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PLANUNG UND UEBERLEGUNGEN BEIM BAU DER BONNER UNIV. AUGENKLINIK von H. K. Miiller (Bomb) Mit 7 Abbildungen W~ihrend es fiir den Krankenhausbau im Allgemeinert ein ausgedehntes Schrifttum gibt, besteht keine Literatur tiber die Besonderheiten, die beim Bau einer Augenklinik zu beriicksichtigen sind. In dieser Beziehung mug man sich auf die Erfahrungen stiitzen, die man in seiner eigenen und in anderen Augenkliniken gewonnen hat. Es ist deshalb vielleicht ntitz- lich, den Versuch zu unternehmen, auf einiges hinzuweisen, das ftir den Neubau vort Augenkliniken von Bedeutung sein kann. Aus diesem Grunde sei es mir gestattet, tiber einige Oberlegungen, die wir beim Neubau der Bonner Augenklinik angestellt haben, zu berichten. Die Anregung zu diesen Uberlegungen, stammen zum Teil aus dem Kreise der Mitarbeiter, zum Tell haben wir sie beim Besuche anderer Kliniken gewonnen. Es ist selbstverst~indlich, dab eine Augenklinik in n~ichster Nachbar- schaft der anderen Kliniken errichtet werden, urtd dab sie verkehrstech- nisch m6glichst gtinstig gelegen sein soll, weil sie yon alten, schlecht sehenden und gebrechlichen Kranken aufgesucht wird. Augenkrankheiten beeintr~chtigen nicht rmr das Sehverm6gen, sonderrt erffillen auch den Kranken im Vergleich zu anderen Leiden in erh6htem MaBe mit Angst und Sorge. Viele Augenleiden treten ill vorgeschrittenem Lebensalter auf, also in einem Alter, in dem die seelischen Widerstandskr~ifte an und ftir sich schon herabgesetzt sin& Aus diesen Grtinden soll man darauf achten, dab der durch sein. Augenleiden niedergedrtickte Kranke schon beim Betreten der Klinik einen ihrt angenehm tiberraschenden Eindruck ge- winnt. Wit haben deshalb mit Absicht versucht, der Eingangshalle eine verhNtaism~iBig grogztigige Gestaltung zu geben. Den besonderen Bediirfnissen der vielen alten, gebrechlichen und schlechtsehenden Kranken entsprechend, ist weiterhin Sorge getragen, dab der Ful3boden keine Stufert aufweist, und dab die Treppenkanten durch Helligkeitskontrast auch dem Schwachsichtigen m6glichst gut er- kennbar sind. Aus dem gleichen Grunde werden die Blumen naehts nicht auf den Ful3boden der Ggmge, sonderrt in eigenen Wandschr~inkert auf- bewahrt. 79

Planung und ueberlegungen beim Bau der Bonner Univ. Augenklinik

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P L A N U N G U N D U E B E R L E G U N G E N B E I M B A U

D E R B O N N E R U N I V . A U G E N K L I N I K

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H. K. Mii l l e r

(Bomb) Mit 7 Abbildungen

W~ihrend es fiir den Krankenhausbau im Allgemeinert ein ausgedehntes Schrifttum gibt, besteht keine Literatur tiber die Besonderheiten, die beim Bau einer Augenklinik zu beriicksichtigen sind. In dieser Beziehung mug man sich auf die Erfahrungen stiitzen, die man in seiner eigenen und in anderen Augenkliniken gewonnen hat. Es ist deshalb vielleicht ntitz- lich, den Versuch zu unternehmen, auf einiges hinzuweisen, das ftir den Neubau vort Augenkliniken von Bedeutung sein kann. Aus diesem Grunde sei es mir gestattet, tiber einige Oberlegungen, die wir beim Neubau der Bonner Augenklinik angestellt haben, zu berichten. Die Anregung zu diesen Uberlegungen, stammen zum Teil aus dem Kreise der Mitarbeiter, zum Tell haben wir sie beim Besuche anderer Kliniken gewonnen.

