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Zeitschrift fiir Untersuchung der Lebensmittel Heft 3. M~rz 1933. 65. Band Physikaliseh-chemisehe Studien fiber die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel. Von Hans Moser. Mitteilung aus dem Universit~tsinstitut ftir Nahrungsmittelchemie zu Frankfurt a.M. (Direktor: Prof. Dr.J. Tillmans.) [Eingegangen am 6. September 1932.] I. Die W i s s e n s c h a f t v o n d e r E r n ~ h r u n g hat im letzten Jahrzehnt eine starmische Umwandlung erfahren durch die Entdeckung und Erforschung der Vitamine, die zu- nachst das ganze bisherige Lehrgeb~ude zu erschattern drohten und in weite Yolks- kreise Beunruhigung trugen. Aber ,,die Ergebnisse der Vitaminforschung machen weder die iibrigen Teile der ErnM~rungslehre aberfltissig noch auch bedingen sie umwi~lzende Reformen irgendwelcher Art far die grogen Massen unseres Volkes." (Rubner:). Durch die Jahrhunderte hindurch war ja in der Kochkunst und in der Di~tetik eine Summe yon e m p i r4 s e h e m W i s s e n gesammelt, das erst in neuester Zeit in die Ern~hrungs- lehre restlos eingeffi gt wurde, als W i s s e n s e h aft aber b egrtindet wurde sie erst yon L i e b i g, tier am Ende eines tatenreichen Lebens, dem wit im wesentlichen das heutige Lehrgeb~ude der organischen Chemie verdanken, sich neuen Problemen zuwandte und uns die Begriffe der Agrikulturchemie nnd der chemischen Ern~hrungslehre schenkte. Diese betrachtete ihre Probleme zuni~chst yore rein ehemischen Standpunkt aus, d.h. gemi~B der Auffassung, daft die ~lahrung dem K5rper die Stoffe und in der Form zuftihren mtisse, wie sie die Analyse des Organismus ergibt und da$ als eigenttiche Nahrungsmittel nur die Proteine zu betrachten seien. Nahrunusmittel sind nur Stoffe, ,,welche Albumin oder eine Substanz ent- halten, welehe f~hig ist in'Albumin fiberzugehen~)." ,,Das St~irkemehl, der Zucker, das Fett, sie dienen zum Sehutz der (,aus Albumin bestehenden") 0rgane (,vor tier 0xydation") und, infolge der Verbindung ihrer Elemente mit dem Sauerstoff zur Erhaltung der Temperatur des KSrpers". ,,Es sind gespirationsmittela) ". Einen zweiten m~chtigen Ansto~ erhielt die Erni~hrungslehre durch R u b n e rund V o i t, die durch die Einffihrung tier Calorimetrie die Wissenschaft auf en ergetis ch er Basis neu aufbauten. Ihnen verdanken wir den so fruehtbaren (heute allerdings fiberholten) Vergleich des 0rganismus mit einer u ihre calorische Auffassung wurde zur Grundlage der ganzen Wissenschaft; sie machten zum ersten Mal den Versuch, den ~N~hrwert der einzelnen blahrungsmittel exakt zu messen und zu vergleichen, und gestalteten so die Erni~hrungslehre yon einer qualitativen zu einer quantitativen Wissenschaft am. Es sch~lte sieh allmghlich die Lehre yon den drei Hauptni~hrgruppen: Eiweil~, Kohlenhydrat und Fett heraus und ihre gegenseitige Vertretbarkeit naeh ihrem Brennwert. Dazu gab J. K5nig die '~ Z Beziehungen zwisehen Kaufpreis und ]~hrwert der ein elnen N~hrmittel. In den letzten 5ahren vor den: Kriege und schlagend in der ganz auf dieser Lehre aufgebauten Kriegserni~hrung zeigte sich nun aber, dal~ die Theorie noch nicht in der Lags war, alle Ergebnisse tier Erfahrung ausreichend zu erkli~ren; die p h y s i k a 1i s c h- c h e m i s c h e :) Naturwissensch. 1929, 17, 907. u) L i e b i g , Chemische Briefe~ 6. Aufl. S. 938. a) desgl. S. 256. L s.~. 17

Physikalisch-chemische Studien über die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel

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Z e i t s c h r i f t fiir

Untersuchung der Lebensmittel

Heft 3 . M ~ r z 1 9 3 3 . 65. Band

Physikaliseh-chemisehe Studien fiber die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel.

Von

Hans Moser.

M i t t e i l u n g a u s d e m U n i v e r s i t ~ t s i n s t i t u t f t i r N a h r u n g s m i t t e l c h e m i e zu F r a n k f u r t a.M. (Direktor: Prof. D r . J . T i l l m a n s . )

[Eingegangen am 6. September 1932.]

I.

Die W i s s e n s c h a f t v o n d e r E r n ~ h r u n g hat im letzten Jahrzehn t eine s tarmische

Umwandlung erfahren durch die Entdeckung und Erforschung der Vitamine, die zu- nachst das ganze bisherige Lehrgeb~ude zu erschat tern drohten und in wei te Yolks- kreise Beunruhigung trugen. Aber ,,die Ergebnisse der Vitaminforschung machen weder

die i ibrigen Tei le der ErnM~rungslehre aberfltissig noch auch bedingen sie umwi~lzende

Reformen i rgendwelcher Ar t far d i e grogen Massen unseres Volkes." ( R u b n e r : ) .

Durch die Jahrhunderte hindurch war ja in der Kochkunst und in der Di~tetik eine Summe yon e m p i r4 s e h e m W i s s e n gesammelt, das erst in neuester Zeit in die Ern~hrungs- lehre restlos eingeffi gt wurde, als W i s s e n s e h a f t aber b egrtindet wurde sie erst yon L i e b i g, tier am Ende eines tatenreichen Lebens, dem wit im wesentlichen das heutige Lehrgeb~ude der organischen Chemie verdanken, sich neuen Problemen zuwandte und uns die Begriffe der Agrikulturchemie nnd der c h e m i s c h e n E r n ~ h r u n g s l e h r e schenkte. Diese betrachtete ihre Probleme zuni~chst yore rein ehemischen Standpunkt aus, d.h. gemi~B der Auffassung, daft die ~lahrung dem K5rper d i e Stoffe und in d e r F o r m zuftihren mtisse, wie sie die Analyse des Organismus ergibt und da$ als eigenttiche Nahrungsmittel nur die Proteine zu betrachten seien. Nahrunusmittel sind nur Stoffe, ,,welche Albumin oder eine Substanz ent- halten, welehe f~hig ist in 'Albumin fiberzugehen~)." ,,Das St~irkemehl, der Zucker, das Fett, sie dienen zum Sehutz der (,aus Albumin bestehenden") 0rgane ( ,vor tier 0xydation") und, infolge der Verbindung ihrer Elemente mit dem Sauerstoff zur Erhaltung der Temperatur des KSrpers". ,,Es sind gespirationsmittela) ".

Einen zweiten m~chtigen Ansto~ erhielt die Erni~hrungslehre durch R u b n e r u n d V o i t , die durch die Einffihrung tier Calorimetrie die Wissenschaft auf en e r g e t i s ch e r Basis neu aufbauten. Ihnen verdanken wir den so fruehtbaren (heute allerdings fiberholten) Vergleich des 0rganismus mit einer u ihre calorische Auffassung wurde zur Grundlage der ganzen Wissenschaft; sie machten zum ersten Mal den Versuch, den ~N~hrwert der einzelnen blahrungsmittel exakt zu messen und zu vergleichen, und gestalteten so die Erni~hrungslehre yon einer qualitativen zu einer quantitativen Wissenschaft am. Es sch~lte sieh allmghlich die Lehre yon den drei Hauptni~hrgruppen: Eiweil~, Kohlenhydrat und Fett heraus und ihre gegenseitige Vertretbarkeit naeh ihrem Brennwert. Dazu gab J. K 5 n i g die

'~ Z Beziehungen zwisehen Kaufpreis und ]~hrwer t der ein elnen N~hrmittel. In den letzten 5ahren vor den: Kriege und schlagend in der ganz auf dieser Lehre

aufgebauten Kriegserni~hrung zeigte sich nun aber, dal~ die Theorie noch nicht in der Lags war, alle Ergebnisse tier Erfahrung ausreichend zu erkli~ren; die p h y s i k a 1 i s c h- c h e m i s c h e

:) Naturwissensch. 1929, 17, 907. u) L i e b i g , Chemische Briefe~ 6. Aufl. S. 938. a) desgl. S. 256.

