108

Parker streichelt heiße Katzen

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Parker streichelt heiße Katzen
Page 2: Parker streichelt heiße Katzen

BButlutleerr�

PParkearkerr�NNrr. 72. 72�

John D. Acton�

Parker streichelt�heiße Katzen�

2�

Page 3: Parker streichelt heiße Katzen

Paddy Lovanski, Junggeselle und Besitzer einer ansehnlichen Apartment-Wohnung, gähnte langanhaltend, als er sich im Badezimmer seinen Stoppelbart kürzte. Er hatte einen scheußli-chen Kater, ihn bereits mit einigen Tabletten zu bekämpfen ver-sucht und glaubte, im überhitzten Badezimmer ersticken zu müssen.

Er schob das Fenster mit der Milchglasscheibe hoch, schimpfte insgeheim über die mehr als frühe Morgenstunde und dachte mit Grauen an den Flug nach New York, wo er für seine Firma Damenoberbekleidung einzukaufen hatte. Er wußte aus ein-schlägiger Erfahrung, daß die Kopfschmerzen erst gegen Nach-mittag nachließen. Bis dahin war noch sehr viel Zeit.

Um etwas frische Luft zu schnappen, schob er den Kopf hinaus in die frische Morgenluft und registrierte im Unterbewußtsein auf der anderen Straßenseite den obligaten Milchwagen, der stets um diese Zeit durch die Vorortsstraße fuhr. Paddy Lovan-ski wollte sich wieder dem Spiegel zuwenden, als er unwillkür-lich anerkennend schnalzte.

Der Milchhändler schien sich einen neuen Mitarbeiter zugelegt zu haben. Besser gesagt, eine Mitarbeiterin, die ungewöhnlich attraktiv aussah. In der Beurteilung solcher Qualitäten war Paddy ein Fachmann, dem man vertrauen konnte.

Ein langbeiniges Mädchen von schätzungsweise 20 Jahren schien in einen ungewöhnlich knappen Overall hineingeschos-sen worden zu sein. Dieser himmelblaue Overall zog jede Linie des knabenhaft schlanken Körpers nach. Das dunkelblonde Haar stak zum größten Teil unter einer langschirmigen Kappe.

Dieses reizende Milchmädchen trug einen Drahtkorb hinüber zum Haus Nr. 246, drückte neben der Tür ein schmales Fenster auf und stellte zwei Milchflaschen in den Korridor des Hauses. Paddy vergaß für einen kurzen Moment die scheußlichen Kopf-

3�

Page 4: Parker streichelt heiße Katzen

schmerzen, als das Milchmädchen sich dabei zwangsläufig bückte.

Sie ging zurück zum Milchwagen und zeigte Paddy dabei das Gesicht. Seine Erwartungen wurden weit übertroffen. Pikant, das war der richtige Ausdruck dafür. Über betonten Backenkno-chen waren da leicht schräg gestellte Augen, die dem Gesicht einen etwas katzenhaften Ausdruck verliehen.

Paddy Lovanski handelte spontan. Er schob seinen Kopf durch das geöffnete Fenster, pfiff und winkte dann nach unten. Dazu lächelte er wie ein großer Junge.

Das Milchmädchen war bei seinem Pfiff zusammengefahren. Es schaute jetzt hoch, lächelte und winkte zurück. Dann ver-schwand es schnell im Wagen und fuhr los.

Erst später fiel Paddy auf, daß dieses Milchmädchen auf die Belieferung der anderen Kunden verzichtet hatte. Doch als er sich an diese Einzelheit erinnerte, da war es für ihn bereits zu spät…

*

»Parker… Parker…!?« Mike Rander war erbost und legte die Morgenzeitung aus der

Hand, die er zum Frühstück genießen wollte. Er sah kriegerisch hoch, als sein Butler prompt und geräuschlos das Frühstücks-zimmer der großen Dachgartenwohnung betrat und nach einer angedeuteten Verbeugung seinen jungen Herrn erwartungsvoll ansah.

»Wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, daß Sie in meiner Zei-tung keine Artikel anstreichen sollen«, sagte Rander unwillig, was mich interessiert, werde ich auch ohne Ihre freundliche Hilfe finden.«

»Ich bin äußerst bestürzt, Sir«, Parker schritt würdevoll auf den

4�

Page 5: Parker streichelt heiße Katzen

Frühstückstisch zu und zauberte eine zweite, noch unberührte Zeitung hervor, »ich fürchte, Sir, daß ich Ihnen versehentlich mein Zeitungsexemplar servierte.«

»Versehentlich!?« Rander sah seinen Butler mißtrauisch an. Dann lächelte er und schüttelte den Kopf. »Wenn Sie glauben, daß ich auf irgend etwas anbeißen werde, dann befinden Sie sich auf dem Holzweg.«

»Sehr wohl, Sir!« Parkers Gesicht blieb unbeweglich. »Erlauben Sie, daß ich die Exemplare austausche?«

»Diesmal werden Sie es nicht schaffen, mich in irgendeinen Kriminalfall hineinzubugsieren.«

»Sehr wohl, Sir!« »Und überhaupt… Seit wann interessieren wir uns für die Feu-

erwehr?« »Ich bitte um Vergebung, Sir, falls ich Sie inkommodiert haben

sollte. Dieses Interesse entdeckte ich ausschließlich bei mir.« »Schön, Parker, danke!« Mike Rander nickte seinem Butler zu

und widmete sich nun der taufrischen Zeitung, in der keine Arti-kel und Meldungen angekreuzt waren. Dennoch war und blieb er leicht irritiert. Schließlich kannte er ja seinen Butler seit Jah-ren. Und er wußte aus Erfahrung, daß Josuah Parker immer wie-der versuchte, ihn für ausgefallene Kriminalfälle zu erwärmen.

Warum also, so fragte Rander sich, hatte Parker diese drei Arti-kel angekreuzt? Warum hatte er darauf aufmerksam machen wollen?

»Parker!?« Rander schob die Kaffeetasse zurück und zündete sich eine Zigarette an. Sein Butler betrat schon wieder das kleine Frühstückszimmer, durch dessen Fenster man weit hinaus auf den Michigan-See sehen konnte. Ein phantastischer Ausblick, um den Anwalt Mike Rander zu beneiden war. Er wohnte zwar im Herzen von Chikago, doch durchaus wie auf einer mittel-großen, grünen Insel. Sein Penthouse stand auf dem Dach eines

5�

Page 6: Parker streichelt heiße Katzen

Bürohochhauses und war umgeben von einem großen, fast immergrünen Dachgarten.

»Nun schießen Sie schon los«, meinte Rander und stand auf. »Auf welche Ungereimtheiten sind Sie gestoßen?«

»Ich möchte keineswegs aufdringlich wirken, Sir.« »Nun schmollen Sie nicht, Parker, raus mit der Sprache. Auf

was sind Sie gestoßen? Was ist mit dem Monatsbericht der Feu-erpolizei?«

»Da Sie darauf bestehen, Sir, werde ich mich bemühen, die Tat-sachen kurz und knapp zusammenzufassen.«

»Versuchen Sie, es in rund zehn Minuten zu schaffen«, frotzelte Mike Ranker. Er kannte die umständliche Ausdrucksweise sei-nes Butlers, die seine Nerven nur zu oft in leichte Vibration brachte.

»Aus dem Monatsbericht der Feuerlöschpolizei geht hervor, daß eine Häufung von rätselhaften Zimmer- und Hausbränden zu verzeichnen ist, Sir.«

»Weiter, Parker, machen Sie’s nicht so spannend!« »Der Dachverband der Versicherungen spricht in einer Ver-

lautbarung von einer ungewöhnlich hohen Ausschüttung von Geldbeträgen zur Deckung von Feuerversicherungen.«

»Dürfte ja wohl logisch sein, Parker!« Rander lächelte, »wenn’s brennt, müssen die Versicherungen eben zahlen. Das ist ihr Risiko.«

»Gewiß, Sir.« Parker deutete eine leichte Verbeugung an, die seine Zustimmung deutlich machen sollte. »In einem dritten Artikel in besagter Morgenzeitung wird kommentarlos der töd-lich verlaufene Unfall eines gewissen Mister Paul Wake gemel-det.«

»Paul Wake… Paul Wake? Der Name kommt mir bekannt vor…«

»Gewiß, Sir. Mister Paul Wake war Versicherungsinspektor der

6�

Page 7: Parker streichelt heiße Katzen

Middel West Insurance und galt als Fachmann auf dem Gebiet des Versicherungsbetrugs. Seine Spezialität war die Aufklärung von Brandstiftungen.«

»Richtig… Ich sah ihn im Fernsehen… Wollte er nicht seine Memoiren schreiben?«

»In der Tat, Sir. Er kündigte einige Sensationen an. Ich darf darauf hinweisen, daß Mister Wake vor einem halben Jahr pen-sioniert wurde.«

»Kommen wir zur entscheidenden Frage, Parker, worauf wol-len Sie hinaus?«

»Ich möchte in aller Bescheidenheit behaupten, Sir, daß Mister Paul Wake ermordet wurde, weil er einer Organisation auf der Spur war, die sich mit dem Legen von Bränden beschäftigt, die dies auf besondere Anforderung tut und dafür Prämien erhebt.«

»Nichts gegen Ihre Phantasie«, erwiderte Mike Rander und schmunzelte amüsiert, »aber diesmal dürfte sie mit Ihnen davongaloppiert sein. Um es ganz deutlich zu sagen, Parker, Sie sehen Gespenster!«

*

Der mittelgroße Mann mit dem leichten Bauchansatz und dem schütteren Haar betrat zögernd die kleine Bierbar, räusperte sich nervös und ging dann hinüber zur Theke, hinter der ein Barkee-per gelangweilt Gläser spülte und polierte.

Die Bar war um diese frühe Morgenstunde nur wenig besucht. Es gab da ein paar Gewohnheitstrinker, die noch müde waren und sich erst langsam in Fahrt brachten, dann einige Laufkun-den, die schnell ein kühles Bier trinken wollten, und im Hinter-grund neben der Tür zu den Toiletten ein einzelner Gast, der die Zeitung las.

Der mittelgroße Mann wirkte irgendwie verlegen, als er zu

7�

Page 8: Parker streichelt heiße Katzen

dem Zeitungsleser hinüberging und dann vor ihm stehenblieb. »Ich soll Grüße von Tante Ethel bestellen«, sagte er, »Sie sind

doch Mike, ja?« Der Zeitungsleser ließ das Blatt sinken, nickte und deutete auf

den Stuhl neben sich. »Ich bin Mike«, sagte er dann, »seit wann ist Tante Ethel denn

wieder gesund?« »Seit viereinhalb Tagen«, erwiderte der Mittelgroße, auf dessen

Stirn sich kleine Schweißperlen gebildet hatten. »Okay, kommen wir zur Sache«, meinte Mike nüchtern und

routiniert, »welche Schwierigkeiten haben Sie?« »Ich weiß nicht recht, wie ich es ausdrücken soll.« Der Mittel-

große schien fast so etwas wie Angst vor Mike zu haben. »Ich bin Papierwarengroßhändler… Mein Geschäft ist in der 213. Straße. Und ich…«

»Gut versichert?« fragte Mike knapp. »Sehr gut. Äh, ich meine…« Der Mittelgroße senkte den Kopf

und starrte zu Boden. »Wann soll Ihr Laden sich in Rauch auflösen?« erkundigte

Mike sich sachlich. »Wie, bitte? Äh… Also denken Sie nur ja nicht, ich…« Der Mit-

telgroße brachte seinen Satz nicht zu Ende, sondern hüstelte ner-vös.

»Wann?« wiederholte Mike. »Also, ich bin übermorgen unterwegs nach Detroit und treffe

mich da mit meinen Vertretern… Ich hätte also ein Alibi!« Nun konnte der Mittelgroße schnell und flüssig reden. Er schien sich vorher bereits alles zurechtgelegt haben, was diesen Punkt der Sache anbetraf.

»Wie hoch sind Sie versichert?« »Mit… Mit 75.000 Dollar…« Der Mittelgroße sah Mike unsicher

an.

8�

Page 9: Parker streichelt heiße Katzen

»Also mit 100.000…!« Mike nickte nur. »Zwanzig Prozent davon gehen an uns.«

»Ja, natürlich.« »Vorkasse!« »Soviel? Also, wissen Sie, soviel habe ich nicht. Ich müßte

erst…« »Dann tun Sie, was Sie erst noch müssen.« Mike erhob sich. Für

ihn war die Verhandlung so gut wie beendet. »20.000 Dollar Vorkasse. Bringen Sie das Geld in kleinen und gebrauchten Scheinen pünktlich um 18.00 Uhr zum Bahnhof und mieten Sie sich dort ein Schließfach. Den Schlüssel geben Sie der Person, die sich Ihnen als Tante Ethel vorstellen wird. Alles klar, oder noch Fragen?«

»Ich… werde… ich werde pünktlich sein«, stotterte der Mittel-große beeindruckt, »ich kann mich aber darauf verlassen, daß Sie alles so hinbekommen, daß…«

»Wir sind doch keine Anfänger«, sagte Mike knapp, »die Versi-cherungsgelder sind Ihnen schon jetzt völlig sicher!«

*

Ein Pulk spielender Kinder riß Mund und Nase auf, als ein selt-sam anzusehendes Vehikel die Straße herunterkam und dann vor dem Holzhaus anhielt. Bevor der Motor abgeschaltet wurde, produzierte der Doppelauspuff eine gewaltige, dunkle Rauch-wolke, die das Fahrzeug fast vollkommen einnebelte.

Durch diesen Dunst schritt Josuah Parker, schwarz gekleidet wie immer. Auf seinem Kopf saß unverrückbar fest die schwarze Melone. Über dem linken Unterarm hing korrekt ein altväterlich gebundener Regenschirm, der aus der Zeit des Biedermeiers zu stammen schien.

Parker übersah souverän die erstaunten Gesichter der Kinder

9�

Page 10: Parker streichelt heiße Katzen

und schritt würdevoll auf das Haus des Mister Paul Wake zu. Dabei registrierten seine kühlen, grauen Augen, daß auf der Auffahrt zur Garage ein dunkelgrauer Ford stand, an dessen Steuer ein Mann von schätzungsweise 40 Jahren saß, der in einer Zeitung las.

Parker läutete. Im Innern des Hauses rührte sich daraufhin eine Art Glocken-

spiel, das allerdings leicht verstimmt war. Bevor ihm die Tür geöffnet wurde, hörte Parker hinter sich schnelle Schritte. Den-noch drehte er sich nicht um. Er schien sie überhaupt nicht zur Kenntnis genommen zu haben.

»Los, rein und keine Zicken machen!« Irgendein harter Gegen-stand preßte sich gegen Parkers Rücken. Die männliche Stimme hinter ihm klang sanft, dennoch ging von ihr eine böse Drohung aus.

Die Tür öffnete sich. Der Mann hinter dem Butler drückte Parker nachdrücklich in

das Haus hinein, dann schnappte die Tür wieder zu. »Mein Name ist Parker, Josuah Parker«, stellte der Butler sich

dem Mann vor, der ihm die Tür geöffnet hatte. Es handelte sich um einen stämmigen, untersetzten Typ von etwa 45 Jahren, der einige Jahre in diversen Boxringen gestanden haben mußte. Er besaß jene typischen Blumenkohlohren, die man sich in Ring-schlachten einzuhandeln pflegt, hinzu kam eine zerknautschte Nase, deren Knorpel nicht mehr existierten.

»Und mein Name ist Hase«, erwiderte der Stämmige und grinste. »Klopfen Sie keine Sprüche, Mann! Mund halten und mitkommen!«

Parker folgte dem Stämmigen in das Wohnzimmer. Hinter ihm blieb der zweite Mann, der ihn so überaus nachdrücklich und freundlich zum Nähertreten eingeladen hatte.

»Darf ich höflichst fragen, ob hier ein Tornado mittleren Aus-

10�

Page 11: Parker streichelt heiße Katzen

maßes sein Unwesen getrieben hat?« Parker deutete mit der Schirmspitze auf das Chaos im Wohnraum. Hier war alles auf den Kopf gestellt worden. Der Boden war mit Papieren, zerrisse-nen Büchern, mit Kissenfüllungen und zertrümmerten Kleinmö-beln bedeckt.

»Was wollen Sie hier?« fragte der Stämmige und baute sich vor dem Butler auf. Der zweite Mann kam um den Butler herum und stellte sich neben seinen Partner. Er hielt eine automatische Pistole in der Hand, auf deren Mündung ein Schalldämpfer auf-geschraubt war. Es handelte sich um den jungen Mann aus dem Ford.

»Ich könnte Ihnen antworten, der Vertreter des Bestattungsun-ternehmens zu sein«, gab der Butler höflich und gemessen zurück, »da ich Lügen jedoch verabscheue, möchte ich der Wahrheit die Ehre geben und erklären, daß ich Butler bin!«

»So sehen Sie auch aus«, sagte der Stämmige und grinste. »Und was wollen Sie hier?« fragte der Mann aus dem Ford. »Ich hatte die Absicht, mich mit den Angehörigen des Mister

Paul Wake in Verbindung zu setzen.« »Und weshalb?« Der Stämmige sah den Butler wachsam und

mißtrauisch an. »Ich interessiere mich für die Memoiren, die Mister Wake

schreiben wollte. Genauer gesagt, für das, was er bis zu seinem Tod hatte niederschreiben können.«

Der Stämmige und der Mann aus dem Ford warfen sich wech-selseitig je einen schnellen Blick zu. Der Hinweis auf Memoiren schien ihnen etwas zu sagen.

»Was wollen Sie denn mit den Memoiren?« Nun war der Mann aus dem Ford an der Reihe.

»Gewisse Theorien Mister Wakes interessieren meine beschei-dene Wenigkeit.«

Die beiden Männer wußten mit dieser blumig umschriebenen

11�

Page 12: Parker streichelt heiße Katzen

Antwort im Moment nichts anzufangen und sahen sich leicht irritiert an.

»Ich darf es wohl so formulieren«, präzisierte der Butler, »mei-nes Wissens wollte Mister Wake den Beweis antreten, daß es in dieser Stadt gewisse Personen gibt, die gegen Barleistungen bereit sind, Feuer zu legen und so Versicherungsgelder zu ver-einnahmen.«

Der irritierte Blick der beiden Männer wurde noch intensiver. Jetzt hatten sie verstanden und sie waren ehelich überrascht. Mit solch einer offenen Antwort hatten sie ganz sicher nicht gerech-net. Sie konnten ja nicht ahnen, daß diese Offenheit Parkers Tak-tik war. Damit verblüffte er immer wieder und forderte seine Gegner zu Dummheiten heraus.

»Haben Sie Wake gekannt?« erkundigte der Stämmige sich endlich.

»Dazu kam es leider nicht mehr«, entgegnete der Butler, »der plötzliche und tödliche Unfall, der in meinen Augen übrigens ein Mord gewesen sein muß, hinderte mich daran, Mister Wakes Bekanntschaft zu machen.«

»Ruf mal besser an!« sagte der Mann aus dem Ford zu dem Stämmigen, »entweder haben wir’s mit ’nem Verrückten zu tun, oder aber mit ’nem ganz ausgekochten Burschen!« Der Stäm-mige nickte und ging ans Telefon. Als er wählte, verdeckte sein Körper die Wählscheibe. Er wollte vermeiden, daß Parker sich die Nummer einprägte. Er konnte nicht wissen, daß Josuah Par-ker es durch intensives Training soweit gebracht hatte, am Kli-cken und Sirren der zurückgleitenden Wählerscheibe die Num-mer zu erkennen.

»Umdrehen!« kommandierte der Mann aus dem Ford und umfaßte seine Waffe noch fester. Er hatte die feste Absicht, Par-ker niederzuschlagen.

»Darf ich Sie vorher noch auf ein Versäumnis aufmerksam

12�

Page 13: Parker streichelt heiße Katzen

machen?« Parker sah den Mann aus dem Ford bedeutungsvoll an.

»Na!?« fragte der Mann neugierig zurück. »Würden Sie freundlicherweise einmal auf den Bambusgriff

meines Regenschirms sehen?« Der Mann aus dem Ford kam diesem Wunsch wie unter einem

fremden Zwang nach und schob sein Gesicht vor. Dadurch exponierte sich gleichzeitig sein Kinn.

Parker legte nun den bleigefütterten Bambusgriff seines Schirms gegen dieses Kinn, worauf der Mann aus dem Ford die Augen verdrehte, leicht aufseufzte und dann in schraubenähnli-chen Bewegungen zu Boden ging.

Parker kickte die schallgedämpfte Waffe mit der Spitze seines Regenschirms unter einen der Schränke und tippte dann mit der Spitze des Schirms auf die Schulter des Stämmigen, der bisher noch gar nichts gemerkt hatte und auf seinen Anschluß wartete.

»Einen Moment, bitte!« Der Stämmige wandte sich um und… erstarrte, als aus der

Spitze dieses Regenschirms ein schmaler Degen hervorschnellte, dessen federnde und wippende Spitze sich auf seinen Adamsap-fel legte.

»Es würde mir leid tun, falls ich Sie erschreckt haben sollte«, entschuldigte sich Parker, »Sie dürfen aber versichert sein, daß Ihnen mit Sicherheit nichts passieren wird, falls Sie sich entspre-chend zurückhaltend benehmen!«

*

»Tante Ethel!« meldete sich eine nicht unsympathische Stimme, als Josuah Parker gerade den Hörer übernommen hatte.

»Ich erlaube mir, Sie zu begrüßen«, antwortete Parker, wäh-rend er dafür sorgte, daß die Degenspitze nach wie vor auf dem

13�

Page 14: Parker streichelt heiße Katzen

Adamsapfel des Stämmigen liegenblieb, »darf ich mich vorstel-len… Parker mein Name, Josuah Parker!«

Auf der Gegenseite war ein leichtes Schnaufen der Überra-schung zu hören.

»Ich fürchte, daß ich Ihre beiden Neffen hier im Hause des Mis-ter Wake ein wenig rauh anfassen mußte«, redete der Butler in seiner höflich-gemessenen Art weiter, »ich darf Ihnen aber versi-chern, daß körperliche Schäden bisher nicht aufgetreten sind.«

»Hören Sie genau zu, Mister Parker«, erwiderte Tante Ethel jetzt, nachdem sie sich von der Überraschung erholt zu haben schien, »Sie wissen vielleicht nicht, daß Sie mit dem Feuer spie-len. Lassen Sie sich warnen! Was immer Sie auch getan haben oder noch tun werden, Sie werden nicht lange leben, wenn Sie nicht…«

»Sie erlauben, daß ich Sie unterbreche.« Parker nickte dem Stämmigen freundlich zu, dessen Gesicht schweißnaß geworden war und dessen Augen verwegen auf die Degenspitze schielten, »Drohungen schätze ich nicht sonderlich, zumal sie gegen die guten Sitten verstoßen.«

»Sie müssen wissen, was Sie tun, Mister Parker! Es geht um Ihr Leben, nicht um das meine!«

»Geht es im Moment nicht um die Memoiren des verstorbenen Mister Wake?« fragte Parker zurück.

»Was wissen Sie von den Memoiren?« Tante Ethels Stimme wurde etwas schrill.

»Dies werden Ihnen Ihre beiden Neffen zu berichten wissen«, schloß Parker die Unterhaltung und legte den Hörer auf. Dann wandte er sich ausschließlich dem Stämmigen zu, der vor lauter Schielen hinunter auf die Degenspitze bereits aus dem Gleichge-wicht gekommen war und nun leicht schwankte.

»Freundliche Grüße an Ihre Tante Ethel«, sagte Parker höflich, »berichten Sie der Dame, daß ich mein bescheidenes Augenmerk

14�

Page 15: Parker streichelt heiße Katzen

ab sofort auf gewisse Brände richten werde. Und nun möchte ich Sie bitten, das zu räumen, was man gemeinhin das Feld nennt!«

Als Parker den Stockdegen zurück in den Schirm rutschen ließ, spielte der Stämmige sehr deutlich und sichtbar mit der Mög-lichkeit, sich auf den Butler zu stürzen.

Doch dann schien er sich seine Chancen ausgerechnet zu haben und verzichtete auf einen Angriff.

»Wir sprechen uns noch«, drohte er dafür grollend, »und dann werde ich Ihnen mal zeigen, was ’ne Harke ist. Wir sprechen uns noch, mein Wort darauf!«

»Ich sehe einer erneuten Begegnung mit Interesse entgegen«, sagte Parker kühl, »würden Sie nun die Freundlichkeit haben und Ihren Mitarbeiter hinüber zum Wagen tragen? Ich möchte die Suche nach den Memoiren des Mister Wake fortsetzen!«

*

»Und haben Sie sie gefunden?« wollte Mike Rander eine gute Stunde später wissen. Josuah Parker hatte ihn in seinem Stadt-büro aufgesucht und Bericht erstattet.

»Leider kann ich Ihre Frage nicht positiv beantworten«, gab der Butler zurück, »die bewußten Memoiren sind entweder nicht im Haus des verstorbenen Mister Wake, oder aber so gut ver-steckt worden, daß sie nicht zu finden sind. Es gibt allerdings noch eine dritte Möglichkeit, Sir.«

»Wake hat sie vor seinem Tode weggeschafft.« »Dies, Sir, wäre durchaus möglich.« »Aber wohl kaum denkbar. Immerhin arbeitete er doch an sei-

nen Erinnerungen. Nicht anzunehmen, daß er jede Seite aus dem Haus geschafft hat.«

»Vielleicht unter der Voraussetzung, daß er gewisse und über-raschende Besuche befürchtete.«

15�

Page 16: Parker streichelt heiße Katzen

»Spekulationen, Parker.« Rander befaßte sich schon wieder mit dem Schriftsatz auf seinem Schreibtisch. »Ihre Tante Ethel und die beiden Neffen dieser Dame interessieren mich nicht.«

»Sehr wohl, Sir.« »Ich möchte nicht, daß Sie sich mit diesen Leuten befassen.