Es ist selbstverst~indlich, dab eine Augenklinik in n~ichster Nachbar- schaft der anderen Kliniken errichtet werden, urtd dab sie verkehrstech- nisch m6glichst gtinstig gelegen sein soll, weil sie yon alten, schlecht sehenden und gebrechlichen Kranken aufgesucht wird. Augenkrankheiten beeintr~chtigen nicht rmr das Sehverm6gen, sonderrt erffillen auch den Kranken im Vergleich zu anderen Leiden in erh6htem MaBe mit Angst und Sorge. Viele Augenleiden treten ill vorgeschrittenem Lebensalter auf, also in einem Alter, in dem die seelischen Widerstandskr~ifte an und ftir sich schon herabgesetzt sin& Aus diesen Grtinden soll man darauf achten, dab der durch sein. Augenleiden niedergedrtickte Kranke schon beim Betreten der Klinik einen ihrt angenehm tiberraschenden Eindruck ge- winnt. Wit haben deshalb mit Absicht versucht, der Eingangshalle eine verhNtaism~iBig grogztigige Gestaltung zu geben.

Den besonderen Bediirfnissen der vielen alten, gebrechlichen und schlechtsehenden Kranken entsprechend, ist weiterhin Sorge getragen, dab der Ful3boden keine Stufert aufweist, und dab die Treppenkanten durch Helligkeitskontrast auch dem Schwachsichtigen m6glichst gut er- kennbar sind. Aus dem gleichen Grunde werden die Blumen naehts nicht auf den Ful3boden der Ggmge, sonderrt in eigenen Wandschr~inkert auf- bewahrt.

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Abb. 1

Die schematische Abb. 1 zeigt, dab unsere Augenklinik, ebenso wie wohl alle Augenkliniken, entsprechend ihren Aufgabert in klinische Ab- teilungen zur Unterbringung der statior~ir zu betreuenden Krankert, in poliklinische Abteilungen ftir die ambulanten Kranken, ill einert Opera- tionssaaltrakt u M in die Unterrichtsr~iume ftir die Studiererlden sowie in die wissenschaftlichert Laboratorien gegliedert ist. Die dreist6ckige Bau- weise war vorgeschrieben. Bei freier Wahl h~itten wir uns wahrscheinlich ffir ein Hochhaus entschieden, weil zur Uberwindung vertikaler Entfer- nungen bessere technische M6glichkeiten zur Verffigung stehen als zu der yon horizontalen.

Die Zahl der Betten, die in eirter Universit~its-Augenklinik aufgestellt werden soll, ist vort den verschiedenstert Faktoren abh~ingig. Doch sollte mart sich dar~iber im Klaren sein, dab man sie nicht beliebig groB oder beliebig kleirt w~ihlen kann. Es gibt eine obere und eine untere Orenze. Die Grenze nach obert wird durch die Forderung bestimmt, dab der Klinikleiter in der Lage seirt muB, jedem Kranken die erforderliche Auf- merksamkeit zu scherlken, und dab er gleichzeitig genfigend Zeit fi~r die Erffillung seiner anderen Aufgaben zur Verffigung habert muB. Bei einem normalen Wechsel der station~irert Kranken di~fte die obere Grenze bei etwa 150 Betten liegen. Diese Zahl ist, wie aus Gespr~chen mJt Leitern vort sehr groBen Augenkliniken hervorging, eher zu hoch als zu niedrig. Letzten Endes h~ingt sie natiirlich vonder Leistungsf~higkeit der Kliniks- leiter ab.

