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Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) | 2008 ISSN 1862-4944 | ISSN (Internet) 1862-4952 Report Nr. 7 des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends HWWI Policy

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale ...€¦ · Sicht der nationalen und internationalen Entscheidungsträger ist in Deutsch-land die fehlende Verzahnung der involvierten

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Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar,

Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) | 2008ISSN 1862-4944 | ISSN (Internet) 1862-4952

Report Nr. 7 des

HWWI-KompetenzbereichesWirtschaftliche Trends

HWWI Policy

HWWI Policy ReportHamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI)Heimhuder Str. 71 | 20148 HamburgTel +49 (0)40 34 05 76 - 0 | Fax +49 (0)40 34 05 76 - [email protected] | www.hwwi.orgISSN 1862-4944 | ISSN (Internet) 1862-4952

Redaktion:Thomas Straubhaar (Vorsitz)Michael Bräuninger (verantw.)Silvia StillerMatthias BusseTanja El-Cherkeh

© Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) | Mai 2008Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwertung des Werkes oder seiner Teile ist ohne Zu-

stimmung des HWWI nicht gestattet. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,

Mikroverfilmung, Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die

Reihe wird in Deutschland gedruckt.

Korrespondenzadressen:

PD Dr. Michael Bräuninger Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI)Heimhuder Str. 71 | 20148 HamburgTel +49 (0)40 34 05 76 - 330 | Fax +49 (0)40 34 05 76 - [email protected] | www.hwwi.org

Dr. Georg A. TeichmannPricewaterhouseCoopers AGWirtschaftsprüfungsgesellschaftMarie-Curie-Str. 24-28 | 60439 Frankfurt am Main Tel +49 (0)69 9585 - 5517 | Fax +49 (0)69 9585 - [email protected] | www.pwc.de

HWWI Policy Report Nr. 7des HWWI-Kompetenzbereiches

Wirtschaftliche Trends

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

Autoren HWWI :

PD Dr. Michael Bräuninger (verantwortlich)

Dr. Norbert Kriedel

Dr. Sven Schulze

Prof. Dr. Thomas Straubhaar (verantwortlich)

Dr. Henning Vöpel

Autoren PwC:Dr. Volker Fitzner (verantwortlich)Dr. Claus Kusnierz-Glaz Dr. Georg A. Teichmann (verantwortlich)Oliver Twelsiek

Studie im Auftrag des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA)

Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) | 2008

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des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

Die Ergebnisse der Studie im Überblick

Einleitung

1 Die Bedeutung von Innovationen für Wachstum und Wohlstand

2 Die Chancen des Pharmastandorts Deutschland im globalen Wettbewerb2.1 | GlobaleTrendsderPharmabranche2.2 | WachstumsperspektivenderPharmabranche2.3 | StartbedingungenfürdenStandortDeutschland

3 Der Politik-Check aus Entscheider- und Expertensicht3.1 | Vorgehensweise3.2 | ForschungundEntwicklung3.3 | Produktion3.4 | Absatz3.5 | Zusammenfassung:WostehtderPharmastandortDeutschland?

4 Die Handlungsempfehlungen zur Stärkung des Pharmastandorts Deutschland4.1 | VonderWertschöpfungskettezupolitischenHandlungsfeldern4.2 | RechtssetzungundDeregulierung4.3 | ForschungundBildung4.4 | WirtschaftspolitikundFinanzierung4.5 | MentalitätundInnovationsklima4.6 | Zusammenfassung

5 Der Aktionsplan »Standortpolitik im Zeitalter der Globalisierung«5.1 | PerspektivenderPharmaindustrieinDeutschland5.2 | KurzfristigeMaßnahmen5.3 | MittelfristigeMaßnahmen5.4 | Ergebnis

Liste der Interviewpartner

Literatur

Internetquellen

Inhalts-verzeichnis

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52008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

Die Ergebnisse der Studie im Überblick

MitderGlobalisierunghatderStandortwettbewerbzugenommen.AlteStandortegeratenunterDruck,neueetablierensich.Dabeisindesvorallemdie kapital- und zugleichwissensintensiven Industrien, die in Zukunft fürWachstumsorgenwerden.Fürdie Industrienationenkannnur technischerFortschritt zu höherem Wohlstand führen. Deshalb sind Investitionen inBildung,ForschungundEntwicklungnotwendig.DieseerzielenimmerneueErträgeinFormvonInnovationenundtragensomitnachhaltigzuwirtschaft-lichemWachstumbei.DabeiwerdenInnovationeninUnternehmenmitdemZieleinergutenPositionierungimMarktdurchgeführt.InsofernsindInnova-tion und technischer Fortschritt das Resultat von unternehmerischen Ent-scheidungen. Die Forschungs- und Entwicklungsaktivität der Unternehmenwird dabei jedoch zentral von den bildungs- und forschungspolitischenRahmenbedingungenbestimmt.

FürdieZukunft istzuerwarten,dassesaufgrundneuerTechnologienwie der Bio-,Nano- oderGentechnologie vor allem imBereichGesundheit,MedizinundPharmaverstärktzuInnovationenkommenwird.Gleichzeitigwird dieNachfrage nach solchen Produkten deutlich zunehmen.DieWelt-bankgehtdavonaus,dassdieWeltbevölkerungbis2050aufrundneunMilli-ardenMenschenanwachsenwird.IndenIndustrieländernwirdgleichzeitigeinausgeprägterdemografischerWandel stattfinden; inDeutschlandetwawirdsichderAnteilderBevölkerungmiteinemLebensaltervonüber65Jahrenvonderzeit19,3%bis2050auf33,2%erhöhen.BeideTrendswerdendieGesund-heitsnachfragedeutlichsteigern.DabeiwirdesnichtnurumdieverbesserteBehandlungvonKrankheitensowiederenPräventiongehen,sondernebensoumdenErhaltderphysischenundpsychischenFitnessundderArbeitsfähig-keit.DeshalbwerdennebendemmedizinischenFortschrittauchdieErnäh-rungunddieGestaltungdesArbeitslebensimmerbedeutsamer.InderSummehat das Thema Gesundheit das volkswirtschaftliche Potenzial, Träger vonInnovation,WachstumundBeschäftigungzusein.

VordemHintergrunddesweltweitverschärftenStandortwettbewerbsunddersteigendenGesundheitsnachfrageuntersuchtdieseStudiedieChan-cenderPharmaindustrieinDeutschland.MöglicheErfolgewerdenmaßgeb-lichdurchdieAttraktivitätdesStandortsfürUnternehmenderPharma-undBiotech-Branchebeeinflusst.Besonderssolldabeiuntersuchtwerden,obundinwieweit die Politik der Großen Koalition der letzten Jahre konkret dazubeigetragen hat, die Standortqualität in Deutschland zu verbessern. DieUntersuchungfindetdabeiaufzweiEbenenstatt.ZumeinenwirdderPharma-standort anhandvorhandener StudienundDatenanalysiert. ZumanderenwirdeineBefragungvonEntscheidungsträgernausweltweittätigenPharma-undBiotech-Unternehmen,aberauchvonVertreternwichtigerForschungs-einrichtungeninDeutschland,FinanzinvestorenundderrelevantenGewerk-schaftdurchgeführt. InderAnalysewerdennichtnurderStandortunddiePolitikmaßnahmen bewertet, sondern darüber hinaus auch konkrete poli-tische Handlungsempfehlungen gegeben, wie die Standortqualität weiterverbessertwerdenkann.

Zukünftig wird das wirtschaftliche Wachstum vor allem durch die kapital- und wissensintensiven Industrien getragen.

Die forschungsintensive Pharma-branche gehört zu den zentralen Zukunftsbranchen.

Die Gesundheitsnachfrage wird deutlich steigen.

Die Studie untersucht die Chancen der Pharmaindustrie in Deutschland ...

... anhand vorhandener Studien und Daten sowie durch eine Befragung.

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des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

Die Standortanalyse zeigt, dass der Pharmastandort Deutschland iminternationalenVergleich seit 1990 etwas anBedeutungverlorenhat. ZumeinensindneuekonkurrierendeProduktionsstandortewieIrland,Schweden,BelgienundDänemarkhinzugekommen.ZumanderenhabensichauchimBereichForschungundEntwicklungnebendenMarktführernUSAundGroß-britannienmitIndienundSingapurSchwellenländeretabliert.WährendimTeilbereich Forschung die USA die führende Position innehaben, ist Groß-britannienimTeilbereichEntwicklungführend.FürDeutschlandistpositivzuverbuchen,dassdieZahlderPatentanmeldungenimPharmabereichindenletztenJahrenstärkerangestiegenistalsinkonkurrierendenPharmastand-orten. Bei kommerziellen klinischen Studien ist Deutschland seit 2007 aufPlatzeinsinEuropa.UndbeiderProduktionbiotechnologischerArzneimittelist Deutschland, dank der hohen Investitionen von forschenden Pharma-unternehmenindenAusbaubereitsbestehenderAnlagen,weltweitnachdenUSAaufPlatzzweivorgerückt.

AusderStandortanalyseunddenExpertenbefragungenwerdensowohlStärkenalsauchSchwächendesStandortsDeutschlandimBereichPharmaundBiotechdeutlich.ZudenwichtigstenStärkengehörendiehoheQualifika-tiondeswissenschaftlichenPersonalsundderFachkräfte,einegutePositio-nierunginausgewähltenFeldernderSpitzenforschung,diehoheExpertiseinderHightechproduktion,dersofortigeMarktzugangnachderZulassungunddieMarktpreisbildungfürinnovativeArzneimittel.

Zu den Schwächen des Standorts Deutschland zählen vor allem diehoheRegulierungsdichtesowiezumTeilineffizienteAntrags-undGenehmi-gungsverfahren,diesichinverschiedenenAusprägungenaufallenStufenderWertschöpfungskettebemerkbarmachen.EinengewissenNachholbedarfgibtesbeiderSpitzenforschungundbeiderFinanzierungmitWagniskapital.Ins-gesamtwirdderStandortDeutschlandbeidenExpertenbefragungendeutlichschlechtereingestuftalsbeieinerobjektivenAnalysederStandortkriterien.DiezumTeilsehrkritischeBeurteilungindenInterviewsbasiertimWesent-lichen auf denKostendämpfungsmaßnahmen der deutschenGesundheits-politik.Diese istmaßgeblichund inweitenTeilendurchbudgetfokussierteRegulierunggeprägt.DerEinflussdesAbsatzmarktsaufdasImagedesStand-orts wird besonders an zwei Punkten deutlich. So beeinträchtigen dieDiskussionenumdasInstitutfürQualitätundWirtschaftlichkeitimGesund-heitswesen(IQWiG)unddieschonvoreinigenJahreneingeführten»Jumbo-gruppen« (Einbeziehung von patentgeschützten Medikamenten in Festbe-tragsgruppen,dieauchNachahmermedikamenteenthalten)nachhaltigdasBilddesdeutschenAbsatzmarktesbeiVorständenundExperten.Dabeispre-chensichdieBefragtenausdrücklichfüreinegesamtwirtschaftlicheKosten-Nutzen-AnalysevonArzneimittelnaus–abernachinternationalenStandards.Die Einführung von Jumbogruppen hat dem Image des PharmastandortsDeutschland sehr geschadet, aber kaum zuwesentlichen Einsparungen imGesundheitswesengeführt.DieDiskussionenhabenvoralleminternationalden Eindruck hervorgerufen, dass im deutschen Gesundheitssystem inno-vativeMedikamente nicht anerkannt werden, der materielle Patentschutzausgehöhlt wird und dass deshalb auch Erforschung und EntwicklungsolcherMedikamente nicht in angemessener Form honoriert werden. Unddies,obgleichderSchutzgeistigenEigentumsinDeutschlandansichinden

Der Pharmastandort Deutschland hat im internationalen Vergleich

seit 1990 an Bedeutung verloren, ...

... in der letzten Zeit aber wieder gewonnen.

Deutlich werden Stärken des Standorts ...

... aber auch Schwächen.

72008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

InterviewsvondenBefragtengrundsätzlichalsbeispielhaftgesehenwird.AlsFolgedieserDiskussionenhatdieBeurteilungdesPharmastandortsDeutsch-landgelitten.

