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F. t:~EISCHAUER:Novocain-Therapie in der Chirurgie 391 Wir haben Herrn Prof. WEmSC~ED~,Lwie friiher gebeten, als Wahlleiter t~tig zu sein. Er war ~uch bereit, das Amt zu/ibernehmen. Ich hoffe, Sie sind damit einverstanden. Solange die Wahlhandlung l~uft, wo]len wir in die Wissenscha/tliche Sitzung eintreten und die Gener~lversammlung unterbrechen. (Unterbrechung der Generalversammlung) Priisident: Wir haben heute zun/~chst zwei Freie Vortrigge. Ich bitte als ersten Vortrag, lkTr. 74, tterrn l~mc~AuER-Essen: Novocaintherapie in der Chirurgie. 74. Novocain-Therapie in der Chirurgie Mit Beitrag zur Verbesserung der Stellatumblockade Von F. REISCHAUER-Essen Mit 5 Text~bbildungen in 10 Einzeldarstellungen Ich bitte die Jfingeren um Verst~ndnis, wenn ich noch Novoeain sage und nieht Procain, weil es wirklich dasselbe ist, und aus Achtuug vor dem, der hier in Mfinchen vor 56 Jahren das kSnigliche und aus der Entwieklung der Chirurgie nieht wegzudenkende tteilmittel der Welt geschenkt hat: ALFRED EI57ttORN. Ieh spreehe vom reinen Novocain, denn die Therapie fordert Ver- zicht auf den Suprareninzusatz, wei] er Gi~t im Kampf um die LSsehung neuraler Fehlsteuerung wi~re. Aueh der Spinalnerv ist in seinen Funk- tionen und Leiden Untergebener und Erfolgsorgan des Sympathieus. Die dureh den Verzicht bestimmte versti~rkt% aber unerwfinsehte All- gemeinwirkung spielt keine Rolle, weft bei pathogenetisch gezielter Leitungsbloekade yon Sehliisselstellen des Nervennetzes mit kleinen Dosen Novocain souver/ine Effekte yon Dauer erzielbar und in der Serienbloekade hoch aufstockbar sind, die sich nicht nur auf das Leit- symptom, sondern auf das ganze Feuerwerk und den Circulus vitiosus oft welt ausufernder reflektorischer Erseheinungen auswirken, welche ihrerseits aus dem Symptom ein Syndi~om werden lassen. Soleher Einsatz des Novoeains ist nieht mehr symptomatisehe, sondern kausale Therapie, beruht nicht etwa auf anatomiseher Ver- s der Nervensubstanz, sondern auf funktioneller Durchbreehung eines entgleisten Circulus am kritischen Punkt, auf der Korrektur des Machtgewichts rivalisierender Potenzen, der Zurfickweisung des Auto- nomen in die Richtung harmonischeren Gleichgewichts. Die Unterdrfickung eines Serum- oder Arzneiexanthems mit seinem Pruritus durch Suprarenin ist kurzes symptomatisehes Feuerwerk, die

Novocain-Therapie in der Chirurgie Mit Beitrag zur Verbesserung der Stellatumblockade

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Page 1: Novocain-Therapie in der Chirurgie Mit Beitrag zur Verbesserung der Stellatumblockade

F. t:~EISCHAUER: Novocain-Therapie in der Chirurgie 391

Wir haben Herrn Prof. WEmSC~ED~,L wie friiher gebeten, als Wahlleiter t~tig zu sein. Er war ~uch bereit, das Amt zu/ibernehmen. Ich hoffe, Sie sind damit einverstanden.

Solange die Wahlhandlung l~uft, wo]len wir in die

Wissenscha/tliche Sitzung eintreten und die Gener~lversammlung unterbrechen.

(Unterbrechung der Generalversammlung)

Priisident: Wir haben heute zun/~chst zwei Freie Vortrigge. Ich bitte als ersten Vortrag, lkTr. 74, t terrn l~mc~AuER-Essen: Novocaintherapie

in der Chirurgie.

74. N o v o c a i n - T h e r a p i e in de r Ch i ru rg i e

Mit Beitrag zur Verbesserung der Stellatumblockade

Von

F. REISCHAUER-Essen

Mit 5 Text~bbildungen in 10 Einzeldarstellungen

Ich bitte die Jfingeren um Verst~ndnis, wenn ich noch Novoeain sage und nieht Procain, weil es wirklich dasselbe ist, und aus Achtuug vor dem, der hier in Mfinchen vor 56 Jahren das kSnigliche und aus der Entwieklung der Chirurgie nieht wegzudenkende tteilmittel der Welt geschenkt hat: ALFRED EI57ttORN.

Ieh spreehe vom reinen Novocain, denn die Therapie fordert Ver- zicht auf den Suprareninzusatz, wei] er Gi~t im Kampf um die LSsehung neuraler Fehlsteuerung wi~re. Aueh der Spinalnerv ist in seinen Funk- tionen und Leiden Untergebener und Erfolgsorgan des Sympathieus. Die dureh den Verzicht best immte versti~rkt% aber unerwfinsehte All- gemeinwirkung spielt keine Rolle, weft bei pathogenetisch gezielter Leitungsbloekade yon Sehliisselstellen des Nervennetzes mit kleinen Dosen Novocain souver/ine Effekte yon Dauer erzielbar und in der Serienbloekade hoch aufstockbar sind, die sich nicht nur auf das Leit- symptom, sondern auf das ganze Feuerwerk und den Circulus vitiosus oft welt ausufernder reflektorischer Erseheinungen auswirken, welche ihrerseits aus dem Symptom ein Syndi~om werden lassen.

