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Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, Freundschaften entstehen durch gemeinsames Erleben, gemeinsames Lachen, gemeinsame Arbeit. Viele solcher Freundschaften konnten in der Initiative Musikwochen und ihren zahlreichen Musikferien wachsen und gedeihen. Auch heute tun sie das noch. Gerade diese Freundschaften sind es doch, die uns auch in den etwas schwierigeren Zeiten weiter tragen. Ein weiteres Musikferien – Jahr durften wir erleben. Und einmal mehr ist es so, dass Musik, egal wo auf der Welt, Menschen miteinander verbindet und, wie schon gesagt, Freundschaften wachsen lässt. Auf den folgenden Seiten dürfen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, ein bisschen davon mitgeniessen. Für den Vorstand: Schoschana Kobelt ZEITUNG DER «INITIATIVEMUSIKWOCHEN» VIVACE Ausgabe 16, 2014 Inhalt Editorial 1 Tätigkeitsbericht 2014 2 Kammermusikwochen für Erwachsene 3 Musikferien am Issyk-Kul in Kirgisistan (2014) 10 Erinnerungen 12 Musikwochen 2015 Mitgliederversammlung Beitrittserklärung Impressum 16 initiativemusikwochen

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EditorialLiebe Leserinnen, liebe Leser,

Freundschaften entstehen durch gemeinsames Erleben, gemeinsames Lachen, gemeinsame Arbeit. Vielesolcher Freundschaften konnten in der Initiative Musikwochen und ihren zahlreichen Musikferien wachsenund gedeihen. Auch heute tun sie das noch.Gerade diese Freundschaften sind es doch, die uns auch in den etwas schwierigeren Zeiten weiter tragen.Ein weiteres Musikferien – Jahr durften wir erleben. Und einmal mehr istes so, dass Musik, egal wo auf der Welt, Menschen miteinander verbindetund, wie schon gesagt, Freundschaften wachsen lässt.Auf den folgenden Seiten dürfen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, einbisschen davon mitgeniessen.

Für den Vorstand: Schoschana Kobelt

ZEITUNG DER «INITIATIVEMUSIKWOCHEN»

VIVACE Ausgabe 16, 2014

InhaltEditorial 1

Tätigkeitsbericht 2014 2

Kammermusikwochenfür Erwachsene 3

Musikferien am Issyk-Kulin Kirgisistan (2014) 10

Erinnerungen 12

Musikwochen 2015MitgliederversammlungBeitrittserklärungImpressum 16

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Tätigkeitsbericht Initiative Musikwochen 2014Auf das Jahr 2014 blicke ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück.Als Mitglied des Leiterteams der Kinder- und Jugendmusikferien in Trogen tat es mir besonders leid, dassdiese Woche aufgrund zu weniger Anmeldungen nicht stattfinden konnte. Ein Hauptgrund war vermutlich,dass unsere Räumlichkeiten im Kinderdorf Pestalozzi in der gewohnten Woche Anfang Sommerferien nichtzu Verfügung standen und das Datum mitten in den Sommerferien sich mit dem Familienurlaub oder denStrandferien überschnitt.Natürlich ist es auch immer ein Abenteuer und braucht etwas Mut sich für ein Musiklager anzumelden, indem man vielleicht noch niemanden kennt. Bei dem grossen Angebot an Ferien- und Musikwochen ist eseine Schwierigkeit der Initiative Musikwochen nicht an eine Institution angebunden zu sein, wo man sichgemeinsam mit den Kollegen anmeldet, die man schon kennt. Aber auch eine Chance: um ganz neueFreundschaften zu knüpfen, zusammen zu musizieren und viel zu erleben. Es ist mir schon öfter passiert,dass ich am Bahnhof plötzlich ehemalige Teilnehmende getroffen habe und gehört habe, dass sich die Kon-takt- und Musikfäden weiterspinnen...Auf dieses Kontaktnetz sind wir angewiesen und wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser unsere Musikwochenkennen und davon weitererzählen, ist das für uns die beste Werbung!

Ganz viele musikalische Fäden wurden dieses Jahr in Morschach verwoben. Mit 50 Teilnehmenden und vielMusizierfreude war das Antoniushaus Mattli in den Herbstferien buchstäblich ausgefüllt. Die Kammermu-sikwoche für Erwachsene war „so schön wie immer“, habe ich gehört. Was das heisst wird auf denfolgenden Seiten lebendig beschrieben.

Der längste Faden reicht bis nach Kirgisien. Susanne Hasler spinnt ihn weiter und so war es auch diesesJahr möglich, dass fünf Schweizer/innen zusammen mit 40 kirgisischen Kindern, Jugendlichen und Leiternunvergessliche Musikferien am grossen Bergsee Issyk-Kul verbringen konnten. Besonders freut uns, dassdie kirgisische Pianistin und Klavierlehrerin Angela Kalimova dank der Unterstützung des Rotary Club Vol-ketswil, Soroptimist Zürich und Sorop Zürichsee für 3 Monate in die Schweiz kommen konnte, um bei UrsBachmann in Wetzikon einen Einblick ins Revidieren und Stimmen von Klavieren zu erhalten.

Ausserdem konnten wir Salome Wüllner, auch eine ehemalige Teilnehmerin der Musikferien, dafür gewin-nen, Interviews zum Thema Erinnerungen mit einigen Musikferienteilnehmer zu machen. Nebst einem Vi-deo, dass im Februar auf www.initiativemusikwochen.ch erscheinen wird, können Sie bereits in der Vivaceauf den Seiten 12 - 14 ebenfalls etwas in Erinnerungen mitschwelgen.

