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PD Dr. med. P. Franke Abteilung Abhängigkeitserkrankungen Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie LVR Klinikum Düsseldorf Kliniken der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf [email protected] Persönlichkeitsstörungen Version 11/2011

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PD Dr. med. P. FrankeAbteilung Abhängigkeitserkrankungen

Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und PsychotherapieLVR Klinikum Düsseldorf

Kliniken der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf

[email protected]

Persönlichkeitsstörungen

Version 11/2011

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Persönlichkeit

zeitlich überdauernde Eigenschaften und Verhaltensweisen, welche die Reaktionen eines Menschen erklären und Vorhersagen auf sein zukünftiges Verhalten ermöglichen.

die unverwechselbare Art eines Menschen zu denken, zu empfinden und seine Beziehungen zu gestalten.

resultiert aus dem Zusammenspiel von genetisch-biologischen Voraussetzungen mit psychosozialen und physikalischen Umgebungsbedingungen.

Sass et al. 1996, Frauenknecht & Lieb, 2008

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Dimensionale Modelle von Persönlichkeit„Big Five“

es werden 5 Dimensionen einer Persönlichkeit postuliert:

1. Extraversion – Introversion (Kontaktfreudigkeit/Zurückhaltung)2. Neurotizismus (Überempfindlichkeit/Gelassenheit)3. Offenheit (Kreativität/Phantasielosigkeit)4. Gewissenhaftigkeit (Gründlichkeit/Sorglosigkeit)5. Soziale Verträglichkeit (Aggressivität/Friedfertigkeit)

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Definition von Persönlichkeitsstörungen

Überdauernde Eigenschaften, Denkmuster und Reaktionen, die ein angemessenes Verhalten in verschiedenen Situationen behindern.

„Ich-Syntonie“: Verhaltensweisen werden von den Betroffenen zunächst nicht als „krankhaft“ empfunden.

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PINEL (1809): „manie sans délire“ Erstbeschreibung einer Klassifikation gestörter Persönlichkeiten

K. SCHNEIDER (1923): „Die psychopathischen Persönlichkeiten“

Auf die Durchschnittsbreite von Persönlichkeiten bezogen (keine Wertenorm)

ca. 1980: „Persönlichkeitsstörungen“ (DSM-Klassifikation)

„Charakterneurose“, „Soziopathie“, „Psychopathie“

Historische Entwicklung des Begriffs„Persönlichkeitsstörungen“

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Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen (Achse-II)

Allgemeine Kriterien einer Persönlichkeitsstörung erfüllt ?

Identifikation des Subtyps einer Persönlichkeitsstörung

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Methoden zur Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen

psychiatrische Anamnese und Befunderhebung

somatische Basisdiagnostik

[Selbstbeurteilungsfragebogen]

Checklisten

Strukturierte diagnostische Interviews

Fremdanamnese

Krankenbeobachtung

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Allgemeine Kriterien einer Persönlichkeitsstörungnach ICD-10

1. Charakteristische und dauerhafte innere Erfahrungs- und Verhaltensmuster der Betroffenen weichen insgesamt deutlich von kulturell erwarteten und akzeptierten Vorgaben („Normen“) ab.

Abweichung in mehr als einem der folgenden Bereiche:Kognition, Affektivität, Impulskontrolle, Bedürfnisbefriedigung, Beziehungen.

2. Die Abweichung ist so ausgeprägt, dass das daraus resultierende Verhalten in vielen persönlichen und sozialen Situationen unflexibel, unangepasst oder auch auf andere Weise unzweckmäßig ist.

3. Persönlicher Leidensdruck, nachteiliger Einfluß auf soziale Umwelt oder beides.

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4. Nachweis, dass die Abweichung stabil, von langer Dauer ist und im späten Kindesalter oder der Adoleszenz begonnen hat.

5. Die Abweichung kann nicht durch das Vorliegen oder die Folge einer anderen psychiatrischen Störung des Erwachsenenalters erklärt werden.

6. Ausschluß einer organischen Erkrankung, Verletzung oder deutlichen Funktionsstörung des Gehirns

Allgemeine Kriterien einer Persönlichkeitsstörungnach ICD-10 (Forts.)