Soleher Einsatz des Novoeains ist nieht mehr symptomatisehe, sondern kausale Therapie, beruht nicht etwa auf anatomiseher Ver- s der Nervensubstanz, sondern auf funktioneller Durchbreehung eines entgleisten Circulus am kritischen Punkt, auf der Korrektur des Machtgewichts rivalisierender Potenzen, der Zurfickweisung des Auto- nomen in die Richtung harmonischeren Gleichgewichts.

Die Unterdrfickung eines Serum- oder Arzneiexanthems mit seinem Pruritus durch Suprarenin ist kurzes symptomatisehes Feuerwerk, die

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L6schung durch intravenSses NovocMn wirkt nachhaltig und kausaler, weft es die Endothelschranken am Ort hyperergischer Reaktionen lang- fristig schlieBt. Diese auch etwa in der Desensibilisierung der Gelenk- synovialis bewghrte Wirknng intraartiknlgr gegebenen Novocains ist,

neben seiner Fghigkeit zur 5rtlichen Aufhebung der Nervenleitfghigkeit und seiner ehinidinghn- lichen Wirkung auf die Reiz]eitung des Herzens, die gerade fiir die Thera- pie bedeutungsvollste.

Klassisches Modell hierffir ist die spinale Neuralgie: Druek auf jede andere SpinMner- venstrecke bewirkt Lei- tungsausf~lle aber keine kTeuralgie. Nur an der pragangliongren Wurzel- strecke liefert Druck eine eharakteristisehe hyperergisehe Antwort auf mechanisehe Irrita- tion, und zwar am me- ningealen, also mesen- ehymalen l%eaktionsge- webe der nur bier vor- handenen Durascheide. Das ist eine Wirkung,

Abb. 1. Hype re rg i s che R e a k t i o n des Mesenchyms tier die sich besonders bei p r g g a n g l i o n g r e n ~r a m Or t m e c h a n i s c h e r ] ) r l l o k eines Discus-Pro-

I r r i t a t i o n lapses mit der Konstanz

der Irritation immer mehr hinaufsensibilisiert, eigentliche Ursache der Neuralgie ist und sehmerzreflektoriseh das Vegetativum in weitem Umkreis in Aufruhr bringt, bis zur tetanisehen Verspannung der Muskulatur eines groBen Wirbe]sgulenbereiehs, die ihrerseits die Rfick- lagerung des Prolapses verriegelt.

Die operative Revision im HShepunkt einer besonders massiven Prolapskompression der Wurzel S 1 (Abb. ]) lg[~t die Sehwellung der Wurzelseheide durch angioneurotisches 0dem erkennen mit der Pro- duktion eines zarten feuchten roten Pannus, welcher Wurzel und Prolaps umspinnt. Diese hyperergische l~eaktion und mit ihr den neurMgischen

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Schmerz k6nnen wir in der Serienbloekade 6rtlich geziel~ 16schen, ohne zuni~chst den Prolaps zu i~ndern, und zwar dann am schnellsten, wenn w~r das Novoeain nicht dorthin bringen, we es irgendwo im perL pheren Projektions-Sehmerzfeld web ~ut, oder in die verspannte Mus- kulatur, sondern eben hierhin, von we wir das ganze entstandene Syn- drom an seiner Quelle mit der Sehliei3ung der Endothelschranken des reaktiven Vorgangs en bloc beeinflussen. Die Myelogrammserie eines englischen Autors (FALCO~Ea) vor Beginn, 2 Woehen und 2 Monate naeh der Behandlung einer Ischias erlaubt die Abschwellung des Ko~- trastmitteldefektes, der krankseitig vom Duralsack abzweigenden Wurzel yon einem machtig vermehrten Kaliber zur Norm abzulesen. Obwohl die Neuralgie beseitigt war, besteht aber auch im Myelogramm nach 2 Monaten die sanduhrf6rmige Einengung des Duralsackes durch den ursachliehen Prolaps unverandert welter. Die durch 6rtliche Novocain- blockade erreiehbare Abschaltnng des hyperergischen Vorgangs am Ort der Wurzelirritation bewirkt also, dab sich derselbe Nerv fiber den- selben J(rger nicht mehr argert, um es einfach auszudrficken [s. dazn Abb. 2, Z. Rheumaforsch. 11, 150 (1952)]. Die SchlieSung der Endothel- schranke stoppt aueh die Liquor-Eiweil~ausschfi%ung, welche die Mehr- zahl prolapsbedingter Wurzelkompressionen begleitet.

Bei Neuralgic dutch Wirbelverletzung ist das nich~ anders: zwei autoritative Chirurgen hatten zur Spanoperation geraten, weft die traumatische I~Ialswirbelluxation C 6/C 7 eines 40jahrigen zwischen der 2. und 10. Woehe unter Entwieklung einer groben C 7-Neuralgie rechts yon 30 auf 50% Wirbeldurchmesser zugenommen hatte. Da schon Kalkwolke statischer ges taura t ion unter dem Vorsehub C 6 12 Wochen nach der Verletzung bestand, Serge der Dislokationsvergr6i~erung also aussehied, machte ich nur in eint~giger Begegnung in 8 Std Abstand zwei C 7-Wurzel- und Stellatumbloekaden mit Novoeain. Veto Abend dieses Tages ffir bisher 6 Jahre volle Beseitigung der Neuralgie, obwohl (Vorweisung) eine maximale Zwisehenwirbelloch-Stenosierung welter- besteht, aber sei~ Schliel~ung der Endothelschleusen des radikularen Mesenchyms durch einmaligen Novoeainstoi] argert sich der Nerv auch hier fiber denselben ~rger nieht mehr. - - Das ist nicht seltener Glficks- fall, sondern ffir den Niehtmeehaniker Alltagserfahrung in vielen Be- reichen der Chirurgie und hat an der eigenen Klinik - - trotz deren brennglasartigen Anziehungskraft auf Trager yon Wirbelsaulenkrank- hei~ - - seit 10 Jahren fast Mles an operativen Versteifungsmai]nahmen der Wirbelreihe erfibrigL was auf diesem Kongre8 einen Vormittag lang die Geister bewegt hat [s. Med. Klin. 54, H. 13, 590 (1959)].