InsgesamtbetrachtetgehendieMaßnahmenderGroßenKoalitionzurStärkung des Pharmastandorts Deutschland in die richtige Richtung undhabenzurStärkungdesStandortsbeigetragen.Speziellhervorzuhebensinddie verschiedenen Forschungsinitiativen, die Exzellenzförderung und dieUnternehmenssteuerreform.Beiden Interviewshat sichallerdingsgezeigt,dass dieMaßnahmennachAnsicht einiger Befragter nur ein ZurückfallenDeutschlands im internationalen Standortwettbewerb verhindert haben.Bei einigenBefragten sinddieMaßnahmenauchnicht angekommenbzw.wurden als nicht entscheidungsrelevant eingestuft.Hauptproblem aus derSichtdernationalenundinternationalenEntscheidungsträgeristinDeutsch-landdiefehlendeVerzahnungderinvolviertenPolitikbereiche.NachAnsichtder Befragten benötigt Deutschland ein klares Bekenntnis der Politik zurPharmaindustrie. Diesem Bekenntnis sollte eine gezielte, langfristige undzwischendenRessorts abgestimmtePolitik aus einemGuss folgen.Hierbeisollten alle Stufen derWertschöpfungskette von derGrundlagenforschungbiszumAbsatz imRahmeneines insichschlüssigengesamtheitlichenVor-gehensallerPolitikbereicheberücksichtigtwerden.UmdenStandortDeutsch-land im internationalen Wettbewerb zu stärken, sind Maßnahmen ein-zuleiten, die zum einen die genannten Standortkriterien berücksichtigenund zum anderen gezielt die wahrgenommenen Stärken des Standortsweiterentwickeln.

Als erstes Handlungspostulat müssen die politischen MaßnahmeniminternationalenKontextentwickeltwerden.DiefortschreitendeGlobali-sierung bedingt, dass es kaum Lösungen für nationale gesamtwirtschaft-liche Probleme gibt, die losgelöst von der zunehmenden Verflechtung derWeltwirtschaftbetrachtetund implementiertwerdenkönnen. ImHinblickauf die Attraktivität des Standorts Deutschland und die Wettbewerbs-fähigkeit der inländischen (Pharma-)Unternehmen bedeutet dies, dass einErhaltoderAusbauderrelativenPositiongegenüberbestehendenundneuenWettbewerbern – seien es Nationen oder Unternehmen – anzustreben ist.Bei allenMaßnahmen solltedie internationale Signalwirkungnichtunter-schätztwerden.DamitdieMaßnahmenihreWirkungentfaltenkönnen,isteineproaktiveVermarktungimRahmeneinerStandortinitiativeerforderlich.

DaszweiteHandlungspostulatschließtdirekthieranan,dennauchdie-sesbetonteineinternationaleSichtweisenationalerPolitikmaßnahmen.Be-stimmteEinzelmaßnahmenkönnenineinergeschlossenenVolkswirtschaftzwaralswenigerwünschenswerterscheinen.JedochkannesunterdemGe-sichtspunktderGlobalisierungauchnotwendigsein, zweitbeste Lösungenzu akzeptieren, um im internationalen Standortwettbewerb nicht zurück-zufallen. In einigen Politikbereichen, beispielsweise in der Steuer- oder derIndustrie-undForschungspolitik,wärenordnungspolitischmotivierteinter-nationale Harmonisierungsanstrengungen grundsätzlich nötig und zu be-grüßen. Allerdings erweisen sich entsprechende Bestrebungen oftmals alsüberaus schwierig oder sind Bestandteil sehr langwieriger Verhandlungs-prozesse.SolangeinbestimmtenBereichennochkeineHarmonisierungreali-

Die Maßnahmen der Großen Koalition haben den Standort verbessert, ...

… sind aber aus Sicht der Interview- partner häufig unzureichend.

Weitere Maßnahmen müssen im internationalen Kontext entwickelt werden, …

… wobei auch zweitbeste Lösungen zu akzeptieren sind, ...

... wenn beste Lösungen nicht realisierbar sind.

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des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

siertwerdenkann,sprichtwenigdagegen,dassDeutschlandsichinternationa-lenGepflogenheiten–beispielsweiseinderForschungsförderung–anpasst.

DiedritteHandlungsaufforderungistletztlichaufallepolitischenMaß-nahmenanwendbar,dennInstrumente,dienichtalsnachhaltigeinzuschät-zensind,solltengrundsätzlichkeinenEingangindenpolitischenWerkzeug-kastenfinden.FürdiepharmazeutischeIndustrieistdieNachhaltigkeitvonMaßnahmendeshalbvonbesondererBedeutung,weilunternehmerischeEnt-scheidungenindieserBranchestetsmitBlickaufeinenlangenZeithorizontgetroffenwerdenund stetige Rahmenbedingungen für die Entscheidungs-findung eine notwendige Voraussetzung sind. Unter Nachhaltigkeit poli-tischerMaßnahmenistzweierleizuverstehen.ErstensderenVerlässlichkeitunddiedarausfolgendePlanbarkeitundInvestitionssicherheitfürdieUnter-nehmen.Damitgehtvorallemeinher,dasslangfristigangelegteProgrammetemporären Maßnahmen vorzuziehen sind. Nur dann sind vom Unter-nehmenssektorauchlangfristigorientierteEntscheidungenzugunsteneinesStandortszuerwarten.ZweitensbedingtNachhaltigkeitdieKonsistenzvonMaßnahmen und Programmen ebenso wie den Verzicht auf Partikular-maßnahmen, die nur Verzerrungen hervorrufen. Denn insbesondere dieAuswertungderExperteninterviewshatergeben,dassderPharmastandortDeutschlandvorallemdurcheinentransparentenundinsbesondereinsichkonsistentenRegulierungsrahmengestärktwerdenkann,derauchvoninter-nationalenStandortentscheidernverstandenwird.

In der Studie werden konkrete Vorschläge zur Stärkung des Pharma-standortsvorgelegt.Dieseorientierensichandendreizuvorgenanntenall-gemeingültigenHandlungsempfehlungen.ImSinneeines»Stärkenstärken«-AnsatzessolltenkurzfristigundvordringlicheineStandortinitiativePharma,die Aufstockung der staatlichen Forschungsausgaben und der Ausbau derstaatlichen Förderung privater Forschung angegangen werden. Danebensollte die Exzellenzinitiative verstetigt werden. Mittelfristig geht es umBildungsreformenandenallgemeinbildendenSchulen sowieandenHoch-schulen, eineModifikationderUnternehmenssteuerreform,eineverstärkteFörderungvonAusgründungenausUniversitätenunddieVerbesserungderVerfügbarkeitvonWagniskapital. LangfristigmüssenalleMaßnahmenderPolitikaufihreWirkungenaufdieGesundheitswirtschaftuntersuchtwerden.Hierzugehörtvorallem,widersprüchlicheRegulierungenimBereichAbsatzzubereinigenunddasWachstumspotenzialderGesundheitswirtschaftdurchwettbewerbsförderndeMaßnahmenzuerschließen.

AlldieseProgrammpunkteerhöhendieAnziehungskraftdesStandortsDeutschlandimAllgemeinenunddesPharmastandortsimBesonderenundtragenzueinemnachhaltigeninländischenWirtschaftswachstumbei.

Die zentralenErgebnissederStudie lassen sich inden folgendenzehnPunktenzusammenfassen:

1. DerPharmastandortDeutschland istbesserals seinRuf. Es istbemer-kenswert,dassderStandortDeutschlandbeider internationalenExperten-befragungdeutlichschlechtereingestuftwird,alsdieseineobjektiveAnalysederStandortkriterienerwartenließe.

Wesentlich sind Konsistenz und Nachhaltigkeit der Maßnahmen, für die ...

... in der Studie konkrete Vorschläge gemacht werden.

92008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

2.IminternationalenVergleichliegenDeutschlandsStärkenvorallemimBereichderklinischenForschung,imVorhandenseinexzellenterMitarbeiter,inderBio-undHightechproduktionundimExport. 3.DerunmittelbareMarktzugangunddieMarktpreisbildungfürinnova-tive ProduktemachenDeutschland zu einem Leitmarkt für therapeutischeInnovationen. 4.DasAnsehendesPharmastandortsDeutschlandleidetdurcheinezumTeil undurchschaubareundwidersprüchlicheÜberregulierung imGesund-heitswesen. 5.ZudenwesentlichenSchwächendesStandortsDeutschlandzählen indersubjektivenBeurteilungderinternationalenExpertendiehoheRegulie-rungsdichtesowieineffizienteAntrags-undGenehmigungsverfahren,diesichin verschiedenenAusprägungenauf allen StufenderWertschöpfungskettebemerkbarmachen. EinengewissenNachholbedarf gibt esbeider Spitzen-forschungundbeiderFinanzierungmitWagniskapital. 6.DiekritischeBeurteilungbasiertimWesentlichenaufdenKostendämp-fungsmaßnahmender deutschenGesundheitspolitik.Diese istmaßgeblichundinweitenTeilendurchbudgetfokussierteRegulierunggeprägt.DerEin-flussdesAbsatzmarktsaufdasImagedesStandortswirdbesondersanzweiPunktendeutlich. So beeinträchtigendieDiskussionenumdas Institut fürQualitätundWirtschaftlichkeitimGesundheitswesen(IQWiG)unddieschonvor einigen Jahren eingeführten Jumbogruppen (Einbeziehungvonpatent-geschützten Medikamenten in Festbetragsgruppen, die auch Nachahmer-medikamenteenthalten)nachhaltigdasBilddesdeutschenAbsatzmarktesbeiVorständenundExperten.DabeisprechensichdieBefragtenausdrücklichfür eine gesamtwirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse von Arzneimittelnaus–abernachinternationalenStandards.DieEinführungvonJumbogruppenhatdemImagedesPharmastandortsDeutschlandsehrgeschadet,aberkaumzuwesentlichenEinsparungenimGesundheitswesengeführt. 7.DieDiskussionenhabenvoralleminternationaldenEindruckhervorge-rufen,dassimdeutschenGesundheitssysteminnovativeMedikamentenichtanerkanntwerden,einmateriellerPatentschutznichtgewährleistetistunddassdeshalbauchErforschungundEntwicklungsolcherMedikamentenichtinangemessenerFormhonoriertwerden.Unddies,obgleichderSchutzgei-stigenEigentumsinDeutschlandansichindenInterviewsvondenBefragtengrundsätzlichalsbeispielhaftgesehenwird. 8.Notwendigsinddahervorallemtransparente, insichkonsistenteundverlässlichepolitischeRahmenbedingungen,umdasVertrauenderInvestorenzurückzugewinnenunddamit Investitionen imglobalenWachstumsmarktGesundheitnachDeutschlandzuholen. 9.InsgesamtbetrachtetgehendieMaßnahmenderGroßenKoalitionzu-gunsten des Pharmastandorts Deutschland in die richtige Richtung. SiehabenzurStärkungdesStandortsbeigetragen.SpeziellhervorzuhebensinddieverschiedenenForschungsinitiativen,dieExzellenzförderungunddieUn-ternehmenssteuerreform.BeidenInterviewshatsichallerdingsgezeigt,dassdieMaßnahmennachAnsichteinigerBefragternureinZurückfallenDeutsch-landsiminternationalenStandortwettbewerbverhinderthaben.10.WennDeutschland sich auf seine StandortvorzügebesinntundderenErhaltundgezieltenAusbauzumKerneinerpolitischenStrategiemacht,kannDeutschlandauchangesichtsderzunehmendenKonkurrenzausSchwellen-ländernzueinemderweltweitführendenPharmastandortewerden.

10 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

Einleitung Die weltweiten Gesundheitsausgaben werden in den nächsten Jahr-zehntendeutlichansteigen.DiewachsendeWeltbevölkerung,diedemografi-sche Entwicklung vor allem in den Industrieländern sowie die steigendenEinkommen,insbesondereindenEntwicklungs-undSchwellenländern,sinddieUrsachenhierfür.ZugleichversprechendieForschungserfolgeinderBio-,Gen-undNanotechnologieinnovativeProdukteundVerfahreninderMedi-zintechnikundbeiMedikamenten.DieGesundheitswirtschaftwirdausdie-senGründenzueinemderwichtigstenglobalenWachstumsmärkte.Insbeson-derediePharmabranchealswissens-,forschungs-undtechnologieintensiveBranche weist dabei sehr günstige Perspektiven für qualifizierte Beschäf-tigungauf.ZudemistsieTrägervonInnovation,WachstumundWohlfahrt.DeshalbkommtihreineSchlüsselfunktionfüreinenstarkenWirtschafts-undForschungsstandortDeutschlandzu.