Ich hoffe, dass es Ihnen beim Lesen der Berichte im „Vivace“ geht wie mir: Ich freue mich schon auf diekommenden Musikferien 2015!Vielleicht können Sie sogar mithelfen, dass diese noch etwas mehr Bekanntheit erfahren und so weiterhinvielen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen Freude bereiten können!

Für den VorstandRuth Mersmann

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Morschach 2014Liebe Mitmusiker,

Einisch meh hämmer e churzwiligi Musigwuche do im Huus Mattli döffe verbringe. Und spötischtens amdritte Tag händ die meischte begriffe, dass es immer meh als gnueg zÄsse gid, au wenns am Afang nid sousgsed. Meischtens hed mer am Buffet nämmli müsse ide Schlange warte, bis di zwoit Ladig vom Haupt-gang cho isch. Und i dere Zit hämmer nid mol chönne abruume. Für das isch jetz nämmli s Personal zue-ständig.

Au vom Wätter här ischs üs guet gange, so schön warm ischs scho lang nümm gsi und s unverglichlichePanorama isch so bsunders guet zur Gältig cho. Au wenns ab und zue mol es paar Gläser und sogar Brül-legläser devo gwindet hed.

Die wo allerdings es Mittagschlöfli hätted welle mache, währedem uf de Zimmer güebt worde isch, händsich wahrschinli a s Motto von de Kafistube erinneret: «Wir sehen Sie nicht, aber wir können Sie hören».Mugge heds dasmol keini gha, defür händ di einte oder andere sich müsse ad Luutstärchi vo de Chuegloggegwöhne bim Ischlofe. Aber do hed es Glas Suuser no immer ghulfe.Und mer sind wahrschinli im einzige Restaurant vo de Schwiiz, wo füf Einerli weniger choschtet als en hal-be Liter.

Aber mir sind üs so Sache ja gwöhnt: Hans isch au nid = Hans und Alexandra nid = Alexandra. Ja, und denngids no d Ursula, wo als Ersatz vo de Ursula cho isch. Das tönt nid nur kompliziert, es isch au so. Si hednämmli bi zwoi Gruppe glichzitig müsse Metronom, ääääh Klavier spile. Und das hed denn au zu logistischeÄngpäss gfüert. Zum Glück händs nid no es Klavier im Oberbaue gstellt, suscht hätt d Lysiane no müssedruufzahle.

Aber ich bin sicher, mit eme charmante Tango vo de Sina und ihrem Tanzorcheschter hättemer d Huusleitigsicher dezue brocht, es Aug zuezdrücke. A propos Tango: wer hätt dänkt, dass am Martin sini mitriissendeGruppetänz au zumene Tango passed? Wi immer heder sich voll is Züg gleid, au wenn üsi Disziplin under-desse bedänklich nocheglo hed.

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Defür simmer im Orcheschter mittlerweile sovill Celli, dass anes Piano gar nümm z dänke isch. De Samuelhed all Händ voll ztue gha, mit üs die russische Nüss und Blueme z knacke oder sich überhaupt akustischdurezsetze. Aber zum Glück hed er sovill Geduld und Humor...

Au im Chor isch er ab und zue hinderem Klavier fürecho zum üs ermahne, wemmer wider en Vierteltonabegheit sind und Schlusskonsonante verschluckt händ. Defür hed üs d Hanna das Johr nid nur as trüebeWasser im Tal gfüehrt sondern au nach Liberia und Südafrika. Für di einte isch denn s Bhalte von dene be-dütigslose Silbe fascht schwiriger gsi als di igängige Melodie.

Drum händs au inbrünschtig zu de Hanna gsunge: Oh Du Oh Du Oh Du Oh!

I de Impro nachem Zmittag hed mer verschidenschti Sache chönne kännelehre: So hed unter anderem dRegula allne Intressierte ihre Wolf vorgfüehrt.

De gröscht Teil vo de Zit hämmer aber mit üsne Gruppeleiter im Kammermusigunterricht verbrocht. Und esisch das Johr us allne Gruppe nur positivs z ghöre gsi über ihri persönliche Gruppeleiter.

Liebi Noëmi, liebe Patrick, liebe Andreas, liebe Martin, liebi Hanna, liebe Samuel und liebi Lysiane, ich wettüch drum im Name vo allne Teilnähmer härzlich danke für üche Isatz, üchi unermüedlichi Geduld und ücheElan.Und jetz gods natürli no drum, wer vo üch de Wanderpokal döf heinä. Bi dere Glägeheit hed sich übrigensusegschtellt, dass de Andreas en Heimlifeiss isch. Mer würdems mit sinere zrugghaltende Art gar nid agse,aber er heds fuuschtdick hinder de Ohre: er isch nämmli de erscht gsi hüt Morge, wo d Alexandra und d Inesmit eme Schoggistängeli bestoche hed.