Wir treiben Novocainbehandlung auf allen Gebieten der Chirurgie. Nichts ist abet - - wegen der gro~en Zahlen - - anschaulicheres Modell des Grnnds~tzlichen als diese graphische Registrierung des Zulaufs einer

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speziell interessierten chirurgischen Kl in ik an anderw~rts lange ver- geblich behandel ten, also vorgesiebt problematischen Discussyndromen yon weither (Abb. 2). Die schraffierten S~ulen entsprechen im Fl~chen- m~l~ der Zahl tier konserva t iv behandel ten, die schwarzen im gleichen Mal~stab der operierten solchen F~lle. Das g~nze is~ ein Ze i tdokument :

Das beginnt mit nur 30 Zug~ngen 1947 und w~chst bis 841 Zug~nge im Jahr 1958. Das gewaltige Crescendo eriibrigt Effo]gsstatistiken. Bis zur 1. Ful~note rapider Anstieg der Zug~nge, aber aueh der Operationsanzeigen bis 39 % der F~lle. Dann - - 1951 - - hatten wir die segmentgezielte Novoeainteehnik ffir lumb~le

19117 194~8 19119 1950 195111952

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195Y 1958

Abb. 2. Zulauf ,,refrakt~rer" Discussyndrome 1947--1958. ~ ] 5400 F&llo u n 4 A b n a h m e tier Oper~tionsanzeigen. 1 yon 39 auf 4 % als Erfolg diagnostisch gezielter Novocain-

technik

Komplexe entwickelt [publ. Dtsch. reed. Wschr. 78, Nr 10, 1375 (1953)]. - - Nicht wegen operativer Riicksehlgge (der enorme Anstieg der Operationszahl in den ersten 5 Jahren bezeugt das Gegenteil) stiirzt dann die Operationsr~te ~ro~z unvergnderter Indik~tion und weiteren Zul~ufanstiegs unvermittelt steil ~uf die Hglfte ab bis zur mittleren Fuftnote 1953. Jetzt hatten wir in einer neuen Stella~um- technik auch fiir die bisherige Crux der Cervicalsyndrome [publ. Dtsch. reed. J. 7, It. 9/10, 318 (1956)] jenes hervorragende Werkzeug entwickelt, das den Zu- lauf noeh steiler vergr61~erte, die Operationszahl aber noch weiter senkte. - - Aber erst als wir (an der 3. Ful~note) 1955 aus der Novocaineffahrung die ,,post- ischialgische Durchblutungsst6rung bei oder (vor allem) nach L5-Kompression [publ. Med. Klin. 53, H. 14, 579 (1958)] praktiseh als die Ursache aller auch dann noch refrakti~r bleibenden Kreuz-Beinschmerz-Komplexe und damit die Serie lumbaler Grenzstrangblockaden genfigender Zahl als Behandlung der Wahl fiir diese Problemfi~lle aufgedeckt hatten, wurden wir weir iiberSrtlich yon Einwei- sungen fiberschwemmt, war die Operationsrate auf dig heutige Zahl yon 4% reduziert.

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Gerade die letzten ch~ei Jahressi~ulen 1956--]958 sind Zeugen des Triumphes gezielter NovocMntherapie auf dem Boden ~di~quuter Di~- gnostik an eJnem ausgelesen problematischen Krankengut auch deshMb, well zur Meisterung dieses Zulaufs nicht etw~ mehr Betten der Klinik ben6tigt wurden. Denn die Durchschnittsbehandlungszeit dieses Zu- lunfs war durch eine individu~lisierende Kunst der NovocMn~nwendung neben mitreigender psychologischer Krankenfiihrung in die Aktivit~t auf den woh] konkurrenz]osen Betrag yon 10,4 Tagen reduziert! - - Was aber wird allenthalben mit Eulen nach Athen tragender Allgemein- behandlung, 6rtlichen Medikamentinjektionen in periphere Projektions- Schmerzfelder, woehen- und monatelangen Liegekuren und ungezielten Heilverfatn'en mit Musik und ,,auf Wiedersehn im n~ichsten Jahr" , EinsehluB in Ritterrfistungen, an Kosten, Feierzeit und damit Millionen an Sozialprodnkt vertan oder dadurch, dab auch akademisehe Kliniken yon der post-ischialgischen Durchblutungsst6rung als klassischer Ur- sache des Therapieversagens keine Notiz nehmen.

Allein in den 8 Jahren seit Einffihrung unserer gefahrmeidenden Stellatumtechnik 1953 wnrden an meiner Klinik 77000 paravertebrale Leitungsblockaden ausgeftihrt, davon fiber 40 000 lumb. Wurzelblockaden, fast 13000 lumb. Grenzstrangblockaden, fast 20000 Stellatumblok- kaden, fast 5000 thorakale und saerMe Leitungsanaesthesien. Peri- durManaesthesien bleiben auBer Betraehtung, weil sie P~ntoeMn start NovoeMn benutzen.

