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(Aus der Medizinisehen Universit/itsklinik G6ttingen [Direktor: Prof. Dr. H. Straub ~].) Nebennierenrinde, Hypophysenvorderlappen und Schilddriise. Von Ernst Sclmlze und Karl Mellinghoff. Mit 1 Textabbildung. (Eingegangen an~ 30. Januar 1939.) In einer friiheren Arbeit zeigte der eine yon uns zusammen mit Dieck- ho]/~, dab im Verlauf der Diphtherieintoxikation des Meerschweinchens durch Sch/idigung der Nebennierenrinde Riick~irkungen im Hypophysen- vorderlappen (HVL) auftreten. Histologisch ergab sich eine gewisse Xhnlichkeit mit Ver~nderungen, die aus der Pathologie des Morbus Addi- son bekannt sind 2 und die experimentell dutch Epinephrektomie beim Hund a erzeugt werden kSnnen. Der Gehalt des derart gesch/~digten HVL an thyreotropem Hormon fand sich vermindert; die zugehSrigen Schild- driisen waren inaktiv. Das Auftreten dieses Befundes nach Diphtherieintoxikation ist an eine Latenz- zeit yon mindestens 5 Tagen gebunden. Priift man die thyreotrope Wirksamkeit des 1-[VL friiher, zu einem Zeitpunkt, zu dem noch keine histologisehen HVL-Ver- ~nderungen beobachtet werden kSnnen, so ergibt sich, dM3 der Gehalt des HVL an thyreotropem Hormon normal ist 4. Wir schlossen, dab zur normalen thyreotropen Funktion des HVL eine nicht zerstSrte 1N*ebennierenrinde erforderlich sei. Es wurde yon einer Korrelation Nebennierenrinde -+ HVL -+ Schilddriise gesprochen. ]nzwischen erschien eine Arbeit yon Jores 5, die in l~bereinstimmung hiermit den Beweis lieferte, dab nach Epinephrektomie bei Ratten der Geha|t des HVL an thyreotropem Hormon abnimmt. Histologisch fanden sich die yon iilteren Untersuchern 2, ~ bereits beschriebenen Ver/inde- rungen des HVL. Als uns die Arbeit yon Jores bekannt wurde, waren wir bereits mit ~hnlichen Versuchen besch/~ftigt, die die Frage des Verhaltens yon HVL und Schilddriise nach Epinephrektomie kl/iren sollten. Die Anlage unserer Versuchsreihen unterscheidet sich indessen nicht unwesent- lich yon den Anordnungen des genannten Autors. Insbesondere ber/ick- sichtigten wir eingehend das funktionelle Verhalten der Schilddriise unserer Spendertiere; dariiber sagte Jores nichts aus. SchlieBlich ffihrten ~4r die Untersuchungen an Meerschweinchen durch, da bei diesen Tieren akzes- sorische Nebennieren seltener als bei Ratten vorkommen und damit die totale Exstirpation der Driisen sicherer zum Ziele ffihrt. Im Vorversuch wnrde die Technik der :Epinephrektomie sorgf/iltig eingefibt und die (Jberlebensdauer der Meerhchweinchen beobachtet. Wir w/~hlten zu allen Ver- suchen Tiere mit einem K6rpergewieht um 250 g. Als das schonendste Vorgehen

Nebennierenrinde, Hypophysenvorderlappen und Schilddrüse

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(Aus der Medizinisehen Universit/itsklinik G6ttingen [Direktor: Prof. Dr. H. Straub ~].)

Nebennierenrinde, Hypophysenvorderlappen und Schilddriise.

Von

E r n s t S c l m l z e und K a r l Mell inghoff .

Mit 1 Textabbildung.

(Eingegangen an~ 30. Januar 1939.)

I n einer f r i iheren Arbe i t zeigte der eine yon uns zusammen mi t Dieck- ho]/~, dab im Ver lauf der Diph the r i e in tox ika t ion des Meerschweinchens durch Sch/idigung der Nebennierenr inde R i i ck~ i rkungen im Hypophysen - vo rde r l appen (HVL) auf t re ten . His tologisch ergab sich eine gewisse Xhnl ichke i t mi t Ver~nderungen, die aus der Pathologie des Morbus Addi- son b e k a n n t sind 2 und die exper imente l l du tch Ep ineph rek tomie beim H u n d a erzeugt werden kSnnen. Der Gehal t des derar t gesch/~digten H V L an t hy reo t ropem H o r m o n fand sich ve rminder t ; die zugehSrigen Schild- dri isen waren inak t iv .