Oswald Iten

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Ferien mit meinem Cello

Bei strahlendem Herbstwetter zog ich für einmal allein mit meinem Cello in die Ferien. Nicht einfach Ferienwaren geplant, ich hatte mich für eine Musikwoche in Morschach entschieden. Musizieren mit 49 vorerstunbekannten Erwachsenen, mit unterschiedlichsten Instrumenten, die das gleiche Ziel hatten, nämlich, dieFreude an der Musik mit anderen zu teilen.Als Cellowiedereinsteigerin erlebte ich schon bei meinen Vorbereitungen Gefühle von Berg- und Tal- Fahr-ten. Ich übte an Stücken, die mich mehr als nur forderten. Zusammen mit meiner Instrumentallehrerinversuchten wir Vereinfachungen anzubringen, sodass ich mindestens mithalten könnte….. (wenn auch nichtim presto) und ermutigende Telefonate vor der Musikwoche deuteten immer wieder darauf hin, dass dieFreude im Vordergrund stand und es für alle Musizierenden Lösungen gibt. Meine Vorfreude auf die Mor-schacher Musikwoche war gross, begleitet aber auch mit Zweifel an Unbekanntem. Das Kammermusikspielsowie das Mitwirken im Orchester war Neuland und dieses wollte ich betreten.Viele freundliche Musikferiengäste begrüssten mich herzlich, bemühten sich um mein Wohl als Neuling undhiessen mich an den Tischrunden willkommen. Schnell hatte auch die Kammermusikgruppe zusammenge-funden und ein erstes Kennenlernen im Üben war angesagt. Bald darauf folgten Orchesterproben, Tanz so-wie gemeinsames Singen.Während der ganzen Ferienwoche wurde fast pausenlos musiziert und das Leiterteam hat uns mit viel Ein-satz begleitet. Die Chorstücke wurden mit grosser Lebensfreude eingeübt, die lehrreichen Kammermusik-stunden mit viel Herz und Gefühl begleitet, die Orchsterproben von einem engagierten Dirigenten geleitetund die Tanzstunden von einem immer schmunzelnden Tanzpädagogen geführt.In den architektonisch grosszügig gestalteten Räumen fanden die vielen Kammermusiker immer wiederPlatz für gemeinsames Musizieren, jede Gelegenheit für ein Zusammenspiel wurde genutzt. Waren dieRäumlichkeiten alle besetzt, musizierte man in den allgemeinen Räumen wie Korridor oder Etagenfoyer.Die ganze Woche im Antoniushaus Mattli war geprägt von Fröhlichkeit und Gemütlichkeit. Musik erklangschon vor dem Morgenerwachen, Musik verstummte erst lange nach den gemeinsamen Proben. Ich erin-nere mich sehr gerne an die vergangenen Tage in Morschach, an das sonnige Herbstwetter, die wunderbareVerpflegung und freue mich auf die Ferien mit meinem Cello im nächsten Jahr. Mit der leisen Hoffnung aufein Wiedersehen mit vielen Musikbegeisterten beim gemeinsamen Musizieren.

Regula K.

Die musikalische Familie Andriessen

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Die Teilnehmer der Kammermusikwoche 2014 fürErwachsene haben dieses Jahr Bekanntschaft mitder Musik des niederländischen Komponisten Hen-drik Andriessen gemacht. Die Gruppe 7, mit Elisa-beth Neuenschwander auf der Geige, Theo Iten aufder Bratsche, Jürg Röthlisberger auf dem Cello,Hans Abicht auf der Flöte und Unterzeichnender aufder Oboe, spielte das „Divertimento a cinque“, dasdieser Komponist – damals 80 Jahre alt - für seineEnkelkinder geschrieben hatte.

Nach dem Vorspielen haben mich viele Teilnehmergefragt, ob ich etwas mehr über diese musikalischeFamilie erzählen könnte, was mich auf die Ideebrachte, einen Artikel fürs Vivace zu schreiben.Möglicherweise ist dies auch für diejenigen inter-essant, die in Morschach nicht dabei sein konnten.

Die ganze Familie Andriessen umfasst eine beson-dere Gruppe künstlerischer Menschen: Vier Gene-rationen brachten 20 professionelle Musiker hervor,wovon vier Komponisten waren. Jedermann, derdiese Familien je besucht hatte, beschrieb sie alswarmherzige Menschen, deren Häuser stets mitschöner Musik gefüllt waren.

Hendrik Andriessen (1892 – 1981) kam aus einergrossen Familie. Sein Vater Nicolaas Hendrik warOrganist in der wichtigsten katholischen Kirche vonHaarlem, 20 km westlich von Amsterdam. SeineMutter war Malerin. Seine fünf Geschwister wurdenPianist, Sängerin, Lehrer, Bildhauer und Pianistin.Hendrik wäre gerne, wie sein älterer Bruder, zumKonservatorium gegangen, aber seine Eltern ent-schieden, es wäre besser, wenn er Journalist wür-de. So hatte er mit 17 Jahren eine Anstellung bei der

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„Nieuwe Haarlemsche Courant“. Dort konnte er amAbend ruhig und ungestört im Büro der Zeitungarbeiten (an seinen Kompositionen!).Als er am Abend des 14. April 1912 vom Telex er-fuhr, dass ein Schiff im Nordatlantik mit einemEisberg zusammengestossen war, schien ihm dasnicht wichtig, und er arbeitete unbeirrt an seinerKomposition weiter. Seine Zeitung war am näch-sten Tag die einzige im Lande, die den Untergangder „Titanic“ nicht erwähnt hatte. Fortan durfteHendrik nur noch Musikrezensionen schreiben….Kurz danach wurde seine erste grosse Kompositionfür Orgel und Chor „Veni Creator Spiritu“ aufge-führt. Er erzielte damit grossen Erfolg.Als sein Vater kurze Zeit später starb, konnte Hen-drik sein Nachfolger werden. Endlich begann er einStudium am Konservatorium in Amsterdam: Orgelund Komposition. Statt den üblichen drei Jahren,beendete er die Ausbildung bereits nach zwei Jah-ren, mit cum laude!Mehr als 15 Jahre blieb er Organist in Haarlem. Erheiratete eine Pianistin, die er aus Amsterdamkannte. (Sie war protestantisch, aber bekehrte sichihm zuliebe zum katholischen Glauben.) Das jung-vermählte Paar wohnte bei Hendriks Mutter inHaarlem, und dort wurden auch fünf ihrer sechsKinder geboren.