Benutzt wurden 30 em 3 1%iges Novoeain in Periston (nut thorakal und cervical 20 em a) je Blockade an aufeinanderfolgenden Tagen. DaB (zum Ausgleich des Suprareninverziehts) das Periston hinsiehtlieh 6rt- lieher Wirkungsverst~rkung aber Drosselung yon Allgemeinwirkung hielt, was wir uns verspraehen, ist gesiehert. Die Bezeiehnung Depot- Impletol versprieht zu viel, denn visc6se L6sung bleibt bei Novoeain wie Impletol hinter der mehrtfigigen Anaesthesie eines eehten Depot- mittels weir zur/iek. Impletol hat dabei gegenfiber reinem Novoeain den Naehteil, dab sein Coffeinanteil die Resorptionsverz6gerung des Peristons mehr Ms anfhebt. Augerdem werden die Ms zu 12 em tier liegenden Ziele zentraler Leitungsbet/iubung yon 20--30 em 3 1%igem Novoeain sieherer besehattet, als von 4--6 em 3 des 4%igen Novoeains des Impletols.

Sind beide Mittel gleieh wenig gefghrlieh, so mug f/it breite An- wendung um so dringender vor allem gewarnt werden, was bisher an langwirkenden Depot-NovoeMnen mit 01en, dem gewebsdenaturierenden Phenylalkohol oder beiden als Vehikel empfohlen ist, wenn es um para- vertebrale Anwendung geht. Die Zahl der Dauerseh/~den bis zu Quer- sehnitts-Syndromen, die dem Novoeain ohne solehen Znsatz fremd sind, ist gr6Ber, als es das Sehrifttum sehon zeigt, weshMb das Itoeehster

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Elternhaus des Novocains f fir Entwicklungen dieser Richtung nicht zu haben war. Wenn die Nadelspitze bis in Rfickenmarks-Substanz geritt, zersprengt natfirlich aueh Injektion w~l~rigen reinen Novocains ver- letzend dessen Substanz.

An die t~ea]its dcr VerIegenheitsdeutung undurchsiehtig bleibender sehwerer Zwischenfiille der Novocaintherapie mit Allergic verm6gen die schwer zu glauben, die wie wir bei den genannten 77 000 paraverte- bralen Blockaden in 8 Jahren 2 m 3 l%-Novocain also fast 1 Liter wochent~glich bei welt fiber 5000 Kranken injiziert haben. Nur eine Hautallergie gegen Novocain gibt es sicher, eine solche gegen inter- stitiell injiziertes mfigte aber ein Museumsstfiek sein, weft wit eine klare solche l~eaktion selbst dann nicht erlebten, wenn die Behandelten z. B. Zahn- oder Hals-Nasen-Ohren-~rzte waren, die eindeutig an Haut- allergie gegen Novocain litten. Patientenangaben fiber wiederholten Kollaps bei dentaler Anaesthesie in der Anamnese sind ffir uns keine Gegenanzeige, weil bier das Suprarenin schuld sein muB, denn nach einer Testbloekade waren aueh hier die vollen Dosen unserer Serien- blockade in jedem Fall st6rungsfrei anwendbar.

Nachdem wir schon zu An!ang aus einer Inoculations-0steomye]itis ohne Spgtfolge bei der Stellatumbloekade einer Frau mit gleiehseitigem SehweiBdrfisenabseel3 der Achsel gelernt hatten, haben wit bei den angesproehenen 77000 Bloekaden keine iatrogene Infektion mehr ge- sehen. Ein einmal angebroehener 250 em a Sterilkolben Braun-Melsungen erlebt bei unserem Verbrauch nie den ngchsten Tag, die Bloekaden dfirfen nut in best immten I~gumen des Operationstraktes, hie auf Krankenstat ionen gemaeht werden.

Nun die vitalen und ernsten Gefahren : Rechne ich zu den Blockaden der Klinik jene der gleiehen Zeitspanne hinzu, die 31 Gast/s der Klinik naeh je einem 3-Tage-Kurs der Methoden und ihrer lokalisatorisch- diagnostischen Grundlagen als Allgemein/irzte, Internisten, Neurologen, Orthop/iden, Chirurgen, Kurort/s fast ausschlieglich ambulant in ihren eigenen Praxen naeh unserer Technik ausgeffihrt haben (fast 20000 Lumbalwurzelblockaden, fiber 10000 Stellatumbloekaden), so ergeben sich fiber 100000 paravertebrale Sympathicus- und Spinal- segment-Blockaden, darunter 30450 Stellatumblockaden unserer seit 1953 gefibten dorsalen Teehnik, ohne dab es dabei zu einem Todesfall oder Dauerschaden gekommen w/~re.

Daraus folgt, dab die yon VOLK~A~S 1952 in einer h6ehst verdienst- vollen breiten Umfrage ermittelten Mindestzahlen der Todesf/~lle von 1:350 bei der Halsgrenzstrang-Bloekade, 1:1000 bei der Stellatum- blockade und 1 : 3500 bei der lumb. Grenzstrangbloekade beruhigender- weise zum grSgten Teil eben doch nicht auf unabwendbaren geheimnis- vollen l~eflexvorgs des Vegetativnms oder Allergic beruhen, sondern

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auf verbesserungsf~higen Ms der bisherigen Anwendungsweise. Es war und ist dabei meine Uberzeugung, dab die Ursaehe bei den an der Spitze aller letalen Zwisehenf~lle marschierenden zwei cerviealen Ver- fahren - - trotz aller im Einzelfall angeffihrten beschwSrenden Gegen- grfinde der Anwender - - in der tCege] eben doeh das Unglfiek einer un- bemerkten und bei dem schne]len Abbau des Mitte]s nachher schwer erweisbaren endoduralen Injektion in zu groBer Nghe des Atemzentrums w a r .

