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Pflanzenkohle als C-Speicher
- ein Zukunftsmodell?
Monika Wirz
im Auftrag von AgroCO2ncept Flaachtal
vertreten durch Dr. Mirko Huhmann, environmental management & communication
begleitet von Dr. Hans-Rudolf Oberholzer, Forschungsanstalt Agroscope
Projektarbeit Natur- und Umweltfachfrau, sanu Lehrgang 2014 - 2016
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort, Danksagung …………………………..………….……………..……………………………….………………….... 3
1 Einleitung ..…………………………….………………………………………………………………………………………………. 1.1 Auftrag und Zielsetzungen …..………………………………………………………………………..………………
1.2 Methode …………………………………………………………………………………………………………….…………
1.3 Aufbau des Berichtes …….………………………………………………………………………………………………
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2 Begriffe und Grundlagen …….…………..…………………………………………………………………………………….
2.1 Terra Preta …….………………………………..…………………………………………………………………………..
2.2 Pflanzenkohle ……….……………………………………………………………………………………………………..
2.3 Treibhausgase und Klimaerwärmung …………………………….…………………………..…………………
2.3.1 Stickstoffemissionen …….…..……….…………………………………………………………………………..
2.3.2 Kohlenstoffkreislauf …………………………….………………………….…………………………………….. 2.4 Energie aus dem Wald ………………….………………………………………………………………………………
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3 Ausgangslage ………………………………..…….…………………………………………………………………………………
3.1 Flaachtal ….…………………………………….…………………………………………………………………………….
3.2 Bodenattribute ………………..…………………………………………………………………………………………..
3.3 AgroCO2ncept ……..……………..……………………………………………………………………………………….
3.3.1 Der Verein ……………..…………..….….………………………………………………………………………….
3.3.2 Die Betriebe ……………………………………….…………………………………………………………………..
3.3.3 Das Potential ………………………………………………………….…….……….……………..…………………
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4 Herstellung von Pflanzenkohle …………….………………………………………………………………………………..
4.1 Herstellungsverfahren …………….……………………………………………………..…….….…………………. 4.1.1 Risiken ……………………….……………………………………………………………………………………………
4.2 Pyrolyse-Anlagen ……………………………..…..…………………….……………………………………………….
4.2.1 Prozessschema …………………………………………………………………………….…………………………
4.3 Ausgangsmaterial ………………………………………………………………………………………………………..
4.3.1 Vorhandene Biomasse ………..………….……………………………………………………………………….
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5 Verwendung von Pflanzenkohle ……………………………………………………………………………………………..
5.1 Richtlinien, rechtliche Bedingungen …………………………………………………………………………….
5.1.1 Zertifizierung von Pflanzenkohle ……………………………………………………………………………..
5.2 Wirkungen …………………………….…………………………………………………………………………………….
5.2.1 Einfluss auf Boden ………………………….………………..……………………………………………………. 5.2.2 Einfluss auf C-Sequestrierung ……………….………………………………………………………………..
5.2.3 Einfluss auf Stickstoffemissionen …………..……………………………………………………………….
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6 Ergebnisse ……………………………….……………………………………………………………………………………………
6.1 Szenarien …………………..………….………………………….……………………………………………………….
6.1.1 Minimum-Variante ………………….…………………………………………………………………………….
6.1.2 Mittlere Variante ………………………………………………………………………………………………….
6.1.3 Maximal-Variante …………………………………………………………………………………………………
6.1.4 Standorteignung ……………………………………………………………..…………………………………….
6.2 Fazit …………………………………………………………………………………………………………………………….
6.3 SWOT-Analyse ……………….…………………………………………………………………………………………….
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23
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7 Quellenverzeichnis…………………………………………………………………………………………………………………..
7.1 Literaturverzeichnis ……………………………………………………………………………………………………….
7.2 Bildverzeichnis ……………………………………………………………………………………………………………….
7.3 Tabellenverzeichnis ………………………………………………………………………………………………………
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8 Verzeichnis des Anhangs…………………………………………………………………………………………………………. 27
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Vorwort
Durch einen Biogarten-Kurs am Strickhof bin ich auf den Boden gekommen. Wie die meisten Menschen
nahm ich den Boden bis dahin als etwas wahr, das man benutzen und begehen darf, ohne sich
Gedanken darüber machen zu müssen. Das Buch ‚Dreck‘ von David R. Montgomery hat mich eines
Besseren belehrt und ich begann meinen Schrebergarten (und vor allem meinen Kompost) als
Forschungsobjekt zu entdecken. Bei meinen Recherchen über Humusbildung stiess ich auch auf das
Thema Pflanzenkohle und ‚Terra Preta. Die schwarze Revolution aus dem Regenwald‘ von Ute Scheub,
Haiko Pieplow und Hans-Peter Schmidt. Als es in der sanu Weiterbildung um die Suche nach einem
geeigneten Thema für die Projektarbeit ging, war klar, dass meine Interessen beim Boden und der
Pflanzenkohle liegen.
In Gedanken malte ich mir bereits eine Pflanzenkohle-Produktion in Andelfingen aus. Aber ein so
grosses Unterfangen passte weder in mein Zeitbudget, noch zu den von der sanu für die Projektarbeit
vorgeschlagenen 15 Arbeitstagen. Zudem musste für das Projekt ein/e Auftraggeber/in gefunden
werden. Schweren Herzens machte ich mich auf die Suche nach einem anderen Thema. Nachdem ich
einer Organisation meine Mitarbeit schon beinahe zugesagt hatte, stiess ich zufällig im ‚BAFU Dossier
Klima‘ auf den Verein AgroCO2ncept im Flaachtal - quasi in meiner Nachbarschaft. Auf der
Vereinshomepage sind die Themen Pyrolyse und Pflanzenkohle aufgeführt und umgehend meldete ich
mein Interesse an. Bereits neun Tage später erhielt ich von der AgroCO2ncept-Projektleitung meinen
Auftrag und das Projekt konnte starten.
Mit der Projektarbeit verfolgt die sanu verschiedene Ziele. Die zukünftigen Natur- und Umweltfachleute
„sammeln eigene Erfahrungen im Projektmanagement und in der Kommunikation und setzen im
Lehrgang erworbene Kompetenzen nutzbringend in ihrem Berufsalltag ein; initiieren und planen das
Projekt. Anschliessend setzen sie es um und dokumentieren das Ganze in einem Bericht; reflektieren
erlebte fachliche und persönliche Erfahrungen und halten diese Erkenntnisse schriftlich fest.“ (sanu,
2014, S.3) Weil ich im Projektmanagement bereits über langjährige, berufliche Erfahrung verfüge, setzte
ich den Schwerpunkt meiner persönlichen Lernziele auf die ‚Aneignung von Fachwissen in Bezug auf
Bodennutzung und -schutz, CO2-Kreisläufe und Klimaschutz, Landwirtschaft und ländliche Entwicklung‘.
Das forderte mich als Praktikerin ohne wissenschaftlichen Hintergrund ziemlich stark, auch weil die
Pflanzenkohleforschung noch in den Anfängen steckt und ich viel Aufwand in die
Informationsbeschaffung stecken musste. Erschwerend kam dazu, dass ich mich wegen ungenügenden
Englischkenntnissen auf deutsche Literatur beschränken musste.
Danksagung
Den Schwierigkeiten der Informationsbeschaffung begegnete ich mit Interviews von Fachleuten und
Absolvent/innen der ZHAW. Ganz herzlich möchte ich mich bei Rolf Krebs, Katrin Morina und David
Giger für die ausführlichen und anregenden Gespräche und das zur Verfügung stellen der Berichte
bedanken. Beim Präsidenten von AgroCO2ncept, Toni Meier, und bei Mirko Huhmann vom Fachbüro für
Projektplanung emac bedanke ich mich für das mir entgegen gebrachte Vertrauen, die vielen wertvollen
Informationen und die aufbauenden Gespräche. Mein Dank gilt auch Hans-Rudolf Oberholzer von
Agroscope und Martin Schmid vom Ökozentrum für ihre fachlichen Inputs, welche das Spannungsfeld
rund um das Thema Pflanzenkohle aufzeigten. Fredy Abächerli danke ich für die interessante
Firmenführung und das Erläutern des Herstellungsprozesses von Pflanzenkohle durch Pyrolyse.
4
1 Einleitung
Pro Jahr werden weltweit gegenwärtig 37 Gigatonnen CO2 vor allem durch den Verbrauch von fossilen
Energien und die Zementherstellung ausgestossen. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre war letztmals vor
3.5 Millionen Jahren so hoch wie jetzt. Um dieses CO2 aus der Atmosphäre zu reabsorbieren wären
300‘000 Jahre erforderlich (Greenpeace, 2015, S. 55). CO2-Emissionen verursachen eine Erwärmung der
Erdatmosphäre und verändern dadurch unser Klima. Um diese Erwärmung zu bremsen, muss die
Treibhausgasemission weltweit massiv reduziert werden. Die Schweiz plant eine Reduktion um 50 % in
den nächsten 15 Jahren, mindestens 30 Prozent sollen im Inland eingespart werden (Pusch, 2015, S. 7).
Weil die Landwirtschaft 12 Prozent der Schweizer Treibhausgasemissionen verursacht und sie selbst von
den Auswirkungen der Klimaveränderung stark betroffen ist, hat der Bund 2011 eine Klimastrategie
Landwirtschaft verabschiedet (BLW, 2011, S. 12).
Zur gleichen Zeit sind 13 Landwirtschaftsbetriebe im Zürcherischen Flaachtal initiativ geworden und
haben einen Verein und das Projekt AgroCO2ncept begründet. Die Landwirt/innen wollen die
Treibhausgasemissionen auf ihren Betrieben senken, CO2 speichern und mit ihren Erfahrungen einen
Beitrag zum Schweizer Klimaschutz leisten. Aufgrund von umfassenden Betriebsanalysen haben sie
einen Katalog mit 39 Massnahmen (u.a. zum Thema Pflanzenkohle) erstellt.
1.1 Auftrag und Zielsetzungen
Der Verein AgroCO2ncept hat die Projektleitung an zwei Fachbüros für Projektplanung übertragen. Mit
einem der beiden, dem Büro emac wurde der Projektauftrag und folgende Projektziele vereinbart:
- Der Auftraggeber verfügt mit dem von Monika Wirz bis Ende November erstellten Bericht, über
eine Entscheidungsgrundlage bezüglich Machbarkeit einer Pyrolyseanlage und das Ausbringen
von Pflanzenkohle im Flaachtal.
- Der Auftraggeber und die Zielgruppe (Verein AgroCO2ncept) erkennen aufgrund des erstellten
Argumentariums, die qualitativen Rahmenbedingungen und quantitativen Potenziale/Nachteile
für die Installation einer Pyrolyseanlage und den Einsatz von Pflanzenkohle im Flaachtal.
Mein Bericht soll AgroCO2ncept als Entscheidungsgrundlage zum Einsatz von Pflanzenkohle und dem
Aufbau einer Pyrolyseanlage im Flaachtal dienen.