Hendrik Andriessens Kompositionen sind inspiriertvon der Musik des Frühbarock, aber man spürtauch Einflüsse der französischen KomponistenClaude Debussy, Darius Milhaud, César Franck,Gabriel Pierné und André Caplet. Deutsche Kom-ponisten konnten ihn gar nicht reizen (ausser Bachund Bruckner).1934 wurde er als Direktor, Organist und Kirchen-komponist der St.Catharinakathedral des Erzbis-tums Utrecht angestellt.Hendrik begleitete selbstverständlich alle Gottes-dienste auf der Orgel, aber danach blieb er immernoch eine Stunde länger, um zu improvisieren. Dastönte so wunderschön, dass auch viele Reformiertenach ihrem eigenen Gottesdienst zur Kathedralekamen, um sein Orgelspiel zu geniessen.

Inzwischen wohnte die Familie in einem grossenHaus in Utrecht. Neben seinen vielen Funktionen(als Organist, Chorleiter, Lehrer in Amsterdam,Musikkritiker und Komponist) wurde Hendrik 1937Direktor des Konservatoriums in Utrecht. Sehr be-rühmt wurde in dieser Zeit seine Komposition „DieKuhnau-Variationen“ für das Utrechter Studenten-

Orchester. Innerhalb weniger Jahre wurde diesezum meist gespielten Werk eines niederländischenKomponisten im In- und Ausland.

Viel Zeit zum Komponieren blieb ihm durch seinevielen anderen Aufgaben in dieser Periode leidernicht. Aber alle Kompositionen, die er sich aus-dachte, speicherte er in seinem Kopf. Jedes Jahrmietete die Familie in den Sommerferien eine Fe-rienwohnung an der Küste, und immer, wenn dieKinder draussen spielten, schrieb er sämtlicheKompositionen nachträglich auf!

Im zweiten Weltkrieg, im Juli 1942, wurde er mor-gens um sechs Uhr verhaftet und zusammen mitvielen anderen bekannten Niederländern (mit Po-litikern, Künstlern, Wissenschaftlern) in Geiselhaftgenommen und ins Konzentrationslager St. Mi-chielsgestel im Süden des Landes gebracht.Schwere Arbeit brauchten diese Männer dort nichtzu leisten, Briefe konnten sie (zensuriert) ver-schicken und empfangen und echten Hunger mus-sten sie auch nicht leiden. Aber jedes Mal, wenn einAnschlag im Lande verübt worden war, wurdenGeiseln aus jenen Gebieten des Anschlags an dieWand gestellt und erschossen. Nach einem halbenJahr wurde Hendrik entlassen.

Nun führte er seine Arbeit weiter, doch er bekamimmer öfter dringende Aufforderungen, Mitgliedder „Kulturkammer“ zu werden, eine Institution,mit welcher alle Künstler in den besetzten Gebie-ten unter die Kontrolle des Nazisystems gebrachtwerden sollten. All diese ‚Einladungen‘ ver-schwanden aber in Hendriks Mülleimer.Dann besuchten ihn zwei Delegierte dieser Kultur-kammer, um ihn zu zwingen. Er nahm eine Partiturvon Mendelssohn aus dem Schrank und fragte dieHerren: „Bitte, wo stehen hier die jüdischen No-ten?“. Er weigert sich, Mitglied zu werden unddurfte dann überhaupt keine Musik mehr aufführen(wohl aber in der Kirche: „Kirchenmusik ist keineKunst“, sagten die Herren).

Inzwischen hatten Hendrik und seine Frau Tinesechs Kinder: Gesina wird später Sängerin undTänzerin; Heleen Flötistin und Pianistin; NicolaasArchitekt (er wollte lieber Musiker werden, aberdie Eltern fanden das in den unsicheren DreissigerJahren nicht gut); Jurriaan wird Komponist; Caeci-lia Pianistin und Komponistin; und Louis ist einweltberühmter Komponist geworden.

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Dieser Louis hatte im Juni 2014 seinen 75sten Ge-burtstag. Dafür gab man ihm in Amsterdam einFestkonzert, aber in New York sowie in San Fran-cisco wurden Riesenfestivals für ihn organisiert.

Nach dem Krieg wurde Hendrik Direktor des Kö-niglichen Konservatoriums Den Haag und die Fa-milie zog in die Residenzstadt um.Hendrik und Tine haben 13 Enkelkinder bekom-men: 9 davon sind professionelle Musiker gewor-den. Einer dieser Enkelkinder war Jurriaan Jr(1951-1991). Er war Zeichner (u.a. von Comic Strips)und Graphiker, spielte Cello und Klavier. Um 1977machte er ein Porträt seiner Frau Hedwig, einschönes Bild ihres Gesichtes von ca. 40 x 60 cm.Wenn man das Porträt genau betrachtet, siehtman, dass es aus vielen, vielen kleinen Musiknotenbesteht!Und es geht dabei nicht um beliebige Musiknoten.In Wirklichkeit sind es 54 gut spielbare Komposi-tionen für zwei Klaviere. Fünf Jahre hat er darangearbeitet, ohne Computer, nur mit Feder und Tin-te. Im Internet kann man einen guten Eindruck vondiesem besonderen Porträt bekommen:https://www.google.nl/#q=portret+van+hedwig

Vier andere Enkelkinder, zwei Zwillinge aus einerFamilie, spielten Flöte, Oboe, Geige und Cello.Sie nannten sich das „Gemini-Quartett“. Als dieFlötistin dieses Quartetts einen Bratschisten hei-ratete, bildeten sie das berühmte „Gemini-Ensem-ble“. Dieses professionelle Ensemble gab weltweitviele erfolgreiche Aufführungen. Diese fünf Musi-ker sind der Grund, dass der Grossvater Hendrik1972 - als er 80 Jahre alt war - das 5-teilige „Di-vertimento a cinque“ komponierte, das wir in Mor-schach gespielt hatten!

Glimmen, Oktober 2014,Roelof Jan Nijboer

Quellen:Agnes van der Horst „de Andriessens”, een kleurrijke(=farbenreiche) familie van muzikanten en kunstenaars,(Niederländisch) ISBN 978 90 8803 020 8 und Wikipedia.

