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290 Fortschritte der Kieferorthopgdie Bd. 23 H. 3 u. 4 (1962) Aus der Universit~itsklinik und Poliklinik ffir Zahn-. Mund- und Kieferkiankheiten (Direktor: Prof. Dr. Dr. K. Sehuehardt) Hamburg Nachentwicklung der apikalen Basis ? 1) Von E. Hausser, Hamburg Mit 26 Abbildungen Mit der Entwieklung yon der Orthodontie zur Kieferorthop'Xdie hat sieh das Interesse mehr und mehr dem ganzen Kauorgan und dem Gesiehtsseh/idel zu- gewandt, und mit der Weiterentwieklung der diagnostisehen und therapeutisehen Hilfsmittel haben aueh die Erkenntnisse fiber die Bedeutung der vielf/iltigen biogenetisehen, funktionellen, dynamisehen und statiseben Zusammenh~nge zwi- sehen den Z/ihnen und ihrer Umgebung eine beaehtliehe Ausweitung erfahren. Diese Erkenntnisse erm6gliehen nieht nut eine Deutung morphologiseher Beson- derheiten im Aufbau dos Gesiehtsseh~dels im Zusammenhang mit der Form des Kauorgans, sondern bilden aueh in vieler Hinsieht eine wiehtige Grundlage ffir die Abgrenzung der M6gliehkeiten einer therapeutisehen Beeinflussung yon Fehl- bildungen des Kauorgans, und sie sind oftmals sogar yon entseheidender Bedeu- tung ffir die prognostisehe Beurteilung des therapeutisehen Vorgehens. Wenn aueh die genetisehen und/~tiologisehen Zusammenh/inge sowie die statisehen und funktionellen Beziehtmgen zwisehen der Form des Kauorgans und dem Aufbau des Gesiehtsseh/tdels eine weitgehende K1/irung erfahren konnten, so ist es jedoeh noeh umstritten, ob die Auswirkung kieferorthop/idiseher Mal3nahmen auf den koronalen Teil des Alveolarfortsatzes besehr/tnkt bleibt odor ob es mit Hilfe besgimmter therapeutiseher Hilfsmittel m6glieh ist, aueh eine weiterreiehende Beeinflussung der kn6ehernen Anteile des Kauorgans zu erreiehen. Eine K1/irung dieser Frage ist ftir die Beurteilung der M6gliehkeiten und Grenzen einer thera- peufisehen Beeinflussung der GebiBfehlbildungen yon auBerordentlieh groger Bedeutung, und yon ihr h/ingt die Entseheidung fiber die Art des therapeutisehen Vorgehens insbesondere dann ab, wenn bei einem Platzmangel die Notwendig- keit besteht, entweder den Oberkiefer naehzuentwiekeln oder (tie Zahnzahl zu verringern, um Platz zur Einordnung der Z/~hne zu sehaffen. Seit Lundstr6m (1923) auf die groBe Bedeutung der apikalen Basis ffir die Prognose der kiefer- orthop/tdisehen MaBnahmen hingewiesen hat, haben sieh zwei gegens/itzliehe Ansehauungen fiber die 5[6gliehkeiten und Grenzen einer therapeutisehen Beein- flussung der Gebiltfehlbildungen im Zusammenhang mit der Gr6ge der Kiefer- basis in der Gegend der Wurzelspitzen entwiekelt. So wird einerseits die Entfat- tung dos Zahnbogens dureh Dehnung und Streekung ffir untunlieh gehalteI~, da es nieht m6glieh ist, die Z/ihne dutch k6rperliehe Beeinflussung in eine giinstige Aehsensteltung, die Voraussetzung f/Jr eine gute prognostisehe Beurteilung ist. zu bringen, w/ihrend andererseits eine Naehentwieklung des Kiefers dureh Deh- hung und Streekung -- zum mindesten in einem gewissen Ausmag --- ftir dureh- aus durehffihrbar angesehert wird. da bei der Naehentwiekhmg. bes(mders bei 1) Die Untersuehungen wurdei1 mit Unterstiitzung der Deutsehen Forsehungsgemein- sehaft durehgefiihr t.

Nachentwicklung der apikalen Basis?

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Page 1: Nachentwicklung der apikalen Basis?

290 Fortschritte der Kieferorthopgdie Bd. 23 H. 3 u. 4 (1962)

Aus der Universit~itsklinik und Poliklinik ffir Zahn-. Mund- und Kieferkiankheiten (Direktor: Prof. Dr. Dr. K. Sehuehardt ) Hamburg

Nachentwicklung der apikalen Basis ? 1)