1.2 Methode
Ich näherte mich der Fragestellung mittels Literaturrecherche zu den Themen Pflanzenkohle,
Bodenkunde und Klimaschutz. Der Auftraggeber ermöglichte mir Zugang zu der umfangreichen
Datensammlung rund um das Projekt AgroCO2ncept. Mit Hilfe der auf der AgroCO2ncept-Plattform
erfassten Unterlagen, konnte ich mich weiter in die Thematik vertiefen. Eine Betriebsbesichtigung der
Verora GmbH im Zugerischen Edlibach gab einen Einblick in die Praxis der Pflanzenkohle-Herstellung
und der Verora Geschäftsleiter erläuterte die diversen Einsatzmöglichkeiten der Produkte. Wichtige
Inputs erhielt ich durch die Befragung von Fachleuten mittels Fragebogen und Interviews, welche mir
den Diskurs rund um den Einsatz von Pflanzenkohle aufzeigten. Weitere Anregungen bekam ich in der
von Pusch (Praktischer Umweltschutz) organisierten Tagung ‚Klimaschutz in der Ernährung‘, an welcher
das Thema Klimaschutz unter anderem auch im Zusammenhang mit der Landwirtschaft diskutiert
wurde. Den Bericht entwickelte ich aufgrund meiner Literaturanalyse, der Erstellung einer SWOT-
Analyse und der Auswertung von Bodendaten und statistischen Daten des Kantons Zürich.
5
1.3 Aufbau des Berichtes
Im ersten Teil des Berichts werden Begriffe rund um das Thema Pflanzenkohle und
Kohlenstoffspeicherung erläutert. Was bedeutet Terra Preta und was ist Pflanzenkohle? Welcher
Zusammenhang besteht zwischen Landwirtschaft und Klimaerwärmung? Welchen Einfluss kann
Pflanzenkohle auf CO2- und Stickstoff-Emissionen haben? Und welche Rolle könnte der Wald als
Energielieferant spielen?
Im zweiten Teil geht es um die Ausgangslage, beziehungsweise die Rahmenbedingungen im Flaachtal.
Wie ist die landwirtschaftliche Ausrichtung der Region? Welche Böden stehen der Landwirtschaft zur
Verfügung? Was für Betriebe machen beim Projekt AgroCO2ncept mit? Und welches Potential besteht
für Pflanzenkohle?
Im dritten Teil wird die Herstellung von Pflanzenkohle erörtert. Wie sieht ein möglicher Input-Output-
Prozess aus? Welche chemischen Verbindungen können während dem Herstellungsprozess entstehen?
Welche Anlagen sind aktuell im Gespräch? Mit welchem Substrat kann am meisten und dauerhaftesten
Kohlenstoff gespeichert werden? Und ist dieses Material im Flaachtal vorhanden?
Der vierte Teil widmet sich der Verwendung von Pflanzenkohle. Welche Richtlinien und rechtlichen
Bedingungen gelten diesbezüglich? Welche Wirkung zeigt Pflanzenkohle auf den Boden? Was für einen
Einfluss hat sie auf die C-Sequestrierung? Und welchen auf die Stickstoff-Emissionen?
Das letzte Kapitel fasst die Ergebnisse des Berichtes zusammen und stellt sie anhand einer SWOT-
Analyse in einem Argumentarium dar. Welche Chancen und Risiken bestehen? Wo liegen Möglichkeiten
für AgroCO2ncept? Wie viel Pflanzenkohle könnte im Flaachtal ausgebracht werden und auf welchen
Flächen? Wie gross ist die mögliche Kohlenstoff-Speicherung? Ist der Standort Flaachtal für eine Anlage
geeignet? Und was kann daraus für ein Fazit gezogen werden?
6
2 Begriffe und Grundlagen
Unter dem Namen Terra Preta ist Pflanzenkohle vor allem im Umfeld von ‚Urban Gardening‘ in den
letzten Jahren populär geworden. „Klimagärtnern mit Terra Preta könnte den Treibhauseffekt in der
Erdatmosphäre stark abmildern. Klimafarming – weltweit angewandt und flankiert mit weiteren
Umweltmassnahmen – könnte ihn womöglich sogar stoppen“ (Scheub, et al., 2013, S.10). Das tönt
bestechend, aber wie erfolgreich der Einsatz von Pflanzenkohle ist, hängt stark von der lokalen
Ausgangssituation (Bodenbedingungen, Stoffkreisläufen, Wirtschaftsfaktoren) ab und ist
wissenschaftlich nicht unbestritten.
2.1 Terra Preta
Schwarzerde heisst auf Portugiesisch ‚Terra Preta‘ und auf Russisch ‚Tschernosem‘. Tschernosem prägt
den Steppengürtel auf der Nordhalbkugel und entstand unter den klimatischen Bedingungen der Steppe
auf kalkreichem Löss. Regelmässige (zum Teil von Menschen gezielt gelegte) Präriebrände erzeugten
grosse Mengen an Pflanzenkohle, die das Ausgangsmaterial für die mächtigen Humuskörper bildeten.
Wegen periodischer Kälte und Trockenheit der Steppe wurden Kohle und Humus kaum abgebaut und
reicherten sich mit der Zeit an. Die Wühltätigkeit der Bodentiere brachte das verkohlte und humose
Material tief in den Boden, so dass äusserst fruchtbare, dunkel gefärbte Böden entstanden (Scheub, et
al., 2013, S. 53).
Terra Preta Böden sind im Gegensatz zum Tschernosem von Menschen gemachte Schwarzerden.
Entdeckt wurden sie 1867 im Amazonasgebiet, als Forscher in einer Gegend mit stark verwitterten,
ausgebleichten Böden auf ein 20 Meilen grosses Landstück mit bester Fruchtbarkeit stiessen.
Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass diese fruchtbare Erde nicht natürlich entstanden sein
konnte. Rund 100 Jahre später war erwiesen, dass die Terra Preta menschengemacht und durch die
Einarbeitung von Pflanzenkohle und organischen Abfällen in den Boden erzeugt worden ist. Was alles
zur Entstehung dieser „Wundererde“ geführt hat, haben die Terra Preta Forscher/innen noch nicht bis
ins letzte Detail herausgefunden. Von grossem Interesse ist zudem die Reproduzierbarkeit der positiven
Eigenschaften der südamerikanischen Terra Preta auf Böden anderer Breitengrade.
2.2 Pflanzenkohle
Die Produktion von Holzkohle ist eine seit Jahrtausenden angewandte Technik zur Herstellung von
Brennstoff. Unter Ausschluss von Sauerstoff wird Holz thermisch zersetzt. Die daraus entstehende Kohle
verbrennt raucharm, hat einen guten Brennwert und verrottet kaum. Schon vor Jahrhunderten hat man
einen Teil der Holzkohle zur Bodenverbesserung, als Stalleinstreu, oder Futtermittelergänzung
eingesetzt (Schmidt, 2012, S. 4).
Im Gegensatz zur Holzkohle wird Pflanzenkohle (nach dem engl. Begriff Biochar auch Biokohle genannt)
gezielt zur Kohlenstoffspeicherung und Bodenverbesserung hergestellt. Mittels Pyrolyse (pyrolytische
Verkohlung) wird der Kohlenstoff im pflanzlichen Ausgangssubstrat stabilisiert. Oder wie es Martin
Schmid, Projektleiter am Ökozentrum, am Tag der Pflanzenkohle am 25.11.2015 formulierte: „Nur
Pflanzen können mit Hilfe der Sonnenenergie das C aus dem CO2 gewinnen – oder die Pyrolyse, welche
erst noch Energie produziert.“ Wird die Pflanzenkohle danach in den Boden eingearbeitet, kann dieser
als Kohlenstoffsenke wirken. Durch ihre hohe spezifische Oberfläche vermag die Pflanzenkohle zudem
Wasser und Nährstoffe zu speichern und so der Bodenverbesserung dienen.
7
2.3 Treibhausgase und Klimaerwärmung
Die Luft in der Erdatmosphäre ist ein Gasgemisch. Sie besteht aus einem hohen Anteil von Stickstoff und
Sauerstoff, sowie aus Spurengasen wie Kohlendioxid, Stickstoffverbindungen, Ozon und Methan (Böhler,
2015, S. 2). Die Atmosphäre hat den grössten Einfluss auf das globale Klima, steht jedoch auch in
Wechselwirkung mit anderen Teilsystemen wie Ozeanen, Landoberfläche und Biosphäre.
Klimaveränderungen hat es schon immer gegeben, es wird heute aber nicht mehr bestritten, dass der
Mensch mit seinen Treibhausgasemissionen die Atmosphäre deutlich beeinflusst. Die Verbrennung von
fossilen Energieträgern, die grossflächigen Änderungen von Landnutzung (z.B. Waldrodung) und eine
intensive Landwirtschaft verursachen einen Anstieg von Treibhausgasen und lösen dadurch eine
Verstärkung des Treibhauseffektes aus (Böhler, 2015, S. 5).
Als Treibhauseffekt wird der Erwärmungseffekt der Atmosphäre bezeichnet: die Wärmestrahlung der
Sonne wird von so genannten Treibhausgasen zum Teil absorbiert und so in der Atmosphäre gehalten.
Zu den Treibhausgasen zählen vor allem Wasserdampf (H2O), Kohlendioxid (CO2), Distickstoffoxid (N2O,
Lachgas), Methan (CH4) und Ozon (O3). Diese Gase haben eine sehr unterschiedliche
Erwärmungswirkung (Global Warming Potential: GWP) auf die der Atmosphäre. CH4 hat beispielsweise
eine 23 Mal höhere Erwärmungswirkung als CO2. Um die Effekte vergleichbar zu machen, verwendet
man CO2-Äquivalente. Das heisst, dass die Erwärmungswirkung aller Treibhausgase im Vergleich zur
Wirkung von CO2 ausgedrückt wird. 1 Teil CH4 hat also ein GWP von 23 im Vergleich zu CO2, was einem
CO2-Äquivalent von 23 entspricht (Böhler, 2015, S. 5). Das hochpotente Treibhausgas Lachgas hat gar
einen CO2-Äquivalent von 310. Alle drei Gase fungieren im Kyoto-Protokoll als zentraler Bestandteil der
Reduktionsziele (BAFU, 2/2014, S. 16).
Die Landwirtschaft ist von den Auswirkungen der Klimaveränderung stark betroffen. Für die Schweiz
erstellte Klimamodelle lassen erwarten, dass die Niederschläge im Winter zu und im Sommer abnehmen
werden. Dies führt zu einem höheren Bewässerungsbedarf der Landwirtschaft im Sommer und zu einer
zunehmenden Konkurrenzsituation zwischen privatem Wasserverbrauch, Landwirtschaft und
Stromproduktion. Allerdings wirkt sich eine temperaturbedingt längere Vegetationszeit positiv auf die
Landwirtschaftserträge aus, sofern das Wasserangebot ausreichend bleibt (Böhler, 2015, S. 6).
