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Urologe 2007 · 46:257–263 DOI 10.1007/s00120-007-1300-2 Online publiziert: 10. Februar 2007 © Springer Medizin Verlag 2007 S. Bross 1 · S.T. Kwon 2 · S. Peter 1 · P. Honeck 2 1 Urologische Klinik, Klinikum Darmstadt, Darmstadt 2 Urologische Universitätsklinik, Klinikum Mannheim, Mannheim Neue Verfahren zur operativen Therapie der postoperativen Belastungs- inkontinenz beim Mann Leitthema Etablierte Verfahren zur Behandlung der postoperativen Belastungsinkon- tinenz beim Mann wie beispielswei- se die Faszienzügelplastik oder die Implantation eines alloplastischen Sphinkters stellen aufwendige oder auch kostenintensive Therapieop- tionen dar. Trotz der hohen Erfolgs- raten werden diese Therapieoptio- nen von vielen Patienten nicht ge- wünscht, da bei der Faszienzügelplas- tik im Falle einer Überkorrektur die Notwendigkeit des intermittierenden Einmalkatheterismus notwendig wer- den kann oder beim alloplastischen Sphinkter mit wiederholten Eingrif- fen bei mechanischem Defekt gerech- net werden muss. Der Trend aktueller Behandlungsmetho- den geht in Richtung minimal-invasiver Techniken, die ohne großen operativen Aufwand mit einem entsprechend kurz- zeitigen stationären Aufenthalt durchge- führt werden können. Entscheidend für die Patienten ist nicht die komplette Kon- tinenzsituation in allen Lebenslagen, son- dern die sog. „soziale Kontinenz“. Unter diesem Begriff versteht man, dass die Pati- enten ausreichend kontinent im Rahmen der gewünschten sozialen Aktivitäten sind, um ein individuelles Maximum an Lebensqualität erreichen zu können. Die- se minimal-invasiven Verfahren basieren prinzipiell auf einer konstanten Erhöhung des urethralen Widerstands, der in Ab- hängigkeit vom durchgeführten Verfah- ren auch nachjustiert werden kann. Sicherlich muss kritisch überprüft wer- den, ob die sog. minimal-invasiven Ver- fahren im Hinblick auf die Therapieeffi- zienz und das Komplikationsspektrum wirkliche Vorteile im Vergleich zu den etablierten Verfahren erbringen. Zu- dem konzentriert sich die aktuelle Dis- kussion darauf, ob nach erfolgloser An- wendung der minimal-invasiven Verfah- ren die Durchführbarkeit einer nachfol- genden Faszienzügelplastik oder Sphink- terimplantation erschwert wird oder die Erfolgsraten der etablierten Verfahren re- duziert sind. Die wichtigsten Verfahren, auf die im folgenden Beitrag eingegangen wird, sind die submuköse Injektion von „bulking agents“, die ProAct-Implantation oder die Implantation von suburethralen Schlin- gensystemen. „Bulking agents“ Transurethrale submuköse Injektionsver- fahren wurden bereits 1963 eingesetzt. Bei diesem Verfahren wird eine Substanz im Bereich des Harnröhrensphinkters unter visueller Kontrolle eingespritzt. Bei der Verwendung von Paraffin- wachs, Kollagen, autologen Chondro- zyten oder autologem Fett kommt es zu einer raschen Migration der Substanzen, sodass allenfalls eine kurzzeitige Wirkung zu erwarten ist [8, 14, 16]. Zudem besteht bei der Kollageninjektion das Risiko aller- gischer Reaktionen bis hin zum anaphy- laktischen Schock. Die Injektion von Po- lytetrafluorethylen (Teflon) zeigte in ver- schiedenen Untersuchungen Kontinenz- raten zwischen 17 und 67% [2, 6, 12, 21, 27]. Nachdem die Migration von Polytetraflu- orethylen in tierexperimentellen Untersu- chungen in regionäre Lymphknoten, Milz, Lunge und Gehirn nachgewiesen wurde [18], verschwand diese Substanz weitge- hend aus dem therapeutischen Armen- tarium. Neuere Substanzen, wie beispielswei- se Polydimethylsiloxan (Macroplastique®) oder ein Dextrantromer-Hyaluronsäure- Kopolymer (Deflux®), können sich zuneh- mend im klinischen Alltag etablieren. Die- se Substanzen zeichnen sich aufgrund ih- rer molekularen Struktur durch eine län- gere lokale Persistenz ohne Gefährdung anderer Organsysteme durch Migration aus. Die Behandlung der postoperativen Belastungsharninkontinenz des Mannes kann durch transurethrale Unterspritzung des Sphinkters mit 2,5–7,5 ml Macroplas- tique® pro Eingriff oder mittels 1–3 ml De- flux ® erfolgen. Bei diesen Verfahren sind jedoch häufig Nachinjektionen erforder- lich, um eine kontinente bzw. „sozialkon- tinente“ Situation herzustellen. Der Er- folg scheint vom präoperativen Ausmaß der Harninkontinenz abhängig zu sein. Die Nebenwirkungen beinhalten kurz- zeitige Makrohämaturie, Dysurie, Polla- kisurie, Harnweginfekte, Strahlabschwä- chung mit Restharnbildung bis hin zum kurzfristigen intermittierenden Einmal- katheterismus und die Ausbildung ste- riler Abszesse. 257 Der Urologe 3 · 2007 |