Aufregungen haben wir in den vergangenen Monaten hinrei-chend genug gehabt.«

»Sehr wohl, Sir.« Parkers Haltung wurde womöglich noch stei-fer als sonst.

»Sie sind mit meiner Haltung natürlich mal wieder nicht ein-verstanden, wie?«

»Sehr wohl, Sir… Hier handelt es sich um Gangster, die ganz offensichtlich gegen Bezahlung Brände legen und sich nicht scheuen, Menschen umzubringen, die ihnen unbequem werden. Ich verweise auf den Tod des Mister Wake. Solchen Gangstern sollte man umgehend und nachdrücklich das Handwerk legen.«

»Da stimme ich Ihnen zu, Parker, aber Sie haben wahrschein-lich vergessen, daß wir so etwas wie eine Polizei haben, die sich berufsmäßig damit zu befassen hat.«

»Gewiß, Sir, aber vor Überlastung dürfte sie gewisse Zusam-menhänge nicht sehen oder erkannt haben.«

»Unterschätzen Sie Lieutenant Madfords Büro nur nicht.« Mike Rander lächelte. »Ich gehe jede Wette ein, daß er sich bereits mit Wakes Tod befaßt.«

»Wie Sie meinen, Sir.« »Also schön«, Rander seufzte und verdrehte die Augen.

»Befassen Sie sich von mir aus weiter mit dieser Tante samt Nef-fen… Aber rechnen Sie nicht mit meiner Hilfe, Parker! Ich bin schließlich Anwalt und habe andere Dinge zu tun.«

»Ich werde Sie auf keinen Fall belästigen, Sir, wenn es sich eben einrichten läßt. Ich möchte mir allerdings erlauben, eine Warnung auszusprechen.«

16�

Page 17: Parker streichelt heiße Katzen

»Ja?« Rander sah von seinem Schriftsatz hoch. »Besagte Tante Ethel und ihre beiden Neffen werden inzwi-

schen in Erfahrung gebracht haben, daß ich die Ehre habe Ihr Butler zu sein. Daraus werden diese Gangster gewisse Schlüsse ziehen, die in ihrer Endkonsequenz eine tödliche Gefahr darstel-len könnten.«

»Okay, Parker! Sie haben’s wieder mal geschafft und mich in einen Fall hineingezogen«, gab Rander in einer Mischung aus Ärger und Ergebenheit zurück, »befassen wir beide uns also mit Tante Ethel…«

»Und mit den ›Heißen Katzen‹, Sir!« »Womit? Mit heißen Kat-zen?« »Nach meinen oberflächlichen Ermittlungen, Sir, wird in Kreisen der Unterwelt von jungen Damen getuschelt, die man im Berufsjargon ›Heiße Katzen‹ nennt. Diese jungen Damen sol-len sich dem Vernehmen nach mit Brandstiftung befassen und dürften offensichtlich Nichten besagter Tante Ethel sein.«

*

Die beiden jungen Damen sahen recht ansehnlich aus, wie Josuah Parker es bezeichnet hätte. Eine von ihnen trug ein dezentes Kostüm im Minischnitt, die zweite ein weitschwingen-des Kleid, das den sommerlichen Temperaturen durchaus ange-paßt war.

Sie standen neben einem Chrysler und unterhielten sich ange-regt miteinander. Es sah wie Zufall aus, daß sie sich in Höhe jenes Hauses befanden, in dem Anwalt Mike Rander sein Stadt-büro eingerichtet hatte.

Rander besaß noch eine zweite Kanzlei, sie war jedoch in jenem Bürohochhaus untergebracht, auf dessen Dach sein Penthouse stand. Im Stadtbüro, das sich im Loop befand, wurden all jene Fälle juristisch vorbereitet, die vor dem Stadtgericht zur Ver-

17�

Page 18: Parker streichelt heiße Katzen

handlung kamen. Im Bürohochhaus hingegen beschäftigte Mike Rander sich mit internationalen Fällen. Diese Trennung war not-wendig geworden, weil seine Anwaltsfirma sich von Jahr zu Jahr immer mehr ausweitete. Nur dank seiner erstklassigen juristi-schen Hilfskräfte konnte er es sich leisten, sich nebenbei noch als Privatdetektiv auf eigene Faust zu betätigen. Selbstverständlich besaß Mike Rander alle erforderlichen Lizenzen. Hinzu kam, daß er und sein Butler immer wieder von den verschiedenen Abteilungen der nationalen Geheimdienste um Mitarbeit gebe-ten wurde.

Die beiden reizenden jungen Damen standen also in der Höhe des Eingangs zum Stadtbüro und plauderten angeregt miteinan-der. Dabei beobachteten sie intensiv den Eingang und waren wie elektrisiert, als plötzlich Josuah Parker die Straße betrat.

Auf ihn hatten sie gewartet. Sie mischten sich sofort unter die Passanten, die den Gehsteig

bevölkerten, schoben sich geschickt an den Butler heran und nahmen ihn zwischen sich.

»Mister Parker«, sagte die junge Dame, die das Kostüm trug, »in meiner Handtasche befindet sich eine fast lautlose Preßluft-pistole!«

»Wie interessant.«, stellte der Butler ohne. jede Verblüffung fest, »darf ich höflichst fragen, um welches Modell es sich han-delt?«

»Um eine Preston Eins-Null!« gab die verblüffte Dame unwill-kürlich und äußerst prompt zurück, um sich Bruchteile von Sekunden später darüber ungemein zu ärgern.

»Der Hellman würde ich den Vorzug geben«, entschied Parker, »ihre Durchschlagkraft ist wesentlich stärker, wenngleich sie allerdings den Nachteil hat, ein wenig größer und schwerer zu sein.«

»Ob Preston oder Hellman«, sagte die zweite junge Dame ner-

18�

Page 19: Parker streichelt heiße Katzen

vös, »wir werden schießen, falls Sie nicht sofort mit uns in den Wagen steigen!«

»Darf ich unterstellen, daß eine gewisse Tante Ethel meine Wenigkeit zu sprechen wünscht?«

»Richtig! Kommen Sie!« Sie ließen den Butler nicht aus den Augen und führten ihn hin-

über zu ihrem Chrysler. Die junge Dame im Kostüm nahm neben Parker Platz, die andere junge Dame übernahm das Steuer und lenkte den Chrysler geschickt in den Verkehr.

»Gehe ich richtig in der Annahme, daß Tante Ethel sich für gewisse Memoiren interessiert?« erkundigte Parker sich höflich.

»Sie gehen richtig«, beschied ihm die junge Dame, »glauben Sie nur ja nicht, uns mit irgendwelchen Tricks hereinlegen zu kön-nen.« »So etwas oder Ähnliches würde ich mir niemals erlauben«, erwiderte Parker höflich und entschieden, »schließ-lich habe ich es mit jungen Damen zu tun, die mit Höflichkeit zu behandeln sind.«

»Auch diese Tour zieht bei uns nicht.«, rief ihm die junge Dame vom Steuer zu. »Wahrscheinlich haben Sie überhaupt keine Ahnung, auf was Sie sich da eingelassen haben.«

*

Während der Fahrt durch die Stadt tat Josuah Parker selbstver-ständlich nichts, um wieder Herr der Situation zu werden. Viel-leicht tat er es deshalb nicht, weil er sich als Herr dieser Lage betrachtete. Es wäre ihm leichtgefallen, diese beiden jungen Damen zur Ordnung zu rufen, doch seine Neugier auf Tante Ethel war zu groß.

Die Fahrt endete nach fast dreißig Minuten zu Parkers Überra-schung in einer Bungalowsiedlung, die fast vor der Fertigstel-lung war. Sämtliche Häuser, übrigens gleichförmig, was den Stil

19�

Page 20: Parker streichelt heiße Katzen

anbetraf, besaßen schon Fenster und Türen. An Bungalows im Hintergrund vor einer Baumgruppe wurde noch gearbeitet.

»Steigen Sie aus«, sagte die Dame im Kostüm, »gehen Sie dort auf die Tür zu! Wir sind dicht hinter Ihnen!«

»Wie Sie es wünschen, meine Damen.« Parker verließ den Chrysler und ging zu der bezeichneten Haustür. Hinter sich hörte er das Klappern diverser Absätze, das wie aufgeregtes Kastagnettenstakkato klang.

Die Tür wurde geöffnet. Parker trat ohne Zögern oder Angst ein. Er wußte, wie gut im

Moment noch seine Position war. Schließlich wollte man von ihm erfahren, wie er vermutete, wo sich gewisse Aufzeichnun-gen eines Mister Paul Wake befanden.

Zwei weitere junge Damen, sie mochten schätzungsweise fünf-undzwanzig Jahre alt sein, empfingen ihn und brachten ihn hin-über in einen Wohnraum, dessen Fenster- und Terrassen Jalou-sien heruntergelassen worden waren. In diesem Wohnraum brannten zwei starke Kleinscheinwerfer, deren Licht sich auf einen noch leeren Stuhl konzentrierte.

Parker wurde bedeutet, auf diesem Stuhl Platz zu nehmen. Was er höflichst und etwas umständlich tat. Er legte seine schwarz behandschuhten Hände über den Griff seines Univer-sal-Regenschirms und duldete das gleißende Licht.

»Ich möchte keineswegs versäumen, der Regie meine Anerken-nung auszudrücken«, sagte er dann in das Licht hinein, »jene Dame, die sich am Telefon Tante Ethel nannte, scheint über hin-reichende und entsprechende Erfahrung zu verfügen.«

»Danke, Mister Parker«, reagierte eine Stimme hinter den Scheinwerfern, »dieses Lob aus Ihrem Mund bedeutet schon einiges.«

»Sie möchten von mir erfahren, ob ich die Memoiren des Mis-ter Wake gefunden habe?« Parker kam sofort zur Sache.

20�

Page 21: Parker streichelt heiße Katzen

»Richtig, Mister Parker! Ich freue mich, daß Sie das geplante Verfahren abkürzen wollen. Wo also befinden sich diese Memoi-ren?«

»Sollten Sie nicht möglicherweise damit gerechnet haben, daß ich solch eine Auskunft verweigern könnte?«

»Natürlich habe ich damit gerechnet. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie zu einer Aussage erst gezwungen werden wollen. Sie sollten doch wissen, Mister Parker, daß man jeden Menschen zum Sprechen bringen kann.«

»In der Tat, Madam.« »Also, lassen Sie’s darauf lieber nicht ankommen. Wo befinden

sich also die Memoiren?« »Wahrscheinlich werden Sie mir nicht glauben, wenn ich Ihnen

mitteile, daß ich diese Memoiren nicht gefunden habe…« »Sicher sogar… Meine Freundinnen haben genau gesehen, daß

Sie mit einem Päckchen aus Wakes Wohnung kamen.« »Da ich mit einer Beobachtung rechnete, habe ich mir erlaubt,

dieses Päckchen zurechtmachen. Es enthielt allerdings nur einige wertlose Magazine.«

»Lassen Sie diese faulen Ausreden, Parker!« Tante Ethels Stimme wurde schrill, obwohl Parker die Wahrheit und nichts als die Wahrheit gesagt hatte.

»Ich hielt mich durchaus an die Tatsachen, Madam!« »Machen Sie mich nicht ärgerlich, Parker! Ich gebe Ihnen genau

eine Minute Zeit, die Wahrheit zu sagen.« Die vier jungen Damen schoben sich in die Lichtflut. Und sie

sahen nun gar nicht mehr sonderlich nett und freundlich aus. Dies hing wohl mit den Reitpeitschen zusammen, die sie in ihren Händen trugen.

Zur Schonung ihrer Kleider hatten sie sich schwere Gummi-schürzen umgelegt, wie sie von Röntgenärzten bevorzugt wer-den. Sie sahen darin drohend und gefährlich aus.

21�

Page 22: Parker streichelt heiße Katzen

»Ich fürchte, ich habe Sie ein wenig unterschätzt, Madam«, sagte Parker in Richtung der beiden Scheinwerfer.

»Noch fünfundvierzig Sekunden«, antwortete Tante Ethel. »Sie überschätzen die Memoiren«, fügte Parker hinzu. »Noch dreißig Sekunden«, erwiderte Tante Ethel. Ihre Stimme

vibrierte ein wenig, aber ganz sicher nicht aus Angst. »Könnte man sich nicht einigen?« schlug Josuah Parker vor. »Noch fünfzehn Sekunden«, drohte Tante Ethel. »Ihre Stoppuhr geht eindeutig zu schnell«, monierte der Butler

und zog an der schweren Chromnickelkette seine zwiebelförmig aussehende Taschenuhr aus der Westentasche, eine Bewegung, die die Damen duldeten.

Von ihrem Standpunkt aus hätten sie es besser nicht getan, denn Parker ließ den Deckel aufspringen, worauf ein ungemein greller Blitz selbst das Licht der beiden Scheinwerfer verdun-kelte.

Geblendet und überrascht zuckten die Damen zurück. Tante Ethel, wahrscheinlich geistesgegenwärtiger, feuerte mit

leichter Verzögerung einen Schuß auf Parker ab, doch der Butler hatte es vorgezogen, seinen Stuhl zu räumen. Wirkungslos pfiff das Geschoß an ihm vorbei in die Wand des Wohnraums und richtete hier einige reparierbare Schäden an.

»Laßt ihn nicht entkommen«, schrie Tante Ethel wütend, »paßt auf, er will flüchten!«

Sie strengten sich ehrlich an, den Butler zu suchen und ihm den Rückweg abzuschneiden. Doch der wallende Nebel, der sie inzwischen umgab, machte das unmöglich. Josuah Parker hatte im übertragenen Sinn in seine Trickkiste gegriffen und für wei-tere Verwirrung gesorgt.

Er interessierte sich selbstverständlich für Tante Ethel und beeilte sich, hinüber zu den Scheinwerfern zu gelangen. Doch daran hinderten ihn die vier jungen Damen, die sich gegenseitig

22�

Page 23: Parker streichelt heiße Katzen

behinderten und sich mit Schlägen traktierten. Zu diesem Zeitpunkt ahnte Parker schon, daß Tante Ethel

sicherheitshalber die Flucht ergriffen haben mußte. Eine Frau mit dieser Unterweltsroutine ging kein unnötiges Risiko ein.

Notgedrungen beschränkte Parker sich darauf, eine der vier jungen Damen in Gewahrsam zu nehmen. Sie lief bedauerlicher-weise in der allgemeinen Verwirrung gegen einen der Schein-werfer, stürzte zusammen mit ihm um und verlor das Bewußt-sein. Parker konnte später seinem jungen Herrn gegenüber beschwören, daß er daran nicht beteiligt gewesen war.

Als der Nebel sich verzogen hatte, als man wieder etwas zu sehen vermochte, befand Parker sich mit der jungen Dame allein auf weiter Flur. Ethel und die drei anderen Damen hatten sich inzwischen erfolgreich abgesetzt.

»Dafür werde ich Sie umbringen«, wurde die junge Dame gif-tig. Ihre Augen versprühten Haß. Sie war außer sich, obwohl sie noch leicht benommen war.

»Ich schlage vor, Sie denken jetzt erst einmal an Ihr eigenes Leben«, erwiderte Parker gemessen und höflich, »wenn ich Tante Ethel, um bei diesem Namen zu bleiben, richtig ein-schätze, wird sie gewisse Aussagen erst gar nicht zulassen!«

»Von mir erfahren Sie nichts! Niemals!« Sie war sich ihrer Sache vollkommen sicher.

»Ich glaube Ihnen durchaus«, gab Parker zurück, »die Frage ist und bleibt, ob auch Mrs. Ethel dies annimmt. Ich fürchte, sie wird die Sicherheit Ihres Unternehmens dem vagen Risiko vor-ziehen!«

*

»Wenn Sie mich nicht gehen lassen, werden Sie einen Skandal erleben. Die Bauarbeiter werden mir glauben, nicht Ihnen!«

23�

Page 24: Parker streichelt heiße Katzen

Sie deutete durch das Flurfenster hinaus auf die Straße. Alar-miert und angelockt durch den Schuß, erschienen einige hand-fest aussehende Männer auf der Bildfläche.

»Lassen Sie sich noch einmal warnen«, sagte Parker, »Ihre Tante Ethel wird Sie nicht schonen.«

Sie sah ihn verächtlich an, lächelte dann amüsiert und öffnete die Tür des Bungalows. Dann ging sie hinaus, ohne sich weiter um den Butler zu kümmern.

Josuah Parker, an einer fruchtlosen Auseinandersetzung mit den Bauarbeitern nicht interessiert, verließ den Bungalow über die Terrassentür und schritt durch den Garten hinüber zur Straße. Dann schlug er einen Bogen und überquerte die Straße. Dabei hielt er Ausschau nach Tante Ethel und ihren Nichten. Sei-ner Ansicht nach mußten sie sich noch in unmittelbarer Nähe des Bungalows aufhalten.

Die junge Dame hatte inzwischen Kontakt mit den Bauarbei-tern aufgenommen und bugsierte sie geschickt in den Bungalow hinein. Die Bauarbeiter, froh über eine Abwechslung, beeilten sich in den Bungalow hineinzukommen. Sie waren derart eifrig, daß sie auf die junge Dame vorerst nicht weiter achteten.

In diesen Sekunden ereignete sich genau das, womit Josuah Parker insgeheim gerechnet hatte.

Der Chrysler brauste aus einer Querstraße hervor und nahm direkten Kurs auf die junge Dame, die erfreut winkte und sich bereits gerettet glaubte.

Parker wußte, daß es anders kommen würde. Da er nicht über eine Schußwaffe verfügte, um den Chrysler zu

stoppen, rief er der jungen Dame eine laute Warnung zu. Sie drehte sich überrascht zu ihm um und winkte ironisch. Für sie war es klar, daß Tante Ethel sie jetzt abholen würde.

Nun, der Chrysler hielt kurz an. Parker sah, wie die junge Dame plötzlich entsetzt zurückwich

24�

Page 25: Parker streichelt heiße Katzen

und dabei abwehrend die Arme hoch. Bruchteile von Sekunden später »ploppten.« zwei schallgedämpfte Schüsse aus dem Chrysler.

Während der Wagen mit durchtourenden Reifen scharf anzog und losfuhr, griff die junge Dame nach ihrer Brust, taumelte und rutschte in sich zusammen.

Parker verzichtete auf die übliche Würde und entwickelte plötzlich eine sagenhafte Geschwindigkeit. Als er die junge Dame erreichte, stöhnte sie und sah ihn aus weit aufgerissenen Augen irgendwie erstaunt an.

»Ich werde sofort für einen Arzt sorgen«, sagte Parker, der allerdings ahnte, daß hier jede Hilfe zu spät kommen würde. Dennoch brachte er einige aus dem Bungalow herausstürzende Bauarbeiter auf Trab, die nach einem Arzt telefonieren sollten.

»Wo finde ich Tante Ethel?« fragte Parker eindringlich. »Sie… Sie hat geschossen«, flüsterte die junge Dame. »Wo hält Tante Ethel sich versteckt?« fragte der Butler erneut,

während sich die Bauarbeiter betroffen um ihn und um die Ster-bende versammelten.

»Mona Custer… Schnell!« flüsterte die junge Dame, »Sie soll nicht…«

Parker richtete sich auf und nahm seine schwarze Melone ab. Die Bauarbeiter sahen betreten auf die Tote hinunter. Sie wußten plötzlich, daß sich hier vor ihren Augen eine Tragödie abgespielt hatte.

Parker, der die geflüsterten Worte der Sterbenden einzig und allein gehört und auch verstanden hatte, prägte sich den Namen Mona Custer ein. Vielleicht war diese Frau der Schlüssel zu den »heißen Katzen«, die hier einen sinnlosen Mord begangen hat-ten…

*

25�

Page 26: Parker streichelt heiße Katzen

»Selbstverständlich bin ich nur zu gern bereit, Sir. Ihnen mit den erforderlichen Angaben zu dienen«, sagte Josuah Parker eine gute Stunde später, als er von Lieutenant Madford quasi verhört wurde. Der drahtige, energische und offensichtlich cholerische Lieutenant der Mordabteilung hatte sich vor Parker aufgebaut und sah mißtrauisch in das unbewegliche Pokergesicht des But-lers. Dann schüttelte Madford resigniert den Kopf.

»Ich gehe wieder mal jede Wette ein, daß Sie mir die wichtigs-ten Details verschwiegen haben.«

»Also, da muß ich Parker aber in Schutz nehmen.« Mike Rander schaltete sich von seinem Schreibtisch aus in die Unter-haltung ein, »Parker hat sich wirklich nur auf Grund von Hypo-thesen mit dieser Sache befaßt.«

»Sie wickelt er doch genauso ein wie mich«, regte Lieutenant Madford sich nun prompt auf. Er fühlte sich in Mike Randers Studio der Dachgartenwohnung wie zu Hause. Wie oft schon hatte er sich hier sehen lassen müssen, wenn Butler Parker wie-der einmal aktiv wurde.

»Ich fürchte, Sir, daß Sie meiner bescheidenen Wenigkeit wirk-lich Unrecht tun«, sagte Josuah Parker würdevoll zu Madford. »Wie richtig meine Hypothese allerdings ist, hat dieser so bedauerliche Mord an der jungen Dame bewiesen.«

»Wissen Sie inzwischen, wer sie war?« Rander lenkte vom Thema ab.

»Sie heißt Jane Gilbert, stammt hier aus Chikago und hatte mit der Polizei noch nie zu tun. Für uns ist sie ein unbeschriebenes Blatt.«

»Hat sie Angehörige?« »Danach forschen wir gerade, Rander. Bisher haben wir nur

herausgefunden, daß sie mit einer gewissen Mona Custer zusammenwohnte und als Vertreterin für Küchenartikel unter-

26�

Page 27: Parker streichelt heiße Katzen

wegs war.« Als Parker den Namen Mona Custer hörte, zuckte er selbstver-

ständlich mit keiner Wimper. Ihm fiel ein, daß er Lieutenant Madford diesen Namen unterschlagen hatte. Es handelte sich genau um den Namen, den die sterbende Jane Gilbert genannt hatte.

»Fassen wir also noch einmal zusammen«, schlug Mike Rander genau in dem Augenblick vor, als Parker sich Lieutenant Madford offenbaren wollte, »Parkers Theorie hat sich als richtig erwiesen. Wir scheinen es hier mit einer Bande zu tun zu haben, die sich auf bestellte Brandstiftung spezialisiert hat.«

»Sieht so aus«, brummte Lieutenant Madford. Er ärgerte sich darüber, daß nicht sein Büro diese Spur entdeckt hatte.

»Es dreht sich im Augenblick um die Memoiren von Paul Wake«, zählte Mike Rander weiter auf. »er scheint einiges über diese ›heißen Katzen‹ herausbekommen zu haben.«

»Sind die näheren Umstände des tödlichen Unfalls bekannt, Sir?« Parker sah Madford ruhig und würdevoll an. Er hatte sich entschlossen, den Namen Mona Custer vorerst nicht zu nennen. Er wollte Lieutenant Madford nicht unnötig belasten.

»Wake wurde überfahren… Ein völlig simpler, wenn auch bedauerlicher Verkehrsunfall.«

»Flüchtete der Fahrer, Sir?« »Das allerdings…« »Demnach scheint Mord nicht ausgeschlossen zu sein,

Madford.« Mike Ranker nickte seinem Butler zu, »Ihre Nase, Parker, lag wieder mal richtig im Wind.«

»Sie bringen einen alten, müden und relativ verbrauchten Mann in einige Verlegenheit, Sir.«

»Hören Sie doch nur mit der Masche auf«, erregte sich Madford prompt, »wie stellen Sie sich überhaupt die weitere Zusammenarbeit vor? Ich warne Sie, kommen Sie mir nur nicht

27�

Page 28: Parker streichelt heiße Katzen

ins Gehege, Parker! Diese Mona Custer nehme ich mir vor!« »Sehr wohl, Sir! Als Freundin der ermordeten Jane Gilbert

kann sie möglicherweise mit einigen Auskünften dienen.« »Und wie sieht’s mit den Memoiren von Paul Wake nun wirk-

lich aus? Haben Sie sie gefunden? Hoffentlich versuchen Sie nicht, mich aufs Kreuz zu legen. Wenn ich herausbekomme, daß Sie die Memoiren inzwischen haben, dann können Sie Gift dar-auf nehmen, daß ich Anklage wegen…«

»Madford, Sie benehmen sich unmöglich!« Rander sah den Lieutenant entgeistert an, »da bringt Parker Sie auf eine heiße Spur, zeichnet Ihnen Zusammenhänge auf, hinter die die Polizei überhaupt noch nicht gekommen ist, und Sie werfen hier mit Drohungen nur so um sich.«

»Wenn Sie verlangen, daß ich Parker jetzt auch noch umarmen soll vor Dankbarkeit, dann sind Sie auf dem Holzweg.« Madford blitzte Josuah Parker gereizt an, »auch ohne Ihren Butler wären wir diesen Brandstiftern auf die Spur gekommen. Früher oder später!«

»Das Wort ›früher‹ können Sie in diesem Zusammenhang aus-sparen«, frotzelte Mike Rander den Lieutenant an, »aber machen Sie sich nichts daraus, Madford, es muß ja auch langsame Leute geben!«

*

»Wenn er Ihnen nachweist, daß Sie ihm die Telefonnummer ver-schwiegen haben, explodiert Madford«, meinte Anwalt Rander eine halbe Stunde später, als er zusammen mit seinem Butler durch die Innenstadt fuhr. »Sind Sie sicher, die Nummer richtig mitbekommen zu haben?«

»Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, Sir.« »Dann wollen wir uns mal überraschen lassen. Sie wissen doch

28�

Page 29: Parker streichelt heiße Katzen

übrigens, daß wir seit dem Verlassen der Tiefgarage beschattet werden?«

»Sehr wohl, Sir. Es handelt sich um den Dienstwagen von Ser-geant McLean, der Ihnen und meiner bescheidenen Wenigkeit unauffällig zu folgen sucht.«

»Madford will wohl herausfinden, welche Spuren wir aufneh-men. Er traut Ihnen eben nicht.«

»Falls Sie erlauben, Sir, würde ich Sergeant McLean jetzt abschütteln oder auf eine falsche Spur lenken.«

»Abschütteln würde zu hart sein. McLean würde von Madford dann zerrissen.«

»Dann werde ich mir erlauben, ihm eine falsche Spur anzubie-ten, Sir.«

»Das müßte reichen, Parker! Ich lasse Ihnen da freie Hand.« Parker steigerte die Geschwindigkeit seines hochbeinigen Mon-

strums, um den verfolgenden McLean aufmerksam werden zu lassen. Er fuhr jedoch nicht so schnell, daß McLean den Anschluß verlieren konnte.