Das Auftreten dieses Befundes nach Diphtherieintoxikation ist an eine Latenz- zeit yon mindestens 5 Tagen gebunden. Priift man die thyreotrope Wirksamkeit des 1-[VL friiher, zu einem Zeitpunkt, zu dem noch keine histologisehen HVL-Ver- ~nderungen beobachtet werden kSnnen, so ergibt sich, dM3 der Gehalt des HVL an thyreotropem Hormon normal ist 4.

Wi r schlossen, dab zur normalen thy reo t ropen F u n k t i o n des H V L eine n ich t zerstSrte 1N*ebennierenrinde erforder l ich sei. Es wurde yon einer Kor r e l a t i on Nebennie renr inde -+ H V L -+ Schilddri ise gesprochen.

]nzwischen erschien eine Arbe i t yon Jores 5, die in l~bere ins t immung h ie rmi t den Beweis l ieferte, dab nach Ep ineph rek tomie bei R a t t e n der Geha | t des H V L an t h y r e o t r o p e m H o r m o n abn immt . His tologisch fanden sich die yon i i l teren Unte rsuchern 2, ~ berei ts beschr iebenen Ver/inde- rungen des HVL. Als uns die Arbe i t yon Jores be ka nn t wurde, waren wir berei ts mi t ~hnlichen Versuchen besch/~ftigt, die die F rage des Verha l tens yon H V L und Schi lddri ise nach Ep ineph rek tomie kl/iren sollten. Die Anlage unserer Versuchsreihen un te rsche ide t sich indessen n ich t unwesent- l ich yon den Anordnungen des genann ten Autors . Insbesondere ber/ ick- s icht ig ten wir e ingehend das funkt ionel le Verha l ten der Schi lddri ise unserer Spender t ie re ; dar i iber sagte Jores nichts aus. SchlieBlich ff ihrten ~4r die Unte r suchungen an Meerschweinchen durch, da bei diesen Tieren akzes- sorische Nebennie ren sel tener als bei R a t t e n v o r k o m m e n und d a m i t die to ta le E x s t i r p a t i o n der Dri isen sicherer zum Ziele ffihrt.

Im Vorversuch wnrde die Technik der :Epinephrektomie sorgf/iltig eingefibt und die (Jberlebensdauer der Meerhchweinchen beobachtet. Wir w/~hlten zu allen Ver- suchen Tiere mit einem K6rpergewieht um 250 g. Als das schonendste Vorgehen

Nebennierenrinde, Hypophysenvorderlappen und Sehilddriise. ooo'~'~'~

stellte sich uns die translumbale Methode dar. Nach Freilegung und vorsichtiger Luxation der Niere kann die Nebenniere pr/ipariert werden. Linksseitig gelang es uns fast regelm~tBig, das Organ in toto zu exstirpieren. Auf der rechten Seite muBten wit einen kleinen Rest, der mit der Vena cava inferior lest verwachsen war, stehen lassen, mn einen Cavarifl zu vermeiden. Dieser Rest wurde ansehlieBend kauterisiert. Bei normalem Operationsverlauf ist die Blutung nur gering. Entsteht eine st,~rkere Blutung, so ist das Tier ffir den Versueh meistens verloren, gei den 37 mit aller Vor- sicht ausgefiihrten Operationen des Kauptversuches gingen 3 Meersehweinehen sofort im AnschluB an den Eingriff zugrunde; 3 tiberlebten ihn nur einige Stundem 5 weitere Tiere kamen an den Folgen einer grSBeren Operationsblutung im Laufe des 2. Tages naeh der Operation ad exitum. Die iibrigen 26 Operationen ver- liefen normal. Es sei noeh erw~hnt, dab wir yon einem zweizeitigen Vorgehen keinen Vorteil sahen. Unsere operierten Meersehweinehen gingen am 3., sp/~testens am 4. Tage nach der Nebennierenentfernung spontan ein. Die Tiere verloren naeh der Operation bald die FreBlust, wurden apathisch, zum Sehlul3 nahmen sie Seiten- lage ein. In jedem Falle iiberzeugten ~vir uns dureh Autopsie, dab die Nebennieren vollsti~ndig entfernt, die Reste v611ig zerst6rt waren. Anfangs untersuehten wir den an der Vena eava inferior zuriiekgelassenen, dureh Kauterisation zerst6rten Nebennierenrest histologiseh in Seriensehnitten auf etwa noeh lebende Zellen. Stets fanden sich nur mehr nekrotisehe Massen. Als Kontrolle zu den epinephrektomierten Meersehweinehen diente eine Oruppe von Tieren, bei denen die Nebemfieren in der besehriebenen Weise freigelegt, dann abet nieht exstirpiert wurden. An einer indifferenten Stelle wurde ein entspreehender Kauterisationseffekt gesetzt.

