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Kfz- Handwerk NR. 17 | SEPTEMBER 2013 OFFENSIVE HANDWERK | WIR VERSTEHEN UNSER HANDWERK | WWW.IGMETALL.DE Unruhige Zeiten für Verkäufer IG Metall-Jugend: Keiner hat mehr drauf INTERNET-HANDEL SEITE 7 TARIFRUNDE ‘13 SEITE 2 OFFENSIVE HANDWERK SEITE 4 Alles fertig. Nur NRW verweigert Abschluss HANDWERKS-PRÄSIDENT OTTO KENTZLER FÜR RENTE MIT 70 Das ist wirklichkeitsfremd Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Otto Kentzler, meint: „Wer kann, soll bis 70 arbeiten.“ Das ist wirk- lichkeitsfremd. Denn immer mehr Beschäf- tigte gehen aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig in Rente. Viele müssen um das 50. Lebens- jahr herum oft schon eine Er- werbsminderungsrente beantra- gen. Im Kfz-Handwerk sind nur noch 3,8 Prozent der über Sech- zigjährigen sozialversicherungs- pflichtig beschäftigt. So ver- schleißt keine andere (Industrie-) Branche ihre Arbeitskräfte. Statt die Rente mit 70 hinauszu- posaunen, sollte Otto Kentzler mit dafür sorgen, dass mehr Ältere län- ger arbeiten und gesund bleiben können. Dafür müsste das Hand- werk in Arbeitsplätze investieren, an denen man ein ganzes Berufs- leben tätig sein kann. Das wäre ein lohnenswertes Ziel. Eine echte Chance für Ältere, die allerdings auf lange Sicht die un- zureichende Ausbildung des Kfz- Handwerks nicht ausgleichen können. Das Handwerk als Ar- beitgeber muss auch für Auszu- bildende und junge Fachkräfte attraktiver werden. Dazu gehören faire Ausbildungsvergütungen, von denen man leben kann, faire Entgelte für die Gesellen und Meis- ter sowie Flächentarifverträge mit der IG Metall und anderen DGB- Gewerkschaften. www.igmetall.de/ sorgenfrei-im-alter Herzlich willkommen! Foto: Werner Bachmeier NEUE AUSZUBILDENDE IN DEN KFZ-BETRIEBEN Wieder starten tausende von Jugendlichen in einen neuen Lebensabschnitt: in die Arbeitswelt. Eine aufregende Zeit für die Neuen beginnt. Metallerinnen und Metaller, die die „frischen“ Auszubildenden herzlich begrüßen, helfen ihnen, sich im Betrieb besser zurechtzufinden. Und sie bieten ihnen gleich an, in der IG Metall mitzumachen. Dann sind sie auf der ganz sicheren Seite.

NR. 17 | SEPTEMBER 2013 Kfz- Handwerk · 2019-01-22 · 3 Beschäftigte empört Die Beschäftigten sind dieses fiese Spiel, das sie seit Jahren kennen, leid. Schon 2008 erklärte

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Kfz-HandwerkNR. 17 | SEPTEMBER 2013

O F F E N S I V E H A N D W E R K | W I R V E R S T E H E N U N S E R H A N D W E R K | W W W. I G M E T A L L . D E

Unruhige Zeiten für Verkäufer

IG Metall-Jugend:Keiner hat mehr drauf

INTERNET-HANDEL SEITE 7TARIFRUNDE ‘13 SEITE 2 OFFENSIVE HANDWERK SEITE 4

Alles fertig. Nur NRWverweigert Abschluss

HANDWERKS-PRÄSIDENT OTTO KENTZLER FÜR RENTE MIT 70

Das ist wirklichkeitsfremdDer Präsident des Zentralverbandsdes Deutschen Handwerks (ZDH),Otto Kentzler, meint: „Wer kann,soll bis 70 arbeiten.“ Das ist wirk-lichkeitsfremd.

Denn immer mehr Beschäf-tigte gehen aus gesundheitlichenGründen frühzeitig in Rente.Viele müs sen um das 50. Lebens-jahr herum oft schon eine Er-werbsminderungsrente beantra-gen. Im Kfz-Handwerk sind nurnoch 3,8 Prozent der über Sech-zigjährigen sozialversicherungs-pflichtig beschäftigt. So ver-schleißt keine andere (Indus trie-)Branche ihre Arbeitskräfte.

Statt die Rente mit 70 hinauszu-posaunen, sollte Otto Kentzler mitdafür sorgen, dass mehr Ältere län-ger arbeiten und gesund bleibenkönnen. Dafür müsste das Hand-werk in Arbeitsplätze investieren,an denen man ein ganzes Berufs -leben tätig sein kann.

Das wäre ein lohnenswertes Ziel.Eine echte Chance für Ältere, dieallerdings auf lange Sicht die un-zureichende Ausbildung des Kfz-Handwerks nicht ausgleichenkönnen. Das Handwerk als Ar-beitgeber muss auch für Auszu-bilden de und junge Fachkräfteattraktiver werden. Dazu gehörenfaire Ausbildungsvergütungen,von denen man leben kann, faireEntgelte für die Gesellen und Meis -ter sowie Flächentarifverträge mitder IG Metall und anderen DGB-Gewerkschaften.➤ www.igmetall.de/

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NEUE AUSZUBILDENDE IN DEN KFZ-BETRIEBEN

Wieder starten tausende von Jugendlichen in einen neuen Lebensabschnitt: indie Arbeitswelt. Eine aufregende Zeit für die Neuen beginnt. Metallerinnen undMetaller, die die „frischen“ Auszubildenden herzlich begrüßen, helfen ihnen,sich im Betrieb besser zurechtzufinden. Und sie bieten ihnen gleich an, in derIG Metall mitzumachen. Dann sind sie auf der ganz sicheren Seite.