Josuah Parker kreuzte in einen südlichen Stadtteil hinüber und hielt zu Mike Randers Verblüffung vor einem alten Backstein-bau, in dem eine Tanzschule untergebracht war.

»Die Überprüfung der weiblichen Angestellten müßte Lieuten-ant Madford für einige Zeit beschäftigen«, meinte Josuah Parker, als er den erstaunt fragenden Blick Mike Randers sah, »ich hoffe, Sir, Sie sind mit dieser falschen Spur einigermaßen einverstan-den.«

»Madford wird auf sämtliche Palmen gehen, wenn er hinter diesen Trick kommt. Aber gut. Einverstanden! Ich werde mal für zehn Minuten drüben in der Tanzschule dumme Fragen stellen.«

Lächelnd verließ Mike Rander das hochbeinige Vehikel und verschwand in dem Backsteinbau.

Im Rückspiegel beobachtete Josuah Parker McLean, der gerade

29�

Page 30: Parker streichelt heiße Katzen

in angemessener Entfernung seinen Ford angehalten hatte und jetzt offensichtlich per Sprechfunk mit seinem Herrn und Meis-ter verhandelte. Josuah Parker konnte sich vorstellen, wie ver-blüfft Lieutenant Madford nun war.

Im übrigen beschäftigte Parker sich mit seinem Kriminalfall. Wie sein junger Herr schon richtig gesagt hatte, standen hinter der Theorie harte Realitäten. Es gab da eine Gruppe von Gangs-tern, die gegen Barzahlung Feuer legte und so dafür sorgte, daß die zahlenden Kunden in den risikolosen Genuß von Versiche-rungsgeldern kamen. Bei dieser Bande mußte, soweit war im Moment bekannt, eine gewisse Tante Ethel sein, die so etwas wie Nichten und Neffen beschäftigte, wie Josuah Parker die männli-chen und weiblichen Bandenmitglieder insgeheim nannte. Fer-ner hatte sich gezeigt, daß sowohl die Nichten als auch die Nef-fen selbst vor einem Mord nicht zurückschreckten. Hier hatte man es also mit sehr routinierten und brutalen Gangstern zu tun, denen man as Handwerk möglichst schnell legen mußte.

Das Interesse Tante Ethels hatte sich auf die immer noch nicht aufgefundenen Memoiren des pensionierten Versicherungsfach-mannes Paul Wake konzentriert.

Die Frage war nun, woher Tante Ethel, die Chefin der »heißen Katzen.« von diesen Memoiren wußte? Auf weitem gewöhnli-chen oder ungewöhnlichen Weg war ihr gesteckt worden, daß diese Memoiren für sie sehr gefährlich werden konnten!? Dieser Frage, so meint Parker, mußte energisch nachgegangen werden.

Die nächste Frage lag auf einem andren Gebiet. Brandstiftun-gen konnte an schließlich nicht im Versandhandel bestellen. Woher wußten die »heißen Katzen.« von möglichen Kunden? Wie brachten sie in Erfahrung, wer sich für eine kleine Brandstif-tung mit anschließendem Versicherungsbetrug interessierte?

Oder umgekehrt gefragt, wie setzen sich potentielle Versiche-rungsbetrüger mit Tante Ethel und ihren »heißen Katzen.« in

30�

Page 31: Parker streichelt heiße Katzen

Verbindung? Parkers Gedankengänge wurden unterbrochen, als Mike

Rander zum Wagen zurückkehrte und neben ihm Platz nahm. »So«, meinte er lächelnd, »das hätten wir! Jetzt werden

Madford und McLean sich die Zähne ausbeißen. Die Tanzschule beschäftigt fünf hauptamtliche und vier nebenberufliche Lehre-rinnen. Es wird ein paar Tage dauern, bis Madford sie alle durchleuchtet hat.«

»Darf ich Ihnen dann den Vorschlag unterbreiten, das Haus Nr. 1245 zu besuchen, Sir?«

»Falls McLean uns nicht auf den Fersen bleiben will!« »Falls dies der Fall sein sollte, Sir, müßte ich ihn nun abschüt-

teln. Ihr Einverständnis vorausgesetzt.« »Hängen Sie ihn ab! Er bleibt hartnäckig hinter uns!« Rander

sah sich unauffällig um. Der Ford McLeans befand sich zwei Wagen hinter ihnen, verlor aber sofort den Anschluß, als Josuah Parker das Tempo seines hochbeinigen Monstrums steigerte und dann hinauf auf eine Hochstraße fuhr, auf der höhere Geschwin-digkeiten zugelassen waren.

McLean strampelte sich redlich ab, um hinter dem Wagen Josuah Parkers zu bleiben, bis der Butler dann wenig später plötzlich vor einem großen und hohen Lastwagen die Fahrbahn wechselte und in einer Ausfahrt verschwand.

McLean versuchte ein riskantes Manöver, aber er kam nicht aus seiner Fahrspur heraus. Notgedrungen und wahrscheinlich schimpfend wie ein Rohrspatz mußte er weiterfahren. Seine nächstmögliche Ausfahrt kam erst nach zwei Meilen.

*

Das Haus Nr. 1245 entpuppte sich zu Randers und Parkers�Überraschung als ein ganzer Gebäudekomplex, der aus einem�

31�

Page 32: Parker streichelt heiße Katzen

vierstöckigen Hauptbau und drei rechtwinklig dazu stehenden Großbungalows bestand, die durch einen breiten überdachten Laubengang miteinander verbunden waren.

Das Gelände, auf dem die Häuser standen, war gärtnerisch gepflegt. Es gab einen herrlichen, sattgrünen Rasen, Blumen-beete und Strauchgruppen. Darüber rauschten die Zweige von Weidenbäumen und Kiefern. Es schien sich inmitten der Stadt, wenn auch in einem Außenbezirk, um eine grüne Oase zu han-deln.

»Sind Sie immer noch sicher, die Telefonnummer richtig mitbe-kommen zu haben?« fragte Rander, als er zusammen mit Parker ausstieg.

»Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit.«, antwor-tete Parker erneut, »ich möchte allerdings einräumen, daß ich das bin, was man gemeinhin verblüfft nennt. Hier scheint es sich um ein gepflegtes Altersheim zu handeln.«

»Das scheint nicht nur so, es ist ein Altersheim.« Rander deu-tete auf eine Bronzetafel neben dem Eingang, »das Heim nennt sich ›Abendfriede‹. Ich glaube, hier kann man sich wohl fühlen. Hören Sie, Parker, ich schlage Arbeitsteilung vor. Ich werde mich in der Nachbarschaft nach diesem Heim erkundigen, Sie können sich den Laden von innen ansehen.«

Parker war sofort einverstanden. Er lüftete grüßend seine schwarze Melone, als er sich von seinem jungen Herrn trennte. Dann schritt er über den mit Bruchsteinplatten ausgelegten Weg hinüber zum Eingang, der fast ausschließlich aus Glas bestand.

Die Tür war geschlossen. Auf sein Läuten hin – in der Halle ertönte ein melodisches Glo-

ckenspiel – erschien in der sonst menschenleeren Halle eine Dame von schätzungsweise sechzig Jahren. Sie trug ein dunkles Kleid mit weißem Spitzenbesatz.

»Sir?« fragte sie, nachdem sie geöffnet hatte.

32�

Page 33: Parker streichelt heiße Katzen

»Mein Name ist Parker, Josuah Parker«, stellte der Butler sich vor, »ich komme mit einem Anliegen zu Ihnen, das sich mit wenigen Worten kaum umreißen lassen wird.«

»Versuchen Sie’s!« gab die weißhaarige Dame lächelnd zurück, »aber bitte, treten Sie doch näher.«

Parker betrat die Halle und behielt seine Melone in der Hand. Mit einem schnellen Blick informierte er sich. Peinlichste Sauber-keit herrschte hier, die wenigen Sitzgruppen verrieten Geschmack, selbst die Bilder an der Wand hoben sich über das normale Niveau, das in solchen Häusern sonst anzutreffen war, weit hinaus.

»Wir sind ein privates Altersheim«, sagte die weißhaarige Dame, die diesen schnellen, prüfenden Blick bemerkt hatte, »wir sind eine Art Aktiengesellschaft, wenn ich es so ausdrücken soll. Mit den Geldeinlagen unserer Mitbewohner finanzieren wir das Haus.«

»Das von Ihnen geleitet wird, Madam, wenn ich diese Frage an Sie richten darf?«

»Ich habe heute nur den Besucherdienst übernommen«, erklärte die weißhaarige Dame weiter, »wir erledigen das reihum. So bleiben wir im Kontakt mit der Außenwelt.«

»Vielleicht können Sie mir jetzt und hier bereits helfen«, sagte Parker höflich und gemessen. Im Grunde zweifelte er bereits, daß er die Telefonnummer richtig herausgehört hatte, »ich würde zu gern eine gewisse Tante Ethel sprechen.«

»Ethel Flanders?« »Dies wird die bewußte Dame sein, zu der mein Herr mich

geschickt hat. Wo könnte ich besagte Mrs. Flanders erreichen?« »Warten Sie! Ich lasse sie informieren. Wenn Sie sich einen

Moment gedulden wollen!« Die weißhaarige Dame verschwand in einer Art Pförtnerloge

und telefonierte über einen Hausapparat. Dabei lächelte sie Par-

33�

Page 34: Parker streichelt heiße Katzen

ker durch die Glaswand distanziert zu. Parker war gespannt, wie Mrs. Ethel Flanders wohl aussehen

würde…

*

Sie war fast siebzig Jahre alt, ein wenig schwerhörig und offen-sichtlich irritiert, daß man sie besuchen wollte. Schon auf den ersten Blick stellte Parker fest, daß diese alte Dame unmöglich mit jener Tante Ethel identisch sein konnte, die auf ihn geschos-sen hatte.

Die Verständigung zwischen Ethel Flanders und Parker war laut und brachte nichts ein. Sie saßen sich in einem sehr komfor-tabel eingerichteten Besuchszimmer gegenüber und redeten aneinander vorbei. Parker entschuldigte sich damit, man habe ihm wahrscheinlich eine falsche Adresse und einen falschen Namen genannt. Er wollte die Unterhaltung so schnell wie mög-lich abbrechen und das Altersheim wieder verlassen.

Nachdem er sich von Ethel Flanders verabschiedet hatte, ging er zurück in die Empfangshalle, wo die weißhaarige Dame auf ihn wartete. Täuschte er sich, als er auf ihrem Gesicht den Anflug eines feinen, amüsierten Lächelns festzustellen glaubte?

»Sie haben die Unterredung schon beendet?« fragte sie dann, »wie schade… Ethel wird sehr enttäuscht sein. Wissen Sie, sie bekommt eigentlich niemals Besuch.«

»Ich muß bedauerlicherweise falsch informiert worden sein«, gab Parker höflich zurück, »Mrs. Flanders ist auf keinen Fall jene Dame, mit der ich wegen gewisser Memoiren verhandeln sollte und wollte.«

»Unsere liebe, gute Ethel will ihre Memoiren herausgeben?« Die weißhaarige Dame sah ihn erstaunt an.

»Nicht direkt.«, wich Parker aus, »selbst dann nicht, wenn sie

34�

Page 35: Parker streichelt heiße Katzen

es gewesen wäre, die anzutreffen ich annehmen mußte. Nun, ich bitte, die Belästigung und Störung entschuldigen zu wollen!«

»Sie können jederzeit wiederkommen«, sagte die Weißhaarige, »wir hier freuen uns über jeden Besuch.«

»Sprechen Sie im Namen der Leiterin dieses Unternehmens?« »Wir verwalten uns selbst.«, lautete die Auskunft, »wir haben

einen Verwaltungsrat gebildet und bestimmen jeweils für ein Vierteljahr, wer die Geschäfte führt. Sehen Sie, man muß sich schon etwas einfallen lassen, wenn man den Schwung nicht ver-lieren will.«

»Äußerst lobenswert.«, fand Josuah Parker, »falls ich noch eine abschließende Frage an Sie richten darf. Außer Mrs. Ethel Flan-ders gibt es keine andere Dame, die den Vornamen Ethel trägt?«

»Meines Wissens nicht. Aber ich kann das schnell feststellen. Wir besitzen selbstverständlich eine genaue Anwesenheitskartei. Darf ich den Nachnamen erfahren?«

»Eben dies ist die Schwierigkeit.«, entschuldigte Parker sich, »mein Herr ist Anwalt. Auf Wegen, die zu beschreiben wegen der Kompliziertheit sinnlos wäre, geriet Mr. Rander in den Besitz erstaunlicher Memoiren, zu deren Veröffentlichung er die Erlaubnis besagter Mrs. Ethel braucht.«

»Das hört sich wirklich sehr kompliziert an. Der Nachname ist wirklich nicht bekannt?«

»Meinem jungen Herrn wurde nur mitgeteilt, daß besagte Mrs. Ethel sich hier in diesem Heim befinden soll.«

»Dann sollte Ihr junger Herr doch besser noch einmal nachfra-gen. Hier muß offensichtlich eine Verwechslung vorliegen.«

»Für die ich mich nochmals sehr herzlich entschuldigen möchte, Madam!«

Parker lüftete seine bereits aufgesetzte Melone noch mal, deu-tete eine Verbeugung an und verließ die Empfangshalle. Er konnte sich des Gefühls nicht erwehren, daß er gegen eine Art

35�

Page 36: Parker streichelt heiße Katzen

imaginäre Gummiwand gelaufen war.

*

»Wieso denn, Parker?« fragte Mike Rander kurz danach, als sie wieder zusammen im Wagen saßen, »können Sie Gründe dafür anführen?«

»Leider nicht, Sir. Ich urteile rein gefühlsmäßig. Jene weißhaa-rige Dame wußte wahrscheinlich genau, wer ich war und wes-wegen ich das Heim aufsuchte. Haben Sie Ermittlungen erfreuli-cher Art tätigen können?«

»Das Altersheim ist sehr gut angeschrieben in der näheren Umgebung«, berichtete Mike Rander, »die Damen und Herren darin stammen aus gutsituierten Kreisen und verfügen alle über ein kleines Vermögen. Im Heim leben schätzungsweise 80 Perso-nen, je zur Hälfte Damen und Herren, alle so zwischen 60 und 80 Jahre alt.«

»Ich möchte mir von der Vernunft her gesehen natürlich einre-den, Sir, die bewußte Telefonnummer nicht richtig identifiziert zu haben. Auf der anderen Seite bin ich nach wie vor mit an Sicherheit grenzender…«

»… Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, sie richtig mitbekom-men zu haben. Das wollten Sie doch sagen, oder?«

»Sehr wohl, Sir!« »Sie haben sich mit Sicherheit getäuscht.«, sagte Rander und

grinste, »tut mir ausgesprochen gut, daß auch Sie mal daneben-getippt haben. Können Sie sich vorstellen, daß ein Altersheim das Hauptquartier einer Gangsterbande sein soll, die sich auf Brandstiftung spezialisiert hat? Ich nicht! Das ahnte ich schon, als Sie sich den Eigentümer des bewußten Telefonanschlusses besorgten.«

»Auch alte Damen und Herren können unter Umständen noch

36�

Page 37: Parker streichelt heiße Katzen

sehr aktiv sein, Sir!« »Sie äußern ja direkt unmoralische Ansichten, Parker«, frot-

zelte Mike Ranker. »Ich denke selbstverständlich nicht an gewisse zwischen-

menschliche Beziehungen, Sir!« »Sie bleiben also mißtrauisch, was das Altersheim angeht?« »Gewiß, Sir. Es würde mich ungemein interessieren zu erfra-

gen, um welche Insassen es sich handelt.« »Mit anderen Worten, ich soll meine Beziehungen spielen las-

sen und feststellen, wer die alten Leute sind?« »Wenn sich dies ermöglichen ließe, Sir, wäre ich das, was man

spontan überglücklich nennen würde!«

*

Paddy Lovanski hatte umdisponiert. Aus dem Flug nach New York war nichts geworden, wogegen

er überhaupt nichts einzuwenden hatte. Der Chef der Dameno-berbekleidungsfirma, für die Paddy als Einkäufer tätig war, war selbst geflogen und wollte erst am übernächsten Tag zurück nach Chikago kommen.

Paddy, dessen Kopfschmerzen sich immer noch nicht gelegt hatten, machte an diesem Tag sehr früh Feierabend, entschul-digte sich mit einer geschäftlichen Besprechung bei seiner Sekre-tärin und fuhr auf dem schnellsten Weg zurück nach Hause. Er wollte sich auf die Couch legen, seinen Haarspitzenkatarrh gründlich auskurieren.

Er war überrascht, als er in der heimatlichen Straße eintraf. Vor dem Haus Nr. 246 standen zwei Streifenwagen der Polizei und ein schweres Fahrzeug der Feuerpolizei. Das Haus selbst bestand nur noch aus rauchgeschwärzten Außen- und Innen-mauern, die von einem Brandkommando gerade aus Gründen

37�

Page 38: Parker streichelt heiße Katzen

der Sicherheit eingerissen wurden. Paddy Lovanski stieg aus seinem Wagen und vergaß die Kopf-

schmerzen. »Was ist denn da passiert?« fragte er den Hausmeister des

Wohnblocks, in dem er wohnte. Der schmale, nervöse Mann seufzte. Er deutete hinüber auf die Trümmer.

»Hier war vielleicht was los!« Er seufzte erneut. »Ging so gegen 9.30 Uhr los. Plötzlich stand das Haus da drüben in Flam-men. Und wie das gebrannt hat!

Da war nichts mehr zu machen. Als die Feuerwehr hier war, konnten gerade noch die Nachbarhäuser abgeschirmt werden.«

»Wie ist die Geschichte denn passiert?« Paddy wußte, daß er sich an irgend etwas erinnern mußte, aber noch zündete es in ihm nicht.

»Weiß kein Mensch…« Der Hausverwalter zuckte die Achseln. »Die Jungens von der Feuerwehr hatten überhaupt keine Chance…«

»Sind irgendwelche Menschen in Gefahr gewesen?« »Nee. Die Messmers waren überhaupt nicht zu Hause. Die

kamen erst vor ’ner knappen Stunde aus Atlantic City zurück. Na, die hätten Sie mal sehen sollen. Sie wissen doch, die Bilder im Haus. Der Messmer hatte da doch ’ne Galerie oder so was. Teure Bilder. Und jetzt alles verbrannt. Da wird die Versiche-rung aber blechen müssen!«

»Die Messmers waren in Atlantic City?« Paddy zergrübelte sich den Kopf. Da war noch etwas, was ihm am Morgen aufge-fallen war!

»Die waren dort auf ’ner Kunstauktion, hab’ ich wenigstens eben gehört. Zwei Tage waren sie weg. Und jetzt alles in Schutt und Asche.«

»Das Milchmädchen…!« Jetzt war bei Paddy der Groschen gefallen. Er sah sie wieder genau vor sich. Sie hatte die Milch ins

38�

Page 39: Parker streichelt heiße Katzen

Haus gestellt, wie es üblich war. Sie hatte aber alle übrigen Kun-den total vergessen und war mit dem Wagen sofort wieder weg-gefahren.

»Was war…?« Der Hausverwalter sah Paddy irritiert an. »Schon gut…!« Paddy wußte, was er zu tun hatte. Es galt, der

Polizei seine Beobachtungen mitzuteilen. Er war jetzt fest davon überzeugt, daß drüben bei den Messmers Feuer gelegt worden war.

Es gab in der Nähe der Brandstelle immer noch eine Reihe neu-gieriger Zuschauer und Beobachter. Paddy näherte sich diesen Menschen und blieb plötzlich wie angewurzelt stehen.

»Hallo…!« sagte er dann. »Hallo«, antwortete das Milchmädchen. Er erkannte es sofort

wieder. Ein Irrtum war ausgeschlossen. Mochte sie am Morgen auch den knappen Overall getragen haben und jetzt ein nettes Sommerkleidchen anhaben, sie war es!

»Ich habe die ganze Zeit auf Sie gewartet.«, sagte das Milch-mädchen, das wirklich reizend aussah.

»Auf mich…?« Paddy war überrascht. »Ich hab’ was Wichtiges für Sie«, redete das Milchmädchen mit

dem katzenhaft geschnittenen Gesicht weiter, »haben Sie Lust, mit zu meinem Wagen zu kommen? Ich muß Ihnen etwas zei-gen.«

»Da bin ich aber gespannt.« Paddy ließ sich von seinem ursprünglichen Vorhaben prompt ablenken. Er folgte ihr zu einem Chrysler hinüber, der ein Stück oberhalb der Brandstelle am Straßenrand stand.

»Da… Sehen Sie doch…!« Sie hatte die Wagentür geöffnet und deutete nach hinten in den Chrysler.

Paddys Augen weiteten sich. Er fühlte einen dicken Kloß im Hals.

»Steigen Sie ein«, sagte der Mann, der vor dem Sitz kniete, »los

39�

Page 40: Parker streichelt heiße Katzen

beeilen Sie sich…!« Paddy stieg in den Wagen und spürte, daß ihm der kalte

Schweiß ausbrach…

*

Parker hatte seinen jungen Herrn in der Stadtmitte abgesetzt und war zurück zum Altersheim gekehrt.

Er stellte sein hochbeiniges Monstrum genau dem verglasten Eingang gegenüber auf und gab sich anschließend dem Genuß einer seiner spezialgefertigten Zigarren hin. Da er allein war, konnte er sich dieses Kraut leisten, wie Mike Rander die schwar-zen Zigarren stets zu nennen pflegte.

Parker leitete mit seiner Wartestellung so etwas wie einen offe-nen Nervenkrieg ein. Er wußte, daß er beobachtet wurde. Absichtlich oder unabsichtlich. Ein Wagen wie sein Vehikel mußte einfach auffallen.

Parker richtete sich auf eine längere Wartezeit ein. Er hatte sich entsprechende Lektüre mitgenommen, studierte

altvertraute, englische Zeitungen und warf nur hin und wieder einen Blick hinüber auf den Eingang.

Mike Rander gegenüber hatte er keineswegs übertrieben. Er spürte es in den Fingerspitzen, daß dieser »Abendfriede« gar nicht so friedlich war, wie es nach außen hin den Anschein erweckte. Immer wieder sah er das gepflegte Gesicht der weiß-haarigen Dame vor sich, das amüsante, ironische Lächeln und die wissenden Augen.

Gewiß, es schien auf den ersten Blick eine fast absurde Vorstel-lung zu sein, dort im Altersheim den Sitz der Brandstifterbande zu vermuten. Doch Josuah Parker hatte im Verlauf vieler Krimi-nalfälle gelernt, daß auf diesem Gebiet einfach nichts unmöglich war. Je intelligenter Gangster waren, desto gerissener waren die

40�

Page 41: Parker streichelt heiße Katzen

Tarnungen. Nach einer guten halben Stunde setzte der Butler sein Vehikel

in Bewegung und umrundete das Grundstück, das von einer hohen Steinmauer umgeben war, die allerdings keinen Zucht-hauscharakter besaß. In die Mauer eingelassene Tonkübel und Blumennischen lockerten alles sehr freundlich auf. Parker stellte bei dieser Umrundung zu seiner Zufriedenheit fest, daß diese geschlossene Mauer keine noch so kleine Pforte besaß. Wer das Altersheim also betrat oder verließ, mußte, wenigstens regulär, den Haupteingang benutzen.

Nach der Umrundung baute Parker sich samt Monstrum wie-der auf dem alten Parkplatz auf und las in den Zeitungen.

Nach etwa zwanzig Minuten faltete er die Zeitung zusammen und unternahm eine zweite Umrundung.

Anschließend war er erneut vor dem Haupteingang zu sehen, wo er es sich in seinem Spezialwagen bequem machte.

Ihm fiel auf, daß die Insassen des Altersheims nicht ausgeh-freudig waren. Während der bisherigen Wache blieb das Portal verschlossen. Auch in der Empfangshalle war nichts zu sehen.

Parker griff nach einem deutlichen Summen im Wagen nach dem Hörer des Funktelefons, das er sich vor einigen Wochen hatte einbauen lassen.

