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106 Ing. Wolfgang Aspek Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) Adalbert-Stifter-Straße 65 1201 Wien, Postfach 200 [email protected] NatStrV ein neues Kürzel im Arbeitnehmerschutz? NatStrV ist die Abkürzung für die Natürliche Strahlen- quellenverordnung, welche die Arbeiten mit natürli- chen radioaktiven Stoffen regelt. Der Beitrag stellt die Inhalte der Verordnung sowie daraus resultierende Vorgänge überblicksmäßig dar. Für weitere Auskünfte kontaktieren Sie bitte den Autor. Rechtsvorschriften Die Grundlage der Rechtsvorschriften im Bereich Strah- lenschutz bei Vorhandensein ionisierender Strahlung (beispielsweise Gammastrahlung, Röntgenstrahlung oder Alphastrahlung) bildet das Strahlenschutzgesetz. Durch die Übernahme der EURATOM-Vorschriften wurde das Strahlenschutzgesetz novelliert und einige Verordnungen dazu erlassen. Die Rechtsvorschriften sind nachstehend aufgelistet: Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz des Le- bens oder der Gesundheit von Menschen einschließlich ihrer Nachkommenschaft vor Schäden durch ionisie- rende Strahlen, StrSchG – BGBl. Nr. 227/1969 (wurde 2002 und 2004 novelliert) Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Techno- logie, der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie der Bundesministerin für Gesund- heit und Frauen über allgemeine Maßnahmen zum Schutz von Personen vor Schäden durch ionisierende Strahlung, Allgemeine Strahlenschutzverordnung – AllgStrSchV, BGBl II Nr. 191/2006 Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Frauen über Maßnahmen zum Schutz von Personen vor Schäden durch Anwendung ionisierender Strah- lung im Bereich der Medizin, Medizinische Strahlen- schutzverordnung – MedStrSchV, BGBl. II Nr. 409/2004 Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Maßnahmen zum Schutz des fliegenden Personals vor kosmischer Strahlung, Strahlenschutzverordnung flie- gendes Personal – FlP-StrSchV, BGBl. II Nr. 235/2006 Verordnung des Bundesministers für Land- und Forst- wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit betreffend Strahlenschutz bei natürlichen terrestrischen Strah- lenquellen, Natürliche Strahlenquellen-Verordnung – NatStrV, BGBl II Nr. 2/2008 Verordnung des Bundesministers für Land- und Forst- wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Inter- ventionen bei radiologischen Notstandssituationen und bei dauerhaften Strahlenexpositionen, Interventi- onsverordnung – IntV, BGBl II Nr. 145/2007 Darüber hinaus gibt es noch weitere Vorschriften, zum Beispiel betreffend die Ausbildung von Radiologietechno- logInnen oder die Verbringung von radioaktiven Stoffen. Die Regelungen, die die obengenannten Rechtsvorschrif- ten festlegen, betreffen insbesondere folgende Bereiche: Grundlegende Schutzbestimmungen, Bewilligungsver- fahren, beruflich strahlenexponierte Personen, ärztliche und physikalische Überwachung, behördliche Überwa- chung und noch einiges mehr. Die Interventionsverord- nung soll einen geregelten Ablauf der erforderlichen Maßnahmen nach einem Kernkraftwerksunfall bzw. anderen radiologischen Szenarien sicherstellen. Bei medizinischen und technischen Röntgenanlagen, bei Geräten zur Materialprüfung oder Füllstandsanzeigern ist die Bewilligungspraxis und der notwendige Strah- lenschutz durch die gültigen Rechtsvorschriften bereits bewährter Ablauf, die dabei eingesetzten Strahler werden als künstliche Strahlenquellen bezeichnet.

NatStrV - Brandschutzjahrbuch · NatStrV ist die Abkürzung für die Natürliche Strahlen- ... Mittels Stuhl- und Harnproben wird die Depo- ... Messung der inneren Exposition werden

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Ing. Wolfgang Aspek

Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA)

Adalbert-Stifter-Straße 65

1201 Wien, Postfach 200

[email protected]

NatStrVein neues Kürzel im Arbeitnehmerschutz?