Von E. Hausser, Hamburg

Mit 26 Abbildungen

Mit der Entwieklung yon der Orthodontie zur Kieferorthop'Xdie hat sieh das Interesse mehr und mehr dem ganzen Kauorgan und dem Gesiehtsseh/idel zu- gewandt, und mit der Weiterentwieklung der diagnostisehen und therapeutisehen Hilfsmittel haben aueh die Erkenntnisse fiber die Bedeutung der vielf/iltigen biogenetisehen, funktionellen, dynamisehen und statiseben Zusammenh~nge zwi- sehen den Z/ihnen und ihrer Umgebung eine beaehtliehe Ausweitung erfahren. Diese Erkenntnisse erm6gliehen nieht nut eine Deutung morphologiseher Beson- derheiten im Aufbau dos Gesiehtsseh~dels im Zusammenhang mit der Form des Kauorgans, sondern bilden aueh in vieler Hinsieht eine wiehtige Grundlage ffir die Abgrenzung der M6gliehkeiten einer therapeutisehen Beeinflussung yon Fehl- bildungen des Kauorgans, und sie sind oftmals sogar yon entseheidender Bedeu- tung ffir die prognostisehe Beurteilung des therapeutisehen Vorgehens. Wenn aueh die genetisehen und/~tiologisehen Zusammenh/inge sowie die statisehen und funktionellen Beziehtmgen zwisehen der Form des Kauorgans und dem Aufbau des Gesiehtsseh/tdels eine weitgehende K1/irung erfahren konnten, so ist es jedoeh noeh umstri t ten, ob die Auswirkung kieferorthop/idiseher Mal3nahmen auf den koronalen Teil des Alveolarfortsatzes besehr/tnkt bleibt odor ob es mit Hilfe besgimmter therapeutiseher Hilfsmittel m6glieh ist, aueh eine weiterreiehende Beeinflussung der kn6ehernen Anteile des Kauorgans zu erreiehen. Eine K1/irung dieser Frage ist ftir die Beurteilung der M6gliehkeiten und Grenzen einer thera- peufisehen Beeinflussung der GebiBfehlbildungen yon auBerordentlieh groger Bedeutung, und yon ihr h/ingt die Entseheidung fiber die Art des therapeutisehen Vorgehens insbesondere dann ab, wenn bei einem Platzmangel die Notwendig- keit besteht, entweder den Oberkiefer naehzuentwiekeln oder (tie Zahnzahl zu verringern, um Platz zur Einordnung der Z/~hne zu sehaffen. Seit L u n d s t r 6 m (1923) auf die groBe Bedeutung der apikalen Basis ffir die Prognose der kiefer- orthop/tdisehen MaBnahmen hingewiesen hat, haben sieh zwei gegens/itzliehe Ansehauungen fiber die 5[6gliehkeiten und Grenzen einer therapeutisehen Beein- flussung der Gebiltfehlbildungen im Zusammenhang mit der Gr6ge der Kiefer- basis in der Gegend der Wurzelspitzen entwiekelt. So wird einerseits die Entfat- tung dos Zahnbogens dureh Dehnung und Streekung ffir untunlieh gehalteI~, da es nieht m6glieh ist, die Z/ihne dutch k6rperliehe Beeinflussung in eine giinstige Aehsensteltung, die Voraussetzung f/Jr eine gute prognostisehe Beurteilung ist. zu bringen, w/ihrend andererseits eine Naehentwieklung des Kiefers dureh Deh- hung und Streekung - - zum mindesten in einem gewissen Ausmag --- ftir dureh- aus durehffihrbar angesehert wird. da bei der Naehentwiekhmg. bes(mders bei

1) Die Untersuehungen wurdei1 mit Unterstiitzung der Deutsehen Forsehungsgemein- sehaft durehgefiihr t.

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E. Hausser, Naehentwieklung der apikalen Basis? 291

Verwendung hierftir geeigneter Hilfsmittel, eine Bewegung der Z/thne im ganzen zu erzielen sei und damit aueh eine g/instige Aehsenriehtung auf Grund der Beein- ttussung des Wurzelgrundes erreieht wiirde.

Das Verh/tltnis der Z/ihne zum Basal bogen ( B l u n t s e h 1 i), das dutch die Aeh- senstellung eharakterisiert wird, ist ohne Zweifel yon besonderer Bedeutung. Naeh den Untersuehungen yon C i e s z y n s k i mit der Konstruktion der GebiBkegel am R6ntgenbild treffen sieh die Verl/tngerungen der Zahnaehsen im Gebiet des Hirn- sch/idels, wobei die Sehnittpunkte der Aehsen der antagonistisehen Z/thne des Ober- und Unterkiefers nieht welt voneinander entfernt liegen. V o n d e r Aehsen- riehtung der Z/thne wird aueh bis zu einem gewissen Grade der Verlauf der Okklu- sionskurve beeinflugt, und ausgewogene okklusale und art~kul/~re Verh/iltnisse der Zahnreihen stellen nieht nur fiir die Prognose der kieferorthop'adisehen Mag- Imhmen, sondern aueh ffir die biomeehanisehe Beanspruehung des Zahnhalteapparates und die Vermeidung ungtinstiger funktioneller Einfl/isse einen wiehtigen Faktor dar. Im jugendliehen Gebig. das noeh eine grofte Umbaubereitsehaft besitzt, kann dureh funktionelle Impulse, wor- auf De Ne wr6z 6 besonders hingewiesen hat, eine zun~tehst ung/instige Aehsenriehtung der Z/ihne insofern in g/instiger Weise beeinflugt werden, als dureh ein exzentrisehes Zusammen- treffen der Kaufl/tehen eine Verbesserung der Aehsenstellung der Z/ihne erfolgt. So wird sehon die Einstellung der einzelnen Z/ihne bei ihrem Durehbrueh dureh d~e artikul/iren VerhMtnisse naehhaltig beeinfluBt. Diesen Einfliissen, die dutch das funktionelle Zusammenspiel der Kau- fl/~chen entstehen, ist es aueh zu verdanken, dal~ bei der Zahnbewegung mit zun/ichst kippend wirkenden Hilfsmitteln auf Grund punktf6rmi-

35

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49

Abb. 1. Auswirktmgen einer Zahnbogen- verbreiterung mit Lingualbogen und Fin- gerfederchen bei einer 12 Jahre alten Pa- tientin. Im Pr/~molarengebiet ist eine Kippbewegung ohne Einflug auf den Wurzelgrmld eingetreten, wfihrend im Molarengebiet auf Grund der kSrperlichen Verankerung auch eine Beeinflussung in