Weil ieh in diesem Ungliick praktiseh die allein vitale Gefahr aller cervicalen Bloekaden sah, habe ieh - - um diese absolut auszuschalten - - unsere dorsale Stellatumbloekade entwickel~. Das vorgetragene Ergeb- his darf doch wohl nicht nur als Zeugnis ffir die Richtigkeit meiner Ursachendeutung der meisten letalen Ausg/~nge angesehen werden, son- dern erweckt auch die t{offnung, dab es nach der erforderliehen Prfifung dureh andere Anwender der Methode einem Behandlungsmittel yon praktisch sehr hohem Erfolgswert den Weg wieder frei maeht, einer Arznei, deren Charakterbild durch (nieht auf ihr beruhende) Gefahren zwischen Liebe und Furcht ins Sehwanken gekommen war.

Den Pharmakologen wgre zu sagen, dab es keine Maximaldosis ffir Novoeain geben kann. Denn die gleiehe Dosis 0,1 g, die endolumbal die ganze untere KSrperhs ffir Stunden vSllig ls und dazu noch trotz Suprarenin den Blutdruck erseh/ittert, wirkt intraven6s gegeben nut als harmloses Sedativum, und wenn Sie diese 0,1 (10 cm 3 1%ige NovocainlSsung) langsam auf 3 rain verteilt injizieren, kSnnen Sie gleich fiber 24 oder 48 Std bei Sehwerstoperierten so fortfahren im Dauertropf mit grSBtem Nutzen ffir den Verlauf, so sehnell baut die Esterase des Blutes das Mittel in seine beiden Bausteine zur Unwirksamkeit ab. - - Seine Wirkungen zeigen aber gewa]tigste Untersehiede, je naehdem wohin es eingebracht wird oder ungewollt ger/it, auf, in oder unter t I au t und Schleimhaut, in Gelenke oder grolie KSrperhShlen, in Wundis mit offenen Gefgl~en, loekeres und vaseuliertes oder sehr massives Binde- gewebe, ob es sehnell oder ]angsam mit geringem oder hohem Druek gespritzt wird, in Venen oder Arterien und in welche, in den Liquorraum und wo in diesen, an die vegetativen Zentralen abseits oder ins Schwarze der Blutdruekregu]ation, ohne oder mit Suprarenin, das bei der grol]en Thorakoplastik das 121/~fache der erw/ihnten 0,1 ohne Ersehfitterung vertriiglich maeht.

Betraehten wir - - dieser Umst/~nde bewugt - - die paravertebralen Bloekadetechniken und fangen wir oben bei deren Kriterium, n~mlich der tta]sgrenzstrang- und Stellatumblockade, an : Bei jedem Zugang yon seitHch und seitlieh vorn (Abb. 3) - - also im hier bezeiehneten Ge- f a h r e n r a u m - kann auf dem Weg zu tIalsgrenzstrang und Stellatum die Landung der Nadel im Zwischenwirbelloch und Spinalkanal und ein

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398 ~ . I:~EISCHAUER :

T=T PEZSC/tA~/EZ

C7

HER6ET

~RNULF

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tta/sgrenzsln ~ I ~ 8lockade

f spin., Anaesthemle

7 / ~i ~ 8ozilAzo

(/6) / ~"ZiR, cit[-r0/<Z~SNC \ v / - \

de 5kz[ \ JYANDL

jecie Konvcr]cnz vtiJermpribkl der ttcrgef -~ckni)~ ~ bring? < Uefokr

b c

Abb . 3 a - - c . S t e l l a t u m t e c h n i k e n t rod G e f a h r e n d o d u r a l e r I n j e k t i o n ( x i n 3c = S t e l l a t u m - R e g i o n )

delet~rer Zwischenfall deshalb nur eine Frage der Zeit se]n, weil es ein absolut sieheres Mittel zum Ausschlul~ endoduraler Nadellage letzten Endes nicht gibt. Erst die Herget-Teehnik yon rein vorn setz6e mit

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ihrem sehr mediMen (nadelkonvergenzvermeidenden) Einstieh die Flanke des Wirbelk6rpers Ms Panzer vor das Zwisehenwirbelloeh. Aber sehon mggige Torsion der t tWS kann aueh hier den Weg in dieses 6ffnen oder das ])urchstechen eines ])iscus oder zu lateraler und damit regel- widrig konvergenter Einstieh. Alle diese Zug~nge sehielen im fibrigen zu sehr unmittelbar nach dem Grenzstrang selbst, obwohl wir heute wissen, dab die basMe A. vertebralis als verl/~ngerter Arm des Stel- latums t tauptproduzent und Leitsehiene der Sympathicus-Irri tationen des oberen KSrperquadranten ist.

Unsere dorsale Teehnik lehnt sieh ganz an die seit je therapeutiseh bew/~hrte thorakale SpinMwurzel- und Grenzstrangbloekade an, bei der mit caudal - - nieht kranial - - sehr/~gem Einstieh am lateralen l~and der Wirbelbogen-])aehziegelplatte und danach geringstnotwendiger Konvergenz des Nadelvorschubs der Spinalkanal nicht erreicht werden kann. R.eiehliehe Quaddelpolster vor jedem Teilvorsehub dcr Nadel meiden die Pleura und bloekieren den Grenzstrang sehon lange, bevor er yon der Nadel erreieht ist.