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Plus für alle

KFZ-TARIFRUNDE 2013 IM ENDSPURT: SCHLUSSLICHT NRW

2013 und 2014 bekommen die Beschäftigten des Kfz-Handwerks jeweils2,8 Prozent mehr Geld. Bundesweit hatte die IG Metall 5,5 Prozent gefor-dert. Voll durchgesetzt haben sich die Metaller bei den Auszubildenden:Ihre Vergütungen steigen überproportional. Die Totalverweigerer auf Ar-beitgeberseite sitzen in Nordrhein-Westfalen. Sie lehnen es kategorischab, mit der IG Metall zu verhandeln (siehe Seite 3).

Alwin Boekhoff, Tarifsekretär für das Handwerkbeim Vorstand der IG Metall

»Erfolgder Kfz-Beschäftigten«

Das Ziel der Kfz-Arbeitgeberver-bände, in den regionalen Tarifge-bieten einzelne Bundesländerdurch niedrigere Entgelterhö-hungen abzukoppeln und gegen-einander auszuspielen, konntedie IG Metall mit ihrem bundes-einheitlichen Auftritt verhindern.Alles andere hätte in den nächs -ten Jahren zu noch mehr Ungleich-heit und Konkurrenzkampf beiden Beschäftigten geführt.

In der heute schon schwieri-gen Struktur mit unterschied-lich aufgestellten Tarifgemein-schaften beziehungsweise In-nungen hätte dies die Kraft derIG Metall zukünftig weiter ge-schwächt.

Sehr positiv zu bewerten istauch, dass die Ausbildungsver-gütungen überdurchschnittlicherhöht werden. Die IG Metall istdamit die Jugendorganisation,die nicht nur redet, sondern auchgute Ergebnisse für und mit derJugend erreicht.

Insgesamt war diese Kfz-Tarif-runde – wegen der Kampfbereit-schaft und Entschlossenheit derBeschäftigten – ein Erfolg.

In NRW steht die Nagelprobenoch bevor (siehe Seite 3). Dakann es nur eine klare Antwortgeben: bundesweite Solidaritätmit den Kfz-Handwerkern inNordrhein-Westfalen und deut -liche Kritik an den Tarifverweige-rern im Arbeitgeberlager. Kontakt: [email protected]

DER KOMMENTAR

2

+ + + Tarifverträge fallen nicht vom Himmel + + +

In Berlin, Brandenburg und Sachsen werdendie Ausbildungsvergütungen an das West -niveau angeglichen. Im ersten Ausbildungs-jahr steigen sie bis zum 1. August 2015 auf570 Euro. Im vierten Jahr werden sie dannin Brandenburg auf 650 Euro, in Berlin auf680 und in Sachsen auf 710 Euro angehoben(siehe auch Seite 4).

Branche attraktiver „Damit können dieArbeitgeber im Kfz-Gewerbe im Wettbewerb

um junge angehende Fachkräfte mit gutenVergütungen punkten“, sagt der zuständigeBezirkssekretär der IG Metall und Verhand-lungsführer, Peter Friedrich. Und die Bran-che werde für junge Menschen attraktiver.Von höheren Entgelten und Ausbildungsver-gütungen profitieren in diesem Bezirk rund37 000 Beschäftigte in 3 400 Kfz-Betrieben.

Bayern vorn Zuerst festgeschrieben wur-den die Eckdaten der Einigung – eine ersteErhöhung der Entgelte ab 1. Juli 2013 undeine zweite ab 1. August 2014 um jeweils 2,8 Prozent – von der IG Metall in Bayern.Der Verhandlungsführer Josef Brunnersprach von einem für die Beschäftigten„akzeptablen Ergebnis“. Es gebe einen rea-len Lohnzuwachs, und die Azubi-Vergütun-gen stiegen überdurchschnittlich. Das Ergeb-nis wäre ohne die Warnstreiks der Beschäf-tigten nicht zustande gekommen. „Das warein klares Signal an die Arbeitgeber“, erklärteJosef Brunner.Fo

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Beschäftigte empört

Die Beschäftigten sind dieses fiese Spiel, das sieseit Jahren kennen, leid. Schon 2008 erklärte sichdie Kfz-Landesinnung gegenüber der IG Me-tall für nicht mehr verhandlungswillig. Damalsmusste die Gewerkschaft mit ihren Mitgliedernfür hunderte Betriebe so genannte Haustarif -verträge erkämpfen. Verschiedene Kfz-Arbeit- geber organisierten sich in einer „Tarifge-meinschaft“. Und die weigerte sich Mitte Juni2013, mit der IG Metall zu verhandeln. Kurz zu-vor hatte der Landesverband Kfz NRW nochder Christlichen Gewerkschaft Metall einen Billig-Tarifvertrag diktiert.