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Bei tier Festsetzung der unteren Grenze der Bettenzahl mug man be- denken, dab die Zahl der station~ir zu behandelnden Augenkranken in stiindigem Steigen ist. Es ist dies die Folge, dab wit heute zahlreiche krankhafte Zusginde des Auges operativ oder konservativ behandeln k6nnen, ftir die frtiher keine aussichtsreiche Therapie m6glich war, und dab wit erkannt haben, dab fiir eine Reihe von Augenkrankheiten, wie z.B. die medikament6se Einstellung des Glaukoms oder die Behandlung von chronischen Entziindungen der inneren Teile des Auges, der lang- fristige station~ire Aufenthalt besser ist als der kurzfristige. Hinzu kommt, dab wir eine Reihe von Medikamenten wie ACTH, Cortison, Neoteben, die blutgerinnungshemmenden Mittel u.a. nur unter klinischer Kontrolle verabreichen k6nnen. Auch muB man fiber gentigend Betten far die aus- w~irtigen Kranken, die sich der Amblyopie- und Schielbehandlung unter- ziehen mtissen, verftigen. Um unter diesen Umst~inden fiir Unterricht und Forschung ein geniigend grol3es Krankengut zu besitzen, ist es wohl richtig, dab mart die untere Grenze der Bettenzahl nicht zu niedrig bemil3t. Sie diirfte vielleicht bei 70 liegen, doch ist sie auch von den 6rtlichen Bedingungert abh~ingig.

Fiir die Bonrter VerhNtnisse schien uns eine Bettenzahl yon 145 richtig zu sein, weil wit relativ viel ausw~irtige Kranke zu betreuen haben, die gegentiber den Ortsansgssigen in einem h6heren Prozentsatz station~ir betreut werden mtissen. Vor allem wollten wir aber auch den Abteilungen ftir an Netzhautabl6sung Erkral~kte, ffir Glauk0mkranke, ffir Schielende, fiir Kreislaufkranke und ffir Keratoplastik die ftir ihre Forschungen erforderlichen Kranken zur Verftigung stellen k/Snnen, ohne die Zusam- mensetzung urtseres tibrigen Krankengutes zu iindern. Auf die Errichtung dieser Sonderabteilungen haben wit besonderert Wert gelegt. Es soll damit erreicht werden, dab die hierher geh6rigen Krartken von einer bestimmten Arztgruppe, die unter die Leitung eirtes auf den genannten Gebieten besonders erfahrenen Augenarztes stehen, so betreut werden, dab die bestm6glichen Bedingungen ftir die Weiterentwicklung der diagnostischen und therapeutischen Verfahren gegeben sind. Es ist dabei nicht erforder- lich, dab die betreffenden Kranken in speziellen R~iumen untergebracht sind. Dies wiirde eine unn6tig grol3e Zahl von Betten erforderlich ma- chen. Die Mgnrterabteilung umfagt 50, die Frauenabteilung 45, die Kinderabteilung 30 und die Privatabteilung 20 Betten.

Diese fiir den Augertarzt verhNtnism~iBig grol3e Zahl von Betten be- dingt die Gefahr, dab die Visite entweder zu viel Kraft und Zeit in An- spruch nimmt, oder dab sie nicht mit der erforderlichen Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit gemacht wird. Diesen beiden Gefahren versuchten

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wir dadurch entgegen zu wirken, dab wit einmal uns bemtihten, die Kranken in die H~inde von m6glichst erfahrenen Augen~irzten zu geben, soda6 die Chefvisite auf sicherer Basis vorbereitet ist. Aus diesem Grunde haben wir, wie bereits erw~ihnt, die verschiedenen Sonderabteilungen ein- gefiihrt, die unter der Leitung der auf diesen Sondergebieten bew~ihrten Dozenten stehen. Andererseits haben wir versucht, die Technik der Visite zu verbessern, um die Betreuung und ~berwachung der Kranken trotz Zeitersparnis auf eine sichere Basis zu stellen. Ein Blick auf die "Visus- kurve" (Abb. 2) gentigt, urn das Verhalten der Sehsch~irfe im Verlaufe

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Abb. 2

der Behandlung zu erkennen. Das gleiche gilt ftir die Tyndallkurve, die tiber den Eiweil3gehalt des Kammerwassers Auskunft gibt, und in dem gleichen Schema eingetragen wird. Die bereits allgemein tiblichen Augen- druckkurven sind, dem Beispiel der Ttibinger Augenklinik folgend, da- dutch verbessert, dab aus ihnen auch die wichtigsten Daten der Kranken- geschichte schnell entnommen werden k/Snnen. Die Aussprache zwischen Klinikleiter und Abteilungsleiter am Krankenbett wird beschleunigt und verbessert, wenn man nicht nur bei Abl6sungen der Netzhaut sondern bei allen Erkrankungen des Augenhintergrundes halbschematische Zeich- nungen zur Verftigung hat.

