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66 Neubegrundung der auDeren Ballistik Von H. Bumutx, Jena Eingegangen 1939 November 27 Es wird eine neue Behandlung des Problems der BuBercn Ballistik erortert, in welcher anstatt der ublichcn Xnfangsbedingungen die SchuBweite und die Durchlaufunyszeit der GeschoBliahn als Parameter (Randbcdingungen) ringefuhrt vvcrden. Dadurch gelingt es, an die Stelle der bekannten Differentialgleichungen des Problems gewisse Integralgleichungen treten zu lasscn, deren 1,osungsmethode fur das quadratische Widerstandsgesetz einsch!ieBlich eintts nurnerischen Beispiels skizziert wird. Auf weitere Anwcndungsmoglichkeiten fur die Ballistik wird hingewiesen Im Rahmcn ciner spiiter zur Veroffentlichung gelangenden -Airbeit, die eine allgrmeine Reform der klassischen Mechanik zum Gcgenstand haben wird, hat sich die Moglichkeit er- geben, als speziellem Anwendungsfall auch dem Problem der +uBeren Ballistik, also der Frage nach der Bahn cines Geschosses im widerstehenden Mittel, eine neue mathematische Eehandlung zuteil werden zu lassen. Die folgende Darstellung ist so gewiihlt, d.aB der allgemcinere theoretische Rahmen entbehrt werden kann, indem alles auf die Eigenheiten des ballistischen Problems zu- geschnitten wird. Sie unterscheidet sich niethodisch von der bisherigen Bearbeitung des Problems durch Heranziehung der Integralgleichungstheorie. Es ist nicht zu bezweifeln, daB dadurch eine methodische Uberlegenheit iiber die bisher allein iiblichen Untersuchungen vom Differentialgleichungs- standpunkt erreicht wird; indessen konnte die Bearbeitung vorlaufig noch nicht soweit gefordert werden, daB sich ohne weiteres auch ein dem theoretischen iiquivalenter, praktisch zahlenmlniger Vorzug vor den bekannten Methoden behaupten liefie. Die Beurtcilung dieser fur die Anwendung XewiB ausschlaggebenden Seite der mathematischen Theorie wird dem AuBenstehenden allerdings erschwert durch den Umstand, daB die eigentlichen Bediirfnisse und Interessen des Ballistikers weit- gehend unhekannt sind. Wenn also hier vielleicht zunachst der Eindruck entstehen mag, daB sich die vorgeschlagene hfethode schwierig gestaltet, so darf anderseitri bemerkt werden, daB die formal- rechnerischen Schwierigkeiten im Problem selbst hegrundet liegen und die Einrichtung der Formeln zur Bcnutzung fur den Praktiker cine sicher miihevolle, aher einmalige Leistung erfordern wiirde. I Wir gehen aus von den Differentialgleichungen der Hewegung des Geschosses der Nlasse m, die als konstant betrachtet werde. Die Hahn sei dargestellt in rechtwinkligen Koordinaten, x in hori- zontaler und z in vertiltaler Richtung. Mit dem ballistischen Koeffizienten c sei der Luftwiderstand zuniichst in allgemeiner Form - cmf(v) angenommen, wo f(v) eine Funktion der Geschwindigkeit - dx - ir =v (;) ' + ( sei. Dann lauten die Gleichungen d'a f(v) da i1) .. - dzx f(v) dx dt2 v clt dt2 = - -c - z,-- zt -g, wo g die Schwerebeschleunigunp ist. Die Moglichkeit einer Anwcndung der Integralgleichungstheorie wiirde sich eroffnen, wenn es gelingt, das Problem als Randwertproblem des Systems (I) anstatt a1.s Anfangswertproblem zu formulieren. Diese Auffassung wird zum rnindesten dadurch nahegelegt, da6 ja nicht allein die Anfangsbedingungen priniiir gegeben sind, sondern auch das Ziel, welches getroffen werden soll, wonach erst die Anfangsbedingmg.cn eingestellt werden. Dazu komrnt, aber hier noch, daB wir im weiteren auch die Durchlaufungszeit der GesrhoBbahn Tals bekannt annehmcn wollen. Es sei bereits an dieser Stelle bemerkt, daB diese Voraussetzung, sobald die fertige Losuny vorliegt, entbehrlich, d. h. durch andere Angaben, z. 13. Ahgangswinkel des Geschosses, crsetzbar isr. Wir werden aber vorerst mit der Angabe der Zielentfernung in der Horizontalrichtung X und der (resamtflugzeit T des Geschosses als gegebenen GroBen rechnen. Alle Hezeichnungen werdcn in di Arbeit nach Moglichkeit dem klassischen Werk von Cranz entiloinmen. Wir suchen die Rahn, tinter Voraussetzung der Gleichungen (I) die Randbedingungen erfullt, daB fur die Anfangszcit t =o wwohl x = o als auch z =o mird, und fiir die Lcit t = 7' die SchuBweitc s = X und z = o erreicht wirti.