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[Zei~Schr. f. UI~tersuchung ~5~ [I. ~V[O S er , L der Lebensmittel.

A u f f a s s u n g machte sich in der Lehre yon den V i t a m i n e n und yon dell F e r m e n ' t e n geltend und drohte die ganze bisherige Arbeit als nutzlos abzutun.

Iteute, wo much diese Woge im Abebben begriffen ist, k6nnen wir mit R u b n e r die Calorimetrie als die Grundlage unserer ErnEhrungslehre bezeichnen, wir mfisSen aber an ihren Werten weitgehende l~Iodifikationen vornehmen.

II. Wenn wir die A u f g a b e d e r E r n ~ h r u n g s l e h r e darin sehen, den N ~ h r w e r t

d e r e i n z e l n e n N a h r u n g s m i t t e l zu m e s s e n und zu v e r g l e i c h e h , so stellen sich nach unserem heutigen Wissen ihre: C-rundl~gen folgendermal~en dar: Die drei Hauptgruppen der Nhhrstoffe sind Proteine, Kohlenhydrate und Fette, deren Brennwert wir in der calorlmetrlschen Bombe bestimmen 0der auf Grund der Analysenzahlen berechnen kSnnen (,Rohcalorie"). Alles fibrige, was far das Gleichgewicht im Orga- nismus zwar unentbehrlich ist, aber sich einer solchen Messung entzieht, fassen wir am besten nach tI. A r o n 1) unter dem Begriff , S o n d e r n h h r w e r t " zusammem Dieser sehr praktische Vorschlag geht davon aus, dal~ neben dem ealorisch me~baren and hquicMorisch ersetzbaren Nhhrwert der ,Nahrstoffe", z. B. chemisch reiner Fette (,Quantitht"), die einzelnen Nahrungsmittel noch einen dem ,,Qualithtsbegriff" ent- sprechenden Sondernhhrwert haben, der calorisch nicht megbar ist; dieser spielt eine Rolle bei ganz verschiedenartigen Stoffen: Wasser, Wfirzstoffe, Mineralstoffe, besonders auch den stark wirksamen wie Phosphat und Jod, ferner als wichtigsten den u Ob dem oft reeht betrachtlichen Gehalt vieler Nahrungsmittel an Fermenten far die Ernhhrung eine Bedeutung zukommt, steht noch dahin. Schlie61ich geh~rt hierher auch (lie physiologische Gruppe der L i p o id e, eben alle oft in kleinsten Mengen wirksamen, aber calorisch nicht me/~baren Bestandteile unserer Nahrung oder, wie R u b n e r sich ausdraekt2): Die ,KSrper, welche in energetischer ttinsicht eine vSllig untergeordnete, ihrer Konstitution wegen aber besondere Bedeutung haben". Wir k6nnen hier umso eher yon dieser begriffliehen Trennung Gebrauch machen, als selbst den chemisch reinen N~hrstoffen noch besondere pharmakologische Wirkungen zukommen k~nnen, die wir nur zum geringen Teil kennen. Es sei nur auf die ReizkSrpertherapie durch Protein- injektionen hingewiesen oder z. B. auf die Traubenzuckerinjektionen zur Therapie maneher gerzkrankheiten; nach G i gona ) ,,verdanken sie ihre Wirkung keineswegs tier Calorienzufuhr oder Nahrungszufuhr; der Zucker dient vielleicht hier zur Neu- tralisierung gewisser Stoffe, die im Blut kreisen und das Herz schi~digend beeinflussen".

Unter , , N h h r w e r t " wollen wit im folgenden nun absehen yon dem ,,Sonder- nhhrwert" und verstehen die M e n g e an v e r w e r t b a r e r , f r e i e r " E n e r g i e , die wir dem 0rganismus mit dem Nahrungsmittel zuffihren. Diese freie Energie sind wir gewohnt mit dem Brennwert des Nahrungsmittels zu messen.

Nun ist aber naeh dem Nerns t ' schen Theorem die freie Energie garnieht identisch mit der W~rmetSnung eines thermodynamischen Prozesses. Aul~erdem ist der Organismus nicht einer thermodynamischen Maschine vergleicbbar, d. h. er ffihrt nicbt die ihm zugeftihrte Nahrungsenergie zun~chst restlos in W~rme und diese dann in die andern benStigten Energie- formen fiber, sondern er gewinnt sicber einen gro~en Teil seines Energieinbaltes direkt aus ehemischer Energie, er ist Mso als chemodynamische Maschine zu werten (Fick). Um diese freie Energie zu messen, mfi/~te man die Gleichgewichtskonstanten der geaktionen kennen, und das ist natfirlich bei den so tausendf~ltig verflochtenen Reaktionen des 0rganismus unmSglich. Und schlieNich ist die zugefiihrte Nahrungsenergie nicht nur Kraftstoff ffir die 0rganismus- maschine, sondern zugleich aueh A_ufbau- und Regenerierungsstoff und das in einem Ausma6, das sich jeder Messung entzieht.

~) Biochem. Zeitschr. 1920, 103, 172. ~) Klin. Woch. 1925, 4, Nr. 39. a) Schweizer. med. Wochensehr. 1928, ~$, 1016.

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65. Band. 1 Studien iiber Verdauliehkeit. 0,59 M~rz 1933.]

Die calorische Messung ist aber trotzdem die Grundlage unserer Ern/~hrungslehre geworden, und es haben viele Forseher trotz dieser theoretischen Bedenken sich ffir ihre praktische Brauchbarkeit ausgesprochen 1). Insbesondere haben B a r o n und P o 1 a n yi ~) auch ffir einige einfache Nahrungsmittel direkt berechnet, dab in diesem Sinne freie Energie und Wi~rmetSnung nahezu gleiche Werte geben.

Es entsteht aber nun die Frage, wieweit diese physikalisch freie Energie far den Organismus tats~chlich verwertbar is% das heigt, wie welt die ealorischen 5Ies- sungen uns ein Bild yon der , p h y s i o l o g i s c h f r e i e n E n e r g i e " ergeben. Da zeigt es sich nun, dal~ die Calorie zwar ein rationelles Mag des Nhhrwertes ist - - wobei nattirlich immer die Sonderrolle des Eiwei~es mit seinem ,,hygienisehen Minimum" berticksichtigt bleiben mul3 --~ dal~ aber an den reinen calorischen Werten (Rohcalorien) derart u Korrekturen anzubringen sind, um zu der nutzbaren freien Energie zu gelangen, dab wir yon ihrer exakten Bestimmung noch weit entfernt sind.

Die wichtigsten dieser Faktoren, die den Energieverlust auf dem Wege "/on den Calorien- werten, wie sie in der calorisehen Bombe oder dureh Reehnung bestimmt werden, zum sebliel~- lichen Nutzeffekt bedingen, sind folgende:

Die V e r b r e n n u n g d e r E i w e i f l s t o f f e erfolgt im Organismus n i c h t v o l l s t / ~ n d i g zu Stickstoff, sondern hSchstens bis zum Harnstoff. Es geht also ein Tell Energie ungenutzt verloren, der praktisch konstant ist; seine GrSl]e ist yon Rub n er bestimmt wordem Gleiches gilt ftir den , d y s o x y d a b l e n K o h l e n s t o f f " , d. h. den Nicht-Harnstoff-Kohlenstoff, den S p i r o zuerst untersucht hat3).