Nur wenn alle Kriterien 1-6 erfüllt sind, kann der Subtyp einerPersönlichkeitstörung näher bestimmt werden

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Subtypen von Persönlichkeitsstörungen

3 Hauptgruppen („Cluster“)

Cluster A: Paranoide PS Paranoide PSSchizoide PS Schizoide PS[Schizotype Störung] Schizotype PS

Cluster B:Dissoziale PS Antisoziale PSEmotional-instabile PS --

- Impulsiver Typ --- Borderline Typ Borderline PS

Histrionische PS Histrionische PS -- Narzisstische PS

Cluster C:Ängstliche PS Selbstunsichere PSAbhängige PS Abhängige PSAnankastische PS zwanghafte PS

ICD-10 DSM-IV

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Diagnose von Persönlichkeitsstörungenwährend einer psychiatrischen Behandlung

in der Regel kommen Patienten nicht primär wegen einer Persönlichkeitsstörung zur

psychiatrischen Behandlung

Differenzierung zwischen Achse-I und Achse-II Störung nach Remission der Achse-I Erkrankung

(z.B. depressives Syndrom)

Schwere depressiveEpisode

Zwanghafte PS

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Komorbidität von Persönlichkeitsstörungen(Achse-II)

Angststörungen depressive Syndrome Essstörungen Substanzmissbrauch- und -abhängigkeit

stärkere Ausprägung der Grunderkrankungschwieriger Behandlungsverlaufgeringerer Therapieerfolg

Achse-I Erkrankungen:

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Erklärungsmodelle zur Komorbidität von Persönlichkeitstörungen

nach Van Velzen & Emmelkamp, 1996

Vulnerabilitätsmodell: Disposition für Achse-I Störung

Kontinuitätsmodell: Subklinische Manifestationen einer

Achse-I Störung

Komplikationsmodell: Entwicklung aus einer Achse-I Störung

Koeffektmodell: Gemeinsames Auftreten von Achse-I und II

Störungen, erklärbar durch einen

dritten Faktor

Attenuationsmodell: unterschiedliche Formen derselben

konstitutionellen (oder genetischen)

Labilität

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Konzepte zur Ätiologie und Pathogenese der Persönlichkeitstörungen

1. Tiefenpsychologisches Konzept

2. Interpersonelle Sichtweise

3. Kognitiv-behaviorales Modell

4. Neurobiologische und genetische Ansätze

Bislang keine allgemein akzeptierten Modellvorstellungenmit überzeugender empirischer Evidenz

„Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie“ (Kurt Lewin)

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1. Tiefenpsychologisches Konzept [„Charakterneurosen“]

„Charakterspezifische Abwehrmechanismen“ (Fenichel, A. Freud, 1936)

• Zuordnung spezifischer Abwehrmechanismen zu Phasen der ICH-Entwicklung

• „Fixierung“ auf Reaktionsweisen einer früheren Entwicklungsstufe

• „Objektbeziehungen“ Wahrnehmung des „Selbst“ in Relation zu anderen („Obejkt“)

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2. Interpersonelle Sichtweise

„Selbst“: definiert über Beziehungen

Interpersonelle Erfahrungen mit Bezugspersonen

Speicherung als „Selbst-Schemata“(=Annahmen, Erwartungen, Affekte, Verhalten)

• Wahrnehmung anderer • Kommunikation mit anderen • „Schema-konforme“ Darstellung des eigenen „Selbst“• unterliegt nicht der bewußten Kontrolle

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3. Kognitiv-behaviorales Modell

besondere Bedeutung kognitiver Grundannahmen

Individuelle kognitive Verarbeitung

Spezifische emotionale Reaktionen

• dysfunktionale kognitive Grundannahmen• unterentwickelte positive kognitive Schemata

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4. Neurobiologische und genetische Ansätze

nach Cloninger, 1991

• basale Gefühlsreaktionen• Reiz-Reaktionsmuster• Reaktionen auf Bestrafung und Belohnung• Allgemeine motorische Aktivität• Aufmerksamkeitsleistungen

Neugierverhalten: dopaminerge Strukturen im ZNSÄngstlichkeit: serotonerge ProjektionsbahnenSozialverhalten: Oxytocin, opioiderge Neurone/limbisches System

1. „Suche nach Neuem“ (Novelty Seeking)2. „Vermeidung von Schaden“ (Harm Avoidance)3. „Abhängigkeit von Belohnung“ (Reward Dependence)