Auto ohne Felgen Tausende Beschäftigte ha-ben sich seitdem in den Autohäusern, beiWarnstreiks, Straßenaktionen und einer Akti-onskonferenz in Essen mit dem 2. Vorsitzen-den der IG Metall, Detlef Wetzel, zum Protestversammelt. Die Botschaft war jeweils eindeu-tig: Das Kfz-Handwerk ohne Flächentarifver-trag ist wie ein Auto ohne Felgen – damitkommt man nicht weiter, fliegt aber schnell ausder Kurve.

Siegfried Wenisch, Betriebsratsvorsitzen-der der Daimler Niederlassung Köln: „Wir in-formieren die Öffentlichkeit darüber, was imKfz-Handwerk los ist. Das fürch-ten die Geschäftsführer am meis -ten.“ Und der Betriebsratsvor -sitzende von Hengstenberg,Schwerte, Gerhard Chilla, sagte:„Wenn es einen Tarifvertraggibt, stimmt das Betriebsklima,ist die Belegschaft motiviert unddie Kundschaft zufrieden.“

Bernd Epping, IG Metall-Be-zirkssekretär und Verhandlungs-führer für das Kfz-Handwerk, er-

klärte bei der Aktionskonferenz in Essen: „Wirfordern nur, was die Arbeitgeber in allen ande-ren Bundesländern bereits mit der IG Metallvereinbart haben – ordentliche Tariferhöhun-gen und einen Tarifvertrag, der für alle Auto-häuser in NRW gilt.“

Sichere Tarifverträge Für den IG Metall-Bezirksleiter in NRW, Knut Giesler, geht es imTarifkonflikt um die Zukunft der Brancheund der Beschäftigten: „Ohne Flächentarifver-trag gibt es keine fairen Arbeitsbedingungenund damit auch keine fairen Konkurrenzbedin-gungen zwischen den Betrieben. Der Schmutz-konkurrenz in der Branche werden Tür und Torgeöffnet. Das gilt es zu verhindern. Alle Kun-den wollen sichere Autos, alle Beschäftigten wol-len sichere Tarifverträge.“

Politisch ans Eingemachte ging Detlef Wet-zel: Wenn die Kfz-Innungen ihrer Aufgabe, Ta-rifverhandlungen zu führen, nicht mehr nach-kommen, „dann brauchen wir keine Innungenmehr“ (siehe Seite 8 „Hilfe zur Tarifflucht“). Der2. Vorsitzende der IG Metall gab zusätzlich Gas:„Tarifautonomie hat Verfassungsrang. Wersich ihr entzieht, steht nicht mehr zu unsererGesellschaftsordnung.“

AUF DEN PUNKT+ + + Tarifflucht begegnen + + +

AUTOHÄUSER IN NRW WOLLEN TARIFFREIE ZONE

TARIFKOMMISSION FÜR DAS KFZ-HANDWERK

Druck erhöhenDie Tarifkommission für das Kfz-Handwerk in Nordrhein- Westfalenhat sich Mitte August darauf verstän-digt, den Druck auf den Landesver-band zu erhöhen. Vor allem sind„Nadelstich“-Aktionen vor denBetrieben geplant, die sich weigern,zum Flächentarifvertrag zurückzu-kehren. Die Tarifkommission bestehtdarauf, dass die Entgelte – wie inallen anderen Tarifgebieten bereitsvereinbart – 2013 und 2014 jeweilsum 2,8 Prozent steigen.

In Nordrhein-Westfalen weigert sich das Kfz-Gewerbe, mit der IG Metallüber einen neuen Tarifvertrag zu verhandeln. Die Beschäftigten sindempört, denn sie warten seit Wochen auf mehr Geld. Außerhalb vonNRW hat die IG Metall längst Tariferhöhungen von 2,8 Prozent in die-sem und nochmal im nächsten Jahr vereinbart. Die Ausbildungsvergü-tungen steigen sogar überproportional (siehe hierzu Seiten 2 und 4).

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Warnstreiks in NRW: weitere „Nadelstiche“

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Keiner hat mehr draufIG METALL-JUGEND: VON WARNSTREIK BIS WACKEN

Die Jugend im Kfz-Handwerk war in den letzten Wochen wieder erfolgreich: Siehat sich bundesweit mit fantasievollen Aktionen an den Warnstreiks beteiligt,die die Arbeitgeber dazu bewegt haben, dass die Ausbildungs ver gütungenüberdurchschnittlich steigen. Aber die IG Metall-Jugend kämpft nicht nur. Siefeiert auch: zum Beispiel gemeinsam beim Heavy-Metal-Festival in Wacken.

AUF DEN PUNKT

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JUGEND- UND AUSZUBILDENDEN-VERTRETUNGEN IN DRESDEN

Aktiv bei Daimler undBMWFür Ende September werdenalle neuen Auszubildendender Verwaltungsstelle Dresdenund Riesa zu einem Jugend-camp eingeladen. SebastianMüller hofft, dass die beidenJugend- und Auszubildenden-vertretungen (JAV) der Nieder-lassungen von Daimler undBMW auch ihre Neuen mitbrin-gen werden.