Die Rohcalorien mfissen weiter vermindert werden um die V e r l u s t e ira Kot , deren GrSge wiederum eine Funktion verschiedener Einfltisse ist. Wie d i e mikroskopische Unter- suchung zeigt, besteht der Kot neben abgestol~enen Epithelien zu einem grol3en Teil aus un- verdauten und angedauten Speiseresten, Muskelfasern, in Cellulosemembranen eingeschlossenen N~hrstotten usw. DieMenge dieserVerluste h~ngt abvonder m e c h a n i s c b e n V e r d a u l i c h k e i t d e r N a h r u n g s m i t t e l, d .h. yon dem Widerstand, den sie einer mechanisehen Zerkleinerung bis zu dem Feinheitsgrade entgegensetzen, wo die ganze Nahrung den Verdauungss~ften zu- g~nglich wird. Die Bestimmung der Rohfaser andererseits in Nahrung und Kot gibt uns ein ziemlich getreues Bild yon den Mengen, die als Cellulose nur sehr wenig ausgenutzt den Magendarmkanal passieren. Beides zusammen auf die Rohcalorien in Anrechnung gebracht ergibt den , , a u s n u t z b a r e n A n t e i l " nach K S n i g oder die Reincalorien.

Der Nutzeffekt einer Nahrung kann bei einseitiger Ern~hrung weiterhin auch vermindert werden entsprechend der b i o l o g i s c h e n W e r t i g k e i t des zugeftihrten E i w e i B e s . Das f~llt aber unter den Begriff Sondern~hrwert, der augerhalb des Rahmens unserer Betrachtungen liegt.

Jede M0gliehkeit fehlte aber bisher~ ein Bild yon dem Aufwand an Energie zu bekommen, der n0tig ist, um die Nahrung in resorbierbare Form t~berzufahren, d. h. yon der e h e m i s e h e n g e r d a u l i e h k e i t e i n e r N a h r u n g . ,,Wie grog die far die Verdauung aufzuwendende Energie bei den einzelnen Nahrungsmitteln ist, d .h . wieviel yon der vorhandenen potentiellen Energie auf die Verdauungsarbeit entfhllt und wieviel davon in physiologisehen N u t z e f f e k t . . . umgewandelt wird, dafar fehlen uns bis jetzt noeh jegliehe G r u n d l a g e n . . . F a r die Bewertung dieser Gr6ge mt~ssen . . , noeh weitere Grundlagen gewonnen werden, einstweilen mug man sieh mit der Beraeksiehtigung der der 3_usnutzungsgriSge begnt~gen4) ". Mit andern Worten: Wir waren bisher rein auf empirisehe Feststellungen angewiesen.

Im folgenden soll nun yon gersuehen beriehtet werden, yon der GrSge dieser ehemisehen Verdauungsarbeit ein vergleiehendes Bild zu bekommen.

1) H S b e r , Biochem. Zeitsehr. 1917, 8~, 68; H 6 b e r , Physikal. Chem: d. Zelle u. Gewebe, 6. Aufl. 1926, S. 883. - - O p p e n h e i m e r , Bioehem. Zeitschr. 1917, 79, 302 u. diese Zeitsehrift 1918, I~6, 60. - - A b d e r h a l d e n , Lehrb. d. physiolog. Chemie, 5. Aufl. 1923, 2. Teil, 647.

~) Bioehem. Zeitschr. 1913, 5.~, 1. a) t t o f m e i s t e r ' s Beitr/~ge 1907~ 10, 277 und 1907, 11, 143. 4) j . K S n i g , N~hrwerttafel, 11. Auflage 1913, S. 4.

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260 H. ~'[ o s e r [Zeitschr. f. Untersuchtmg ' [ der Lebensmittel.

III. Bekanntlich ist die V e r d a u u n g ein vorwiegend f e r m e n t a t i v e r V o r g a n g . Der

Speisebrei ~'ird im Yerdauungsrohr langsam vorwarts bewegt; nacheinander greift eine Anzahl yon Verdauungsfermenten ein - - man kennt heute etwa zwanzig im mensch- lichen Organismus - - unterstiitzt durch Aktivatoren and Kofermente, um die meist recht grogen ~[olekiile, aus denen sich die Nahrung zusammensetzt, so weit zu zer- kleinern, bis die einfachen resorptionsfi~higen Stoffe entstanden sind. Diese Ferment- ti~tigkeit ist nun unter anderm an ganz bestimmte Wasserstoffionenkonzentrationen gebunden. Jedes einzelne Ferment hat ein genau defiuiertes pH-0ptimum, dessen Lage, wie W i l l s t i ~ t t e r und seine Schiller gezeigt haben, bei fortschreitender Reinigung des Fermentes weitgehend verschoben werden kann, also yore Substrat abhhngig ist; zudem ist auch in einigen Fhllen eine hhnliehe Abhhngigkeit yon andern Ionen festgestellL z. B. die des Ptyalins yon tier Cl'-Konzentration. Da wir aber bier nicht mit reinen Stoffen arbeiten, haben diese Umsti~nde auf unsere Betrachtnng keinen Einflul~. Wich- tiger far uns sind die Feststellungen, die man 5 I i c h a e l i s und S b r e n s e n verdankt, dal~ diese einzelnen Wirkungsoptima sehr scharf ausgepri~gt sind, dal~ man also schon bei geringen Verschiebungen der Wasserstoffionenkonzentration erhebliche Abnahme der Wirksamkeit. ja Unwirksamkeit erwarten mug.

Um nun diese verschiedenen Wasserstoffionenkonzentrationen bei dem Speisebrei herzustellen, ist der Organismus mit neutralen, sauern und alkalischen Verdauungs- si~ften ausgerilstet, die dem Speisebrei so lange zugemischt werden, his die jeweils n6tige Wasserstoffionenkonzentration erreicht ist (vergl. z. B. ,Si~urekontrolle des Pylorus" und ,automatische Regulation tier Magenaciditi~t" nach B o t d y r e f f ) .

Die folgende Tabelle gibt einen lJberblick iiber die Verdauungssi~fte des Menschen mit ihren wiehtigsten Fermenten.

T a b e l l e 1.

Sekret

Speiche[

M a g e n s a f t

Pankreassaft

Galle

Dt~nndarmsaff

Menge PlI in 24 Stdn.

CCITt

6,63.__

0,80--,097

7,3--8,7

Fermente

1000--1500 [ Ptyalin (Pferde etwa 501) / Speiehellipase

6,52--7,89 600--900 I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I.

8,3 etwa 200

i Pepsin 1000--2000 Lab

Magenlipase

| ] Trypsin 600--800 /l P~nkreaslipase

pH-Optimum

Darmlipase Lactase Maltase Erepsin

]etwa 6,7 I 7 , 0 .

1 ,4 6,0--6,4 4,5

9,7 8,0

8,5 4,4

i 6,1--6,S 7,S

Im Munde wirkt der neutral reagierende Speichel auf die Speisen ein mit seinem diastatischen Ferment~ dem Ptyalin, sowie mit der yon S ch e e r neuerdings nachgewiesenen Lipase. Hierauf wird der Speisebrei durch den stark sauren Magensaft fortschreitend saurer gemacht; so k6nnen Lab, Magenlipase und Pepsin in Wirknng treten. Mit dem Verlassen des Magens tritt eine rtickti~ufige Entwicklung ein: die Lactase im Dtinn-

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65. Band. ] Studien fiber Verdaulichkeit. 261 M~rz 1933.]

darm des shugenden. Tieres erfordert schwach saure Reaktion, Maltase und Erepsin praktisch neutrale, Darm- und Pankreaslipase schwach alkalische, Trypsin sthrker alkalische Reaktion. Die alkalischen Safte des Pankreas und des Danndarms sowie die Galle regulieren hier die Reaktion.

Die u bedeutet also ft~r den Organismus eine e r h e b l i c h e A u f g a b e . Zunhchst muff das zur Bildung der Verdauungsshfte notwendige M a t e r i a l bereit gestellt werden, d. i. Wasser, Salze, Fermente und Protein; dann erfolgt die S e k r e - t i o n s a r b e i t ; im weitern Fortgang schliel~t sich daran an die R t i c k r e s o r p t i o n s - a r b e i t des Ausgeschiedenen, die mit mehr oder minder grol~em M a t e r i a l v e r l u s t verbunden ist. Alles das erfolgt allein zur Hydrolyse der Nahrungsmittel; ihre Re- sorption bedeutet eine weitere Aufgabe.