Unsere daraus abgeleitete Stellatumteehnik im Sitzen (Abb. 4a) ist sehon psyehesehonender als jeder Einstieh im Liegen yon vorn in den Hals. Abb. 4b und e zeigen - - und die 30000 Anwendungen ohne Todesfall beweisen - - , dab der Weg in die Dura aueh ftir den Un- gesehicktesten kn6ehern verbaut ist. Erst wenn die Bogenseitenmasse am lateralen Steilabfall tastend umgangen ist, wird die Nadelfiihrung leieht konvergent. Each 10--12 m m weiteren Vorsehubs vom Verlieren des Seitenmassenplateaus gereehnet - - wobei jedem Millimeter Vorsehub in sehwieligem Muskelansatzgewebe 2 em a LSsung (unter diesem Gewebe entsprechend hohem Spritzwiderstand) vorausgespritzt we rden - - , liegt das Nadelende unweit lateral der Kontaktstel le yon C-Wurzel and A. vertebrMis vor der T/it des gew/~hlten Zwischenwirbellochs, ohne in dieses eindringen zu kSnnen. ])as wird dutch den typisehen Sehulter- blatt-SignMsehmerz des Stellatums, ferner dutch Homer und heigen Arm naeh 1--3 min sowie den Effekt der Stellatumbloekade im thera- peutisehen Erfolg in jedem Fall dokumentiert , in welchem die An- wendung an den Wurzeln C 7 oder C 8 erfolgt. Injektionen in mortuo best/ttigen, dal] ein so gesetztes Jodoformdepot yon 2 em a Emulsion aueh das Stellatum selbst erreieht (Vorweisung).

Da das Ganglion stellatum ventral yon Pleura unmittclbar bedeckt ist, wird ein Pneu bei der Blockade mit keiner Technik, die das Ziel erreieht, absolut vermeidbar, yon dorsal aber noch am ehesten ein- gesehr~nkt. Bei den fast 20 000 eigenen dorsMen Blockaden der Klinik begegnete der Pneu mit Einreehnung geringer Luftansammlung und des Lehrgeldes der Anfangszeit, soweit klinJseh bemerkbar geworden, 33 F/~lle---1:600, wobei die aueh den ambulanten Anwendern zur

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400 F . I~,EISCItALIEI%:

Pflicht gemachte Einweisung jedes Verdaehtsfalles bei Tag oder Naeht in klinische ~ber- wachung der ersten Tage jeden Dauerschaden verhiitete. Bei den Verfahren von vorn und seitlich kann aus Grfinden anatomiseher Varianten auch die gegenseitige Pleura ange- stoehen werden.

Was wir sonst in der ersten Viertelstunde nach Stellatum- bloekaden an fl/iehtigen Zwi- sehenf/~llen und Reaktions- weisen der fast immer vege- tativ-labilen Behandlungs- objekte oft erlebten, beun- ruhigte uns um so weniger, als sieh vitale Gefahren in dem angegebenen Umfang bisher hatten vermeiden las- sen. Die Bindung tier Injektion jedes Kubikzentimeters an das Erhaltenbleiben des hohen Spritzwiderstandes der Mus- kelansatzgewebe versetzte in ein sehr beruhigendes Geffihl der Sicherheit vor Injektion in Dura, Lunge oder gr6i~eres Gefs Zur hohen Grenzstrang- blockade, dem Spitzenreiter der bisherigen Letalit/it, be- steht nach unseren Erfahrun- gen m~t der Stellatumbloekade kein vernfinftiger Grund mehr.

Lassen Sic reich nun wenigstens ffir diese eine yon zahlreiehen Anwendungs-

Abb. 4 a - - e . t [ o m b i n i e r t e dorsa le Stel- l a t u m - Ver t eb rMis - C - W u r z e l b l o c k a d e (6, 7, 8). 2 0 c m ~ l%iges N o v o c a i n - P e r i - s t o n i n die Nfihe der l ~ o n t a k t s t e l l e y o n

S p i n a l w u r z e l u n d Ar t . v e r t e b r a l i s (8 c m - N a d e l )

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Novocain-Therapie in tier Chirurgie 401

formen der Novocaintherapie die wesentl ichen chirurgischen Nutz- anwendungen anffihren:

Kop/: Unterdrnckkopfsct~merz - - Sympathicusneuralgie - - Sp/itmigr/~ne - - postkommotionelle Beschwerden - - Zustand nach cerebrMem Insult - - sogenannte OccipitMneuralgie. - - Hals-Schulter-Arm: Cervicalsyndrom - - Nacken-Arm- XexenschuB - - akut fixierter DrehhMs der Jugendlichen - - muskul/ire Hsls- steifen jeder Art - - dorsolater~les Sympathicusschmerzfeld - - Brachialgie - - Quadrantensyadrome - - sogenanntes Sc~lenussyndrom - - Periar~hritis hum. soap. - - Epicondylitis hum. - - Styloiditis red. - - Peritendinitis crepit, u. de Quervain - - Sudeck-Syndrome - - Kausalgie - - Phantomschmerz und sogenanntes Amputationsneurom - - Gelenksteifen aller Art - - HeilungsfSrderung spinMer Ausfallss~nnptome. - - Ge/5[3system: Akute und chronische Mangeldurchblutung jeder Art - - GuBputzerkrankheit - - Tetanien - - frische Erfrierung - - alte Frost- sch/iden - - isch&mische Muskelkontraktur - - Akrocyanose und Angiospasmen - - 1KM perforant - - Strahlenschaden - - Plastiken - - postthrombotiseher Komplex - - Odemneigung nach Trauma und Entziindung - - Achselvenensperre - - Elephan- tiasis - - nichtheilende Wunden. - - lnnere Organe: Lungenembolie (beidersei~s in 15 rain Abstand) - - PectanginSse Symptome (links) - - paroxysmale Tachykardie (mit Th 2/3 links).