„Bei Daimler arbeitet diedreiköpfige JAV schon seitJah ren motiviert und machtgute Arbeit“, berichtet der Ju -gend sek retär. Und sie habealle Hände voll zu tun. Derdortige kaufmännische Leiter,der auch für die Arbeitgeberdie Tarifverhandlungen führt,se he die Auszubildendenimmer wieder mal lieber als„Lückenbüßer“ in der Werk-statt oder im Büro. „Die JAVishalten da gegen und werdenvom Be triebs ratsvorsitzendenunterstützt“, erklärt SebastianMüller.

Die JAV in der BMW Nieder-lassung ist seit der letztenWahl sehr aktiv. „Das zeigtsich beispielsweise an neugewonnenen jungen Mitglie-dern“, sagt der Jugendsekre-tär. Ein Dorn im Auge sei denJAVis, dass die Auszubilden-den noch nicht mal für sechsMonate übernommen werden.Dafür gebe es bundesweit inden BMW Niederlassungenbessere Beispiele.

Junge Menschen, die in einem Kfz-Betrieb arbeiten und bei der IG Metall mitmachen,brauchen Langeweile nicht zu fürchten. ImGegenteil.

Jahr für Jahr geht es darum, mit den Arbeit-gebern über höhere Ausbildungsvergütungenzu verhandeln. Das passiert in den verschie-denen Tarifgebieten am Verhandlungstisch.Aber einen Erfolg gibt es nur mit Druck undphantasievollen Aktionen der Azubis in denBetrieben. In diesem Frühjahr ist es besondersgut gelaufen: Die Ausbildungsvergütungensteigen überdurchschnittlich (siehe Seite 2 undKasten unten). So steht es schwarz auf weißin den Tarifverträgen.

Nicht nur alle Jahre wieder Die IG Me-tall-Jugend kommt aber nicht nur einmal imJahr während der Tarifrunde in Fahrt. Wennes eine Jugend- und Auszubildendenvertretung(JAV) neben dem Betriebsrat gibt, kann Tag fürTag was los sein. Sie kümmert sich täglich da -rum, dass Auszubildende und junge Erwach-sene von den Chefs nicht über den Tisch ge-zogen werden. Müssen Überstunden gemachtwerden? Stellt der Arbeitgeber die Azubis fürden Berufsschulunterricht frei? Gibt es genü-gend Zeit, im Betrieb etwas zu lernen oderüberwiegen Handlangertätigkeiten für Meisterund Gesellen? Fragen und Probleme ohne

Ende. Gelöst werden sie von den Metallerin-nen und Metallern in der JAV, die eng mit demBetriebsrat zusammenarbeitet.

Die JAV arbeitet nicht im luftleeren Raum.Ihre Rechte stehen im Betriebsverfassungsge-setz. Und sie muss auch darauf achten, dass dasBerufsbildungsgesetz – ein wichtiger Eck-stein für die Qualität der Ausbildung – und dasJugendarbeitsschutzgesetz eingehalten werden,letzteres im gesundheitlichen Interesse.

Und die Berufe, für die im Kfz-Handwerkausgebildet wird, sind in den Ausbildungsver-ordnungen fixiert. Auch daran muss sich derArbeitgeber halten. Die Ausbildung für dieKfz-Mechatroniker/-innen ist gerade mo-dernisiert worden, damit sie beispielsweise aufdie Elektromobilität und Leichtbauwerkstof-fe vorbereitet. Hieran hat die IG Metall aktivmitgewirkt (siehe Seite 5).

Kein Debattierclub Die IG Metall-Jugenddebattiert also und packt handfeste Sachen im Betrieb an. Sie trifft sich aber auch zu Ju-gendcamps oder beim Heavy-Metal-Festivalin Wacken. Wer hier mitmischt, gehört zurgrößten (politischen) Jugendorganisation.Keiner hat mehr drauf.

Kfz-Ausbildungsvergütung 20131. Jahr, Angaben in Euro

Baden-Württemberg 711

Bayern 660 (I)/710 (S)

Brandenburg 485

Berlin 515

Sachsen 510

Sachsen-Anhalt 505

Thüringen 485

Hamburg 600

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+ + + »Offensive Handwerk« + + +

Wir verstehen unser HandwerkIG Metall

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Viele Karrierechancen

FRANK GERDES, BERUFSBILDUNGS-EXPERTE BEIM VORSTAND DER IG METALL

IG Metall gestaltet neueAusbildungsberufe mit

Die Ausbil-dungsord-nungen undRahmenplänesind verbind-liche Bundes-rechtsverord-nungen.Inhaltlich ent -wickelt undgestaltet wer-

den sie von den jeweils zuständigenSpitzenorganisationen der Arbeitge-ber und der Arbeitnehmer. Das Bun-desinstitut für Berufsbildung sitztimmer mit am Tisch.

Bei der neuen Ausbildung für dieKfz-Mechatroniker/-innen war die IG Metall für die Arbeitnehmerseitezuständig. Sie hat den Berufsbil-dungsexperten beim Vorstand, FrankGerdes, damit beauftragt, die Inte -ressen der Azubis wahrzunehmen. Erzieht dabei Sachverständige aus demKfz-Handwerk und von den Herstel-lern hinzu. Diesmal waren Betriebsrä-te, Ausbilder und Kfz-Mechatronikerdabei. So werden Praxis und Arbeit-nehmerinteressen berücksichtigt.