Neue Verfahren zur operativen Therapie der postoperativen Belastungsinkontinenz beim Mann

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Page 1: Neue Verfahren zur operativen Therapie der postoperativen Belastungsinkontinenz beim Mann

Urologe 2007 · 46:257–263

DOI 10.1007/s00120-007-1300-2

Online publiziert: 10. Februar 2007

© Springer Medizin Verlag 2007

S. Bross1 · S.T. Kwon2 · S. Peter1 · P. Honeck2

1 Urologische Klinik, Klinikum Darmstadt, Darmstadt2 Urologische Universitätsklinik, Klinikum Mannheim, Mannheim

Neue Verfahren zur operativen Therapie der postoperativen Belastungs-inkontinenz beim Mann

Leitthema

Etablierte Verfahren zur Behandlung

der postoperativen Belastungsinkon-

tinenz beim Mann wie beispielswei-

se die Faszienzügelplastik oder die

Implantation eines alloplastischen

Sphinkters stellen aufwendige oder

auch kostenintensive Therapieop-

tionen dar. Trotz der hohen Erfolgs-

raten werden diese Therapieoptio-

nen von vielen Patienten nicht ge-

wünscht, da bei der Faszienzügelplas-

tik im Falle einer Überkorrektur die

Notwendigkeit des intermittierenden

Einmalkatheterismus notwendig wer-

den kann oder beim alloplastischen

Sphinkter mit wiederholten Eingrif-

fen bei mechanischem Defekt gerech-

net werden muss.

Der Trend aktueller Behandlungsmetho-

den geht in Richtung minimal-invasiver

Techniken, die ohne großen operativen

Aufwand mit einem entsprechend kurz-

zeitigen stationären Aufenthalt durchge-

führt werden können. Entscheidend für

die Patienten ist nicht die komplette Kon-

tinenzsituation in allen Lebenslagen, son-

dern die sog. „soziale Kontinenz“. Unter

diesem Begriff versteht man, dass die Pati-

enten ausreichend kontinent im Rahmen

der gewünschten sozialen Aktivitäten

sind, um ein individuelles Maximum an

Lebensqualität erreichen zu können. Die-

se minimal-invasiven Verfahren basieren

prinzipiell auf einer konstanten Erhöhung

des urethralen Widerstands, der in Ab-

hängigkeit vom durchgeführten Verfah-

ren auch nachjustiert werden kann.

Sicherlich muss kritisch überprüft wer-

den, ob die sog. minimal-invasiven Ver-

fahren im Hinblick auf die Therapieeffi-

zienz und das Komplikationsspek trum

wirkliche Vorteile im Vergleich zu den

etablierten Verfahren erbringen. Zu-

dem konzentriert sich die aktuelle Dis-

kussion darauf, ob nach erfolgloser An-

wendung der minimal-invasiven Verfah-

ren die Durchführbarkeit einer nachfol-

genden Faszienzügelplastik oder Sphink-

terimplantation erschwert wird oder die

Erfolgsraten der etablierten Verfahren re-

duziert sind.

Die wichtigsten Verfahren, auf die im

folgenden Beitrag eingegangen wird, sind

die submuköse Injektion von „bulking

agents“, die ProAct-Implantation oder die

Implantation von suburethralen Schlin-

gensystemen.

„Bulking agents“

Transurethrale submuköse Injektionsver-

fahren wurden bereits 1963 eingesetzt. Bei

diesem Verfahren wird eine Substanz im

Bereich des Harnröhrensphinkters unter

visueller Kontrolle eingespritzt.

Bei der Verwendung von Paraffin-

wachs, Kollagen, autologen Chondro-

zyten oder autologem Fett kommt es zu

einer raschen Migration der Substanzen,

sodass allenfalls eine kurzzeitige Wirkung

zu erwarten ist [8, 14, 16]. Zudem besteht

bei der Kollageninjektion das Risiko aller-

gischer Reaktionen bis hin zum anaphy-

laktischen Schock. Die Injektion von Po-

lytetrafluorethylen (Teflon) zeigte in ver-

schiedenen Untersuchungen Kontinenz-

raten zwischen 17 und 67% [2, 6, 12, 21, 27].

Nachdem die Migration von Polytetraflu-

orethylen in tierexperimentellen Untersu-

chungen in regionäre Lymphknoten, Milz,

Lunge und Gehirn nachgewiesen wurde

[18], verschwand diese Substanz weitge-

hend aus dem therapeutischen Armen-

tarium.

Neuere Substanzen, wie beispielswei-

se Polydimethylsiloxan (Macroplastique®)

oder ein Dextrantromer-Hyaluronsäure-

Kopolymer (Deflux®), können sich zuneh-

mend im klinischen Alltag etablieren. Die-

se Substanzen zeichnen sich aufgrund ih-

rer molekularen Struktur durch eine län-

gere lokale Persistenz ohne Gefährdung

anderer Organsysteme durch Migration

aus.

Die Behandlung der postoperativen

Belastungsharninkontinenz des Mannes

kann durch transurethrale Unterspritzung

des Sphinkters mit 2,5–7,5 ml Macroplas-

tique® pro Eingriff oder mittels 1–3 ml De-

flux® erfolgen. Bei diesen Verfahren sind

jedoch häufig Nachinjektionen erforder-

lich, um eine kontinente bzw. „sozialkon-

tinente“ Situation herzustellen. Der Er-

folg scheint vom präoperativen Ausmaß

der Harninkontinenz abhängig zu sein.