Die ( ambulan t gleich dankbare) lumbale Grenzstrangbloekade mi t ihrer n ieht geringeren Liste von Anzeigen liegt funkt ionel l am wirkungs- vollsten, wenn sic in H5he des 3. LendenwirbelkSrpers (Einstieh knapp 3 Querfinger fiber tier Darmbeinkamm-Lin ie ) vorgenommen wird. Well bei L 2 der eauda]ste g a m u s eommunieans aus der SpinMwurzel den Grenzst rang erreicht, ist bier die Versorgung der ganzen Gef/~Bmotorik der GliedmaBen im Grenzstrang am st/~rksten gebfindelt, w/~hrend bei L 4 n n d 5 schon ein wesentlieher Tell der sympatk isehen Regula toren der Beine zu den Arter ien als Leitschiene fibergeweehselt ist. Wir ha l ten den n icht konvergen ten Einst ich 4 - - 5 em yon der Dornreihe f/Jr ge- fahrensicherer als den s tark konvergen ten Einst ieh in 7 cm Distanz ( 12 em-Nadel).

Nieh~ a m b u l a n t zul/~ssig, weil zwisehenfallreieher, sind Sympathicus- bzw. Splanehnicusbloekaden der Brust -Lenden-Grenze, wor/iber die mi t Suprarenin u n d allen Sieherungen der Steuerung im Operationssaal yon FINS~Eg~R ohne Todesfall ausgef/ihrten 5900, von ttCLT~Zr mi t 1 Todesfall vo rgenommenen 10000 Splanehnieus-Bloekaden nicht t / iusehen dfirfen. Hier im homerisehen R a u m der sympathisehen Seele , ,unter dem zott igen Zwerehfell" r i lhrt jede therapeutisehe Blockade bei t toehdruek, Nierenerkrankungen, reflektoriseher Anurie usw. ohne Suprarenin an F u n d a m e n t e n der Regulat ion.

Unsere Teehnik der lumbosaeralen Wurzel- und Diseusbloekade zeigt Abb. 5. Fglle, bei denen Novoeain oder andere Mittel in die gf iekenmuskeln , an die Kreuzdarmbeinfugen, den glutgalen Hfift- ne rvens t amm oder irgendwo am Bein im projizierten Sehmerzfeld ge- spri tzt werden, wgren, wenn Hei lung sehnell folgt, wahrseheinlieh aueh

Langenbecks Arch. Min. Chit,, Bd. 298 (Kongrel3bericht) 26

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4 0 2 F. REISCHAUER :

A b b . 5 a c. S e g m e n t g e z i e l t e B l o c k a d e t e c h n i k l u m b a l e r D i s c u s s y m p t o m e . 30 c m 3 l % i g e s N o v o c a i n - P e r i s t o n a n d e n d o r s a l e n D i s c u s u m f a n g s q u a d r a n t e n L 4/5 b z w . L 5/S, d ie e x t r a - d u r a l e p r a g a n g l i o n f i r e S p i n a l w u r z e l s t r e c k e L 5 o d e r S I , d a s do r sa l e L ~ n g s b a n d als s y m -

p a t h i s c h e n S c h m e r z f t i h l e r d e r L u m b a g o (10 c m - N a d e l )

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NovocMn-Therapie in der Chirurgie 403

ohne Behand lung kein P rob l em gewesen, so wi rksam per iar ter ie l le In- f i l t r a t ionen auch in der Per ipher ie Ms Sympa th i eusb loekade sind. F i i r die hartn/~ekigen Problemf~l le is t die Serie yon 30 cm3-Depots vor die T fir des Zwisehenwirbel loehs die Behand lung der Wahl . Das D e p o t er re ieht e rs t durch Diffusion den zent rMsten Tell der Wurze l a m Dura- abgang, den Umfang des dorsa len D i s k u s q u a d r a n t e n und das mediane L/ ingsband (den sympath~schen Sehmerzf i ihler der Lumbago) . Es t r i f f t d o r t m i t t e n ins Schwarze, well das ganze Feue rwerk ref lektor iseher Beg l e i t symp tome in e inem getroffen wird, jedoch nur, wenn es geziel t das S toekwerk der Reizquel]e t r i f f t , bei re iner L u m b a g o in abwechse lnd doppelse i t iger Anwendung .

Dabei muir der Injektionsschmerz signalisierend nieht nur iiberhaupt bis in Unterschenkel und Ful3, sondern a.ueh ins (vom Kranken best~tigte) riehtige Segment des Spontansehmerzes ausstrahlen, sonst sitzt sic fMseh. Nut dann sind die Erfolge eindrueksvoll und schnell. Letztes Siegel der gichtigkeit der kliniseh aktuellen (symptom-sehuldigen) Etage ist dabei immer zum SehluI~ ein so primi- tives Untersuehungsmittel, dal~ ieh mieh geniere, es zu ncnnen, das sich aber in allen Gegenproben lokMisatorisch Ms yon unerh6rtem Beweiswert erwiesen hat: die Bestimmung der Lage des Dornklopfsehmerzmaximums. (Darmbeinkamm- linie bedeutet Discus L4/5, Wurzel L5, yon hier jedes andere Segment leicht abz/~hlbar, ebenso die thorakMen Segmente ab Vertebra prominens = Discus C6/7, Wurzel C7). Weitere Best~ttigung der Symptomquelle liefert jeweils ex juvantibus die GrSl3e des hyperergisehen Injektionsschmerzes, die oft zu extrem langsamer Injektion bei der 1. Blockade (Pausen naeh je 0,2 cm 3 LSsung) zwingt. - - Diese Teehnik schiitzt nicht absolut vor endodurMer Teilinjektion (1:480), die abet bei Anwendung unter L 3 und yon Periston aul3er Gehunfi~higkeit fiir 1--2 Std nicht sehadet und therapeutisch oft besonders wirksam ist.