Für die Pharmabranche hat die zunehmende Öffnung der internatio-nalenMärktenichtnurdieAbsatzchancenerhöht.SiehatzugleichauchdenStandortwettbewerbdeutlichverschärft.DieweltweitsteigendeMobilitätvonKapitalundArbeitinVerbindungmitdengünstigenWachstumsperspektivenderPharmabranchehabendenWettbewerbsdruck inderBranchegewaltigerhöht.SiewerdenindennächstenJahrendieStandortentscheidungenvonPharmaunternehmen auf den Prüfstand stellen. Neben den traditionellenPharmastandortenwie den USA, Deutschland, Frankreich, GroßbritannienundderSchweizhabensichbereitsneueStandortewiez.B.Irland,IsraeloderIndienetabliert,dieamWachstumsmarktPharmapartizipierenwollen.Vondiesem internationalen Standortwettbewerb ist Deutschland als einer dergroßenPharmastandortebesondersbetroffen.EsstelltsichdaherdieFrage,inwelcherWettbewerbspositionsichDeutschland imVergleichzuandereninternationalen Standorten befindet und wie diese durch politische Maß-nahmengestärktundverbessertwerdenkann.

DieBundesregierunghatdieBedeutungderPharmabranchegrundsätz-licherkannt.Maßnahmenzur StärkungdesPharmastandortsDeutschlandsindzumTeilbereitsumgesetztwordenoderbefindensichinVorbereitung.IndieserStudiesollenineinemPolitik-CheckdiebisherigenMaßnahmenderBundesregierungbewertetwerden.ZunächstwerdenhierfürdieglobalenEnt-wicklungenundPerspektivenderPharmabranchedargestellt,umdasWachs-tums- und Beschäftigungspotenzial dieser Branche zu verdeutlichen undpolitischeHandlungsfelderaufzuzeigen.EinempirischerBefundbeschreibtdieStartbedingungendesStandortsDeutschlandfürdiePharmabranche,dievordemEintritt ineineneueWachstumsphasesteht.FürdenPolitik-Checkselbst werden sowohl eine Standortanalyse als auch Experteninterviewsdurchgeführt und die Ergebnisse anschließend miteinander konfrontiert.DurchdiesesmethodischeVorgehenkönnenobjektiveStandortfaktorenundderensubjektiveBewertungdurchEntscheidungsträgerderBranchegegen-einandergespiegeltundaufmöglicheDiskrepanzengeprüftwerden.Zudie-semZweckwerdeninderStandortanalysezunächstdieChancenundRisikenfürdenPharmastandortDeutschlandimsehrdynamischeninternationalenWettbewerbsumfeldderPharmabrancheaufgezeigt.EntlangderWertschöp-fungskette von Forschung und Entwicklung über Produktion bis hin zumAbsatzwerdendiebranchenspezifischenStandortfaktorenidentifiziertundanschließendhinsichtlichihrerwirtschaftspolitischenEignungzurStärkung

Steigende Gesundheitsausgaben bieten günstige Perspektiven für

die Pharmabranche.

In den nächsten Jahren werden richtungsweisende Standort-

entscheidungen getroffen.

Die Studie bewertet die Maßnahmen der Bundesregierung zur Stärkung

des Pharmastandorts Deutschland.

112008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

desPharmastandortsbewertet.DiedarausabgeleitetenThesenwerdenaufderBasisvonExperteninterviewsüberprüft. InRahmenderExperteninter-viewswurdenmaßgeblicheEntscheidungsträgervonPharma-undBiotech-UnternehmeninDeutschlandundimAuslandsowieVertretervonwichtigenForschungseinrichtungen,WagniskapitalgebernundderrelevantenGewerk-schaftbefragt.IndenInterviewswurdenzunächstdieausSichtderGesprächs-partnerrelevantenEinflussfaktorenbeiStandortentscheidungenerhoben.Da-rananschließendwurdendieWahrnehmungDeutschlandsalsStandortfürForschungundEntwicklungsowiefürProduktionundAbsatzdiskutiertundZusammenhänge in derWertschöpfungskette bei Standortentscheidungenanalysiert.HierbeiwurdenauchdiejeweiligenMaßnahmenderBundesregie-rungwieauchdieabgeleitetenThesenhinterfragtunddurchdieInterview-partnerdurcheigeneIdeenundEmpfehlungenergänzt.

Auf der Grundlage der Standortanalyse und der ExperteninterviewswerdendiebisherigenMaßnahmenderPolitikbewertetundweitereHand-lungsempfehlungenfürdiePolitikabgeleitet.EinAktionsplan»StandortpolitikinZeitenderGlobalisierung«zeigtdabeiauf,inwelchenPolitikfeldernweiter-hinHandlungsbedarfbesteht,welcheMaßnahmenzuergreifensindundinwelchemZeitfensterdiePolitikaktivwerdensollte,umdenPharmastandortDeutschlandnachhaltigzustärken.

12 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

1 | Die Bedeutung von Innovationen für Wachstum und Wohlstand

Durch die Globalisierung hat der Standortwettbewerb zugenommen.Alte Standorte geraten unter Druck, neue etablieren sich. Dabei sind esvorallemdiekapital-undwissensintensivenIndustrien,dieinZukunftfürWachstum sorgen. Ein höheres Wohlstandsniveau, gemessen in Pro-Kopf-Einkommen, lässt sichdaher entweder durch Investitionen indenKapital-bestand einer Volkswirtschaft oder durch technischen Fortschritt erzielen.WährendderKapitalbestandjedochveraltetundmitderZeitabgeschriebenwird,erzielen Investitionen inBildung,ForschungundEntwicklungimmerneueErträgeinFormvonInnovationen.Deshalbtragensienachhaltigzuwirt-schaftlichemWachstumbei.Darüberhinausersetzenneue,qualitativhöher-wertigeProduktedievorhandenenunderhöhendamitdieWohlfahrt.Indie-sem Sinne sind Innovationen bei Produkten und Produktionsprozessen diezentralenTriebfederndesWachstums.

HäufigwirdderInnovationsprozesszerlegtingroßeBasisinnovationen,diezuWachstumsschübenunddamitzuneuenEinkommens-undWohlfahrts-niveausführen,undkleinerekontinuierlicheInnovationen,dieausdenBasis-innovationenresultierenundzuneuenProduktenundVerfahrenführen.Oftsind Innovationen komplementär zueinander, sodass anfängliche Innova-tionenweitereanstoßen.InnovationensindsomitdieGrundlageeinesendo-genen,sichselbsttragendenWachstumsprozesses;jegrößerderBestandanvorhandenemWissen,destogrößeristderzukünftigeStromneuenWissens.VordiesemHintergrundsindInvestitionen,dieheuteindieInnovationsfähig-keitderWirtschaftgetätigtwerden,umsowichtigerfürzukünftigesWachs-tumundzukünftigeBeschäftigung.Diesgiltbesonders ineinemweltwirt-schaftlichenUmfeld,indemdurchdieGlobalisierungderStandortwettbewerbunddieKonkurrenzumIdeen,WissenundPatentezugenommenhaben.

InnovationenwerdenvonUnternehmenmitdemZieleinergutenPositi-onierungimMarktdurchgeführt.InsofernsindInnovationundtechnischerFortschrittdasResultatvonInvestitionsentscheidungen.DieForschungs-undEntwicklungsaktivitätderUnternehmenistdabeizentraldurchdiebildungs-undforschungspolitischenRahmenbedingungenbeeinflusst.Sostelltstaat-liche Grundlagenforschung ein notwendiges Fundament für die privateForschungdar;fürGrundlagenforschungexistiertaufgrundderhohenErfolgs-unsicherheitkeinprivaterMarkt,gleichzeitigstelltsieaberdieErgebnisse(alsöffentlichesGut)bereit,aufdenenprivatfinanzierteForschungundEntwick-lungaufbaut.Darüberhinausbestimmenetwader staatlichePatentschutzund die Patentlaufzeiten den Anreiz für private Forschung und damit dieForschungsaktivität.WesentlichistauchdieFörderungvonprivaterHuman-kapitalbildung. Da Innovationen eine Grundlage wirtschaftlichen Wachs-tumssind,hatderStaatnichtnurdieAufgabe,ordnungspolitischdierichtigenRahmenbedingungenzusetzen,sondernerbeeinflusstdarüberhinausdurchaktiveEingriffeindenBildungs-undForschungsprozessdaswirtschaftlicheWachstum.WesentlichistdabeidieKoordinationüberdengesamtenProzess

Bildung, Forschung und Entwicklung tragen über Innovationen nachhaltig

zu wirtschaftlichem Wachstum bei.

Durch die Globalisierung hat der internationale Standort-

wettbewerb zugenommen.

Der Staat muss die ordnungs-politischen Rahmenbedingungen

setzen und aktiv den Bildungs- und Forschungsprozess fördern.

132008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

von Bildung, Grundlagenforschung, angewandter Forschung und der Ver-marktungderErgebnisse.InsbesonderebeiunvollkommenenKapitalmärktenkannprivateForschungbezogenaufdielangfristigenWachstums-undInno-vationseffektezugeringunddamitdynamischineffizientsein.

InderVergangenheithabenBasisinnovationenzuWachstumsschübengeführt. Zuletzt konnte dies bei der Informations- und Kommunikations-technologie beobachtet werden. Innovationen in diesem Sektor haben zuneuenProduktenimEndkundenbereichgeführtundzugleichdieProduktions-strukturengrundlegendverändert.FürdieZukunftistzuerwarten,dassesaufgrundneuer Technologienwie der Bio-,Nano- oderGentechnologie vorallemimBereichGesundheit,MedizinundPharmaverstärktzuInnovationenkommenwird.GleichzeitigwirddieNachfragenachsolchenProduktendeut-lichzunehmen.DieWeltbankgehtdavonaus,dassdieWeltbevölkerungbis2050aufrundneunMilliardenMenschenanwachsenwird.DabeiwirdesindenIndustrieländernzueinerÜberalterungkommen;inDeutschlandetwawird sich der Anteil der Bevölkerung mit einem Lebensalter von über 65Jahrenvonderzeit19,3%bis2050auf33,2%erhöhen.BeideTrendswerdendieGesundheitsnachfragedeutlicherhöhen.Dabeiwirdesnichtnurumdiever-besserte Behandlung von Krankheiten gehen, sondern ebenso um den Er-haltderphysischenFitnessundderArbeitsfähigkeit.DeshalbwerdennebendemmedizinischenFortschrittauchdieErnährungunddieGestaltungdesArbeitslebensimmerbedeutsamer.InderSummehatdasThemaGesundheitdas volkswirtschaftliche Potenzial, Träger von Innovation,Wachstum undBeschäftigungzusein.

VordemHintergrunddesweltweitverschärftenStandortwettbewerbsunddersteigendenGesundheitsnachfrageuntersuchtdieseStudiedieChan-cenderPharmaindustrieinDeutschland.DafürwerdendiehiesigenStand-ortbedingungenanalysiert.AufBasisderAnalyselassensichfürdiePolitikEmpfehlungenableiten,wiederPharmastandortDeutschlandgestärktwer-denkann.

14 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

2.1 | Globale Trends der Pharmabranche

DiePharmabranchegewinntweltweitanBedeutung.DieslässtsichansteigendenUmsätzen,zunehmenderBeschäftigungundwachsendenInvesti-tionen in Forschungund Entwicklung festmachen.Derweltweite Pharma-umsatz istallein indenJahren2001bis2006von390MilliardenUS-Dollarauf643MilliardenUS-Dollargestiegen(vgl.Abbildung2.1).