„GÜTEGEMEINSCHAFT“: ZERTIFIKATE

Etikettenschwindel„Audi bildet Gebrauchtwagenver-käufer aus“ titelt das Branchenblatt„kfz-betrieb“ und ergänzt: „Gütege-meinschaft zertifiziert ersten Her-steller“. Der Zentralverband desDeutschen Kraftfahrzeuggewerbesversucht mit dieser Meldung denEindruck zu erwecken, es handele sich hier um einen anerkannten Ab-schluss. Dabei sammeln sich unterdem Dach dieser „Gütegemein-schaft“ nur die Qualifizierungsberei-che der großen Automobilhersteller.Sie ist also ein privater Verein, derkeine öffentlich-rechtlich anerkann-ten Abschlüsse attestieren kann.

Beschäftigte, die nach 24-mona -tiger Ausbildung das Zertifikat als„Geprüfter Automobilverkäufer Ge-brauchtwagen“ dieser „Gütegemein-schaft“ in den Händen halten, ha-ben viel „gebüffelt“. Letztlich wirddieses Zertifikat aber nur intern vonden großen Herstellern anerkannt –und ist damit auf dem Arbeitsmarktsehr eingeschränkt verwertbar. Werdas nicht weiß, fällt einem „Etiket-tenschwindel“ zum Opfer.

Neue Ausbildungsinhalte helfen den angehenden Kfz-Mechatronikerin-nen und -Mechatronikern, ihre beruflichen Aufgaben künftig noch bes-ser zu meistern. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Der Meistertitelkann erworben werden, und es gibt noch viel mehr Karrierechancen.

AUSBILDUNG DER KFZ-MECHATRONIKER/-INNEN NEU GESTALTET

Ausbildereignungsprüfung Kfz-Servicetechnikerin /Kfz-Servicetechniker

Kfz-Zweiradservice-technikerin /

Kfz-Zweiradservice-techniker

Geprüfte Aus- und Weiter-bildungspädagogin /

Geprüfter Weiterbildungs-pädagoge

Kfz-Technikermeisterin /Kfz-Technikermeister

BachelorstudiengangKfz-Technik

Geprüfte Berufspädagogin /Geprüfter Berufspädagoge

Geprüfte Betriebswirtin /Geprüfter Betriebswirt

im Handwerk

Lehrerin an Berufsschulen /Lehrer an Berufsschulen

(Hochschulabschluss)

MasterstudiengangKfz-Technik

Berufsabschluss Kfz-Mechatronikerin / -Mechatroniker

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+ + + Modernisierter Ausbildungsberuf + + +

Seit dem 1. August können die Auszubilden-den auch die System- und Hochvolttechnikoder die Karosserietechnik als Schwerpunktwählen. Die Pkw-, Nutzfahrzeug- und Motor-radtechnik gehören weiterhin zu den Ausbil-dungsschwerpunkten.

Freie Fahrt für Elektromobilität „DieAzubis können sich auf die Fahrzeugtechnik, diesich rasant entwickelt hat, besser einstellen. Siewerden sich mit alternativen Antriebsarten, neu-en Leichtbauwerkstoffen und modernen Repa-raturmethoden für Karosserien beschäftigen“,sagt Frank Gerdes, der als Berufsbildungsexper-te beim Vorstand der IG Metall die neue Aus-bildungsordnung mitgestaltet hat. Der verän-derte Service- und Wartungsumfang sowieneue Vorgaben bei der Schadstoffreduzierungwerden während der Ausbildung auch berück-sichtigt. Das frühere Berufsbild „Mechaniker fürKarosserieinstandhaltungstechnik“ gibt es nichtmehr.

Bewährt hat sich auch die Ausbildungs-struktur: In der ersten Phase stehen für allegrundlegende Inhalte im Ausbildungsplan.Bereits nach eineinhalb Jahren werden Themeninhaltlich auf den Schwerpunkt zugespitzt,der anfangs von der Ausbildungsleitung festge-legt wurde. Die Auszubildenden sollen schonfrühzeitig an das service- und auftragsorientier-te Arbeiten herangeführt werden.

Nach der Gesellenprüfung Bewerbenkönnen sich Haupt- und Realschulabsolventensowie Abiturienten. „Vielen Schulabgängern istnicht richtig bewusst, welche Karrierechancensich für die Kfz-Mechatroniker nach der Gesel-lenprüfung ergeben“, meint Frank Gerdes. Siekönnen sich zum geprüften Kfz-Servicetechni-ker weiterbilden oder zum Ausbilder qualifizie-ren. Ausgebildete Kfz-Mechatroniker/-innendürfen auch ohne Abitur an einer Fachhoch-schule oder Technischen Hochschule im BereichFahrzeugtechnik studieren.

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Dritter Start geglücktBETRIEBSRAT IM SMART CENTER DRESDEN GEWÄHLT

„Aller guten Dinge sind drei“ – davon war der Dresdner Handwerkssekre-tär der IG Metall, Jens Kiehle, zunächst nicht überzeugt. Schon bei zweiStarts, einen Betriebsrat beim Smart Center zu wählen, hatten die Be-schäftigten selbst eine Vollbremsung gemacht. Aber der dritte Versuch imFrühjahr 2013 glückte dann doch.