Gegcnd des Wurzelgrundes erfolgte

geu Kraftangriffs eine weitgehende k6rperliche Zahnbewegung resultiert, da der prim/ir gekippte Zahn durch die Funktion eine Aufrichtung erf/thrt, wobei der passiv liegende Apparat gewissermagen als Hypomochlion wirkt (Abb. 1). Eine wesentliche Voraussetzung ffir eine derartig gfinstige Auswirkung kip- pend wirkender kieferorthopadischer Behelfe ist nach K o r k h a u s ein lang- sames Vorgehen bei der Durchffihrung der Zahnbewegungen. Die Kippung darf kein zu groftes Ausmaft annehmen, da es sonst nieht m6glich ist, daft durch die fhnktionellen Einflfisse eine Aufrichtung eintritt. Weiterhin ist die sekundare Aufrichtung auch yon der Art der angewandten Kr~fte abh~ngig, bei groBen Kr~ften kann die Aufriehtung mit dem Ausmaft der Zahnbewegung nieht sehritt- halten, und bei kontinuierlicher Krafteimvirkung ist ebenfalls eine ausreichende Aufrichtung nicht zu erwarten. Bei intermittierender Kraftanwendung sind da- gegen besonders giinstige Voraussetzungen ffir eine weitgehende Auswirkung funk- tioneller Einfl~isse im Sinne einer k6rperliehen Zahnbewegung gegeben, da der Auswirkung der Kraft eine langere Pause folgt, wahrend der die Z~hne einer Be- einflussung durch kfinstliche Kr/ifte nicht unterliegen. So hat schon vor Jahren B o e s e n mit einer experimentellen Arbeit den Beweis erbraeht, daft der Auften- bogen mit Ligaturen ebenso wie auch der Lingualbogen mit Fingerfederchen bei der Expansion zungchst zu einer Kippung der Seitenz/~hne ffihren, der dann

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292 Fortschritte der Kieferorthop/~die Pd. 23 H. 3 u. 4 (1962)

durch die Einwirkung der Funktion eine Aufrichtung folgt, sofern die Bewegungen mit geringen K_r/~ften und die Aktivierung in zeitlich gr613eren Abst/~nden er- folgen. Mit der Aufrichtung der Z/~hne t ra t auch eine Beeinflussung in der Gegend

Abb. 2 Abb. 2 und 3. Verbre i te rung des oberen Zahnbogens m i t Hilfe t ines Lingualbogcns und Fingerfedcrchen bei e inem 13 gah re al ten Pa t ien ten , bei dem a u f der rechten Seite ein KreuzbiB im Molarengebiet vorhanden war. Die Buk- ka lbewegung der Seitenziihne a u f der Kreuzbil3seite erfolgte als Kippbewegung , bei der die apikale Basis un-

beeinf]uBt blieb, auch die F o r m des GaumengewSlbes zeigt im Molarengebiet keine Ver/ inderung

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4Z5

Abb. 3

der Wurzelspitzen ein, die zu einer Vergr613e- rung der apikalen Basis ffihrte.

Die grol3e Bedeutung des Einflusses der arti- kul/~ren Beziehungen der Z/~hne bei der Kiefer- dehnung vermag die Behandlung einer Kiefer- kompression zu zeigen, bei der auf der rechten Seite ein Kreuzbil3 bestand (Abb. 2 und 3). Die Expansion wurde mit einem Lingualbogen und Fingerfederchen durchgeffihrt. Auf der linken Seite ist eine weitgehende Parallelverschiebung im Seitenzahnbereich ohne nennenswerte Kip- pung der Z/ihne erfolgt, w/~hrend auf der Kreuz- biBseite die Achsenstellung der Seitenz/ihne vor

und nach der Behandlung eine beachtenswerte Verschiedenheit aufweist. Die Bukkalbewegung der Seitenz/~hne auf der KreuzbiBseite ist vorwiegend kippend erfolgt; bei einer Lage des Drehpunktes am apikalen Wurzeldrittel kann dabei

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E. Haussvr, Nachentwicklung der apikalen Basis? 293

eine Beeinflussung der Wurzelspitzen in entgegengesetzter Richtung zur Zahn- bewegung stattfinden. Die verschiedenartige Auswirkung der intermittierenden Kraftanwendung der Fingerfederchen diirfte dadurch bedingt sein, daft die Achsen- richtung der Seitenz/ihne auf Grund der transversalen Okklusionsabweichung auf

Abb. 4

Abb. 4 und 5. Erwei te rung des Obcrkiefers um tiber 5 m m m i t Hi l fe ciner Dehnungsp la t t e bei e iner 8 J a h r c al ten Pat ien t in . Die bleibenden Z~thne s ind cntsprechend der ZahnbogenvergrSBerung durchgebrochen, ohne d a b sie y o n der Dehnungspla t te d i rek t beeinflul~t wuxden. D ie Erwei te rung des Zahnbogens f t ihr te auch zu einer

Bee in f lu~ung der apikalerl Basis, die im Molarenge.biet si~irker als im Pr[ imolarengebiet i s t

der rechten Seite der funktionellen Beanspruchung entsprechend zun~chst verh/fltnism/~l~ig steil war und mit der Beseitigung der Kreuzbillverzahnung eine Anpassung an die andersartige funktionelle Beanspruchung durch die Ver/~nderung der Re- lationen der Kaufl/ichen erforderlich wurde und auch eingetreten ist.