Dabei lassensichverschiedeneThemenkomplexe identifizieren,die inden nächsten Jahren und Jahrzehnten die globalen Trends in der Pharma-branchebestimmenwerden.NeueTechnologienwiedieBio-,Gen-undNano-technologiensowiedieweltweitzunehmendeÖffnungderProduktions-undAbsatzmärktesinddabeidieübergeordnetenEntwicklungen.SiewerdendiePharmaunternehmeninZukunftvoralleminihrenStandortentscheidungenbeeinflussen.DieGlobalisierungderMärktebetrifftauchundinsbesonderediePharmabranche.NichtnurdieAbsatzmärktehabensichweltweitgeöffnet.Auchder internationaleStandortwettbewerb inderPharmabranchehatanIntensitätzugenommen.NeueStandortesinddabei,sichaufinternationalerEbenezuetablieren.VoralleminChinaundIndientretendieinihrerEntwick-lungsphase lange durch protektionistischeMaßnahmen vor ausländischerKonkurrenz geschützten Anbieter nun verstärkt auf die internationalenMärkte.GeradeinIndienhatdiejüngsteÄnderungimPatentrechtzueinerstrategischen und strukturellen Neuausrichtung der indischen Pharmain-dustrie geführt. Nachdem Indien das TRIPS-Abkommen (Übereinkommenüber handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums) unter-zeichnet hat, müssen indische Pharmahersteller, die Nachahmerprodukteproduzieren wollen, Lizenzgebühren für patentgeschützte Medikamentezahlen.DieInvestitioneninForschungundEntwicklung(F&E)habendarauf-hinzugenommen,undnebendieProduktionvonNachahmerproduktentritt

2 | Die Chancen des Pharmastandorts Deutschland im globalen Wettbewerb

Veränderung in Prozent

(linke Skala)

Gesamtumsatz in Mrd. US-Dollar

(rechte Skala)

2001 2002 2003 2004 2005 2006

25

20

15

10

5

0

700

600

500

400

300

200

100

0

Quelle: IMS World Review 2007.

Abbildung 2.1:

Weltweiter Pharmaumsatz

Die Pharmabranche wird in den nächsten Jahren durch sich weltweit öffnende Märkte und

neue Standorte geprägt.

China und Indien entwickeln sich vom Produktionsstandort

zum Forschungsstandort.

152008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

Abbildung 2.2:

Weltpharmamarkt

nach Regionen 2006

zunehmenddieErforschungundEntwicklungneuerProdukte.Dasheißt,dassIndiennichtmehrnuralsProduktionsstandortattraktivist,sondernsichindieGruppederglobalenWettbewerberumF&E-Investitioneneingereihthat.AberauchinIrland,Schweden,BelgienundDänemarksindneuePharmabe-triebeentstanden,dieindenletztenJahrengegenüberdenetabliertenStand-ortenwiedenUSA,GroßbritannienoderFrankreichaufgeholthaben.

DieheutegetroffenenStandortentscheidungenbestimmenmaßgeblichdarüber,wo inZukunftWachstumundBeschäftigung inderPharmabran-chestattfindenwerden.Abbildung2.2zeigtdenPharmaumsatzimJahr2006nachRegionensowiedieprozentualeVeränderunggegenüberdemVorjahr;demnachhatdierelativeBedeutungdesPharmamarktesinderEUdurchdiehöherenprozentualenZuwächseinfastallenanderenRegionenleichtabge-nommen.

DerStandortwettbewerbinderPharmabranchealswissensintensivemSektorfokussiertsichdabeivorallemaufdielangfristigenInvestitions-undForschungsbedingungen an den einzelnen regionalen Standorten. So wirdinZukunftderWettbewerbumhochqualifizierteFachkräftezunehmen.DieInfrastruktur anwissensintensivenDienstleistungenunddasAngebot aufden relevantenFaktormärkten sind zueinemwichtigenStandortfaktorge-worden. Von Bedeutung sind für die Pharmabranche darüber hinaus ins-besondere regionale Cluster, in denen jedes Unternehmen von den jeweilsanderendortansässigenUnternehmenprofitiertundaufdieseWeiseweitereanzieht.DadurchkönnenGrößenvorteile(EconomiesofScale)undVerbund-vorteile(EconomiesofScope)indemregionalenFaktorangebotausUniversi-tätenundanderenForschungseinrichtungenwieauchineinerspezifischenInfrastrukturrealisiertwerden.EsstelltsichdieFrage,inwieweitbeiStand-ortentscheidungeninderPharmabranchediegesamteWertschöpfungsketteberücksichtigtwird.AndenSchnittstellenzwischendemBereichForschungundEntwicklungundderProduktioneinerseitssowiezwischendenBereichenProduktion und Absatz andererseits könnten merkliche EffizienzgewinnedurchClusterbildungrealisiertwerden.AllerdingsistinZeitenvonmobilenProduktionsfaktoren und moderner Informations- und Kommunikations-methodenräumlicheNähewenigerbedeutsamalsinvergangenenZeiten.

Quelle: IMS World Review 2007.

350 14

12

10

8

6

4

2

0

-2

250

200

150

100

50

0

Nordamerika

Umsatz 2006 in Mrd. US-Dollar (linke Skala)

Veränderung in Prozent gegenüber dem Vorjahr (rechte Skala)

EU Japan Asien Lateinamerika-50

300

Auch in Europa entsteht neue Konkurrenz.

Der internationale Standort-wettbewerb verschärft sich und fokussiert sich auf hoch qualifizierte Fachkräfte.

Er findet Ausdruck in der Bildung regionaler Cluster und ...

16 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

EineweiterewichtigeEntwicklungsinddieseiteinigenJahrenzubeob-achtendenUnternehmenszusammenschlüsse.InsbesonderedieeuropäischenPharmakonzerneversuchen,durchZusammenführungundÜbernahmenvonUnternehmendieoptimaleBetriebsgrößefürdieglobaleWettbewerbsfähig-keit zu erreichen. Größenvorteilewerden vor allem in der Biotech-Branchegesucht.AuchimSegmentderGenerikaherstellerbestehteinTrendzuFusi-onenundÜbernahmen.Esistzuerwarten,dasssichindennächstenJahrendieserTrendindergesamtenPharmabranchefortsetzt(vgl.Abbildung2.3).

Die Standortentscheidung von Pharmaunternehmen hängt maß-geblichvomAusmaßdernationalenpharmaspezifischenRegulierungab–angefangen von ethischen Fragestellungen über Antragsverfahren in For-schung und Entwicklung bis hin zu den Zulassungsbestimmungen, derProduktionunddemAbsatz.Diesbezüglichhaben sichauch infolge zuneh-mender Marktpotenziale von Schwellenländern die StandortbedingungenfürdiePharmabrancheinForschung,ProduktionundAbsatzindiesenLän-dernverbessert.

AufinternationalerEbeneistderSchutzgeistigenEigentumseinwich-tigesThema.HiersindinsbesonderePatentschutzrechtezunennen,diefürdiePharmabranche aufgrund der langen Forschungs- und EntwicklungszeitensowiederhohenInvestitionenbesonderswichtigsind.DerReturnonInvest-menthängtentscheidendvondiesenGrößenab.RegulierungenundPatent-schutzhabeninsoweiteinenkurzfristigenEinflussaufdie»Grenzinvestition«derPharmabranche.Mittelfristigkönnen»mobile«ForschungsinvestitionenanattraktivereStandorteverlagertwerden, langfristigkönnenauchStand-ortentscheidungeninfolgesichändernderRegulierungenneugetroffenwer-den,sodasseszuVerlagerungenkommenwürde.FürdiePharmabranchealsGanzeshatdieGestaltungdesPatentrechtsgravierendeFolgen.ZwarsolltenInnovationen als Kollektivgut bzw. nichtrivalisierendes Wissen einerseitsmöglichst schnell derAllgemeinheit zugänglich gemachtwerden, anderer-seits sind ein wirksamer Patentschutz und die Gewährung von Monopol-renten über einen gewissen Zeitraum einwichtiges Anreizinstrument zurFörderung privater Forschungsaktivitäten. GelangenGenerika »zu schnell«aufdenMarkt,reduziertsichderInnovationsanreizunddieGrenzinvestitionverringertsich.EinezugeringeInvestitions-undInnovationstätigkeitkannaberdynamischineffizientsein.DieErzeugungkleinerVerbesserungenstatt

Abbildung 2.3: Unternehmenszusammenschlüsse

in der Pharmabranche, in Milliarden US-Dollar

Quelle: PricewaterhouseCoopers 2008.

70

60

50

40

30

20

10

02006 2007*

Westeuropa Nordamerika

... in hohen Unternehmens-zusammenschlüssen.

Ein wichtiger Standortfaktor ist die Regulierung.

Entscheidend für die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten von Pharmaunternehmen ist

der Schutz geistigen Eigentums.

* Prognose des HWWI

172008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

großerInnovationenwirdausdiesemGrundoftalscharakteristischfürdiePharmabranche angesehen (vgl. Dominguez / Ganuza 2007). Esmuss aberfestgehaltenwerden, dass diese Schrittinnovationen zum Teil signifikanteVorteile fürdiePatientenmit sichbringenundesdanebenauchweiterhinSprunginnovationendurchneueWirkstoffeoderneueTherapieansätzegibt.DerUmfangunddieRichtungprivaterForschungsinvestitionenwerdengera-deinderPharmabranchemaßgeblichdurchdiewirksameDurchsetzungvonPatentschutzrechten sowie durch die Dauer des Patentschutzes bestimmt.DeshalbhatdieWelthandelsorganisation(WTO)zurinternationalenDurch-setzungvonPatentrechtenundzumSchutzgeistigenEigentumsimRahmendesWelthandelsdasTRIPS-Abkommeninitiiert.

2.2 | Wachstumsperspektiven der Pharmabranche

Die weltweiten Gesundheitsausgaben betrugen im Jahr 2004 über4 Billionen US-Dollar; dies entspricht durchschnittlichen Pro-Kopf-Gesund-heitsausgabenvon639US-Dollar. In denOECD-Ländernbeträgt derDurch-schnitt2716US-Dollar,indenUSAalsLandmitdenweltweithöchstenPro-Kopf-Ausgabensogar6103US-Dollar,inDeutschland3521,inChina70undin Indien 31 (vgl.WHO).DieWachstumsperspektiven derGesundheitswirt-schaftundinsbesonderederPharmabranchewerdenauchindenkommendenJahrenundJahrzehntensehrgünstigbleiben.DieszeigenauchdieGesund-heitsausgabenalsAnteilamBruttoinlandsprodukt.DieserAnteilwirdindenOECD-Ländernauch inZukunftweiter steigen.Bis 2020 ist indenUSAmiteinemAnstiegvonderzeitrund16%aufüber20%undindenübrigenOECD-Ländernvondurchschnittlichrund9%aufca.15%zurechnen(vgl.PwC2007,Pharma2020).SteigendeEinkommenundsteigendeAnteilesorgenalsofüreinendoppeltenexpansivenEffektbeiderGesundheitsnachfrage.

WeltweitwirdinsbesonderedieNachfragenachPharmaproduktenundMedizintechnikindennächstenJahrendeutlichzunehmen.VorallemindenschnellwachsendenundbevölkerungsreichenEntwicklungs-undSchwellen-ländern,wiez.B.Chinaund Indien,werdenneueAbsatzmärkteentstehen.GeradeindenunterenEinkommensbereichenistdieEinkommenselastizitätderGesundheitsausgabengrößerals eins,d.h. derAnteilderGesundheits-ausgabennimmtbeisteigendemEinkommenzu.FürEntwicklungsländeristGesundheitnebenBildungeinederzentralenSchlüsselgrößenfürdiewirt-schaftlicheEntwicklung.DochnichtnurindenEntwicklungs-undSchwel-lenländern, sondern auch in den entwickelten Industrieländern wird dieNachfragesteigen.Gesundheitals»superioresGut«wirdbeisteigendenEin-kommenauchhierstärkernachgefragt.IndenentwickeltenIndustrieländernspielt jedochwenigereinemengenmäßigeAusweitungderNachfrageeineRollealsvielmehreinestärkerqualitätsorientierteNachfrage,dieneueVer-fahrenundeinehöhereProduktdifferenzierungeinschließt.Darüberhinauswird auch die Zunahme der Lebenserwartung zu einer weiter steigendenGesundheitsnachfrageführen.