Noten:Viel Musik dieser Komponisten kann man bestellen un-ter: www.donemus.nl (Niederländisch und Englisch), einMusikverlag für Niederländische Kompositionen des 20.und 21. Jahrhunderts.

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UND JETZT NOCH EINE ZUGABE: UELI MEIER, DER FREIWILLIGE KÄSER

Nach dem Schlusskonzert unserer Kammermusikwoche für Erwachsene im Oktober 2014 in Morschach gabes einen Apéro. Dabei konnten wir unerwartet den herrlichen Bergkäse aus Mädris geniessen. Darübermöchte ich gerne noch etwas erzählen:

Wahrscheinlich haben auch dieses Jahr viele Teilnehmer und Besucher des Schlusskonzerts den Fotogra-fen Ueli Meier und seine Mutter Susi gesehen und manche haben mit ihnen geplaudert. Schon sieben Jahrebin ich (Holländer) Teilnehmer der Musikwoche, und auch siebenmal hat Ueli (Schweizer) professionelleFotos des Konzerts gemacht und gratis zur Verfügung gestellt.Wie das kommt?Ich kenne die Familie Meier schon seit 1962, weil meine Eltern eine Ferienwohnung in Vermol ob Mels ge-mietet hatten - neben der Ferienwohnung der Familie Meier aus Zürich.Unsere Familien sind seither miteinander befreundet.

Ueli Meier hat mit seinem Kompagnon Dieter Enz einen Fotobetrieb für Fachfotografie (www.photoshop-ping.ch) in Weislingen für u.a. Industrie-, Architektur-, Reportagen- und Luftbildfotografie. Ueli wohnt imZüricher Oberland und seine Mutter in der Stadt Zürich.Zusammen gehen sie jedes Wochenende in ihre Ferienwohnung in Vermol.

Ueli ist dort nicht nur Wochenendbewohner, sondern wurde dort mehr und mehr zu einem geschätzten Be-rater für viele Bauern.So haben vor einigen Jahren drei Bauernfamilien in Mädris (Nachbardorf von Vermol) eine ökologische Kä-serei gegründet. Für diesen Betrieb hat Ueli nicht nur eine Homepage gemacht ( www.maedris.ch ), son-dern auch Etiketten für Käse und Joghurt entworfen und im Betrieb bei vielen anderen Sachen geholfen.

Das Wichtigste aber ist, dass er sich freiwillig viel Zeit und Mühe gab und gibt, um diesen herrlichen Berg-käse persönlich zu propagieren und zu distribuieren!Er konnte viele Geschäfte für dieses Produkt der Käserei begeistern. Darunter gibt es auch renommierteKäsespezialitätenläden, Hotels und Restaurants.Und jetzt kommt es: Jeden Montagmorgen, das ganze Jahr hindurch (!), stehen Mutter und Sohn Meier um 4Uhr auf, um von Vermol zur Käserei in Mädris zu fahren. Das Auto wird dort mit grossen Käselaibern (zu-sammen einige hundert Kilos!) ganz vollgeladen. Ueli und Susi (beinahe 85 Jahre alt!) liefern die Käse danngemeinsam im Laufe des Vormittags bei allen (etwa 30) Geschäften im Gebiet zwischen Luzern und Schaff-hausen ab! Wie gesagt: das alles freiwillig und gratis!

Vor dem Konzert in Morschach ging Ueli mit dem Vorschlag zum Koch des Antoniushauses Mattli, diesesMal beim Apéro auch Würfel „seines“ Bergkäses aus Mädris zu servieren!Der Koch war begeistert und hat zwei Schalen davon bereitgestellt.

Und so habt ihr diesen Käse kosten können. Nachher haben verschiedene Leute gefragt, ob und wo mandiesen herrlichen Käse kaufen könne.Deshalb habe ich jetzt diese Werbung geschrieben. (Ich selber schleppe natürlich auch jedes Jahr so einengrossen Käselaib im Nachtzug mit zurück nach Hause.)In welchen Läden man diesen Käse kaufen kann, siehe unter: www.maedris.chEn guete !