Neubegründung der äußeren Ballistik

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Page 1: Neubegründung der äußeren Ballistik

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Neubegrundung der auDeren Ballistik Von H. B u m u t x , Jena

Eingegangen 1939 November 27

Es wird eine neue Behandlung des Problems der BuBercn Ballistik erortert, in welcher anstatt der ublichcn Xnfangsbedingungen die SchuBweite und die Durchlaufunyszeit der GeschoBliahn als Parameter (Randbcdingungen) ringefuhrt vvcrden. Dadurch gelingt es, a n die Stelle der bekannten Differentialgleichungen des Problems gewisse Integralgleichungen treten zu lasscn, deren 1,osungsmethode fur das quadratische Widerstandsgesetz einsch!ieBlich eintts nurnerischen Beispiels skizziert wird. Auf weitere Anwcndungsmoglichkeiten fur die Ballistik wird hingewiesen

Im Rahmcn ciner spiiter zur Veroffentlichung gelangenden -Airbeit, die eine allgrmeine Reform der klassischen Mechanik zum Gcgenstand haben wird, hat sich die Moglichkeit er- geben, als speziellem Anwendungsfall auch dem Problem der +uBeren Ballistik, also der Frage nach der Bahn cines Geschosses im widerstehenden Mittel, eine neue mathematische Eehandlung zuteil werden zu lassen. Die folgende Darstellung ist so gewiihlt, d.aB der allgemcinere theoretische Rahmen entbehrt werden kann, indem alles auf die Eigenheiten des ballistischen Problems zu- geschnitten wird. Sie unterscheidet sich niethodisch von der bisherigen Bearbeitung des Problems durch Heranziehung der Integralgleichungstheorie. Es ist nicht zu bezweifeln, daB dadurch eine methodische Uberlegenheit iiber die bisher allein iiblichen Untersuchungen vom Differentialgleichungs- standpunkt erreicht wird; indessen konnte die Bearbeitung vorlaufig noch nicht soweit gefordert werden, daB sich ohne weiteres auch ein dem theoretischen iiquivalenter, praktisch zahlenmlniger Vorzug vor den bekannten Methoden behaupten liefie. Die Beurtcilung dieser fur die Anwendung XewiB ausschlaggebenden Seite der mathematischen Theorie wird dem AuBenstehenden allerdings erschwert durch den Umstand, daB die eigentlichen Bediirfnisse und Interessen des Ballistikers weit- gehend unhekannt sind. Wenn also hier vielleicht zunachst der Eindruck entstehen mag, daB sich die vorgeschlagene hfethode schwierig gestaltet, so darf anderseitri bemerkt werden, daB die formal- rechnerischen Schwierigkeiten im Problem selbst hegrundet liegen und die Einrichtung der Formeln zu r Bcnutzung fur den Praktiker cine sicher miihevolle, aher einmalige Leistung erfordern wiirde.

I

Wir gehen aus von den Differentialgleichungen der Hewegung des Geschosses der Nlasse m, die als konstant betrachtet werde. Die Hahn sei dargestellt in rechtwinkligen Koordinaten, x in hori- zontaler und z in vertiltaler Richtung. Mit dem ballistischen Koeffizienten c sei der Luftwiderstand zuniichst in allgemeiner Form - c m f ( v ) angenommen, wo f ( v ) eine Funktion der Geschwindigkeit