DesWeiterenkönneninZukunftneueKrankheiten,Epidemienetc.auf-treten,z.B.alsFolgedesKlimawandels.HierkönnenInnovationenimPharma-bereichdievolkswirtschaftlichenKostenneuentstehender,aberauchheute

Ein wirksamer und international durchsetzbarer Patentschutz gibt positive Anreize für pharma-zeutische Innovationen.

Die weltweiten Gesundheits-ausgaben werden in den nächsten Jahren deutlich steigen.

Aber auch in den entwickelten Industrieländern steigt die Gesundheitsnachfrage.

Neue Absatzmärkte entstehen vor allem in den Schwellenländern.

18 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

schonbekannterKrankheitensenken(vgl.Bräuningeretal.2007).VorallemdiedirektenundindirektenKostenderdemografischenAlterungindenwest-lichen Industrieländern können deutlich reduziert werden, Erwerbsquotenerhöht, Lebensarbeitszeiten verlängert und die Arbeitsproduktivität gestei-gert werden. Außerdem wird sich in Zukunft der Gesundheitsbegriff inmodernenGesellschaftennachhaltigverändern.Gesundheit istdabeinichtbloßalsAbwesenheitvonKrankheitzudefinieren,sondernumfassenderalsein Lebenskonzept im Sinne der Definition derWorld Health Organization(WHO) nach der Erklärung vonAlma-Ata: »Health is the state of completephysical,mentalandsocialwell-beingandnotmerelytheabsenceofdiseaseorinfirmity«.DieseDefinitionist1986inder»OttawaCharterforHealthPro-motion«derWHOergänztwordenumdenPassus:»Health isaresourceforeverydaylife,nottheobjectiveofliving.Healthisapositiveconceptemphasi-zingsocialandpersonalresources,aswellasphysicalcapacities.«FolgtmandieserbreiterenDefinitionvonGesundheitunddemTrendeinessteigendenGesundheitsbewusstseins,dannwerdeninsbesonderedieprivatenGesund-heitsausgabenweiterstarkansteigen.Geradediesteigendenprivaten,d.h.freifinanziertenGesundheitsausgabenunterstreichendenNutzenvonGesund-heitimGegensatzzuröffentlichenWahrnehmungalsKostenfaktor.

Der steigendenNachfrage auf denweltweiten Absatzmärkten stehenneueTechnologiengegenüber,dieinZukunftvonderAngebotsseitehereinenstarkenWachstumsimpuls in der Pharmabranche auslösen werden. Basis-innovationenindenBio-,Gen-undNanotechnologienführenzuneuenVer-fahrenundProdukten.Dieswirddazu führen,dasssichderQualitäts-undInnovationswettbewerbinderPharmabrancheweiterverschärfenwird.Der-zeit werden 13 % aller F&E-Investitionen in Europa in der Pharmabranchegetätigt(vgl.Dominguez/Ganuza2007). IndenOECD-LändernhatsichderAnteil von 5 auf 10 % verdoppelt (vgl. Nusser / Tischendorf 2006). Die zuerwartenden Basisinnovationen in den neuen Technologien könnten sogarAuslösereinerlangenWachstumswellesein.ZumindestistdieGesundheits-wirtschaftundinsbesonderediePharmabrancheeinederzentralenWachs-tumsmärktederZukunft.

InsgesamtsinddieWachstumsperspektivenderPharmabranchesowohlvonderNachfrage-alsauchvonderAngebotsseiteheralssehrgünstigeinzu-schätzen.Bis2010wirdderPharmaumsatzvon643MilliardenUS-DollarimJahr2006realaufrund812MilliardenUS-Dollarsteigen,bis2015aufrund1,1BillionenUS-Dollarundbis2020schließlichaufrund1,7BillionenUS-Dollar(vgl.Abbildung2.4).DietreibendenFaktorensindvorallemdiewachsendeninternationalen Absatzmärkte, steigende Einkommen in den Industrielän-dernundvorallem indenEntwicklungs-undSchwellenländern sowiedieZunahmederLebenserwartungunddasWachstumderWeltbevölkerungaufderNachfrageseite.AufderAngebotsseitetragenneueTechnologienundPro-duktinnovationenzumBranchenwachstumbei, indemnebendiequantita-tiveAusweitungderNachfrageverstärkteineangebotsinduziertequalitativeNachfragetritt.DiefürdiePrognoseunterstelltedurchschnittlichejährlicheWachstumsratedesPharmaumsatzessetztsichausdemBevölkerungswachs-tum,demAnstiegdesPro-Kopf-EinkommenssowieeinemangebotsseitigenWachstumstrend zusammen.Hierbei steigendieAusgaben fürGesundheitalssuperioresGutstärkeralsdasEinkommenselbstan.

Basisinnovationen in der Bio-, Gen- und Nanotechnologie

sorgen auf der Angebotsseite für einen Wachstumsschub.

Der weltweite Pharmaumsatz steigt bis 2020 um das 2,5-fache.

192008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

2.3 | Startbedingungen für den Standort Deutschland

Gemessen an Produktion, Wertschöpfung und F&E-Investitionen hatDeutschlandgegenüberdentraditionellenPharmastandortenGroßbritannien,Frankreich,derSchweizunddenUSAseit1990tendenziellanBedeutungver-loren(vgl.Cassel/Wille2007).DarüberhinaushabensichneuekonkurrierendeStandorte,wiez.B.Irland,Schweden,BelgienundDänemarketabliert,dieeinehoheWachstumsdynamikaufweisen.DamitnimmtdietraditionelleStand-ortbindungab;derStandortwettbewerbnimmtzu.NichtnurinderProduktion,sondernauch inForschungundEntwicklunghabensichnebendenMarkt-führernUSAundGroßbritannienmitIndienundSingapurauchSchwellen-länderalsKonkurrenzetabliert.DenChancen,amweltweitstarksteigendenPharmamarktzupartizipieren,stehtsomiteinzunehmenderStandortwett-bewerbgegenüber.ImFolgendensollendaher–imSinneeinesempirischenBefunds–dieStärkenundSchwächendesdeutschenPharmastandortsdarge-stelltwerden.

InZeitenvonglobalisiertenMärktenundhoherMobilitätder Produk-tionsfaktorenhabendieStandortbedingungeneineimmergrößerwerdendeBedeutung.Siebestimmen,inwieweitmobilesKapitalundhochqualifizierteArbeitskräftebereitsind,andenjeweiligenStandortentätigzusein.Nebenden allgemeinen Produktions- und Lebensbedingungen sind es branchen-spezifischeFaktoren,diedieAttraktivitäteinesStandortsdeterminieren.SoexistierteineReihevonpharmaspezifischenFaktoren,dieüberdiezukünftigeWettbewerbsfähigkeit des PharmastandortsDeutschland entscheiden.Undhieristnichtnurbedeutsam,wiesicheinStandortentwickelt,sondernauchdie relativePositionzudenWettbewerbern. InAnbetrachtder langenF&E-ZeitenundlangfristigenInvestitionsentscheidungenbestimmtdieaktuellePolitikdieEntwicklungindennächstenJahrzehnten.

Dabeibietetessichan,dieseFaktorennichtisoliertzubetrachten,son-dernmögliche Zusammenhängeüber die Stufen derWertschöpfungskette,vonderForschungundEntwicklungüberdieProduktionbiszumAbsatzundVertrieb,zuberücksichtigen(vgl.Abbildung2.5).Dabeistelltsich jedochdieFrage,obdieseZusammenhängetatsächlichobjektivbestehenoderehersub-jektivindenKöpfenderbeteiligtenAkteurevorhandensind.InbeidenFällensindsieentscheidungsrelevant.

Abbildung 2.4: Entwicklung des weltweiten

Pharmaumsatzes in Milliarden US-Dollar

und konstanten Preisen

Quelle: Prognose des HWWI.

1200

1400

1600

1800

1000

800

600

400

200

02005 2010 20202015

Deutschland hat als Pharma-standort in den Neunzigerjahren an Bedeutung verloren.

Steigende Faktormobilität erhöht den Wettbewerbsdruck auf den Standort Deutschland.

Standortfaktoren sind über die gesamte Wertschöpfungs-kette zu bewerten.

20 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

DiePharmabrancheweistimVergleichzuanderenBranchenhoheInves-titioneninForschungundEntwicklungauf.InsoweitsinddieF&E-bezogenenStandortbedingungenfürdiePharmabranchesehrwichtig.ImBundesberichtForschung2006wirdzudemfestgestellt,dassdieLebenswissenschaftenzudenwichtigstenInnovationsfeldernunsererZeitgehören,dasieeinengroßenEinflussaufdieProduktionsweiseinderPharmazie,Medizin,Chemie,Land-wirtschaft, Lebensmittelindustrie sowie der Umwelt- und Energietechnikhaben (vgl.BundesministeriumfürBildungundForschung2006).MitdemBegriff Lebenswissenschaften werden biowissenschaftliche, biomedizini-sche,pharmakologischeoderbiotechnologischeForschungsbereichebezeich-net. Der Forschungsstandort Deutschland ist im Bereich Forschung undEntwicklungiminternationalenVergleichallerdingsetwaszurückgefallen.WährendimDurchschnittderJahre1973bis1977noch13,1%derweltweitenF&E-AusgabeninderPharmaindustrievondeutschenUnternehmengetätigtwurden,sankdieserAnteilbis 1995aufknapp6%.SeitdieserZeit ister je-dochwiedergestiegenundliegtderzeitbeirund8%(vgl.Cassel2008,S.2f.;Nusser/Tischendorf,A.2006,S.29).DamitliegtDeutschland,wasdenBeitragzudenweltweiten F&E-Ausgaben inder Pharmaindustrie anbelangt,welt-weit an fünfter Position. Differenziert nach den beiden Teilbereichen For-schung und Entwicklung sind heute die USA im Teilbereich Forschung,Großbritannien ist imTeilbereichEntwicklung führend.DieF&E-AusgabenderPharmaindustrieinDeutschlandhattenin2005einenAnteilvon0,15%amdeutschenBruttoinlandsprodukt.InJapanlagdieserAnteilbei0,21%,inIrlandbeinahe0%(eigeneBerechnungaufOECD-Datenbasis).

Wichtig für die Innovationsfähigkeit der Pharmabranche sind jedochnicht nur die eigenen F&E-Anstrengungen, sondern auch jene in anderenBranchen. Private Forschung in anderen Industriezweigen kann sich ebensopositivaufdiePharmaindustrieauswirken,indemdieerzieltenForschungs-ergebnisse auf die Pharmabranche ausstrahlen und dort direkt oder durchAnschlussforschungverwertetwerdenkönnen.EinIndikatorfürdasAusmaßsolcher Ausstrahlungs- oder Spill-over-Effekte zwischen unterschiedlichenBranchenistdieEntwicklungderPatentintensität.DeutschlandwarmiteinerPatentintensität von 0,17 (beim Europäischen Patentamt erteilte Patente je1000Einwohner)in2006iminternationalenVergleichrelativgutpositioniert.EswiesdamiteinedeutlichhöherePatentintensitätalsetwaFrankreich(0,07),Großbritannien (0,04), Italien (0,04) und Irland (0,02) auf. Eine gleich hohePatentintensitätwar in Finnland, eine höhere in der Schweiz (0,29) festzu-stellen.JapanweistzwarbeimEuropäischenPatentamteinewesentlichnied-rigere,beimUS-amerikanischenPatentamtabereinedeutlichhöherePatent-intensitätalsDeutschlandauf(eigeneBerechnungenaufBasisvonDatendesEuropäischenPatentamtsundderOECD2008).

WesentlichfürdieStandortattraktivitäteinesLandesfürdiePharmain-dustrieistauchdieöffentlicheFörderungderGrundlagenforschung,wasauchinanderenStudienhervorgehobenwird(vgl.NERAEconomicConsulting2007,

Abbildung 2.5: Wertschöpfungskette

eines Pharmaunternehmens

Forschung & Entwicklung Produktion Absatz

In Forschung und Entwicklung hat Deutschland in den letzten

Jahren wieder aufgeholt.

Deutschland ist bei den Patenten gut positioniert ...