Die Bereitstellung yon Chlor zur Bildung der Salzs~ure im Magensaft hat R o s e- m a n n 1) studiert. Es wird daftir ein erheblicher Tell des Chlorvorrates des 0rganismus in Anspruch genommen. Vor der Sekreti0n wird Chlor gespeiehert; bis zu 20% des Chlorbestandes kSnnen hierf~ir mobilisiert werden. Wenn das nicht ausreicht, hSrt die Sekretion auf und damit auch die peptische Verdauung. Fast alles dieses Chlor wird im Fortgang der Verdauung wieder rt~ckresorbiert.

Yon der Menge Wasser, die zur Bildung tier Verdauungs~fte notwendig ist, gibt die vorstehende Tabelle ein anschauliches Bild. Die in der Literatur angeft~hrten Zahlen gehen zwar ziemlich auseinander, immerhin kSnnen wir aus ihnen entnehmen, dal~ tier 0rganismus die gewaltige Menge yon etwa 3,2--5,4 Liter Yerdauungss~tte thglich bildet, d. i. yore Gesamt-Wasserbestand mit 50 Liter etwa 10 %, yon den etwa 16 Liter Blut rund 25%. An Materialaufwand fhllt for den normalen Organismus tier ft~r die Fermente wohl am wenigsten ins Gewieht~ denn sie verm~gen ja in kleinster Menge grol]e Massen umzusetzen; das ergibt sich schon aus ihrer Definition als Kataly- satoren. Anders verhhlt es sich mit den Sa!zen und dem Protein.

Die A r b e i t s l e i s t u n g , die. der u einer thglichen ~ahrungsmenge entspricht und die hauptshchlich durch die Sekretionsarbeit geleistet wird (schon die bewegten Wassermengen geben uns ja davon ein s innf~lliges Bi]d, ebenso der bei der u gesteigerte Gaswechsel so~-ie das Auftreteri yon Potentialdifferenzen zwischen t~tigen und ruhenden Drfisen)~ tra.t man auf etw~ 200 Calorien berechnet, etwa ent- sprechen~d der Arbeitsleistung bei einem ebenen Marsch yon 4~--5 kin2).

In bestem Einklang mit dem oben entwickelten Bild -con der grol]en Bean- spruchung des Organismus durch die Lieferung der Verdauungss~fte stehen die Erfahrungen der letzten Jahre aber die R ~ c k r e s o r p t i o n . Diese haben zu dem Ergebnis gefahrt, daft hier ein ,,allgemeines biologisches Prinzip" vorliegt~), d. h. dal~ der Organismus bei der Bereitung seiner Exkrete selektiv viele Stoffe, die far ihn yon besonderer Bedeutung sind, erst wieder zurackresorbiert, ehe die Ausscheidungen den KSrper verlassen. Das gilt erstaunlicher Weise vor allem ftir ~atrium, Chlor und Wasser, also gerade Stoffe, die dem 0rganismus in besonders reichem Mal~e zur u f~igung stehen, whhrend dagegen das mit den Verdauungsshften ausgeschiedene arteigene Protein in erheblichem Mal~e verloren geht.

Es wurde gefunden, dal~ der Darminhalt, der zunhchst nattirlich vor allem dnrch den beigemischten Magensaft sehr reich an Chlor ist, im weitern Fortgang der

i) pflfiger~s Archly 1911, 142, 208. 2) Vergl. K e s t n e r und Kn ipp ing : ,,Die Ern~hrung des Menschen" 3. Anti. 1928. 3) T s c h o p p, Protoplasma 1928, 6, 70 und Schweizer. reed. Wochenschr. 1927, 57, 1065.

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[Zeitschr. f. Un~ersuchung 262 H. M o s e r, [ der Lebensmittel.

Yerdauung immer mehr an Chlor verarmt und daI~ der Kot selbst frei yon Chlor oder sehr chlorarm ist. Diarrh(iische Stiihle dagegen enthalten immer mehr oder minder viel Chlor.

-'~hnliches gilt vom Wasser; von den 4 - - 5 Liter Wasser, die sich ti~glich in den Darmkanal ergiel~en: wird weitaus der grSi~te Teil wieder zurtickresorbiertl).

Die Stickstoffbilanzen dagegen, die wir vor allem der R u b n e r ' s c h e n Schule verdanken: geben ein eindrucksvolles Bild you den aus den Verdauungssifften her- r|ihrenden V e r l u s t e n an P r o t e i n . So erscheinen z. B. bei mittelfeinem Weizenbrot yon 100 g zugeftihrtem Stickstoff zwar 2 3 - - 2 9 g als Verlust im Kot; davon sind aber nur 1 - - 3 g unresorbierter Stickstoff aus der Nahrung; der Rest mit im Mittel 23 ,5g ist Stickstoffverlust aus den Verdauungssi~ften. R u b n e r ~) schreibt: ,:Die tiben-eich- lichen Mengen yon Stoffwechselprodukten 3) und die starke Anreguug der Driisen ist natiirlich din Vorgang, der eine Verminderung des Ni~hrwertes herbeiftihrt':. Er kommt sogar zu dem SchluI3: ,,Es kann bei stickstoffarmen Substanzen wie bei 0bst, zwar Protein resorbiel~ werden, aber durch die grofie Masse yon Stoffwechselprodukten die ganze Stickstoffbilanz negativ werden und mehr Stickstoff tiberhaupt ausgeschieden werden, als in der Nahrung zugefabrt wurde, auch wenn man nur den Kot-Stickstoff in Betracht zieht". :,Unter Umsti~nden, wie bei Fleisch: Eiern: auch Milch, also bei den Animalien, machen sie (d. h. die Stoffwechselprodukte) an sich die ganze Kot- masse aus". Man sollte also, da die Reste der Verdauungssi~fte so bedeutend sind, mit P r a u s s n i t z ,besser yon kotbildenden als yon unverdaulichen Stoffen der Nahrungs- mittel reden".

l)berdies enthalten ja die Verdauungssi~fte k(~rpereigenes, also hochwertiges Protein; dafar wird dann unter Umsti~nden ein minderwertiges aus der Nahrung ein- getauscht.

Das P r o b l e m d e r c h e m i s c h e n V e r d a u l i c h k e i t einer Nahrung stellt sieh also f i i r den O r g a n i s m u s dar als die A u f g a b e . so v i e l V e r d a u u n g s s a f t zu b e r e i t e n , dal~ das Gemisch yon Speisebrei und Verdauungssaft m i n d e s t e n s a u f e i n e W a s s e r s t o f f i o n e n k o n z e n t r a t i o n g e b r a e h t wird, bei der die jeweilige F e r m e n t t i ~ t i g k e i t w e n i g s t e n s b e g i n n e n kann. Schwerverdauliche Speisen kSnnen nur schwer, d.h. mit dem Aufwand yon viel u auf die notwendige Wasserstoffionenkonzentration gebracht werden~ leicht verdauliche erfordern ent- sprechend wenig. 0b dann das Nahrungsmittel einem fermentativen Aufschlu~ zu= gi~nglich ist, ist eine weitere hier nicht zu behandelnde Frage. Von der V e r d a u l i c h = k e i t e i n e r S p e i s e bekommen wir also ein a n n ~ h e r n d e s B i l d d u r c h d ie M e n g e s a u r e r bezw. a l k a l i s c h e r S i ~ f t e , d ie d e r 0 r g a n i s m u s a u f w e n d e n m u l ~ z u r ( l b e r w i n d u n g d e r W i d e r s t i ~ n d e , welche die Nahrungsmittel den f a r d ie V e r - d a u an g notwendigen Reaktionsverschiebungen entgegensetzen.

~) Das Riickresorptionsprinzip gilt in gleicher Weise auch ffir die iNiere, an tier die quantitativen Verh~ltnisse besonders eingehend studiert sind. Beim Kaninchenharn konnte z. B. nachgewiesen werden (Tschopp a. a. 0.), da] in einem Fall 4,501 Wasser das ~N'ieren - filter der Glomeruli passieren mu~ten, um 118 ccm Harn zu bilden. Es wurden also 4,381 in den Tubulis wieder rtickresorbiert. Die Rechnung ergab, daI~ 99,8% /qatrium, 98,5% Chlor, 72,7% Phosphors~ure (POt) , 33,3% Kalium, 7,3% Harnstoff wieder riickresorbiert wurden.

