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XIV. Aus der III. Medizinischen Klinik der Universit~t Berlin. (Direktor: Geh. ]~][ed.-RatProf. Dr. Goldscheider. ) Pilokarpinwirkung und Elektrokardiogramm bei normalen~ thyreoi- r und thyreoidektomierten Meersehweinehen und Kaninel, en. Von E. tterzfeld und E. 1Vfosler. (5~it 4 Kurven.) [Eingegangen am 10. IV. 1926.) Vom Schilddrtiseninkret ist es genUgsam bekannt, dab es bei l~nger danernder Darreiehung einen beschleunigenden, d.h. sym- pathikotropen EinfluB auf die tterzt~itigkeit ausiibt. Es war fiir uns yon Interesse, zu studieren, wie sieh ein im Prinzip dem Sehild- drtiseninkret entgegengesetzt verhaltendes Mittel, d. h. mit iiberwiegend vagotroper Wirkung im Experiment auf Tiere verhielt, bei denen die Zufuhr yon Sehilddriiseninkret in vermehrter bzw. verminderter Weise stattfand. Ein Pharmakon mit vorwiegend vagotroper Wirkung haben wit im Pilokarpin. Unsere Versuehe auf die ]-Ierzt~itigkeit nahmen wit mit Hilfe tier elektrokardiographischen Methodik vor, die zum Studium der Pilo- karpinwirkung bisher nur wenig" benutzt worden ist. Als wir uns mit diesen Versuehen bereits besch~tftigten, ersehien eine Arbeit yon K. Benjamin, tier bei normalen Meersehweinchen bei Verwendung grSBerer Pilokarpindosen lJberleitungsst~rungen beobachtete, w~thrend er bei Tieren, die l~ngere Zeit nnter der Einwirkung yon SehilddrUsen- inkret standen~ bei gleieher Dosierung" anBerdem noch Vorhofflimmern fand. Es verlohnte sieh, zun~ichst einmal elektrokardiographisch zu prt~fen, wie sich Tiere, d.h. Kaninchen und ganz besonders Meer- schweinchen normalerweise auf subkutane l~ilokarpininjektionen in versehiedenster Dosierung verhalten. Ohne derartige an nnd far sieh sehon wiehtige nnd interessante Yorversuche war eine LSsung unserer Hauptfrage iiberhaupt nieht mSglich.

Pilokarpinwirkung und Elektrokardiogramm bei normalen, thyreoidierten und thyreoidektomierten Meerschweinchen und Kaninchen

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XIV.

Aus der III. Medizinischen Klinik der Universit~t Berlin. (Direktor: Geh. ]~][ed.-Rat Prof. Dr. Goldscheider. )

Pilokarpinwirkung und Elektrokardiogramm bei normalen~ thyreoi- r und thyreoidektomierten Meersehweinehen und Kaninel, en.

Von

E. tterzfeld und E. 1Vfosler. (5~it 4 Kurven.)

[Eingegangen am 10. IV. 1926.)

Vom Schilddrtiseninkret ist es genUgsam bekannt, dab es bei l~nger danernder Darreiehung einen beschleunigenden, d.h. sym- pathikotropen EinfluB auf die tterzt~itigkeit ausiibt. Es war fiir uns yon Interesse, zu studieren, wie sieh ein im Prinzip dem Sehild- drtiseninkret entgegengesetzt verhaltendes Mittel, d. h. mit iiberwiegend vagotroper Wirkung im Experiment auf Tiere verhielt, bei denen die Zufuhr yon Sehilddriiseninkret in vermehrter bzw. verminderter Weise stattfand. Ein Pharmakon mit vorwiegend vagotroper Wirkung haben wit im Pilokarpin.

Unsere Versuehe auf die ]-Ierzt~itigkeit nahmen wit mit Hilfe tier elektrokardiographischen Methodik vor, die zum Studium der Pilo- karpinwirkung bisher nur wenig" benutzt worden ist. Als wir uns mit diesen Versuehen bereits besch~tftigten, ersehien eine Arbeit yon K. Ben jamin , tier bei normalen Meersehweinchen bei Verwendung grSBerer Pilokarpindosen lJberleitungsst~rungen beobachtete, w~thrend er bei Tieren, die l~ngere Zeit nnter der Einwirkung yon SehilddrUsen- inkret standen~ bei gleieher Dosierung" anBerdem noch Vorhofflimmern fand.