Die operierten Meersehweinehen, die fiir den Hauptversueh bestimmt waren. wurden jeweils aln 3. T~g nach der Operation dutch Nackensehlag get6tet. Die Sehilddriisen wurden pr~pariert, gewogen and ffir die histologische Untersuehung vorbereitet. AnsehlieBend wurden die Kypophysen steril entnommen und gewogen. Dann warden sie mit physiologiseher KoehsMzl6sung zerrieben, aufgesehwemmt und infantilen Meersehweinchen, deren Gewieht zwisehen 150 und 175 g lag, intra- peritoneal eingespritzt. Dabei enthielt jedes Empfi~ngertier in Abstiinden yon 24 Stunden je einen Vorderlappen eines Spendertieres. Naeh weiteren 24 Stunden wurden die Empfgngertiere get6tet und ihre Sehilddriisen histologiseh bearbeitet. - - Eine Versuehsreihe mit v611ig unbehandelten Tieren unter sonst durehaus den gleiehen Bedingungen lief zur Kontrolle nebenher.

Die geurteilung der Sehilddriiscn erfolgte naeh den yon Heyl und Laqueur s angegebenen Kriterien. Zur Bezeiehnung des Aktiviti~tszustandes der Sehitddriisen dient die Buchstabenskala p - - q - - r - - s - - t - - u . Dabei steigert sich die Aktivitiit yon p zu u, dergestalt, dab p den Zustand stgrkster lluhe, u dagegen stgrkste Aktivi- tgt bedeutet.

DiG im einzelnen bei der Gruppe der ep inephrek tomier ten Tiere er- hobenen Befunde sind in Tetbelle 1 zusammengefaBt . Es kamen nur die Meerschweinehen zur Beurte i lung, bei denen die OpEration normal ver- laufen war und die am 3. Tage naeh dem Eingri f f noeh lebten. Zu diesem Ze i tpunk t ~-arden die Tiere wie beschrieben durch N~ckensehlag getS~,et. N ieh t aufgefi ihrt sind in der Tabelle die Versuehsnummern , die zur Be-

s t immung der l~berlebenszeit der Meersehweinehen naEh der Operat ion dienten.

Zuni~ehst interessierte der Funk t ionszus tand der Sehilddriisen unserer epinephrektonl ier ten Tiere. Die ~lteren Unte r suehungen dari iber sind

widerspruehsvolP. Jores 5 maeh t keine Angaben. Die Bes t immung des

Grundumsatzes bei Tieren naeh gelungener Nebennierenent fe rnung gibt

534 Ernst Schulze und Karl Mellinghoff:

Tabelle 1. Versuchsgruppe 1: Epinephrektomier te Mecrschweinchen.

1 3 3 ~ 2 ~ 5 7 7 ~

14 163

17

A n f a n g s - ~ E n d - k 6 r p e r - k 6 r p e r - g e w i c h t g e w i c h t

i n g i n g

270 265

27O 265 245 22O 220 22O 250 240

T f ~ t i g - G e w i c h t k e i t s - ~ d e r

z u s : : i n d S c h i l d -

s c h i l d - d r i i s e d r i i s e i n m g

250 q 240 (p)/q

240 q/(r) 245 q 215 q 200 p/q 175 q/r 190 q 210 (p)/q 200 q/(r)