~) Berliner klin. Wochenschr. 1918, 55, 1113. ~) Darunter versteht R u b n e r die aus den Verdauungss~ften herrfihrenden zur Aus-

scheidung gelangenden Stoffe.

Page 7: Physikalisch-chemische Studien über die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel

65. Band. ] ~ r z 1983.] Studien tiber Verdaulichkeit. ~68

Zugleich gelangen wir auf diesem WeB auch zu einem ann~hernden Marl far den S h t t i g u n g s w e r t einer Nahrnng. Dieser h~ngt bekanntlich ab ~'on der Verweil- dauer ira Magen, d. i. die Zeit, die der Magen mit der Verdauungsarbeit beschaftigt ist. Wenn man nun auch nicht annehmen kann, dab die Magensaftsekretion wghrend der ganzen Zeit der Verdauung gleichmh$ig ist, so ist doch in grober Annhherung die w~hrend der u sezernierte Magensaftmenge der Zeit proportional. Da wir, wie wir sp~ter sehen werden, die erforderlichen Saftmengen messen kSnnen, kommen wir so auch direkt z u dem Sattigungswert der Nahrung. Auch hier wie bei unserer ganzen Betrachtung sehen wir ab yon spezifisch sekretionserregenden Wirkungen und mechanischen Widerstanden gegen :die Magenverdauung, die natarlich die Ver- weildauer und damit den S~tttigungswert stark beeinfiussen kSnnen.

IV.

Mit Widersthnden gegen Reaktionsverschiebungen (,,Pufferung") hat sich die Wissenschaft seit d e r grundlegenden Arbei t yon K o p p e l und S p i r o ~) viel befaBte). Insbesondere sei bier auch auf die Erweiterung des Begriffes auf heterogene Systeme hingewiesen 3). In fraheren Arbeiten habe ich darauf hingewiesen, dab die Verdaulichkeit einer Nahrung u. a. eine Fnnktion ihrer Pufferung ist, die einer Messung unterworfen werden kann. Dies gilt sowohi ffir den niederen 0rganismus (Helen)) als auch far den h6heren 5).

Unter den vielen in den letzten Jahren vorgeschlagenen Methoden zur Darstellung der Pufferung hat sich ganz besonders die ~ - K u r v e n a c h H i r s c h 6) bewghrt, deren vielf~ltige Verwendbarkeit immer klarer hervortritt. Sie gestattet uns insbesondere, in mittlerer pn-Breite die. Darstellung der wahren Pufferung einer Substanz, unabh~ngig yon der Verdfinnung dutch etwaiges LSsungsmittel oder durch zugeffigte Titersubstanz, und die Umrechnung auf andere Einheiten. Nach I t i r s e h wird bei Titrationen in stark sauren oder alkalischen Stufen der Titerverbrauch in zwei Teile zerlegt, in die ,freie" und die ,gebundene" Titermenge. Die freie Titermenge s ist diejenige, welche die jeweils in der LSsung vorhandene Konzentration an It" bezw. OH" liefert. Die gebundene Titermenge r ist diejenige, die sich tats~ehlich jeweils mit der zu titrierenden Substanz umgesetzt hat. Division der gebundenen Titermenge dutch die Menge G der zu titrierenden Substanz, beides in Molen ausgedrfickt, liefert das ,,molare BindungsvermSgen" r/G und wird mit # bezeichnet. Auftragen yon ~ gegen p~ ergibt die #-Kurve. Wir sind bei unseren #-Werten insofern yon der Definition H i r s c h ' s abgewichen, als ~vir unsere Ergebnisse nicht auf ein Mol, sondern stets auf 1 g Nahrungsmittel bezogen haben.

D er G a n g d e r U n t e r s u c h u n g war folgender : Es ~vurde zun~chst yon dem Nahrungs- mittel eine definierte AusgangslSsung oder -aufschwemmung hergestellt. Diese wurde dann mit tier Apparatur yon M i c h a e l i s iu fiblieher Weise elektrometrisch mit Lauge bezw. S~ure titriert. Es sei hier bemerkt, daft bei einer ganzen Anzahl der yon uns untersuchten Nahrungs- mittel auf diese Weise keine konstanten p~-Werte zu erhalten waren. Zumeist dfirften Sekund~r- reaktionen mit der Elektrode (R. O.-Potentiale) die Ursache gewesen sein. So ergaben z. B. M a g g i's Suppenwfirze oder Fleischaufschwemmungen oder einzelne Obstsorten in vielf~ltigen Versuchen niemals brauchbare Werte. Solebe F~lle mugten daher bei unseren Untersuchungen ausgeschieden ~verden. Die so erhaltenen p~-Werte wurden dann nach H i r sch zur O-Kurve umgerechnet, bezogen auf 1 g Nahrungsmittel.

1) Biochem. Zeitsehr. 1914, 65, 409. 5) M i c h a e l i s , Die Wasserstoffionenkonzentration. - - van S l y k e , Journal of biol.

chem. 1922, 52, 5 2 5 . - - L e u t h a r d t , Pufferung in PuffersYsteme in A b d e r h a l d e n ' s Hand- buch tier biologischen Arbeitsmethoden ~ Abt. III, Tell A, 2 S. 1945 (1930).

a) T ~ u f e l und W a g n e r , Biochem. Zeitschr. 1926, 177, 389. - - M o s e r , Helv. chim. act. 1927, 10, 310. - - K l i n k e , daselbst 1927, 10, 627.

a) M o s e r , Helv. chim. acta 1926. 9, 414. 5) M o s e r , Kolloidchem. Beihefte 1927, 25, 69. ~) H i r s c h , Biochem. Zeitschr. 1924, 147, 433.

Page 8: Physikalisch-chemische Studien über die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel

[Zeitsehr. f. Untersuctmng 264 H. ~[ o s e r , [ der Lcbensmittel.

Wenn man nun diese ,%Werte dividiert durch die Calorienzahl ftir 1 g Nahrmlgs- mittel (die nicht eigens bestimmt sondern als far unsere Zwecke ausreichend aus der Li teratur entnommen oder auf Grund der Analysenzahlen mit den R u b n e r ' s c h e n Faktoren bereehnet wurden), erhi~lt man den u - W e f t . Das ist die Menge an sauren bezw. alkalischen Einheiten - - ausged~rttekt in Gramm-Jkquivalenten - - . die n6tig ist, um die einer Calorie entsprechende Menge des Nahrungsmittels yon der ursprtinglichen Wasserstoffionenkonzentration auf das PH zu bringen, das fiir die jeweilige Ferment- tiktigkeit notwendig ist. Wi t wollen diesen u-Wert , S p e z i f i s c h e V e r d a u l i e h k e i t " nennen. Er gibt uns ein B i l d y o n d e r M e n g e a n V e r d a u u n g s f t i s s i g k e i t , die der 0rganismus ben0tigt, u m e i n e C a l o r i e in Form des betreffenden Nahrungsmittels i n r e so rb i e r b a r e F o r m iiberznftihren, gewissermal3en die Unkosten, die der 0rganis- mus dafiir aufwenden mull.

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Die wiehtigsten E r g e b n i s s e u n s e r e r U n t e r s u e h u n g e n Bind in den folgen(len Kurven und der Tabelle zusammengestellt. Dabei haben wir immer ghn[iehe Nahrungs- mittel gemeinsam dargestellt. Im Wesen der O- -~os Kurven ist es begrandet - - das N~here 4araber vergleiche H i r s c h a. a. O. - - , daft der PH-Wert 7 einem ~ ~ 0 entspHeht. Um die Ausgangsstufe +~ kenntlieh zu maehen, sind in diesen Punkt der .~ Knrve jeweils Abszisse und Ordinate eingezeiehnet. _ . . . . z_~.v.__~.c:

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Fig. 1. - ~ Speiehel yore Menseh Magensaft vom Hund Galle yore Rind.