Die Nebenwirkungen beinhalten kurz-

zeitige Makrohämaturie, Dysurie, Polla-

kisurie, Harnweginfekte, Strahlabschwä-

chung mit Restharnbildung bis hin zum

kurzfristigen intermittierenden Einmal-

katheterismus und die Ausbildung ste-

riler Abszesse.

257Der Urologe 3 · 2007 |

Page 2: Neue Verfahren zur operativen Therapie der postoperativen Belastungsinkontinenz beim Mann

Injektion von Macroplastique®

Untersuchungen von Kylmala et al. [15]

zeigten gute Kontinenzraten nach Injekti-

on von Macroplastique®. In Lokalanästhe-

sie wurden bei 50 Patienten transurethral

2,5–5,0 ml Macroplastique® bei 5 und/oder

7 Uhr im Sphinkterbereich appliziert. Das

Follow-up betrug 3 Monate nach jeder In-

jektion.

Nach Erstbehandlung waren 6 Patien-

ten (12%) kontinent und 28 Patienten

(56%) gebessert. Bei unzureichendem Er-

folg wurden bis zu 4 Injektionen durchge-

führt. Im Mittel wurden 7,1 ml bei einem

Range von 2,5–13,5 ml Macroplastique®

verwendet. Insgesamt waren 60% der Pa-

tienten kontinent, 24% zeigten eine ver-

besserte Kontinenz und bei nur 16% der

Patienten zeigte sich keine Verbesserung.

Bis auf vorübergehende dysurische Be-

schwerden wurden keine Komplikationen

oder Nebenwirkungen beobachtet.

In einer Studie von Imamoglu et al. [11]

mit 45 Patienten wurde die alloplastische

Sphinkterimplantation mit der Macro-

plastique®-Injektion verglichen. Sie teil-

ten die Patienten in eine Gruppe 1 mit

leichtgradiger Inkontinenz (n=21), ent-

sprechend einem maximalen Vorlagen-

verbrauch von 2 Vorlagen/Tag und einem

maximalen Urinverlust von 100 ml/Tag,

und in eine Gruppe 2 mit höhergradi-

ger Inkontinenz (n=24), entsprechend

einem Vorlagenverbrauch von >2 Vor-

lagen/Tag und einem maximalen Urin-

verlust >100 ml/Tag, ein. Ein alloplasti-

scher Sphinkter wurde bei jeweils 11 Pa-

tienten in beiden Gruppen implantiert.

Die Macroplasti que®-Injektion erfolgte

in Gruppe 1 bei 11 Patienten und in Grup-

pe 2 bei 14 Patienten. Bei einem mittleren

Follow-up von 48 Monaten waren in der

Gruppe mit geringer Inkontinenz 80%

nach Macroplastique®-Injektion und 91%

nach Sphinkterimplantation kontinent.

In der Gruppe mit höhergradiger Inkon-

tinenz waren 23% nach Macroplastique®-

Injektion und 73% nach Sphinkterimplan-

tation kontinent. Bei 5 Patienten war eine

Revision des Sphinkters bei Cuff-Erosi-

on, Infektion oder Fehlfunktion erforder-

lich. Nach Makroplastique®-Injektion tra-

ten ein Harnverhalt und zwei Harnweg-

infekte auf.

Zusammenfassung · Abstract

Urologe 2007 · 46:257–263 DOI 10.1007/s00120-007-1300-2

© Springer Medizin Verlag 2007

S. Bross · S.T. Kwon · S. Peter · P. Honeck

Neue Verfahren zur operativen Therapie der postoperativen Belastungsinkontinenz beim Mann

Zusammenfassung

In den letzten Jahren haben minimal-inva-

sive Verfahren zur Behandlung der postope-

rativen Belastungsinkontinenz des Mannes

zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die-

se Verfahren führen zu einer konstanten Er-

höhung des urethralen Widerstands, welcher

in Abhängigkeit vom gewählten Verfahren

nachjustiert werden kann. Der Behandlungs-

erfolg ist bei allen Verfahren abhängig vom

präoperativen Ausmaß der Inkontinenz.

Mit den transurethral im Sphinkterbereich

applizierten „bulking agents“ können Kon-

tinenzraten zwischen 12 und 90% erreicht

werden. Behandlungsbedürftige Komplika-

tionen werden selten beobachtet. Die Aussa-

gekraft der Studien ist häufig durch die kurze

Nachbeobachtungszeit limitiert.

Bei der Implantation von flüssigkeitsge-

füllten Silikonballons im Bereich des Blasen-

halses können Verbesserungsraten um 90%

und Kontinenzraten um 70% erreicht wer-

den. Der Vorteil besteht darin, dass die Bal-

lonfüllung adjustiert werden kann, bis die

Kontinenzsituation optimiert ist. Komplika-

tionen wie beispielsweise Ballonmigration

oder Implantatdefekte können zu Wiederho-

lungseingriffen führen.

Suburethrale Schlingensysteme sind ent-

weder als knochenverankerte Systeme oder

als adjustierbare Implantate verfügbar. Die

Kontinenzraten betragen bis zu 90%. Kompli-

kationen wie Bandinfektion oder Banderosi-

onen sind selten.