BMW NIEDERLASSUNG STUTTGART:HOHER ORGANISATIONSGRAD

Gewerkschaftsarbeitmacht Spaß

Von den 364 Beschäftigten derBMW Niederlassung Stuttgartsind rund 58 Prozent organi-siert. Tendenz: steigend. „Inder Regel sind es immer Kon-fliktsituationen, in denen esam leichtesten ist, je mandenfür die IG Metall zu gewinnen.Also wenn ein be fristeter Ver-trag ausläuft, frag’ ich den Be -troffenen schon, ob ich michfür ihn einsetzen soll...“, schil-dert der Betriebsratsvorsitzen-de Franz-Michael Feininger.Bei jedem Gespräch zähle diepersönliche Ausstrahlungs-kraft. Man müsse rüberbrin-gen, dass GewerkschaftsarbeitSpaß macht und dass wir um -so erfolgreicher sind, je mehruns unterstützen.

„Bei der Jugend müssen wirviel Aufklärungsarbeit leisten.Was Gewerkschaften und Be -triebsräte sind, ist kaum be -kannt. Da hilft nur ‚Einzelthe-rapie’. In der Gruppe entwi -ckeln sich kaum Fragen oderGespräche. Am schwierigstenerreichen wir Jugendliche, de -ren Eltern selbstständig sindoder in einer Führungspositi-on arbeiten. Aber generell ha -ben die Eltern wieder einengrößeren Einfluss“, berichtetFranz-Michael Feininger.

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„Wir konnten die Kollegen überzeugen,dass sich die IG Metall als Schutzschild ver-steht, wenn sie sich organisieren und einenBetriebsrat wählen. Bis auf wenige Ausnah-men sind dann alle Beschäftigten eingetre-ten“, be richtet der Handwerkssekretär. Nie-mand habe allein „den Kopf hinhalten“wollen. Alle oder keiner sei die Devise derKollegen gewesen.

Haustarifvertrag gilt Jens Kiehle infor-mierte die Daimler-Geschäftsführung inDresden über die Absicht, im Smart Centereine Betriebsratswahl anzusetzen. Diese rea-gierte prompt und erklärte schriftlich, eine sol-che Wahl zu unterstützen. Im Frühjahr wur-de ein (einköpfiger) Betriebsrat gewählt.Dresden hatte nun auch eine Stimme im Ge-

samtbetriebsrat. Und es gilt auch der von derIG Metall erkämpfte bundesweite Haustarif-vertrag.

„Ein Treffen mit interessierten Kollegen, de-ren Beitritt in die IG Metall – und schon ha-ben wir einen weiteren tarifgebundenen Be-trieb in unserer Verwaltungsstelle“, freut sichJens Kiehle. Er fügt aber gleich hinzu: Ganz soeinfach sei es ja nun doch nicht gewesen.

Die erste große Aufgabe, die der neue Be-triebsrat mit der IG Metall meistern wird, ist,den Haustarifvertrag anzuwenden. Stellen-beschreibungen und Eingruppierungen ste-hen auf der Tagesordnung. Eine paritätischeKommission, der Arbeitnehmer- und Arbeit-gebervertreter angehören, ist gebildet wor-den. Sie soll im Herbst mögliche strittigePunkte klären.

+ + + »Offensive Handwerk« + + + »OffeAUF DEN PUNKT

Wir verstehen unser HandwerkIG Metall

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BMW UND MERCEDES STARTEN INTERNET-HANDEL

Unruhige Zeiten für VerkäuferBMW und Mercedes tasten sich imInternet-Handel mit Neufahrzeugenvor. Die klassischen Autoverkäuferbekommen Konkurrenz aus demNetz. Für sie beginnen unruhige Zei-ten.

„Den klassischen Autoverkäuferwird es in zehn Jahren nicht mehrgeben“, ist die persönliche Meinungvon Franz-Michael Feininger, Be -triebsratsvorsitzender der BMW Nie-derlassung Stuttgart. Was heuteschon im Internet verkauft werde –von Schuhen über Waschmaschinenbis zu Lebensversicherungen – sei ebenfalls vor zehn Jahren nichtdenk bar gewesen.

Franz-Michael Feininger, seit 30Jahren selbst Verkäufer, weiß: „Un -sere Arbeit hat sich ständig verän-dert. Die goldenen Zeiten sind vor-bei, seitdem die Provisionsschrau-ben von den Herstellern strammangezogen worden sind. LangjährigeVerkäufer mit vielen Stammkundenmüssen sich die wenigsten Sorgenmachen.“

Rolf-Artur Dommel-Rustenbach,Be triebsratsvorsitzender der DaimlerNiederlassung Braunschweig, findetes „richtig, dass sich die Herstellerdem neuen Kundenverhalten – be -dingt durch Internet und Smart phone– stellen und versuchen, die Chan-cen zu nutzen. Unsere Autos müssenzukünftig auch über digitale Medienverkauft werden können.“

Unsicher ist sich der Betriebsrats-vorsitzende über das Tempo unddas Ausmaß, in dem sich die Ver-kaufsprozesse verändern werden.„Der Handel könnte schnell ‚aufge-mischt’ werden, weil ihm nur nochKundenberatung und Service blei-ben. Das Einkommen der Verkäuferhängt aber wesentlich von Provisio-nen ab, die es für den Kaufvertraggibt. Sie können nicht von unent-geltlicher Beratung leben. UnsereVerkäufer dürfen aufgrund des Inter-net-Handels nicht unter die Räderkommen“, sagt Rolf-Artur Dommel-Rustenbach.