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Die Fig. 1 gibt die Titrationsergebnisse der uns zug~nglichen V e r d a u u n g s - f l a s s i g k e i t e n d e s O r g a n i s m u s , ni~mlieh gemisehter Speiehel yore Menseh, Magen- saft yore I-Iund ~) und Galle vom Rind. Wieweit . die bei den tierisehen Sekreten gewonnenen Titrationsergebnisse aueh far die mensehliehen Sekrete zutreffen, k6nnen wir nieht entseheiden. Der Speiehel ist eine sehr sehwaeh gepufferte Fltissigkeit; das

1) Ftir die freundliehe Uberlassung yon reinem Magensaft yore P a w l o w - H u n d bin ieh Herrn Professor Dr. L i p s e h i t z , Direktor des Pharmakologiseben Institutes der Universit~t Frankfurt, zu ganz besonderem Dank verpfliehtet.

Page 9: Physikalisch-chemische Studien über die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel

65. Band. ] ~I~rz 1933.~ Studien fiber Verd~ulichkeit. P~65

ist ja auch teleologisch verstandlich bei den im Fortgang der u notwendigen grofien Reaktionsverschiebungen. Far den Magensaft gilt hhnliches, nur die Galle zeigt durchweg gro~e ,~-Werte.

Mit diesen T[trationswerten l~l~t sich nun direkt der Verbraueh all Verdauungs- shften berechnen. Wenn man z. B. 1 g Hfihnereiweil~ in den Magen einffihrt und dann auf der H6he der Verdauung im Mageninhalt pH 2,5 findet, so lautet auf Grund unserer Titrationskurven die Berechnung far den Verbrauch an Magensaft, wie folgt: 1 ecru Magensaft s~on Stufe 1~33 enth~lt nach der ~-Knrve 07053 ccm 1-normal :,gebundene" Salzshure im Sinne H i r s c h ' s und ergibt eine 0,0631 normale ,,freie" Salzsaure7 also entsprechend 0,0631 ccm 1-normal ,Tfreie " Salzsaure. Far PR 2,50 ergibt die Kurve 0,024 ccm 1-normal ,,gebundene" Salzs~ure. Wenn man also 1 ccm Magensaft yon Stufe 1733 auf Stufe 2,50 bringt, so werden 0,053 - - 0,024 ~ 0.029 ccm 1-normal Salzsaure frei, die zu den bei Stufe 1,33 an sieh schon vorhandenen 0,063 ccm hinzukommen; es werden also 0~029 ~ 0,0631 ~ 0,0921 ccm 1-normal ,Tfreie" Salz- s~ure verffigbar. -Nach Fig. 8 werden aber bei der Titration des Hfihnereiweil~es yon der Ausgangsstufe bis zu Stufe 275 0,012 ~- 0',126 z 0,138 ccm 1-normal Sa!zs~ure

0,138 - - 1,5 cem Magensaft. Um also gebunden. Diese Menge wird geliefert y o n 0,0921

1 g natives Hahnereiweifi auf Stufe 2,5 zu bringen, ist 1,5 ccm Magensaft notwendig.

Die folgende Fig. 2 vergleicht einige wichtige K o h l e n h y d r a t - N a h r u n g s m i t t e l , ngmlich Trockensubstanz yon Weizenbrot, Roggenbrot, Zwieback und MilchbrOtchen sowie gedampfte Kartoffeln. Bis etwa zur Stufe 4 sind insbesondere die Brotarten nahezu identisch, bei starker sauren Stufen ergeben sich aber grOl~ere Divergenzen; Weizenbrottrockensubstanz bedeutet die geringste Belastung far den Magen, Roggen- brot und Zwieback sind gleichmafiig starker gepuffert, noch etwas starker Milch- brOtchen und mit grofiem Abstand davon die (wasserhaltigen) Kartoffeln. Ffir Weizenbrot fanden wit einen etwas starker sauren Ausgangswert (PH 5,51) als far Roggenbrot (pg 5,75). Diese unerwartete Tatsache geht parallel mit den yon 5[. Gex 1) vor einiger Zeit gefundenen Unterschieden.

Di~e, Fig. 3 gibt die zugehOrigen u-Kurven, d. i. ~/Cal. Infolge des hohen ~Nahr- wertes der Brottrockensubstanzen ergeben sich sear kleine u-Werte; es sind also die bei den Brotarten gefundene n Unterschiede wieder weitgehend ausgeglichen. Alle untersuchten Brotarten zeigen eine leichte Yerdaulichkeit 7 am besten stellt sich Weizen- brot dar; die andern folgen i n geringem Abstand. Sehr steil verlauft dagegen die Kurve der gedampften Kartoffel. Wir finden bier sear hohe u-Werte, ein Zeiehen far die ,grol]e Belastung des Verdauungsapparates durch Kartoffeln.

Einer gesonderten Besprechung bedfirfen die folgenden M i l c h k u r v e n (Fig..:t und 5). Milch ist ja die speziiische Nahrung des Sauglings, bei dem naeh allem, was wir wissen, die Verdauung erheblich anders yerlanft als beim Erwachsenen. Uber- einstimmende Messungen haben ergeben 7 daft der Mageninhalt des Sauglings nur etwa die Stufe 4 erreicht. Hier zeigt sich die gro~e Uberlegenheit der Frauenmich gegenfiber tier Kuh- und Ziegenmilch. ~Nach den Kurven binder Kuhnfilch reichlich t-real soviel Salzshure bei dieser Stufe als Frauemnilch, wohl einer der wichtigsten Faktoren fgr die leichtere Verdaulichkeit tier Frauenmilch im Sanglingsmagen gegenfiber Kuhmilch. Wir haben deshalb auch bei der Milch in unsere Tabelle die Stufe 4,5 aufgenommen7

~) Chimie et industrie 1929, ~ 698 c (8~ "̀~ Congr~s de chimie industrielle).

Page 10: Physikalisch-chemische Studien über die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel

[Zeitschr. f. Unt~rsuchung 266 H. ~.r o s e r, [ der ~ebensmi~tel.

weft die ~- und u-Wer~e bei dieser Stufe fiir die Verdaulichkeit im Sanglingsmagen yon besonderer Wichtigkeit sind. Auch bei der Stufe 2,5, die wir fiir die Magenverdauung des Erwachsenen als ma6- geblich annehmen, ware Frauenmilch ein besonders leicht verdauliches Nahrnngsmittel; dann folgt die Ziegenmilch, die in starker saurem Gebiet sich immer welter yon der Kuhmilch entfernt, und diese selbst erst in erheblichem Abstand. ]n die Dar- stellnng haben wir auch das Titrationsergebnis einer Masfitismilch aufgenommen. Die Kurve ver- lauft i~ber das ganze Gebiet merklich flacher als gesunde Milch, entsprechend ihrem grOBeren Wasser-

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Fig. 2.

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gehalt, doch reichen die gefundenen Unterschiede nicht aus, um damit den Nachweis einer Mastitis zu ftihren 1).

Die Fig. 5 gibt die u-Kurven der Milcharten wieder~ die im wesent- lichen das gleiche Bild wie die 4t-Kurven bieten,, weft die Calorienwerte der ein- zelnen Milcharten sehr nahe beieinander liegen.

Die M i l c h p r a p a - r ate~ die in den folgen- den Figuren 6 und 7 dar- gestellt sind, zeigen durch- weg erhebliche Pufferung.

1) Uber die Pufferung der Milch vergleiche auch W h i t t i e r , Journ. of biolo- gical Chemistry 1929, 83, 79.

- 8 Weizenbrot Roggenbrot Zwieback MilchbrStchen

g,2o - . - . - . - - Pellkartoffeln.

K o h l e n h y d r a t - N a h r u n g s m i t t e l , ~-Kurven.

Page 11: Physikalisch-chemische Studien über die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel

65. Band. 1 ~ a r z 1933.j Studien tiber Verdaulichkeit. 267

Mit der Si~uerung kommt in der Milchsi~ure eine neue Puffersubstanz hinzu, in gleichem Sinn wirkt der natiirliche Wasserverlust bei Quark und Handki~se und besonders auch der kiinstliche bei Joghurt. Bemerkenswert ist die sehr betri~chtliche Zunahme der Pufferung beim Handki~se: der durch Vergi~ren aus dem Quark der gleichen Figuren hergestellt wurde. Als Ursache ist vor allem an die Aufspaltung der Proteine in Aminosi~uren zu denken.