Die minimal-invasiven Verfahren stellen

insbesondere bei leichter und mittelschwerer

Inkontinenz mögliche Alternativen zur Fas-

zienzügelplastik und zur alloplastischen

Sphinkterimplantation dar. Zur besseren Be-

urteilung und zur besseren Vergleichbarkeit

mit den konventionellen Operationsverfah-

ren sind weitere Untersuchungen mit länge-

rem Follow-up erforderlich.

Schlüsselwörter

Inkontinenz des Mannes · „Bulking agents“ ·

Paraurethrale Ballons · Suburethrale Schlin-

gen

New techniques for surgical treatment of postoperative male stress incontinence

Abstract

The impact of minimally invasive techniques

for the treatment of postoperative male in-

continence has significantly improved in re-

cent years. These techniques are based on

the continuous increase in urethral resis-

tance. This resistance can be readjusted with

balloons placed paraurethrally or with read-

justable suburethral slings. The success rates

depend on the preoperative degree of incon-

tinence.

With bulking agents that are transure-

thrally injected into the submucosa of the

sphincter, continence rates between 12 and

90% can be seen. Severe complications are

rare. The impact of the studies is often limited

due to a short follow-up.

After implantation of adjustable balloons

that are placed paraurethrally close to the

bladder neck, continence rates up to 70% can

be seen. The overall improvement of inconti-

nence is observed in up to 90% of the treat-

ed patients. Complications such as balloon

migration or mechanical disorders can cause

operative revision.

Suburethral sling systems are available

as bone-anchored slings or as readjustable

slings. Continence can be seen in up to 90%

of the patients postoperatively. Severe com-

plications such as sling erosion or sling infec-

tion are rare.

In cases of mild and moderate inconti-

nence, these minimally invasive techniques

are good alternatives to the fascial sling or al-

loplastic sphincter implantation. To improve

the evaluation and to compare these tech-

niques with the conventional methods, fur-

ther investigations with a longer follow-up

are necessary.

Keywords

Male incontinence · Bulking agents ·

Adjustable continence therapy · Suburethral

male slings

258 | Der Urologe 3 · 2007

Page 3: Neue Verfahren zur operativen Therapie der postoperativen Belastungsinkontinenz beim Mann
Page 4: Neue Verfahren zur operativen Therapie der postoperativen Belastungsinkontinenz beim Mann

Aus dieser Untersuchung lässt sich

schließen, dass bei geringgradiger Inkon-

tinenz die submuköse Injektion ver-

gleichbar mit der Sphinkterimplantation

ist, während hingegen bei höhergradiger

Inkontinenz die Implantation eines allo-

plastischen Sphinkters präferiert werden

sollte.

Injektion von Deflux®

Deflux® wird seit vielen Jahren erfolgreich

beim kindlichen vesikoureterorenalen

Reflux eingesetzt. Diese Substanz zeich-

net sich durch eine gute Verträglichkeit

aus [28]. Zudem ist in experimentellen

Untersuchungen gezeigt worden, dass es

zu keiner Migration in andere Organsys-

teme kommt und innerhalb von 12 Mo-

naten die Volumenreduktion bei ca. 23%

liegt [28, 29]. Die Injektion erfolgt eben-

falls transurethral unter visueller Kontrol-

le an 2–3 Stellen im Sphinkterbereich. Die

Injektionsvolumina liegen in der Regel bei

1 ml Deflux® pro Injektionsort.

Alloussi [1] konnte in einer Untersu-

chung an 72 Patienten zeigen, dass nach

Injektion von 1–4 ml Deflux® nach 4–

8 Wochen 42 der 72 Patienten (58%) kon-

tinent waren, bei 28 Patienten (39%) zeigte

sich eine Reduktion der Inkontinenz um

mindestens einen Kontinenzgrad und bei

2 Patienten (3%) zeigte sich keine Ver-

besserung. Die Untersuchungen erfolgen

mittels standardisiertem Pad-Test. Bei ei-

ner präoperativen Inkontinenz bis 15 g/

Tag (Grad 0, n=5) bestand bei allen Pati-

enten postoperativ eine kontinente Situa-

tion. Die Kontinenzraten betrugen bei ei-

ner präoperativen Inkontinenz von 16–

50 g/Tag (Grad 1, n=19) 72%, bei 51–250 g/

Tag (Grad 2, n=36) 63% und bei >250 g/

Tag (Grad 3, n=12) 80%. Die Nebenwir-

kungen beinhalteten eine Restharnbil-

dung, die für einen Tag die Blasenentlee-

rung über Katheter erforderlich machte,

es fand sich keine Harnweginfektion, kei-

ne Dysurie und keine sterilen Abszesse.