Die Landwirtschaft erzeugt 12 Prozent der Schweizer Treibhausgasemissionen. 2013 verursachte sie
durch Methangasemissionen aus der Verdauung der Nutztiere, durch Lachgasemissionen aus
landwirtschaftlich genutzten und gedüngten Böden, sowie durch Freisetzung beider Gase bei der
Hofdüngerlagerung 5.9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Hinzu kommen CO2-Emissionen aus der
Verbrennung fossiler Treib- und Brennstoffe in landwirtschaftlichen Gebäuden und Maschinen, sowie
aus landwirtschaftlichen Böden. Zusätzliche Emissionen entstehen zudem bei den im Ausland
hergestellten Dünge- und Futtermitteln. Bei einer umfassenden Betrachtung kommen somit zu den 5.9
noch 1.8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent dazu (Pusch, 2015, S. 12).
2.3.1 Stickstoffemissionen
Jedes Jahr werden weltweit 180 Millionen Tonnen umweltrelevante Stickstoffverbindungen freigesetzt.
Der von Natur aus geschlossene Stickstoffkreislauf ist aus drei Gründen völlig aus dem Gleichgewicht
geraten: erstens durch eine ständig wachsende Bevölkerung mit hohem Fleischkonsum, zweitens wegen
dem steten Verbrennen fossiler Energie durch Verkehr, Industrie und Heizungen und drittens wegen
dem exzessiven Kunstdüngereinsatz der im Übermass intensivierten Landwirtschaft (BAFU, 2/2014, S. 7).
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Dank einer nationalen Stickstoff-Strategie konnte zwischen 1985 und 2000 der Ausstoss an Stickoxiden
aus dem Verkehr um 40 Prozent und die Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft um 19 Prozent
reduziert werden. Weil der Stickstoffeintrag in die Umwelt trotzdem noch viel zu hoch ist, hat der
Bundesrat Reduktionsziele für Ammoniakemissionen von 40 Prozent und für Stickoxide von 50 Prozent
gegenüber 2005 festgelegt. Um diese Ziele zu erreichen, muss der Stickstoffkreislauf mit Massnahmen in
den Bereichen Ernährung, Mobilität, Energie und der Viehhaltung entlastet werden (BAFU, 2/2014, S. 9).
Die Landwirtschaft erzeugt vier Fünftel der nationalen Lachgasemissionen. Die Gase entstehen vor allem
beim Abbau von stickstoffhaltigen Düngemitteln im Boden und bei der Lagerung und dem Ausbringen
von Jauche und Mist. Als flüchtige Stickstoffverbindung entweicht der Gülle zudem Ammoniak in die
Atmosphäre. Ein Teil der in der Gülle enthaltenen Mineralstoffe (Ammonium, Nitrat, Harnstoff,
Phosphat) steht den Pflanzen zur Verfügung, doch neben der klimaschädlichen Ausgasung wird ein
grosser Teil der Nährstoffe in Grund- und Oberflächengewässer ausgewaschen. „Insgesamt gehen durch
Ausgasung, Auswaschung und Erosion auf dem Weg vom Stall über die Güllegrube bis zum Boden rund
50% des Stickstoffs verloren, was nicht nur für eine sehr geringe Düngeeffizienz spricht, sondern hohe
Folgekosten durch Umweltschäden verursacht“ (Schmidt, 2011, S. 94).
Pflanzenkohle kann dank ihrer hohen spezifischen Oberfläche Ammonium und Ammoniak effizient
binden, so dass die Auswaschung der Nährstoffe deutlich gebremst wird. Damit beugt Pflanzenkohle der
Versauerung des Bodens vor und kann die Düngewirkung von Jauche fast verdoppeln (Schmidt, 2011, S.
97). Zudem kann dadurch die THG-Emission von Lachgas (mit einem CO2 Äquivalent von 310) und
Ammoniak reduziert werden
2.3.2 Kohlenstoffkreislauf
(Abb. 2: in Anlehnung an Dunst, 2011, S. 16)
9
Die Vegetation fixiert durch den Prozess der Photosynthese CO2 aus der Atmosphäre. Durch den
Verrottungsprozess der Pflanze wird das CO2 wieder frei gesetzt. Dieser Kreislauf kann unterbrochen
werden, wenn die frische Biomasse mittels Pyrolyse verkohlt wird. Die aus dem organischen Material
hergestellte Pflanzenkohle speichert einen Teil der durch die Photosynthese kumulierten
Pflanzenenergie. „Der Gehalt an organischem Kohlenstoff von Pyrolysekohlen schwankt je nach
verwendeter Biomasse und Prozesstemperatur zwischen 10 und 95 % der Trockenmasse“ (Schmidt,
2012, S. 9). Der in der Pyrolyse entstehende Kohlenstoff ist relativ stabil gegenüber mikrobiellem Abbau
und bleibt deshalb 10 - 1000 Mal länger erhalten als organische Bodensubstanz (Schild, 2012, S. 2).
2.4 Energie aus dem Wald
Der Wald erbringt zahlreiche klimawirksame Leistungen. So werden in den Schweizer Wäldern durch das
Wachstum der Bäume jährlich rund 2.2 Millionen Tonnen CO2 als Kohlenstoff gebunden. Wird beim
Heizen schliesslich Holz statt Öl verwendet, kann pro ersetzten Liter Öl mehr als 3 kg CO2 eingespart
werden. In den Schweizer Wäldern könnten, ohne den Wald zu übernutzen, jährlich 7-8 Millionen m3
Holz geerntet werden. Die Bewirtschaftung des Waldes kann eine hohe Biodiversität sogar fördern,
insbesondere mit speziellen Formen der Waldnutzung, wie beispielsweise dem Niederwald
(Waldwirtschaft, 2015).
Die Betriebsform Niederwald wurde bereits von den Römern angewendet und wird in
Entwicklungsländern noch heute betrieben. Ziel ist es mittels ausschlagfähigen Laubhölzern Brennholz
und Holz für die Kohleherstellung zu gewinnen. Alle 15 bis 40 Jahre macht man einen grossflächigen
Kahlschlag, so dass durch Stockausschläge die Bäume neu austreiben können. Durch die Kahlschläge
werden lichtbedürftige Pflanzen und so die Artenvielfalt gefördert (Kugler, 2015, S. 5-6). In der Schweiz
sind die meisten Niederwälder verschwunden und die Fachstelle Naturschutz des Kanton Zürichs
schreibt auf ihrer Website: „Ein grosser Teil der typischen Tier- und Pflanzenarten in Lichten Wäldern ist
stark bedroht. Infolge der fehlenden Waldnutzung und der damit verbundenen Änderung der
Lebensräume sind viele Arten bereits ausgestorben. [ … ] Es besteht akuter Handlungsbedarf zur
verstärkten Förderung dauernd lichter Wälder.“ Der Kanton Zürich unterstützt im Rahmen seines
Aktionsplans ‚Lichter Wald‘ ausgewählte Projekte (www. aln.zh.ch).
Aufgrund der tiefen Preise für Schweizer Holz sind die Forstbetriebe stark unter Druck geraten. Die
Produktion von Holzhackschnitzel kann neue Optionen bieten, denn sie bringt bei geringeren
Holzerntekosten einen zusätzlichen Holzerlös. Dank dem Ersatz des importierten Heizöls durch
erneuerbare, einheimische Energie, bleibt zudem die Wertschöpfung in der Region. Mit der Nutzung von
Energieholz kann ferner die Betriebsform Niederwald wieder kostendeckend betrieben werden.
Dadurch entsteht die Möglichkeit Energieholznutzung mit der Förderung von Biodiversität zu verbinden.
10
3 Ausgangslage
(Abb. 3: www.flaach.ch)
3.1 Flaachtal
Das Flaachtal liegt im Zürcherischen Weinland und umfasst die Gemeinden Berg am Irchel, Buch am
Irchel, Dorf, Flaach und Volken. Das Landschaftsbild ist geprägt von Landwirtschaft und Wald: über die
Hälfte der Gesamtfläche wird landwirtschaftlich genutzt und mehr als ein Drittel der Fläche ist durch
Wald bewachsen.
Gemeinde
Anzahl
Einwohner
Anzahl
Landw.-betriebe GVE
Total
Gemeindeflächen
Landwirt.
Nutzflächen Wald
Berg am Irchel 579 22 125 706 ha 340 ha 319 ha
Buch am Irchel 923 21 766 1018 ha 560 ha 386 ha
Dorf 643 11 125 554 ha 257 ha 227 ha
Flaach 1361 34 426 1020 ha 519 ha 344 ha
Volken 339 15 127 327 ha 212 ha 96 ha
Total 3‘845 103 1‘569 3‘625 ha 1‘888 ha 1‘372 ha
(Tab. 1: Statistisches Amt Kt. ZH, 2014; Amt für Landwirtschaft Kt. ZH, 2014)
Die landwirtschaftlichen Betriebe betreiben vorwiegend Ackerbau, sie ziehen aber auch Reben, Tabak
und Spargeln (10% der Schweizer Produktion stammt aus Flaach). Angebaut werden zudem Gemüse und
Melonen. Der gesamte Tierbestand (inkl. 190 Schweine und 24 Schafe) gerechnet in Grossvieheinheiten
(GVA) liegt bei knapp 1‘600 Tieren.
3.2 Bodenattribute
Das AgroCO2ncept-Gebiet liegt grösstenteils in der ehemaligen Schwemmebene von Rhein, Thur und
Flaachbach. Die Böden eignen sich laut der Fachstelle Bodenschutz des Kantons Zürich mit den
Attributen ‚gute Produktion‘ (Flaach) bis ‚sehr gute Produktion‘ (Gebiet rund um Berg a.I. und Buch a.I.)
gut als Kulturland, 80% der Böden sind sehr gute Fruchtfolgeflächen. Die Geodaten zeigen klare
Unterschiede zwischen den Böden rund um Flaach und den Böden im hügeligen Gebiet bei Berg am
Irchel und Buch am Irchel (Fachstelle Bodenschutz Kt. Zürich, 2015).
11
Wasserdurchlässigkeit Wasserspeichervermögen
(Abb. 4: www.map.geo.admin.ch) (Abb. 5: www.map.geo.admin.ch)
Der Braun (Abb. 4), bzw. Beige (Abb. 5) gefärbte Bereich deckt sich annähernd mit der Gemeindefläche
von Flaach, welche rund 1‘000 Hektaren beträgt, die Hälfte davon sind landwirtschaftliche Nutzflächen.
Diese Böden sind mit ihrer schwach gehemmten Wasserdurchlässigkeit und dem geringen
Wasserspeichervermögen interessant für einen möglichen Einsatz von Pflanzenkohle.
3.3 AgroCO2ncept
Das Projekt AgroCO2ncept wurde 2011 von dreizehn Landwirt/innen aus dem zürcherischen Flaachtal
begründet, mit dem Ziel die Machbarkeit des praktischen Klimaschutzes im landwirtschaftlichen Alltag
aufzuzeigen.