Temperamentfaktoren, die mutmaßlich genetisch determiniert sind:

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Diathese-Stress Modell der Persönlichkeitsstörungen

• psychosoziale Faktoren

• psychosoziale Belastung• Erziehungsstil• emotionale Anpassungs- fähigkeit

z.B. Normalverteilung vonTemperamentfaktoren

Schwelle zurEntwicklung einerPersönlichkeitsstörung

• genetische Faktoren• prä-, peri- postnatale Traumen

• biologisch-genetische Faktoren

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Prävalenz von Persönlichkeitsstörungen

Allgemeinbevölkerung: 0,5 -7 %

Klinische Stichproben: bis 50 % und mehr

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Spezifische Persönlichkeitsstörungen(Auswahl)

• paranoide PS• schizoide PS• dissoziale PS• anankastische PS• Borderline PS

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Paranoide Persönlichkeitsstörung

Symptome: leicht kränkbar, empfindsam und nachtragend Komorbidität: Depression, Angststörungen, Zwangsstörungen, Sucht andere Persönlichkeitsstörungen

Häufigkeit: 1,5 -3 % (Allgemeinbevölkerung); 10 % (Klinik) Männer häufiger davon betroffen

Differentialdiagnose: paranoid-halluzinatorische Schizophrenie, Wahnsyndrom

Grundannahme: „Alle führen Böses gegen mich im Schilde“

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Schizoide Persönlichkeitsstörung

Symptome:Einzelgängertum, wenige soziale Beziehungen, große Autonomiebestrebungen, reduzierter emotionaler Ausdruck

Komorbidität:Depression, Angststörungen, somatoforme Störungen

Häufigkeit:0,5 -1,5 % (Allgemeinbevölkerung); < 2 % (Klinik)

Differentialdiagnose:andere Persönlichkeitsstörungen

Grundannahme: „Ich komme alleine besser zurecht“

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Dissoziale Persönlichkeitsstörung

Symptome:Impulsivität, geringe Frustrationstoleranz, Empathiemangelgeringes Verantwortungsgefühl, Verletzung der Rechte anderer

Komorbidität:Substanzmissbrauch- und -abhängigkeit, ADHS

Häufigkeit:3-7 % (Männer); 1-2 % (Frauen) Allgemeinbevölkerung

Ätiologie:Konkordanz EZ 50-60 %; familiäre Belastung mit Suchterkrankungen;Geburtskomplikationen; Vernachlässigender Erziehungsstil;Einflüsse von peer-groups

Differentialdiagnose:narzißtische Persönlichkeitsstörung

Grundannahme: z.B. „Es geschieht dem anderen doch ganz recht, wenn er sich nicht wehrt“

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Anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung

Symptome:Perfektionismus, Ordnungsliebe, Orientierung anNormen und Regeln (auf Kosten genussvoller Aktivitäten),extreme Sparsamkeit, Unfähigkeit etwas altes wegzuwerfen

Komorbidität:Depression, Angststörungen, somatoforme Störungen

Häufigkeit:2 % (Allgemeinbevölkerung)

Ätiologie:gering entwickelte Selbstachtung bei rigidem Erziehungsstil, derautonome Handlungsversuche bestraft

Differentialdiagnose:Zwangsstörung, hirnorganische Erkrankungen

Grundannahme: „Entweder ich mache die Sache richtig oder gar nicht“

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Borderline Persönlichkeitsstörung

Symptome:gestörte Affektregulation, Impulsivität, Instabilität der eigenenIdentität und zwischenmenschlicher Beziehungen, Spannungs-zustände, Selbstverletzung, Suizidalität, Aggressivität, Gefühl innerer Leere, Schlafstörungen, Pseudohalluzinationen*Bemühen reales oder imaginäres Alleinsein zu verhindern.

Komorbidität:Depression (98 %), Angststörungen (90%), Alkohol- und/oderDrogenmissbrauch (50%), Essstörungen (45%)

Epidemiologie:2 % (Allgemeinbevölkerung); Frauen häufiger betroffen;15-20% aller stationären psychiatrischen Patienten;Suizidrate 50 x höher Vgl. Allgemeinbevölkerung

Grundannahme: z.B. „ Ich bin ein schlechter Mensch“; „Ich kann meine Gefühle nicht kontrollieren“

* werden vom Betroffenen als Ich-dyston erlebt

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Ätiologie und Risikofaktoren :

Psychosozial Biologisch-genetisch- weibliches Geschlecht - emotionale Labilität

und Impulsivität, ADHS- frühe Traumatisierung - reduzierte Aktivität im - Gewalterleben Frontalhirn

- verkleinerte limbische Strukturen

Borderline Persönlichkeitsstörung (Forts.)