»Sir?« meldete er sich. »Parker, gute Nachricht für Sie!« Mike Rander rief von seinem

Büro aus an. »Ich habe eine Liste der Insassen des Altersheims bekommen und sie durchgesehen. Raten Sie mal, wer sich dort eingekauft hat!?«

»Ich fürchte, Sir, daß ich noch nicht einmal mit einer vagen Vermutung dienen kann.«

»Randy Atkins!« »Dies, Sir, ist allerdings erfreulich. Mit Ihrer Erlaubnis werde

ich Mister Atkins einen Besuch abstatten.«

41�

Page 42: Parker streichelt heiße Katzen

»Wollte ich Ihnen gerade vorschlagen. Aber noch etwas… das Altersheim gilt als exklusiver Laden. Sehr gute Leute dort. Sie stammen im Schnitt aus der vermögenden Mittelschicht. Ich glaube nach wie vor, daß Sie dort mit Zitronen handeln werden, Parker.«

»Möglicherweise, Sir, aber darauf werde ich es gern ankom-men lassen. Nach meinem Besuch bei Mr. Atkins werde ich zurück ins Penthouse fahren und einen kleinen Abendimbiß her-richten.«

»Erwarten Sie mich so gegen zwanzig Uhr, ich habe noch eine Verabredung. Und noch etwas… Keine Extratouren…!«

»Sie können sich auf meine bescheidene Wenigkeit fest verlas-sen, Sir…! Ich melde mich hiermit ab…!«

Parker legte auf, verließ seinen Wagen, verschloß ihn, legte den bleigefütterten Bambusgriff seines Universal-Regenschirms über den linken Unterarm und überquerte die Straße.

Dabei wurde seine Aufmerksamkeit plötzlich auf ein Fenster abgelenkt, das sich genau zwei Etagen über dem Haupteingang befand. Dieses Fenster öffnete sich. Im Rahmen erschien der Oberkörper einer jungen Frau, die Pflege- oder Schwesternklei-dung trug.

Diese junge Frau winkte nach unten und kreuzte dann in schneller Folge die Arme wie zur Abwehr oder Warnung. Dann, als sei sie gestört worden, schloß sie ruckartig das Fenster.

Parker, der sich gehütet hatte, den Kopf zu heben, wurde in seinem Verdacht bestärkt, daß dieses friedliche Altersheim mehr barg als nur alte Menschen…

*

»Wie nett, Sie wieder hier bei uns zu sehen«, sagte die weißhaa-rige Dame, die ihm geöffnet hatte. »Kann ich irgend etwas für�

42�

Page 43: Parker streichelt heiße Katzen

Sie tun?« »Ich möchte Mr. Randy Atkins einen Besuch abstatten«, gab

Parker zurück. »Mr. Atkins…?« Die weißhaarige Dame schien mit solch einer

Antwort nicht gerechnet zu haben. Sie stutzte und wirkte end-lich mal ein wenig unsicher. »Ein guter Freund meines jungen Herrn, Madam.«

»Ich will… ich rufe sofort an, ob er Sie empfangen möchte. Gedulden Sie sich bitte ein wenig…!«

Sie nickte ihm knapp zu, eilte in ihren Glasverschlag und rief über die Telefonanlage an. Dieses Gespräch dauerte etwa zwei, drei Minuten. Dann kam die weißhaarige Dame zurück in die Empfangshalle und hob bedauernd die Schultern.

»Mr. Atkins läßt Sie grüßen«, meinte sie und zwang sich zu geschmeidiger Freundlichkeit, »er bittet Sie, doch in den nächs-ten Tagen vorbeizukommen, im Augenblick fühlt er sich nicht besonders wohl…«

»Dies bedaure ich aber ungemein«, erwiderte Parker höflich, »wenn Sie erlauben, werde ich selbst mit ihm sprechen. Ich habe ihm eine Nachricht von Mr. Rander auszurichten.«

Sie befand sich augenblicklich in einer Zwickmühle, da sie ganz offensichtlich gelogen hatte.

»Ja, gewiß«, meinte sie, »das läßt sich einrichten. Wenn Sie sich hinüber in die Anmeldung bemühen wollten.«

Parker folgte ihr. Sie bemühte noch einmal das Telefon und sprach mit einer Schwester Gwen. Dann legte sie auf und wandte sich an Parker.

»Schwester Gwen wird Sie zu Mr. Atkins bringen«, sagte sie. »Bitte, dehnen Sie den Besuch nicht zu sehr aus!«

»Ganz gewiß nicht.«, versprach Parker, »ich hoffe, Sie ange-nehm enttäuschen zu können.«

Schwester Gwen entpuppte sich als eine resolut aussehende

43�

Page 44: Parker streichelt heiße Katzen

Frau von schätzungsweise 50 Jahren. Sie war mittelgroß, stäm-mig und sicher auch recht stark. Sie trug weiße Schwesternklei-dung. Ihre Augen verbargen sich hinter einer großen, randlosen Brille, deren dicke Gläser die Augen wie unter einer Lupe ver-größerten.

Sie nickte dem Butler freundlich zu und ging voraus. Parker nickte der Weißhaarigen zu und lustwandelte mit der Schwester hinüber zum Lift.

»Mr. Atkins befindet sich im vierten Stock«, sagte Gwen, »hier im Haupthaus befinden sich die Damen und Herren, die auf ihrem Eigenleben bestehen.«

»Hier scheint eine gute Atmosphäre zu herrschen«, stellte Par-ker höflicherweise fest. Er betrat den Lift und… sah dann fast höflich in die Mündung eines 38ers, auf dessen Lauf ein Schall-dämpfer handelsüblicher Bauart aufgesteckt war, »gehört die hier mit zur allgemeinen Therapie?«

»Machen Sie keine Dummheiten, sonst werde ich schießen«, warnte Gwen ihn, »drücken Sie den Knopf für das Kellerge-schoß. Dort sind wir unter uns!«

»Werde ich den Vorzug haben, Tante Ethel zu sehen?« Parker tat so, als fühle er sich überhaupt nicht bedroht, zumal seine Position nicht schwach zu nennen war. Tante Ethel wollte ja schließlich von ihm erfahren, wo sich gewisse Memoiren befan-den. Und über dieses Thema konnte er nur reden, wenn er dazu noch physisch in der Lage war.

»Warten Sie’s ab!« erwiderte Gwen, die die Waffe übrigens sehr gekonnt handhabte. Selbst wenn Parker es zu diesem Zeit-punkt versucht hätte sie zu überrumpeln, wäre daraus nichts geworden.

Die kurze Fahrt mit dem Lift endete im Kellergeschoß des Haupthauses. Parker mußte aussteigen und wurde anschließend von Schwester Gwen durch einen langen, schmalen Gang bug-

44�

Page 45: Parker streichelt heiße Katzen

siert, unter dessen Decke dicke Versorgungsleitungen ange-bracht waren.

»Rechts die Tür«, kommandierte Schwester Gwen energisch. Josuah Parker kam diesem Wunsch sofort nach und drückte die Tür auf. Er betrat ohne Zögern einen kleinen, niedrigen Keller-raum, in dem große Weidenkörbe standen, die voll mit Gebrauchtwäsche bepackt waren.

In diesem Raum standen zwei Frauen, die ebenfalls Schwes-terntracht trugen. Parker prägte sich ihre Gesichter ein. Es han-delte sich keineswegs um jene jungen Damen, die sich durch Attraktivität ausgezeichnet hatten und denen er im Neubaubun-galow begegnet war.

»Umdrehen, die Hände gegen die Wand!« Schwester Gwen verstand ihr Handwerk. Parker zweifelte

nicht daran, zumal er zusammenzuckte, als ihm die Injektions-nadel einer Rekordspritze auf wenig feine Weise in die linke Hälfte seines Gesäßes geschlagen wurde…

*

Mike Rander war nach seiner Rückkehr ins Penthouse keines-wegs unruhig, als Josuah Parker nicht anwesend war. Routine-mäßig spulte er allerdings das Tonband des automatischen Ant-wortgebers ab und vergewisserte sich, ob in der Zwischenzeit für ihn ein Anruf gekommen war.

Eine hastige, verwirrt klingende Frauenstimme, bat ihn, sich um seinen Butler zu kümmern. Als Stichwort wurde das Alters-heim »Abendfriede« genannt.

Rander stutzte, spielte sich den kurzen Text noch einige Male vor und kam dann zu dem Schluß, daß seinem Butler etwas pas-siert sein mußte. Was? Nun das hatte die Anruferin wahrschein-lich aus Angst und Zeitgründen nicht mehr sagen können.

45�

Page 46: Parker streichelt heiße Katzen

Rander rief sofort Lieutenant Madford an, der sich um diese Zeit bereits in seiner Privatwohnung befand. Als Rander ihm seine Besorgnisse mitteilte, wurde Madford natürlich sofort hell-hörig.

»Altersheim? Was hat Parker denn da ausgegraben?« »Das erzähle ich Ihnen, wenn ich Sie abgeholt habe, Madford«,

erwiderte Rander, »können Sie McLean noch auftreiben? Könnte sein, daß uns ein paar harte Stunden bevorstehen.«

Madford war sofort einverstanden. Mike Rander versorgte sich mit einer Schußwaffe, die er laut

erteilter Lizenz tragen durfte, ging zurück in den Expreßlift und fuhr hinunter in die Tiefgarage.

Als er die Tür aufdrücken wollte, sperrte sie. Irgendein schwe-rer Gegenstand schien sie zu hemmen. Mike Ranker verdoppelte seine Anstrengungen und… sah sich dann einem Mann gegen-über, der schlaff und regungslos vor ihm lag.

Nach flüchtiger Untersuchung fand Rander heraus, daß dieser Mann tot sein mußte. Eine Verletzung konnte er allerdings nicht entdecken. Dafür fand er jedoch eine schmale Karte, auf der ihm die »heißen Katzen.« kurz mitteilten, er und Parker seien jetzt an der Reihe, ins Jenseits befördert zu werden.

Der junge Anwalt drehte die Karte nachdenklich in der Hand. Und dann wurde ihm bewußt, welch gutes Ziel er bot. Seine Gestalt hob sich gegen den hellen Lift wie ein Schattenriß ab. Schnell brachte er sich in Deckung. Dann fuhr er wieder hinauf in seine Dachgartenwohnung und rief Madford erneut an.

»Hören Sie«, schloß er, nachdem er von seinem Fund berichtet hatte, »aus unserem gemeinsamen Ausflug wird nichts, denke ich. Sie haben jetzt in meiner Tiefgarage zu tun. Ich werde aber nicht auf Sie warten, Madford, ich fahre ’rüber zum Altersheim.«

»Okay«, sagte Madford, »aber Sie werden McLean mitnehmen. Wenn es darauf ankommt, kann er ganz schön zulangen. Und

46�

Page 47: Parker streichelt heiße Katzen

passen Sie höllisch auf. Diese ›heißen Katzen‹ scheinen ver-dammt scharfe und spitze Krallen zu haben!«

*

Als Josuah Parker praktisch ohne jeden Übergang erwachte, fühlte er sich nicht besonders.

Er hob vorsichtig den Kopf und registrierte, daß er auf einem schmalen Feldbett lag. Auf einem Hocker in der Nähe lagen ordentlich seine Melone und sein Universal-Regenschirm. Er wunderte sich kaum darüber, daß man ihm Hände und Füße gebunden hatte.

Sein nächster Blick galt dem Raum, in dem man ihn festhielt. Schwester Gwen und ihre beiden Helferinnen hatten ihn in

einem Keller untergebracht, dessen Wände aus nackten, rohen Ziegelsteinen bestanden. Unter der Decke hing eine gleißend helle Lampe, die ihn blendete. Erfreulicherweise befand Parker sich allein in diesem Keller.

Er verlor natürlich keine Zeit damit, seine Lage zu beklagen. Er wußte, dass man ihn mittels einer Spritze betäubt hatte. Und er wußte auch, was man gleich oder später von ihm wollte. Er sollte sich über die Memoiren eines gewissen Paul Wake auslas-sen. Schwester Gwen aus dem Altersheim hatte sicher keine Hemmungen, ihn schnell zum Reden zu bringen.

Parker winkelte seine Beine an und entwickelte dabei akrobati-sche Fertigkeiten, die man ihm sicher kaum zugetraut hätte. Es ging ihm darum, die dünnen, aber soliden Stricke in die Nähe seiner schwarzen Schuhe zu bringen. Und dies natürlich nicht ohne Grund, wie man sich denken kann.

Die Innenkanten seiner Schuhabsätze waren nämlich von ihm präpariert worden. Diese Kanten bestanden aus geschwärztem Diamantstahl, der selbst Stahldraht innerhalb weniger Sekunden

47�

Page 48: Parker streichelt heiße Katzen

zerschnitten hätte. Wie leicht mußte es also für diesen Stahl sein, die Stricke zu durchtrennen.

Dies geschah auch tatsächlich in Rekordzeit. Nach einigen Sekunden vermochte Parker seine Handgelenke bereits ausein-anderzubringen. Parker zerschnitt die Stricke an den Gelenken und massierte schnell und geschickt die leicht geschwollenen Hände. Anschließend befreite er seine Füße.

Man hatte ihn durchsucht, aber natürlich keine Waffen norma-ler Bauart bei ihm gefunden. Parker hatte keine Schußwaffe mit sich geführt. Bekannterweise bediente er sich solcher Instru-mente immer nur dann, wenn es sich nicht mehr anders einrich-ten ließ.

Dennoch blieb er nicht waffenlos. Er kontrollierte seine Kugelschreiber in der Westentasche. Sie

waren dort festgesteckt worden und enthielten Überraschungen, die ein normaler Durchschnittsbürger sich nicht träumen ließ. Diese Kugelschreiber waren von Josuah Parker sorgfältig herge-richtet worden. Sie hatten schon manchen Gegner mehr als nur leicht verwirrt.

Der Butler entschied sich für einen vollkommen normal ausse-henden Kugelschreiber, in dem sich eine Miniatur-Kohlensäure-patrone befand, die in der Lage war, nacheinander zwei kleine Nadeln zu verschießen, deren Spitzen mit einem ungemein schnell wirkenden Betäubungsmittel versehen waren. Durch Drehen des Clips konnten die Ladungen nacheinander abgefeu-ert werden.

Er schaffte es gerade noch, das Spezialblitzlicht in der großen Zierperle seiner Krawatte an einen Batteriekugelschreiber anzu-schließen, als er hinter der dicken Holztür gedämpfte, aber schnelle Schritte hörte.

Josuah Parker legte sich zurück auf die Pritsche und wartete auf seine Besucherinnen. Vielleicht hatte er Glück, daß sogar

48�

Page 49: Parker streichelt heiße Katzen

Tante Ethel erschien und ihm die Fragen stellte, mit denen er fest rechnete.

Ein Schlüssel fuhrwerkte im Schloß herum, dann wurde die Tür aufgedrückt. Schwester Gwen, begleitet von ihren beiden Helferinnen, schob sich in den Keller.

»Aha, schon wieder wach!« konstatierte sie fast anerkennend, »Sie können aber sehr viel vertragen, Parker…«

»Ich möchte jetzt und hier in aller Form entschiedenen Protest gegen meine unwürdige Entführung einlegen«, sagte Parker, der die zerschnittenen Stricke derart geschickt angeordnet hatte, daß man nichts von ihrem jetzigen Zustand sehen oder erraten konnte.

»Schön, beschweren Sie sich«, meinte Schwester Gwen und lachte fast humorvoll, »aber sagen Sie mir dann auch, wo sich die Memoiren von Wake befinden.«

»Sind Sie möglicherweise mit Tante Ethel identisch?« wollte Parker wissen. Bevor er das Blatt wendete, wollte er noch einige Informationen sammeln.

»Ich und Tante Ethel?« Gwen lachte breit. »Das wäre zu schön, um wahr zu sein, Parker. Ich bin nur ihre rechte Hand, wenn Sie’s genau wissen wollen. Aber kommen wir zum Thema! Wo sind die Memoiren?«

»Was geschieht mit meiner bescheidenen Person, falls ich Ihnen mit einer Auskunft diene?«

»Das hängt von der Chefin ab.« »Die möglicherweise wie entscheiden wird?« »Warten Sie’s doch ab, Parker! Sie werden so oder so über-

rascht sein. Also, wo sind die Memoiren? Wo haben Sie sie ver-steckt?«

»Ich sagte schon Ihrer Chefin, wie Sie sich ausdrückten, daß ich die Memoiren keineswegs besitze…«

»Verabreicht ihm die Penthatolspritze«, wendete sich Schwes-

49�

Page 50: Parker streichelt heiße Katzen

ter Gwen, an ihre beiden Mitarbeiterinnen, »sobald das Zeug wirkt, wird er freiwillig alles sagen!«

»Selbst ein Wahrheitsserum wird meine Aussage nicht ändern.«

»Warten wir’s ab!« Schwester Gwen schien es besser zu wissen. »Daß ihr Männer immer solche Schwierigkeiten machen müßt!«

Die beiden jüngeren Damen schoben sich mit startbereiten Spritzen an die Pritsche heran und zuckten entgeistert zusam-men, als sie dann plötzlich von dem Zierperlenblitzlicht total geblendet wurden. Wie versteinert blieben sie stehen und waren nicht fähig, irgend etwas zu unternehmen.

Dafür ging Schwester Gwen aber sofort zum Angriff über. Resolut und sogar routiniert.

Sie warf sich auf den Butler und wollte ihn mit ihrem Gewicht auf der Pritsche festnageln. Josuah Parker aber hatte es vorgezo-gen, sich von dieser Pritsche zu rollen. Schwester Gwen landete bäuchlings auf dem wackligen Lager, das unter ihrem Gewicht zusammenkrachte, sich in seine Einzelbestandteile auflöste und zusammen mit der Pflegeschwester auf dem Steinboden landete.

Dabei passierte etwas Komisches. Ein der geblendeten Mitarbeiterinnen hatte die Spritze vor

Schreck verloren. Sie war auf dem Segeltuch der Pritsche gelan-det und hatte sich nun zielsicher in Schwester Gwens rechten Oberschenkel gebohrt.

Parker nutzte die Chance und beförderte den Inhalt der Spritze in besagten Oberschenkel. Dann befaßte er sich mit den beiden hilflosen Damen, die wie blind im Keller herumirrten, aufeinan-der trafen und sich gegenseitig zu Boden bringen wollten.

»Aber nicht doch, meine Damen«, tadelte Parker sanft, »ich schlage ebenso eindringlich wie höflich vor, die guten Sitten und Manieren unter allen Umständen zu wahren.«

Gleichzeitig betätigte er seinen Patentkugelschreiber, der die

50�

Page 51: Parker streichelt heiße Katzen

beiden Betäubungsnadeln treffsicher ins Ziel setzte…

*

»Aber natürlich erinnere ich mich an Ihren Butler. Ein bezau-bernder Mann. So formvollendet in seinen Manieren, so…«

»Ich muß Sie leider unterbrechen«, sagte Mike Rander hastig, »wissen Sie, wo er geblieben ist?«

»Wie soll ich das wissen?« Die weißhaarige Dame sah den jun-gen Anwalt konsterniert und erstaunt an, »nach seiner Unterhal-tung mit unserem lieben Freund Atkins verließ er unser Haus und fuhr in seinem Wagen davon.«

»Sein Wagen steht auf der anderen Straßenseite«, schaltete Ser-geant McLean sich ein, »weggefahren ist er also nicht!«

»Vielleicht ist er zurückgekommen, um Mister Atkins wieder hier vor dem Haus abzusetzen!« Die weißhaarige Dame ließ sich nicht verblüffen.

»Mein Butler ist also mit Mister Atkins weggefahren?« Rander ließ nicht locker.

»Daß sie zusammen weggefahren sind, habe ich gesehen, ob Ihr Butler Atkins wieder zurückgebracht hat, entzieht sich mei-ner Kenntnis. Sie müssen wissen, daß die Damen und Herren unseres Hauses alle ihren persönlichen Schlüssel besitzen.«

»Verbinden Sie mich bitte mit Mister Atkins!« Randers Stimme klang nicht sonderlich verbindlich. Er fürchtete um das Leben seines Butlers, der ihm mehr als nur ein guter Freund war. Zwi-schen Parker und Mike Rander hatte sich im Lauf der Zeit fast so etwas wie ein gutes Vater-Sohn-Verhältnis entwickelt, über das keiner von ihnen natürlich je gesprochen hätte.

»Aber bitte. Ich werde Sie sofort mit unserem Freund Atkins verbinden.« Die weißhaarige Dame blieb unerschütterlich freundlich. »Sie können sich aber auch mit ihm in Verbindung

51�

Page 52: Parker streichelt heiße Katzen

setzen. Ich werde ihn sofort bitten hierherzukommen.« »Ich glaube, das ist es! Lassen Sie Mister Atkins in die Halle

bitten, ja?« »Ich will Ihnen mal was sagen, Sir«, sagte Sergeant McLean,

der sonst ziemlich mundfaul war, »die ganze Sache hier stinkt zum Himmel!«

»Genau!« Rander nickte nachdrücklich. »Jetzt kommt es darauf an, was Atkins uns zu sagen hat.«

»Und wenn er unter Druck steht?« McLean hatte so seine Bedenken. Der große, massige Mann, der an eine mißlungene Kreuzung aus Kleiderschrank und Grislybär erinnerte, deutete nach, draußen. »Könnten wir diesen Atkins nicht nach draußen nehmen? Woher kennen Sie ihn? Und wer ist dieser Atkins?«

»Randy Atkins! Kommt Ihnen der Name nicht bekannt vor, McLean?«

»Meinen Sie den Atkins?« McLean grinste. »Den, den sie vor ein paar Jahren entlassen haben? Aus dem Staatsgefängnis? Nachdem Sie beweisen konnten, Sir, daß er unschuldig ist!?«

»Den Atkins meine ich! Und er wird uns die Wahrheit sagen, verlassen Sie sich darauf!«

McLean und Rander beendeten ihre Unterhaltung, als Randy Atkins in der Empfangshalle erschien. Er saß in einem Elektro-rollstuhl und winkte Mike Ranker grüßend zu.

»Hallo, Mister Rander!« Er reichte dem jungen Anwalt die Hand und schüttelte sie ausgiebig, »schön, auch Sie wieder zu sehen.«

»Nachdem mein Butler bei Ihnen war?« »Genau! Wir haben über vergangene Zeiten geredet.« »Nur über vergangene Zeiten?« wollte Mike Rander wissen. Er

sah den schmalen alten glatzköpfigen Mann prüfend an. »Nicht nur. Wir sprachen auch über eine Tante Ethel, aber mit

der konnte ich nicht dienen, Mister Rander!«

52�

Page 53: Parker streichelt heiße Katzen

»Und was geschah dann? Gingen Sie mit ihm aus dem Haus?« Während Mike Rander seine Frage stellte, beobachtete er die weißhaarige Dame in ihrem Glasverschlag. Sie saß vor dem Tele-fontisch und sprach gerade. Sie wirkte völlig harmlos und lächelte.

»Ihr Butler lud mich zu ’ner kleinen Ausfahrt ein«, erklärte Atkins. »Ich war sofort einverstanden. Wissen Sie, man ist ja froh über jede Abwechslung.«

»Brachte er Sie auch wieder zurück?« »Selbstverständlich, Mister Rander. Nachdem wir uns verab-

schiedet hatten, wollte er hier in der Nähe noch etwas unterneh-men. Vielleicht ging’s ihm wieder mal um Orientzigaretten, auf die er ja immer scharf ist!«

»Nun?« Die weißhaarige Dame war in die Empfangshalle gekommen und lächelte Atkins an, »hat sich alles aufgeklärt?«

»Natürlich«, sagte Atkins. »Dann wollen wir nicht länger stören«, sagte Rander, der für

eine längere Unterhaltung keine Geduld mehr aufbringen konnte. »Wir sehen uns vielleicht später noch einmal, Atkins.«

»Vergessen Sie es nicht!« Atkins rutschte ein wenig erschöpft im Elektrorollstuhl zusammen, winkte und surrte dann aus der Empfangshalle.

*

»Wenn der nicht unter Druck gestanden hat, will ich meinen Hut fressen.«. sagte McLean, als er mit Rander wieder auf der Straße war.

»An dem Festessen werden Sie vorbeikommen«, erwiderte Rander, »und ob er unter Druck gestanden hat. Und das hat er deutlich zu erkennen gegeben!«

»Er? Wie denn? Das muß ich übersehen haben.«

53�

Page 54: Parker streichelt heiße Katzen

»Siel haben es überhört.«, korrigierte Mike Rander. »Parker wollte sich angeblich Orientzigaretten holen. Lachhaft, wo er doch nur seine Spezialzigarren raucht. Und das weiß Atkins!«

»Sie haben Parkers Wagen wohl nicht wegschaffen können, wie?« McLean grinste, »das Monstrum ist ja derart gesichert, daß man’s nur mit ’nem Kran wegbekommen kann. Und selbst dann war ich noch vorsichtig. Dieses Vehikel ist doch eine einzige Überraschung!«

Sie stiegen zurück in den Wagen und fuhren los. Doch schon in einer der nächsten Seitenstraßen hielt der junge Anwalt wieder an und wendete sich an McLean.

»Es steht also fest, daß diese ›heißen Katzen‹ Parker irgendwie aus dem Verkehr gezogen haben«, sagte er nachdenklich, »wo mag man ihn festhalten?«

»In diesem Altersheim natürlich.« McLean nickte nachdrück-lich. »Soll ich einen Durchsuchungsbefehl erwirken?«

»Selbst wenn Sie sich anstrengen, McLean, den wird Ihnen kein Richter ausstellen. Auf einen vagen Verdacht hin ist da nichts zu machen.«

»Wollen Sie den Laden etwa stürmen?« »Würde ich am liebsten tun, McLean, aber das können wir uns

nicht leisten.« »Wollen Sie denn geduldig warten, bis sich was tut, Sir?«

McLean sah den jungen Anwalt erstaunt an. »Natürlich nicht! Ich werde noch einmal zurück ins Altersheim

gehen.« »Was versprechen Sie sich davon?« »Vielleicht gelingt mir ein kleiner Bluff, McLean. Aber dazu

muß ich allein sein.« »Schön, laden Sie mich halt aus, Mister Rander. Aber ich bleibe

in der Nähe.« »Nichts gegen einzuwenden. Bauen Sie sich aber so auf, daß

54�

Page 55: Parker streichelt heiße Katzen

man Sie nicht sieht! Gewisse Leute müssen das Gefühl haben, daß ich einen Alleingang riskiere!«

*

Nach seinem Überraschungscoup dachte Josuah Parker nicht im Traum an schnelle Flucht. Er fühlte sich hier im Keller und in der Gesellschaft der drei Frauen äußerst wohl, zumal ihm die »heißen Katzen.« im Moment nichts zu tun vermochten.