Roelof Jan Nijboer

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Musikferien am Issyk‐Kul in Kirgistan (2014)In diesem Jahr waren für die Issyk-Kul Musikferien ganz neue Akzente geplant: Es sollte einerseits einneuer Schwerpunkt in Bezug auf kirgisisches, polnisches und englisches Kulturverständnis gesetzt wer-den, andererseits würde Tanzen dazukommen sowie Malen in grösserem Umfang als letztes Jahr. Musi-kalisch war vorgesehen, dass neben dem Chorsingen die Kinder im Instrumentalen durchEinzelunterricht unterstützt würden.Wir Schweizer, Susanne Hasler und Annekäthi Weber, Schoschana und Martin Kobelt-Wanzenried, UteBrang und Ursula Butscher, kamen eine Woche vor Beginn der Musikferien von einer wunderbaren Reisedurch Kirgistan wieder in Bishkek an. Da wurde in der Vorbereitungsrunde mit der Organisatorin SenonaBegalieva klar, dass für die Instrumentalisten auch dieses Jahr sowohl Orchester wie auch Kammermu-sikgruppen erwünscht waren. Dank der von Susanne Hasler in den letzten Jahren angelegten Notenbi-bliothek konnten wir in der kurzen Vorbereitungszeit die passenden Musikstücke auswählen und amersten gemeinsamen Treffen im Konservatorium in Bishkek verteilen. Im Anschluss an diese Zusam-menkunft fand ein Konzert mit Schoschana Kobelt, Susanne Hasler und Zaituna Narynbaewa statt - einewunderschöne, gelungene Verbindung im musikalischen Ausdruck der beiden schweizer Musikerinnenmit der kirgisischen Pianistin!Am 11. August reisten wir dann alle - es waren dieses Jahr 38 Kinder und Jugendliche sowie 15 Erwach-sene - im grossen Bus zum wohlbekannten Haus am Issyk-Kul. Wie letztes Jahr gab es einen ausgeklü-gelten Tagesplan, wo alle Aktivitäten - vom Chor am Morgen, den drei Kammermusikzeiten, dem Tanzenund Malen, Handarbeiten und Orchester bis zum Baden am See ihren festen Platz fanden. Zudem wurdefast jeden Abend ein spezielles Abendprogramm organisiert. Daneben lernten die Kinder eifrig ihre Ge-dichte in kirgisischer, polnischer und englischer Sprache - und trotz diesem recht straffen Tagesablaufspürte man eine unglaubliche Fröhlichkeit und Dankbarkeit unter den teilnehmenden Kindern und Ju-gendlichen! Dadurch, dass wir sehr viele TeilnehmerInnen vom letzten Jahr schon kannten, entstandsehr rasch ein intensives Gemeinschaftsgefühl und wir konnten in jedem Bereich unkompliziert - aufrussisch oder englisch oder mit Händen und Füssen - kommunizieren und miteinander arbeiten.Das Schlusskonzert fand am letzten Nachmittag in unserem umfunktionierten Esssaal statt, im Hinter-grund hingen die farbenfrohen Bilder, die in den letzten 9 Tagen entstanden waren, daneben die wun-derschönen Filzhandarbeiten - und zwischen den vielfältigen musikalischen Darbietungen trugen dieKinder auf eindrückliche Weise kirgisische, polnische und englische Gedichte vor. Den Schlussabend lei-

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tete eine Tanzvorführung ein, an welcher die bei-den Tanzgruppen Einblicke in ihre Arbeit gaben.Glücklich, nicht ganz so braun gebrannt wie letztesJahr (es hatte drei Tage geregnet, was im Sommereine Seltenheit ist in diesem Gebiet), aber voll mitwunderbaren Erinnerungen an die vergangene Is-syk-Kul-Zeit und dankbar für das gelungene Lager,reisten wir wieder zurück nach Bishkek.

Ursula Butscher

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Musikferien für Kinder und Jugendliche:Erinnerungen von ehemaligen TeilnehmendenText von Salome Wüllner

Ich habe mich mit Marita Kohler, Sina Lehmann,Melissa Ensmenger, Kathi Stahel und MartinaReutimann getroffen. Für sie waren die Musikferi-en jeweils das Highlight des Sommers und sie be-dauern, dass dieses Jahr kein Musiklager in Trogenstattfinden konnte. Auch ich durfte vor vielen Jah-ren Teilnehmerin sein und während den Gesprä-chen ist die Erinnerung an das eine oder andereErlebnis wach geworden. Martina hat zwei Fotoal-ben von den Musikferien mitgebracht, die wir unsgemeinsam angesehen haben. Auf der ersten Seitedes Albums klebte sie jeweils Kalenderzettelchen.Sie meint: „Ich zählte jeweils die Tage bis zum La-ger, hatte immer solche Kalenderzettelchen her-gestellt, bis es endlich soweit war.“

Martina und Kathi sind heute zwanzig Jahre alt. Siespielen Geige und Cello und haben sich im Jahr2006 auf dem Weg in die Musikferien kennenge-lernt. Seither gingen sie jedes Jahr gemeinsam indie Woche, bis sie die Altersgrenze von 17 Jahrenerreicht hatten und nicht mehr teilnehmen durften.Sie pflegen ihre Freundschaft weitherhin. LetztesJahr besuchten sie das Abschlusskonzert, um die-jenigen Teilnehmer und Leiter zu treffen, die sievon damals noch kannten.

Sina spielt Geige, ist heute fünfzehn Jahre alt und

sie war vor zwei Jahren das erste Mal in den Mu-sikferien im Pestalozzidorf in Trogen. Sie hat sichauch dieses Jahr für die Woche angemeldet undfand es sehr schade, dass sie nicht stattfindenkonnte. Dazu sagt sie: „Ich hätte mich sehr gefreut,alle diejenigen wiederzutreffen, die vor zwei Jahrenoder vor einem Jahr auch schon im Lager waren.“

Die sechzehnjährige Melissa spielt Geige und be-sucht die Musikferien, seit sie acht Jahre alt ist.Seither war sie acht Mal jedes Jahr in Trogen ge-wesen. Sie erinnert sich noch gut an den allererstenTag im ersten Jahr: „Ich wollte nicht gehen, ichhatte Angst. Ich wusste nicht, was kommt und dawaren so viele Leute, die ich nicht kannte.“ Doch diedarauffolgenden Jahre wollte sie wieder in die Mu-sikferien, weil sie all die Leute, die sie liebgewon-nen hatte, wieder treffen wollte.

Marita spielt Oboe und hat den musikalischen Be-rufsweg gewählt. Sie meint, auch für ihren berufli-chen Werdegang sind die Musikferien ein wichtigesElement gewesen: „Ich ging jeweils in den Som-merferien in die Musiklager und war jedesmal wie-der hell begeistert zum Üben. – Wenn man das Jahrhindurch vor Allem selber übt, dann motiviert eseinfach anders, wenn man eine oder zwei Wochenlang mit gleichgesinnten intensiv etwas aufbauenkann. Aus heutiger Perspektive prägten mich dieMusiklager enorm.“