NatStrV ist die Abkürzung für die Natürliche Strahlen-quellenverordnung, welche die Arbeiten mit natürli-chen radioaktiven Stoffen regelt. Der Beitrag stellt die Inhalte der Verordnung sowie daraus resultierende Vorgänge überblicksmäßig dar. Für weitere Auskünfte kontaktieren Sie bitte den Autor.

Rechtsvorschriften

Die Grundlage der Rechtsvorschriften im Bereich Strah-lenschutz bei Vorhandensein ionisierender Strahlung (beispielsweise Gammastrahlung, Röntgenstrahlung oder Alphastrahlung) bildet das Strahlenschutzgesetz. Durch die Übernahme der EURATOM-Vorschriften wurde das Strahlenschutzgesetz novelliert und einige Verordnungen dazu erlassen. Die Rechtsvorschriften sind nachstehend aufgelistet:

Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz des Le-bens oder der Gesundheit von Menschen einschließlich ihrer Nachkommenschaft vor Schäden durch ionisie-rende Strahlen, StrSchG – BGBl. Nr. 227/1969 (wurde 2002 und 2004 novelliert)Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Techno-logie, der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie der Bundesministerin für Gesund-heit und Frauen über allgemeine Maßnahmen zum Schutz von Personen vor Schäden durch ionisierende Strahlung, Allgemeine Strahlenschutzverordnung – AllgStrSchV, BGBl II Nr. 191/2006Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Frauen über Maßnahmen zum Schutz von Personen vor Schäden durch Anwendung ionisierender Strah-lung im Bereich der Medizin, Medizinische Strahlen-schutzverordnung – MedStrSchV, BGBl. II Nr. 409/2004

Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Maßnahmen zum Schutz des fliegenden Personals vor kosmischer Strahlung, Strahlenschutzverordnung flie-gendes Personal – FlP-StrSchV, BGBl. II Nr. 235/2006Verordnung des Bundesministers für Land- und Forst-wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit betreffend Strahlenschutz bei natürlichen terrestrischen Strah-lenquellen, Natürliche Strahlenquellen-Verordnung – NatStrV, BGBl II Nr. 2/2008Verordnung des Bundesministers für Land- und Forst-wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Inter-ventionen bei radiologischen Notstandssituationen und bei dauerhaften Strahlenexpositionen, Interventi-onsverordnung – IntV, BGBl II Nr. 145/2007

Darüber hinaus gibt es noch weitere Vorschriften, zum Beispiel betreffend die Ausbildung von Radiologietechno-logInnen oder die Verbringung von radioaktiven Stoffen.

Die Regelungen, die die obengenannten Rechtsvorschrif-ten festlegen, betreffen insbesondere folgende Bereiche:

Grundlegende Schutzbestimmungen, Bewilligungsver-fahren, beruflich strahlenexponierte Personen, ärztliche und physikalische Überwachung, behördliche Überwa-chung und noch einiges mehr. Die Interventionsverord-nung soll einen geregelten Ablauf der erforderlichen Maßnahmen nach einem Kernkraftwerksunfall bzw. anderen radiologischen Szenarien sicherstellen.

Bei medizinischen und technischen Röntgenanlagen, bei Geräten zur Materialprüfung oder Füllstandsanzeigern ist die Bewilligungspraxis und der notwendige Strah-lenschutz durch die gültigen Rechtsvorschriften bereits bewährter Ablauf, die dabei eingesetzten Strahler werden als künstliche Strahlenquellen bezeichnet.

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untersucht (vergleichbar mit einer Messung des Schweiß-rauches). Mittels Stuhl- und Harnproben wird die Depo-sition von radioaktiven Stoffen untersucht. Die Belastung mit Thorium in Zusammenhang mit Schweißverfahren, bei denen mit Thorium legierte Elektroden zum Einsatz kommen, kann eine Dosisabschätzung nur mittels Aus-scheidungsanalysen gemacht werden. Im Anschluss an die Messungen bzw. Analysen wird aus den Messwerten und der vom Betrieb angegebenen Aufenthaltszeit die Dosis ab-geschätzt bzw. berechnet. Grundlage dazu ist die ÖNORM S 5223 „Abschätzung der effektiven Dosis bei Arbeiten mit natürlichen radioaktiven Stoffen“ – Ausgabe 1.2.2007.