Bei Verwendung yon Plattenbehelfen gilt es als ein besonderer Vorteil, dab dutch das Anliegen an den Alveolarforts/~tzen eine direkte Beeinflus- sung der zahntragenden Kieferteile mSglich ist (Abb. 4 und 5). Inwieweit dadurch auch Urn-

4~

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Abb. 5

bauvorg/inge an der Sutura palatina angeregt werden, ist bisher noch nicht untersucht worden; die bei umfangreichen Erweiterungen zu beobachtenden erheblichen Ver/~nderungen des Gaumengew61bes deuten jedoch darauf hin, dab bei der Expansion mit Plattenbehelfen Umbauvorg~nge nicht nur im Bereich der Alveolarforts/itze stattfinden. Bei der Verwendung dieser Hilfsmittel liegen daher auch giinstigere Voraussetzungen fiir eine Beeinflussung der apikalen Basis vor

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294 Fortschritte der Kieferorthop~idie Bd. 23 H. 3 u. 4 (1962)

als bei nur an den Z/thnen angreifenden Behelfen ohne k6rperliehe Verankeruflg. Auch bei Verwendung der Dehnungsplatte zur Expansion beeinflugt selbstver- st/tndlieh die Funktion die Umbauvorg~nge in naehhaltiger Weise, und es dfirfen das Tempo und das AusmaB der Umformungen nieht zu grog sein, um eine kippende Auswirkung auf die Z~hne zu vermeiden. So kann mit Hilfe der Deh- nungsplatte nieht nur eine beaehtenswerte transversale Erweiterung der Zahn- b6gen erreieht werden, sondern ist aueh eine Beeinflussung der apikalen Basis erheblichen AusmaBes mSglieh (Abb. 6 bis 9).

Es sind jedoeh aueh einer Naehentwieklung des Kiefers mit Hilfe der Deh- nungsplatte Grenzen gesetzt, die nieht allein yon der individuellen Reaktions- bereitsehaft des Gewebes abh/tngen, sondern auch mit den Besonderheiten des morphologisehen Aufbaus des Gesiehtssch/idels zusammenh/tngen. Zwisehen der Zahnbogenbreite und der Breitenentwicklung des Mittelgesiehtes bestehen ohne

Zweifel gewisse Beziehungen, und so sind im

36

47

Abb. 6. Transversale Nachentwicklung des Oberkiefers lllll 6 lnnl bei Pinelll 7 Jahre alten Pat ienten mi t Hilfe yon Dehnungsplat tcn, die jedoeh sehleeht ge- tragen wurden. I m Molarengebiet ist eine st~irkere Beeinflussung des Wurzelgrundes

eingetreten als im Prii lnolarengebiet

allgemeinen aueh bei einem Breitgesieht g/insti- gere Voraussetzungen ffir eine umfangreiehe transversale Naehentwieklung des OberkiefGrs als bei einem Sehmalgesicht vorhanden. Ftir dig Beurteilung der M6gliehkeiten einer Naehent- wieklung des Oberkiefers vermag jedoeh eine metrisehe Erfassung der Beziehungen zwisehen der Gesichtsform und der Zahnbogenbreite dureh die Joehbogenbreiten-Zahnbogenbreiten- indizes naeh I z a r d und B e r g e r nur Anhalts- punkte zu geben, da Naehprfifungen dieser Korrelation (Afs a r , F r a n k e , t I a r t h , L i n d e r , M a r t i n , S m y t h , Y o u n g , W i l l i a m s ) keinen eindeutigen Beweis ffir das Bestehen einer gesetz- m/~ftigen Relation zwischen der Gesiehtsbreite und der Zahnbogenbreite bei unserer stark ge-

misehten BevSlkerung ergeben haben. Die Breitenentwicklungstendenz des Ge- siehtes ist auch oftmals im jugendlichen Alter beim Beginn einer kieferortho- pgdisehen Behandlung, insbesondere der Friihbehandlung der Kompressions- anomalien, noch nieht hinreichend zu fibersehen, so dag es auch bei Verwendung der yon B e r g e r angegebenen Umrechnung - - p r o Jahr 1,5 mm Zugabe zur Joeh- bogenbreite bis zum 20. Lebensjahr - - nieht tunlich erscheint, die Entscheidung fiber die M6glichkeit einer Nachentwicklung des Zahnbogens yon einer metrischen Korrelation im Gesichtsbereich mit so weitgehender Variabilitfit abhfingig zu machen. Auf Grund der engen funktionellen und statisehen Relationen zwischen dem Kauorgan und seiner Umgebung diirften die mit der Umfotmung des Ober- kiefers entstehenden Ver/inderungen auch nicht ohne Auswirkung auf das Mittel- gesicht bleiben. Die Beeinflussung dieser Anpassungsvorggnge im Bereieh des Basalbogens und seiner Abstfitzung wird um so nachhaltiger sein, wenn noeh eine groge Umbau- und Wachstumsberei tschaft besteht und die transversale Erweiterung des Oberkiefers im jugendlichen Alter erfolgt. So ist eine transversale Nachentwicklung des Zahnbogens vor Beginn des Seitenzahnwechsels night nur in wesentlieh einfaeherer Weise zu erreiehen, sondern aueh in gr6Berem Umfang mit Erfolg durchfiihrbar als nach Beendigung des Zahnwechsels, da in diesem Stadium der Gebigentwicklung eine Beeinflussung der apikalen Basis dutch die Bukkalbewegung der Seitenz/ihne in besonders gfinstiger Weise eintritt (Abb. 10

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E. Hausser, Nachentwicklung der apikalen Basis? 295

und 11). Von der Erweiterung des oberen Zahnbogens vor Beginn des Zahn- wechsels ist daher auch ein besonders nachhaltiger EinfluB auf die Durchgs keit der Nase zu erwarten. Mit zunehmendem Alter nimmt dagegen die Reaktion der apikalen :Basis auf die Entwicklungsimpulse, die dutch die Erweiterung des Zahnbogens entstehen, ab, und damit wird auch die M6glichkeit einer Beein- flussung der apikalen Region geringer, wie auch die Auswirkungen auf den Aufbau des Gesichtsschfi~lelgeriistes weniger werden.