3.3.1 Der Verein
Der Verein AgroCO2ncept verfolgt drei Hauptanliegen:
- Minus 20 % CO2-Emissionen durch Ressourceneinsparung, Kohlenstoffspeicherung und
Produktion erneuerbarer Energie in einer klimaschonenden Landwirtschaft
- Minus 20 % Ausgaben durch Kostenreduktionen, Synergien und Effizienzsteigerungen auf der
Produktionsseite
- Plus 20 % mehr Wertschöpfung durch den Wissenserwerb und Wissenstransfer, den Verkauf
klimaschonender Produkte, den Zertifikathandel sowie den Imagegewinn für die Beteiligten und
die Region (zit. aus www.agroCO2ncept.ch).
Um diese Zielsetzungen zu erreichen, wurde ein Massnahmenkatalog für den praktischen Klimaschutz auf den AgroCO2ncept-Betrieben erstellt. Der Katalog beinhaltet Massnahmen in folgenden Bereichen:
Bodenbearbeitung, Tierhaltung, Energie- und Ressourceneffizienz, sowie überbetriebliche Massnahmen.
Die Bodenseestiftung hat für alle AgroCO2ncept-Betriebe mit Hilfe der Software ACCT (Agri Climate
Change Tool) Energie- und Treibhausgasbilanzen (THG-Bilanzen) erstellt. Mit der Software können
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anhand der Energie- und THG-Bilanzen jeweils für Einzelbetriebe Handlungsbereiche für die
Verbesserung der Energie- und Klimaeffizienz aufgezeigt werden. Nach der Erstellung der ACCT-Bilanzen
wurde anhand des Massnahmenkatalogs mit den Betriebsleiter/innen eine Standortbestimmung
vorgenommen und die Ergebnisse in einem detaillierten Betriebsdossier beschrieben. Damit wurde die Grundlage für das Umsetzungskonzept von AgroCO2ncept gelegt (AgroCO2ncept, 2015, S.1).
3.3.2 Die Betriebe
Für die Charakterisierung der Betriebe wurden Auszüge des AgroCO2ncept Betriebsdossiers
zusammengefasst (siehe Anhang 2). Im Folgenden eine Kurzform der Zusammenfassung:
- Betrieb 01 betreibt Mutterkuhhaltung und ein eigenes Lokal für Degustationsanlässe, Gruppen-
Bewirtschaftung und Direktverkauf von Wein. Vorgeschlagene Massnahmen um die Klimabilanz
des Betriebes zu verbessern: Unterteilung des Laufhofes, Installation einer Photovoltaikanlage,
Kohlenstoffspeicherung mittels Pflanzenkohle (AgroCO2ncept, 2015, S. 11).
- Betrieb 02 betreibt Ackerbau und hält einen Viehbestand. Der Betrieb wird in einer ÖLN-
Gemeinschaft mit einem Partnerbetrieb bewirtschaftet. Der Anteil der ökologischen Ausgleichsflächen beträgt ca. 24 %, womit ein grosser Lebensraum für seltene Pflanzen und
Tiere geboten wird. Vorgeschlagene Massnahmen: Optimierung der Herdenführung und des
Futtermittelzukaufs; Prüfung der Massnahmen im Bereich Bodennutzung, ev. ausdehnen;
Grundlagenplanungen zur Fruchtfolge und Düngereinsatz; Förderung des Humusaufbaus
(AgroCO2ncept, 2015, S. 19).
- Betrieb 03 ist eine Betriebsgemeinschaft: beide Ackerbaubetriebe werden zurzeit auf
Biolandbau umgestellt. Vorgeschlagene Massnahme: Kleetrocknung einsparen (Klee ohne
Trocknung ab Feld verkaufen). Weiteres Potenzial ergibt sich durch überbetriebliche und
gemeinschaftliche Massnahmen, wie beispielsweise dem Bau und Betrieb einer Biogas- und
Pyrolyseanlage (AgroCO2ncept, 2015, S. 27).
- Betrieb 04: auf dem Nebenerwerbsbetrieb werden Mutterkühe, 1 Stier, Rinder und Kälber
gehalten, eine Umstellung auf Biolandbau ist längerfristig eine Option. Vorgeschlagene
Massnahmen: Durch die Einbringung von Kompost und Pflanzenkohle kann die C-Speicherung
weiter erhöht werden. Weiter sollen längerfristig Wertschöpfungspotenziale ausgeschöpft
werden, indem mittels einer regionalen Pyrolyse- oder Biogasanlage Produkte wie Futtermittel
oder Holzschnitzel durch überschüssige Wärme und Biogas ev. zu Treibstoff veredelt werden
(AgroCO2ncept, 2015, S. 38).
- Betrieb 05: Eine extensive Bewirtschaftung ist fester Bestandteil dieses Ackerbaubetriebes.
Mögliche Massnahmen zur C-Speicherung sind der Einsatz von Kompost oder Pflanzenkohle und
die Bewirtschaftung der Ernterückstände. Längerfristig sollen Wertschöpfungspotenziale ausgeschöpft werden, indem mittels einer Pyrolyse- oder Biogasanlage regionale Produkte wie
Futtermittel oder Holzschnitzel durch überschüssige Wärme und ev. Biogas zu Treibstoff
veredelt werden (AgroCO2ncept, 2015, S. 47).
- Betrieb 06: betreibt Tierhaltung und Milchwirtschaft, hinzu kommen Ackerbau und Obstbau mit
100 Hochstammbäumen. Vorgeschlagene Massnahmen: Optimierung des Treibstoffverbrauchs
und des Bereichs Tierhaltung, z.B. durch Modernisierung der Melkanlage, der Abdeckung des
Güllebehälters, usw. (AgroCO2ncept, 2015, S. 56).
- Betrieb 07: ist ein reiner Weinbau-Betrieb. Eine Massnahme könnte die regionale Kooperation
von Wein- und Obstbaubetrieben sowie dem Flaschenhersteller sein. Wein ist ein wichtiges Produkt für die Vermarktung der Region. Mit dem gemeinsamen Thema ‚Klimaschutz‘ ergeben
sich neue Vermarktungsmöglichkeiten für Flaachtaler Produkte und die Wertschöpfung in der
Region (AgroCO2ncept, 2015, S. 65).
13
- Betrieb 08: ist ein vielseitiger Ackerbaubetrieb mit einer Landmaschinenwerkstatt als zweites
Standbein. Vorgeschlagene Massnahmen: mittels überschüssiger Wärme in einer gemeinsamen
Pyrolyse- oder Biogasanlage regionale Produkte wie Futtermittel oder Holzschnitzel veredeln.
Der Betrieb kann sich gut vorstellen, künftig die Lastwagen aus dem Nebenerwerbszweig mit dem Biogas aus regionalen Abfällen anstatt mit Diesel zu betanken (AgroCO2ncept, 2015, S. 74).
- Betrieb 09: betreibt Ackerbau und Tierhaltung. Vorgeschlagene Massnahmen: Einsatz von
mineralischem Dünger durch Planung weiter optimieren und indirekte Emissionen reduzieren,
Einsparpotenzial bei den Pflanzenschutzmitteln umsetzen, Verringerungen im Dieselverbrauch
durch gemeinschaftlich organisierte und regelmässige Wartung der Anbaugeräte
(AgroCO2ncept, 2015, S. 85).
- Betrieb 10: Ackerbaubetrieb im Nebenerwerb. Mit Betrieb 03 wird eine gemeinschaftliche
Nutzung des Güllelagers angestrebt, damit Hofdünger in Überschusszeiten bezogen, gelagert
und unabhängig eingesetzt werden kann (AgroCO2ncept, 2015, S. 93).
- Betrieb 11: Mischbetrieb mit Munimast, Ackerbau und Pensionspferden, hinzu kommen verschiedene Lohnarbeiten. Vorgeschlagene Massnahmen: Bereich Bodenkonservierung und
Humusaufbau erweitern, Raumnutzung durch Landumlegung, Pachtlandarrondierung oder
Nutzungstausch verbessern (AgroCO2ncept, 2015, S. 102).
3.3.3 Das Potential
Betrieb 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 Total
Betriebsfläche (ha): 29.8 30.7 37.5 21.8 19.2 45 8.8 11.7 49.4 11.8 44.1 310 ha
- Wald (ha) 10 1.5 7 2.7 3 6 4 6 2.3 7 40 ha
- Hochstämmer (Stk.) 36 22 99 28 100 17 302 Stk.
Tierbetrieb X X X X X X X 7
- GVE 30 53 30 62 2.4 54 114 345.4
Ackerbaubetrieb X X X X X X X X X X 10
Interesse an PK X X X X X X X X X 9
Interesse an Pyrolyse X X X X X 5
Potential C-Speicherung (gem. ACCT-Bilanzen):
Betrieb 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 Total
Einsatz Pflanzenkohle von
max. 1 t/ha*Jahr und
5 ha/Betrieb
(Betrieb 07 nur auf 1 ha) 14.6 14.6 14.6 14.6 14.6 14.6 2.9 14.6 14.6 14.6
134 t
CO2eq
pro Jahr
Humusaufbau, Kompost
bei max. 20 t/ha*Jahr und
3 ha/Betrieb 10.2 10.2 7.9
28 t
CO2eq
pro Jahr
Total Reduktion in % 6.8 3.9 24.6 17.9 61.9 3.3 1.2 60.7 4.5 55.8 1.6 Ø 22 %
(Tab. 2: AgroCO2ncept, 2015 und 2014)
Die Angaben bezüglich Potentials zur C-Speicherung beruhen auf den Modellierungen mit ACCT. Darin
wird für einen Wert von 2.93 t CO2eq/ha*Jahr von einem C-Gehalt von 80% in der Pflanzenkohle
ausgegangen. Inwieweit das Potenzial im praktischen Einsatz tatsächlich zum Tragen kommt, wird vor
allem davon abhängen, ob die Pflanzenkohle - über seine Funktion als Bodenverbesserungsmittel hinaus
- in Zukunft auch als Methode zur C-Sequestrierung in den landwirtschaftlichen Böden der Schweiz
anerkannt wird (AgroCO2ncept, Aug. 2015, S.11).
14
4 Herstellung von Pflanzenkohle
Seit den 1990er Jahren werden technische Verfahren zur Herstellung von Pflanzenkohle entwickelt. Laut
Definition ist die Pyrolyse „eine thermo-chemische Spaltung organischer Verbindungen, wobei durch
hohe Temperaturen (200–900 C) ein Bindungsbruch innerhalb großer Moleküle in kleinere erzwungen
wird. Im Gegensatz zur Vergasung und zur Verbrennung geschieht dies ausschließlich unter der
Einwirkung von hoher Temperatur und ohne zusätzlich zugeführten Sauerstoff“ (www.wikipedia.de,
aufgerufen am 16.11.15). Das Herstellungsverfahren und die Art der Anlage bestimmen darüber,
welches Ausgangsmaterial verkohlt werden kann, wie hoch der Kohlenstoffgehalt im Endprodukt ist und
wie gross der Ertrag an Pflanzenkohle sein wird. Die Grösse der Anlage muss zur lokalen
Ausgangssituation passen und der Herstellungsprozess sollte zu einem nachhaltig produzierten
Qualitätsprodukt führen.