- dx -

ir =v (;;)' + ( sei. Dann lauten die Gleichungen

d'a f ( v ) da i1) .. - dzx f ( v ) dx

dt2 v clt dt2 = - - c - z,-- zt -g,

wo g die Schwerebeschleunigunp ist. Die Moglichkeit einer Anwcndung der Integralgleichungstheorie wiirde sich eroffnen, wenn es gelingt, das Problem a l s Randwertproblem des Systems ( I ) anstatt a1.s Anfangswertproblem zu formulieren. Diese Auffassung wird zum rnindesten dadurch nahegelegt, da6 ja nicht allein die Anfangsbedingungen priniiir gegeben sind, sondern auch das Ziel, welches getroffen werden soll, wonach erst die Anfangsbedingmg.cn eingestellt werden. Dazu komrnt, aber hier noch, daB wir im weiteren auch die Durchlaufungszeit der GesrhoBbahn T a l s bekannt annehmcn wollen. Es sei bereits an dieser Stelle bemerkt, daB diese Voraussetzung, sobald die fertige Losuny vorliegt, entbehrlich, d. h. durch andere Angaben, z. 13. Ahgangswinkel des Geschosses, crsetzbar isr. Wir werden aber vorerst mit der Angabe der Zielentfernung in der Horizontalrichtung X und der (resamtflugzeit T des Geschosses als gegebenen GroBen rechnen. Alle Hezeichnungen werdcn in di Arbeit nach Moglichkeit dem klassischen Werk von Cranz entiloinmen. Wir suchen die Rahn, tinter Voraussetzung der Gleichungen ( I ) die Randbedingungen erfullt, daB fur die Anfangszcit t =o wwohl x = o als auch z =o mird, und fiir die Lcit t = 7' die SchuBweitc s = X und z = o erreicht wirti.

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H. RECERIVS : Neubegrdndung der BuReren Hallistik 67

Die Durchfuhrung des Falles, daB das Zicl von der Horizontalen abweicht, bedingt keine grundsgtz- iiche Schwierigkeit; wir betrachten daher nur den SchuB in der Ebene. Von den Randbedingungen sind diejenigen fur die z-Koordinate homogen, da z an den RBndern der Bahn beidemal verschwinden soll. Die Theorie der Randwertaufgaben verlangt fur die Losung die Aufstellung einer sogenannten Greenschen Funktion, die als Losung der Differentialgleichung dzz/dt2 = o fur das ganze Interval1 o sts T mit einem Sprung in der ersten Ableitung an einer beliebigen Stelle t' im Intervall vom Rc- trage - I definiert ist und zugleich die Randforderungen erfullt. Sie berechnet sich leicht zu

tst' GI@, t') = , ~ , ( 2 )

t'( I - " ) t L t ' T /

Man uberzeugt sich muhelos, daR sie die Hedingungen erfullt. Mit Hilfe dieser Funktion erlaubt dann die Losung der zweiten Differentialgleichung in ( I ) nach der allgcmeinen Theorie die Darstellung

wobei die in der geschweiften Klamrner stehenden Ausdrucke an der Parameterstclle t=t' zu nehn-en sind und uber alle t' von o bis T zu integrieren ist. Da aber die gesuchte Funktion unter dem Integrd selbst vorkommt, so haben wir es mit einer Integralgleichung zu tun, und zwar einer sehr kompli- zierten, die dem Randwertproblem der zweiten Differentialgleichung (I) gquivalent ist. Sofern wir Methoden besitzen, solche Integralgleichungen zu behandeln, haben wir folglich eine neue Angriffs- moglichkeit fur das ballistische Problem.

In der gleichen Weise niul3 der Ersatz der niit der zweiten gekoppelten ersten Diffcrentialglei- chung ( I ) bewerkstelligt werden. Hier tritt die Besonderheit auf, daB die eine Randbedingung nicht homogen ist, d. h. fur t = T soll x = X werden. In diesem Falle gelingt die Transformation auf ein homogenes Problem dadurch, daB die transformierte Funktion

A x ( t ) - --- t

T als gesucht betrachtet wird. Denn die iineare Zusatzfunktion erfullt die Differentialgleichung d*x/dt? = o identisch und die transformierte Funktion wird fur t = o offenbar auch gleich o und auch fur t = T. da ja x ( T ) = Xwerden solltc. Daher ergibt sich hier dicselbe Greensche Funktion (2) und als Aquivalent der Randwertaufgahe der ersten Differentialgleichung (I) die Integralgleichung

T X T .