Diese pa raver tebrMe gezielte Technik erre ieht ihre Ziele nur dann n ieh t und hinterl/il3t fas t 10 % Versager, wenn dureh den Krankhe i t s - proze[3 5rt l ich der Pe r idu rMraum ve rk leb t is t und die Diffusion des Novocains verh inder t . I n diesen refrakt/~ren Restf/~llen geben wir noeh n ieht auf~ sondern in j iz ieren grunds~tz] ieh ein- oder zweimM un te r Druck 3 0 - - 5 0 em 3 1%ige ~qovoeain-LSsung in den H i a t u s saerMis, wenn wir das Zurf iekfedern des Kolbens mi t der Flfissigkeitss/~ule be im Los]assen des Spr i t zens tempels fes ts te l len (bei s t a rkem Wurze lsehmerz in Evipan) . Nach dieser Sprengung der per idurMen Verklebungen werden para- ver tebrMe Bloekaden normMer lumbosacrMer Teehnik auf einmM wirk- sam, die vorher ohne Hei]effekt bl ieben.

Die Saera]anaes thes ie spiel t im i ibr igen in der NovocMnfherapie des Urogen i tMappa ra t s und AnMbereichs eine erhebl iehe Rolle. Sic is t das Mit te l bei der Crux der Coeeygodynie , die schon durch die Ge- sch leeh tsb indung an fiber 90% F r a u e n (obwohl M/~nner n ich t sel tener aufs Gess fallen) den v e g e t a t i v e n Cireulus einmM mehr demons t r i e r t und den Steii3bein-Chirurgen versagen ]/~13t. Denn die wirkl iche Ursache beginnt m i t einer aku t en lumbosacrMen Diseusprot rus ion, der eine

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404 W. STA:Et[LEI~ :

konsekutive Liquoreiweig-Sedimentation mit araehnitischer Organi- sation hyperergisehen Gepr&ges im ,,Zentrifugen-Spitzglas" des Dural- saekendes am Austritt der Wurzelpaare S 5 und S 6 folgt, die Ursache der Steilineuralgie ist.

5Iehr zu sagen, verbot der Zeitrahmen, nut noch das eine: Die Antwortbriefe der 31 bei uns geschulten in- und ausl/~ndisehen Kollegen mit eigener Praxis auf meine Umfrage sind ohne Ausnahme beglfickende Zeugen der Dankbarkeit ganzer ~rzte, also nieht Sektierer, die ohne das Gezeigte und Erlernte nicht mehr Arzt sein mSchten.

Prdisident: Wir danken Herrn RnISC~AV~R fiir die Mitteilung seiner groBen Erfahrungen.

Ich mSchte nun die Wissenschaftliche Sitzung unterbrechen.

(Unterbrechung der Wissenschaftlichen Sitzung)

Ich nehme die zweite Generalversammlung wieder auf und frage: Huben alle Mitglieder Wahlzettel ? - - Werden noeh Wahlzettel benO~igt .9 Nur Mitglieder sind wahlberechtig~. Ich bitte, die Wahlzettel an alle Mitglieder zu geben und ffir die neu hinzugekommenen Mitglieder wiederhole ich: Es genfig~, ein Kreuz einzusetzen, wenn sie die Vorschli~ge bej~hen, oder einen anderen Namen, wenn Sie einen anderen Vorsitzenden oder andere Beisitzer wfinschen.

(Unterbrechung der Generalversammlung)

PrSsident: Zwisehenzeitlichnehmenwirdenn/~chstenVortrag. I-Ierr STAEHL~R, darf ich bitten zu Vor~rag 1Nr. 75: Chirurgie der Samenblasen.

75. (~hirurgie der S a m e n b l a s e n

Von

W. STAEHLER-Tfibingen

Mit 5 Textabbildungen

Die chirurgisehen Mal3nahmen bei Erkrankungen der Samenblasen gliedern sich in drei Abschnitte, die chirurgisch-diagnostisehen Verfahren, die konservativ-therapeutischen MaSnahmen und die operativ-thera- peutischen EingriYfe. Fiir das operative Vorgehen ist eine exakte Indikationsstellung unerl/~l~lich. Dies wird erreieht durch die operative l~Sntgenkontrastdarstellung der Samenblasen- bzw. Samenwege, d .h . dutch die Vesikulographie (BELrI~LD, STArtLeR, JUNGRAN~S, tt~IS~., GOLJI). Zun/iehst wird tier Samenstrang aul3erhalb des Leistenkanals freigelegt, alas Vas deferens beiderseits isoliert nnd mittels einer feinen Kanfile je 1,5 cm a Endografin in Richtung der Samenblasen injiziert. Bei der l~fieklagerung der Samenleiter ist darauf zu aehten, dal3 das Vas deferens wieder in seine gut gestreckte Lage zuriickgebraeht wird. Angezeigt ist die operative Vesikulographie in allen F~llen yon un-