Mehr Mitglieder – sicherer Tarifvertrag

PEMA-NUTZFAHRZEUGE-VERMIETER IN HERZBERG

Immer mehr Beschäftigte bei PEMA – einem Nutzfahrzeuge-Vermietermit Sitz in Herzberg – organisieren sich. Sie haben die Nase voll vonNasenprämien.

AUF DEN PUNKT

„Nasenprämien haben eine lange Tradition beiPEMA. Denn wir sind 1976 als Familienbetriebgegründet worden. Da haben die Kollegen esverinnerlicht, ‚für die Firma zu arbeiten’. An Ta-riflöhne war lange nicht zu denken“, berichtetder Betriebsratsvorsitzende Dirk Schwedhelm.Und Mitglied in der IG Metall zu werden – dasstand in den Sternen.

Doch seit Juli 2008 gehört der einstige Fa-milienbetrieb PEMA zur französischen BankSG Equipement Finance der Société Généra-le. Er hat in Deutschland Werkstätten inLandsberg (Halle), Recklinghausen, Langenau(Ulm) und Herzberg am Harz. Am Hauptsitzarbeiten rund 260 Menschen – deutschland-weit insgesamt 460. PEMA verfügt über 16 000Nutzfahrzeuge. Vor knapp vier Jahren wähltendie Beschäftigten ihren Betriebsrat. Im anschlie-ßend gebildeten Gesamtbetriebsrat fehlt im Au-genblick nur noch Langenau.

Richtiger Kick fehlte „Immer wieder ha-ben wir auf Betriebs- und Abteilungsver-sammlungen sowie in einzelnen Gesprächenunser unausgewogenes Entgeltsystem und diedadurch entstehenden Lohndifferenzen thema-tisiert. Bei Neueinstellungen ist die Kluft sogarnoch größer geworden. Aber es fehlte der‚Kick’ für den richtig großen Schritt“, schildertder Betriebsratsvorsitzende.

Seit dem Frühjahr 2013 wurden die Diskus-sionen in der Herzberger Belegschaft immerintensiver. „Wir bemerkten, dass die Kollegenuntereinander immer öfter darüber spra-chen, dass wir dieses für uns wichtigste The-ma nur als Metaller stemmen können. Da ist ein Funke übergesprungen. RichtigSchwung brachte der für Landsberg zustän-dige IG Metall-Sekretär in die Bude. Aus

dem Funken wurde eine Flamme“, berichtetder Betriebsratsvorsitzende. Die bezirklicheKonferenz zur „Offensive Handwerk“ setzte einweiteres Signal.

Die „Offensive Handwerk“ unterstützt denBetriebsrat von PEMA auch direkt durchexterne Berater. Dies soll zu weiteren neuenAnstößen für die Arbeit und die Mitglieder-werbung führen.

Nach den Sternen greifen „Vorbei ist nundie Zeit, da alle nur noch schimpften. Die ‚Na-senprämie’ abzuschaffen, ist nun ein richtigesThema. Die Betriebsräte werden sich Mitte Sep-tember damit in Halberstadt beschäftigen“, be-richtet Dirk Schwedhelm. Die „OffensiveHandwerk“ werde direkt dabei sein. Der deut-lich steigende Organisationsgrad mache ihnenund der IG Metall Mut. „Ich will 95 Prozent er-reichen“, sagt der Betriebsratsvorsitzende. „Da-von sind wir noch weit entfernt. Aber man wirddoch nach den Sternen greifen dürfen.“

Wir verstehen unser HandwerkIG Metall

nsive Handwerk« + + +

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STUDIE ÜBER AUTOWERKSTÄTTEN

Mehr in KundengesprächeinvestierenDass der Kunde schon längst nichtmehr König ist im Autohaus oder inder Werkstatt, hat jeder schon mal er-lebt. Der Counter am Empfang nichtbesetzt, der Stuhl des Serviceberatersleer, der Meister auf Probefahrt: ein-fach zu wenig Personal an Bord. EineStudie des Instituts für Automobil-wirtschaft (IFA) an der Hochschulefür Wirtschaft und Umwelt Nürtin-gen-Geislingen kommt zum Ergeb-nis, dass der Dialog mit dem Kundenin den meisten Betrieben vernachläs-sigt werde. Was Reparatur und In-spektion des eigenen Autos angeht,würden 87 Prozent aller Fahrzeughal-ter dem Servicemechaniker gern malüber die Schulter schauen. Fast genauso viele würden beim Auslesen des digitalen Fehlerspeichers dabei seinwollen.

Die Studie empfiehlt: Geradewährend der Dialogannahme könn-ten die Service-Werkstätten nichtnur ein Gefühl der Transparenz her-stellen, sondern letztlich auch dieBeziehungen zu ihrem Kunden festi-gen. „Wenn ein Mechaniker einenDefekt oder Mangel transparent undschlüssig erläutert, hat er den Kun-den zumeist an seiner Seite“, sagt derfür die Studie verantwortliche IFA-Vizedirektor Stefan Reindl. Nochaber mangele es in vielen Kfz-Betrie-ben an dieser Offenheit.