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Ein fahrbarer Visitenwagen (Abb. 3) bedingt, dab alle erforderlichen Untersuchungsger~ite, Instrumente und Medikamente an jedem Kranken- bett sofort zur Verftigung stehen. Die Krankenzimmer k6nnen schnell und leicht verdunkelt werden, sodag der Kranke ohne Zeitverlust bei Tageslicht und im Dunkelraum mit Handspaltlampe, Lupenbrille und Augenspiegel untersucht werden kann. Jede Abteilung ist zudem mit einem eigenert Untersuchungszimmer ausgestattet, wodurch es erm6g- licht wird, die Kranken an den verschiedenen Apparaten zu untersuchen, ohne allzu groge Wege zurticklegen zu miissen.

Abb. 3

Obwohl wir wissen, dab die Unterbringung einer kleinen Zahl von Kranken in einem Zimmer einen erh6hten Bedarf an Pflegepersonal be- dingt, w~ihhen wir als Grundlage das Dreibettzimmer. Ausschlaggebend war hierftir der Gedanke, dab der Augenkranke und insbesondere der Frischoperierte, der Ruhe zur Heilung bedarf. Auf jeder Station sind auBerdem 1- und 2-Bettzimmer ftir besonders schwer Erkrankte oder fiir an Infektionskrankheiten leidende Personen vorhanden.

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Bei der Einrichtung der Zimmer bemiihten wir uns, den Kranken so zu lagern, dab er durch das durch die Fenster eindringende Licht nicht geblendet wird. Sonnenschutzrollos und Vorh~inge erm~Sglichen eine ab- stufbare Lichtabschirmung.

Die Deckenbeleuchtung wurde so gewghlt, dab Blendwirkung ver- mieden wird. Das Gleiche gilt fiir die Bettlampen, die eine Abschirm- vorrichtung haben.

Grol3en Wert legten wir darauf, dab die Betten leicht und bequem fahrbar sind, damit die Kranken ohne Erschtitterung transportiert werden k~Snnen. Die mechanischen Verh~iltnisse haben eine relativ gtinstige Lt~- sung gefunden.

Bei einem Teil der Betten kann der Kranke durch Kurbeldrehungen von der liegenden in die sitzende K6rperlage gebracht werden.

Am Nachttisch (Abb. 4) sind Schublade und Tischbrettchen nicht aus- ziehbar, sondern miihelos ausschwenkbar. Dies scheint mir wichtig zu sein, weil wir mehrfach Augensch~idigungen beim Versuch, die Nacht- tischschubl~iden zu tiffnen, erlebt haben. Das Tischbrettchen kann auch als Lesepult dienen.

Abb. 4

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Von den Krankenstationen sei nur noch erw~ihnt, dab geniigend ge- deckte Terrassen vorhanden sind, um Liegekuren durchffihren zu k6nnen. Diese sind meiner Meinung nach nicht nur far die Kranken mit chro- nischen Entzfindungen erforderlich, sondern fast fiir alle Kranke, die sich einem l~ingeren Klinikaufenthalt unterziehen mfissen.

Im Laufe der letzten Jahrzehnte ist bei der Ausftihrung der angen~irzt- lichen Operationen die Bedeutung der Geschwindigkeit geringer gewor- den, w~ihrend sich die Bedeutung der Genauigkeit der Schnittffihrung und der Exaktheit der Wundnaht in zunehmendem MaBe steigerte. Ope- rationen unter dem Mikroskop und N~ihte mit kaum sichtbarem Naht- material beanspruchen Zeit. Bei der Operationsabteilung haben wir des- halb auf einen septischen Operationssaal verzichtet, und dafiir zwei gleich groge Operationss~ile angelegt, mit dem Zweck, in ihnen gleich- zeitig operieren zu k6nnen. Auf diese Weise wird erreicht, die Zeit des Operierens m/Sglichst gut einteilen zu k6nnen.