I n f . 5 I e c r - I . . . . �9 [ T a t l g k e J t s - , !(theY,ll IXI h ~ n . �9

G e w i ( ~ h t ! . " Z l l s ~ a I l ( l d e r i d e m d i e t i e r

: b e i d e n v o r - ~ ~ - : . ~ ' k~(., [ l l l t l -

I I y p o - s t e h e n d e n d r i i s e p h y s e n I l c l Y l ) o p h y s e n : ~" ~ s ]I~. mg" ' -. o l e s c , '

u b e r t r a g e n ~ . ; w e r d e n . N r . ~ i l e r e s

48,0 9,5 41,5 8,0 46,0 10,0 42,5 9,0 44,0 9,0 38,0 8,0 45,0 10,0 41,0 8,0 38,0 9,0 43,0 8,5

!} 90 r

I i} 92 r/(s)

J} 93 r

!, ,/ 94 r/(s)

G e w i c h t s e i n e r

S c h i l d - d r i t s e

i n m g

34

31

29

33

35

Hinweise. Er finder sich sehr h~ufig gesenkt, vielfach erheblich, sogar bis fiber 50 % s. Aber die Grundumsatzsenkung muB nieht durch Produktions- minderung der Schilddrfise bedingt sein, mindestens nicht aussehlieBlich (Swingle e. s., Webster c.s.). Die Beurteilung der vorliegenden Frage ist dadureh ersehwert, dub die Meerschweinchenschilddrfise schon normaler- weise nieht sehr lebhaft arbeitet. Die Schilddrfisen unserer epinephrek- tomierten Tiere zeigten aber s~mtlieh ein ungewShnlich inaktives Bild. Bei der histologisehen Auswertung naeh Heyl und Laqueur ~ lug der Grad der Schilddrfisent~,tigkeit auch im Durchschnitt gesehen deutlich unter der Norm. Entsprechend erreichten die Schilddrfisen der Empf/~nger- tiere - - deren T~tigkeitszustand beim Ubertragungstest die thyreotrope Wirksamkeit des HVL der Spendertiere bezeichnet - - nicht den T~tig- keitsgrad, den man naeh ~bertragung von Hypophysen normaler Meer- schweinchen zu sehen gewohnt ist. Der Gehalt des HVL an thyreotropem Hormon ist demnaeh bei den epinephrektomierten Meersehweinehen vermindert. Dieser Befund steht in voller ~bereinstimmung mit den von Jores ffir die Ratte gemachten Feststellungen.

Tabelle 2 gibt die Einzelbefunde der Gruppe epinephrektomierter Meersehweinehen wieder, bei denen ein Heilungsversueh durch Gabe yon Nebennierenrindenhormon und Vitamin C unternommen worden war. Die Dosierung erfolgte naeh einem yon uns l frfiher bei der Be- handlung der experimentellen Diphtherieintoxikation des Meerschwein- chens erprobten Schema. Jedes Tier erhielt erstmalig im AnschluB an die Nebennierenentfernung je 3 ccm Cortidyn + 3 ccm Redoxon * sub-

�9 Redoxon wurde uns vonder Firma Hoffmann La Roche zur Verffigung gestellt. Fiir die grol~zfigige Uberlassung dcr nicht unbetr~chtlichen Mengen sind wit zu Dank verpflichtet. Die Firma Promonta erleichterte uns dankenswerterweise die Anschaffung yon Cortidyn.

Nebennierenrinde, Hypophysenvorderlappen und Schilddriisc. 535

Tabelle 2. Versuchsgruppe 2: Ep inephrek tomic r t e Meerschweinchen, die mit Cort idyn + Redoxon behandel t wurden.

~ A n f a n g s - i E n d - .~ ~ k 6 r p c r - k 6 r p e r -

v ~ g c w i e h t g e w i c h t ~ ~ i n g i n g

33 ~ 250 245 35 9 240 23O 34 c~ 280 260 37 ~ 260 250 38 ~ 270 255 42 9 245 235 40 ~ 240 235 43 c2 260 250

' . Pg t ig - k e i t s - G e w i c h t G e w i c h

d e r d c r z u s t a n d S c h i l d - 14ypo .