Parker verließ zwar kurz den Keller und orientierte sich. Er fand heraus, daß sich vor seinem Keller ein zweiter, größerer Keller befand. Dahinter gab es einen langen Kellergang, der auf eine steile Treppe zuführte.

Diese Treppe benutzte der Butler vorerst nicht. Er sorgte dafür, daß man ihn nicht zu überraschen vermochte. Dazu sprühte er aus einem der unscheinbaren Kugelschreiber eine fast farblose Flüssigkeit auf die Treppenstufen und auf den Boden des Keller-gangs.

Schwester Gwen seufzte wohlig auf, als Parker zu ihr zurück-kehrte. Das Penthatol, das für den Butler gedacht war, tat bereits seine Wirkung. Die beiden jüngeren Damen schliefen tief und fest. Mit ihnen war vorerst nicht zu rechnen.

»Schwester Gwen«, sagte Parker halblaut, aber eindringlich und richtete die massige Dame so auf, das sie mit dem Rücken gegen die nackte Ziegelwand lehnte, »Schwester Gwen, verste-hen Sie mich? Können Sie mich hören?«

Schwester Gwen seufzte und nickte andeutungsweise. »Wo finde ich Tante Ethel?« fragte Parker weiter. Er konnte nur

hoffen, daß das Wahrheitsserum prompt wirkte. »Tante Ethel!« seufzte Schwester Gwen. »Ja, Tante Ethel. Erinnern Sie sich! Sie müssen es sagen, es ist

sehr wichtig. Wo finde ich Tante Ethel? Wer ist sie?«

55�

Page 56: Parker streichelt heiße Katzen

»Ich… weiß… es nicht…«, gab sie zögernd Antwort. »Wir alle wissen es nicht!«

»Überlegen Sie genau! Sie haben doch einen bestimmten Ver-dacht. Wer könnte Tante Ethel sein? Sie ahnen es doch, Schwes-ter Gwen! Sie müssen es sagen!«

»Tante Ethel«, erwiderte die massige Dame, »Tante Ethel ist sehr gerissen!«

»Natürlich! Aber wer könnte sie sein? Sie ahnen es doch…!« »Ethel Flanders«, kam die verblüffende Antwort, »ich weiß,

daß sie es ist.« »Ausgeschlossen!« Parker sprach etwas lauter und eindringli-

cher, »diese alte Dame kann es doch unmöglich sein. Überlegen Sie noch einmal, Schwester Gwen! Sie müssen sich konzentrie-ren. Wer könnte Tante Ethel sein?«

»Ich, ich habe Angst.«, teilte Schwester Gwen überflüssiger-weise mit, wie Josuah Parker fand.

»Wer ist Tante Ethel?« Er ließ nicht locker. Er war der Lösung dieses Falles noch nie so nahe wie jetzt.

»Ethel Flanders!« wiederholte Schwester Gwen mit versagen-der Stimme. Und Parker konnte sich irgendwie des Eindrucks nicht erwehren, daß sie ihn freundlichst auf den Arm nahm. Hatte das Penthatol wirklich gewirkt?

Als er seine Fragen erneut stellen wollte und gerade dazu ansetzte, hörte er plötzlich vom Kellergang her einen scheußli-chen Fluch, der sein Ohr beleidigte. Bruchteile von Sekunden später kam es zu einem dumpfen Fall, der fast den Boden erzit-tern ließ.

Josuah Parker hatte das Gefühl, daß das aufgespritzte Gleitmit-tel auf Treppenstufen und Boden des Kellergangs bereits seine erste Wirkung getan hätte.

*

56�

Page 57: Parker streichelt heiße Katzen

Der stämmige Schläger, der in Wakes Bungalow nach Memoiren gesucht hatte, blieb wie betäubt auf dem Boden liegen. Er konnte sich einfach nicht erklären, wieso es ihm die Beine weggerissen hatte. Er spürte einen stechenden Schmerz im Steißbein und genierte sich nicht, als einige dicke Krokodilstränen über seine Backen liefen.

»Was war denn das?« fragte der jüngere Partner, der noch oben auf der Treppe stand und jetzt atemlos lachte, »Mensch, du hast ausgesehen wie ’ne flügellahme Krähe! Wie ’n Sturzbomber nach ’nem Volltreffer. Hoffentlich ist der Treppe nichts passiert?«

Der Stämmige, er hieß übrigens Pete Ralder, verzog sein Gesicht zu einem zweiten Fluch, aber er unterdrückte ihn und grinste etwas unglücklich nach oben.

Noch hatte sein Partner Jerry Cloud die Treppe nicht betreten. Aber lange konnte es ja nicht mehr dauern, dann würde er schon sehen.

»Ich weiß ja, wie witzig du bist.«, sagte er mühsam beherrscht nach oben. »Worauf wartest du noch? Los, wir haben schließlich zu tun!«

Der jüngere Mann, der in Wakes Bungalow ebenfalls nach Memoiren gesucht hatte, betrat grinsend die ersten Stufen.

»Du müßtest mal war für deine Beine tun«, stichelte er weiter, »die tragen dich ja kaum noch. Weißt du…«

Jerry Cloud kam nicht mehr dazu, den Satz zu beenden. Irgendeine unheimliche Gewalt riß ihm die Beine unter dem Körper weg. Sie flogen förmlich hoch in die Luft.

Pete Ralder sah interessiert zu. Sein Partner Jerry Cloud baute einen durchaus gekonnten

Salto, streckte dann hilfesuchend die Arme weit aus und schrammte anschließend dicht neben ihm auf den Boden.

57�

Page 58: Parker streichelt heiße Katzen

Dabei geriet er auf eine Stelle, die der Butler kurz vorher ent-sprechend präpariert hatte.

Wie auf Glatteis schoß Jerry Cloud über den Boden und schien sich in einen menschlichen Rodelschlitten verwandelt zu haben. Er eckte zwar hin und wieder an den seitlichen Begrenzungs-wänden an, verlor aber kaum an Fahrt und landete schließlich vor der Tür zum Vorkeller.

Der Aufprall war derart stark, daß er die Tür ins Schloß drückte, ein Türbrett leicht bis mittelschwer beschädigte und schließlich für eine leichte Platzwunde am Kopf sorgte.

»Auch nicht schlecht!« Pete Ralder brüllte vor Lachen, hielt sich den Bauch und konnte seine Schadenfreude nicht verheh-len, »damit müßtest du mal im Fernsehen auftreten.«

Jerry Cloud antwortete nicht, was mit dem Zusammenprall mit der Tür zusammenhing. Noch sah er eine erstaunliche Auswahl von bunten Sternen und Kreisen.

Pete Ralder merkte erst jetzt, daß seinem jüngeren und viel schlankeren Partner etwas passiert sein mußte.

»Moment, Junge!« rief er und stand hastig, »ich komme ja schon. Hast du dir was getan?«

Pete Ralder erhob sich und lag prompt wieder auf dem Boden. Er stand erneut auf, das heißt, er versuchte es. Doch die Beine fanden auf dem eingesprühten Boden einfach keinen Halt. Sie wirbelten wie die eines erstklassigen Steptänzers durcheinander, brachten es fertig, den schweren Körper für eine knappe Sekunde in der Senkrechten zu halten, um dann aber das Ende einzuleiten.

Pete Ralder fuchtelte mit den Händen verzweifelt in der Luft herum, er kickste vor Angst und Überraschung, stieß einen Schrei aus und rutschte dann endgültig ab. Dabei hatte er das Pech, mit dem Hinterkopf gegen die nahe Wand des Kellergangs zu schlagen.

58�

Page 59: Parker streichelt heiße Katzen

Fast wohlig verdrehte er die Augen, stieß einen dumpfen Seuf-zer aus und landete dann auf dem Boden. Er hatte noch derart viel Schwung, daß er seinen Körper dicht an den von Jerry Cloud heranbrachte. Dann entspannte er sich und fiel in eine leichte Ohnmacht.

*

Josuah Parker hatte keine Schwierigkeiten, die beiden »Neffen« der Tante Ethel zu bergen. Mit dem bleigefütterten Bambusgriff seines Universal-Regenschirms zog er sie nacheinander zu sich in den Vorkeller. Mit den noch tauglichen Resten der Stricke, die ihn festgehalten hatten, band er seine beiden unfreiwilligen Gäste.

Sie kamen sehr schnell wieder zu sich und waren äußerst schlechter Laune. Sie beschwerten sich über angeblich faule Tricks des Butlers und verhießen ihm höllische Torturen, sobald sie erst wieder frei sein würden.

»Ich kann Ihren Zorn durchaus verstehen«, sagte Parker in sei-ner höflichen und gemessenen Art und Weise, »aber ich möchte Sie bitten, sich in meine Lage zu versetzen. Ich verspürte durch-aus keine Neigung, mich foltern, oder umbringen zu lassen.«

»Sie werden sich noch wundern«, sagte der stämmige Pete Ral-der, »hier aus dem Bau kommen Sie nicht ’raus, darauf können Sie Gift nehmen.«

»Was also, wenn ich fragen darf, schlagen Sie vor?« »Stecken Sie auf, Parker«, meinte nun, auch Jerry Cloud, »viel-

leicht lassen wir mit uns reden.« »Sind die Damen ebenfalls dieser Meinung?« Parker wandte

sich an die beiden »Nichten«, die inzwischen zu sich gekommen waren. Nur Schwester Gwen war im Moment noch nicht ansprechbar. Sie schnarchte selbstvergessen vor sich hin. Das

59�

Page 60: Parker streichelt heiße Katzen

Penthatol bescherte einen tiefen, glücklichen Schlaf. »Geben Sie auf, Parker«, sagte die erste Nichte. Sie wirkte noch

ein wenig angeschlagen und schläfrig. »Sagen Sie endlich, wo Sie die Memoiren haben«, forderte die

zweite Nichte. »Wenn Sie erlauben, werde ich mich ein wenig umsehen«, ent-

gegnete Parker, »Sie haben meine Neugier geweckt. Nun möchte ich wissen, wo man meine bescheidene Wenigkeit festhält!«

Er verließ den kleinen, zweiten Keller und vergaß natürlich nicht die Tür zu schließen. Er verriegelte sie zusätzlich von außen, ging hinüber zum Kellergang und legte hier eine kleine Pause ein.

Josuah Parker wußte selbstverständlich um die Gleitfähigkeit des versprühten Schmiermittels. Es wäre ihm so gut wie unmög-lich gewesen, diesen eingeseiften Gang hinter sich zu bringen. Also benutzte er ein entsprechendes Gegenmittel.

Ein weiterer Kugelschreiber, der unter Preßluft stand, beför-derte eine Art flüssiger Schneekette auf die Sohlen und Absätze seiner schwarzen Schuhe. Dieses Verfahren, von der Industrie gerade entwickelt, stand dem Butler natürlich bereits zur Verfü-gung. Neuheiten dieser Art interessierten ihn schon fast automa-tisch.

Es wirkte fast wie ein kleines Wunder, als er anschließend hin-über zur Kellertreppe ging. Der Boden unter seinen Schuhen schien sich in festen, leicht knirschenden Sand verwandelt zu haben. Parker rutschte nicht ein einziges Mal aus.

Auch die vorbehandelte Treppe bot nun keine Schwierigkeiten mehr. Ungeschoren erreichte er ihren oberen Absatz, öffnete vorsichtig eine Tür und betrat einen fensterlosen, fast vierecki-gen Raum in dem auf langen Stellagen Drahtrollen und Karton-pappe lagen, Dinge, die ihm im Moment noch nichts sagten.

Er hörte ein dumpfes Rauschen, als würde hinter diesem Raum

60�

Page 61: Parker streichelt heiße Katzen

intensiv gearbeitet. Parkers Neugier wuchs. Wohin mochte er geraten sein? Wer

arbeitete um diese Zeit noch? Schließlich hatte der gesetzlich geregelte Feierabend längst eingesetzt.

Dieses Rätsel war schnell gelöst, als er die Tür öffnete, die das Rauschen anschwellen ließ.

Er stand an der Stirnseite einer kleineren Halle, die nur spärlich erleuchtet war. In langer Reihe gab es hier eine Anzahl von Automaten, die Gardinen webten.

Interessiert begutachtete der Butler eine dieser Maschinen. Der große Webstuhl war vollautomatisch und arbeitete mit beein-druckender Schnelligkeit. Man konnte mit den Augen deutlich verfolgen, wie Zentimeter um Zentimeter der fertiggewebten Gardine aus dem Stuhl kroch und dann, ebenfalls automatisch, aufgerollt wurde.

Der Lärm, den diese Webstühle verursachten, war außeror-dentlich.

Parker, der nicht überrascht werden wollte und an die War-nungen der Nichten und Neffen im Keller dachte, rechnete mit irgendwelchen Wachen in diesem Arbeitssaal und ging vorsich-tig weiter. Dabei registrierten seine Augen immerhin interessiert und mit Wohlgefallen die Arbeiten der Webstühle und die ver-schiedenartigen Muster der Gardinen.

Sie registrierten aber auch die beiden Kleiderschränke, die an der Längswand standen und die sich jetzt in Bewegung setzten. Die schweren Schraubenschlüssel in ihren Händen redeten eine deutliche Sprache…

*

»Mr. Atkins möchte ich nicht unbedingt noch einmal sprechen«,�erklärte Mike Rander, nachdem die weißhaarige, kleine fast zier-

61�

Page 62: Parker streichelt heiße Katzen

liche Dame ihn wieder eingelassen hatte. »Wem darf ich Sie dann melden, Mr. Rander?« »Ich weiß es nicht… Ich weiß nur von einer Dame, die sich

Tante Ethel nennt!« »Mrs. Ethel Flanders?« Die zierliche, weißhaarige Dame nickte

lächelnd, »auch Ihr Butler unterhielt sich bereits mit unserer lie-ben Freundin… Diese Unterhaltung dauerte allerdings nicht lange.«

»Ich weiß nicht, ob die Tante, die ich meine, Tante Ethel Flan-ders ist.«, antwortete Rander mit Nachdruck, »vielleicht kommt es darauf auch gar nicht an. Es handelt sich um Memoiren.«

»Wie erstaunlich! Auch Ihr Butler erwähnte bereits irgendwel-che Memoiren. Um welche handelt es, wenn ich neugierig sein darf?«

»Um die eines gewissen Paul Wake«, erwiderte Rander, jetzt die Katze aus dem Sack lassend, »aber wahrscheinlich sagt Ihnen dieser Name gar nichts, oder?«

»Ich bedaure!« »Das dachte ich mir bereits. Sehen Sie, Miss…« »Mrs. Tilda Halldy«, sagte sie, und stellte sich endlich vor. »Sehen Sie, Mrs, Halldy«, nahm Ranker den Faden wieder auf,

»ich wäre bereit, diese Memoiren einzutauschen… Gegen das Leben und die Freilassung meines Butlers…«

»Bitte, Sir…! Jetzt verstehe ich Sie aber wirklich nicht mehr…!« Mrs. Tilda Halldy sah den Anwalt irritiert an. »Sind Sie sicher

daß Sie mich meinen…?« »Nein, eben nicht.« Rander lächelte, »aber vielleicht können Sie

meine Worte an die richtige und entsprechende Stelle weiterlei-ten. Danke schön im voraus, Mrs. Halldy…! Und nun wünsche ich Ihnen eine gute Nacht! Falls man mich zu sprechen wünscht, so bin ich in meiner Privatwohnung zu erreichen. Die genaue Adresse dürfte ja inzwischen bekannt sein.«

62�

Page 63: Parker streichelt heiße Katzen

Rander wandte sich um und ging zurück zur Glastür. Er hatte sie noch nicht ganz erreicht, als er seinen Namen hörte.

»Ja, bitte?« Er wandte sich zu Mrs. Halldy um, die ihm nachge-kommen war.

»Sind Sie wirklich sicher, daß Sie einen Freund dieses Hauses meinten?« wollte sie noch einmal wissen.

»Fast sicher«, erwiderte Rander lächelnd, »und wenn nicht, nun, so vergessen Sie das, was ich gesagt habe. Vielen Dank für Ihre Geduld!«

Er ging und ließ eine nachdenkliche Dame zurück, die weiß-haarig war und klein und zierlich wirkte.

*

Die beiden Kleiderschränke waren Profis, wie Josuah Parker natürlich sah.

Er hätte sich mit ihnen nach allen Regeln der Kunst herum-schlagen können, doch daran lag ihm nichts. Ein friedlicher Bür-ger wie der Butler verabscheute Gewaltmaßnahmen.

Er lüftete höflich seine schwarze Melone. »Ich erlaube mir, Ihnen einen guten Abend zu wünschen«,

sagte er, »des weiteren bin ich befugt, Ihnen Grüße von Schwes-ter Gwen auszurichten. Sie wartet im Keller auf Sie!«

Die beiden Schläger wurden für einen kurzen Augenblick aus der Fassung gebracht. Höflichkeiten dieser Art hatten sie wahr-scheinlich schon seit vielen Jahren nicht mehr gehört.

Sie grinsten den Butler ein wenig unsicher an. »Schwester Gwen meint, daß ich Sie darauf aufmerksam

machen soll…!« Bei dem Wörtchen darauf zeigte Parker mit dem ausgestreckten linken Arm nach oben.

Prompt fühlten die beiden Schläger sich nun veranlaßt, hinauf zum Dach der Halle zu sehen. Als sie den Blick samt Kopf wie-

63�

Page 64: Parker streichelt heiße Katzen

der senken wollten, verstanden sie die Welt nicht mehr. Ihre Augen verglasten leicht, als ein äußerst harter und schwe-

rer Gegenstand in sekundenschneller Folge gegen ihr Kinn pochte. Sie wurden leicht in den Knien weich und sahen im Her-untergehen dicht vor ihren Augen einen Bambusgriff, der ganz offensichtlich zu einem Regenschirm gehörte.

Parker fand in der Nähe einen Transportkarren auf vier kugel-gelagerten Rollen, verfrachtete die beiden Schläger darauf und schob sie nach hinten zum Keller.

Dabei kam er auf der anderen Längsseite an einer langen Tisch-reihe vorbei, auf denen wohl versandfertige Gardinenballen ver-packt wurden. Und hier entdeckte er zu seiner Freude auch jene Verpackungsautomaten, die in ihrer blitzschnellen Arbeit so ein-malig und faszinierend sind.

Es handelt sich um Vorrichtungen mit denen man Kollies jeder Größe per Draht unverrückbar fest zusammenzwirbelte.

Parker machte einen Versuch. Er konnte nämlich einfach nicht widerstehen.

Er schob einen der Kleiderschränke auf den Verpackungstisch, schob ihn unter den Stahlbügel und löste mit dem Fuß den Ver-packungsvorgang aus.

»Es war amüsant…!« Der Drahtbügel schlang den Draht um den noch schlafenden

Gangster und drehte die abgeschnittenen Drahtenden geschickt zusammen. Parker, der das Sinnvolle dieses Mechanismus sofort einsah, lieferte aus dem Handgelenk sein Meisterstück.

Es dauerte nur wenige Sekunden, bis der erste Kleiderschrank einem gut verschnürten Paket glich.

Der zweite Kleiderschrank wurde auf ähnliche Art und Weise zu einem überdimensionalen Rollschinken.

Wohlgefällig betrachtete Parker sein Werk. Er hatte darauf geachtet, daß den beiden Kleiderschränken kein gesundheitli-

64�

Page 65: Parker streichelt heiße Katzen

cher Schaden entstand. Nun durfte er zufrieden und auch sicher sein. Diese beiden Vertreter der Unterwelt konnten nur noch mit einer Kneifzange befreit werden. Und die mußte sogar noch besonders scharf sein. Die beiden Kleiderschränke waren inzwi-schen zu sich gekommen, da sie schon einiges vertragen konn-ten. Als sie zu einer Schimpf- und Drohkanonade ansetzen woll-ten, entdeckten sie ihren Zustand und waren äußerst peinlich berührt. So war mit ihnen noch niemals umgesprungen worden.

»Ich muß mich entschuldigen«, sagte Parker und lüftete seine schwarze Melone, »dringende Geschäfte rufen mich ab. Ich erlaube mir, den Herren noch eine relativ gute Nacht zu wün-schen!«

*

Parker verließ die Halle, wechselte hinüber in einen Umkleide-raum und ging von hier aus hinüber zur Pförtnerloge.

Hier saß ein untersetzter, etwas dicklicher Mann, der über ein Magazin dahindöste und überhaupt nicht mitbekommen hatte, was sich ereignet hatte. Ob er überhaupt wußte, was sich hätte abspielen können, war noch sehr die Frage.

»Guten Abend«, grüßte Parker, als er an dem Mann vorbei-ging.

»’nabend…!« grüßte der Mann automatisch zurück. Dann aber ging ihm ein Licht auf. Diesen Arbeitnehmer hatte er verständli-cherweise vorher noch nie gesehen. Er beugte sich aus der Pfört-nerloge und schrie das berühmt-berüchtigte »He, Sie da…!«, das in allen Welt- und Kultursprachen gang und gäbe ist.

»Ja, bitte…?« Parker blieb stehen und wandte sich um. »Woher kommen Sie denn…?« Nein, dieser Mann hatte ganz

sicher keine Ahnung. »Haben Sie das nicht gemerkt?« wunderte Parker sich sichtlich.

65�

Page 66: Parker streichelt heiße Katzen

»Ich habe Sie hier aber noch nie gesehen!« »Was mich kaum wundert! Ich hatte bisher nicht das Vergnü-

gen, hier aufzutreten, was Sie hoffentlich nicht sonderlich stören wird.«

»Aber Sie… Verdammt…! Wie sind Sie denn reingekommen?« Der Pförtner verstand die Welt nun überhaupt nicht mehr.

»Sollte es wirklich keinen zweiten Zu- und Eingang geben?« »Doch, natürlich… Von der Laderampe aus!« »Sehen Sie«, erklärte der Butler, »so wird es wohl gewesen

sein… Haben Sie im Lauf des Abends einen Kombi oder Liefer-wagen gesehen, der diese Rampe angesteuert hat?«

»Doch… Vor ’ner knappen Stunde kam einer von unseren klei-nen Lieferwagen!« Der Pförtner gab brav, willig und ahnungslos Antwort. »Er fuhr direkt durch bis zur Rampe. Sind Sie damit vielleicht gekommen?«

»So wird es wohl gewesen sein.« Parker nickte erfreut, zog noch einmal seine Melone und verließ den Fabrikationsbetrieb für Gardinen aller Art.

Er ging allerdings nicht weit. Er wartete, bis der Pförtner seine Loge verlassen hatte und hin-

über in den Maschinensaal gegangen war. Dann suchte Parker sich einen passenden Beobachtungsstandpunkt und wartete der Dinge, die da unbedingt noch kommen mußten.

*

»So, der Köder wäre gelegt. Nun kommt es darauf an, ob er auch angenommen wird.« Rander war zu McLean zurückgekommen, der am Wagen diskret gewartet hatte.

»Was erwarten Sie denn nun, Mr. Rander?« »Man wird mich hoffentlich anrufen, McLean… Daher werden

wir uns trennen.«

66�

Page 67: Parker streichelt heiße Katzen

»Werde ich nicht mehr gebraucht?« »Und ob Sie gebraucht werden, McLean! Bleiben Sie hier am

Altersheim zurück und sehen Sie sich genau an, wer wann mit welchem Wagen den Laden da drüben verläßt!«

»Okay. Aber soll ich ohne Wagen hier warten?« »Nehmen Sie meinen Schlitten, McLean! Ich erwische schon

irgendwo ein Taxi. Ich sage Ihrem Chef Bescheid, damit er weiß, wo Sie stecken.«

Mike Rander verabschiedete sich von McLean und beeilte sich ein Taxi zu erwischen, was um diese Zeit nicht gerade leicht war. Doch er hatte Glück, fand einen Wagen und ließ sich zurück zu seiner Privatwohnung bringen.

In der Tiefgarage hatte die Mordkommission bereits ihre Arbeit getan. Lieutenant Madford, der noch neben den Kreide-strichen stand, die die Lage des ermordeten Paddy Lovanski umrissen, sah den jungen Anwalt erstaunt an.

»Schon wieder zurück?« fragte er, »haben Sie Ihren Butler auf-gespürt?«

»Er ist nach wie vor spurlos verschwunden.« »Und Sie glauben, daß alle Spuren in diesem Altersheim

zusammenlaufen?« »Ich bin fast sicher, aber beweisen kann ich noch nichts,

Madford. Aber das wird sich hoffentlich bald ändern. Ich hoffe, daß man meinen Köder schlucken wird.«

Mike Rander berichtete kurz, was er sich hatte einfallen lassen und wo Sergeant McLean zurückgeblieben war.