Abb. 7

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Abb. 8,

34,5

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U, J l ,.q.,J 52,5 Abb. 9

Abb. 7 und 8. Transversale Nachentwicklung des Oberkiefers um fiber 6 m m bei einem 12 Jahre a l ten Pa t ien ten . Wie die Transversalschnit te und die t ransversalen Gaumenkurven i m 1)r~molaren - und Molarengebiet zeigen, is t bei der Verbreiterung des Zahnbogens aucb eine Umformung der ganzen Alveolarfortsi i tze eingetreten, ohne

dab eine nennenswerte K ippung der Z~ihne feststel lbar is t

Abb. 9. Die Zahnbogenerweiterung um 5,5 m m mi~ Hil fe einer Dehnungspla t te ha t sich bei einem 11 Jahre al ten Pat ienten im Pr~molarengebiet in einer Bukka lk ippung der Z~thne ausgewirkt, wfihrend im Molarengebiet die

Z~ihne in toto nach au•en bewegt wurden

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296 Fortschri t te der Kieferorthop~die Bd. 23 H. 3 u. 4 (1962)

Eine besonders umfangreiche und weitreichende Beeinflusstmg des ganzen Oberkiefers und damit auch der Durchgs der Nase erfolgt mit der Gaumen- nahterweiterung, bei der in verhs kurzer Zeit eine transversale Erwei- terung groSen AusmaSes durchgefiihrt wird (Abb. 12 und 13). Bei dieser Art der

Abb. 10

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Abb. 10 und 11. Transversale Nachentwicklung des Oberkiefers m i t l:Iiffe von Dehnungspla t ten bei einer 4 Jahre al ten Pa t ien t in . Auf der l inken Seite bestand ein Kreuzb i l i Die transversale Nachentwicklung des Oberkiefers ha t zu einer au0erordentl ich eindrucksvoUen Umformung des ganzen Oberkiefers geffihrt, wobei auch die apikale Basis eine betr~tchtliche Beeinflussung erfahren hat , wie die transversalen Gaumenkurven besonders deut]ich

erkennen L~ssen

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E. Hausser, Nachentwicklung der apikalen Basis? 297

Abb. 12

Abb. 12 und 13. Erweiterung des Oberkiefers u m ]'4 m m bzw. 13 m m bei einem 20 Jahre al ten 1)atienten dutch Gamnennahterweiterung. W~ihrend im Molarengebiet eine fast kSrperliche Bukkalbewegung der Alveolarfort-

siitze erfolgte, t ra t im Pr~molarengebiet zum Teil auch eine Kippung ein

Erweiterung des Oberkiefers erf/ihrt der Bereich der apikalen Basis eine besonders starke Vergr6Berung, die jedoch, da bei der Gaumennahterweiterung eine Dilatation der Sutura palatina eintritt und die bei- den Kieferh/~lften insgesamt nach auBen bewegt wer- den, nicht als eine Nachentwicklung der apikalen Basis auf Grund yon Umbauvorg/ingen am Wurzel- grund angesehen werden kann. Bei einer kippenden Beanspruchung der zur Verankerung dienenden Sei- tenz/~hne kann es sogar zu einer gewissen, relativen Verkleinerung des yon den Wurzelspitzen eingenom- menen Bogens kommen, wenn die Wurzelspitzen nicht im gleichen AusmaB wie die Zahnkronen nach bukkal bewegt werden, obwohlinsgesamt gesehen der Umfang der apikalen Basis durch die Gaumennahterweiterung eine wesentliche Vergr61]erung erfahren hat.

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31

25

Abb. 13

Eine mehr oder weniger stark ausgepr/~gte, kippende Bukkalbewegung der Seitenz/ihne resultiert freilich bei allen Behelfen, die ohne k6rperliche Veran- kerung zur Kiefererweiterung dienen, und selbst unter ganz besonders gfinstigen 20 For tschr i t te der Kieferorthop~die Bd. 23 YI. 3 u. 4

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298 Fortschritte der Kieferorthopiidie Bd. 23 H. 3 u. 4 (1962)

Umst/inden wird keine der Verbreiterung des Zahnbogens aueh nur ann/therhd entsprechend grolle Beeinflussung des transversalen Abstandes der Wurzelspitzen eintreten. Die kippende Auswirkung ist jedoch um so geringer, je gr56er die apikale Basis ist oder sie dutch Naehentwicklung den Wurzelspitzen ausreichenden Ptatz bietet. So ist zn beobaeht.en, dab beim Deckbig mit DistalbiB, bei dem im allgemeinen eine groge apikale Basis vorhanden ist, bei der Verbreiterung des Zahnbogens vorwiegend eine Aufriehtung der Seitenz/ihne dutch eine Bukkal- kippung erfolgt (Abb. 14). Weiterhin kann festgestellt werden, dab der Anteil der kippenden Auswirkung bei der Expansion des Zahnbogens im Pr/imolarengebiet stets gr6ger ist als im Molarengebiet. Diese versehiedenartigen Auswirkungen veransehauliehen in eindrueksvoller Weise die Abh/ingigkeit der Aehsenstellung

2 5 .