d c r d r i i s e p h y s e r S c h i h l - �9 d r i i s e i n m g i n m g

q/r 44,0 g.() (q)/r 4s,0 ~0;0 q/r 48,0 9,5 q 43,0 8,5

q/r 45,0 10,0 q/r 46,5 9,0

q/(r) 41,0 8,5 q/r 47,0 9,0

! I n f ~ I e e r - T h ' " " e F s i . . . . ; s e h ~ ; e i n c h e n I ~lgK ~ , ' - ~ eVr I , ' zus~a l l c t

de~ [ d m l d m I - r I ]4- 'o I b e i d e n v o r - I ~_ {{~._ I - Y P " [ s t e h e n d e n I ~c . p u - i

I~IIV,qe]l ~ O )-- Se r (IVLISO I �9 ~H{ n v p lnY , " n l a" ~ I

: w e r d e n . N r . ] * l ~ * . s [

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} 99

i 1oo I

10l

r / s

(r)/s

(r)/s

s

(~e~yich t s r

S c h i l d - d r ~ s e i n m g

39

42

38

cutan. Withrend der ngchsten Tage wurde die gleiche Menge tgglich zwei- mal injiziert.

In einem Vorversuch wurde gepriift, ob mit HiKe dieser MaBnahmen - - die Dosen sind sehr hoch gewghlt - - das Leben der epinephrektomierten Tiere verlgngert werden konnte. Von 5 derart behandelten Meersehwein- chen ging eins am 2., ein weiteres am 3. Tage nach der Operation ein. Bei den iibrigen Tieren zeigte sieh aber ein betrgchtlicher lebensverlgngern- der Effekt. Ein Tier lebte 9 Tage, ein anderes 6 Tage; das letzte kam erst am 11. Tage post operationem ad exitum. Auf Grund dieses Vor- versuchs war es gewagt, die Behandlung im Hauptversuch auf 3 Tage naeh der Operation auszudehnen und die 1Jbertragung erst am 4. Tage vorzunehmen. Der Erfolg des Hauptversuches gab uns jedoch recht, dem ungiinstigen Zablenverhgltnis des Vorversuches (2/s negative Ver- suehe) zu miBtrauen :von 11 operierten und behandelten Meerschweinchen konnten 8 am 4. Tag zum 13bertragungsversuch verwandt werden; yon den iibrigen 3 ging eins am Tage nach der Operation infolge Nachblutung ein, die beiden anderen kamen am 2. und 3. Tag ad exitum.

Die Sehildch'iisen der Tiere dieser Versuchsgruppe zeigten keine Ab- weichungen v o n d e r ~Norm. Der Gehalt des HVL an thyreotropem Hor- m o n i s t weder vermindert noch vermehrt. Die Behandlung war demnach geeignet, die durch den Ausfall der ~Nebenniere bedingte Vergnderung im System ItVL-Schilddriise auszugleichen. Mit Cortidyn allein war Jores ~ bei der nebennierenlosen Rat te dieser Ausgleich nicht gelungen, wohl aber durch Behandlung mit Adrenalin.

In Tabelle 3 linden sich die einzelnen Befunde fiir eine Gruppe yon Meerschweinchen, die nicht operiert waren, die aber in der gleichen Weise mit Cortidyn -4- Ascorbinsgure wie die eben besprochene Gruppe 3 Tage lang behandelt waren. Die TStung durch Nackenschlag und die l~ber- tragung erfolgte am 4. Tage.

40

536 Ernst Schulze und Karl Mellinghoff:

Tabelle 3. Versuchsgruppe 3: Normale Meerschweinchen, die mit Cor t idvn + Redoxon behande l t wurden.

h

26 9 29 c~ 27 d 30 28 9 31

A n f a n g s - k S r p e r - g e w i e h t

in g

230 235 270 265 245 250

E n d - k S r p e r - g e w i c h t

in g

T g t i g - ke i t s -

z u s t a n d d e r

Sch i ld - d r i i se

G e w i c h t 4 e r

Schi ld- dr f i se

in m g

G e w i c h t 4 e r

~ y p o - t ) hysen in m g

235 245 270 26O 250 25O

q/r q/r

(q)/r q/r

( q ) / r q/r

49,0 47,5 48,0 51,0 44,0 48,0

I n f . Meer - - -" t" ' s s c h w e i n c h e n , l ~ l i s k e ~ t ~

d e m d ie Sh n

b e i d e n v o r - ~,aer d t e h - e ~ ~ c n u - s en~ n dr i i se

I t v p o p h ~sen I t" r s i { b e r t r a g e n ] .~,]eerees w e r d e n Nr . [