»Versprechen Sie sich nur nichts von diesem Bluff«, warnte Madford und schüttelte skeptisch den Kopf, »ich glaube nicht, daß unsere ›heißen Katzen‹ darauf engehen werden.«

»Unterschätzen Sie nicht die Memoiren, die man bei uns ver-mutet, Madford!«

»Memoiren?« Madford runzelte die Stirn. Seine Augen blitzten

67�

Page 68: Parker streichelt heiße Katzen

den Anwalt an, der natürlich merkte, daß er zuviel gesagt hatte. »Regen Sie sich ab, Madford, bevor Sie sich überhaupt erst auf-

regen«, beschwichtigte Rander den möglichen Zorn seines Gegenübers, »kommen Sie mit ’rauf in meine Wohnung, dann will ich eine Beichte ablegen.«

»Also hat dieser verdammte Parker doch wieder Heimlichkei-ten gehabt.«, regte Madford sich trotz der gerade erfolgten War-nung auf, »aber diesmal lasse ich ihm das nicht durchgehen, mein Wort darauf, Rander! Er tut ja alles, meine Ermittlungen zu erschweren!«

»Jetzt übertreiben Sie wie immer!« Rander schüttelte lächelnd den Kopf. »Ihre Ermittlungen hat er noch niemals behindert. Er hat sie manchmal nicht gerade vorangetrieben. Darauf würde ich mich mit Ihnen einigen.«

»Er wird sein blaues Wunder erleben, wenn er mir begegnet!« »Womit wir beim Thema sind. Hoffentlich ruft mich diese

Tante Ethel an.« »Tante Ethel?« »Die gehört in meine Beichte. Und dazu gehören auch Neffen und Nichten dieser unheimli-chen Tante. Und gewisse ›heiße Katzen‹! Aber die haben ihre Visitenkarte ja schon auf den Tisch gelegt.«

»Tante Ethel… Neffen und Nichten ›Heiße Katzen‹…!« Lieu-tenant Madford wirkte sehr grantig, »ich erfahre wohl nie etwas rechtzeitig…! Aber das wird sich ändern…!«

»Ich weiß… Ich weiß… Parker wird sein blaues Wunder erle-ben, sobald er vor Ihnen steht. Aber nun kommen Sie endlich, Madford! Kann sein, daß man mich gleich sprechen will. Ich hoffe, daß ich Parker irgendwie aus der Patsche ziehen kann. Aber wie das geschehen soll, weiß ich noch nicht!«

*

Der Pförtner hatte eine Kneifzange in der Hand und durch-

68�

Page 69: Parker streichelt heiße Katzen

knipste damit die Drahtschnüre. Obwohl keineswegs ungeschickt, der Mann war ehemaliger

Schlosser, brauchte er genau viereinviertel Minuten, bis der erste Kleiderschrank sich erheben konnte.

Dieser stämmige, große Mann war total erschöpft. Einge-schnürt von den Drähten, hatte sein Selbstbewußtsein ungemein gelitten. Er war, ohne es allerdings zu wissen, fast reif für den Psychiater.

Beim zweiten Kleiderschrank brauchte der Pförtner dreidrei-viertel Minuten.

Dieser Kleiderschrank explodierte förmlich, als er endlich wie-der frei war. Er raste vor Zorn und hätte die Maschinen des Saals am liebsten in ihre Bestandteile zerlegt.

»Dieser verdammte Hund…!« brüllte er, »den bring ich um! Den mach’ ich für den Rest seines Lebens fertig. Fix und fertig!«

»Wen?« fragte der Pförtner. »Hau ab!« wurde er angehaucht, »verschwinde! Stell’ keine

blöden Fragen! Rausch ab und geh’ zurück in dein Aquarium!« Der Pförtner war beleidigt und ging. Die beiden Kleiderschränke, allein und unbelauscht, sahen sich

an. Dann deutete der erste Schrank hinüber zu den Kellerräu-men.

»Die müssen da unten sein.« sagte er. »Sehen wir doch nach«, schlug der zweite Schrank vor, »ein

Trost, daß wir nicht allein hereingelegt wurden. Ich bin mal gespannt, was dieser komische Hecht da unten angerichtet hat.«

Sie wußten nichts von der Treppe. Sie wußten nichts von dem Gleitmittel, mit dem Stufen und

Kellergang eingesprüht worden waren. Sie hatten es sehr eilig und stürmten los.

Weit und breit gab es keine menschliche Seele, die sie hätte warnen können.

69�

Page 70: Parker streichelt heiße Katzen

Dafür zuckte der Pförtner vorn in seiner Loge zusammen, als plötzlich der Boden unter seinen Füßen leicht bebte.

Und er zuckte erneut zusammen, als zwei gräßliche Flüche das Geräusch des Maschinensaals überdröhnten und die Glasschei-ben seiner Pförtnerloge zum Zittern brachten.

Er hatte ja keine Ahnung, was sich da gerade auf der Treppe abgespielt hatte.

*

»Na, bitte. Der erwartete Anruf!« Rander stand schnell auf und ging ans Telefon. Er hob ab und meldete sich. Madford war nachgekommen und nahm den Zweithörer in die Hand. Er konnte nun alles mitverfolgen.

»Mr. Rander«, sagte eine Stimme, die freundlich und nicht unsympathisch klang, »hier spricht Tante Ethel!«

»Gut, daß Sie sich gemeldet haben. Man hat Ihnen also ausge-richtet, was ich gegen meinen Butler eintauschen möchte?«

»Ich bin einverstanden, Mr. Rander!« »Wann kann ich meinen Butler gegen das Manuskript eintau-

schen? Und vor allen Dingen, wo?« »Ich darf doch wohl hoffen, daß Sie mich nicht hereinlegen

wollen, ja?« »Darauf müssen Sie es ankommen lassen! Ich tue es ja auch!« »Also gut, Mr. Rander. Bringen Sie die Memoiren ins Alters-

heim.« »Ich bin überrascht, daß Sie ausgerechnet das Heim vorschla-

gen.« »Und warum?« »Dieses Heim ist doch Ihre Tarnung.« »Die Sie aber inzwischen kennen. Warum wollen wir uns

gegenseitig noch etwas vormachen! Mrs. Halldy wird es in Emp-

70�

Page 71: Parker streichelt heiße Katzen

fang nehmen. Sobald ich festgestellt habe, daß es die Aufzeich-nungen von Mr. Wake sind, setze ich Ihren Butler auf freien Fuß!«

»Wollen Sie’s sich nicht etwas, zu einfach machen?« Rander lachte leise. »Ich werde Ihnen die Hälfte geben.«

»Wie, Sie möchten auch nur die Hälfte Ihres Butlers sehen?« Sie lachte ebenfalls.

»Sobald Butler Parker gesund vor mir steht, werden Sie die zweite Hälfte der Memoiren bekommen«, wiederholte Rander noch einmal. Er hatte einfach keine Lust, neckische Redensarten zu produzieren, »ich werde in einer guten, halben Stunde bei Ihnen sein.«

»Halt, Mr. Rander, noch etwas!« »Keine Sorge, die Polizei bleibt aus dem Spiel«, antwortete

Rander, bevor Tante Ethel die entsprechende Frage stellen konnte. »Aber versuchen Sie keine Tricks! Wenn ich zu einer bestimmten Zeit nicht wieder zurück in meiner Wohnung bin, wird die Polizei informiert werden. Dafür habe ich selbstver-ständlich gesorgt.«

Er legte auf, bevor sie antworten! konnte. Sekunden später klingelte wieder das Telefon. »Rander?« »Hier ist noch einmal Tante Ethel!« Die Stimme der Frau klang

jetzt hart und drohend. »Wagen Sie es nicht noch einmal aufzu-legen bevor ich das Gespräch beendet habe!«

Nun legte sie auf. »Sie hat Haare auf den Zähnen«, sagte Rander und grinste. »Und bereits zwei Morde auf dem Gewissen«, erwiderte

Madford, »wie wollen Sie diese Frau hereinlegen? Sie haben die Memoiren doch überhaupt nicht.«

»Wie, weiß ich selbst noch nicht. Hauptsache, daß irgendwel-che Maßnahmen gegen Parker vorerst gestoppt werden. Ich

71�

Page 72: Parker streichelt heiße Katzen

habe wenigstens Zeit herausgeschunden.« »Das ist richtig!« Madford knabberte nachdenklich an seiner

Unterlippe. »Überlegen wir mal, wie ich meine Leute einsetzen kann. Es geht also um dieses Altersheim. Sie sagen, es ist hoch ummauert, Rander?«

»Parker und ich haben nur einen Eingang feststellen können. Und daneben natürlich eine Zufahrt zu den Tiefgaragen unter dem Hauptbau, aber das alles läßt sich ja leicht überwachen.«

»Natürlich, aber die ganze Geschichte will mir nicht schme-cken, Rander. Ist Ihnen nicht aufgefallen, wie selbstverständlich sie zugegeben hat, daß das Altersheim der Sitz von Tante Ethel und ihren ›heißen Katzen‹ ist?«

»Irgendwie hat sie’s mir fast einzureden versucht. Stimmt!« »Dieses Altersheim ist ganz sicher nur so eine Art Relaissta-

tion«, vermutete Lieutenant Madford, »diese Tante Ethel werden wir ganz woanders finden, verlassen Sie sich darauf!«

*

Es dauerte etwa fünfzehn Minuten, bis sich endlich etwas regte. Parker beobachtete, wie der kleine Lieferwagen, den er vor der überdachten Rampe entdeckt hatte, sich in Bewegung setzte.

Leider hatte er den hinteren Zugang zum geschlossenen Lade-raum nicht mitbeobachten können. Befanden sich im Kastenauf-bau nun die Nichten und Neffen samt Tante Ethel? Oder fuhr der Wagen leer ab?

Er mußte sich entscheiden. Was er übrigens schon vorher getan hatte, was den Lieferwa-

gen anbetraf. Unter dem Chassis hatte er einen winzigen Magnetsender angeheftet. Dieses Miniaturgerät saß so gut wie unverrückbar fest und sendete einen Dauerpeilton aus. Es war also nicht schwer, den Standort des Lieferwagens festzustellen,

72�

Page 73: Parker streichelt heiße Katzen

falls man über zwei Peilempfänger verfügte. Parker entschloß sich zu bleiben.

Er tat es aus einem sicheren Instinkt heraus. Und er tat es, weil seine Überlegungen wieder einmal scheinbar kraus waren. Er hatte sich in die Lage der Nichten und Neffen samt Schwester Gwen versetzt.

Mußten sie nicht damit rechnen, daß sie beobachtet wurden? War es unter diesen Voraussetzungen dann nicht richtiger, den leeren Wagen wegzuschicken?

Parker blieb also und faßte sich in Geduld. Die sich übrigens recht bald schon auszahlte, denn nach weite-

ren zehn Minuten tauchte eine stämmige, untersetzte Dame auf, die ihn sehr stark an Schwester Gwen erinnerte.

Sie wurde begleitet von zwei jungen Damen. Sie alle machten einen noch leicht schläfrigen und träumenden Eindruck. Sie gin-gen über den kleinen Fabrikhof hinüber zur Straße und warteten hier offensichtlich auf einen Wagen.

Parker stand erfreulicherweise recht günstig. Er hatte sich in der Nähe der Zufahrt aufgebaut, damit er sich unter Umständen schnell hätte entfernen können.

Ein Wagen tauchte auf. Es handelte sich um einen Chrysler, der dem Butler bekannt vorkam. Schwester Gwen und die bei-den Nichten huschten in diesen Wagen, der sofort anzog und sich in der Dunkelheit der Straße verlor.

Parker hatte sich selbstverständlich das Kennzeichen gemerkt. Vielleicht war es echt und führte ihn zum Wagenbesitzer.

Nun erschienen die vier stämmigen Herren auf der Bildfläche, Pete Ralder und Jerry Cloud gingen voraus. Hinter ihnen wank-ten die beiden Kleiderschränke. Sie hinkten noch etwas intensi-ver als ihre beiden Vordermänner.

Diese vier Männer hatten sich ein Taxi bestellt, das gerade am Straßenrand vorfuhr. Sie bemühten sich stöhnend und ächzend

73�

Page 74: Parker streichelt heiße Katzen

in dieses Taxi und waren sicher froh, daß sie endlich saßen. Parker verließ sein Versteck und beratschlagte mit sich selbst.

Sollte er zurückkehren? Sollte er sich diese Gardinenfabrik noch einmal gründlich ansehen? Interessant genug war dieser Betrieb schon. Immerhin hatten sich hier im Schutz der Webautomaten einige sehr ungesetzliche Dinge abgespielt.

Parker fragte sich, wo wohl die Arbeiter der Nachtschicht geblieben waren? Selbst Automaten läßt man ja bekanntlich nicht ohne Aufsicht arbeiten.

Welche Rolle spielte der Pförtner? War er wirklich so dumm und ahnungslos, wie er sich stellte? Oder besaß dieser Mann so etwas wie einen doppelten Boden.

Parker verschob alle Erkundungen dieser Art. Es galt seiner Ansicht nach, seinen jungen Herrn zu informieren. Wie er ihn kannte, machte Mike Rander sich inzwischen Sorgen. Und mög-licherweise neigte sein junger Herr auch wieder einmal zu Aktionen, die nicht ganz im Sinn des Butlers waren!

*

»Eine sehr unruhige und bewegte Nacht.«, sagte die weißhaa-rige, zierliche Dame, die die Empfangshalle wohl nie zu verlas-sen schien. Sie hatte Mike Ranker geöffnet und lächelte ihn freundlich an.

»Diese allgemeine Unruhe wird sich hoffentlich bald legen«, antwortete Mike Rander, der in der rechten Hand ein Päckchen von der Größe eines Schnellhefters trug, »Sie wissen, daß ich Ihnen ein Manuskript überreichen soll?«

»Man hat mich informiert. Darf ich es haben, ich werde es sofort weiterleiten, Mr. Rander!«

»Und ich werde hier warten!« »Wollen Sie nicht hinüber ins eigentliche Empfangszimmer

74�

Page 75: Parker streichelt heiße Katzen

kommen?« Mrs. Tilda Halldy deutete einladend mit der Hand auf eine Tür.

»Ich bleibe lieber hier sitzen«, sagte Rander und schüttelte lächelnd den Kopf, »so kann man mich wenigstens von der Straße aus sehen!«

»Wie Sie wünschen, Mr. Rander!« Mrs. Halldy ging und ver-schwand hinter einer Tür. Mike Rander zündete sich eine Ziga-rette an und wartete. Er wartete auf den Eklat, der bald erfolgen mußte. Immerhin befand sich im überreichten Päckchen und Schnellhefter nur der Teil einer alten Prozeßakte. Von den Memoiren Paul Wakes konnte natürlich nicht die Rede sein. Schließlich besaß er sie ja auch gar nicht.

»Warten Sie, Sir? Kann ich Ihnen behilflich sein?« Rander schrak zusammen, als er rechts von sich plötzlich eine Stimme hörte. Er sah hoch und ärgerte sich, daß er das Kommen dieses jungen Mädchens völlig überhört hatte.

»Tragen Sie Gummisohlen unter den Schuhen?« erkundigte er sich.

»Selbstverständlich«, gab das junge, etwa zwanzigjährige Mäd-chen zurück. Es trug eine sehr nette Schwesternkleidung, die irgendwie sexy wirkte und ihre straffen Formen auf keinen Fall unterschlug. »Haben Sie schon mit Mrs. Halldy gesprochen?«

»Ja, danke!« Rander war selbstverständlich aufgestanden und nutzte die Gelegenheit, eine Angestellte des Hauses einmal unter vier Augen sprechen zu können. »Sind Sie schon lange hier im Altersheim beschäftigt, Miss?«

»Ich heiße Judy Carpenter. Wie lange ich hier schon bin, Sir? Etwa seit einem Jahr.«

»Ein ruhiger Job?« »Das kann man bestimmt nicht sagen. Die alten Damen und

Herren sind oft etwas anstrengend. Dafür ist die Bezahlung aber erstklassig!«

75�

Page 76: Parker streichelt heiße Katzen

»Sie kennen sicher meinen Freund Randy Atkins, nicht wahr?« »O ja, natürlich, Sir! Ein sehr ruhiger und zurückhaltender

Mensch.« »Kennen Sie auch Tante Ethel?« »Meinen Sie Mrs. Flanders?« »Richtig, Mrs. Flanders… Noch sehr rüstig, wie?« »Sehr«, gab Judy Carpenter zurück. »Vor allen Dingen, wenn

sie in ihrem Elektrorollstuhl sitzt…!« »Mrs. Flander kann nicht gehen?« »Nur sehr mühsam, Sir… Sie leidet an einer schweren Arthri-

tis!« Mike Rander wollte darauf antworten, neue Fragen stellen und

weitere Informationen sammeln, doch gab es leider in diesem Augenblick einen bedauerlichen Kurzschluß.

Das Licht erlosch schlagartig, nachdem fast gleichzeitig damit der typische Knall einer durchgeschlagenen Sicherung von der Empfangsloge zu hören war.

»Oh…!« schrie Judy Carpenter ängstlich auf und warf sich hil-fesuchend an die Brust des jungen Anwalts.

»Aber nicht doch. Nur ein Kurzschluß«, sagte Rander lächelnd. Er zuckte zusammen, als er einen Stich im Oberarm spürte, wollte etwas sagen, wollte schreien, wollte gegen die sofort ein-setzende lähmende Müdigkeit ankämpfen und verlor das Bewußtsein. Er hörte im Hinübergleiten in diese Ohnmacht ein fast ängstliches, hastiges Atmen und ein Wort, das fast wie eine Entschuldigung klang…

*

»Los, McLean, da ist was passiert!« Lieutenant Madford und McLean sprangen aus ihrem Dienst-

wagen und rannten durch den letzten Teil der Seitenstraße auf

76�

Page 77: Parker streichelt heiße Katzen

das Altersheim zu. Dabei kam es zu einem bedauerlichen Zwischenfall. Sie übersahen in der Dunkelheit ein dünnes Nylonseil, das. auf

dem Boden lag und in einer Höhe von etwa 20 Zentimetern an einem Hydranten befestigt war.

Als Sie es erreichten, wurde dieses dünne, fast unsichtbare Nylonseil plötzlich hoch- und straffgezogen. Es führte vom Hydranten aus hinüber in einen noch dunkleren Hausflur.

Das Ergebnis war frappierend und bestürzend zugleich. Sowohl Madford als auch McLean stolperten natürlich aus vol-lem Lauf und schlugen der Länge nach zu Boden.

Hohe Bäume fallen tief! McLean, der massige Grislybär, blieb bewußtlos und – wie sich

später zeigte – mit einer Platzwunde an der Stirn liegen. Lieuten-ant Madford verlor zumindest die Übersicht. Als er sich aufrap-pelte, um sich um seinen Sergeant zu kümmern, erhielt er einen bösen Handkantenschlag auf eine nicht näher zu nennende Kör-pergegend, die ihn nun auch in eine Ohnmacht fallen ließ.

Weder McLean noch Madford sahen oder ahnten etwas von zwei jungen, durchaus nett anzusehenden Damen, die nun aus dem Hausflur kamen und eine schnelle Betriebsamkeit entwi-ckelten. Sie lösten das Nylonseil vom Hydranten, rollten es auf und waren dann so schnell, wie sie gekommen waren, wieder verschwunden…

*

»Meine Herren!?« Tilda Halldy, die weißhaarige Dame mit den ausgesucht höflichen Manieren und den fast lustig zu nennen-den braunen Augen sahen McLean und Madford fragend an. Sie stand in der nur spaltbreit geöffneten Tür zum Altersheim.

»Kriminalpolizei«, rief Lieutenant Madford, der sein schmer-

77�

Page 78: Parker streichelt heiße Katzen

zendes Genick nicht vergessen konnte. »Kriminalpolizei!? Hier bei uns? Da muß aber sicher eine Ver-

wechslung vorliegen, meine Herren. Darf ich übrigens Ihre Aus-weise sehen?«

Lieutenant Madford wies sich aus. »Wir suchen einen gewissen Mike Rander, der vor zehn Minu-

ten hierher ins Haus ging«, sagte Madford dann grimmig, »Sie können mir hoffentlich sagen, wo er geblieben ist?«

»Leider nein!« Tilda Halldy schüttelte bedauernd den Kopf, »aber treten Sie doch bitte näher, meine Herren!«

»Wieso wissen Sie nicht, wo Mister Rander steckt?« grollte McLean, der sich mit einem halbwegs sauberen Taschentuch die leichte Stirnverletzung abtupfte und restlos sauer war.

»Warum ich es nicht sagen kann?« Mrs. Tilda Halldy blieb ruhig, freundlich und gelassen, »weil Mister Rander es mir nicht gesagt hat. Ich habe ihn danach auch selbstverständlich nicht gefragt. Es wäre wohl doch unhöflich gewesen.«

»Moment mal, Sie wollen damit sagen, daß er wieder gegangen ist?« Madford wunderte sich kaum noch.

»Nach dem Kurzschluß«, antwortete Tilda Halldy und nickte, »er übergab mir ein Päckchen, das ich einer gewissen Tante Ethel überreichen sollte, was ich auch besorgte, trotzdem Mrs. Ethel Flanders schon schlief!«

»Sie wollen sagen, daß Mister Rander nach dem Kurzschluß sofort gegangen ist?« Madford sah Tilda Halldy ungläubig an.

»Richtig, Lieutenant. Er wollte ja nur das Päckchen abgeben. Und das habe ich…«

»Mrs. Ethel Flanders gegeben, Sie sagten es bereits.« Madfords Laune sank stark und schnell weiter nach unten. »Dann möchte ich jetzt Mr. Ethel Flandrers sehen.«

»Aber sie schläft doch bereits, Sir!« »Schon wieder? Macht nichts, Mrs. Halldy, ich muß sie spre-

78�

Page 79: Parker streichelt heiße Katzen

chen. Also bitte, verständigen Sie sie!« Tilda Halldy ging ans Telefon und rief die Etagenschwester an.

Sie teilte ihr kurz mit, daß Ethel Flanders in der Halle erwartet würde.

»Sie wird sofort verständigt.«, erklärte Tilda Halldy, nachdem sie das Telefon aufgelegt hatte. »Ich nehme an, Sie glauben mir nicht, wie?«

»Aber keineswegs«, gab Madford lächelnd zurück, »ich möchte das Päckchen nur sehen.«

Das Telefon klingelte. Die weißhaarige Dame hob ab und meldete sich. Sie hörte kurz

zu und nickte dann. »Sie kommt in wenigen Minuten«, berichtete sie dann, den

Hörer zurück auf die Gabel legend, »Mrs. Flanders muß sich nur noch den Morgenmantel überwerfen.«

Madford wurde unruhig. »Hoffentlich hat Mrs. Flanders den Besuch hier unten nicht

vergessen«, bemerkte er dann etwas ironisch zu Tilda Halldy. »Ob ich mal ’rauffahre und nachsehe?« schlug McLean vor.

Doch bevor Mike Rander antworten konnte, erschien, vom Lift her kommend, eine der jungen Hausschwestern.

Diese Schwester sah sehr verblüfft aus und schien offensicht-lich bestürzt. Sie ging schnell auf Tilda Halldy zu und flüsterte ihr etwas zu.

»Was ist denn?« fragte Madford ungnädig. Er fühlte, daß sich etwas Ungewöhnliches ereignet hatte und war dementspre-chend nervös.

Tilda Halldy wandte sich ihm zu. »Ich höre gerade«, antwortete sie trocken, »daß Mrs. Ethel

Flanders sich nicht mehr in Ihrem Apartment befindet.« »Was soll das heißen?« »Das soll heißen, Lieutenant, daß sie unser Heim verlassen

79�

Page 80: Parker streichelt heiße Katzen

hat!«�

*

Ein äußerst schlecht gelaunter Lieutenant Madford, ein saurer Sergeant McLean und schließlich ein besorgter Butler Parker befanden sich in Mike Randers Dachgartenwohnung.

Parker hatte frischen Kaffee serviert, reichte Sandwiches und wunderte sich, wie sehr Sergeant McLean plötzlich auflebte. Der große, hünenhafte Mann vergaß seine Sorgen und beschäftigte sich sehr intensiv mit den Sandwiches.

»Eine Pleite auf der ganzen Linie«, stellte Madford überflüssi-gerweise noch einmal fest, »Ihr Herr und Meister, Parker, ist und bleibt verschwunden.«

»Ich habe es mit großem Bedauern und großer Sorge zur Kenntnis nehmen müssen«, erwiderte Parker, »die Durchsu-chung des Altersheim ergab nicht den geringsten Anhaltspunkt?«

»Wir fanden auch nicht die leiseste Andeutung einer Spur«, gab Madford achselzuckend zurück, »er war wie vom Erdboden verschwunden. Man muß ihn sehr geschleppt und vor unseren Augen aus dem Bau herausgeschmuggelt haben, als wir auf dem Pflaster lagen.«

»Hinzu kommt das mehr als rätselhafte Verschwinden jener Mrs. Ethel Flanders, die laut Pentnatolaussage der Schwester Gwen mit jener Tante Ethel identisch sein soll, die wir alle suchen, Sir.«

»Wie kann sich eine fast gelähmte Frau derart schnell absetzen?« wunderte Madford sich wieder einmal, wie schon so oft in der vergangenen Stunde, »entweder ist sie weggeschafft worden, wie Mike Rander oder aber sie hat es auf ihren eigenen Beinen geschafft. Und wenn das der Fall ist, Parker, dann war sie

80�

Page 81: Parker streichelt heiße Katzen

unsere Tante Ethel!« »Dies, Sir, muß man jetzt wohl unterstellen!« »Wenn’s so ist, können wir wieder von vorn anfangen, Parker.