Es verlohnte sieh, zun~ichst e inmal elektrokardiographisch zu prt~fen, wie sich Tiere, d.h. Kaninchen und ganz besonders Meer- schweinchen normalerweise auf subkutane l~ilokarpininjektionen in v e r s e h i e d e n s t e r D o s i e r u n g verhalten. Ohne derartige an nnd far sieh sehon wiehtige nnd interessante Yorversuche war eine LSsung unserer Hauptfrage iiberhaupt nieht mSglich.

Pilokarpinwirkung und Elektrokardiogramm usw. 171

Es sei hier schon erwahnt, dab unsere Versuche durchweg streng quantitativ ausgeftihrt wurden und die verzeichneten Oosen sieh stets auf 100 g KiSrpergewicht verstehen.

Der besseren Ubersicht halber geben wir unsere Versuehsergeb- nisse tabellariseh wieder und wollen im Ansehlu8 hieran dann die Ergebnisse einer kritischen Bespreehung unterziehen.

I. Richt vorhehandelte Tiere. Bei den ]Vleerschweinehen schwankten die verabreiehten Desert

zwisehen 0,01 mg und 1 rag. Bei den kleinsten Desert (0,01 und 0,05 rag) fanden wir 9 bzw. 4 3Iinuten naeh der Injektion eine zwar nieht allzu erhebliche, abet deutliche Pulssteigerung. Diesem Stadium verhaltnismaBig kurzer positiv chronotroper Wirkung folgte dann ein Stadium der Pulsverlangsamung, das bei tier Dosis 0,01 mg nut ge- ring war, w~hrend es bei der Dosis 0,05 mg deutlieh hervortrat. Diese Veranderung war aber aueh bier bereits naeh 46 Minuten re- versibel. Irgendeine dromotrope St~rung war nicht vorhanden. Bei der Dosis 0,1 mg tritt zwar bereits 4 Minuten naeh der Injektion eine Pulsverlangsamung (yon 352 auf 240) auf~ aber erst 10 Minuten naeh der Injektion traten aueh dromotrope St~rungen auf (totaler Block). Im Verlaufe der langen Beobaehtung waren diese Ver~nderungen re- versibel. W~hrend bei 1 mg nach 3 ~inuten bereits ein totaler tterz- block auftrat, zeigten sieh bei Verwendung yon 0,25, 0,5 und 0,75 mg Pilokarpin zun~ehst nur partielle ReizleitungsstSrungen, die aber dann in totalen Block tibergehen. Diese Ver~nderungen k5nnen vollkommen reversibel sein (Versuch mit 0,5 mg nach 205 :Minuten), andererseits kSnnen sic aber auch (Versueh mit 0,25 rag.) unter Kammer- flimmern den Ted des Versuehstieres herbeiftihren. Ofters land sieh aueh eine Umdrehung der T-Schwankung als Anzeiehen einer StSrung im Erregungsvorgang, vielleicht aueh im Kontraktionsablauf (siehe hT~heres tiber T-Schwankung Mosler und Sachs). Auch diese St~rung war reversibel. Bisweilen war aueh die aufwarts geriehtete B-Zaeke unter der Behandlung plStzlich abwarts dirigiert, ebenfalls ein Zu- stand, dcr vortibergehend sein kann.

Kurve 1.

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Unvorbehandeltes 3Ieerschweinchen. Ekg vor Pilokarpininjektion.

172 xIV. E. HERZFELD und E IvIOSLm~.

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Pilokarpinwirkung und Elektrokardiogramm usw. 173

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Kurve 2. Unvorbehandeltes Meerschweinchen. 3 Minuten na, eh Pilokarpininjektion. Totaler Block.

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AAAAAAA / AAAA /AAAAAAA/ Kurvc 3. Mit Schilddrtiseninkret vorbehande!tes ~Ieerschweinchen.