In eigenen Untersuchungen an 13 Pati-

enten, bei denen jeweils 3 ml Deflux® sub-

mukös im Spinkterbereich appliziert wur-

den, erfolgte die Evaluation 1 und 3 Mo-

nate nach Erstinjektion. Bei 6 Patienten

mit einer präoperativen Belastungs-

harninkontinenz Grad III zeigte sich bei

3 Patienten eine Verbesserung auf eine

Grad-I-Inkontinenz und bei 2 Patienten

eine Verbesserung auf eine Grad-II-In-

kontinenz. Bei einem Patienten erfolgte

eine Nachinjektion nach 6 Wochen. Ei-

ne passager auftretende Drangsympto-

matik sistierte nach initialer anticholiner-

ger Therapie spontan. Bei 7 Patienten mit

einer präoperativen Grad-II-Belastungs-

harninkontinenz ergab sich bei 3 Pati-

enten eine Verbesserung auf eine Grad-I-

Inkontinenz, 2 Patienten waren kontinent

und bei weiteren 2 Patienten wurde kein

Veränderung beobachtet. Bei 2 Patienten

erfolgte eine Nachinjektion nach 6 Wo-

chen. Insgesamt bestand somit bei 2 Pati-

enten eine kontinente Situation, bei 8 Pa-

tienten eine Verbesserung um mindestens

einen Kontinenzgrad und bei 3 Patienten

keine Verbesserung.

Die Nebenwirkungen beinhalteten ei-

nen sterilen perinealen Abszess, der in-

zidiert wurde, eine Restharnbildung bis

250 ml nach Reinjektion in den ersten bei-

den postoperativen Tagen mit konsekuti-

vem intermittierendem Einmalkatheteri-

sierung und bei 6 Patienten trat eine vorü-

bergehende Makrohämaturie auf, die kei-

ne weiteren Interventionen erforderte.

Unterspritzung und nachfolgende Implantation eines alloplastischen Sphinkters

In einer eigenen Untersuchung wurde

evaluiert, ob bei Patienten mit Inkonti-

nenz nach radikaler Prostatektomie ei-

ne vorangegangene Unterspritzung mit

einem „bulking agent“ das Ergebnis einer

alloplastischen Sphinkterimplantation

negativ beeinflusst. Insgesamt wurde bei

9 Patienten mit Belastungsharninkonti-

nenz nach radikaler Prostatektomie nach

vorheriger unzureichender Untersprit-

zung ein alloplastischer Sphinkter implan-

tiert. 7 Patienten wurden vor der Implan-

tation mit Deflux® unterspritzt [einmalig

Deflux® 3 ml (n=6) und 2-malig Deflux®

zu jeweils 3 ml (n=1)] und 2 Patienten mit

Macroplastique® (5,0–7,5 ml). Der präope-

rative Vorlagenverbrauch betrug durch-

schnittlich 6,3 Vorlagen/24 h.

Kontinenz wurde als komplette Konti-

nenz definiert. 2 Patienten erhielten einen

bulbären Doppelcuff, bei 7 Patienten wur-

de bulbär ein Cuff implantiert. Die Evalu-

ation der Kontinenzsituation erfolgte am-

bulant nach 3 Monaten (n=9) und nach

12 Monaten (n=3).

Die Implantation gestaltete sich bei

allen Patienten unproblematisch, insbe-

sondere ergaben sich keine Schwierig-

keiten bei der Präparation der bulbären

Harnröhre. Es traten keine schweren pe-

ri- oder postoperativen Komplikationen

auf. Alle Patienten waren postoperativ

komplett kontinent und benötigten kei-

ne Vorlagen.

Diese Untersuchung belegt, dass die

Unterspritzung mit „bulking agents“ bei

Patienten mit Belastungsharninkontinenz

nach radikaler Prostatektomie keinen ne-

gativen Einfluss auf die Durchführbarkeit

einer alloplastischen Sphinkterimplanta-

tion und auf die postoperativen Ergeb-

nisse hat.

Zusammenfassend scheinen die Sub-

stanzen Macroplastique® und Deflux®

deutliche Vorteile gegenüber anderen

„bulking agents“ zu haben. Die Erfolgs-

raten sind abhängig vom präoperativen

Ausmaß der Inkontinenz. Langzeitdaten

nach Defluxinjektion fehlen derzeit noch.

Eine Sphinkterimplantation bei unzurei-

chendem Erfolg scheint ohne Einschrän-

kung der Kontinenzraten möglich zu

sein.

ProAct®-Implantation

Das ProAct®-System besteht aus zwei

kontrastmittelgefüllten Silikonballons,

die über einen perinealen Zugang beid-

seits des Blasenhalses platziert werden.

Diese Ballons werden üblicherweise un-

ter röntgenologischer Kontrolle platziert.

Ein in die Harnröhre eingelegtes Zysto-

skop, über welches die Blase mit Kon-

trastmittel dargestellt wird, ermöglicht

die intraoperative Orientierung über die

Lage von Harnröhre und Blase. Zudem

kann eine Blasenperforation leicht durch

einen Kontrastmittelaustritt aus der Bla-

se erkannt werden. In diesem Fall ist die

Lagekorrektur des Ballons erforderlich.

Die Perforationsstelle verheilt in der Re-

gel spontan nach kurzzeitiger Dauerablei-

tung der Harnblase. Über subkutan plat-

zierte Ports im Skrotum kann das Füllvo-

lumen der Ballons und somit der urethra-

le Widerstand adjustiert werden. Mit Hil-

fe dieser Nachjustierung kann die Adjus-

tierung optimiert werden. Bei unzurei-

260 | Der Urologe 3 · 2007

Leitthema

Page 5: Neue Verfahren zur operativen Therapie der postoperativen Belastungsinkontinenz beim Mann

chendem Erfolg werden die Ballons wei-

ter gefüllt und bei Restharnbildung wie-

der teilweise entleert. Die Nachjustierung

ist in der Regel problemlos ohne Lokalan-

ästhesie möglich.