Dann hat diese mehr als reizende Tante Ethel natürlich alle Spu-ren verwischt.«

»Wie Sie meinen, Sir!« »Drücken Sie sich nur nicht um eine offene Antwort herum,

Parker. Es geht jetzt um Ihren Chef! Ich wette, Sie haben wieder einmal Geheimnisse vor mir.«

»Keineswegs, Sir!« »Schön, warten wir ab, was meine Leute in der Gardinenfabrik

herausfinden.« »Darauf, Sir, bin ich sehr gespannt, ich fürchte allerdings, daß

besagte Tante Ethel auch dort sämtliche Spuren hat verwischen lassen.«

»Dann möchte ich nur wissen, wie wir Ihren Chef finden wol-len, Parker.« Madford sah zufällig zu McLean hinüber, der gerade den ansehnlichen Rest eines Sandwichs verdrückt hatte und mampfte. Dieser Anblick reizte ihn. »Mann, McLean, wie-viel wollen Sie denn noch verdrücken? Können Sie nur essen? Lassen Sie sich mal endlich was einfallen!«

»Okay, Chef«, mampfte McLean, »diese Halldy, die sollten wir hochnehmen, wenn Sie mich fragen.«

»Und mit welcher Begründung?« »Die hat’s faustdick hinter den Ohren.« »Sagen Sie das dem Richter, der Ihnen den Haftbefehl ausstel-

len soll. Er wird Sie vierkantig ’rauswerfen. Nein, nein, was wir brauchen, sind handfeste Beweise. Und die besitzen wir einfach nicht. Haben Sie vielleicht zufälligerweise eine Idee, Parker?«

»Ich fürchte, Sir, damit im Augenblick nicht dienen zu kön-nen.«

»Herrliche Aussichten«, grollte Madford, »da sitzt man nun

81�

Page 82: Parker streichelt heiße Katzen

herum, hat sich von einer Handvoll ›heißer Katzen‹ an der Nase herumführen lassen und kann nichts tun.«

»Diese Halldy hochnehmen, Chef«, mampfte McLean erneut, da er sich mit einem weiteren Sandwich befaßte. »Hochnehmen und unter Druck setzen. Sie sollen mal erleben, wie sie dann singt!«

»Essen Sie lieber, McLean, bevor Sie mir mit weiteren Schnaps-vorschlägen kommen.« Madford stand auf und nickte dem But-ler zu. »Vielen Dank für Kaffee und Sandwiches, Parker. Für uns wird’s Zeit. Sollte sich was tun, wissen Sie ja, wo ich privat zu erreichen bin.«

»Hoffentlich bin ich schon bald in der erfreulichen Lage, Sir, Sie verständigen zu müssen.«

Parker brachte seine nächtlichen Gäste zum Lift und wartete, bis das Transportgerät wieder automatisch zurück zur Dachgar-tenwohnung kam.

Dann verschwand er im Penthouse und traf einige Vorberei-tungen, die er für unbedingt notwendig hielt…

*

»Parker? Sie?« Der Manager des Taxiunternehmens grinste erfreut, als Parkers hochbeiniges Monstrum neben der Glasbox innerhalb der großen Parkhalle anhielt. Parker hatte sich seinen heißgeliebten Privatwagen zurückgeholt, um beweglicher zu sein. Er wollte während der letzten Nachtstunden noch einiges unternehmen.

»Ich hoffe nicht, zu stören, Mister Stein«, grüßte Parker, »im übrigen freue ich mich ebenfalls, wie ich versichern möchte.«

»Kann ich was für Sie tun, Parker? Ich wette, Sie sind nicht nur gekommen, um mal nach mir zu sehen.«

»In der Tat.«, räumte Parker sofort ein, »es handelt sich um ein

82�

Page 83: Parker streichelt heiße Katzen

Taxi, in dem sich vier Männer wegbringen ließen.« »Haben Sie das Kennzeichen? Und wann soll das gewesen

sein?« Stein war selbstverständlich sofort bereit zu helfen. Parker

konnte er es verdanken, daß er noch lebte. Doch das war ein Fall, den der Butler inzwischen fast vergessen hatte, und der an ande-rer Stelle vielleicht einmal erzählt werden sollte.

Josuah Parker nannte das Wagenkennzeichen des Taxi und die ungefähre Zeit.

Stein setzte sich darauf anhand einer Liste mit einigen Taxifah-rern in Verbindung. Vor dem Mikrofon der Sprechanlage wirkte er konzentriert und eindringlich.

Josuah Parker störte nicht weiter. Er war ausgestiegen und wartete auf das Ergebnis, das erfreulicherweise nicht lange auf sich warten ließ.

»Die vier Burschen haben sich vor einem kleinen Hotel im Osten der Stadt absetzen lassen«, berichtete Stein, kritzelte eine Adresse auf einen Fetzen Papier und schob ihn Parker zu. »Brau-chen Sie die Hilfe von einigen handfesten Burschen? Von mei-nen Taxis befinden sich gerade mehrere in der Gegend!«

»Ich möchte nicht weiter lästig fallen«, wehrte der Butler höf-lich ab, »ich möchte fast annehmen, daß ich dieses Problem allein lösen kann.«

»War das alles, was ich für Sie tun konnte?« »Vielleicht noch eins, Mister Stein… Ich suche zusätzlich einen

leider völlig durchschnittlich aussehenden Chrysler, der sich mit größer Wahrscheinlichkeit noch hier in dieser Stadt befinden muß. Falls einer Ihrer Leute auf diesen Wagen stößt, würde es mich ungemein interessieren, wo ich ihn finden kann.«

Stein notierte sich auch dieses Kennzeichen und nickte. »Ich will ja nichts versprechen«, meinte er dann, »aber den

Schlitten müßten meine Jungens eigentlich finden. Um diese Zeit

83�

Page 84: Parker streichelt heiße Katzen

sitzt alles drin. Da haben sie Zeit genug, mal die Augen aufzu-sperren. Sagen Sie, Parker, sind Sie mal wieder hinter Gangstern her?«

»Hinter ›heißen Katzen‹!« Parker lüftete seine Melone, setzte sich in sein hochbeiniges Monstrum und rauschte davon.

Stein sah ihm nach…

*

Mike Rand er fühlte sich hundeelend. Er war zu sich gekommen, konnte kaum den schrecklichen

Brechreiz unterdrücken, der ihn immer wieder schüttelte, und war nicht in der Lage aufzustehen. Man hatte ihn sehr geschickt auf einem einfachen Eisenbett festgezurrt.

Er befand sich nicht allein in dem einfachen Zimmer, in dem nur billige, abgenutzt aussehende Dutzendmöbel herumstanden. Auf einer Couch an der Längswand saß eine stämmige Frau in zerzauster Schwesterntracht, die sich ihm als Schwester Gwen vorgestellt hatte. Diese Frau hatte einen schallgedämpften Revol-ver neben sich gelegt und kämpfte offensichtlich gegen ein drin-gendes Schlafbedürfnis.

Schwester Gwen war nicht allein. Zwei leichte Sessel aus Strohgeflecht waren besetzt. Zwei

wesentlich jüngere Damen, die dazu noch erheblich attraktiver aussahen als Schwester Gwen, lagen wie hingegossen auf den Sitzen und schliefen.

»Kann ich einen Schluck Wasser haben?« erkundigte sich Mike Rander.

»Halten Sie endlich den Mund«, fauchte Schwester Gwen zurück, »wollen Sie mich auf die Palme bringen?«

»Lieber nicht.«, murmelte Rander und schloß die Augen. Er ärgerte sich noch immer maßlos darüber, daß man ihn so

84�

Page 85: Parker streichelt heiße Katzen

geschickt überlistet hatte. Er ärgerte sich darüber, daß die nette Schwester aus dem Altersheim ihm eine Injektion verpaßt hatte, an der er noch jetzt litt.

Wie und auf welchem Weg man ihn weggeschafft hatte, wußte er nicht. Er hatte auch keine Ahnung, wo er sich befand. Er war erst vor knapp fünfzehn Minuten wieder zu sich gekommen und hatte sich dann in dieser so lieben Gesellschaft wiedergefunden.

»Worauf warten wir eigentlich?« fragte Rander. »Auf die Chefin«, gab Schwester Gwen zurück, »aber freuen

Sie sich bloß nicht darauf. Diesmal sind Sie und Ihr komischer Butler reif. Reif für’s Sterben… Und mir soll’s ein Vergnügen sein, ihr dabei zu helfen.«

»Wenn ich Sie so ansehe, glaube ich es Ihnen aufs Wort.«, erwi-derte der junge Anwalt und unternahm den nächsten Versuch, wenigstens seine Hände in etwa freizubekommen…

*

Parker hielt sein hochbeiniges Monstrum vor dem kleinen Hotel an und stieg aus.

Die Straße um diese Zeit – es war weit nach Mitternacht – lag so gut wie menschenleer. Die dunklen Häuser zeigten kein Leben. Auch im Hotel brannte, außer unten im Empfang, kein Licht.

Der Nachtportier schlief hinter dem Tresen in einem alten Lehnstuhl.

Er merkte überhaupt nicht, daß Josuah Parker nach dem abge-griffenen Gästebuch langte und nach den Namen Pete Ralder und Jerry Could suchte.

Zimmer Nr. 28. Parker ging, ohne Verzicht auf Würde und Gemessenheit, hinüber zur Treppe und begab sich hinauf in den zweiten Stock. Das gesuchte Doppelzimmer war bald gefunden,

85�

Page 86: Parker streichelt heiße Katzen

die Tür von innen verschlossen. Nun besaß Josuah Parker, wenn es darauf ankam, ein erstaunli-

ches Geschick, Türschlösser zu »überreden«, sich fast freiwillig zu öffnen. Ein Routinier auf diesem Gebiet wäre wahrscheinlich vor Neid erblaßt.

Parker hütete sich allerdings, die aufgesperrte Tür so einfach zu öffnen. Männer wie Ralder und Cloud waren schließlich keine Anfänger. Wahrscheinlich hatten sie die Tür so gesichert, daß sie alarmiert wurden, falls sie ohne ihre Erlaubnis aufge-drückt wurde.

Parker hatte entsprechend vorgesorgt. Er öffnete sein Zigarrenetui, entnahm einen der pechschwarzen

Torpedos und zog daraus einen Plastikstrohhalm hervor. Diesen Strohhalm schob er durch das Türschloß. Dann eine leichte Dre-hung, und schon wurde von der Zigarre aus ein Reizstoff durch den Strohhalm ins Zimmer geblasen.

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Zuerst ertönte nur ein flaches Räuspern, das sich allerdings

sehr schnell zu einem unterdrückten Husten ausweitete. Anschließend wurde daraus ein Bellen, als hätte sich ein Rudel Füchse erkältet. Dieses Bellen ging unter in einem wilden Hus-ten.

Bettfedern quietschten, nackte Füße trappelten über den Boden. Leise Flüche tönten bis hinaus auf den Korridor, wenig später war deutlich zu hören, daß im angrenzenden Bad ein Wasserhahn aufgedreht wurde.

Nun hielt Parker es für an der Zeit, den beiden Profis einen Besuch abzustatten.

Sie sahen und hörten nichts. Sie standen im Badezimmer und husteten vor sich hin. Die

Dosis, die Parker ihnen per Blasrohr und Zigarre verabreicht hatte, reichte zu einem leichten Unwohlsein.

86�

Page 87: Parker streichelt heiße Katzen

Parker, dank seiner Spezialzigarren, die er zu rauchen pflegte, an solche und ähnliche Reizstoffe gewöhnt, hatte keinerlei Beschwerden, zumal die beiden Gangster das Fenster zur Straße hin bereits weit aufgerissen hatten. Die frische Luft strömte ein und verdünnte zusätzlich die Reizmischung…

»Ich möchte auf keinen Fall stören und werde auch sehr schnell wieder gehen«, versprach Josuah Parker, der nun in der Bade-zimmertür stand. »Würden Sie mir freundlicherweise verraten, wo ich einen gewissen Mister Mike Rander antreffen kann?«

Pete Ralder starrte ihn an, als habe er es mit einer Erscheinung aus einer anderen Welt zu tun.

Cloud, der gerade Wasser trank, verschluckte sich, hustete noch intensiver und lief dabei fast blau an.

Pete Ralder, immerhin ein ausgekochter Profi, faßte sich sehr schnell.

Er drückte sich vom Waschbecken ab und warf sich auf den Butler. Cloud unterdrückte mannhaft seinen Hustenreiz und folgte seinem Partner.

Parker hielt es für taktisch günstig, dem ersten Ansturm auszu-weichen. Er trat zur Seite und wußte schon im voraus, daß die auf dem Boden freigebig verstreuten Heftzwecken ihre Wirkung schon tun würden. Er hatte nackte Füße vorausgesetzt und ent-sprechend vorgesorgt.

Der Erfolg war erstaunlich. Pete Ralder brüllte auf, hüpfte auf einem Fuß herum und hatte

das Pech, ausgerechnet mit der nackten Sohle eben dieses Fußes in eine andere Reißzwecke zu treten.

Daraufhin wußte er nun überhaupt nicht mehr, auf welchen Fuß er sich stellen sollte.

Tränen rannen über seine Wangen, als er stöhnend, hüpfend, springend und wehklagend sein Bett erreichte, sich darauf warf und anschließend nur noch Interesse für seine Fußsohlen zeigte.

87�

Page 88: Parker streichelt heiße Katzen

Jerry Cloud entwickelte dagegen wesentlich mehr Tempera-ment und unterstrich seine Begabung als Tänzer.

Da seine Fußsohlen wesentlich häufiger angebohrt worden waren, vollführte er einen Ausdruckstanz, für den selbst eine Mary Wigman sich mit Sicherheit interessiert hätte, so neuartig und gekonnt zugleich war er.

Dabei unterlief Cloud ein Verständigungsfehler mit seinen Bei-nen. Die Impulse vom Hirn zu seinen Beinmuskeln blockierten. Nur so war es zu verstehen, daß plötzlich beide Beine hoch in der Luft waren.

Cloud landete unsanft auf dem Boden, und zwar mit dem Gesäß zuerst. Und es war schon ausgesprochenes Pech, daß aus-gerechnet dort, wo er landete, sich zwei Reißzwecken befanden, deren Spitze sich prompt in die Gesäßmuskeln bohrten…

Worauf Cloud, wie von einem Katapult geschnellt, auf fast rät-selhafte Art und Weise doch noch auf dem rettenden Bett lan-dete…

*

Schwester Gwen weckte plötzlich ihre beiden Mitarbeiterinnen, strich sich die zerknitterte Dienstschürze glatt und sah erwar-tungsvoll zur Tür hinüber.

Rander, der sich diese Hektik bisher nicht hatte erklären kön-nen, hörte plötzlich schnelle, energische Schritte.

Tante Ethel kam. Die Tür öffnete sich. Und dann hatte Mike Rander den Vorzug,

diese Tante aus nächster Nähe sehen zu dürfen. Tilda Halldy trat ein und nickte ihm wie selbstverständlich zu.

Die kleine, weißhaarige und fast zierliche Dame wirkte erstaun-lich frisch und elastisch.

»Sie sind Tante Ethel!?« Rander war noch immer verblüfft.

88�

Page 89: Parker streichelt heiße Katzen

»Bin weiteres Verstellen wäre albern«, räumte Tilda Halldy ein, »ich bin Tante Ethel… Früher oder später wären Sie ja wohl doch hinter mein Geheimnis gekommen.«

»Sie haben sich den Namen nur ausgeliehen?« »Richtig, Mister Rander… Die alte Dame im Rollstuhl ist abso-

lut unschuldig. Aber ihr Vorname Ethel gefiel mir für meine Zwecke.«

»Mein Kompliment.«, lobte der junge Anwalt, »Sie haben da eine tolle Gangster-Organisation aufgezogen. Hatten Sie entspre-chende Vorbildung?«

»Mein Mann war früher einmal in dieser Branche tätig. So etwas färbt ab.«

»Ich begreife nicht, wie eine Frau zu einem Gangster werden kann!«

»Geld stinkt nicht.«, meinte Tilda Halldy und lächelte auf char-mante Weise, »es stinkt vor allen Dingen dann nicht, wenn man es leicht verdient.«

»Mit der Philosophie werden Sie bald auf der Nase liegen«, gab Mike Rander zurück, »aber das ist wohl Ihr Bier… Räumen Sie sich eigentlich nach den letzten Vorfällen noch eine Chance ein?«

Schwester Gwen und die beiden Mitschwestern hielten sich respektvoll im Hintergrund und sahen ihre Chefin bewundernd an.

Tilda Halldy hatte sich eine Zigarette angezündet und lehnte sich gegen die Zimmerwand.

»Was hat sich geändert?« gab sie zurück, »wollen Sie mir das einmal sagen? Gut, das Altersheim fällt als Basis aus… Aber das ist für uns doch kein Beinbruch, mein lieber Rander… Wir haben noch andere Stützpunkte hier in der Stadt.«

»Man wird Sie suchen… Wenn Sie nicht ins Altersheim zurückkehren, machen Sie sich doch völlig verdächtig!«

89�

Page 90: Parker streichelt heiße Katzen

»Tilda Halldy wird bald sterben.« Die zierliche, weißhaarige Dame lächelte versonnen. »Ich habe auch schon ein passendes Double, wenn Sie das meinen, Mrs. Ethel Flanders wird meine Rolle übernehmen und während einem bedauerlichen Brand lei-der umkommen.«

»Eine Person bleibt dann immer noch auf der Suchliste.« »Mrs. Flanders! Aber doch nicht ich… Sonst noch Fragen, Mis-

ter Ranker, die Sie bedrücken?« »Natürlich… Falls ich Ihnen nicht auf die Nerven falle!« »Fragen Sie nur, wir haben ja Zeit.« »Wie haben Sie’s geschafft, diese heißen Katzen anzuheuern?

Frauen neigen eigentlich nicht zu solch harten Verbrechen.« »Sie haben vergessen, daß ich durch meinen verstorbenen

Mann entsprechend geschult wurde. Mitarbeiterinnen findet man schnell, man muß nur wissen, wo man sie zu suchen hat.«

»Und Sie haben sich ausschließlich auf Brände spezialisiert?« »Das wissen Sie doch inzwischen längst, Mister Rander… Wir

verkaufen Feuer, wenn man es so ausdrücken will. Gegen anständige Beteiligung sorgen wir dafür, daß Interessenten an Versicherungsgelder kommen. Ein risikoloses Unternehmen, fin-den Sie nicht auch?«

»Sieht vorläufig noch so aus, Mrs. Halldy. Oder ist Ihnen der Name Tante Ethel lieber?«

»Ich denke, wir streichen ihn jetzt. Er war ohnehin nur als Kon-taktname gedacht. Er ist austauschbar!«

»Sie arbeiten doch offensichtlich mit Zeitzündern und besonde-ren Brandmischungen, Mrs. Halldy. Woher beziehen Sie das alles? Basteln Sie diese Dinge etwa zusammen?«

»Sie werden es wohl glauben, daß ich dafür einen Spezialisten habe…«

»Paul Wake war ihm hart auf der Spur, nicht wahr?« »Allerdings, deshalb mußte Wake auch so überraschend ster-

90�

Page 91: Parker streichelt heiße Katzen

ben. Wie Sie, Mister Rander, falls Sie mir nicht endlich die Memoiren ausliefern.«

»Angenommen, ich würde das tun, Mrs. Halldy… Würden Sie mich danach wirklich laufenlassen?«

»Warten Sie’s doch ab.« »Darauf lasse ich es lieber nicht ankommen.« »Rander, Sie werden reden. So oder so! Sie haben mich bisher

vielleicht unterschätzt… Sie werden schnell anderer Meinung sein, verlassen Sie sich darauf. Ich kann sehr hart sein, wenn es sein muß!«

»Ich weiß… Morde bedeuten Ihnen nichts.« »Morde bedeuten mir wirklich nichts«, entgegnete Tilda

Halldy und nickte langsam, »aber der Tod wird Ihnen später wie eine Erlösung vorkommen, Rander. Überlegen Sie sich’s genau… Reden Sie lieber freiwillig, oder Sie werden einige Höl-len durchwandern müssen!«

*

Pete Ralder und sein Partner Jerry Could saßen auf dem Bett und entfernten vorsichtig diverse Reißzwecken aus ihren nack-ten Fußsohlen.

Parker hatte sich neben der Tür aufgebaut und sah den beiden Gangstern zu.

»Ich denke, Sie haben sich nun lange genug mit Ihren Bagatell-wunden beschäftigt.«, meinte er schließlich verweisend, »kom-men wir doch zur Sache, meine Herren. Ich möchte wissen, wo sich Mister Mike Rander zur Zeit befindet.«

»Keine Ahnung«, brummte Pete Ralder. »Von uns erfahren Sie nichts! Weil wir nämlich nichts wissen.«

Jerry Could sah den Butler wütend an. »Ich fürchte, daß ich nun gezwungen werde, jene Saiten aufzu-

91�

Page 92: Parker streichelt heiße Katzen

ziehen, die man im sprichwörtlichen Sinne ›andere‹ nennt!« Par-ker wollte gerade hinüber zum Bett gehen, als er schnelle Schritte auf dem Korridorgang hörte.

Wenig später wurde die Tür aufgedrückt. Die beiden ahnungs-losen Kleiderschränke stürmten herein und bauten sich leicht gereizt vor dem großen Doppelbett auf, auf dem Pete und Jerry saßen.

»Was soll der verdammte Krach?« erkundigte sich der erste Kleiderschrank. »Hört doch mit der blöden Quasselei auf«, schlug der zweite Kleiderschrank vor. »man hört ja fast jedes Wort!«

»Was ich übertrieben finde«, ließ Parker sich vernehmen. Die beiden Schläger wirbelten herum. Sie hatten den Butler hinter der Tür völlig übersehen.

»Bitte, keine unnötigen Bewegungen«, warnte Parker. Er hielt eine jener Schußwaffen in der Hand, die er im Zimmer erbeutet hatte. »Nehmen Sie Platz, meine Herren. Ich denke, Sie dürfen und können sich an der allgemeinen Unterhaltung beteiligen.«

Die beiden Kleiderschränke mußten passen, was ihnen über-haupt nicht gefiel. Aber sie nahmen vor dem Bett Platz, wie Par-ker es ihnen mit einer entsprechenden Handbewegung verord-net hatte. Von hier sahen sie den würdevollen Butler haßerfüllt an.

»Nehmen wir das zu behandelnde Thema also wieder auf«, begann der Butler, »wo finde ich Mister Mike Ranker? Bezie-hungsweise, um die Frage entsprechend auszuweiten, wo könnte ich ihn unter Umständen finden?«

»Was wollen Sie denn machen?« fragte Pete Ralder und grinste, »wollen Sie uns der Reihe nach umpusten, wenn wir nicht reden? Das nehme ich Ihnen nicht ab, Parker. Damit kön-nen Sie mich nicht bluffen!«

»Dies sehe ich durchaus ein.« Parker holte eine seiner Spezial-

92�

Page 93: Parker streichelt heiße Katzen

zigarren aus dem Etui und verdrehte die beiden unsichtbaren Hälften dieses schwarzes Torpedos gegeneinander.

Die vier Gangster sahen ihm dabei amüsiert zu. Noch ahnten sie nicht, was auf sie zukommen sollte.

»Bitte, meine Herren, passen Sie genau auf«, erklärte der Butler nun. »beachten Sie das Holz des Kleiderschrankes… Sie werden dort eine beachtliche Veränderung feststellen können.«

Parker drückte auf eine bestimmte Stelle der Patentzigarre. Irgend etwas zischte durch das Zimmer und landete klatschend auf der Schrankwand.

Zuerst verfärbte sich Pete Ralder. Dann wurde Jerry Could ein wenig schlecht. Der erste Kleiderschrank spürte, daß sein Magen sich ver-

krampfte. Der zweite Kleiderschrank schloß entsetzt die Augen. Auf der Oberfläche der Schranktür lief ein nasser Fleck ausein-

ander. Und dabei hinterließ er deutliche Spuren, die sich tief in das Holz einfraßen. Dabei stieg ein graues Rauchwölkchen auf, das einen beißenden, penetranten Gestank verbreitete…

»Erlassen Sie es mir, Ihnen die chemische Formel dieser Säure genauestens aufzuzeigen«, bat der Butler fast freundlich, »Sie müßte eigentlich nur die Wirkung interessieren. Ich rate und empfehle, daß Sie sich das alles einmal gründlich durch den Kopf gehen lassen.«

*

»Okay, Mrs. Halldy. Sie haben mich überzeugt.«, bemerkte Mike Rander etwa um diese Zeit und nickte ergeben. »Mit Ihren Druckmitteln können Sie mir gestohlen bleiben!«

»Also, wo befinden sich die Memoiren?« »In meiner Wohnung natürlich.«

93�

Page 94: Parker streichelt heiße Katzen

»Gwen!« Tante Ethel wandte sich an die stämmige Schwester, »Gwen, Sie und Ihre Freundinnen werden mir das Manuskript sofort holen.«

»Wo liegt es denn in der Wohnung?« wollte Schwester Gwen wissen.

»In meinem Schreibtisch… Linkes Seitenfach… Es ist in graues Papier eingeschlagen.«

»Sie haben mich hoffentlich nicht belogen«, warnte Tante Ethel, alias Tilda Halldy.

»Ich werde mich hüten. Noch etwas. Ohne meinen Schlüssel hier kommen Sie nicht ’rauf ins Penthouse… Der Lift ist nur für meinen Butler und für mich betriebsbereit.«

Schwester Gwen gab sich sehr rauh, als sie den flachen Yale-Schlüssel aus Randers Jackentasche hervorholte. Sie begab sich dann zusammen mit Tilda Halldy in eine Ecke des Zimmers.

»Ihr nehmt einen Brandsatz mit.«, flüsterte Tilda Halldy ihrer Mitarbeiterin zu, »das ganze Penthouse muß in Flammen aufge-hen. Und was diesen Butler anbetrifft, so wird von euch sofort geschossen… Ohne jede Rücksicht!«

»Mit Vergnügen«, erwiderte Schwester Gwen, nickte ihren bei-den Freundinnen zu und verließ dann das Zimmer.

Mike Rander verbiß sich ein Schmunzeln. Schwester Gwen und die beiden jüngeren Mitarbeiterinnen ahnten nicht, auf was sie sich da einlassen wollten.

*

Die vier Schläger und Gangster kamen sich sehr nackt und hilf-los vor.

Was im wahrsten Sinne des Wortes stimmte, denn sie hatten sich auf den dringenden Wunsch des Butlers hin ihrer Kleidung restlos entledigt. Sie standen jetzt in einem völlig kahlen Zim-

94�

Page 95: Parker streichelt heiße Katzen

mer, in dem es keine Textilien, gleich welcher Art, mehr gab. Josuah Parker hatte selbst die Vorhänge, Gardinen und die Bett-wäsche entfernt. Dies alles lag zusammen mit den Kleidern und der Unterwäsche der Gangster auf einem tiefer gelegenen Dach, das sich unterhalb des Hotelzimmerfensters befand.