4.1 Herstellungsverfahren
Mit einer modernen Pyrolyseanlage kann Pflanzenkohle inzwischen aus allen pflanzlichen Rohstoffen
(Gras, Holzhackschnitzel, Maisstroh, etc.) mit einem Ausgangs-Feuchtigkeitsgehalt bis zu 50% hergestellt
werden. Die beim pyrolysieren der Biomasse entstehenden Gase werden in der Pyrolyse-Anlage durch
eine flammenlose Oxidation schadstoffarm verbrannt. Die Pyrolyse ist ein sogenannt trockenes
Verfahren und läuft bei Temperaturen zwischen 450 und 650 Grad Celsius. Da es sich um einen
energieautarken Prozess handelt und der grösste Teil der Abwärme zu Heizzwecken, oder zur (Vor-)
Trocknung von Biomasse genutzt werden kann, ist die Pyrolyse sehr energieeffizient.
Die hydrothermale Carbonisierung (HTC) ist ein nasses Verfahren und ein Spezialfall der Pyrolyse. Bei
einer Temperatur von rund 200 Grad Celsius und einem Druck von 20 bis 35 bar kann aus jeglicher
Biomasse Kohle hergestellt werden. „Unter Luftabschluss und Zugabe von Katalysatoren wird nasse
Biomasse innerhalb weniger Stunden dehydriert“ (Fahrni, 2015, S. 6). Das ‚Institut für Umwelt und
Natürliche Ressourcen‘ der ZHAW untersucht seit 2011 die hydrothermale Carbonisierung von
Klärschlamm. „Mit der hydrothermalen Carbonisierung wird eine stark verbesserte mechanische
Entwässerbarkeit von Klärschlamm erreicht. Dies erspart die sonst zur Trocknung benötigte thermische
Energie“ (Fahrni, 2015, S. 7).
Der Ertrag an Pflanzenkohle hängt vom Herstellungsverfahren und von Reaktionsbedingungen
(Prozesstemperatur und –dauer) ab. Mit dem langsamen HTC-Verfahren wird die höchste Ausbeute an
Pflanzenkohle erzielt. Auch der Kohlenstoffgehalt der Pflanzenkohle wird durch das Verfahren und die
Reaktionsbedingungen bestimmt. „So gilt zwar, dass mit steigender Temperatur der Ertrag der Biokohle
sinkt, gleichzeitig nimmt dabei aber auch der Kohlenstoffgehalt der Biokohle zu. Bei den trockenen
Verfahren wird bei der langsamen Pyrolyse insgesamt am meisten Kohlenstoff von der Biomasse in die
Biokohle transferiert. Biokohlen aus den trockenen Verfahren sind stabiler als HTC-Kohlen“ (Teichmann,
2014, S. 5).
4.1.1 Risiken
Durch den Pyrolyseprozess können zahlreiche chemische Verbindungen entstehen: „Bei der Pyrolyse
von chlorhaltigen Polymeren entstehen Salzsäuren und - bei ungünstigen Bedingungen - relevante
Mengen an chlorierten organischen Verbindungen (u.a. auch chlorierte Dioxine und Furane). Dies gilt
insbesondere beim Verbrennen (Verschwelen) von Kabelabfällen. Im Pyrolyserückstand finden sich
neben Kohle, die im Material ursprünglich enthaltenen Metalle und u.U. auch polyzyklische Aromaten
15
(PAK)“ (Fahrni, 2015, S. 5). „Es ist erwiesen, dass bei einer Pyrolyse-Temperatur über 700oC
hochkonzentrierte, kanzerogene und mutagene PAK entstehen. [ … ] Es ist nicht erwiesen, dass auch bei
geringeren Temperaturen, bei den für die Pyrolyse üblichen 350-600oC, PAK entstehen (Schild, S. 27).“ In
den ‚Richtlinien für die Produktion von Pflanzenkohle‘ steht zum Thema PAK: „Wie bei jeder
Verbrennung entstehen auch bei der Pyrolyse Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Die
Menge der entstehenden PAK hängt insbesondere von den Prozessbedingungen ab. [ … ] Hohe PAK-
Belastungen sind ein Zeichen für unzureichende bzw. ungeeignete Prozessbedingungen. PAK werden
von der Pflanzenkohle sehr effizient gebunden, weshalb man aktivierte Pflanzenkohle auch als Luftfilter
zur Entfernung von PAK aus Abgasen sowie zur Immobilisierung von PAK in kontaminierten Böden
verwendet (Schmidt, 2012, S. 12).“
(Abb. 6: Fahrni, 2015, S. 5)
4.2 Pyrolyse-Anlagen
Das Ökozentrum Langenbruck entwickelte eine Anlage für Kaffee-Plantagen in Peru und unterstützt die
Kreuzlinger Firma ‚Compag Recycling und Umwelttechnik AG‘ bei der Lancierung einer 4‘000 Tonnen-
Input-Anlage. Die Anlage ‚Pyreg 500‘ der Deutschen Firma Pyreg GmbH ist die zurzeit meistgebaute
Anlage für kleinere Leistungen mit rund 1‘500 Tonnen Input (nass/feucht) pro Jahr. Die Firma Kaskad-E
GmbH hat den ersten in Kleinserie hergestellten, kommerziellen Pyrolysekocher entwickelt. Gedacht ist
der ‚PyroCook‘ für Kleingärtnereien und Landwirtschaftsbetriebe, die eine kostengünstige Lösung für
saubere Wärmeenergie-Produktion aus aschereichen Holzrückständen (Wurzeln, Äste, Rinde), bei
gleichzeitiger stofflicher Nutzung dieser Substrate suchen (Gutzwiller, 2015, S. 1).
Anlage, Herstellerfirma Input Output
PPP 1500, Compag AG 3-4‘000 t - 150 KW Strom
- 500 KW Wärme
- 600 t Pflanzenkohle
Pulpa Pyro Peru, Ökozentrum
(ungefähre Zahlen)
720 t (= 90 kg/h)
auch nasse Biomasse mögl.
- 400 KW Heizleistung
- 96 t Pflanzenkohle
PYREG® 500, Pyreg GmbH 1‘000 t = 2500 m3
Hackschnitzel, Siebreste
- 120 - 150 KW Wärmeenergie
(trocknet 4‘000 m3 Hackschnitzel) - 300 t (= 700 m3) Pflanzenkohle
PyroCook, Kaskad-E GmbH 2 kg Häckselmaterial - 4 KW Wärme
- 400 g Pflanzenkohle
(Tab. 3: Firmenangaben, 2015)
16
4.2.1 Prozessschema der PYREG® 500 am Beispiel der Firma Verora GmbH
(Abb. 7: in Anlehnung an Verora GmbH)
17
4.3 Ausgangsmaterial
Die Eigenschaften, der Ertrag und die angestrebte Verwendung der Pflanzenkohle hängen massgeblich
vom Ausgangsmaterial ab. Vor allem der Ertrag und der Kohlenstoffgehalt der Pflanzenkohle werden
durch die chemische Zusammensetzung der Ausgangsbiomasse beeinflusst. Isabel Teichmann
untersuchte für das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die Potentiale eines
Pflanzenkohle-Einsatzes in der Landwirtschaft. Zum Thema Ausgangsmaterial schreibt sie: „So können
zum Beispiel [ … ] häufig höhere Biokohle-Erträge aus solchen Biomassen gewonnen werden, die einen
hohen Aschegehalt aufweisen. Dies heisst jedoch, dass diese Biokohlen einen geringeren
Kohlenstoffgehalt besitzen. Gleichzeitig geht ein höherer Aschegehalt, wie zum Beispiel bei Gülle und
Festmist, einher mit einem höheren Nährstoffgehalt der Biokohlen, was wiederum für einen Einsatz in
der Landwirtschaft bedeutsam ist“ (Teichmann, 2014, S. 6). Und weiter: „Das grösste
Treibhausgasvermeidungspotential weist [ … ] Biokohle aus Waldrest- und Schwachholz auf, das heisst
aus einem relativ trockenen Biomasse-Ausgangsstoff, der zudem in vergleichsweise grossen Mengen
anfällt“ (Teichmann, 2014, S. 11).
Um dem ersten der drei AgroCO2ncept Hauptanliegen „Minus 20 % CO2-Emissionen durch
Ressourceneinsparung, Kohlenstoffspeicherung und Produktion erneuerbarer Energie in einer
klimaschonenden Landwirtschaft“ (zit. aus www.agroCO2ncept.ch) zu entsprechen, sollte die
Pflanzenkohle somit vorwiegend aus Waldrest- und Schwachholz hergestellt werden.
4.3.1 Vorhandene Biomasse
Im Flaachtal hat es 1‘372 Hektaren Wald, davon gehören 40 Hektaren den AgroCO2ncept-Betrieben.
Diese besitzen zudem 300 Hochstamm-Bäume, welche regelmässig geschnitten werden müssen. Zu der
Frage nach vorhandenem Ausgangsmaterial meint der Präsident von AgroCO2ncept, Toni Meier: „In
meinem Betrieb verarbeiten wir ca. 400 m3 gehacktes Astmaterial aus der Grüngut-Verwertung. Dieses
Material geht in den Verbrennungskanal.“ Meier hat sich mit dem Flaacher Förster ausgetauscht und
dieser sieht das Potential vor allem in der Bewirtschaftung von Privatwald und in der Waldrandpflege.
Die beiden kommen in einer groben Schätzung für die Region Flaachtal auf eine Menge von ca. 1‘500 m3
Holzhackschnitzel pro Jahr. Allerdings sind die Preise für Holzhackschnitzel seit einem Jahr unter Druck
und wenn die Waldbesitzer die anfallenden Kosten nicht gedeckt bekommen, werden sie weniger Holz
ernten.
Die Pyrolyseanlage ‚Pyreg 500‘ kann im Jahr um die 1‘000 Tonnen Ausgangsmaterial verkohlen, dies
entspricht 2‘500 m3 Holzhackschnitzeln. Die Differenz von rund 1‘000 m3 müsste demnach aus der
weiteren Region um das Flaachtal oder aus anderen Substratquellen im Flaachtal der Pyrolyseanlage
zugeführt werden. Möchte man nur die Siebreste von Holzhackschnitzeln verwenden, um nebst der
Pflanzenkohle hochwertige (gesiebte und getrocknete) Holzhackschnitzel zu produzieren, potenziert sich
die benötigte Holzmenge um ein Vielfaches (siehe dazu auch Kap. 6).