10,0 9,5 I}

10,0 ll,0 } L

10,5 9,0 }

95 s

96 s/(t)

97 s

G e w i c h t s e i n e r

8 c h i l d - d r i i se i~l m g

39

4|

39,5

Die Schilddriisen dieser Tiere sind nicht allzuweit v o n d e r Norm ent- fernt. Ihre mittlere Tgtigkeitsstufe zeigt indessen eine leichte Tendenz zur akt iven Seite. Der GehMt des H V L an thyreot ropem Hornmn ist bei diesen Tieren im Einklang damit leicht vermehrt . Die Feststellungen entsprechen den Versuchsergebnissen yon J o r e s 5 bei der Rat te .

Tabelle 4 und 5 bringen die Kontrollen.

Tabelle 4. Versuchsgruppe 4: Pseudooi)er ier te Meerschweinchen.

44 0* 48 9 45 9 4 9 ~'

4 6 9 5O c~ 47 $ 51 3

] E n d - A n f a n g s - [ T~ttig-keits. k 6 r p e r - I k 6 r p e r - I z u s t a n d g e w i c h t li g e w i c h t d e r

in g : i n g Seh i ld - I d r i i se

250 260 240 280 260 270

250 230

I ] I31f" }Ie~r ; l T i i t igke i t s - i ~' * "cht SeilwelllCl e ,i ' U S t ' ~ d ' G e w i c h t l t . c ? l I d e m die I z 7 " n

d e r I ( ter I idc m n e t Sch i ld - I 1{ " I )e ~*1 v ~- �9 . . . . . y p o - s t e h e n d e n mCllll(l" dr t ise I p h y s c n .;: h s di 'iise in m E i i n~mg ~ y p o J ) y ' e n d ieses

llDel%ragell T i e r e s

240 255 235 270 245 265 250 220

q/r q

q/r q/(r) q/r q/r

q/(r) q/(r)

45,0 48,0 49,0 44,0 50,0 43,0 47,0 46,5

wei 'den . ~ ' r .

10,0 11,0 } 102

11,0 8,5 } 103

8,5 I 104 7,5 il

9,5 I 105 10,0 I

(r)/s s

s

(r)/s

G e w i c h t Sei lmr

Seh i ld - (h'ik~e ill 111~'

37

36

38

41

In Abb. 1 ist in einem Diagramm von Mlen Versuchsgruppen der Zu- s tand der Empfgngersehilddrfisen in Beziehung zu dem der jeweiligen Spenderschilddriisen aufgezeichnet. Die Schilddrtisen der Empfgnger bezeiehnen darin die thyreot rope Wirks~mkeit des H V L der Spender. Wiedergegeben wurde ffir jede Gruppe der jeweils errechnete Mittelwert. Die Abbildung zeigt besonders anschaulich die unterschiedliche Wirkung der beiden extremen M6glichkeiten unserer Versuchsanordnung (Neben- nierenrindenausfall durch Exst i rpat ion - - Zufuhr von Nebennierenrinden-

Nebennierem'inde, Hypophysenvorderlappen und Sehilddriise. 5;17

Tabelle 5. Normale Meerschweinchen.

52 56 3 53 9 57 c~ 54 58 9 55 9 59 9

K S r p e r - g e w i c h t

In g

270 240 250 230 220 270 240 245

T~ttig- ke i t s -

z u s t a n d d e r

Seh i l d - d r i i sc

G e w i c h t d e r

Seh i ld - di'~.se in ll ig

G c w i c h I d e r

H y t ) o - p h y s e n in ll lg

q q / r

q/(r) q/(r)

q q/r q/r

q / ( r )