x (t) = - t + j 'G, (1, i') ( c cj dt' , 0 t t'

die ebenfalls wie ( 3 ) inhomogen und nichtlinear ist. Es ist an dieser Stelle vielleicht nutzlich, einrral unter Weglassung des Widerstandes (c =o),

freier Wurf, den Standpunkt der vorliegenden Auffassung klarzulegen. In der Tat ergibt sich a m ( 3 ) und (4) durch einfache Ausrechnung die bekannte Darstellung der Wurfparabel

woraus alle weiteren GriiBen, die von Interesse sind, berechenbar werden, z. B. der AbschuBwinkel cp auz dz/dt 7 - 2

dxldt t=o x v=arctg (------) =arctggg --

und der Auftreffwinkel w

desgleichen die Anfangsgesrhwindigkeit v,!

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68 H. BUCERIUS: Neubegriindunq der BuDeren Ballistik

Hat man diese Losung also, so kann man auf Grund derselben den Standpunkt wieder unikehren und andere GroBen an Stelle von X und T als gegeben betrachten, wobei lediglich diese Gleichungen nach X oder T aufzulosen sind. Diesen Charakter nehmen dann auch die Losungen der Gleichungen bei Reriicksichtigung des Luftwiderstandes an, denen wir uns jetzt zuwenden.

Wie ein solches Integralglcichungssystem behandelt werden kann, mochte ich a n Hand des qua- dratischen Widerstandsgesetztes erortern, c f ( v ) = cv,”. Auch eine numerische Auswertung soll an- geschlossen werden, um zu verdeutlichen, wie sich die explizite Anwendung bei der vorliegenden Auffassung des Problems gestaltet.

Es ist ratsam, geeignete MaBeinheiten festzulegen, un-! mit dimensionslosen GroBen zu rechnen und die Konvergenzverhaltnisse leichter ubersehen zu konnen. Als Zeiteinheit wahlen wir T, als Lgngeneinheit in der x-Richtung X und in der z-Richtung Z=gT2 . Diese Verschiedenheit wurde sich erubrigen, wenn wir die Rechnung auf Flach- oder SteilschuB spezialisieren wiirden, was aber vermieden werden soll. In den weiteren Formeln stehen also t fur t/T, x fur x / X und z fiir z / Z . Den

Kern der Integralgleichung schreiben wir von jetzt an -I GI@, 1’) = K ( I : t’), ( z ) , und haben also aus

( 3 ) und ( I ) fur das quadratische Widerstandsgesetz das Simultansystem von Integralglcichungen der BuBeren Hallistik

T

%ur Behandlung dieses Systems bedienen wir uns einer von A. Hammerstein (Acta math. 54, 1930) mgewendeten Methode der unendlich vielcn Vnriablen, deren wesentliche Voraussetzungen hier crfiilit sind, da der Kern eine positiv definite Greensche Funktion ist. Das normiert-orthogonale _F,igeiifunktionensysteni des Kernes K im Grundgebiet

11; s innt , I” i sin i7;t, . . . . besitzt das Eigcnwertspektrum v2+, v = I , 2 , ~3, ... . Damit rechtfertigt sicl: iius dem Hilbert-Schmidt- qchen Entwicklungssatz der gleichmaRig konvcrgente rijwngsansatz

ca z ( t ) = 2 i,. s i n v . r r 2 ,

00

clx = I + 2 v n a,, co5u.irt d t

1

Ferncr becotigen wir die 13ilinearrelation des Kerncb A

Diese Entwiclclungen fiihrt man rechts und links in ( 5 ) ein, nnd man vergleicht kurz p a g t die Koef- fizienten gleicher Fourier-Terme. Dann entsteht, wie wohl keiner weiteren Zwischenformulicrungen bedarf, das nachstehende, unendliche simultane Gleichungssystem fur die Unbekanntcn a,. und c,.