Die größte Serie an 117 Patienten wur-

de von Hübner u. Schlarp publiziert [10].

Nach einem mittleren Follow-up von

13 Monaten waren 67% der Patienten als

trocken und bei 8% zeigte sich kein Erfolg,

sodass sich bei 92% ein Therapieerfolg

zeigte. Durchschnittlich mussten die Bal-

lons 3-mal (0- bis15-mal) nachjustiert wer-

den. Der durchschnittlichen Lebensqua-

litätswert (I-QoL) verbesserte sich nach

2 Jahren von 34,7 auf 66,3. Der durch-

schnittliche tägliche Vorlagenverbrauch

sank von 6 (0–6/Tag) auf 1 (0–6/Tag).

In dieser Serie war bei 32 Patienten auf-

grund der Komplikationen eine Neuim-

plantation erforderlich. Die Erfolgsrate lag

bei 75%. Der Autor belegt, dass mit zuneh-

mender Erfahrung und auch aufgrund

der Neuentwicklung von Instrumenten,

die die Ballonplatzierung optimieren, ein

deutlicher Rückgang der Komplikations-

raten bei simultanem Anstieg der Erfolgs-

raten besteht. Nach Radiatio wird dieses

Verfahren nicht empfohlen, da intraope-

rativ das Risiko für eine Harnröhren- oder

Blasenverletzung erhöht ist. Zudem zeigt

dieses Verfahren aufgrund der fibrotisch

veränderten Harnröhre nach Radiatio

schlechte funktionelle Ergebnisse.

Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Tri-

go-Rocha et al. [30] in einer Untersu-

chungen an 25 Patienten mit schwerer In-

kontinenz bei einem mittleren Follow-

up von 22 Monaten. 65% waren konti-

nent und 13% gebessert. Bei 22% zeigte

sich keine Verbesserung. Bei 17% der Pa-

tienten war eine operative Revision erfor-

derlich.

Eine Rektumperforation als Spätkom-

plikation nach Prostatektomie und adju-

vanter Radiatio wird erstmalig von Kemp-

kensteffen et al. [13] beschrieben. Hierbei

muss betont werden, dass nach Radia-

tio die ProAct®-Implantation aufgrund

der schlechteren Ergebnisse und der hö-

heren Komplikationsraten nicht empfoh-

len wird.

Zur Vermeidung intraoperativer Kom-

plikationen und zur Optimierung der Bal-

lonplatzierung setzten Gregori et al. [9]

erfolgreich die ultraschallgesteuerte Bal-

lonplatzierung ein, sodass aufgrund der

besseren Darstellung der Nachbarorgane

Vorteile gegenüber der konventionellen

Implantation unter Durchleuchtung be-

stehen könnten.

Zusammenfassend stellt die ProAct®-

Implantation eine vielversprechende Al-

ternative bei postoperativer Belastungsin-

kontinenz des Mannes dar. Operative Re-

visionen stellen eine häufige Komplikati-

on dar, die bei entsprechender Erfahrung

des Operateurs deutlich regredient sind.

Nach Radiatio wird das ProAct®-System

nicht empfohlen.

Suburethrale Schlingen

Bei den suburethralen Schlingensyste-

men ist zwischen nicht adjustierbaren, am

R. descendens des Os pubis verankerten

Schlingen, und adjustierbaren Schlingen-

systemen, bei denen die Rektusfaszie als

Widerlager für ein justierbares Implantat

dient, zu unterscheiden.

Schlingen mit Knochenfixation

Bei der Invance®-Methode wird ein un-

ter der bulbären Harnröhre eingelegtes

silikonbeschichtetes Prolenemesh mit 6

Knochenschrauben am R. inferior ossis

pubis fixiert. Bei der Bandeinlage wird in

der Regel auf eine Erhöhung des urethra-

len Widerstands geachtet, die einem retro-

graden „leak point pressure“ von 60 cm-

H2O entspricht, um Korrektureingriffe

aufgrund einer unzureichenden Korrek-

tur oder einer Obstruktion vermeiden zu

können [31].

In einer Arbeit von Madjar et al. [17]

werden die Erfolgsraten der knochenver-

ankerten Schlinge erstmals in einem Pa-

tientenkollektiv von 16 Patienten unter-

sucht. Bei einem mittleren Follow-up

von 12,2 Monaten konnte bei 14 Patienten

(88%) eine kontinente Situation herge-

stellt werden, wobei 2 der Patienten auf-

grund einer bereits präoperativ bestehen-

den zusätzlichen Drangkomponente er-

wartungsgemäß nur unter anticholiner-

ger Therapie trocken waren. Bei 2 Pati-

enten zeigte sich eine Symptombesserung

um >50%. Therapieversager sind nicht be-

schrieben. Komplikationen wie beispiels-

weise Banderosion, Infektion oder knö-

cherne Komplikationen wurden nicht be-

obachtet.

Weitere Arbeiten zeigen, dass die Er-

folgsraten bei synthetischen Materialien

gegenüber der Verwendung von orga-

nischen Materialien höher sind und in

Abhängigkeit von der Definition des Be-

handlungserfolgs bei >70% liegen.