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Big Family

Es sind spezielle, offene und natürliche Menschen,die in die Musikferien kommen. Man kann dort sosein, wie man ist und muss sich nicht verstellen.Niemand schämt sich, für etwas begeistert zu sein.Sina meint: „Es sind alle bereit, neue Freund-schaften zu knüpfen. Irgendwie haben alle etwasGemeinsames: Die Musik und das Zusammenspiel.Mir kam es so vor, wenn du in dieser Gruppe bist,dass es gar keine Gruppe, sondern eine grosse Fa-milie ist. Es halten alle zueinander und man istschon fast wie Schwester und Bruder und Schwe-ster und Schwester. Die Leiter kommen einem sovor wie die Eltern und die älteren Teilnehmer, wiedie älteren Brüdern oder die jüngeren Schwe-stern.“Melissa erklärt mir, dass die älteren Teilnehmer,die alles schon kennen, den guten Geist an die jün-geren Neulinge mitgeben, bis diese zu den Altengehören und selber wiederum die Neueren ein-führen. Auch die Leiter waren selber meistensschon als Kind in den Musikferien mit dabei. Me-lissa meint, es brauche die älteren Teilnehmer ge-nauso wie die Neueren, die fortan dabeibleiben,damit das soziale System der Musikferien richtigfunktioniere. Sina erzählt mir, dass sie am Anfangsehr schüchtern war und dass einer der älterenTeilnehmer am ersten Tag auf sie zugekommen seiund ihr geholfen habe, sich ganz schnell in dieser„Big Family“ wohlzufühlen. „Plötzlich fühlte es sichso an, als ob man sich schon seit eh und je kennenwürde.“

Es sei nicht immer nur Musik, sondern auch derTanz, das Chorsingen, das Basteln und Theater-spielen, das die Qualität des Lagers ausmache. Injedem Lager gäbe es ein bestimmtes Thema. „Ein-mal hatten wir das Thema Venedig und basteltenMasken für den Ball.“, meint Sina. Sie erinnert sichauch gerne an das Video, das sie zum ThemaCharlie Chaplin aufgenommen hatten. Maritaschwärmt vom Musical „Westside Story“, von demeine Kurzversion einstudiert wurde. „Jede Personhat in ein bis zwei Ateliers mitgewirkt und am Endeder Ferien wurde es aufgeführt.“ Marita hatte alldie Sinfoniekonzerte und Chorwerke, die jeweils anden Abschlusskonzerten aufgeführt wurden miteinem Kassettenrekorder aufgenommen. Wenn siedie Aufnahmen heute wieder hört, erinnert sie sichan jedes kleine Detail. „Klar kann man sagen, dass

das Niveau nicht das ist, was ein Berufsorchesterhat, doch was du damit erlebt hattest und was da-hinter ist, lässt dich alles Andere ein wenig verges-sen. Wir spielten Schubert, die Unvollendete, wartotal schön. Und wir sangen Romeo und Julia imChor.“

Martina erinnert sich daran, dass sie einmal imVoraus etwas Rotes mitbringen sollten. Sie sagt zuKathi: „Du hattest einen roten Strumpf eingepackt.Das Thema wussten wir noch nicht.“ – „Auf derZugfahrt rätselten wir, was es wohl sein könnte.“,meint Kathi.

In guter Erinnerung sind auch die Ausflüge undWanderungen, wo es Gelegenheit gab, die Umge-bung zu entdecken und unterwegs Gespräche zuführen und sich so gegenseitig näher kennenzuler-nen. Sogar bei Regenwetter hätten die Wanderun-gen Spass gemacht.

Einmal hatten Kathi, Martina und ihre Zimmerge-nossin Bettina mit einer Regenjacke, mit Schuhenund Klebeband ein Cello verkleidet. Jeden Abendkamen die Leiter ins Zimmer, um gute Nacht zuwünschen. Kathi, Martina und Bettina fanden es je-weils recht lustig, sich dafür etwas einfallen zu las-sen. Einmal kamen sie auf die Idee, das verkleideteCello in den Eingang zu stellen und den Leitern da-bei zuzusehen, ob sie erschrecken würden. Alsokletterten sie auf den Schrank, um sich dort zuverstecken und von oben die Reaktion der Leiter zubeobachten. Martina hatte damals das Erlebnis imFotoalbum folgendermassen festgehalten: „Wirvernahmen die Stimmen der Leiter. Zuerst gingensie in den oberen Stock gute Nacht wünschen, alsowarteten wir wieder. Langsam wurde es unbequemso eingeklemmt zwischen Schrank und Decke. Dochendlich näherten sich die Schritte. Kathrin kam alsErste. (...) Sie kriegte einen ziemlichen Schock, alssie uns da oben hocken sah. Matthias konnte fastnicht mehr vor Lachen, als er uns entdeckte.(...) Daan diesem Abend nicht alle Leiter kamen, haben wirbeschlossen, das Ganze nochmals zu machen.“

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Musizierfreude von früh bis spät

Geweckt wurden die Teilnehmer jeweils mit Mor-genmusik. Man durfte sich einschreiben um Mor-genmusik zu machen. „Man geht jeweils in beideHäuser, beginnt im untersten Stock und geht dannin den nächsten Stock und spielt etwas. LetztesJahr hatte eine Teilnehmerin Geburtstag. Wirstellten uns vor ihre Türe und spielten Happy Bir-thday.“

Genauso wie die sozialen Kontakte ist auch dermusikalische Gewinn der Musikferien für die Teil-nehmerinnen und Teilnehmer sehr gross. Sinameint: „Man lernt, wenn man zum Beispiel im Or-chester spielt, auch auf die Anderen zu hören undnicht immer nur auf sich selbst zu hören, wie wennman solo spielt." Melissa sagt: „Es gab alle Nive-aus und das Zusammenspiel bereitet grosse Freu-de. Es gibt niemanden im Lager der sagt: Oh, dasist so schwer! oder: Oh, das ist so einfach! sondernes geht um das Zusammenspiel. Genauso wie esnicht darauf ankommt, ob man erste oder zweiteVioline spielt.“ – „Schön war jede Stimme.“, fügtSina hinzu.