Bei Expositionen durch Radon und Thoron wird mittels Radonmonitoren die Konzentration in der Atemluft be-stimmt. Es können sowohl passive Methoden („Radondo-sen“), die keine Stromversorgung benötigen, als auch akti-ve Messverfahren angewandt werden. Die Durchführung von Messungen der Radonkonzentration erfolgt nach den Vorgaben der ÖNORM S 5280 – Teil 1 „Radon – Meßver-fahren und deren Anwendungsbeiete“ – Ausgabe 1.5.2008. Da die Radon- bzw. Thoronkonzentration von sehr vielen Faktoren, beispielsweise atmosphärischem Luftdruck oder Belüftung, beeinflusst wird, sind lange Messzeiten erforderlich; im günstigsten Fall werden drei Monate Messzeit im Winter und drei Monate Messzeit im Sommer ausreichend sein, um eine ausreichende Bestimmung zu gewährleisten. Zur Bestimmung der effektiven Dosis ist auch die Aufenthaltszeit in den betroffenen Bereichen er-forderlich, die entsprechende Formel zur Dosisberechnung findet man in der Anlage 2 der NatStrV.

Das Ergebnis der Dosisabschätzung wird mit den Grenz-werten, die in der NatStrV angegeben sind, verglichen:

Effektive Dosis kleiner 1 milliSievert (mSv) pro Jahr (a)Effektive Dosis größer als 1 mSv/a, jedoch kleiner als 6 mSv/aEffektive Dosis größer als 6 mSv/a

Ergibt die Dosisabschätzung eine Jahresdosis von weniger als 1 mSv, so hat der Betrieb keine weiteren Aktivitäten zu setzen, die durchgeführte Dosisabschätzung ist innerhalb von 10 Jahren zu wiederholen. Liegt die Jahresdosis zwi-schen einem und sechs milliSievert, so gelten die betroffe-nen ArbeitnehmerInnen als beruflich strahlenexponierte Personen der Kategorie B.

Diese Einstufung hat zur Folge:Der Verpflichtete muss eine Liste der beruflich strahlen-exponierten Personen führenDie betroffenen ArbeitnehmerInnen sind über das Vorliegen eines Strahlenbereiches zu informieren und es müssen schriftliche Verhaltensregeln kommuniziert werdenDiese Personen sind vor Aufnahme der Tätigkeit über die Gefährdung durch ionisierende Strahlung und die notwendigen Schutzmaßnahmen zu unterweisen

Dosisabschätzung bzw. Dosisberechnung

Betriebe, die Radon für Heil- bzw. Kurzwecke einsetzen oder Betriebe, die beim Schweißen das WIG-Verfahren mit thorierten Elektroden sowie Betriebe aus der Düngemittel-produktion oder Betriebe, die Bremsbeläge aus zirkonhäl-tigen Materialien herstellen, sind mit der Problematik der natürlichen radioaktiven Stoffe konfrontiert. Natürliche ra-dioaktive Stoffe sind bei der Entstehung der Erde gebildet worden und zeichnen sich durch sehr lange Halbwertszei-ten aus. Die Halbwertszeit ist jene Zeit, die vergeht, bis nur mehr die Hälfte der ursprünglich vorhandenen Aktivität vorhanden ist. So hat Uran eine Halbwertszeit von 4,5 Mia. Jahren und Thorium von 14 Mia. Jahren.

Die NatStrV schreibt vor, dass bei Arbeitsbereichen mit erhöhten Radonexpositionen (z. B. Wasserwerke, Heilstollen, Besucherbergwerke)Arbeitsbereichen mit erhöhten Expositionen durch Uran und Thorium und deren Zerfallsprodukten (z. B. Gewinnung und Verarbeitung von seltenen Erden, Herstellung von Thoriumverbindungen, Zirkonindust-rie, usw.) sowieArbeitsbereichen, bei denen Rückstände mit erhöhtem Anteil von Uran und Thorium und deren Zerfallspro-dukte in Form von Schlämmen, Stäuben, Schlacken, Aschen, Sanden oder Ablagerungen anfallen

vom Verpflichteten eine Dosisabschätzung bzw. eine Dosis-berechnung zu veranlassen ist. Der Verpflichtete ist meist der Arbeitgeber, die Dosisabschätzungen bzw. -berechnun-gen dürfen nur von einer Dosisüberwachungsstelle (Liste unter www.strahlenschutz.gv.at) durchgeführt werden.