Ekg vor Pilokurpiniujektion. $

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AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAP, A AAAAAAAA; Km've 4, Mit Schilddrtiseninkret vorbeh~deltes Meerschweinchen,

44 Minuten nach Pi lokarpinin jekt ion . .~ abwgrts dirigiert,

Bei den Kaninchen wurden nut grol~e Dosen verwendet (0,25, 0,5 und 0175 rag). Sie zeigten in zwei Fallen (1 und 3) nach 6 Mi- nuten eine leichte Pulssteigerung~ die dann znmeist in eine Verlang- samung gegenilber den Ausgangswerten tiberging. Irgendwelche dromo- tropen Veranderungen waren nieht zu erkennen. Im Gegensatz zum Meerschweinchen scheinen Kaninchen viel weniger empfindlich gegen- tiber Pilokarpin zu sein. Wir konnten den gleichen Verlauf bei Meer-

Archiv f , experiment. Path. u. PharmakoL Bd, 114. 12

] 74 XIV. E. tt~RZFESD und E. I~IOSLEa.

sehweinehen bei Verwendung yon etwa 10faeh geringeren Dosen be- obaehten.

Tabel ie lb.

Unvorbehandelte Kaninehen.

Dosis Pulsfrequenz Pulsfrequenz nach der Injektion in mg vor der Injektion

0,25 285 6 Min. 12 Min. ! 42 l~Iin. 62 Miv.. 90 Min. 300 300 ' 240 2 3 0 230

0,5 260 7 l~Iin. 14 ~iin. 20 ~lin. 32 5{in. 91 ~{in. 187 176 176 187 139

0,75 214 I 6 Min. 272

12 Min. 22 3lin. 230 176

32 )fin. 142

108 Mia. 272

II. Einwirkung yon Pilokarpin auf Meerschweinehen, die mit Thyreoidin vorbehandelt waren.

Siimtliche Tiere erhielten im Verlauf yon 20 Tagen 1~2~1,3 g Thyreoidinum >)Merck<~. lgach der Ftitterung trat eine Gewiehtsabnahme yon 10--30~ ein (Tabelle 2).

Wenn wir die vorstehenden Tabellen betrachten und die Ergebnisse mit denen unbehandelter Tiere vergleiehen, so k~Snnen wit bei grSl~eren Dosen prinzipielle Untersehiede der mit Thyreoidin behandelten Meer- sehweinehen gegentiber den unbehandelten nieht erkennen. Itingegen fiillt bei mittleren Pilokarpindosen auf (0,25 und 0,1 rag), dab die Clberleitungssttirungen wesenflich geringerer Art sind als bei den mit gleiehen Dosen behandelten Normaltieren. Wir konnten uns im Gegen- satz zu K. B enj amin~ der allerdings nut mit gro[~en Pil9karpindosen arbeitete, in keinem Falle davon Uberzeugen, dal~ bei diesen Tieren neben l~berleitungsstSrungen noeh Vorhofflimmern auftrat. Vielmehr betraf das einzige Mal~ wo wir vortibergehend Vorhofflimmern fanden~ gerade ein unbehandeltes Tier.

I I I . Schilddriisenlose Tiere.

S~mtliche Versuche wurden an Kaninchen vorgenommen und zwar in s~mtlichen F~llen einen Monat nach Entfernun~ der Schilddriise. Wir konnten in keinem Fall einen Unterschied zwischen unbehandelten und schilddrUsenlosen Tieren finden, wie aus unseren Tabellen zm. Geniige erkenntlich ist (Tabelle 3).

Pilokarpinwirku~g ttnd Elektrokardiogramm usw, 175

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176 XIV, ]~. I-]ERZt~EL]) and E. MOSLEa.

T a b e l l e 3.

Sehilddrfisenlose Kaninchen.

Dosis Pnlsfrequenz l~ulsfrequenz naeh der Injektion in mg vor tier Injektion

0,25 250 6 l~Iin. 13 Min. 20 Min. 30 Min. 200 171 162 . 206

0,5 214 3 Min. 20 ~Iia. - - - - 214 157

verliingertes P-R-Intervall

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0,75 240 3 Nin. 17 Min. 27 ~Iin. - - etwa 100 176 171

Literatur. K. B e n j a m i n , Zeitsehr. f. Herz-u. Gefiil]krankh. 1 9 2 4 . - t t e f f t e r , t tand-

buch der experimentellea Pharmakologie. Berlin 1924. - - ]~iosler und S a c h s , Klin. Woehenschr. 1925, bY 32.