Um das zeitordnende Prinzip des gleichzeitig Operierens richtig durch- ffihren zu k6nnen, war es erforderlich, jeden Operationssaal mit einem eigenen Vorbereitungsraum und einer eigenen Waschgelegenheit auszu- rfisten.

Als Operationslampe haben wit das Mtinchner Modell der Hanauer Lampen gew~ihlt, dieses aber so ge~indert, dab man die Beleuchtungs- st~irke in einem breiten Bereich ver~indern kann, denn unsere Beleuch- tungsbedtirfnisse sind yon der Art der Operation und unter Umst~inden auch von dem Zustand des kranken Auges abh~ingig. Kranke, bei denen die Lichtempfindlichkeit der Augen nicht dutch eine retrobulb~re Injek- tion herabgesetzt wurde, werden wit nicht dutch unn~itig hohe Licht- st~irken bel~tstigen wollen, oder wir werden bei der Ablatio-retinae-Ope- ration mit der geringst-m6glichen Beleuchtung des Operationsfeldes aus- zukommen versuchen, um zum Augenspiegeln m6glichst schnell adap- tiert zu sein. Andererseits ben6tigen wir ffir andere Operationen sehr hohe Lichtst~irken, um fiber eine gute Unterschiedsempfindlichkeit zu verffigen. Zusatzlampen sind im Eirtzelfall natfirlich auch noch notwendig. Die st~indig zunehmende Dauer der augen~irztlichen Operationen bedingt, dab der Operateur, um sich vor Ermtidung zu schfitzen, sitzen muB. Hierzu dient uns ein durch den Operateur leicht beweglicher und in seiner H6he verstellbarer Stuhl. (Abb. 5).

Im Operationstrakt befindet sich auch ein Raum zur Narkose-Unter- suchung der S~uglinge und Kleinkinder. Er ist hierher verlegt worden, damit bei Narkosezwischenf~illen alle Hilfsmittel sofort zur Verftigung stehen. Ein eigener Raum wird hierfiir bentitigt, damit die niichtern in die

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Abb. 5

Klinik bestelltert Kinder sofort untersucht werden kSnnen, und nicht warten mfissen, bis der Operationssaal fiir die Untersuchung frei ist.

Ein weiterer Raum ist als kleirtes Labor vorgesehen, um hier Keim- und Materialfibertragungen auf Tiere auBerhalb des Operationssaales vor- nehmen zu kSnnen. S~imtliche in der Klinik und Poliklinik bentitzten Spritzen werden in der Dampfhochdrucksterilisationsanlage zentral steri- lisiert, um Keimfreiheit zu erreichen.

Beim Bau der Poliklinik gingen wir v o n d e r Vorstellung aus, dab die Riiume so gestaltet sein miissen, dab man das kranke Auge bei Tages- licht betrachten kann, dab man fiir die Sehpri.ifung einen Raum mit konstantem Kunstlicht bei Abschlul3 des Tageslichtes benStigt, und dab letzten Endes ein Dunkelraum vorhartden sein mug. Gleichzeitig ist zu fordern, dab der Kranke ungestSrt mit dem Arzt sprechen kann, und dab die Untersuchung so wenig als mSglich durch Vorg~inge in der Urn- welt gestSrt wird. Aus diesem Grunde haben wir einen Tageslichtraum, einen Raum mit konstarttem Kurtstlicht und einen verdunkelten Raum zu einer sogenannten Untersuchungseinheit zusammeagefaBt. Sechs der- artige Einheiten bilden den Grundstock der Poliklinik, davon dienen drei der aUgemeinen Poliklinik, drei Spezialzwecken, dh. der Diagnostik und

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Therapie des Glaukoms, der Netzhautabl6sung und des Schielens. S~imt- liche Untersuchungseinheiten stehen durch einen Gang miteinander in Verbindung, sodal3 man durch sie hindurchgehen kann, ohne den Haupt- flur zu benfitzen. Im gleichen Flur befinden sich auf der Gegenseite die Riiume ftir die Untersuchung des Gesichtsfeldes und der Motilit~it.