Für die Dosisabschätzung ist die Kenntnis der sogenann-ten Expositionspfade erforderlich:

Äußere Exposition: durch Bestrahlung von außerhalb des Körpers bzw. eine durch eine Kontamination (Ver-unreinigung) der Kleidung oder der Haut hervorgerufe-ne Bestrahlung der Haut und innerer Organe, sowieInnere Exposition: durch Bestrahlung durch in den Körper aufgenommene radioaktive Stoffe (durch die Atmung, durch die Nahrung, über Wunden und durch Aufnahme durch die intakte Haut).

Die Dosisüberwachungsstelle muss daher all jene Mess-punkte im Betrieb festlegen, wo ArbeitnehmerInnen mit den natürlichen radioaktiven Stoffen in Berührung kommen sowie geeignete Messverfahren auswählen. Zur Messung der externen Strahlung werden Dosisleis-tungsmessgeräte bzw. passive Dosimeter eingesetzt. Zur Messung der inneren Exposition werden einerseits Luft-analysen und andererseits Ausscheidungsuntersuchungen durchgeführt. Bei den Luftanalysen wird die Atemluft über einen Filter gepumpt und dieser Filter wird anschließend im Labor hinsichtlich Anlagerung von radioaktiven Stoffen

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Weibliche Arbeitskräfte sind dahingegehend zu infor-mieren, dass eine Schwangerschaft so früh als möglich bekannt gegeben wirdSchwangere Arbeitnehmerinnen bzw. stillende Mitar-beiterinnen dürfen nicht als beruflich strahlenexponierte Personen tätig werdenDie Dosisabschätzung ist nach längstens fünf Jahren zu wiederholen.

Wenn die jährliche, effektive Dosis größer als 6 mSv ist, so ist zusätzlich zu den oben angeführten Maßnahmen Folgendes zu tun:

Eine exakte DosisberechnungDie Veranlassung von ärztlichen Untersuchungen nach dem Strahlenschutzgesetz bzw. der Allgemeinen Strah-lenschutzverordnungRegelmäßige Kalibrierung bzw. Eichung von Mess-gerätenAnordnung von StrahlenschutzmaßnahmenBestellen einer sachkundigen Person zur Wahrung des Strahlenschutzes (entspricht dem Strahlenschutzbeauf-tragten im herkömmlichen Sinn).

Falls sich Arbeitsverfahren oder die zu bearbeitenden Materialien ändern, so ist unverzüglich eine neuerliche Dosisabschätzung zu veranlassen. Weiters ist das Ergebnis der Dosisabschätzung an die Strahlenschutzbehörde zu melden (Bezirksverwaltungsbehörde).

Der Verfasser war an zwei Studien zum Thema Belastung durch natürliche radiaktive Stoffe am Arbeitsplatz invol-viert. Bei den untersuchten Betrieben (Schaubergwerke, Produktion von feuerfesten Produkten, Belagsherstellung) lag die Jahresdosis im Bereich zwischen 1 und 6 mSv, somit mussten keine kostspieligen Strahlenschutzmaßnahmen getroffen werden.

Strahlenschutzmaßnahmen

Als Strahlenschutzmaßnahme steht die Vermeidung der Aufnahme von radioaktiven Stoffen an erster Stelle. Dazu reicht es oft, die Staubentstehung zu reduzieren oder ganz zu vermeiden („Deckel drauf“); die Verwendung von PSA (persönlicher Schutzausrüstung) sollte erst nach Ausschöpfung technischer und/oder organisatorischer Maßnahmen angeordnet werden müssen. Im Bereich der externen Bestrahlung ist – so möglich – die Vergrößerung des Abstandes zur Strahlenquelle die effektivste Maßnah-me. Ebenso ist eine Verringerung der Aufenthaltszeit im Bereich der Strahlenquelle anzustreben. Optimal wäre auch eine bauliche Trennung jener Bereiche, in denen mit natürlichen radioaktiven Stoffen gearbeitet wird, von den anderen Arbeitsplätzen.

Für weitere Auskünfte steht der Autor gerne per e-mail ([email protected]) zur Verfügung.