Störung des assoziativen Lernens

Entwicklung dysfunktionaler Grundannahmen

z.B. „Ich bin ein schlechter Mensch“„Ich komme alleine nicht zurecht“

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Borderline Persönlichkeitsstörung (Forts.)

erschwerte adäquate Interpretation psychosozialer Situationen

„Ich habe es verdient schlecht behandelt zu werden“

inadäquate Bewältigungsstrategien(z.B. Selbstverletzung, Fressanfall)

kurzfristig:Entlastung

langfristig:1. weitere Verschlechterung der Befindlichkeit2. Weiterer Rückzug von Bezugspersonen

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Therapie von Persönlichkeitsstörungen

1. Akute Suizidalität oder akute Fremdgefährdung2. Therapiegefährdendes Verhalten (z.B. häufiges Absagen von Therapiesitzungen3. Schwere Störungen der Verhaltenskontrolle (z.B. wiederholter Substanzmissbrauch)4. Schwere Störung des emotionalen Erlebens (z.B. Vermeidungsverhalten bei Angstattacken)5. Probleme in der Lebensbewältigung (z.B. Partnerschaftskonflikt, Arbeitslosigkeit

Hierarchisierung von Behandlungszielen undProblembereichen

Kombination psychotherapeutischer und psychopharmakologischer Verfahren

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Strukturmerkmale einer Psychotherapievon Persönlichkeitsstörungen

• Diagnostik und Therapievereinbarung

• Aufbau einer therapeutischen Beziehung

• Verbesserung psychosozialer Kompetenzen

• Strukturierung des sozialen Umfeldes

• Bearbeitung dysfunktionaler Verhaltensweisen

• Ressourcenorientierung

• Transfer in den Lebensalltag

• Supervision des Therapeuten

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Schweregradbeurteilung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung

nach Linehan, 1996

Stadium I: schweres selbst- und fremdgefährdendes Verhalten Therapieziel: Lernen die Kontrolle über das Verhalten

wiederzuerlangen Stadium II: schwere traumatisierende und emotionale Probleme Therapieziele: - Vermittlung von Fähigkeiten der Emotionsregulierung - Identifikation von auslösenden Faktoren und Fehlinterpretationen - Entwurf eines modifizierten kognitiven Bewertungssystems

Stadium III: Probleme in der Lebensführung Therapieziele: - emotionale Probleme nicht als eigenständig erkennen - Handlungsalternativen erarbeiten

Stadium IV: Gefühle der Unzufriedenheit und Unerfülltheit Therapieziele: Verbesserung des Selbstgefühls und Sinngebung

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Pharmakologische Behandlungsmöglichkeitenbei Borderline Persönlichkeitsstörungen

Stoffers et al. 2010, Cochrane review

„off-label“ Gebrauch

• wenige kontrollierte und replizierte Studien:

1. Antipsychotika der 2. Generation (z.B. Amisulprid)2. „Mood Stabilisers“ (z.B. Valproinsäure)

[Antidepressiva (z.B. SSRI nur bei komorbider Depression oder Angststörung)]

• Keine Effekte von Psychopharmaka auf Schweregrad der Borderline Symptomatik (z.B. chron. Gefühl der inneren Leere, Verlassenheitsängste)

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Verlauf und Prognose von Persönlichkeitsstörungen

• Ausmaß der interpersonellen Probleme wechselnd (z.B. veränderte Lebensumstände)

• Chronischer Verlauf (1/3 ungünstige Prognose)

• Abnahme des Ausmaßes der Störung („maturing out“)

• Erhöhtes Suizidrisiko

• 50% der Betroffenen profitieren von einer Psychotherapie

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Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit !

wenn nicht anders angegeben, wurde folgende Literatur verwendet:Berger: Psychiatrie und Psychotherapie, Kapitel 21, Urban & Schwarzenberg, 1998Lieb, Frauenknecht, Brunnhuber, Kapitel 9, Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie, Elsevier, 2008