30 UhrFr 9.30 - 11.30 und 14 - 16.30 Uhr)Email: [email protected]

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Märchenwendepuppe Schneewittchen 35,- EUR + Versand

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IMPRESSUM

VerantwortlichSr. Gudula Busch RGSTel. 06192 99 32 93e-mail: [email protected]: Wolfgang Poeplau

AnschriftDeutsche Provinz der Schwestern vomGuten Hirten, KöRProvinzleitungMadrider Ring 62, 97084 WürzburgTel. + 49 931 6 00 00 - 0Fax + 49 931 6 00 00 - 13e-mail: [email protected] Verantwortlicher gemäß § 10 Absatz 3 MDStV: Hermann Schedding

Internet: www.guterhirte.de

Spenden und Zahlungen an:Schwestern vom Guten HirtenIBAN: DE 80 400 60265 0003 909500BIC: GENODEMIDKMDarlehnskasse Münster eG

Die Kongregation „Unserer Frauvon der Liebe des Guten Hirten“ isteine internationale Ordensgemein-schaft päpstlichen Rechts. Siewurde 1641 von dem französischenVolksmissionar Jean Eudes ge-gründet. Nach der französischenRevolution breitete sich der Ordenunter der Leitung der Generalobe-rin Schwester Euphrasia Pelletierin Europa und Übersee aus. Heutezählt die Gemeinschaft 4.600Schwestern in mehr als 60 Län-dern. Weitere Informationen undaktuelle Berichte im Internet unterwww.guterhirte.de

Ich wuchs in einer christlichenFamilie mit vier Brüdern undzwei Schwestern in Kerala, Indien,auf. Mein Vater war Landwirt,meine Mutter kümmerte sich umden Haushalt. Eines Tages jedochbeanspruchte die Regierungunser Land, um eine Schule da-rauf zu errichten. Uns blieb keineandere Wahl als umzuziehen. Fürmeine Eltern war dies eine sehrschmerzliche Erfahrung, MeinVater wurde krank, und meineMutter und Großmutter kümmer-ten sich um uns Kinder. MeineGroßmutter erzählte uns viele Ge-schichten über das Leben der Hei-ligen. Am meisten berührte michdie Geschichte von Thérèse vonLisieux. Als ich die Schule beendethatte, half ich in meiner Pfarrge-meinde bei allen Aktivitäten.Eines Tages kamen einige Schwes-tern vom Guten Hirten in unsereGemeinde und besuchten auchmeine Familie. Nach einigenTagen erwähnte unser Pfarrer,dass die Schwestern mich gernnäher kennenlernen würden. Ob-wohl ich nichts über das Ordens-leben wusste, war meine gefühlteAntwort der Wunsch nach „Stilleund Gebet“. Ich entschied mich,die Schwestern zu besuchen undarbeitete etwa zwei Jahre mitihnen in einem Krankenhaus.Die Schwestern waren zufriedenmit mir, doch mir fehlten Stilleund Kontemplation. Daher sagteich den Schwestern schließlich,dass ich nicht für die Kranken-hausarbeit berufen sei, und gingzurück nach Hause. Einige Monatespäter setzten sich die Schwes-tern erneut mit mir in Verbindungund luden mich nach Bangaloreein. Ich blieb ein paar Tage imdortigen Provinzialat. Als ich eineSchwester bei Einkäufen beglei-tete, besuchten wir auf dem Wegauch den Konvent der kontempla-

tiven Schwestern vom Guten Hir-ten. Ich wusste sofort, dass diesder Ort war, nach dem ich gesuchthatte. Ich kehrte nach Hause zu-rück, um meinen Eltern von mei-ner Entscheidung zu berichten.Glücklicherweise musste ich kei-nen Widerstand überwinden.Meine Familie hat mich immer er-mutigt, indem sie sagte: „Dukannst Dir Deine Zukunft selbstaussuchen. Wir wollen, dass Duglücklich bist.“ Mit dem Segenmeiner Eltern verließ ich meinZuhause und begann mein Lebenin der kontemplativen Gemein-schaft. Für mich ist dies eine tief-greifende Erfahrung. Das Wichtig-ste daran ist nicht, was ich zu-rückgelassen, sondern was ich ge-funden habe.Und jetzt habe ich „Ja“ gesagt undbin Mitglied des Leitungsteamsder Kongregation. Ich werde Mutbrauchen, meine Grenzen zuüberschreiten und in die Welt vonheute hinauszugehen. Es bedeu-tet, mir selbst und anderen mitOffenheit zu begegnen, zuzuhö-ren, abzuwarten, einfach da zusein. „Ja" zu sagen ist ein Zeichender Liebe und des Vertrauens indie Treue Gottes, der seinen Geistmit uns teilt.

Schwester Lilly DevasiaKontemplative Schwester

„Ich suchte Stille und Gebet“