40,5

45

'~,J~ 52,5 " ~ J Abb. 14. D ie Vet 'brei tet 'ung de~ oberel l Zahl tbogons [lln 5.5 l l l l i i bzw. 7,5 111111 bt,[ t, i l ie l i l 1 1 Jahre al tel l Pat ie l l te l l lnit Deckbi6 bei Distalt>ig. die init Dehnungsl) la t ten (hlrehgef{ihrt. ;viii'de. |]llld ~e i tes tgehend dureh e[lle Btlkkal- kipi)Ullg der Zfihne s ta t t . Diese Bukkalkii>t)ung sleh~; ii1 engem Zitsailllllelllll/llg mit. der tlytgfillSt}gell Aehsenstel- lullg der Seitenz/ihlie bei )3ehal~dhmgsbeginn. Es bes tand a t i f Grund der ttem Deekb ig eigenen s iarken Aus- pr / igung der ai)ikalen Basis eine Einwi i r t sk ippung der Seitenzfihne, (lie dutch tile Verbre i terung ties Zahnbogens mi t ansehliel3ender 13igversehiebung ausgegliehen wurde, ohne dab dabei eine Beeinf lussung in Gegend der Wur-

zelspitzen, die zur Sehaffung gi inst iger s ta t i seher Verhfilfnisse aueh nichI cr%rderl ieh war, e inget re ien ist

der Seitenz~hne yon der funktionellen Beanspruehung und dem aitikulfiren Zusammenspiel der Kaufl/iehen sowie dem Zusammenhang der Zahnstellung mit der Morphogenese des Basalbogens and seiner Abst/itzung am Gesiehtsseh/idel.

Mit Umformungen, die zu einer Erweiterung des Kiet~rs in transversaler Riehtung fiihren, treten gleiehzeitig aueh in vertikaler Riehtung Ver~inderungen auf. So ver~indert sieh insbesondere der Abstand zwisehen Kauebene und Gaumen- daeh fast immer in mehr oder weniger groBem AusmaB, und es kann dadureh das Bild einer Abflaehung des Gaumengew61bes im Zusammenhang mit einer Sen- kung des Gaumendaehes entstehen. Diese Ver/tnderungen der vertikalen Ver- h/iltnisse, die bei Jugendliehen im allgemeinen in wesentlieh st/irketem Ausmag als bei /ilteren Patienten auftreten, hSmgen einerseits weitgehend mit den sich w/thrend der Zeit der kieferorthoptidisehen Behand!ung auswilkenden vert~kalen Entwieklungstendenzen des gesamten Gesiehtssehtidels zusammen, sie stehen andererseits aber aueh in engem Zusammenhang mit den zur Dehnung verwandten kieferorthop~idisehen Hilfsmitteln und dem Ausma6 der Kieferdehnung.

In gtinstigen F/s k6nnen sieh die Auswirkungen gegenseitig absehw/ichen oder sogar ganz aufheben, w~ihrend unter ungiinstigen Umst/inden sie sieh in ihrer Auspr~gung verst~rken.

Es ist somit bei der Erweiterung des Oberkiefers eine Naehentwieklung der apikalen Basis durehaus m6glieh (Abb. 15 bis 18). Die Beeinflussung der apikalen Basis ist abh~tngig yon der Reaktionsbereitschaft, den Wachstums- und Entwiek-

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E. Hausser, Nachentwicklung der apikalen Basis? 299

lungstendenzen, der Art der verwandten Krs der Verankerung und der Wahl geeigneter Itilfsmittel. Fiir die Auswirkung der Kieferdehnung auf den Wurzel- grund sind stets die funktionellen Einfliisse yon iibergeordneter Bedeutung, wobei das artikuliire Zusammenspiel der Kaufl~chen w~hrend der Erweiterung des

Abb. 15

Abb. 15 und 16. Erweiterung des oberen Zahnbogens um 7,5 m m bzw. 8 m m mi t Dehnungspla t ten . Das rechte Modell g ib t den Zustand 3 Jahre nach AbscbluB der Behandlung wieder. Auf Grund der Nachentwicklung des ganzen Oberkiefers war eine g(instige Achsenrichtung der Seitenz~ihne vorhanden und so blieb die Erwei terung

des 0berkiefers auch nach Abschlu0 der Retent ion erhalten

Oberkiefers ffir die Ausrichtung der Achsenstel- lung der Seitenz~hne yon ganz besonderer Wich- tigkeit ist.

Die Beurteilung yon Ver~nderuagen der api- ka|en Basis im Zusammenhang mit Zahnbewegun- gen in transversaler Richtung bei der Kieferdeh- nung ist mit vielerlei Schwierigkeiten verbunden. Wesentlich weniger Schwierigkeiten bestehen da- gegen bei der Kl~rung der Verh~ltnisse im Front- zahngebiet bei sagittalen Zahnbewegungen mit Hilfe von FernrSntgenprofilaufnahmen, sofern die Aufnahmen unter stets gleichen Bedingungen bei

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Abb. 16

groBem Aufnahmeabstand hergestellt sind. Die Fernr6ntgenprofilaufnahmen er- mSglichen in giinstiger Weise eine Untersuchung der Ausdehnung der apikalen Basis in sagittaler Richtung und eine Kli~rung der Beziehungen der Wurzeln der oberen Frontz~hne zum Basalbogen. Weiterhin k6nnen auch die im Zusammen- 20* "

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300 Fortschritte der Kieferorthop~die Bd. 23 It. 3 u. 4 (1962)

hang mit sagittalen Frontzahnbewegungen eingetretenen Ver/inderungen durcil einen Vergleich yon Aufnahmen vor und nach der Behandlung auf einfache Weise ermittelt werden.