... und befindet sich bei der Grundlagenforschung im

Mittelfeld.

212008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

Abbildung 2.6: Forschungsausgaben in

Prozent des Bruttoinlandsprodukts in

ausgewählten Ländern in 2006

(sowohl private als auch öffentliche

Ausgaben; Schweiz: Wert für 2005;

Großbritannien: eigene Berechnung

auf Basis von OECD- und Eurostat-Daten)

Abbildung 2.7: Anteil der Naturwissenschaftler

und Ingenieure an den Beschäftigten eines Landes

in 2006 getrennt nach Männern und Frauen

(Werte in Prozent; Beschäftigte im Alter von 25 bis 64,

Schweiz: Wert für 2005)

S.23).WieAbbildung2.6zeigt,wiesenvondenLändern,diealsWettbewerberimBereichPharmaundBiotechnologievongroßerBedeutungsind,mitGroß-britannienundFrankreichzweiLändereineniedrigereForschungsquotealsDeutschlandauf.HöherwardieQuotejedochinfünfLändern,wobeisichderAbstandzudenUSAalsrelativgeringdarstellte.

EinSchlüsselfaktorfürdenPharmastandortistdasVorhandenseineinerstarkenwissenschaftlichenBasis,dieauseinerausreichendhohenAnzahlvonWissenschaftlern und Fachkräften besteht. Diesbezüglich hat der StandortDeutschlandbisdato,aufgrundseinertraditionellbedeutendenRolleinderChemieundMedizin,Wettbewerbsvorteilegehabt.DerF&E-StandortDeutsch-landkanniminternationalenVergleichaufholen,wennauchinZukunftaufeineausreichendeZahlhochqualifizierterheimischerWissenschaftlerfürdiePharmaforschungzurückgegriffenwerdenkann.

Die folgende Abbildung 2.7 zeigt den Anteil der beschäftigten Natur-wissenschaftlerundIngenieureanallenBeschäftigten,jeweilsgetrenntnachMännern und Frauen. Deutschland liegt mit einem Anteil von insgesamt5,7%überdemEU-Durchschnitt.AllerdingsistderAnteilderweiblichenF&E-BeschäftigteninDeutschlandiminternationalenVergleichgering.SoweistetwaIrlandeinenfastdreimalsohohenFrauenanteilbeidenF&E-Beschäf-tigtenauf.Auch indenNiederlandenund in Finnland ist der FrauenanteilwesentlichhöheralsinDeutschland.

Quellen: Eurostat 2008a, OECD 2008.

Quelle: Eurostat 2008a, OECD 2008

Irland 1,32

Großbritannien 2,03

China 1,44

Deutschland 2,51

USA 2,62

Finnland 3,45

Schweden 3,82

Frankreich 2,12

Schweiz 2,93

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4

3,4 3,4

5,7 1,1

4,5 1,2

3,9 1,7

3,7 1,1

3,3 1,5

4,9 1,8

Irland

Schweiz

Deutschland

Niederlande

Frankreich

EU-27

Finnland

Großbritannien 3,9 1

0 1 2 3 4 5 6 7

Anteil Männer

Anteil Frauen

22 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

Für die langfristige Verfügbarkeit von Fachkräften ist weiterhin dieBildungspolitikeinesLandesvonentscheidenderBedeutung.EineFörderungdes naturwissenschaftlich-technischen Nachwuchses muss bereits früherfolgen. Vor diesem Hintergrund kann die PISA-Untersuchung des Jahres2006alseinBelegfürdieVerbesserungdesAusbildungsstandsderdeutschenSchülerindenNaturwissenschaftenindenletztenJahrenangesehenwerden.Wie nämlich Abbildung 2.8 zeigt, lag Deutschland mit 516 Punkten beimSchwerpunkttestNaturwissenschaftendeutlichüberdemOECD-Durchschnitts-wert von 500und auchvor einigen anderen europäischen Ländern.Damitbringen im internationalen Vergleich relativ viele deutsche Schüler guteVoraussetzungenfürnaturwissenschaftlich-technischeBerufeundStudien-gängemit.DieErgebnissehabensichseitdervorherigenPISA-UntersuchungdesJahres2003verbessert.AllerdingsinteressiertsichinDeutschlandeiner-heblicherAnteildernaturwissenschaftlichbegabtenSchülernichtoderkaumfürentsprechendeBerufe.InderPISA-Untersuchung2006liegtdieserAnteilfürDeutschlandbeietwa44%undistetwainFinnlandoderinderSchweizmitjeweils38%deutlichgeringer(PISA-KonsortiumDeutschland2007,S.6f.).InsofernbestehtnocheingrößeresPotenzialankünftigennaturwissenschaft-lichenFachkräften,dasesbesserauszuschöpfengilt.

NebenderFörderungdesNachwuchsesistauchdieEinbeziehungältererFachkräfteindenArbeitsmarktvongroßerBedeutung.HierlagDeutschlandin2006miteinerErwerbsquoteder55-bis64-JährigeninHöhevon48,5%hin-terIrland(53,4%),Großbritannien(57,4%),denUSA(61,8%),Japan(64,3%)undderSchweiz(65,7%)(vgl.OECD2008).

Seit 1995 sind die F&E-Ausgaben der Pharmabranche in Deutschlanddeutlichangestiegen(vgl.Abbildung2.9).DievonderBundesregierungneuein-gerichtete Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) kommt inihrem jüngsten Gutachten zum Ergebnis, dass die Forschungsintensität indenmeistenSektorenderSpitzentechnologiezurückgegangenist,davonaus-genommenistderBereichderpharmazeutischenInnovationen;dort istdieForschungsintensität entgegendiesemTrendweiter gestiegen. Inden F&E-Investitionenam»aktuellenRand«spiegelnsichdieErwartungenderInves-toren an die langfristigen Standortbedingungenwider, da die Erträge vonF&E-Investitionen oftweit in der Zukunft liegen. In diesemSinne sinddie

Quelle: PISA-Konsortium Deutschland 2007.

Abbildung 2.8: PISA-Ergebnisse

im Schwerpunkttest

Naturwissenschaften 2006

(mittlere erreichte Punktzahl)

OECD-Schnitt

Frankreich

500

495

Irland 505

Schweden 503

Großbritannien 515

Deutschland 516

Japan 531

Finnland 563

Schweiz 512

Niederlande 525

460 480 500 520 540 560

232008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

aktuell steigenden F&E-Investitionen von Pharmaunternehmen in Deutsch-land auch ein Indikator für die hohe und verlässliche StandortqualitätDeutschlands.

DieprivatenF&E-AusgabenderPharmaunternehmendürfenjedochnichtals isolierteUnternehmensentscheidungen interpretiertwerden. Sie sind imKontextderBedingungenamForschungsstandortDeutschlandzubewerten.Dies schließt öffentliche F&E-Investitionen im Rahmen der Grundlagen-forschung,denTechnologietransfer zwischenprivaterundöffentlicher For-schung sowie die Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik und die rechtlichenRahmenbedingungenein.

Die gestiegenen F&E-Ausgaben spiegeln sich auch in den Patentan-meldungenwider,dieihrerseitsalsein»Frühindikator«fürdieInnovations-fähigkeiteinesForschungsstandortsangesehenwerdenkönnen.DieZahlderPatentanmeldungenimPharmabereichistindenletztenJahreninDeutsch-landstärkerangestiegenalsindenanderenPharmastandorten;diesbetrifftsowohldiedirektePharmazeutikalsauchdieBiotechnologieunddieBiophar-mazeutik(vgl.Cassel/Wille2007).ImBereichderkommerziellenklinischenStudienistDeutschlandseit2007aufPlatzeins inEuropa,knappvorGroß-britannienunddeutlichvorItalienundFrankreich(vgl.BfArM2008).

WasdiePharmaproduktioninDeutschlandbetrifft,soistdieseindenletztenJahrendeutlichgestiegen(vgl.Abbildung2.10).

Quelle: Statistisches Bundesamt 2007.

Quelle: OECD 2008

Abbildung 2.9: F&E-Ausgaben

der deutschen Pharmabranche

in Millionen Euro

Abbildung 2.10:

Pharmaproduktion in Deutschland

3000

4000

2000

1000

01995

1250

1997

1893

2001

2277

2003

3059

2005

3390

1999

2090

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

8 20

10 25

6 15

4 10

0 0

2 5

Veränderung in Prozent (linke Skala) Produktion in Mrd. Euro (rechte Skala)

Deutschland ist bei den klinischen Studien führend in Europa.

24 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

Die Pharmaproduktion in Deutschland ist stärker gestiegen als derheimische Absatz. Daraus resultiert ein steigender Exportüberschuss (vgl.Tabelle 2.1). Die Exporte deutscher Pharmaprodukte betrugen im Jahr 2005rund37,5MilliardenUS-Dollar,währendnurMedikamentefür30MilliardenUS-Dollarimportiertwurden.DeutschePharmaexportegeheninsbesonderenachBelgien, indieUSA, indieNiederlandeunddie Schweiz. ImportevonPharmaprodukten bezieht Deutschland vor allem aus Irland, den USA, derSchweizundFrankreich(vgl.BPI2008).

Dies spricht für die Exportstärke der in Deutschland produzierendenPharmaunternehmen,dieDeutschlandauchimPharmabereichzumExport-weltmeistermachen.DieweltweiteÖffnungderAbsatzmärkteunddiegleich-zeitigstarkwachsendeNachfragenachGesundheitsleistungenundPharmamachtdenStandortDeutschlandoffenbarfürdiePharmaunternehmenauchausPerspektivederExportmöglichkeitenattraktiv.BesondereBedeutungfürdengrenzüberschreitendenHandelkommtdabeidemSchutzgeistigenEigen-tums zu.Hierhat dieBundesregierung imRahmenderG8-PräsidentschaftwichtigeAnstößegegeben.ZuRechtwirdimSchlussdokumentdesG8-GipfelsinHeiligendammderSchutzgeistigenEigentumsals»StützederInnovation«–unddamitalsBasisfürWettbewerbsfähigkeitundnachhaltigesWachstum–bezeichnet.

Nochwichtiger als die »traditionelle« Pharmaproduktionwird in Zu-kunft die Hightechproduktion bestimmter chemischerWirkstoffe und vorallemdieBiotech-Branchesein,dadieseschonjetzthöhereWachstumsratenaufweist und darüber hinaus besonders forschungsintensiv und innovativist.SieversprichtdaherzukünftigeinenhohenvolkswirtschaftlichenWachs-tumsbeitragundstellteinegroßeExportchancedar.Nacheinerdurchkon-troverseDiskussionenundlangwierigeGenehmigungsverfahrengeprägtenAnfangsphase der Biotechnologie hat sich Deutschland im vergangenenJahrzehnt zu einem weltweit führenden Biotech-Standort entwickelt. Ins-gesamtwurdenimJahr2006imBereichdermedizinischenBiotechnologieinDeutschland366Biotech-Unternehmengezählt (vgl.TheBostonConsultingGroup2007).BeiderEMEAsindderzeitinsgesamt246KMU(kleineundmitt-lereUnternehmen)gelistet,davon42ausDeutschland(PlatzzweihinterUKundvorFrankreich).DerGroßteilderFirmenistimBereichderArzneimittel-

Quelle: World Trade Organization 2008.

Tabelle 2.1: Welthandel mit

pharmazeutischen Produkten

2006 in Millionen US-Dollar

Land Exporte Importe Überschuss

Irland 17 994 2 484 15 510Schweiz 25 131 12 983 12 148Deutschland 37 506 30 097 7 409Großbritannien 22 487 15 964 6 523Frankreich 22 912 17 040 5 872Schweden 7 192 2 720 4 472Österreich 4 507 4 207 300Niederlande 11 074 11 301 -227Italien 13 135 13 870 -735Belgien 35 024 35 804 -780Spanien 5 933 8 844 -2 911Japan 3 327 8 204 -4 877

USA 25 946 39 323 -13 377

Die sich weltweit öffnenden Absatzmärkte sorgen für

günstige Exportchancen .

Besonders hohes Wachstum wird in der

Biotech-Branche erwartet.

Deutschland hat sich zu einem führenden Biotech-

Standort entwickelt.