49,0 51,0 41,0 48,0 39,0 48,0 44,0 50,0

I I n f Meer - ::~ . . . . i t s s chw 'emchen , i jt'&~lgKe ,~'~-

! d e m die : z u s t a n ( t b e i d e n v o r - ,! ~ q ~ r

I stehenaen ~.!l,)- H y p o p h y s e n I ([ieU~ e

[ i i b c r t r a g e n m.c ' ;es i w c r d e n . Nr . ~1 le,

! 8,0 } 106

10,0

11,5 i I 107 1o,o I 9,0 | 108 lO,O I 9,0 : I 109

12,0 I

J s

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s'(t) i

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G e w i c h t s e i n e r Sehi ld- 4 r~se in m g

43

36

35

40

hormon ~ Redoxon beim Normalt.ier) auI das System thyreotroper HVL-Anteil-Sehilddriise. Der Untersehied ist bei der Auswertung der

//ypophgse der gpender

�9 , / + 1 , ,

e i / , /

/ / . . / ' / " . , ' / u . 4 r '

A1)b. 1. I - - l g p i n e p h r e k t o m i e r ' t e M e e r s e h w e i n e h e n , I I - - - - - - ~ l ) i n e p h r e k t o l n i e r l e 5 I e e r s c h w e i n e h e n m i t C o r t i d y n + l:{edoxoll, l l I - - - - - Nor l l l a l e M e e r s e h w e i n c h e n lni! C o r t i d ) m + R e 4 o x o n , l I " . . . . . . . . P s e u d o o p c r i e r t e 5 [ e e r s c h w e i n c h e n , N o r m a l c

~ [ee r s ( .hweineh ell.

thyreotropen Wirksamkeit des HVL noeh deutlieher als bei der Auswer- tung der Sehilddrtise selbst. Die Normalisierung des genannten Systems der mit Cort idyn-~-Redoxon behandelten epinephrektomierten Meer- sehweinchen kommt dureh die Lage der gestrichelten Linie zum Ausdruek.

Neben der histologisehen Auswertung haben wir die Gewiehte yon Sehilddrfise und Hypophyse der versehiedenen Tiergruppen bestimmt. Eine l)bersieht fiber die gefundenen Werte gibt Tabelle 6. Es sind darin die erreehneten Mittelwerte jeder Versuehs/ruppe eingetragen. Die Grenzen ( ~ i geben den doppelten mittleren Fehler an. Untersehiede, die mehr als das doppelte des mittleren Fehlers betragen, sind signifikant.

Aus der Tabelle geht hervor, dab auf der Seite der Spender die Unter- sehiede in den Sehilddriisengewiehten zwischen Gruppe 1 und 3, und l und 4, in den Hypophysengewiehten zwisehen 1 und 3 signifikant sin(l,

538 Ernst Schulze und Karl Mellinghoff:

Tabelle 6. Organgewich t (Mittelwerte) in rag. (Grenzen ~: = mittlerer doppelter Fehler.)

Art der Versuehstiere, Vet sllehsgrtll)pe NI!.

1. Epinephrektomierte Meerschweinehen . . .

2. Epinephrektomierte Meerschweinchen, behan- delt mit Cortidyn ~- Re-' doxon . . . . . . . .

3. Normale Meerschwein- chert, behandelt mit Cor- tidyn + Redoxon . . . '

4. Pseudooperierte Meer- schweinchen . . . . . .

5. Norma]e Meerschwein- i chen . . . . . . . . .

I T~i~tigkeits-

Sehild- zlmtand driisen- der gewieht Schild-

driise

42,7 ,,q" i( • 1,74)

45,3 ,,q/r" (~- ],80)

47,9 i ,,q/r" ( • LSS)

46,6 ,,q/(r)" (~ 1,72)

46,2 ,,q/(r)" ( • 3,1) i

]:Iypo- physen- gewieht

8,9 ( • 0,49)

9,1 (~ 0,52)

lO,O (~ 0,58)

9,5 (• 0,88)

9,9 (~ 0,93)

Gewicht T~tigkeits- der zu- zustand der zu- geh6rigen gehOrigen Emlff~n-

gerschild- Empf~n- driise gerschild-

driise

32,4 ,,r/(s)" (~ 2J5)

39,7 ,,(r)/s" (~ 1,7s)

39,8 ,,s,, ( • ],41)

38,0 ,,(r)/s" (~ 2,16)

r s" 38,5 ,,( )/~ (~ 3,68)

Auf der Seite der Empf~nger unterscheiden sich die Schilddrfisen- gewichte der Versuchsgruppe 1 yon allen anderen Versuchsgruppen signi- f ikant . Die Er rechnung der Mittehverte unters t f i tz t somit das Ergebnis der histologischen Untersuchung, bei der ebenfalls vor allem der Unter - schied im T~ttigkeitszust~nd der Schilddrfisen zwischen den Versuchs- gruppen 1 und 3 Ms den Ex t r emen aufgefallen war.