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H. BUCERIUS: Neubegrundung der BuReren Ballistik 69

der expliziten Ausfuhrung die Ansatze (6) und (7) auf eine bestimmte endliche Anzahl von Gliedern. Da ich es hier nicht als meine Aufgabe betrachten konnte, eine besonders weitgehende Naherung zu rechnen, sondern lediglich den Gang der Rechnung und die Eigenschaften der Losung darzulegen be- absichtige, begnuge ich mich mit folgendem Ansatz

x = t + a , sinnt z=cl sinnt+c, s i n m t . (10)

Er stellt das Minimum an Termen dar, welches berucksichtigt werden muB. Wir setzen also die Aus- drucke (10) an die Stelle der unendlichen Reihen, die in (9) auftreten, und erhalten bei diesem Ansatz a m (9) nur drei Gleichungen, namlich fur die Koeffizienten a,, c1 und c2 . Bevor wir die Gleichungen explizit anschreiben, sol1 zunachst die Wurzel entwickelt werden, was die Rechnung hier beim quadra- tischen Widerstandsgesetz erschwert. Es wurde hier trotzdem als Beispiel gewahlt, weil es das an1 hiiufigsten angewendete zu sein scheint. Wir konnen dabei folgendermaBen vorgehen :

Ex crgibt sich deinnach fur die Wurzel

In der Annahme, da13 die ersten beiden (;lieder der Entwicklung fur die in1 folgenden angestrebte Nliherung ausreichen, ergibt sich auf Grund von (12 ) aus (9) das Gleichungssystem fiir die U n h e ~ kannten

I

I

Die Auwxhnung der Integrale in (13) erfolgt narh der Forn-el f i i r ganzzahlige p, v, 1 2 :

/I' - p 2 - v? ~ (p + v + H) ungerade

(141 cospntcosvnts innni d t = I -712 7~ [ n " ( p + ~ ) ~ ] [ ~ Z ' - ( C L - V ) ' ]

1

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70 H B U C E R I U S : Srubegrundung der BuMcrcn Ballistik

Hierin sind auch die A, , A , usw. nach (I I ) gleichfalls Yolynome der gesuchten Entwicklungskoef- fizienten mit X und Z als Parametern. Dieses Gleichunpssystem ist nun in deir. Sinne zu liiscn, daB die Unbckannten als Funktionen, d . h . als uncndliche, konvergente Potenzreihcn der nuftretenden Para- meter erscheinen. Diesc Moglichkeit bietet sich (lurch cin Verfahren der successiven Approxirnatioi?, welches etwa als Analogon der Methode tier Kcumannschen Reihe in der linearen Intcgralgleichungs- theorie aufgefaI3t werden darf. Man geht dabei von einer ersten Niiherung aus, die im vorliegenden Problem etwa dem widcrstandslosen Wurf entsprcchen wurde, niimlich

Dic oben eingeklammerten Indizes synibolisiercn den jeweiligen Grad der Nsherung. Diese erstc. angenomrnene Nahcrung liefert zunachst aus ( I I )

cl(l) =4/+ cz") = 0 Q(1 ) = 0

I?"(') = X? + xz2/Trt A1(ll = 0 Ll?(1) = X P / d 4 : * ( 1 ) =o 1 , ( I ) = 0

und damii aus (Is) die zweite Nlihcrung: 8%'

M t dicser zweiten Niihcrung bildcn wir wicdcrum auf (i-rund yon ( I I ) die Xusdruckc A',,(!), Al(2), u s w . Linter Verwendung yon al (21 , -rl(?) und cr(?) , (rb) , und tragen diese wiederum rechts in (15) ein, un? iinlis gewisse ~ ~ ( ~ 1 , c1(3) und c,(~) als drittc Niihcrung zu belioinmen. Das xiigc hier nicht ausfuhrlich hingc- schrieben werden, da es naturlich schon betrachtlichen IJinfang annirr mt. Man kann in? konkreten Falle freilich auch von vornherein die betreffenden Zahlenwerte einsetzen und niit dicsen den Iterations- prozeI3 ausfuhren, solange bis in der gewunschten Dezirnalc Iieine Anderung mehr stattfindei. Mit den so gewonnenen Koeffizienten crgibt sich die jewcilige Xiiherungslosung des iufleren, hllistischen Problems in der Form ( 6 ) , namlich z. €3

.x(3) =t + ~ ~ ( 3 ) sinnf d 3 ) = ( - , ( 3 ) s inv t + ~ ~ ( 3 ) sin m-t

oder, wenn wir uns der pwhhltcn Zeit- und T.tingcncinhcitcn erinnern:

Bevor wir uns an Hand cincs Zahlenbeispicls die Lijsung ansehcn, sei noch etwas ubcr deren Form vorausgeschickt und auf cine wesentliehe Verbesserungsniijglichkeit hingewicscn, die die zwcite Gleichung (17) betrifft. Wir crschen n5mlich aus dcin Gleichungssystcni ( IS ) , daC3 fur c, ein Term 4/+ isoliert steht, welcher, wie nian leicht his ( 5 ) zuruckcerfolgt, von der freicn Wurfbewegung, d. h. dcm Intcpral

jK(t, t') d t '

herruhrt. In (I;) ist indesscn fur ~ ( t ) in dieser Hinsicht nur das erste Fourierglied der eben genieinten quadratischen I;unktion der Zeit vermiigc unseres Ansatzes enthalten in dcm Sinne (vergl. die eingangs gegebene Ii5sung des freien Wurfcs), daR der Parahelbogen durch einen einzigen Sinusbogen als

Niihcrung crsetzt ist. h4nn kann sich zwar iibcrzeugen, daI3 tlieser Sinusbogen (das nhrhstc Glied der

Fourieranalyse ist erst wegen der Syntnetrie der Parabel ein Glied sin ") keine schlechte Approxi-

mation bedeutet; aber wir koniinen doch zu ciner wesentlichen Verbesserung, wenc wir -- und das ist moglich - nlle nicht mit dcm ballististhen Koeffizienten hehafteten Reihengliedcr heriicksichtigen.

0

nt 2".

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71 H. BUCERIUS: Neubegrundung der 3uReren Ballistik

Wir brauchen uns dazu nur das unendliche Gleichungssystem (IS) in dieser Hinsicht fur alle L.,, ver- vollstandigt zu denken, um auch auf diesem Wege die verbesserte Naherungslosung

X T I

T T x= - t + a , X s i n -

zu begrunden, die jetzt fur verschwindenden Luftwiderstand die Parabel liefert. Naturlich hatten wir iluch diesen Ansatz direkt dem Losungsverfahren zugrundelegen konnen, wie uberhaupt noch manche aiidere Behandlungs~r~oglichkeit bestanden hatte, von denen hier nicht die Rede sein soll.

Wenn nun noch zum AbschluB dieses Teiles ein numerisches Beispiel angegeben wird, so darf nicht vergessen werden, daB man mit dem so beschrankten Ansatz keine zu groaen Erwartungen be- zuglich der Genauigkeit verbinden darf. Sol1 doch auch mehr Wert darauf gelegt werden zu zeigen, daB eine solche Darstellung alle typischen Merkmale einer ballistischen Kurve tatsachlich zum Aus- druck bringt, wahrend die Vervollkonimnung der Theorie schlieBlich mehr eine rechentechnischc Leistung verlangt.

Ich entnehme den Tabellen von Otto-Lardillon (Cranz, Lehrbuch I) folgenden Fall

2 ~ X = 0 . 6 0 gTZ=~..j642=1.X6. X

Da wir fiir unsere Auswertung X , T und c uls bekaiint ansehen, wollen wir zur Prufung unserer Losung (18) den Abgangswinkel und den Auftreflwinkel w berechnen und mit den Angaben der Tabelle vergleichen. Wir setzen X = I , damit ist in dem Beispiel c=0.30, Z = g T 3 = 1.86 X= 1.86. Wir erhalten direkt aus der Forrr.eel (16) als zweitc Naherung die Zahlenwerte

=o.042 L.l12) = 0.128 L . z ( 2 ) = 0 .003 .

Diesc Werte dienen als Grundlage zur Berechnung der dritten Naherung aus (IS). Wir haben mit diesen zunachst aus (11)

und damit durch Eintragung rechts in (IS)

d . h. bei dieser Kechnung (Rechenschieber) auf nur drei Dezimalen genau bereits keine Veranderung der vorhergehenden Naherung mehr. Wir haben also fiir dieses Reispiel die Darstellung

1 4 0 ( 2 ) = 1.295 Al(') =0.290 _ i l 2 ( P ) =0.294 As(') =0.026 * 4 & ( 2 ) =0.001

a,(3) =0.042 L 1 ( 3 ) =o.r28 c, (3) - -0.003

X T I x = ~- t + 0.042 X sin--

T T 27i I ') +o.oo .?g~Z sin--

T T denn das (Xed (c, - 44 sinnt/ 'That bei Rechnung mit d r e i Dezimalen einen zu kleinen Koeffizienten. Wegen Z = 1.86 X in unseren zahlenmaBigen Voraussetzungen haben wir also auch

x T I x = - - t + 0.042 X sin ~~

T T

z = 0.930 X ? (I - II.> + o.oog5 x bin-- T t 27i t

und daraus folgt fur die Geschwindigkeiten

dzldt 0.c)'O + 0.035

dx ld t I = 0 1.000 + 0 . 1 ~ 3 2 a rc tq( - -) =arctg - ~ ~- = 4 0 O 2 . 3 '