252008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

entwicklung tätig. Bei der Produktion biotechnologischer Arzneimittel istDeutschland dank der hohen Investitionen von forschenden Pharmaunter-nehmenindenAusbaubereitsbestehenderAnlagenweltweitnachdenUSAaufPlatzzweivorgerückt.

NachdenstarkenWachstumsjahrenumdieJahrtausendwendehatsichdieLagederdeutschenBiotech-Start-upsdeutlichverändert.NebendenwenigwettbewerbsfähigengesundheitspolitischenRahmenbedingungen,dieauchdengroßenFirmenimSpannungsfeldimmerhöhererForschungs-,Entwick-lungs- und Produktionskosten für innovative Arzneimittel und TherapieneinerseitsundKostendämpfungsmaßnahmenimGesundheitswesenanderer-seitszuschaffenmachen,kommtbeidenBiotech-Start-up-UnternehmeninDeutschlandderengeringer»Reifegrad«hinzu.WegenderbereitsgenanntenungünstigenBedingungeninderAnfangsphasekamesMittederNeunziger-jahre im internationalenVergleicherst sehr spätzueinerGründungswelle.DeshalbhabendieUnternehmenauchnursehrwenigeProjekteinspäterenklinischenEntwicklungsphasen.ZudemsindseitMitte2001VentureCapitalsowie in jüngster ZeitdieKapitalanlageneinigerweniger PrivatinvestorennahezudieeinzigeKapitalquellefürdiejungendeutschenBiotech-Unterneh-men,dadasKlimafürBörsengängeimBiotechnologiebereichandenAktien-märkten nicht günstig ist. Dieser Trend begann sich zwar langsamumzu-kehren,wieeinigewenigeBörsengängeindenJahren2005und2006gezeigthaben,istindenletztenMonatenaberwiederabgeflacht.

DiefolgendeTabelle2.2fasstdieAktivitätenderkleinenundmittelgroßenBiotech-Unternehmen sowie die Biotechnologie-Aktivitäten großer Arznei-mittelherstellerinDeutschlandinklusivederdeutschenTochtergesellschaftengroßerinternationalerBiotech-Unternehmenzusammen.

TrotzdergutenAusgangslagederdeutschenBiotech-BrancheistderAb-standzudenUSAalsführendemStandort,derimJahr2006alleineinenAnteilvonca.75%derweltweit58,5MilliardenEuroerzieltenUmsätzeundeinenAnteilvon82%derweltweitenForschungsausgabenvon22,1MilliardenEuroaufweist,allerdingsnachwievorerheblich(vgl.Ernst&Young2007).

EinweitereszentralesStandortkriteriumfürdiePharmaindustriesinddie Regulierungen auf denAbsatzmärkten. Diesewerden imWesentlichendurchdasGesundheitssystemunddieGesundheitspolitik eines Landesbe-stimmt.DieGesundheitswirtschaftistjetztschoneinerderzentralenWachs-

Quelle: The Boston Consulting Group, 2006, 2007 und 2008. Tabelle 2.2: Wirtschaftliche Kenngrößen der medizi-

nischen Biotechnologie in Deutschland

Jahr Anzahl der

Unternehmen

davon Unternehmen

mit Produkten am

Markt und / oder

Wirkstofffindung

Beschäftigte der

Unternehmen

davon in den Unter-

nehmen mit Produkten

am Markt und / oder

Wirkstofffindung

Umsatz1 der

Unternehmen in Mio. €

davon aus den Unter-

nehmen mit Produkten

am Markt und / oder

Wirkstofffindung

2005 368 83 26 420 18 800 3 862 3 121

2006 366 (-0.5 %) 85 (+2.4 %) 29 909 (+13 %) 23 813 (+27 %) 4 010 (+4 %) 3 463 (+11 %)

2007 371 (+1 %) 97 (+14 %) 33 947 (+14 %) 27 483 (+15 %) 5 323 (+33 %) 4 701 (+36 %)

1 Umsatz mit Biopharmazeutika (Krankenhäuser und Apotheken); für aufstrebende Unternehmen: Umsatzangaben der Geschäftsberichte

(inkl. Lizenzen, Meilensteinzahlungen etc.)

Hohe Regulierung und fehlendes Venture Capital bereiten der Biotech-Branche jedoch Probleme.

26 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

tumsmärkte inDeutschland. Rund 11%desBruttoinlandsproduktswerdenin den Gesundheitsbranchen erwirtschaftet, und 4,3 Millionen Menschensind im Gesundheitssektor beschäftigt. In Deutschland wird der Arznei-mittelmarktjedochweitgehendregulatorischgesteuert,insbesonderedurchPreis- bzw. Erstattungs- und Mengenregulierungen, um dem KostendruckinderGesetzlichenKrankenversicherung(GKV)entgegenzuwirken.Diefak-tischeRationierunganGesundheitsleistungenistineffizientundwirdinderöffentlichenDiskussiongernenegiert. Eine stärkereDeregulierungdesGe-sundheitswesensundeineVerschiebungvondenöffentlichenzudenprivatenGesundheitsausgabenwürdenWachstumundBeschäftigunginderGesund-heitswirtschaft deutlich erhöhen. DerAnteil derGesundheitsausgaben amBIPkönntebis2020auf15%unddieBeschäftigungimGesundheitssektorauf5,5MillionenMenschensteigen(vgl.Straubhaaretal.2006).DiegrößtenZu-wächseaufdenGesundheitsmärktensinddabeiindemprivatfinanzierten,unreguliertenSegmentzuerwarten.DiePräferenzenvonPatientenundVer-sichertenkönnendurcheineLiberalisierungdesGesundheitswesensstärkeramMarktoffenbartwerden.DiesspieltinsoferneineRolle,alsdieGrößedesnationalenAbsatzmarktes fürPharmaunternehmeneinenzentralenStand-ortfaktordarstellt.DerzeitsindinderPharmaindustrieinDeutschlandin1042Unternehmenrund113000Menschenbeschäftigt,dieArzneimittelineinemProduktionswertvon23,7MilliardenEuroherstellen;eingroßerTeildavon,nämlichderzeitca.56%,wirdexportiert.DiePharmabranchestelltdamitfürDeutschlandimVergleichzuanderenBrancheneinensehrwichtigenExport-faktordar.

DerStandortDeutschlandistausSichtderPharmabrancheauchdeshalbinteressant,weilerzumeinenschonalleinederdrittgrößtePharmamarktderWeltist(vgl.Tabelle2.3)undzumanderen,weilermitdenanderenLändernderEUeinengemeinsamenBinnenmarktundmitdenLänderndesEuroraumssogareineWährungsunionbildet.

DerdeutscheAbsatzmarktistinsoweitderwichtigstestrategischeMarktinderEU,dieihrerseitsdieKaufkraftvon500MillionenMenschenbündelt.FürdieEU-15wirdindenJahren2006bis2011einedurchschnittlichejährlicheWachstumsratevon4,8%erwartet(vgl.IMS2007a).

Tabelle 2.3: Die größten Pharmamärkte,

Großhandelsumsätze in Millionen US-Dollar

Land Umsatz 2006 Umsatz 2005

USA 197 802 184 196

Japan 56 675 60 273

Deutschland 27 668 26 733

Frankreich 25 630 24 520

Großbritannien 15 666 14 985

Italien 14 942 14 496

Kanada 13 719 11 994

Spanien 11 629 10 852

Mexiko 8 096 7 481

Brasilien 8 366 6 760

Ausgewählte Märkte insgesamt 388 281 370 015

Quelle: IMS Drug Monitor 2008.

Die hohe Regulierung der Märkte durch die Gesundheits-

politik stellt eine wesentliche Standortschwäche dar.

272008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

InderGesamtschauallerStandortfaktorenkönnendieStartbedingun-genfürdenPharmastandortDeutschlandalsgünstigeingeschätztwerden.So sinddie Forschungsbedingungennachwievorgutbis sehrgut,wiedieführendePositionDeutschlandsbeidenklinischenStudienimeuropäischenVergleichzeigt–imJahr2007wurdeninDeutschlanddiemeistenklinischenStudien(miteinemkommerziellenSponsor)durchgeführt;Deutschlandhatin diesem Zusammenhang Großbritannien (bis 2006 Nummer eins in derEU)undalleanderenEU-Mitgliedsstaatenklarhintersichgelassen.DieBun-desregierung versucht durch neue Förderinitiativen (Pharmainitiative, Ge-sundheitsforschungsprogramm, Förderung von Koordinierungszentren fürklinische Studien) die Möglichkeiten der pharmazeutischen Forschung inDeutschland zu verbessern. Auch im Bereich der Zulassung neuer Arznei-mittelnehmendieBehörden inDeutschlandeineführendePositionein.Soistbeispielsweisedasfürbiologische/biopharmazeutischeMedikamentezu-ständigePaul-Ehrlich-InstitutdieführendeZulassungsinstitutionindiesemBereichinEuropaundhatauchweltweiteinengutenRuf.

Aber es darf dabei nicht vergessen werden, dass sich der Druck imglobalenWettbewerbumWissenundInnovationmassiverhöhthat;sowohletabliertealsauchneueStandortehabenihreAnstrengungengesteigert,ins-besondere die kurzfristigmobilen Forschungsinvestitionen durch günstigeRahmenbedingungenansichzuziehen.SelbsteintraditionellerForschungs-standort wie Deutschland kann schnell erodieren und langjährige Stand-ortvorteile können im globalen Standortwettbewerb schnell auf den Prüf-standvonInvestorenkommen.GeradeF&E-InvestitionenbauenoftaufdemvorhandenenBestandanF&E-RessourcenaneinemStandortauf,umpositiveSpill-over-Effekte zu realisieren und Komplementaritäten zwischen For-schungsaktivitäten zu nutzen. Größenvorteile treten insofern auf, als derStrom neuenWissens aus vorhandenemWissen umso höher ist, je größerderBestandanF&E-Ressourcen ist.Umsowichtiger ist esdaher,heutedenBestandanF&E-Ressourcenzuerhöhen,umlangfristigalsForschungsstand-ortattraktivzubleiben.

Der internationaleStandortwettbewerbhat sich inden letzten Jahrenauch deshalb deutlich verschärft, weil die Pharmabranche aufgrund ihreshohenWertschöpfungs-undBeschäftigungsbeitrags sowiederhohenF&E-IntensitätausvolkswirtschaftlicherPerspektivesehrattraktivist.DaStand-ortentscheidungen vonUnternehmen eine Entscheidung entweder für deneinenoderdenanderensind,müssendieStandortbedingungennichtnurgut,sondernbesseralsanderenortssein,umUnternehmeninDeutschlandanzu-siedeln.DieStandortqualitätdagegenisteinKontinuum.AusdiesemGrundisteserforderlich,MaßnahmenzurStärkungdesPharmastandortsfortwäh-rendundrechtzeitigzuergreifen,umdierelativeStandortpositiongegenüberkonkurrierendenStandortenzuhaltenbzw.zuverbessern.DurchdieExistenzvon Größenvorteilen und Clustereffekten sind die historischen Startbedin-gungenvonStandortenwesentlichfürderenweitereEntwicklung.»Rechtzei-tig«bedeutetindiesemSinne,vorhandeneStandortvorteileaktivzunutzenundzueinem»kritischen«Vorsprungauszubauen,sodassUnternehmensichansiedeln,diewiederum–infolgederGrößen-undVerbundvorteile–weitereAnsiedlungennachsichziehen.HeuteergriffeneMaßnahmenkönnenalso

In der Gesamtschau aller Faktoren weist Deutschland günstige Standortbedingungen für diePharmabranche auf.

Weitere Anstrengungen aber sind erforderlich angesichts ...

... eines verschärften internationalen Standortwettbewerbs ...

28 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

einerseits dazu führen, dass neue Standorte sich schnell entwickeln undetablieren,unterlasseneMaßnahmenkönnenandererseitsdazuführen,dasstraditionelleStandorteebensoschnellerodieren.