Abb. 17

Abb. 17 und 18. N a c h e n t w i e k h m g des Oberkiefers u m 8 m m bzw. 7 m m m i t s t a rke r Auswi rkung a u f die apikale Bas is und das Gaumendaeh . Das reehte Modell, das 5 J a h r e nach Absehlul~ der Re ten t ion hergestel l t wurde, zeigt,

dab die Erwe i t e rung des Oberkiefers i m wesent l iehen e rha l ten geblieben is t

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Abb. 18

Zwischen der Auspr/~gung der apikalen Basis in der Sagittalen und der Stellung der oberen Frontz/~hne besteht ebenfalls ein auBerordentlich enger Zusammenhang, indem mit einem korona- len Vorstand der oberen Frontz/ihne bei entspre- chender apikaler Retrusion meistens auch eine Unterentwicklung des Wurzelgrundes in der Sagittalen verbunden ist, w/~hrend bei invertiert stehenden oberen Frontz/~hnen im allgemeinen eine besonders gute Entwicklung der apikalen Basis vorhanden ist. Diese Abh/~ngigkeit der Ausdehnung des Wurzelgrundes yon tier Achsen- stellung der oberen Frontz/s ist jedoch auf das Gebiet der Wurzelspitzen beschr/~nkt und

ist ohne EinfluB auf die Form und Gr6Be der Oberkieferbasis, die den ~ber- gang zum Gesichtssch~delskelett bildet und die auch als Spinaebene bezeichnet wird.

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E. Hausser, Naehentwieklung der apikalen Basis? 301

Die Form des vorderen Anteils der Oberkieferbasis mit der Spina nasalis an- terior und dem Wurzelgrund der oberen mittleren Sehneidezghne ist ffir die diagnostisehe Untersuehung der Fernr6nfgenprofilaufnahme bekanntlieh yon er- heblieher Bedeutung, da der A-Punkt ( D o w n s ) in diesem Gebiet liegt und damit seine Lage die Beurteilung der Einlagerung des Gebisses in den Seh/tdel dureh die Verbindung SNA in entseheidender Weise beeinflussen kann.

Ein Vergleieh yon GebiBmodellen vor und naeh kieferorthop/idiseher Behandlung yon Ftil- len, bei denen eine Aufriehtung invertiert stehen- der Frontzghne oder eine Einordnung protru- dierter Frontz/ihne dutch kippende Zahnbewe- gungen erfo lg te , lgBt zweife l los o f t m a l s den Eindruek entstehen, dab mit diesen Frontzahn- bewegungen aueh betr/iehtliehe Ver/tnderungen am Wurzelgrund einhergegangen sind (Abb. 19). Das Entstehen dieses Eindruekes wird jedoeh sieherlieh weitgehend yon der ver/inderten Aeh- senriehtung der oberen Frontzghne beeinfluBt (Abb. 20), und nieht selten dtirfte dadureh aueh der Eindruek ein er wesentlieh stgrkeren Ver/inde- rung der apikalen Basis in sagittaler Riehtung, als sie in Wirkliehkeit vorhanden ist, vermittelt werden.

Allb. 19. Bei Nichtanlage der seitlichen Sehneidezfihlm Aufr iehtung der o b e r e n mitt leren Sehneidez/ihne mn 13 0 la i r einem Drehpunkt etwa in der 31itte der "~Vurzel. In l Zusammenhang nli t der Pro- trusionsbewegung der V,'urzelspitzen de- lllOllStrlert sieh allCil eine Ver/inderuP, g

der allikalen B a s i s

Abb. 20. Betrusion der o b e r e n lni t t leren Sehneidez/ihne mn 19 ~ t~leiehzeitig hat e ine erhebl i ehe Vert ikalentwieklung s tat t - gefunden. Die starke Einziehung der api- kalen Basis ha t bei (tiesen Umformungen

woitgehend eine~ Ausgleieh gefunde~ I

Abb. 21, I{l'ti 'usiolls|)ewegllllgell der (tim- reD. n]ittleren Sehneideziihne mi t einer AafrJehtang der Aehsenlleigtlng lllll 16 ~, wobei der Drehpunkt n a h e z u a n der Wurzelspitze gelegen hat. Eine Auswir- kung auf die apikale Basis im Sinne eiIter Naehentwieklung is t dureh die Re- trllsionsbewegllllg illt ZtlsalnllIellh}tllg llli{ do t vert ikalea Entwieklung nie | l t ein-

getreten

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Abb. 22. Aufl ' ichtung der oberen mit t - leren Sehneideztihnc mn 170 mi t gleieh- zeitiger aul~erordent l ieh s tar ker Vertikal- entwieklung. Am Wurzelgrund traten, da der Drehpunkt im apikalen Wurzeldri t tel gelegen hat, nur gering~radige Ver/inde-

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302 Fortschritte der Kieferorthopiidie l~d. 23 H. 3 u. 4 (1962)

Der Vergleieh zahlreicher Fernr6nfgenprofilaufnahmen von FS, llen vor ml(t naeh kieferorthopgdischer Behandlung, bei denen umfangreiehe Frontzahn- bewegungen in sagittaler Richtung durehgefiihrt wurden, ergab eine weitgehende Bestgtigung der Annahme ( K o r k h a u s , A. M. S e h w a r z u. a. A.), dab (lie Aus- dehnung der apikalen Basis in der Sagittalen yon der Achsenrichtung der Front- zghne abhgngig ist und dab bei einer Vergnderung der Frontzahnstellung aueh

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Abb. 23 Abb. 24

Abb. 23. l te t rus ionsbewegung ties oberen mit~Ieren Schneidezfihne naeh Ext rak t ion der I. PriilnOhlse~. Die Aehsenriehtung ha t eine Ver&inderung mn 8 ~ erfahren. Der Drehpunkt der Retrusionsbewegung hat nahe tier Wurzelspitze ~'elegen, so dab mi t des gleichzeitig eingetretenen Vert ikalentwieklung aueh llUr gesiP.ggradige