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72 H. BUCERIUS: N e u l q r u n d u n g der auBeren BallistA

statt = 40' gemaB den Tabellen. Ebenso ist der Auftreffwinkel zu finden fur t = T 0.930 - 0.035 I .ooo - 0. I 3 2

w=arctg -- = 45'5.3'

statt w =46'8', also ungefiihr die gleiche GroBenordnung des Fehlers. In) Falle des Wurfes im luft- leeren Raum wurden die Winkel etwa 33' be- tragen. Ebenso berechnet sich die Anfangsge- schwindigkeit zu 1.4gXITstatt 1 . 5 5 X / T . Diese Genauigkeit ware wohl fur die Praxis nicht ausreichend, es rr.uBten also mehr Fourierterrne entwickelt werden. Hier sollte nur gezeigt werden, daB die Fourieranalyse tatshchlich die

Abb I typischen Eigenschaften einer ballistischen Kurve liefert, die in der beigefiigten zeich-

nerischen Darstellung dieses Speziaifalles ebenfalls zum Ausdruck kommen. Sie ist aus Punkten inter- poliert, die nach je T/IO erreicht werden. Man erkennt das allmahliche Abnehmen der Geschwindigkeit in der x-Richtung, die Asymmetrie USW.

ScbeiM

X =P:-\p

Ballistische Kurve

2 .

In diesein Teil mochte ich noch die Integralgleichungen der Hombenballistik ableiten, und zwar, uni moglichst allgemein zu sein, diejenigen fur die Sturzbomber, d. 11. fur den Abwurf sus einem Flugzeug, welches selbst eine gewisse vertikale Fallgeschwindigkeit v,, haben soll. Der gewohnliche Bombenwurf aus den1 horizontal fliegenden Flupzeug erpibt sich dnnn einfach durch Nullsetzen von ve .

Zugrunde zu legen sind wiederum die Uifferentialgleichungen ( I ) , nur haben wir andere Rand- bedingungen zu wiihlen. Fur die Differentialgleichungen in ;u kann offensichtlich alles unverkndert bleiben, niimlich fiir t = o sei x = o und fur t = T sei x = X, wo X der Horizontalabstand des Zieles vom Flugzeug in1 Moment des Abwurfes bedeutet. Aber fur die z-Koordinate haben wir fur t = o die Hedingung (dzldt), =u,, und fiir t= T d i e Forderung z =o (Auftrcffen der Ronibe a u f dem Grund). Fur die Bewegung in der x-Richtung hleibt inithin die Tntegralgleichung unveriindert gultig ; fiir die z- Richtung transformicren wir die inhovogene Randhedingung fur t = o durch Einfuhrung der Funktion

2-v,, (T- t )

auf die beiderseitig honiogenen Forderungen, dd3 die Ableitung fur t = o und die &ordinate fiir t = T verschwindet. Die dieshezugliche Greensche Funktion tlcs Ci~crentialaLisdruckes lafit 4ch e1en:cntnr herechneii zu

Ihr normiert-orthogonales Eipenfunlitionensysten~ lautet, weiin wir wiedcr T als 7,ciwinheit nelmen c -

y = [ ? ... ] / 2 c o s ( u - $ ) r t I -, mit den Eigenwerten (V -$)"?. Die Hilinearrelation von G,(t, t ') wird demgcniii!3

Dab Inte~ralgleichungssystein fur den Bombenwurf lautet damit T

( 2 2 )

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A. KOPFF : Zur Vereinheitlichung der Bezugssysteme von Sternkatalogen 73

Dieses System kann ahnlich behandelt werden wie dasjenige des ersten Teiles. Man hat fur x den bereits verwendeten Ansatz, fur z aber offenbar rnit unbestimmten Koeffizienten cv

M _ _ z=v,(T-t)+~c,cos(v-~)--. Ti

I T Setzt man v,=o, so bekommt man aus ( z z ) das Integralgleichungssystem fur den Bombenabwurf aus dem horizontal fliegenden Flugzeug. Auch in diesen Fallen kann man sich zunachst durch Weglassung des Luftwiderstandes iiber den Charakter der Losung orientieren, wobei muhelos die bekannten Formeln fur den horizontalen und schiefen Abwurf resultieren. Die Ausfiihrung sei dem Leser uber- lassen.