Eine Untersuchung von Onur et al. [19]

an 46 Patienten konnte zeigen, dass bei

einem mittleren Follow-up die Erfolgs-

raten bei Verwendung des silikonbedeck-

ten Polypropylenemeshs bei 97% und bei

Verwendung eines „composite grafts“ bei

75% lagen, wohingegen bei Verwendung

eines absorbierbaren Biomaterials die

Erfolgsrate bei 0% lag. Insgesamt zeigte

sich bei 19 Patienten (41%) eine kom-

plette Kontinenz, bei 16 (35%) eine Besse-

rung um >50% und kein Erfolg bei 11 Pa-

tienten (24%). Zudem konnten die Auto-

ren belegen, dass das Ausmaß der präope-

rativen Inkontinenz einen negativen Ein-

fluss auf den Therapieerfolg hatte, sodass

diese Therapieform bei leichter bis mit-

telschwerer Inkontinenz angewandt wer-

den sollte.

Zu vergleichbaren Ergebnissen kamen

auch Samli u. Singla [24], die bei absor-

bierbarem Material (Follow-up 19 Mo-

nate) nur bei 8% einen Erfolg sahen im

Vergleich zu 96% bei nicht absorbier-

barem Material (Follow-up 29 Monate).

Bei einem Follow-up von 18 Monaten

zeigten Castle et al. [4] in einer Untersu-

chung an 38 Patienten einen Therapie-

erfolg von 40% (15 der 38 Patienten). Bei

leichter Inkontinenz war die Erfolgsrate

mit 67% am höchsten, gefolgt von 50% bei

mittelschwerer Inkontinenz und ausblei-

bendem Erfolg bei schwerer Inkontinenz.

Insgesamt waren nur 16% komplett kon-

tinent. Postoperative perineale Schmer-

zen waren temporär, bei 3 Patienten trat

eine Bandinfektion und bei 1 Patienten ei-

ne Banderosion auf.

Bei Rajpurkar et al. [22] konnten eine

komplette Trockenheitsrate von 37% und

eine Besserung bei weiteren 37% gezeigt

werden. Größere Komplikationen wie bei-

spielsweise Banderosionen oder Infekti-

onen wurden bei einem mittleren Follow-

up von 24 Monaten nicht beschrieben.

In einer Untersuchung von Comi-

ter [5] mit einem mittleren Follow-up

von 48 Monaten zeigte sich nach Schlin-

261Der Urologe 3 · 2007 |

Page 6: Neue Verfahren zur operativen Therapie der postoperativen Belastungsinkontinenz beim Mann

geneinlage (silikonbeschichtetes Prolene-

mesh) eine Kontinenzrate von 65%, bei

21% eine Besserung und keinen Erfolg

bei 15%. Comiter belegt zudem, dass nach

Schlingenimplantation die Implantati-

on eines alloplastischen Sphinkters ohne

Einschränkung möglich ist.

Eine weitere Untersuchung von On-

ur u. Singla [20] vergleicht die Implan-

tation einer knochenverankerten Schlin-

ge (n=37) mit der transurethralen Kolla-

geninjektion (n=34). Nach Kollageninjek-

tion waren 30% der Patienten kontinent

oder gebessert mit einer Reduktion des

Vorlagenverbrauchs von 4,5 auf 2,2 Vorla-

gen/Tag, während hingegen sich bei 70%

keine Verbesserung fand. Nach Implanta-

tion einer knochenverankerten Schlinge

waren 76% der Patienten gebessert oder

kontinent mit einer Reduktion des Vor-

lagenverbrauchs von 3,7 auf 1,6 Vorlagen/

Tag. Er zeigte zudem, dass die Implantati-

on bei leichter bis mittelschwerer Inkonti-

nenz die besten Erfolgsraten aufweist.

Adjustierbare Schlingensysteme

Das Reemex®-System verwendet eine Pro-

lenemeshschlinge, die durch nicht resor-

bierbare Fäden mit einem sog. Varitensor

verbunden ist, der über der Rektusfaszie

platziert wird. Mit Hilfe eines Schraub-

mechanismus besteht die Möglichkeit,

unmittelbar postoperativ oder auch bei

Erfolgsverlust die Schlingenspannung zu

adjustieren.

In einer kleineren Patientengruppe mit

6 Patienten konnten Sousa-Escandon et

al. [26] bei 83% eine komplette Kontinenz

herbeiführen und bei einem Patienten ei-

ne deutliche Besserung. Bei einem mittle-

ren Follow-up von 18 Monaten zeigte sich

kein Therapieversager, definiert als Patien-

ten, bei denen die Beschwerden um <50%

gebessert waren oder eine Restharnbil-

dung von >100 ml auftrat. Komplikatio-

nen wie Erosionen oder Infektionen sind

nicht beschrieben.

Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch

Campos-Fernandes et al. [3] in einer Un-

tersuchung an 18 Patienten bei einem

mittleren Follow-up von 26 Monaten.

Bei 56% wurde eine gute Kontinenzsitu-

ation beschrieben, bei 11% war die inter-

mittierende Einmalkatheterisierung not-

wendig und 33% waren Therapieversager.

Eine Nachjustierung war bei 44% der Pa-

tienten nach durchschnittlich 5 Monaten

erforderlich. Das Komplikationspektrum

umfasste zwei Blasenverletzungen (11%),

sechs Implantatinfektionen (33%) und bei

zwei dieser Patienten war eine Explantati-

on notwendig.

Das Argus®-System besteht aus einem

Silikonpolster, das über Silikonbänder

nach ventral gezogen und über der Rek-

tusfaszie mit Kunststoffplatten fixiert

wird. Eine Adjustierung kann in Lokalan-

ästhesie durchgeführt werden. Schlarp u.