Von der Ausstattung der Poliklinik m/Schte ich nur erw~ihnen, dab wir uns eigene Sehprobenk~isten haben bauen lassen, die fahrbar sind (Abb. 6), sodal3 die Sehpriifung mehr oder weniger mfihelos auf Distanzen yon 0,5 bis 5 m vorgenommen werden kann. Da die Sehproben ffir Zahlen und Buchstaben yon 5/100 bis 5/4 in 12 Stufen eingeteilt sind, k6nnen wir mit

Abb. 6

Hilfe der Distanz~illderung sozusagen kontinuierlich die Sehsch~irfe zwi- schen 0.5/100 und 5/4 unter verhNtnism~il3ig exakten Bedingungen er- mitteln, ohne dab Patient, Arzt und Brillenkasten r~iumlich voneinander getrennt werden. Am Sehprobenkasten ist aul3erdem ein Fixierpunkt und ein 4-Lichtertest zur Priifung des Binokularsehens angebracht. Als Zu- satzgergtt beniitzen wir den Sehzeichenprojektor der Firma Moeller, der fiir die Untersuchung mit Pfliigerhaken und manchem anderen vorteil- haft ist.

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Jeder Ophthalmoskopierplatz ist mit einer Intensivlichtlampe, d.h. mit einer Kinoprojektionslampe, die sich in einer einfachen Blechhtilse be- findet, ausgeriistet. Das Spiegeln im umgekehrten Bild wird auBerdem durch eine an einem Galgen befindliche Armstiitze (Abb. 7), die an jedem Platz angebracht ist, erleichtert. Wit haben diese von Weve empfohlenen Einrichtungen an jedem Platz angebracht, damit sie nicht nur bei der

Abb. 7

Ablatio retinae, sondern tiberhaupt bei der Untersuchung des Augen- hintergrundes verwendet werden. Ich halte es zudem fiir sehr wichtig, daB der Arzt beim Ophthalmoskopieren auf einem durch Kugellager leieht beweglichen Stuhl sitzt. An jedem Ophthalmoskopierplatz befindet sich auBerdem eine Diasklerallampe, mit deren Hilfe wir die Wahrnehmung der Purkinje 'schen Aderfigur prtifen. Man untersucht damit die Funk- tionstiiehtigkeit des paramakul~iren Gesichtsfeldes in einem Umkreis von etwa 25 ~ Es ist dies eine wichtige Erg~inzung der Netzhautfunktions- priifung bei getriibten Medien.

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Ftir Perimetrie und Kampimetrie, die in besonderen R~iumen unter- gebracht sind, w~ihlten wir das Kabinensystem. Der Bjerrumschirm ist etwa neutralgrau, um farbige Marken auf ihm projezieren zu k6nnen. Er wird einigermagen gleichm~igig mit Neonlampen ausgeleuchtet, deren Leuchtst~irke vonder Stromspannung verhNtrfism~gig unabh~ingig ist.

In einem zweiten Stockwerk sind die Spezialabteilungen untergebracht, die wit sowohl zur Untersuchung der klinischen als auch der poliklini- schen Kranken ben~Stigen. Es handelt sich hierbei um die Orthoptik, die Kreislauf-, R6ntgen- und Photo-Abteilung, einen poliklinischen Opera- tionssaal, der gleichzeitig ffir die Lichtkoagulation zur Verfiigung steht, und einen Raum far die Tonographie. Wir stehen auf dem Standpunkt, dab jede Augenklinik fiber ihre eigene R6ntgenabteilung verffigen soll. Wenn diese mit dem 6rtlichen R6ntgenologen engen Kontakt hat, und sie unter der Leitung eines besonders ausgebildeten Arztes steht, dann ist dies wohl die beste L6sung, die es gibt. Wir haben uns auch einen RiSnt- genbildbetrachtungskasten konstruieren lassen, der mit sehr hohen aber abstufbaren Beleuchtungsintensit~iten ausgestattet ist, sodaB man ftir die Betrachtung der Bilder die jeweils giinstige Beleuchtungsst~irke einstellen kann. Der von L y s h o l m - S c h 6 n a n d e r angegebene R/Sntgentisch, der ja ftir die Spezialaufnahme des Sch~dels konstruiert ist, hat sich sehr bew~ihrt. Ebenso die Einrichtung der Tomographie.