GUTACHTEN DER HANS-BÖCKLER-STIFTUNG

Hilfe zur Tarifflucht ist rechtswidrig

„Die als Fluchthilfe zu verstehende Praxis vieler öffentlich-rechtlicher Handwerksinnungen, Mitgliedschaften ohne Tarif-bindung anzubieten, verstößt gegen das Gesetz“, sagte DGB-Bundesvorstandsmitglied Dietmar Hexel, der sich dabei aufein Rechtsgutachten der Hans-Böckler-Stiftung beruft. Sie seienTarifvertragspartei, weil der Gesetzgeber damit Tarifverträgeim Handwerk fördern wolle. Mitgliedschaften ohne Tarifbin-dung (OT) verstießen gegen dieses Ziel.

„Tarifverträge nicht übernehmen zu müssen, hat die Tarif-landschaft im Handwerk nachhaltig geschwächt. Die Schmutz-konkurrenz über Schleuderpreise und Dumpinglöhne auf Kos -ten der Beschäftigten ist ruinös. Gleichzeitig werden nach Tarifzahlende Betriebe massiv benachteiligt“, betonte Hexel.

Der Verfasser des Rechtsgutachtens, Professor Winfried Kluthvon der Universität Halle-Wittenberg, machte deutlich, dasseine entsprechende Satzungsänderung, um solche Betriebe zuhalten, die sich tarifvertraglich nicht binden wollten, ausschließ-lich dem Gesetzgeber vorbehalten sei. Satzungsänderungendurch Handwerkskammern oder Innungen seien demnachrechtswidrig und müssten zurückgenommen werden.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH)begrüßt die Ergebnisse des Rechtsgutachtens. Aber „OT-Mit-gliedschaften sind im Handwerk Ausnahmeerscheinungen,die auf besondere regionale und branchenspezifische Gege-benheiten zurückzuführen sind“, sagte Geschäftsführer Karl-Sebastian Schulte. Sie seien nur von weniger als einem Prozentder über 400 Innungen in Deutschland bekannt.

In der „Handwerks Zeitung“ betonte Schulte aktuell, derZDH wolle die Tarifbindung mit den Gewerkschaften gemein-sam stärken. Flächentarifverträge seien dabei ein bewährtesInstrument, um zu maßgeschneiderten Lösungen für Betriebeund ihre Beschäftigten zu kommen. Die Sozial- und Tarifpart-nerschaft sei im Handwerk ein hohes Gut.

EXPERTE FERDINAND DUDENHÖFFER

Opel verliert im RuhrgebietFerdinand Dudenhöffer vom CenterAutomotive Research an der Uni-versität Duisburg-Essen: „Die fürEnde 2014 angekündigte Schlie-ßung des Werks Bochum lässt dieNeuzulassungen von Opel-Fahrzeu-gen im Ruhrgebiet weiter sinken.“Auch das langwierige Agieren desHerstellers bei den Verhandlungenin der Einigungsstelle scheine Käu-fer von der Marke fernzuhalten.

Insgesamt wurden von Januar bisJuni 2013 im Ruhrgebiet 5 881 Opel-Modelle neu zugelassen – das ent-spricht rund 5,6 Prozent des deut-schen Gesamtvolumens des Her -stellers. Aber während Opel seinenMarktanteil deutschlandweit in die-sem Zeitraum leicht auf sieben Pro-zent gesteigert hat, ist er in den elfZulassungsbezirken des Ruhrgebietszurückgegangen.

»Der Meister der Zukunft ist ein Türke.«

Otto Kentzler, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Hand-werks, in: Die Welt, 9. August 2013. Er fordert die Betriebe auf, auchjungen Menschen mit ausländischen Wurzeln die Chance auf eine qua lifizierte Ausbildung im Handwerk zu geben.

Kentzler macht einen guten Vorschlag, wenn er junge Einwandererqualifizert ausbilden will. Die IG Metall sieht aber Jugendliche ausländi-scher Herkunft nicht als „Lückenbüßer“ für deutsche „Altersgenossen“,denen das Handwerk nicht attraktiv genug ist.

l Aufgeschnappt

I M P R E S S U M

Kfz-Handwerk – eine Beilage der metallzeitungHerausgeber: IG Metall Vorstand, Berthold Huber, Detlef Wetzel, Bertin EichlerWilhelm-Leuschner-Straße 7960329 Frankfurt/MainRedaktion: Helmut Hennecke, Sebastian Fersterra, Herbert WeberText und Gestaltung: WAHLE & WOLF,Druck: apm, 64295 DarmstadtProdukt-Nr.: 11-41452

NEUE IG METALL-ARBEITSHILFE: ARBEITSZEITWERTE IM KFZ-HANDWERK„Arbeitszeitwerte und Leistungslohn – Wie Betriebsräte undBeschäftigte für faire Regelungen im Kfz-Handwerk sorgenkönnen“, so lautet der Titel einer aktuellenArbeitshilfe der IG Metall. Die Broschürebeschäftigt sich ausführlich damit, wieArbeitszeitwerte zu stande kommen. Siezeigt auf, wie Ar beit nehmervertreter dasBetriebsverfassungsgesetz und Ta rif ver -träge sowie Betriebsvereinbarungen nut-zen können. Außerdem geht es um kon-krete Probleme und Lösungen: Was tun, wenn die Vorgabewerte zu niedrig sind?➤ Kostenlos bestellen: [email protected]

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Arbeitszeitwerte und LeistungslohnWie Betriebsräte und Beschäftigte für faire Regelungen im Kfz-Handwerk sorgen können

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