18
5 Verwendung von Pflanzenkohle
Wie im Kapitel 4 aufgezeigt, beeinflusst das Herstellungsverfahren und das verwendete Ausgangs-
material die Eigenschaften von Pflanzenkohle und aufgrund dessen auch deren Einsatzmöglichkeiten
und Wirkungsweisen. Die Verwendung von Pflanzenkohle zur Bodenverbesserung und zur langfristigen
C-Sequestrierung ist teilweise umstritten und es besteht noch grosser Bedarf an Grundlagenforschung.
Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat den Einsatz von Pflanzenkohle als Bodenverbesserungs-
resp. Düngemittel jedoch generell bewilligt.
5.1 Richtlinien, rechtliche Bedingungen
Die Anwendung von Pflanzenkohle war nur als Futtermittel oder zu Versuchszwecken gestattet. Im Jahr
2013 erliess das BLW eine provisorische Bewilligung, welche den unbeschränkten Einsatz von
Pflanzenkohle in der konventionellen Landwirtschaft bis Mai 2016 erlaubt. Falls sich die Verwendung
bewährt, soll die Pflanzenkohle bis dahin in die Düngerbuchverordnung aufgenommen, oder die
provisorische durch eine zehnjährige Bewilligung ersetzt werden (Grossenbacher, 2013).
Auf Biobetrieben ist der Einsatz nicht erlaubt, weil die Bioverordnung Pflanzenkohle nicht aufführt.
Erlaubt sind einzig Praxisversuche, welche dazu dienen, Felddaten zu Eigenschaften von Pflanzenkohle
im Biolandbau zu gewinnen. Solche Versuche müssen aufgrund eines definierten Versuchsplans im
Voraus bewilligt werden und beinhalten zwingend ein (gleichzeitig laufendes) Kontrollverfahren ohne
Pflanzenkohle. Ein flächendeckender Pflanzenkohle-Einsatz ist somit nicht möglich (FiBL, 2014, S. 1).
Pflanzenkohle wird entweder mit Kompost, Mist (festes Gärgut) oder Gülle (flüssiges Gärgut) auf den
Boden ausgebracht. Diesbezüglich ist zu beachten, dass:
- auf einer Hektare innert drei Jahren max. 200 m3 flüssiges Gärgut ausgebracht werden darf,
wenn dadurch der Pflanzenbedarf an P und N nicht überstiegen wird;
- auf einer Hektare innert drei Jahren max. 25 Tonnen Kompost und festes Gärgut (bezogen auf
Trockensubstanz) ausgebracht werden darf, wenn dadurch der Pflanzenbedarf an P und N nicht
überstiegen wird;
- auf einer Hektare innert zehn Jahren nicht mehr als 100 Tonnen Kompost oder festes Gärgut
(bezogen auf Trockensubstanz) verwendet werden darf (BAFU, 2012, S. 21).
5.1.1 Zertifizierung von Pflanzenkohle
Sowohl die Technologie zur Herstellung von Pflanzenkohle, als auch die Forschung welche die
Eigenschaften und Wechselwirkungen von Pflanzenkohle untersucht, entwickelt sich sehr dynamisch.
Das ‚Biochar Science Network‘ erstellte deshalb Richtlinien zur „Gewährleistung einer wissenschaftlich
stichhaltigen, gesetzlich abgesicherten, wirtschaftlich verantwortbaren und praktisch umsetzbaren
Kontrolle der Produktion und Qualität von Pflanzenkohle“ (Schmidt, 2012, S. 5). Mit den Richtlinien soll
eine nachvollziehbare Kontrolle und Qualitätsgarantie für Anwender/innen von Pflanzenkohle und für
Pflanzenkohleprodukte bewirkt werden. Sie dienen zudem zur Erlangung des ‚Europäischen
Pflanzenkohle Zertifikats‘ und regeln folgende Bereiche: Eingesetzte Biomasse; Allg. Vorgaben zur
Führung des Produktionsprotokolls; Eigenschaften der Pflanzenkohle; Pyrolysetechnik; Verkauf und
Ausbringen der Pflanzenkohle; Kontrolle und Zertifizierung (Schmidt, 2012, S. 3).
19
5.2 Wirkungen
Allgemeine Aussagen zu den Effekten von Pflanzenkohle können aufgrund diverser Wechselwirkungen
und Einflussfaktoren kaum gemacht werden. So bestimmen Eigenschaften der Pflanzenkohle wie
chemische Zusammensetzung, Oberflächenchemie, Porengrösse und Verteilung, sowie physikalische
und chemische Stabilisierungseffekte die Wirkung der Kohle. Zudem hat der Boden als hochkomplexes,
dynamisches und sehr heterogenes Habitat je nach Gegebenheit eine andere Wirkung auf die
Abbaustabilität von Pflanzenkohle und im Gegenzug hat die Pflanzenkohle unterschiedliche Wirkungen
auf den Boden. Wird die Pflanzenkohle in den Boden eingearbeitet, können physikalische Eigenschaften
des Bodens wie die Struktur, Porenverteilung- und Dichte verändert werden, was wiederum
Auswirkungen auf die Bodenbelüftung, die Wasserspeicherkapazität, das Pflanzenwachstum und die
Bearbeitbarkeit des Bodens hat (Schild, 2012, S. 22).
5.2.1 Einfluss auf Boden
Spricht man von der Verbesserung des Bodens durch Pflanzenkohle so bezieht sich dies vor allem auf die
Wasserspeicherkapazität und die Erhöhung des Nährstoff-Rückhaltevermögens. Diese Verbesserungen
wurden jedoch vor allem in tropischen Regionen beobachtet und deren Übertragbarkeit auf unsere
Böden erst wenig erforscht. Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) hat soeben im
Rahmen von NFP (Nationale Forschungsprogramme) ein Projekt zu den ‚Auswirkungen von Pflanzen-
kohle auf das Pflanzenwachstum, mikrobielle Gemeinschaften im Boden und den Abbau der Kohle‘
abgeschlossen, leider sind die Ergebnisse noch nicht veröffentlicht. Michael Scheifele einer der Autoren
der Studie hat am Pflanzenkohletag des Ökozentrums Langenbruck jedoch bereits erste Ergebnisse
präsentiert und sie sprechen alle für einen positiven Effekt der Pflanzenkohle. Auch sind direkte und
indirekte Einflüsse von Pflanzenkohle auf das Wasserrückhaltevermögen des Bodens erwiesen und
„durch die Applikation von Pflanzenkohle konnte durch verbesserte Wasser- und Nährstoffspeicher-
kapazität die Produktivität gesteigert und somit höhere Erträge erzielt werden“ (Schild, 2012, S. 23).
Wie im Kapitel 3.2 dargestellt, werden die 519 Hektaren landwirtschaftliche Nutzflächen im Gemeinde-
gebiet von Flaach als Böden mit dem Attribut geringes Wasserspeichervermögen versehen. Der Einsatz
von Pflanzenkohle könnte somit einen positiven Einfluss haben. In diesem Gebiet liegen die
AgroCO2ncept Betriebe 3, 5 und 9, die alle ein Interesse an Pflanzenkohle signalisiert haben. In den
Szenarien im Kapitel 6 wird das Einsatzpotential der Pflanzenkohle auf diesen Flächen dargestellt.
(Abb. 8: AgroCO2ncept, Aug. 2015, S. 10)
20
Marion Esther Schild hat während ihrer ETH-Bachelorarbeit anhand des Betriebs 3 eine Potentialanalyse
zum ‚Einsatz von Pflanzenkohle zur Bodenverbesserung und Kohlenstoffsequestrierung‘ (Schild, 2012)
vorgenommen. Dafür hat sie mit drei Szenarien gearbeitet: das erste beschreibt die Kohlenstoffdynamik
bei üblicher Bewirtschaftung mit Kompost aber ohne Pflanzenkohle; das zweite geht von einer
Pflanzenkohle-Ausbringung im Kompost mit der Inputmenge von 10 Tonnen pro drei Jahre aus und das
dritte Szenario soll zeigen, wie sich der Kohlenstoffgehalt auf dem Betrieb verändert, wenn alle
Ernterückstände nach der Ernte verkohlt und in den Boden eingearbeitet werden (Schild, 2012, S. 35).
Im Folgenden eine Kurzzusammenfassung der Resultate, welche Schild auf den Seiten 46 bis 47
beschreibt:
- In allen Szenarien hat der Kohlenstoffgehalt der obersten 30 cm des Bodens zugenommen und
liegt deutlich über dem Literaturvergleich. Dies zeigt dass der Betrieb humusbildend
wirtschaftet, was wahrscheinlich auf die Zufuhr von Kompost zurück zu führen ist.
- Bei Verwendung von Pflanzenkohle mit einer langsamen Abbaurate (Halbwertszeit der Stabilität
von über 1‘000 Jahren (Schild, 2012, S. 18)) kann die Kohlenstoffmenge, im Vergleich zu einer
schnellen (Halbwertszeit von weniger als 100 Jahre), massiv erhöht werden. Der Betrieb könnte
damit in 100 Jahren die zweifache Menge erreichen.
- Der Einfluss des Bodens auf die Kohlenstoffmenge ist mit einer Abweichung von max. 10 Prozent
in allen Szenarien sehr gering.
- Auf dem Betrieb wären genügend Materialien vorhanden, um den Bodenkohlenstoff zu
erhöhen. „Die Umsatzrate beeinflusst die Kohlenstoffmenge deutlich mehr als die Inputmenge.
Falls die Umsatzrate tatsächlich für die meisten Pflanzenkohlen weniger als 100 Jahre beträgt,
stellt sich die Frage, ob sich der Weg über die Verkohlung tatsächlich lohnt in Anbetracht der
Tatsache, dass in ackerbaulich genutzten Böden die Hälfte der organischen Substanz eine
mittlere Verweildauer von 10-50 Jahre hat“ (Schild, 2012, S. 47).
5.2.2 Einfluss auf C-Sequestrierung
Trotz der Schwierigkeit Aussagen zur Wirkung von Pflanzenkohle zu machen, kann grundsätzlich
festgehalten werden, dass Kohlenstoff durch den Pyrolyseprozess in eine gegen mikrobiellen Abbau
stabilere Form überführt wird. Durch die Pyrolyse wird durchschnittlich 50% des Kohlenstoffs der
Pflanzenkohle stabilisiert, welcher rund 100 Jahre im Boden erhalten bleibt. Im Gegensatz dazu bleiben
beim Abbau frischer Biomasse im Boden nach 5-10 Jahren nur ca. 10-20% des Kohlenstoffs als
Bodenkohlenstoff erhalten (Schild, 2012, S. 12).