Es erstaunt die Teilnehmerinnen immer wieder,wie weit man in dieser Woche kam im Einstudierender teils sehr anspruchsvollen Werke. Sina: “Wäh-rend den Proben dachte ich manchmal: Oh Gott,das schaffen wir nie, doch am Schluss war es je-desmal extrem schön.“

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Das verkleidete Cello mit Anschrift „Born to be a horn“ im Album von Martina

Unvergessliche Tage

Der Wunsch nach einem Ehemaligen-Treffen auchunter dem Jahr ist gross. Sina pflegt einige Kon-takte zu Leuten aus den Musikferien. Sie erzähltmir: „Wenn man sich wieder sieht, ist man soglücklich. Da rennt man aufeinander zu und um-armt sich, weil man so glücklich ist.“

Melissa sagt: „Es ist eine Zeit, woraus du schöpfenkannst. An die du zurückdenken kannst und dabeiwirst du wieder glücklich. Wenn es dir nicht so gutgeht, dann kannst du daran denken und kannst dirsagen: Doch, dort hatte ich eine gute Zeit.“

Marita ist froh, dass sie als Kind die Musikwochenbesuchen durfte: „Ich weiss nicht, ob ich heute amgleichen Punkt stünde ohne die Erlebnisse in denMusikferien. Das waren so wichtige Begegnungen,Konzerterlebnisse und menschliche Erlebnisse.Wir waren so gut behütet dort und auch die Küchewar immer super. Ich wünsche Jedem, dass ereinmal ein solches Erlebnis haben darf.“

Kathi meint, es wäre schön zu wissen, dass es imSommer in Trogen weiterginge, auch wenn sieselbst nicht mehr mit dabeisein kann. Allein zuwissen, dass es die Musikferien immer noch gibt.

Text von Salome Wüllner

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fängt der Spass erst an, wenn die ganze Truppe imKinderdorf Pestalozzi in Trogen zusammenkommt.Es ist wie Magie! Vom ersten Moment an entstehtein unwiderstehlich mitreißendes Gefühl von Ge-meinschaft. Alles außerhalb des Kinderdorfs istvöllig unwichtig. Schon am zweiten Tag habe ichden aktuellen Wochentag vergessen, es spielt aucheinfach keine Rolle. Alle haben Freude an dem, wasim Moment passiert, ob Orchesterprobe, Chorpro-be, Tanzen, zwischendurch leidenschaftlicheTischfussball-Turniere, ja sogar der Küchendienstwird kurzerhand zur spassigen Gaudi. Aus der Mi-schung von albernen und verrückten Blödeleienund konzentrierter Arbeit entsteht ein Gefühl, dasniemand erfassen kann, der es nicht selbst erlebthat.Wenn ich mich hier so überschlage in Enthusias-mus liegt das einzig und allein daran, dass es ei-gentlich nicht genug Worte gibt, um das zubeschreiben, was in der Ferienwoche in Trogenpassiert. Deshalb: Melde dich am besten selber an,um es zu erleben, wie du in einer Woche vollerMusik viele tolle neue Erfahrungen mit deinem In-strument und allen Menschen um dich herummachst.Nur eine Warnung noch: Die Ferienwoche in Trogenhat absolut Suchtpotential, obwohl es mit „T“ ge-schrieben wird!

Aaron Löchle

Trogen mit „T“

Eigentlich ist noch eine WocheSchule bis bei uns in Baden-Württemberg die lang ersehntenSommerferien beginnen. Aber alsMusiker genießt man doch immerwieder tolle Privilegien. So auchdieses Mal, denn anstatt dieSchulbank zu drücken, sitzen wirdank einer Schulbefreiung wegen„kulturellem Engagement“ imAuto auf dem Weg in ein kleinesBergdorf in der Schweiz: Trogen.Vor dem Zoll witzeln wir noch,was wir antworten, wenn uns derZöllner nach unserem Ziel fragt -„uf Troge“...Diese kleinen Spässchen sind erstdas Vorglühen, denn so richtig

Wenn ich an das Musiklager denke, kommt mir alsErstes das Gelächter in Sinn, welches überall ge-klungen hat. Das Musiklager war ein Ort an demobwohl sehr viel gearbeitet wurde auch gleichzeitignie der Eindruck da war, dass gearbeitet wurde. Eslag Musik in der Luft... Dieses intensive Zusam-menarbeiten und Lachen war so verbindend, dassich mich auch noch heute glücklich schätzen darf,Freundschaften zu pflegen, welche vom Musiklagerstammen.

Veit Hailperin

Ein Video mit den Interviews wird ab Februar aufYoutube und auf der Homepage der IMW zu sehensein.

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Impressum

Redaktion Schoschana KobeltGestaltung Martin Kobelt und

Thomas van der HeideDruck ABC Druck + Kopie

GmbH (LU)

Ursula Sulzer-ScherrerInitiative MusikwochenCécile-Lauber-Gasse 10CH – 6005 LuzernTel +41 41 360 57 58

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Musikwochen 2015

11. – 19. Juli (Anmeldefrist: 31. März 2015)Musikferien für Kinder und Jugendlichezwischen 12 – 17 JahrePestalozzidorf, 9043 Trogen (AR)Streich- und Blasinstrumente, Klavier, ev. andere Instrumente

12. – 17. Oktober (Anmeldefrist: 31. Mai 2015)Kammermusikwoche für ErwachseneAntoniushaus Mattli, 6443 MorschachStreicher, Bläser und Pianisten

28. MitgliederversammlungSamstag, 14. März 2015, 10.45 Uhr in LuzernEine Einladung wird im Februar 2015 allen Mitgliedern gesandt.

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