Ver~nderungen am Wurzelgrund erfolgten

Abb. 24. Protrusionsbewegung tier oberen mit t leren Sehneidez/ihne um 3,5 h im mit einer Vt!s/indeso.ng tier Aehsen- r iehtmlg llm 19" (Model[ Abb. 1), die ztt einer deutliehen Verringerung der Atlsdehnung de~ Wurzelgrundes in

sagit taler l / i eh tung fi ihrte

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Abb. :25. Attfriehtung in; 'ert iest stehender oberer mitt leres Sehneidezfihne eilleS Deukbisses znit eilter Ycr/inderung der Aehsenriehtung um 10% Es trat dabei deutlieh eine Yerringerung des Wurzelgrundes in sagit taler l t i eh tung ein

Abb. 26. Zum Ausglcieh einer progenen Veszahllung erfolgte eille Protrusionbbewegung ties oberen lnitt leren Sehneidezfihne um 4 ram, die zu einer Ver~nderung der Aehsenriehtung um 15 o fiihrte. Des Dsehpunkt diirfte bei dieser Protrusionsbewegung etwa am Beginn des apikalen Wurzeldr i t te ls gelegen haben. Die Ausdehmmg des

Wurzelgrunde~ hat dutch die Vorkiplmn~ der gehneidez~ihne eine gewisse Vernfinderun~ ertahren

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E. Hausser, Nachentwieklung der apikalen Basis? 303

am Wurzelgrund Umbauvorg/inge stattfinden, die nicht ohne Einflug auf die Form der apikalen Basis bleiben. Diese Beeinflussung der apikalen Basis, die sowohl bei der Retrusions- als aueh bei der Protrusionsbewegung der Frontz/thne ent- stehen kann, ist jedoeh yon der Art der Zahnbewegung weitgehend abh/ingig. Erfolgt eine kippende Bewegung der Frontz~hne um die Wurzelspitze als Dreh- punkt, so bleibt die apikale Basis yon diesen Zahnbewegungen nahezu unbeein- flugt (Abb. 21). Liegt der Drehpunkt jedoeh am Anfang des apikalen Wurzel- drittels oder noeh mehr kronenw/irts, so kann bei einer Aufriehtung invertierter Frontz~hne eine Riiekentwieklung und bei der Retrusionsbewegung vorgekippter Frontzfihne eine Vorentwieklung der apikalen Basis eintreten (Abb. 20 und 22). Diese sagittalei~ Ver/inderungen am ~rurzelgrund sind allerdings in ihrem AusmaB nieht selten verhiiltnism/igig gering, sic zeigen aueh keine so eindeutigen Bezie- hungen zu der Gr6Be der Zahnbewegung und der Ver/inderung der Aehsenstellung der Z/thne zur Spinaebene, dag hieraus gewisse Riieksehliisse auf die bei der Behandlung zu erwartenden Umformungen am Wurzelgrund gezogen werden kSnnten (Abb. 23).

Von besonderem Interesse diirfte die Feststellung sein, dab bei einer Protru- sionsbewegung der oberen Frontz~hne die bei labiler Verankerung erfolgende Zahnbewegung mit Protrusionsfederehen bei ungiinstiger Lage des Drehpunktes eher zu einer Verminderung der sagittalen Ausdehnung der apikalen Basis als zu einer Naehentwieklung fiihren kann (Abb. 24 und 25) und aueh sp/tter die er- w/insehte Naehentwieklung oftmals ausbleiben diirfte, so dag reeht ungiinstige statisehe Verh/iltnisse bestehen bleiben. Es erseheint daher angebraeht, mit kip- penden Protrusionsbewegungen der oberen Frontz/thne bei der Behandlung der progenen kieferorthop/idisehen Krankheitsbilder besonders vorsiehtig zu sein (Abb. 26) und einer Mesialentwieklung des ganzen Oberkiefers gegeniiber der Protrusionsbewegung einzelner Zahngruppen den Vorzug zu geben.

Zum Vergleieh der Durchzeiehnungen der Fernr6ntgenprofilaufnahmen wurden Spinaebene und Gaumenkurvatur miteinander zur Deekung gebraeht, w/thrend die sagittalen Gaumenkurven nur naeh der Gaumenkurvatur ausgeriehtet werden konnten. Zwisehen dem Vergleieh der sagittalen Gaumenkurven und den Dureh- zeiehnungen bestehen daher gewisse Differenzen, die darauf zuriiekzuf/ihren sind, dag bei den Durehzeiehnungen der Fernr6ntgenaufnahmen die Weiehteilbedeekung nieht erfaBt ist.

In/~hnlieher Weise wie bei der transversalen Naehentwieklung des Oberkiefers traten gleiehzeitig mit den sagittalen Bewegungen aueh vertikale Ver/inderungen ein, deren Ausmag dureh die fdberdeekung der Durehzeiehnungen naeh der Spina- ebene deutlieh erkennbar ist. Diese vertikalen Ver/tnderungen sind ebenfalls nur zum Teil im Zusammenhang mit den Umformungen des Zahnbogens entstanden ; ein wesentlieher Anteil an diesen vertikalen Ver/tnderungen ist auf Waehstums- und Entwieklungsvorgfinge zuriiekzufiihren, die gleiehzeitig mit den Behand- lungsmagnahmen stattfanden.

Auf Grund dieser versehiedenen Beobaehtungen erseheint somit die Feststel- lung bereehtigt, dag bei einer Umformung des Oberkiefers in transversaler und sagittaler Riehtung unter bestimmten Voraussetzungen aueh eine Beeinflussung des Wurzelgrundes erfolgt. Die M6gliehkeiten einer Naehentwieklung der apikalen Basis sind jedoeh begrenzt, sic sind yon dem EinfluB zahlreieher endogener und exogener Faktoren abh/ingig, wobei dem EinfluB der Funktion aussehlaggebende Bedeutung zukommt.

Anschrift d. Verf.: Prof. Dr. E r i c h I l a u s s e r , Hamburg 20, Lenhartzstr . 9