Durch die langfristige Stabilisation von atmosphärischem Kohlenstoff erhofft man sich, den Effekt des
Klimawandels abzuschwächen. Allerdings ist es schwierig Aussagen zur Abbaustabilität der
Pflanzenkohle zu machen, weil sie nicht nur vom Ausgangsmaterial und dem Herstellungsverfahren
abhängt, sondern auch vom Bodentyp und von dem Klima im Verwendungsgebiet. Erschwerend kommt
hinzu, dass die Abbauraten der Pflanzenkohle gering sind, die Zeitdauer von wissenschaftlichen
Versuchen in der Regel jedoch relativ kurz (Schild, 2012, S. 17). Ausserdem fällt das globale
Sequestrierungspotential von Pflanzenkohle mit geschätzten „0.16 Gt Kohlenstoff pro Jahr, wenn alle
landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Abfälle sowie Haushaltsabfälle oder Müllereiabfälle zu
Pflanzenkohle verarbeitet werden“ eher tief aus (Schild, 2012, S. 19). Dem kann jedoch eine Aussage aus
einem AgroCO2ncept-Bericht gegenüber gestellt werden: „Das Einbringen von Pflanzenkohle in den
Ackerboden hat von allen Massnahmen [aus dem Massnahmenkatalog] das grösste Potenzial zur
dauerhaften C-Speicherung“ (AgroCO2ncept, Aug. 2015, S. 35).
21
5.2.3 Einfluss auf Stickstoffemissionen
Wie im Kapitel 2.3 erwähnt, kann Pflanzenkohle dank ihrer grossen spezifischen Oberfläche Ammonium
und Ammoniak binden und zeigt deshalb, wenn sie zur Behandlung von Gülle oder Stalleinstreu
eingesetzt wird, grosse Wirkung auf Stickstoffemissionen. Mit Pflanzenkohle behandelte Gülle fördert
Bodenaktivität und Humusaufbau und bremst ausserdem die Auswaschung der Nährstoffe. und eignet
sich deshalb zur Behandlung von Jauche kann die Düngewirkung von Jauche fast verdoppelt und zudem
der Versauerung des Bodens vorgebeugt werden. Diese Wirkungen können mit einer Kombination von
Pflanzenkohle und Milchsäurevergärung zusätzlich verstärkt werden (Schmidt, 2011, S. 97).
Pflanzenkohle zeigt auch im Silierungsprozess von Futtermitteln positive Wirkungen, denn sie fördert
eine saubere Milchsäurevergärung und verhindert Fehlgärungen. Dank der hohen Wasserspeicher-
fähigkeit der Pflanzenkohle kann auch bei noch feuchtem Ausgangsmaterial eine gute Gärqualität
gewährleistet und die Haltbarkeit der Silage verbessert werden. Durch den Einsatz von Pflanzenkohle
kommt es kaum zur Entwicklung von Gärsäften, welche wegen der Bildung von Buttersäure gefürchtet
sind. Das mit Pflanzenkohle angereicherte Futtermittel wirkt auf die Verdauung, insbesondere von
Wiederkäuern regulierend und erhöht die Futtereffizienz und die Energieleistung der Tiere (Schmidt,
2011, S. 97).
22
6 Ergebnisse
Das letzte Kapitel fasst die Ergebnisse des Berichtes zusammen und stellt sie anhand einer SWOT-
Analyse in einem Argumentarium dar. Aufgrund der skizzierten Szenarien lassen sich Aussagen zur
Standorteignung des Flaachtals machen und ein Fazit zu den Fragestellungen des Auftraggebers ziehen.
6.1 Szenarien
In der Ausgangslage (S. 10) finden sich Angaben zu Flächen und Viehbestand; auf den Seiten 11 und 20
werden für das Ausbringen von Pflanzenkohle geeignete Böden benannt; die Tabelle auf der Seite 14
zeigt das Potential eines Pflanzenkohle-Einsatzes im Flaachtal und auf den Seiten 16 und 18 finden sich
Angaben zur benötigten und zur vorhandenen Biomasse. Die in den Kapiteln 3 bis 5 aufgeführten Zahlen
werden in der Tabelle 4 zusammengeführt und mit Angaben zur Verwendung von Düngern ergänzt.
Mit folgenden Prämissen wurde gerechnet:
- Speicherleistung pro Tonne Pflanzenkohle (PK) = 2.93 t CO2eq (ACCT-Bilanz)
- 1 m3 Gülle = 3 kg Stickstoff (N) (Agridea, 2015)
- 1 GVE produziert 23 m3 flüssiges Gärgut pro Jahr (Agridea, 2015)
- 1% Anteil Pflanzenkohle = 50% Bindungsleistung N (Schmidt, 2011, S. 97)
- Die Betriebe mit Nummer sind an Pflanzenkohle interessiert (AgroCO2ncept, 2014, S. 6)
Substrat/Jahr Anteil PK Menge PK Fläche Potential
Kompost: max. erlaubt in 10 J. 8.33 t/ha 10% 0.83 t 2.4 t CO2eq/ha
Kompost: max. erlaubt in 10 J. 8.33 t/ha 30% 2.46 t 7.3 t CO2eq/ha
Flüssiges Gärgut: max. erlaubt/10 J. 66 m3/ha 1 % 0.66 m
3 1.9 t CO2eq/ha
Flaachtal: 1‘569 GVE 36‘078 m3 Gülle 1 % 361 m
3 54.1 t N
AgroCO2ncept-Betriebe: 345 GVE 7‘935 m3 Gülle 1 % 79.3 m
3 11.9 t N
Betriebe 1, 2, 6, 7, 9: 201.4 GVE 4‘632 m3 Gülle 1 % 46.3 m
3 6.9 t N
Pyrolyseanlage PPP 1500 3-4‘000 t Biomasse 600 t 600 ha 1‘765 CO2eq
Pyrolyseanlage Pyreg 500 1‘000 t Biomasse 300 t 300 ha 879 CO2eq
Pyrolyseanlage Pulpa Pyreg Peru 720 t Biomasse 96 t 230 CO2eq
Landw. Nutzfläche Flaachtal 5‘223 t Biomasse 10% in Kompost 1‘567 t 1‘888 ha 4‘531.2 t CO2eq
Landw. Nutzfläche Flaach 1‘433 t Biomasse 10% in Kompost 430 t 519 ha 1'259.9 t CO2eq
Landw. Nutzfläche Flaach 4‘306 t Biomasse 30% in Kompost 1‘292 t 519 ha 3‘785.5 t CO2eq
Landw. Nutzfläche Flaach 1 % in Gülle 345 m3
519 ha 1‘003.6 t CO2eq
Betriebsfläche 3, 5, 9 293 t Biomasse 10% in Kompost 88 t
106 ha 254.4 t CO2eq
ACCT-Bilanz: 5 ha à 9 Betriebe 150 t Biomasse 1t/ha 45 t 45 ha 131.4 t CO2eq
ACCT-Bilanz: 5 ha à 23 Betriebe 383 t Biomasse 1t/ha 115 t 115 ha 335.8 t CO2eq
(Tab. 4: AgroCO2ncept, Aug. 2015; BAFU, 2012, S. 21; weitere siehe Verzeichnis)
6.1.1 Minimum-Variante
Mit der vorsichtigen (blau markierten) Schätzung, wie sie in der ACCT-Bilanz vorgenommen wurde, kann
auf den insgesamt neun an Pflanzenkohle interessierten AgroCO2ncept-Betrieben 45 Tonnen
Pflanzenkohle ausgebracht werden und damit 131.4 Tonnen CO2eq gespeichert werden. Würden die fünf
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interessierten AgroCO2ncept-Tierhaltungs-Betriebe ihr flüssiges Gärgut mit insgesamt 46 Kubikmeter
Pflanzenkohle anreichern, könnten sie fast 7 Tonnen Stickstoff einsparen.
6.1.2 Mittlere Variante
Die zweite (grün markierte) Variante konzentriert sich auf die drei an Pflanzenkohle interessierten
AgroCO2ncept-Betriebe auf Böden mit geringem Wasserspeichervermögen. Auf den insgesamt 106
Hektaren Betriebsfläche könnten in einem mit 10% Pflanzenkohle angereicherten Kompost 88 Tonnen
Pflanzenkohle ausgebracht und etwas über 254 Tonnen CO2eq gespeichert werden. Würden alle sieben
AgroCO2ncept-Tierhaltungs-Betriebe ihre Gülle mit Pflanzenkohle anreichern, könnten beinahe 12
Tonnen Stickstoff gebunden werden.
6.1.3 Maximal-Variante
Die (gelb markierte) Maximalvariante ist nicht realistisch, aber wenn Pflanzenkohle im ganzen Flaachtal
auf allen landwirtschaftlichen Nutzflächen ausgebracht würde, könnten 4‘531.2 Tonnen CO2eq
gespeichert werden und wenn die Gülle aller 1‘569 Grossvieheinheiten (GVE) mit Pflanzenkohle
angereichert würden, könnten über 54 Tonnen Stickstoff gebunden werden.
6.1.4 Standorteignung
Pyrolyse-Anlagen mit einer Inputmenge von über 3‘000 Tonnen zeigen in Bezug auf die C-Speicherung
die grösste Wirkung. Das benötigte Ausgangsmaterial ist im Flaachtal laut Toni Meier, dem Präsidenten
von AgroCO2ncept, jedoch nicht vorhanden. Laut Schätzungen von Meier kann mit jährlich ca. 1‘500 m3
Holzhackschnitzeln gerechnet werden, was 600 Tonnen Biomasse entspricht. Die für die Minimum- und
die mittlere Variante benötigte Substratmenge könnte somit mit Holzhackschnitzeln gut gedeckt
werden. Die Anlagegrösse des Pyreg 500 ist für diese beiden Varianten jedoch sowohl in Bezug auf die
Input- als auch auf die Output-Menge (siehe Flächenangaben in der Tab. 4) zu gross. Das Einzugsgebiet
für Holzhackschnitzel müsste für die benötigte Substratmenge von 1‘000 Tonnen vergrössert werden,
oder das Ausgangsmaterial müsste verändert werden (z. Bsp. Bioabfälle aus Haushaltungen), was jedoch
Auswirkungen auf die C-Speicherung hätte. Die für das Flaachtal und AgroCO2ncept ideale Grösse hätte
die vom Ökozentrum entwickelte ‚Pulpa Pyro Peru‘ Anlage, diese ist jedoch nicht für den Schweizer
Markt gedacht.
Wie in Kap. 5.2.1 gezeigt, liegen die Betriebsflächen der AgroCO2ncept Betriebe 3, 5 und 9 auf Böden mit
geringem Wasserspeichervermögen. Der Einsatz von Pflanzenkohle könnte auf diesen 519 Hektaren
landwirtschaftliche Nutzfläche dank des Speichervermögens der Pflanzenkohle positive Wirkungen
haben. Allerdings ist es, wie in Kap. 5.2.1 erwähnt schwierig, eindeutige Aussagen zur Wirkung auf
unsere Böden zu machen. Der Bodenverbesserungseffekt zeigt sich im Flaachtal mit seinen sehr guten
Fruchtfolgeflächen sicher viel weniger als auf verarmten Böden, wie es sie am Amazonas gibt.