Die Calorienkurven zeigen das gleiche Bild, nur ist der Joghurt als besonders steile Kurve yon den andern etwas entfernt, mit andern Worten: Im Joghurt haben wir im Yergleich zum bIAhrwert besonders viele puffernde Substanzen, die eine grofe Belastung des Organismus bedeuten. Es erscheifft verstimdl~ch, daf~ ein 0rganismus, t ier yon frtih auf an die grofie Leistung der Verdauung

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+ ~ ; ~ ' - ] r besonders gut ,trainiert '~ , . / und daher auch in der

/ / Verdauung besonders -o, o5 widerstandsfhhig sein kann.

Wir haben sodann H a h n e r e i w e i 6 und

- e i g e 1 b untersucht (Fig. 8 und 9). Hier fMlt zuni~chst auL (was auch yon andrer

/ Seite schon festgestellt wurdel)), dal~ Eigelb eine

-~1o rund 1000-mal grOBere Wasserstoffionenkonzen-

tration besitzt als Ei~ ei6, ohne dab es im Ei zu einem

Konzentrationsausgleich kommt, obwohl doch die

i) z. B. Hea lv und -o,75 Pe te r , Americ. Journ. of

Physiol. 1925; 74, 363.

-K Weizenbrot o'

MilchbrStchen o,20 - . - o - e - - Pellkartoffeln.

Fig, 3. K o h l e n h y d r a t - ~ a h r u n g s m i t t e l , u-Kurven.

Page 12: Physikalisch-chemische Studien über die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel

"26~ H. M o s e r, [Zeitsckr. f. Untersuchung [ tier Lebensnlil)tel.

Membran zwisehen beiden ionendurchli~ssig ist. Man wird zur Erkliirung diesel' Tatsaehe an D o n n a n - P o t e n t i a l e denken miissen. Efgelb zeigt im sauren wie im alkalischen Gebiet erheblich grUl]ere 0.-Werte; anderersei ts ist aber aueh der Calorieninhalt des Eigelb viel grSger als tier des Eiwei6, soda6 sich bei den ~-Kurven eine Umstellung ergibt. Die Pufferung yon einer Calorie aus �9 EiweiI~ ist etwa 3-real so gro6 wie die Puffe- / rung yon einer Calorie aus El~,elb.

Auf den gleiehen Figuren sind auch S e h o ko - -o, o5 l a d e und 0 v o m a l t i n e dargestell t , um zu zeigen, daft man mit unserer Auffassungsweise / aueh dii~tetisehe und Ni~hrpri~parate einer ver- § gleiehenden Betrachtung unterwerfen kann~). / ~ , / - - - /~f//~ Es zeigt sich, da6 insbesondere Schokolade / /-"

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Fig. . l . M i l c h a r t e n . O-Kurven. -0,15 Frauenmilch . . . . . Kuhmileh Ziegenmileh Mastitismileh.

ein sehr gtinstiges Nahrungs- mittel ist, und aueh die ~-Kurve der 0vomaltine bleibt noch er- heblich unter der des Ittihner-

-0,o5 eiweil~es, d. h. bei gteichem N~hrwert beansprueht 0vomal- tine weniger Verdauungssi~fte als Htihnereiweil~.

Die letzten beiden Figuren 10 und 11 bringen unsere Er- gebnisse bei zwei W e i n a r t e n, einem spanisehen Rotwein und

-o,7o :4_pfelwein, sowie bei zwei O b s t a r t e n , :(pfeln und Apfel- sinen. Bezogen auf den Ni~hr-

-v~ weft, schneidet die Kurve des spanisehen Rotweins gtinstiger ab als die des ]~_pfelweins. Von den 0bstarten, die an sich beide eine grol~e Belastung bedeuten, sind doch die ,'&pfel nut etwa halb so ,schwer ver- daulich" wie die Apfelsinen.

Am klarsten werden unsere Ergebnisse an Hand der Tabelle auf S. 273, die zugleich aueh die wichtigsten Tatsachen unserer Untersuchungen abersichtlich zusammen- stellt. Die erste Spalte gibt die Ausgangsstufe (A) der untersuchten Nahrungsmittel an. die zweite den ~9- bezw. x-Wert, der n~)tig ist, um yon der Ausgangsstufe his

~) Die Angabe des Calorienwertes der Ovomaltine verdanke ich der Freundlichkeit der Ovomaltinefabrik in Os*hofen.

Page 13: Physikalisch-chemische Studien über die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel

65. Band. l )If~r:~ 1933.J Studien fiber Verdaulichkeit. 269

zu PH 4,5 zu gelangen. Dies ist, wi~ oben er- w~hnt, nur ffir die Siiuglingsernahrung yon Bedeu- tung, also nur far die Milcharten angegeben. Die dritte Spalte enthi~lt die entsprechenden Werte, berechnet ~on der Ausgangsstufe bis zur Stufe 2,5. Die Gr6fie dieser Zahl ist eiu M~6 ftir die erforder- liche Sekretionsarbeit des Magens, um die Pepsin- verdauung einleiten zu kSnnen. Die folgende Spalte

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Fig. 5. M i l c h a r t e : : . u-Kurve~l. Frauemnilch - - - - - - Kuhmilch . . . . Ziegenmilch.

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soil uns Bin Bild ~on der Belastung des Darmes far

die u geben. Sie enthi~lt die

-o, o5 der rficklhufigenBewegung yon Stufe 2,5 his Stufe 7.5 entsprechenden Werte. Bis etwa zu diesem p~- Wert wird ja bekanntlich der Darminhalt gebracht,

damit die tryptischen Darmfermente in Ti~tig-

-o,7o keit treten k0nnen. Und schliel~lich gibt uns die letzte Spalte 5 Yergleichs- zahlen ffir die gesamte

Verdauungsarbeit bei einem Nahrungsmittel you tier Ausgangsstufe bis zu

-o,/5 pH 2,5 und wieder zurfick bis zur Stufe 7,5. Die si~mtlichen Werte sind aus den Kurven extra-

- z poliert. Wir haben uns bei der Fixierung der Grenzwerte, die ja natur- gemhg etwas Willkarliches enthiilt, an die Angaben der Literatur gehalten, nach der auf den ttShe- punkten der Verdauung

im Magen bezw. im oberen Dfinndarm meistens diese Werte gefunden ~vurden und sind yon den etwas anderen Grenzwerten bei K l i n k e und L e u t h a r d t : ) bewugt

:) Klin. Wochenschr. 1927, 6, 2409.

Page 14: Physikalisch-chemische Studien über die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel

[Zeitschr. f. Untersuchung 270 H. M o s e r , L der LebensmitteL

Fig. 6 und 7. } f i l c h p r ~ p a r a t e .

- - Quark Labk~se

Handk~se Joghurt.

f'ig. 6. #-Kurven.

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Fig. 7. x-Kurven.

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Page 15: Physikalisch-chemische Studien über die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel

65. Bs, nd. l }l~rz 1933,| Studien fiber Verdaul iehkei t . 9,71

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Fig. 8 u n d 9 . E i , S e h o k o l & d e , O v o m ~ l t i n e .

- - Eigelb Eiweig Schokolade Ovomaltine.

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~-Kurven.

Page 16: Physikalisch-chemische Studien über die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel

~Zeitsehr. f. Untcrsuchung 27~ H. Mose r , l der LebensmitteL

abgewichen. Es ist nicht notwendig~ diese Grenzwerte genau auf die Fermentoptima festzulegen~ weil diese wohl in den seltensten Fallen wirklich erreicht werden.

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Fig. 10 und 11.

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Fig. 11.

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Apfelwein Apfel Apfelsine.

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Page 17: Physikalisch-chemische Studien über die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel

65. Band. ] ~ r z 19~3.J Studien tiber Verdaulichkeit. 273

T a b e l l e 2.