Die Unterrichtsr~iume bestehen wie iiblich aus einem H6rsaal, einem Lehrmittelraum, einem Kurssaal mit 30 Boxen, einem Demonstrations- raum und einem Prtifungszimmer. Der Demonstrationssaal erm6glicht es, dab vor, w~hrend und nach der Vorlesung gleichzeitig Kranke im Hellen und im Dunkeln untersucht, sowie mikroskopische und andere Pr~iparate gezeigt werden k6nnen.

Den Umzug in die neue Klinik haben wir benutzt, um unsere Kranken- kartei neu zu gestalten. Die Einrichtung beruht im Wesentlichen darauf, dab die Krankenbl~itter ohne Riicksicht auf das Jahr der Behandlung und auf das Geschlecht des Kranken fortlaufend numeriert und dement- sprechend aufbewahrt werden. Die iedem Kranken zugeh/Srige Nummer des Krankenblattes findet man anhand eines alphabetischen Verzeich- nisses, das st~indig durch Einschiebungen erg~inzt werden kann. Im Auf- bau ist eine Diagnosenkartei mit Hilfe des Randlochkartensystems, das mit einem nach dem internationalen Dezimalsystem von Herrn W ei ge 1 i n aufgestellten Schliissel auswertbar ist. Zur Auswertung dienert kleine Handapparate, wobei wir hoffen, dab es eines Tages m/Sglich sein wird, ein groBziigiges maschinelles Verfahren hierftir verwenden zu k6nnen.

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Mit Genehmigung des Kultusministeriums haben wir die wissenschaft- lichen Laboratorien in einem Institut fi~r experimentelle Ophthalmologie zusammengefaBt. Aus einer Reihe von Grfinden schien uns dies erforder- lich. In den Zeiten, als die Grundlagen der modernen Augenheilkunde geschaffen wurden, sind die gro/3en Fortschritte der augen~irztlichen Wis- senschaft durch die Zusammenarbeit yon Augen~irzten mit Pathologen, Physiologen, Anatomen und Naturwissenschaftlern erzielt worden. Ich erinnere nut an die Physiologen Helmhol tz , Her ing und von Kries. Diese Zusammenarbeit yon Theoretikern und Klinikern ist wohl vor- nehmlich durch die rapiden Fortschritte der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse im Laufe der letzten Jahrzehnte gelockert worden. Jeder steht in seinem eigenen Forschungsgebiet vor einer fi.ir den Einzelnen nicht mehr aufnehmbaren Fiille yon Erkenntnissen, sodaB er kaum Zeit und Kraft hat, Einblick in die Nachbargebiete seiner Wissenschaft zu gewinnen.

Aus diesen Griinden sind vornehmlich in England und in den Vereinig- ten Staaten Institute geschaffen worden, in denen Augen~trzte, Patho- logen, Physiologen, Biochemiker und andere Naturwissenschaftler ge- meinsam die Probleme der Physiologie und der Patho]ogie der Augen bearbeiten. Diese Institute haben bereits Hervorragendes geleistet, und die Augenheilkunde wesentlich gef6rdert.

Unser Institut fiir experimentelle Ophthalmologie bietet die M6glich- keit, auf physiologiseh-chemischem, elektrophysiologischem, physiolo- gisch-optischem, haemodynamisehem und histopathologisehem Gebiet zu arbeiten. Bis jetzt sind es vornehmlich Augen~irzte, die bier forschen, doch hoffen wit, daB es gelingt, unser Institut zu einer St~itte zu maehen, in der Theoretiker und Kliniker gemeinsam forschen.

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