6.2 Fazit
Die Pflanzenkohle hat zahlreiche positive Eigenschaften. Dank ihrer Speicherfähigkeit kann sie die
Attribute von sandigen Böden (wie denjenigen von Flaach) verbessern und die Düngewirkung von
Jauche (durch Stickstoff-Bindung) beinahe verdoppeln. Eine Schwierigkeit im Flaachtal besteht in der
Beschaffung der für den Betrieb einer Pyrolyse-Anlage benötigten Menge an Biomasse. Die Anpassung
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der Anlagegrösse, oder die Ausweitung des Einzugsgebietes sind mögliche Lösungen. Eine Möglichkeit
könnte auch eine Zusammenarbeit mit dem FiBL bieten, welches soeben ein NFP-Projekt zum Thema
abgeschlossen hat und nun Partnerorganisationen für weitere Umsetzungsversuche sucht.
6.3 SWOT-Analyse
Die SWOT-Analyse ist ein weit verbreitetes Instrument zur Situationsanalyse eines Unternehmens, oder
eines Projektvorhabens. In den beiden Feldern Strengths/Stärken und Weaknesses/Schwächen wird die
gegenwärtige Situation geprüft, in der zweiten Spalte werden zukünftige Opportunities/Chancen und
Threats/Gefahren eruiert.
Stärken
- Interesse der AgroCO2ncept-Betriebe:
9 an Pflanzenkohle, 5 an Pyrolyse
- Es ist Potential für Ausgangsmaterial
vorhanden: Waldflächen im Flaachtal: 1‘372 ha; AgroCO2ncept-Betriebe: 40 ha Wald und
300 Hochstammbäume
Gefahren
- Möglicherweise negative Wirkung auf
Pflanzenwachstum
- Die Produktion von Holzhackschnitzel wird
unrentabel und sistiert = keine Siebreste als Ausgangsmaterial für Pyrolyse vorhanden
- PK hat von allen AgroCO2ncept-Massnahmen
das grösste Potential zur dauerhaften C-
Speicherung (AgroCO2ncept, 8.2015, S. 35)
- Möglich wären im Flaachtal min. 131 t CO2eq
bis max. 4‘531 t CO2eq
- C-Sequestrierung durch PK ist in der
Landwirtschaft im weltweiten Vergleich zum
Aufwand eher gering: global 0.16 Gt
Kohlenstoff/Jahr (Schild, 2012, S. 19)
- Pflanzenkohle verbessert die
Wasserspeicherfähigkeit von sandigen Böden
= positive Wirkung auf Flaacher Böden
- PK kann Düngewirkung von Jauche (durch
Stickstoff-Bindung) beinahe verdoppeln
- Im Ausgangsmaterial angereicherte
Schwermetalle könnten durch Pflanzenkohle
in Boden gelangen
- Durch die Pyrolyse können problematische
chemische Verbindungen (z.B. PAK) entstehen
Schwierigkeiten
- Forschung steht erst am Anfang
- Es gibt erst wenige ‚Best-practise‘-Beispiele
Chancen
- FIBL hat ein NFP-Projekt zum Thema ‚Wirkung
der PK auf Pflanzenwachstum‘ abgeschlossen
und sucht jetzt nach Testbetrieben für die
Umsetzung ihrer Resultate.
- Hohe Investitionskosten für eine
Pyrolyseanlage - Es ist zu wenig Ausgangsmaterial für den
Betrieb einer Pyreg 500 Anlage vorhanden, bei
kleineren Anlagen ist ein rentabler Betrieb
kritischer
- PPP-Anlage des Ökozentrums
- Ganzes Weinland als Einzugsgebiet
- Biodiversitätsprojekt Niederwald: PK aus
Waldrest- und Schwachholz (= grosses THG-
Potential), ev. Finanzbeiträge
- Grosser Aufwand für Wartung und Betrieb der
Pyrolyseanlage, weil neue, noch anfällige
Technologie
- Das BLW bewilligt PK nur als Dünger
- C-Sequestrierung in landwirtschaftlichen
Böden wird in der Schweiz nicht anerkannt - Keine Klimazertifikate für PK-Einsatz
- THG-Emissionen der GVE mit PK verringern
- Mit PK könnten 54.1 t der von 1‘569 GVE
produzierten Stickstoffe gebunden werden
- Wasserspeicherfähigkeit der Böden hilft bei
Trockenperioden (Klimaanpassung)
- Neue Einnahmequellen durch PK-Produkte:
o Kompost mit 30% PK als Torfersatz
o Kompost mit 10% PK als Terra Preta Erde o Getrocknete, gesiebte Holzhackschnitzel
= bessere Qualität, keine Luftemissionen
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7 Quellenverzeichnis
7.1 Literaturverzeichnis
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AgroCO2ncept Flaachtal (2015): Betriebsdossiers. Massnahmen pro Betrieb; Zürich (unveröffentlicht)
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am 2.11.2015
AgroCO2ncept Flaachtal (2014): Massnahmenübersicht; Zürich (unveröffentlicht)
AgroCO2ncept Flaachtal (Aug. 2015): Ressourcenprojekt AgroCO2ncept Flaachtal. Antrag; Zürich
(unveröffentlicht)
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Bundesamt für Landwirtschaft BWL (2011): Klimastrategie Landwirtschaft. Klimaschutz und Anpassung
an den Klimawandel für eine nachhaltige Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft; PDF-Download
Bundesamt für Umwelt BAFU (2014): Leben mit dem Klimawandel; umwelt 4/2014; Bern
Bundesamt für Umwelt BAFU (2012): Nährstoffe und Verwendung von Düngern in der Landwirtschaft.
Ein Modul der Vollzugshilfe Umweltschutz in der Landwirtschaft; Bern
Bundesamt für Umwelt BAFU (2014): Stickstoff – Segen und Problem; umwelt 2/2014; Bern
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http://www.aln.zh.ch/internet/baudirektion/aln/de/naturschutz/biotopfoerderung/liwa.html;
aufgerufen am 18.11.2015
Fahrni, H.-P. (2015): Pyrolyse, Ergänzungen zu Skript Modul Abfall; sanu Biel
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Greenpeace (2015): Wege aus der Klimafalle; Magazin Greenpeace 3/2015; Zürich
Grossenbacher, D. (2013): BLW gibt grünes Licht – Pflanzenkohle vorerst frei einsetzbar;
http://www.schweizerbauer.ch/pflanzen/ackerbau/blw-gibt-gruenes-licht; aufgerufen am 30.4.2013
Gutzwiller, St. (2015): TLUD-Pyrolysegeräte zur Pflanzenkohleherstellung, Basel
Kugler, W./Schneiter, P. (2015): Skript Modul Wald und Forst; sanu Biel
Lang, N. (2014): Stickstoff- und Kohlenstoffkreislauf. Zusammenhänge und Feedbacks; Norderstedt: BoD
Books on Demand
Lorch, A. (2013): EM eine Chance für unsere Erde. Effektive Mikroorganismen Wirkungsweise und Praxis;
Linz: Vereinigte Druckereien- und Verlags-GmbH & Co KG
Praktischer Umweltschutz Pusch (2015): Klimaschutz in der Ernährung; Thema Umwelt 3/2015; Zürich
sanu future learning ag (2014): Leitfachen zur Projektarbeit. Im Lehrgang Natur- und Umweltfachleute;
Biel
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Scheub, U./Pieplow, H./Schmidt, H.-P. (2013): Terra Preta. Die schwarze Revolution aus dem Regenwald;
München: oekom Verlag
Schild, M. E. (2012): Einsatz von Pflanzenkohle zur Bodenverbesserung und Kohlenstoffsequestrierung –
Eine Potentialanalyse am Beispiel einer Fallstudie; ETH Bachelorarbeit; Zürich
Schmidt, H. P., Abiven, S., Glaser, B., Kammann, C., Bucheli, T., Leifeld, J. (2012): Europäisches
Pflanzenkohle-Zertifikat des Delinat-Instituts und des Biochar Science Network. Version 4.2 – Stand
13.6.2012; http://www.biochar-science.net/doc/europaeisches-pflanzenkohle-zertifikatv4.2-
final2012.pdf; aufgerufen am 23.10.2015
Schmidt, H. P. (2011): Güllebehandlung durch Pflanzenkohle; Ithakajournal 1/2011; Arbaz
Teichmann, I (2014): Klimaschutz durch Biokohle in der deutschen Landwirtschaft: Potentiale und
Kosten; DIW Wochenbericht Nr. 1+2.2014
Treuhandverband Landwirtschaft Schweiz (2014): Richtzahlen 2014 zur landwirtschaftlichen
Buchhaltung; Hondrich
Waldwirtschaft Schweiz (2015): Faktenblatt Zahlenwald; Solothurn
7.2 Bildverzeichnis
Abbildung 1 auf Titelseite: Foto der Pflanzenkohle von
http://swissbiochar.com/pflanzenkohle.php; aufgerufen am 25.10.2015
Abbildung 2: Eigene Darstellung von Kohlenstoffkreislauf in Anlehnung an Dunst, G. (2011):
Humusaufbau. Chance für Landwirtschaft und Klima; Kaindorf: Verein Ökoregion
Abbildung 3: Foto von http://www.flaach.ch/de/portrait/; aufgerufen am 31.10.2015
Abbildung 4 und 5: Karten der Fachstelle Bodenschutz Kt. Zürich; http://www.map.geo.admin.ch;
aufgerufen am 26.10.2015
Abbildung 6: Fahrni, H.-P. (2015): Pyrolyse, Ergänzungen zu Skript Modul Abfall; sanu Biel
Abbildung 7: Fotos von Monika Wirz (2015); Prozessschema in Anlehnung an Firmenprospekt der Verora
GmbH; Grafik Pyrolyseanlage: Firmenprospekt der Pyreg GmbH
7.3 Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Zusammenzug von Daten des Statistischen Amts Kanton Zürich:
http://www.statistik.zh.ch/internet/justiz_inneres/statistik/de/daten/gemeindeportraet_kanton_zueric
h.html; aufgerufen am 31.10.2015; Daten zu GVA: Amt für Landschaft und Natur Kanton Zürich (2014):
Faktoren für die Umrechnung des Tierbestandes in Grossvieheinheiten (GVE)
Tabelle 2: Zusammenzug von Daten aus AgroCO2ncept Flaachtal (2014): Massnahmenübersicht und
AgroCO2ncept Flaachtal (2015): Betriebsdossiers (beide unveröffentlicht)
Tabelle 3: Angaben der Firmen Compag AG, Pyreg GmbH und Kaskad-E GmbH (2015)
Tabelle 4: Eigene Berechnungen mit Angaben aus BAFU (2012): Nährstoffe und Verwendung von
Düngern in der Landwirtschaft und AgroCO2ncept Flaachtal (Aug. 2015): Ressourcenprojekt
AgroCO2ncept Flaachtal. Antrag; Zürich (unveröffentlicht)
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8 Verzeichnis des Anhangs
1. Adressliste
2. AgroCO2ncept-Betriebe
3. Formular Fragebogen
4. Evaluation des Projektverlaufes
5. Reflexion