Unsere Versuehe geben zusammen mi t den Unte r suchungen yon , l o r e s 5 den Beweis ffir das Bestehen einer yon der Nebennierenr inde fiber den thyreot ropen Antei l des HVL zur Sehilddrfise ffihrenden Korrela- t ion, die wir zuerst in unserer Diphther iearbei t x nach den dort erhobenen Befunden ve rmuten konnten . AusfM1 der Nebenn ie renr indenfunk t ion - - sei es durch Exs t i rpa t ion des Organs oder durch Zerst6rung mit Di- phther ie toxin - - ffihrt zur Verminderung der thyreot ropen Wirksamkei t des HVL und im Gefolge damit zu einer Neigung der Schilddrfise zur In~ktivit/~t. Umgekehr t b e ~ k t zus~tzliehe Zufuhr yon Nebennieren- r indenhormon -~- Redoxon eine Steigerung der thyreotropen Wirksamkei t des HVL und dami t eine Neigung der Schilddriise zu vermehrter T/~tigkeit.

In Parallele hierzu steht die Beobaehtung yon Mar t in s und Shumacker und Firor ~, dab naeh Epinephrektomie der Gehalt des HVL an gonadotropem Kormon abnimmt, und der yon Thaddea 10 mitgeteilte Fall einer A d d i s o n - K r a n k e n , bei der nach Behandlung mit Nebennierenrindenhormon eine Gravidit/~t erm6glicht wurde. Aueh auf die Untersuchungen von Jores 11 fiber die Beziehungen zwischen :Neben- niere und Melanophorenhormon der Hypophyse sei hingewiesen.

I n diesem Zusammenhang liefern die Versuehe einen weiteren 13eitrag zu der Auffassung yon der zentralen Stellung des HVL im endokr inen System als eines Vermitt lers zwisehen den einzelnen Drfisen.

Nebennierenrinde, Hypophysenvorderlappen und Schilddrfise. 539

Z u s a m m e n f a s s u n g .

1. D e r G e h a l t des H V L a n t h y r e o t r o p e m H o r m o n i s t be i c p i n e p h r e k - t o m i e r t e n M e e r s e h w e i n c h e n v e r m i n d e r t ; die S c h i l d d r i i s e n ze igen e ine N e i g u n g z u r i n a k t i v e n Sei te ,

2. D u r e h c n t s p r e e h e n d e G a b e n v o n C o r t i d y n --,- R e d o x o n s i n d d iese

V e r g n d e r u n g e n be im e p i n e p h r e k t o m i e r t e n T i e r a u s g l e i c h b a r . Die L e b e n s -

d a u e r e p i n e p h r e k t o m i e r t e r M e e r s c b w e i n e h e n kal l l l d u r e h d iese Mal~-

n a h m e v e r l g n g e r t w e r d e n .

3. Z u s g t z l i e h e G a b e n v o n C o r t i d y n -{-, t l e d o x o n e r h 6 h e n b e i m n o r m a l e n

M e e r s e h w e i n e h e n d e n G e h a l t des H V L a n t h 3 T e o t r o p e m H o r m o n . Die

S e h i l d d r i i s e w i r d d a b e i l e i e h t a k t i v i e r t .

4. D ie W g g u n g y o n S e h i l d d r i i s e u n d H y p o p h y s e d e r T ie re i n n e r h a l b

d e r g e w g h l t e n V e r s u e h s g r u p p e n b e s t g t i g t d ie h i s t o l o g i s e h e n B e f u n d e .

5. D ie V e r s u e h s e r g e b n i s s e e r l a u b e n die A n n a h m e e i n e r K o r r e l a t i o n :

N e b e n n i e r e n r i n d e -+ t h y r e o t r o p e r A n t e i l des H V L -+ Seh i ldd r i i s e .

S ( . h r i f l e l . v e r z e i c h n i s .

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