4 5 Verdauungssaft bezw.[ 1

.Nahrungsmittel A *)

I Speichel (Mensch) . . ] 7,06 Magensaft (Hund) . . [1,33 Galle (Rind) . . . . ]8,04

~ t Weizenbr~ " " 15,51 .~ ~ = / Roggenbrot . ] 5,75 8~ ~/Zwieback. . ] 5,40

~ [MilchbrStchen [5,55 Pellkartoffel frisch ] 6,54

A - - 4,5 A - - 2,5 2,5--7,5 A - - 2,5--7,5 2113 I

0,025 - - 0,026 0,068

0,015] - - 0,04% 0,0471

- - - - ] 0,054 o,o1~ Io,o771o,o18 1007110,o19

- - - - I 0,08610,019 _ _ 10,151i0,159

o,o971 0,120[ 0,125[ 0,134 0,162

0,048 I 0,055 0,140

0,0.97 0,1511 0,02~ 0,197 I 0,03~ 0,196 I 0,02 c 0,220 0,17( 0,313

Frauenmilch . . . . 7,10 Kuhmilch . . . . . 6,60 Ziegenmilch . . . . 6,61 Mastitismilch. 6,80

Quark . . . . . . Handk/~se . . . . Joghurt . . . . . .

Eiweil~ . : . . . . Eigelb . . . . . . Schokolade . . . . Ovomaltine . . . . .

Spanischer Rotwein Apfe]wein Apfel . . . . . . Apfelsine . . . . .

0,01410,02210,02810,045 0,051[0,0791 0,09610,149 0,046 0,069 ] 0,072 0,106 - - - - 1 0,086 - -

0,0351 0,058 0,164 ,106 __

0,093

4,16 - - - - 0:115 0,055 [ 0,273 0,077 7,32 10,700/0, 217 1 0,730[ 0,220 4,08 1 0'127/0'171 I etwa 0,264]etwa 0,350

8,96 I 0,138[0,234 ] 0,1291 0,218 6,02 [ ~ 0,2441 0,070 5,90 ] 0,162]0,0401 0,2081 0,051 6,26 I ~176176 I ~ 0,134

3,35 I I 0,022]0,025 [ 0,098] 0,109 4,01 i ] 0,03410,086 ! 0,1011 0,252 3,19 ] 0,01410,026 ]etwa 0,0961etwa 0,17/1 3,66 10'08210'149 1 0'2751 0,~w

*) A bedeutet Ausgangsstufe.

0,042 0,046 0,052 0,048 0,329

0,0631 0,103 0,202 0,313

o , 1 7 9 -- 0,3881 0,132 1,430 / 0,437

etwa 0,391]etwa 0,521

0,267] 0,452 0,4541 0,130 0,3701 0,091 1,036] 0,244

o,12ol o,134 0,]=351 0,338

etwa 0,110 etwa 0,193 0,357 0,647

Die ,%Werte der Spalte 3 sind zugleich auch nach dem oben Gesagten ein MaB far den S~ttigungswert der untersuchten Nahrungsmittel.

Nach AbschluB unserer Untersuchungen entnehmen wir einem Referatl) , dab inzwischen yon anderer Seite ebenfalls die Pufferungswerte einiger Nahrungsmittel bestimmt worden sind, und zwar speziell im Hinblick auf die Anwendung bei tier Shuglings- und Kinderern~hrunga).

VI. Unsere Zahlen kSnnen natiirlich nur ein schematisches Bild "qon der GrSBe der

u geben. Insbesondere die Verschiebungen, die entstehen einerseits durch die Resorption - - dadurch werden natiirlich auch puffernde Stoffe aus dem Chymus herausgenommen - - , andererseits durch den Fortgang der Hydrolyse, bei der neue puffernde Stoffe entstehen k6nnen, und schlieBlich auch durch die Eigenpufferung der Sekrete selbst - - kSnnen in unseren Zahlen keinen Ausdruck finden. Ebenso muff unser Schema die spezifisch sekretionserregenden Stoffe vernachlassigen, wie die ,,phar: makologische" Wirkung yon Fleischextrakten, Gewarzen~ R6stprodukten und angedauten

1) Ber. tiber d. ges. Physiologie 1932, 63, 435. ~) K u g e l m a s s und G r e e n w a l d : Buffer values of foods. Americ. Journ. Dis. Childr.

1931, 41, 1377. L, 33. 18

Page 18: Physikalisch-chemische Studien über die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel

27~ H. lVI o s e r, Studien aber Verd~ulichkeit. [Zeitschr. f. U~tersachtmg tier Lebensmittel.

Nahrungsmittelnl). Immerhin ergeben sich aus unserer Betrachtungsweise folgende praktische MSglichkeiten : man kann die Verdauungsarbeit bei einer bestimmen Sahrung differenzieren in Belastung des Magens, des Darmes und der Galle und so bei Ver- dauungsstOrungen eine rationelle Kost zusammenstellen. Damit bekommt unsere Untersuchung ein gewisses klinisches Interesse. Wenn z. B. in einem Fall die Magen- verdauung darniederlegt, wird man mSglichst Speisen wghlen, die geringe ~-Werte auf dem sauren Ast zeigen, notfalls auf Kosten einer gr61~eren Belastung auf der alkaliSchen Seite. Grol~e Verdauungsarbeit und Schlaekenreichtum der Nahrung bedeuten zugleieh hohen S~ttigungswerL; d~rum wendet man Stoffe, die bei geringem Calorien- gehalt grol~e n-Werte ergeben, mit Vorteil zur Bekhmpfung endogener Fettsucht an.

Schliel~lich whren unsere Ausfahrungen nicht vollsthndig, wenn sie nicht auch die Verdauung der F e t t e betrachten warden. Diese werden hydrolysiert, die Fett- shuren sodann mit Hilfe yon Galle in L6sung gebraeht und in gel6ster Form resorbiert 2). Wir bekommen yon der Verdaulichkeit des Fettes ein Bild in der Menge Galle bezw. Dehydrochols~ure, die n6tig ist, um seine Fettshuren zu 16sen. Unsere Versuche in dieser Richtung haben noch keinen Abschlul~ gefunden. Wir hoffen sie in einer sphteren Arbeit darstellen zu kSnnen.

Auf Grund unserer Untersuchungen glauben wir, dal~ man zur vollstiindigen Charakterisierung eines Stoffes als Nahrungsmittel sich nictit mit dem Calorieninhalt, der prozentischen Zusammensetzung, dem u und einem etwaigen ,Sonder- nhhrwert" wird begnagen darfen; man wird auch die Verdaulichkeit, ansgedrfickt in

oder besser n, beracksichtigen mtissen. Erst dann, wenn wir auf Grund der physiologischen Untersuchungen aber den

normalen Ablauf der u und der physikalisch-chemischen Auswertung der den Nahrungsmitteln gemeinsamen Eigenschaften zu einem, wenn auch schematischen Bild yon der Verdaulichkeit der Nahrungsmittel gelangt sind, erst dann wird die ,,Bromatik", die Lehre yon der rationellen Bereitung und Verwertung der Speisen das sein ktinnen, was Th. P a u l 3) yon ihr gefordert hat, die wiehtigste Grundlage der Volksern~hrung air Gesunde und Kranke.

Diese Arbeit wurde durch die finanzielle Unterstatzung der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft ermr Ich mbchte nicht verfehlen, ihr dafar herzlich zu dunken.

Auch Herrn Professor Dr. T i l l m a n s , in dessen institnt die Untersuchungen durchgeftihrt wurden, bin ich far vielerlei Entgegenkommen, Rat und Untersttttzung zu grol3em Dank verpflichtet.

1) Allerdings wird ger~de der EinfluB der Gewfirze .auf die SoXtsekrction aul3er yon Speichel neuerdings bestritten (vergl. z. B. S t r a n s k y , Biochem. Zeitschr. 1925, 155, 256); vielleicht beschr~inkt er-sich allein auf die Motilit~t des Darmes.

2) Vergl. die grundlegenden Arbeiten yon Pflf iger: Pfliigers Archly 1900, 80, 111; 82~ 303; 1901, 86, 1; 1902, 88, 299, 431; 89, 211.

a) Verhandlungen der Geseltsch. deutscher ~N-aturf- u. )krzte, Nauheim 1920.