Hübner [25] konnten an 7 Patienten eine

Kontinenzrate von 80% zeigen. Bei 3 Pati-

enten war eine Nachjustierung erforder-

lich, die in allen Fällen erfolgreich war.

Komplikationen oder Therapieversager

sind nicht beschrieben.

In einer Phase-III-Studie mit dem Ar-

gus®-System an 48 Patienten und einem

mittleren Follow-up von 7,5 Monaten be-

richteten Romano et al. [23] über Konti-

nenzraten von 73% und einer Verbesse-

rung bei weiteren 10% der Patienten. In-

traoperativ kam es bei 6% zu einer Harn-

röhrenperforation, die die Neuplatzierung

der Applikationsnadel erforderten. Bei 6%

fand sich postoperativ eine Banderosion

und bei 4% eine Bandinfektion, die zur

Explantation führte. Bei 15% entwickelte

sich ein akuter Harnverhalt, jedoch war

nur bei einem Patienten die Lösung der

Schlinge erforderlich.

Zusammenfassend bestehen nach Ein-

lage der knochenverankerten Schlingen

bei leichter bis mittelschwerer Inkonti-

nenz zufriedenstellende Erfolgsraten bei

vertretbarer Häufigkeit von Erosionen

oder Infektionen. Die Verwendung von

resorbierbaren Materialien hat sich nicht

bewährt [7, 19]. Die Vielzahl der Studien

mit einer mittleren Beobachtungszeit von

bis zu 48 Monaten ermöglicht einen aus-

sagekräftigen Überblick über diese Tech-

nik, auch wenn die Definitionen für Kon-

tinenz und Beschwerdebesserung in den

Studien differieren. Adjustierbare Schlin-

gensysteme vermindern das Risiko für

Therapieversager im Sinne einer Unter-

korrektur und für eine Überkorrektur mit

konsekutiver Restharnbildung.

Fazit für die Praxis

Betrachtet man alle vorgestellten The-

rapieformen, so wird klar, dass diese mi-

nimal-invasiven Verfahren insbesonde-

re bei leichter und mittelschwerer In-

kontinenz mögliche Alternativen zur

Faszienzügelplastik und zur alloplasti-

schen Sphinkterimplantation darstellen,

auch wenn die Daten meist nur für ei-

nen kurzen Beobachtungszeitraum zur

Verfügung stehen. Vor einem operativen

Eingriff sollten daher die verschiedenen

Therapieoptionen für jeden Patienten in-

dividuell evaluiert werden.

Korrespondierender AutorPD Dr. S. BrossUrologische Klinik, Klinikum Darmstadt64283 [email protected]

Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkon-

flikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass kei-

ne Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in

dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Kon-

kurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation

des Themas ist unabhängig und die Darstellung der In-

halte produktneutral.

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M. Letter, K. Letter

Die Praxis-ManagerEin Businessroman über Praxismanagement in turbulenten ZeitenStuttgart: Thieme 2006, 184 S., 2 Abb.,

(ISBN 3-13-142661-6), broschiert, 19.00 EUR

Im Rahmen des sogenannten problemorien-

tierten Lernens gibt es in der Praxis bislang

wenig fachlich aktuelle Bücher, die eine gu-

ten Überblick bieten.

Da im Gesundheitswesen viele neue

Wege eingeschlagen werden, - u.a. wird ein

praxisinternes Qualitätsmanagement gesetz-

lich eingeführt, - müssen in Praxis und Klinik

neue Konzepte entwickelt werden. Ein mo-

dernes Praxismanagement soll zur Erhöhung

der Patientenzufriedenheit, Verbesserung der

Terminverwaltung und der Prozessabläufe

sowie zur Sicherung der Qualität führen.

Für Ärzte in Klinik und Praxis waren bisher

Begriffe wie Managementstrategien, Patien-

tenkommunikation, Praxismanagement und

Prozessoptimierung eher Fremdwörter.

In dem vorliegenden „Business-Roman“

für ein besseres Praxismanagement kann

man über eine gut lesbare Lektüre in Di-

alogen und Diskussionen praxiserprobte

Rezepte zur allgemeinen Kommunikation,

zur Mitarbeiterkommunikation, Strategieent-

wicklung und zum Zeitmanagement lernen

bzw. sich selbst eine Meinung bilden.

In etwa 40 Checklisten mit Arbeitsblätter

werden Angaben gemacht zur Vermeidung

von Wartezeiten, um die Zeit in den Griff zu

bekommen, um patientenorientierte For-

mulierungen einzuüben, IGEL-Leistungen

anzubieten, Gesprächstechniken und Kon-

fliktmanagement zu lernen.

Die erzählten Geschichten entstammen

keineswegs nur einer regen Phantasie, son-

dern beruhen auf echten Beratungsfällen aus

einem Unternehmen des Medical-Manage-

ment.

Das Buch wendet sich an praktizie-

renden Ärzte, Leitungskräfte in Praxen und

Kliniken sowie ihre Mitarbeiter. Es ist als Infor-

mationsgrundlage für die urologische Praxis,

aber auch in der Klinik, gut geeignet und zu

empfehlen.

J. Sökeland (Dortmund)

Buchbesprechungen

263Der Urologe 3 · 2007 |