Zur Vereinheitlichung der Bezugssysteme von Sternkatalogen Von A. KOPFF, Berlin-Dahlem

Eingegangen 1939 November 4

In der nachsten Zukunft werden in der Stellarastronomie zwei Bezugssysteme, das des FK3 und das des GC nebeneinander benutzt werden. Das erste sol1 von 1941 an als Fundamentalsystem fur die Ortsbestimmungen an der Sphare dienen, das zweite wird vielfach die Grundlage fur die Unter- suchung der Sternbewegungen bilden. Allerdings wird es in vielen Fallen erforderlich sein, das eine System auf das andere zu reduzieren. Die beiden Systeme sind sowohl von H. Jenkins (Astron. J. 46.69, 1937; siehe auch GC 1.330-331) als auch fur den gesamten FK3 vom Verf. (Astron. Nachr. 269.160 bis 167, 1939) miteinander verglichen worden.

In den Abh. PreuB. Akad. Math.-naturw. K1. 1939, Nr.18 sind Tafeln gegeben, welche die ReduktionsgroBen des FK3 auf GC, und zwar Aa8, AS$, sowie Aa, , AS, (letztere Werte fur die Dekli- nationsbereiche + 60' bis - zoo, + z o o bis - 60°, +goo bis f 60°, i 60" bis i- 30°, + 30' bis - 30') fur die Epochen 1745 bis 2000, bzw. 1800 bis zoo0 enthalten. Die Anordnung ist dieselbe wie die fur die Beziehungen FK3 - NFK und FK3 - PGC in den Veroff. Astron. Rechen-Inst. Berlin-Dahlem, Nr. 54 gewahlte. Hierdurch wird der Ubergang von einem Bezugssystem auf das andere in vielen Fallen erleichtert.

Im allgemeinen ist es wunschenswert, bei Sternkatalogen, die sich auf andere Systeme als die beiden zuerst genannten beziehen, die Reduktion auf eines dieser Systeme in den Erlauterungen mit anzugeben. Dies gilt insbesondere fur die jetzt noch erscheinenden Kataloge, fur welche der Katalog von Eichelberger zugrunde gelegt ist. Ein Vergleich der Orter und EB des FK3 rnit Eich ist von H. Nowacki (Astron. Nachr. 255.301, 1935) durchgefiihrt worden. Auf die Herleitung ausfuhrlicher Tafeln des FK3 - Eich fur verschiedene Epochen ist verzichtet worden. Der Katalog Eich wurde nur wahrend eines verhaltnismaflig kurzen Zeitraumes und fur so mannigfache Deklinationszonen benutzt, daB man in den einzelnen Fallen die ReduktionsgroBen zweckmaBigerweise aus dem Vergleich von H. Nowacki selbst herleitet.

Als ein Beispiel hierfur sei auf den ))Catalogue of 8101 Stars - 10' to - 14'~ von Fr. Schlesinger und J. Barney (Trans. Astron. Obs. Yale Univ. 11, 1939) eingegangen. Die Anhaltsterne fur den durch photographische Aufnahmen erhaltenen Katalog sind von H. R. Morgan und U. S. Lyons beobachtet (Publ. U. S. Naval Obs. (11) 14, I, 1938; rnit Wash,, bezeichnet). Das System ist als Eich angegeben, eine Reduktion auf ein anderes System ist in den Yale Transactions I I nicht enthalten. Dagegen ist in Wash,, ein direkter Vergleich dieses Katalogs rnit FK3 durchgefuhrt, so daB die Reduktion von Yale - 10' bis - 14' auf FK3 auf doppelte Weise ermittelt werden kann.

Entnimmt man dem Vergleich von H. Nowacki die Werte FK3 - Eich fur 1933.0, dcr ungefahren mittleren Epoche der Beobachtungen, so erhalt man als Mittelwert fur die Deklinationszone - 10' bis - 1 4 ~

Astron. Nachr. Band 270. I 0

FK3-Eich: dad = -0Osoo5 AS$= -0l16,.