»Dem dreh’ ich den Hals um, wenn ich ihn erwische«, schwor Jerry Could.

»Aus dem mach ich Hackfleisch«, prophezeite Pete Ralder. Die Randbemerkungen der beiden Kleiderschränke sollen an

dieser Stelle unterschlagen werden. Sie waren alles andere als salonfähig und bewegten sich im Bereich der schmutzigsten Gosse. Eines aber war ihnen allen gemeinsam, sie ärgerten sich schwarz.

Josuah Parker hatte inzwischen die Straße erreicht, lief eine nahe Telefonzelle an und wählte die Nummer der nächsten Poli-zeistation.

»Ich möchte Sie diskret auf einen Tatbestand hinweisen«, mel-dete er, als die Verbindung mit dem wachhabenden Sergeant hergestellt war, »auf einen Tatbestand also, der meines Erach-tens sehr gegen die guten Sitten verstößt.«

Anschließend setzte er dem aufmerksam zuhörenden Beamten auseinander, wen er in einem Hotelzimmer antreffen konnte…

»Solche Leute gehören hinter Schloß und Riegel«, schloß Josuah Parker, »darüber hinaus sollten Sie Lieutenant Madford von der Mordabteilung informieren und ihm mitteilen, daß es sich bei den vier Männern um Neffen der Tante Ethel handelt… Vergessen Sie dies auf keinen Fall, Sie werden sich damit einige Lorbeeren verdienen können.«

Er legte auf, bevor Fragen gestellt werden konnten. Dann machte er sich in seinem hochbeinigen Monstrum auf

den Weg, seinem jungen Herrn etwas Hilfestellung zu leisten… Der Tag graute bereits, als Mike Rander endlich vom Bett auf-

95�

Page 96: Parker streichelt heiße Katzen

stehen konnte. Es war ihm gelungen, Hände und Füße freizubekommen. Er

war steif und mußte die Blutstauungen erst einmal wegmassie-ren, bevor er sich wie üblich bewegen konnte.

Seiner Schätzung nach konnte es nicht mehr lange dauern, bis Tante Ethel, alias Tilda Halldy wieder auf der Bildfläche erschien. Sie hatte sich fast nett entschuldigt, bevor sie gegangen war. Sie hatte, wie sie sagte, einige Arbeiten für die kommenden Tage vorzubereiten.

Was mit diesen Arbeiten gemeint war, konnte der junge Anwalt sich leicht ausrechnen. Tilda Halldys Unternehmen flo-rierte. In der Stadt gab es sehr viele Interessenten, die an einem kleinen Brand verdienen wollten.

Plötzlich hörte Rander ein leises Geräusch draußen vor der Tür.

Er ging sofort in Deckung und nahm eine Vase als Wurfge-schoß in die Hand. Tilda Halldy kam zurück. Jetzt war es an der Zeit, das Blatt gründlich zu wenden!

Ein paar Sekunden später, leider bevor Rander sich darauf vor-bereiten konnte, schwang die Tür so machtvoll und blitzartig auf, daß Rander hart an der Stirn getroffen wurde.

»Ich bin bestürzt und peinlich berührt.«, entschuldigte sich Parker, als er seinen jungen Herrn vom Boden hochzog, »ich konnte selbstverständlich nicht ahnen und wissen, Sir, daß Sie…«

»… Sie mit Ihren faulen Tricks!« beschwerte sich Rander wütend und erleichtert zugleich, »Sie sind doch sonst immer auf Draht, Sie mußten doch wissen, daß ich hinter der Tür stand!«

»Ich möchte sehr um Vergebung bitten, Sir.« »Hätte es wenigstens diese Tilda Halldy erwischt!« »Sprechen Sie im Augenblick von Tante Ethel, Sir?« »Genau, Parker. Sie ist die Dame, die wir suchen. Sie hat es mir

96�

Page 97: Parker streichelt heiße Katzen

selbst gesagt.« »Wird Sie Ihrer Schätzung nach zurückkehren, Sir?« »Das wollen wir doch sehr hoffen«, meinte Anwalt Rander und

strich vorsichtig über die kleine Beule, die sich auf seiner Stirn bildete, »mein Bedarf ist nämlich langsam gedeckt… Von mir aus kann der Fall abgeschlossen werden.«

Schwester Gwen und die beiden recht nett aussehenden Mitar-beiterinnen betraten den Lift und schlossen die Tür hinter sich. Schwester Gwen schob, wie Mike Rander es ihr angeraten hatte, den flachen Yale-Schlüssel in das Betriebsschloß und wartete darauf, daß der Lift sich nach oben in Bewegung setzte.

Nun, er setzte sich zwar in Bewegung, aber keineswegs nach oben. Er rutschte blitzartig nach unten weg. Dies geschah mit solch einer peinlichen Schnelligkeit, daß die drei. Frauen fast von den Beinen rutschten.

»Was… Was ist denn das?« fragte Schwester Gwen entsetzt. Sie bekam keine Antwort. Die beiden Mitarbeiterinnen

schnappten plötzlich nach Luft und wurden kreideweiß im Gesicht. Nun spürte auch Schwester Gwen den eigenartigen Geruch, der sich im Lift ausbreitete. Ihr brach der Schweiß aus.

»’raus!« seufzte sie erleichtert, als der Lift anhielt. Sie weinte und schluchzte fast vor Freude, als die Tür sich tatsächlich öff-nen ließ. Schwester Gwen stürmte hinaus, gefolgt von den bei-den Mitarbeiterinnen.

Sie befanden sich in einem schmalen, gekachelten Korridor-gang, der auf eine Tür zuführte.

Getrieben von dem atemberaubenden Geruch, der aus dem Lift kam, rannten die drei heißen Katzen auf diese Tür zu, die sie für ihre Rettung hielten.

Sie ließ sich öffnen, und das hätte die drei Nichten der Tante Ethel stutzig machen müssen.

Sie stutzten hingegen nicht, sondern flüchteten sich hinter die

97�

Page 98: Parker streichelt heiße Katzen

Tür und… sahen sich entsetzt an. Sie standen in einem ebenfalls ausgekachelten, viereckigen Raum.

Mit einem dumpfen Seufzer schloß sich hinter ihnen die Tür. Schwester Gwen versuchte erst gar nicht, diese Tür zu öffnen. Sie wußte jetzt endgültig, was gespielt wurde…

*

»Ich fürchte, Sir, daß mit Mrs. Halldy nicht mehr zu rechnen ist.«, meinte Josuah Parker nach einer halben Stunde, in der sich leider nichts getan hatte.

»Räumen wir das Feld«, Rander nickte, »sie muß irgendwie Lunte gerochen haben. Vielleicht hätte sie von Schwester Gwen angerufen werden sollen.«

»Sollte man nicht Lieutenant Madford informieren, Sir? Er könnte die Schwester mit den beiden Mitarbeiterinnen aus dem Kachelkeller holen.«

»Dazu müßte einer von uns erst mal den Lift umprogrammie-ren.«

»Ich könnte mir vorstellen, Sir, daß Sie Schwester Gwen gern noch einmal sehen?«

»Mit anderen Worten, Sie wollen mich los werden, ja?« »In dieser Form, Sir, hätte ich dies niemals auszudrücken

gewagt!« »Angenommen, ich gehe. Was haben denn Sie vor, Parker?« »Ich möchte mir ein wenig die Beine vertreten, Sir.« »Reden Sie keinen Unsinn. Heraus mit der Sprache! Was steht

auf Ihrem Programm?« »Nun, Sir, ich möchte einer gewissen Mona Custer einen

Besuch abstatten.« »Mona Custer… Mona Custer!? Ist das nicht eine Freundin der

ermordeten Jane Gilbert?«

98�

Page 99: Parker streichelt heiße Katzen

»In der Tat, Sir .« »Was versprechen Sie sich von diesem Besuch?« »Vielleicht einige bescheidene Hinweise, Sir… Ich möchte mich

überraschen lassen.« »Grüßen Sie Tante Ethel von mir, falls Sie sie treffen«, frotzelte

der junge Anwalt und lächelte. »Ich werde Madford jetzt auf Trab bringen und darauf bestehen, daß er das Altersheim auf den Kopf stellt. Dort scheinen verschiedene Dinge oberfaul zu sein. Also dann, Parker… Und langweilen Sie sich nicht bei der jungen Dame. Daß mir aber keine Klagen kommen…!«

*

Die Firma für Küchenartikel aller Art befand sich im Erdgeschoß und Souterrain eines alten, grauen Backsteinbaus in der Innen-stadt.

Parker stieg aus seinem hochbeinigen Monstrum und betrat das Haus. Er studierte die Namensschildchen neben den Klin-gelknöpfen und suchte nach dem Namen Mona Custer.

Sie wohnte in der vierten Etage. Und hier war auch der Name der ermordeten Jane Gilbert zu finden. Madford hatte also rich-tig ermittelt. Jane Gilbert hatte mit Mona Custer zusammenge-legt. Wahrscheinlich war sie auch als Vertreterin für Küchenarti-kel aller Art tätig gewesen. Selbst ein Gangster oder eine heiße Katze brauchte ja schließlich zur Tarnung einen bürgerlichen Beruf.

Parker fuhr mit einem klapprigen Lift hinauf in die vierte Etage. Das Haus war zwar bewacht, aber noch ließ sich auf der Treppe oder in den Korridorgängen kein Mensch sehen. Dazu war es noch zu früh.

Auf sein Klingeln hin waren schnelle, leichte Schritte hinter der Tür zu hören.

99�

Page 100: Parker streichelt heiße Katzen

»Ja, wer ist da!?« fragte eine nette, etwas verschlafene Stimme. »Ein Telegramm…« antwortete Parker. Als die Tür entriegelt und geöffnet wurde, fügte er ehrlicher-

weise hinzu: »Ein Telegramm ist es leider nicht, Miß Custer!« Mona Custer war etwa 25 Jahre alt, groß, schlank und sah

wirklich gut aus, vor allen Dingen in dem kurzen Shorty, das sie trug. Der schnell übergeworfene Morgenmantel klaffte weit auf und ließ ihre langen schlanken Beine sehen.

»Mein Name ist Parker, Josuah Parker…!« stellte der Butler sich vor. »Herzlichen Dank für die gütige Erlaubnis nähertreten zu dürfen.« Er lüftete höflich seine schwarze Melone und betrat die kleine Wohnung.

Mona Custer wirkte überraschend gelassen. »Und nun? Was wollen Sie!?« »Dies ist eine längere Geschichte, in deren Mittelpunkt Ihre

Freundin Jane Gilbert steht…!« »Jane!?« »Jane Gilbert.«, wiederholte Parker noch einmal, »Ihre Freun-

din, die von Tante Ethel äußerst sinnlos und heimtückisch ermordet wurde.«

»Von Tante Ethel!?« Mona Custer sah ihn etwas zu ruhig an. »Der Chefin der heißen Katzen«, führte der Butler weiter aus,

»aber ich rede ja wohl nicht von Dingen, die Sie noch nie vorher gehört haben, oder?«

»Reden Sie weiter!« Mona Custer sah ihn aufmerksam an. »Mrs. Ethel Halldy, bekannt unter dem Namen Tante Ethel,

befindet sich zur Zeit in erheblichen Schwierigkeiten«, redete Parker weiter, »ihre Organisation hat sich zerschlagen, wie sie bald begreifen wird. Ihre Identität ist geklärt. Ihre Arbeitsmetho-den sind bekannt. Ich fürchte und hoffe zugleich, daß man besagter Tante Ethel bald das Handwerk endgültig legen wird.«

»Wozu erzählen Sie mir das alles?«

100�

Page 101: Parker streichelt heiße Katzen

»Ich hatte das Glück, Ihre Freundin vor dem Verscheiden noch kurz sprechen zu können. Sie beschwor mich, mich mit Ihnen in Verbindung zu setzen, was hiermit geschehen soll.«

»Was hat Jane denn sonst noch gesagt?« »Mir erschien es wie eine Warnung…« »Eine Warnung vor wem?« »Dies, Miß Custer, vermag ich leider nicht zu sagen! Aber viel-

leicht wissen Sie mit dieser Warnung etwas anzufangen.« »Ich glaube, ich weiß, was sie meinte, Mister Parker. Bitte,

kommen Sie mit.« »Wohin, wenn mir diese mehr als neugierige Frage gestattet

ist!?« »Nach unten in die Firmenräume. Jane hatte dort ein Spind…

Sie sagte mir einmal, ich sollte ein kleines Päckchen herausneh-men, wenn ihr etwas zustößt.«

»Und dies haben Sie bisher versäumt?« »Ich hatte es fast vergessen… Aber kommen Sie jetzt… Viel-

leicht bringt uns das Päckchen weiter!« Parker stimmte zu…

*

Besonders erfreulich konnte der Umsatz dieser Firma nicht sein, dies sah der Butler schon auf den ersten Blick.

Auf langen Stellagen ruhten verstaubte Küchenwunder aller Art herum, Sinnlosigkeiten irgendwelcher Erfinder und Messen, die der Hausfrau im Grunde nur zusätzliche Arbeit bereiteten.

Der lange Packtisch hingegen wirkte schon aufgeräumter. Er stand vor einem langen Wandregal, auf dem allerlei Flaschen, Uhren und Glasbehälter herumstanden.

Rechts, neben einer Papierrolle, die in einen Mechanismus zum Abrollen eingespannt war, stand ein großer Leimtopf, in dem

101�

Page 102: Parker streichelt heiße Katzen

ein Pinsel stak. »Kommen Sie!« forderte Mona Custer eifrig, »da hinten ist das

Spind von Jane!« »Einen kleinen Augenblick bitte«, entschuldigte sich Parker

und blieb vor dem Packtisch stehen. Er deutete auf die Regale hinter und über dem Packtisch; »wenn mich nicht alles täuscht, könnte man aus diesen Utensilien sehr praktische und handliche Zeitzünderbrandsätze herstellen…!«

»Wie, bitte…!?« Sie sah ihn entgeistert an. Sie hatte sich übri-gens ein Kleid übergeworfen und trug ein Täschchen in der Hand.

»Ich bin zwar nur interessierter Laie, jedoch sehe ich, daß man mit diesen Gegenständen Brandsätze mit Zeitzündern herstellen könnte. Darf ich fragen, Miß Custer, welchen Beruf Sie erlernt haben…!?«

Sie, hielt plötzlich einen Browning in der Hand, dessen Mün-dung selbstverständlich auf den Butler gerichtet war.

»Ich bin Chemikerin!« sie lächelte kühl, »aber ich kann nicht mit einem akademischen Grad aufwarten. Ich brach mein Stu-dium frühzeitig ab.«

»Weil Sie eine weit besser bezahlte Stellung fanden?« »Richtig. Nachdem ich aber vorher ein Jahr im Gefängnis

saß…! Angeblich wegen Diebstahl, aber das interessiert ja wohl nicht!«

»Noch nicht.«, erwiderte Parker, »ist Mona Custer Ihr richtiger Name!?« »Ich heiße eigentlich Mary Halldy!«

»Nun wird mir alles klar!« Parker nickte bedeutungsvoll, »Tilda Halldy, alias Tante Ethel, ist Ihre Mutter?«

»Das war jetzt nicht mehr schwer«, sagte Mary ironisch, »ersparen Sie sich alle weiteren Fragen, Parker… Ich bin auf die Idee gekommen, Brände zu verkaufen. Wie ich darauf kam? Sehr einfach. Zu unseren Vorlesungen gehörten auch Seminare, die

102�

Page 103: Parker streichelt heiße Katzen

sich mit Brandstiftungsmöglichkeiten aller Art befaßten. Damals kam mir die Idee, daraus Geld zu machen.«

»Und Ihre Mutter unterstützte sofort diese Pläne?« »Sie ermunterte mich geradezu… Sie müssen nämlich wissen,

daß unsere Familie sich nie an die Gesetze gehalten hat…« »Demnach, so darf ich schlußfolgern, zog Ihre Mutter die

Bande auf und drillte die heißen Katzen, um bei diesem Aus-druck zu bleiben. Sie hingegen fertigten die Brandsätze hier in den Bäumen an, ja?«

»Auch das war nicht mehr schwer zu erraten!« »Ich habe mich die ganze Zeit über gefragt, wie Sie an Ihre

Kunden gekommen sind, Miß Halldy…« »Das machten unsere Vertreterinnen für Küchenartikel aller

Art.« »Dies, ehrlich gesagt, begreife ich nicht so recht.« »Unsere Vertreterinnen sehen recht hübsch und nett aus, wie

Sie zugeben müssen. Ich meine die Mädchen, die man »heiße Katzen.« nennt, die aber gleichzeitig als Vertreterinnen für diese Firma arbeiten. Sie kommen mit vielen Menschen ins Gespräch, sondieren, ziehen Erkundigungen über Liquidität und so weiter ein und setzen dann den Hebel an. Sie gehen zu potentiellen Kunden und bekommen sehr schnell heraus, wo der Schuh drückt. Später werden die Kunden dann von unseren Kontakt-männern angerufen, die handfeste Vorschläge machen.«

»Ich beginne zu begreifen, wenn ich es so ausdrücken darf. Durch die Einschaltung der Kontaktmänner wurde der mögliche Verdacht von den Damen abgelenkt, nicht wahr?«

»Sie haben’s begriffen… Später sorgten diese Mädchen dann dafür, daß die Brandsätze pünktlich angeliefert und angebracht wurden… Wie sehr es dann brannte, haben Sie inzwischen ja herausbekommen!«

»Ich nehme an, Sie haben noch eine große Kundenliste, nicht

103�

Page 104: Parker streichelt heiße Katzen

wahr?« »Wir sind bestens versorgt!« »Und zur Tarnung mietete Ihre Mutter sich im Altersheim ein,

nicht wahr?« »Natürlich, in unserer Branche muß man sehr vorsichtig sein!« »Sie waren aber nicht vorsichtig genug!« »Zugegeben, Parker, Sie haben sehr viel Glück entwickelt.« »Wofür ich auch sehr dankbar bin, zumal Sie erfreulicherweise

nach den Memoiren des Mister Paul Wake suchten.« »Die sind jetzt nicht mehr aktuell.« »Sie wollen sich verändern?« »Sicher ist sicher. Meine Mutter und ich werden die Stadt ver-

lassen und uns etwas anderes einfallen lassen!« »Und weitere Morde begehen?« »Kommen Sie mir nur nicht mit der moralischen Tour!« Mary

Halldy schürzte verächtlich die Lippen. »Jane Gilbert mußte sterben, trotzdem ich sie mochte und sie meine Freundin war. Aber ich wußte, daß sie reden würde!«

»Und der Mord an Mister Lovanski?« »Er hatte mich gesehen und wahrscheinlich sich mein Gesicht

eingeprägt.« »Legten Sie an diesem frühen Morgen den Brand?« »Richtig, Parker, ich war unterwegs. Und dieses Risiko, wie-

dererkannt zu werden, konnte ich nicht eingehen.« »Lovanski starb auf sehr geheimnisvolle Weise. Die Polizei

konnte bisher keine Verletzung feststellen.« »Sie soll seinen Rücken untersuchen, da wird man einen haar-

feinen Nadelstich entdecken… Aber das sind schließlich nicht meine Sorgen.«

»Sie denken jetzt wahrscheinlich daran, wie Sie mich aus dem Weg räumen können, nicht wahr?«

»Wundert Sie das, Parker? Ohne Ihre Neugier hätten wir vor-

104�

Page 105: Parker streichelt heiße Katzen

erst mal weiterarbeiten können…« »Befindet Ihre Mutter sich bereits hier im Haus?« »Sie wird gleich kommen… Dann können Sie…« »Guten Morgen…!« grüßte Parker an Mary Halldy vorbei. Sie fiel prompt auf diesen Trick herein. Sie wandte sich um und

dachte wohl, ihre Mutter sei schon eingetroffen. Diesen winzi-gen Augenblick der Nachlässigkeit nutzte Parker entschlossen.

Mary Halldy schrie auf, als der Leimpinsel in ihr Gesicht fuhr. Dann blubberte und würgte sie, denn eine gehörige Leimportion war in ihren Rachenraum hineingeraten.

Parker schlug ihr die Waffe aus der Hand. Dann riß er einen guten Meter Einschlagpapier von der Rolle und pappte das Papier auf das vorgeleimte Gesicht.

Bevor Mary Halldy sich richtig wehren konnte, wickelte der Butler sie mit Klebestreifen gründlich ein.

Es dauerte nur wenige Minuten, bis Mary Halldy einer gut erhaltenen Mumie glich, die nun steif, starr und schweigend neben dem Packtisch stand.

Es wurde auch Zeit, daß Parker mit dieser Arbeit fertig wurde, denn er hatte Schritte auf der Treppe gehört.

Er stellte sich hinter einen der Spinde und wartete. Mrs. Tilda Halldy erschien auf der Bildfläche. Sie war ahnungs-

los und rief nach ihrer Tochter. Sie stellte dabei einen großen Lederkoffer ab.

»Ihre Tochter ist im Moment leider nicht dienstfähig«, sagte Parker in einem Anflug von Spott, »vielleicht nehmen Sie mit meiner bescheidenen Person vorlieb!«

Da nun auch Mutter Halldy wie ihre Tochter aktiv werden wollte, sah Josuah Parker sich gezwungen, den Leimtopf auch über ihrem Kopf zu leeren.

*

105�

Page 106: Parker streichelt heiße Katzen

»Reden wir nicht mehr davon, Parker, was Sie unterlassen, ver-schwiegen und hingebogen haben«, meinte Lieutenant Madford einige Stunden später, während Sergeant McLean wieder einmal Sandwiches in sich hineinmampfte, »Hauptsache, wir haben Tante Ethel und ihre heißen Katzen ausgehoben.«

»Darf ich nachgießen?« fragte Parker und deutete auf Madfords Glas. Sie alle befanden sich in Randers Studio des Penthouse und redeten über den Fall.

»Sie brauchen nicht abzulenken«, Madford lächelte, »dank Ihrer Nase und Kombination haben wir es sehr schnell geschafft.«

»Sie schmeicheln einem alten Mann«, bemerkte der Butler leicht verschämt.

»Aber ich möchte doch noch wissen, was mit der Säure war? Die vier Gangster schworen Stein und Bein, Sie hätten sie damit behandeln wollen.«

»Dem muß ich ebenso höflich wie energisch widersprechen«, entgegnete der Butler, »es handelte sich um einen harmlosen Farbverdünner, dem allerdings ein Geruchsstoff beigemischt war. Dieser Verdünner brachte den Firnis samt Lack des Kleider-schrankes zum Weglaufen. Die vier Herren wurden also das Opfer einer Sinnestäuschung.«

»Na, schön…!« Madford winkte ab, während Mike Rander schmunzelte. »Und was ist nun mit den Memoiren, die doch die ganze Sache in Schwung gebracht haben?«

»Ob sie überhaupt existieren, Sir. ist mehr als fraglich. Man müßte jetzt, wo man Zeit hat, sich mit den Angehörigen in Ver-bindung setzen.«

»Falls wir Zeit haben«, mampfte McLean und schaufelte ein Sandwich in sich hinein.

»Ich habe mich übrigens mit der Schwester im Altersheim in

106�

Page 107: Parker streichelt heiße Katzen

Verbindung gesetzt, die ihnen heimlich vom Fenster aus zuwinkte… Sie wollte sie wirklich warnen. Wie Atkins… Sie hatte herausgefunden, daß Schwester Gwen gefährlich war. Sie wird der Anklage als Zeugen dienen können… Obwohl’s eigent-lich kaum noch notwendig ist, denn wir haben inzwischen ja sämtliche Geständnisse.«

»Fehlt noch Mrs. Ethel Flanders.« Rander schaltete sich ein, »hat die alte Dame sich inzwischen wieder eingefunden? Weiß Sie, daß man ihren guten Namen mißbraucht hat?«

»Sie hat sich eingefunden.« Madford lächelte ironisch, »und zwar unter recht seltsamen Umständen. Ein Papierwarengroß-händler aus der 213. Straße fand sie in seinem Papierlager. Mrs. Flanders lag hilflos verschnürt inmitten von Altpapier.«

»Tatsächlich?« Rander staunte. »Sie sollte wohl in Rauch und Asche aufgelöst werden«, führte

Madfort weiter aus. »Das würde doch bedeuten, daß dieser Papierwarengroßhänd-

ler…« »… sich ein kleines Feuerchen bestellt hätte! Stimmt! Als ich es

ihm auf den Kopf zusagte, brach er zusammen und legte ein Geständnis ab!«

»So, damit dürften alle Fragen geklärt sein«, meinte Anwalt Rander und nickte zufrieden, »ich bin froh, daß wir’s hinter uns haben. Und Sie, Parker, lesen in Zukunft keine Zeitungen mehr.

Ich will endlich mal meine Ruhe haben!« »Ich habe nichts dagegen, daß er Zeitungen liest, solange er

mich richtig informiert!« Madford nickte dem Butler fast freund-lich zu, was einer kleinen Sensation gleichkam.

»Ich bedanke mich, Sir«, Parker nickte in Richtung Madford. Dann fügte er in Richtung Mike Rander hinzu: »Ich bin da auf einige Meldungen in der heutigen Morgenzeitung gestoßen, die Anlaß zu einigem Nachdenken geben.« »Auf Wiedersehen!«

107�

Page 108: Parker streichelt heiße Katzen

Mike Rander stand abrupt auf und nickte seinem Butler zu. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können, Parker, mich sehen Sie vorerst nicht. Ich habe in New York zu tun, und ich werde erst wieder zurückkommen, wenn die Luft rein ist!«

ENDE

108