Angesichts der intensiven Anstrengungen konkurrierender Standorteund zahlreicher anstehender Standortentscheidungen von Pharmaunter-nehmenmüssenMaßnahmen ineinemengenZeitfenster –dieserunddernächstenLegislaturperiode–getroffenwerden.DiesesolltenüberalleStufenderWertschöpfungskette optimiert und aufeinander abgestimmt sein (vorallemwegenderEffizienzgewinneandenSchnittstellen; z.B.Technologie-transfervonderGrundlagenforschungzurProdukt-undMarktreife).Dierele-vantenHandlungsfelder sind vor allem Rechtssetzung undDeregulierung,ForschungundBildung,WirtschaftspolitikundFinanzierungsowieMentali-tätundInnovationsklima.

ImFolgendenwerden ineinemPolitik-Check zudeneinzelnenStufenderWertschöpfungskettediebereitsumgesetztenundgeplantenbzw.sichinderUmsetzungbefindendenMaßnahmenderGroßenKoalitionausökono-mischerPerspektive imDetailanalysiertundbewertet.Anschließendwirddie wirtschaftspolitische Beurteilung der Maßnahmen mit der Standort-bewertungdurchinternationaleEntscheidungsträgerausderPharmabranchekonfrontiert.

... und intensivierter Anstrengungen konkurrierender Standorte.

292008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

3 | Der Politik-Check aus Entscheider- und Expertensicht

3.1 | Vorgehensweise

DerempirischeBefundfürdenPharmastandortDeutschlandzeigt,dasssichdieStandortbedingungenfürdiepharmazeutischeIndustrieindenletztenJahrendeutlichverbesserthaben,nachdemsiesichseitdenSiebzigerjahrenbisindieNeunzigerjahreverschlechterthatten.InsbesonderederForschungs-undEntwicklungsstandorthatzuletztgegenüberkonkurrierendenStandortenwiederaufgeholt.DieszeigtetwadererstePlatzinEuropabeidenklinischenStudien.DieZunahmederForschungsinvestitionenderPharmaunternehmenindenletztenJahrenkanndabeialseineArt»Frühindikator«füreinenposi-tiver wahrgenommenen Standort gelten, da sich gerade in diesen langfri-stigenInvestitionendieErwartungenderInvestorenandieGüteunddieVer-lässlichkeitdermaßgeblichenStandortbedingungenwiderspiegeln.AuchinderProduktionisteinpositiverTrendzuverzeichnen:Deutschlandistdankerheblicher Investitionen großer Pharmaunternehmen seit 2003 nach denUSA die Nummer zweiweltweit bei der Biotech-Produktion, und auch beiImpfstoffengibteseinenerkennbarenKapazitätszuwachs.WasdieStufe»Ab-satz«derWertschöpfungskettebetrifft,soistsiewenigergünstigzubewerten,dadiesesehrstarkdurchRegulierungenderGesundheitspolitikbeschränktist.WerdendieverschiedenenStufenderWertschöpfungskettefürdieStand-ortentscheidungnichtisoliert,sondernübergreifendbeurteilt,könntensichDefiziteinProduktionundAbsatzauchinForschungundEntwicklungnegativbemerkbarmachen.

EinwichtigesZwischenfazitist,dassDeutschlandwiederzumführen-denPharmastandortEuropaswerdenkann,wennpolitischeMaßnahmenge-zieltandenidentifiziertenStärkendesPharmastandortsDeutschlandanset-zen,umdiesezuerhaltenundzustärken.ImFolgendensolldeshalbuntersuchtwerden,welcheMaßnahmenindenletztenJahrendazubeigetragenhaben,dieStandortattraktivitätzuverbessernundwelchenochnotwendigsind.

MethodischbasiertderPolitik-CheckaufzweiSäulen.Zunächstfindeteine quantitative und institutionelle wirtschaftspolitische Analyse statt.DieseerfolgtvordemHintergrundvorhandenerLiteratur,makro-undsozio-demografischerTrendssowieordnungsökonomischerÜberlegungen.BeidenpolitischenMaßnahmenwerdennebenwirtschaftspolitischenEingriffendesStaates auch die Handlungenweiterer Akteure (z. B. Institutionen des Ge-sundheitswesens)beleuchtet.DabeiwirdderPharma-undBiotech-StandortDeutschlandbezüglichseinerAttraktivitätmitdenwesentlichenWettbewer-bernverglichen.

Die zweite Säule bildet eine Befragung von Entscheidungsträgern ininternationalenPharma-undBiotech-UnternehmenundanderenwichtigenStakeholdernimBereichPharmaundBiotechnologie.Konkretwurden23Ent-scheidungsträgerausPharma-undBiotech-Unternehmenbefragt.Vondiesenhatten zehn Unternehmen den weltweiten Unternehmenssitz in Deutsch-land, sechs indenUSA,zwei inderSchweizund jeeins inGroßbritannien,Frankreich,DänemarkundJapan.DieInterviewpartnerwarenVorstandsmit-

Methodisch basiert der Politik-Check auf zwei Säulen.

Auf eine quantitative und institutionelle wirtschafts-politische Analyse ...

... folgt eine Befragung von Entscheidungsträgern.

30 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

glieder, fürdasweltweitePharmageschäftoderaber fürdieRegionEuropaverantwortliche Entscheidungsträger. Neben Vertretern der Pharma- undBiotech-IndustriewurdenzweiFinanzinvestoren,dreiVertreterausWissen-schaftsorganisationenundVertreter einerGewerkschaft befragt.Die Inter-viewpartner wurden im Rahmen eines leitfadengestützten Experteninter-views zum einen nach einer Einschätzung der Standortbedingungen inDeutschland,zumanderenauchnachnotwendigenReformenbefragt.

Esistdavonauszugehen,dassdieStandortbedingungenfürdieeinzel-nen Stufen derWertschöpfungskette unterschiedlich sind und dass unter-schiedlicheMaßnahmenzurStärkungderBereicheForschungundEntwick-lung, Produktion und Absatz notwendig sind. Einwichtiger Punkt für dieAnalyseist,obundinwieweitdieeinzelnenGliederderWertschöpfungsketteimHinblick aufdieAbleitungunternehmerischer Investitionsentscheidun-genzusammenhängenodersepariertwerdenkönnen.

3.2 | Forschung und Entwicklung

3.2.1 | Überblick, Analyse und Thesen zu den Standortbedingungen

FürdieAttraktivitäteinesF&E-StandortsspielenverschiedeneFaktoreneineRolle.GenerellentscheidetsicheinUnternehmen,inForschungundEnt-wicklungzuinvestieren,wenndieerwarteteRenditederF&E-Anstrengungenpositivist.AlsIndikatorlässtsichhierbeiderGegenwartswerteinerF&E-In-vestitionheranziehen.AlswichtigezusätzlicheBedingungmussdabeialler-dingsgelten,dassindeneinzelnenStufendesInnovationsprozessesdieFinan-zierungundLiquiditätdesUnternehmensgesichertsind.SomüssenetwadieLaufzeitenderFördergelderundderKrediteaufdiezuerwartendeRentabili-tätsentwicklungdesUnternehmensabgestimmtsein.Dabeiistzubeachten,dassinderPharmabrancheenormhoheAnfangsinvestitioneninForschungundEntwicklungnotwendigsind,bevorausdemEndproduktderForschungs-anstrengungenEinnahmengeneriertwerdenkönnen.Die zeitlicheSpannezwischen ersten F&E-Investitionen und ersten Erträgen (Marktreife einesMedikaments)beträgt inderPharmabrancherund10bis 15 Jahre. ImLaufedieseslangenZeitraumsreduziertsichdieAnzahlderfüreineZulassungalsMedikament infragekommendenWirkstoffsubstanzenenorm. So kann imDurchschnittvon5000bis10000potenziellenSubstanzkandidaten,dieinderForschungoptimiertwerden,nureinenacheinemZeitraumvon10bis15Jahren als Medikament zugelassen werden. Dies ist umso herausfordern-der fürStart-up-Unternehmen,die sich ihreWettbewerbspositionaufdemMarktersterarbeitenmüssen.

Im Bereich der öffentlichen Finanzierung der Forschung spielen inDeutschlanddieDeutscheForschungsgemeinschaft (DFG)unddasBundes-ministeriumfürBildungundForschung(BMBF)alsGeldgebereinewesent-licheRolle.

DieBundesregierunggibtjährlichrund790MillionenEurofürdieFor-schungs-undTechnologieförderung inden Lebenswissenschaftenaus.Vonden790MillionenEurowerdenrund177MillionenEurofürdieProjektförde-

Lange Forschungs- und Entwicklungszeiten

kennzeichnen die Branche.

312008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

rungimBereichBiotechnologieausgegeben.DieMittelfließenvorallemindenAufbauvonBasisinnovationen.MitverschiedenenStrukturmaßnahmen(BioRegio, BioProfile, BioChance, BioChancePlus) versucht die Bundesregie-rung jungeBiotech-Unternehmen inDeutschlandzu fördern,diezukunfts-trächtige,aberriskanteForschungs-undEntwicklungsvorhabendurchführen.SeitdemJahr1999habenmehrals150Start-up-UnternehmenderBiotechno-logiedasProgrammBioChanceinAnspruchgenommen.ImJahr2003wurdealsAnschlussandiesesProgrammBioChancePlusmiteinemFördervolumenvon100MillionenEuroaufgelegt.DieserBetragwirdzusammenmit150Mil-lionenEuroprivaterFördermitteldazuverwendet,diejungeBiotech-Brancheweiterzukonsolidieren,wobeidiesvorallemüberdieBildungvonUnterneh-menskooperationenundNetzwerkengeschieht(vgl.BundesministeriumfürBildungundForschung2006).

DieDFGhat imHerbst 2005 inGemeinschaftmit demBMBFein Pro-grammzurFörderungklinischerStudiengestartet.DiesesProgrammzieltda-raufab,diepatientenorientierteklinischeForschunginDeutschlanddeutlichzuverbessern.DamitsolldasWissendeutscherUniversitätsklinikenbeiderPlanungundDurchführungklinischerStudienverbreitertwerden(vgl.DFG2005).ImJahr2006wurdendieLebenswissenschaftenimBereichEinzelförde-rung, direkte Programme und koordinierte Programme durch die DFGmit576,6MillionenEurogefördert,imJahrzuvorwarenes522,4MillionenEuro.ZumVergleich: Die übrigenNaturwissenschaften erhielten ein Fördervolu-menvon387,8MillionenEuro,die Ingenieurwissenschaften313,1MillionenEuro(vgl.DFG2008).VongroßerBedeutungistauchdiePharmainitiativederBundesregierung,dieeinVolumenvon820MillionenEuroumfasstundimZeitraum zwischen 2007 und 2011 umgesetzt werden soll. Dabei erhaltenFirmen undwissenschaftliche Institute Fördergelder für gemeinsame Pro-jekte,umaufdieseWeisedieVerzahnungzwischenGrundlagen-undange-wandterPharmaforschungvoranzutreiben(vgl.BundesministeriumfürBil-dung und Forschung 2006; Läsker 2007). Die Finanzierung der klinischenForschungwirdaberauchüberDrittmitteleinwerbunganHochschulenundHochschulkliniken vorangetrieben. Diese privatwirtschaftliche FörderungdürftezukünftigverstärktanGewichtgewinnen.

GrundsätzlichisteinestaatlicheForschungsförderungdannnötig,wennseitensderPrivatwirtschafteinzugeringesInteresseanderEntwicklungvonentsprechendenneuenVerfahrenundTechnologienbesteht.DieskannetwaderFallsein,wennessichumEntwicklungenhandelt,derenwirtschaftlicherErfolgzuungewissistodermitzulangerzeitlicherVerzögerungeinsetzt.InderPharmaindustriekanneinBedarfzuröffentlichenForschungsförderungbeispielsweisegegebensein,wenndieHäufigkeiteinerKrankheitzugeringist. Dann können sich Forschungsanstrengungen, die auf die EntwicklungneuerMedikamentezurBekämpfungdieserKrankheitabzielen,nichtamor-tisieren(vgl.BundesministeriumfürBildungundForschung2006).DanebensiedelnsichauchprivateFirmengerneimUmfeldvonstaatlichenForschungs-einrichtungenan,dasichhierauseinegegenseitigeBefruchtungvonstaatli-cherundprivaterForschungergebenkann.DieUSA,diesowohlbeistaatlicheralsauchbeiprivaterForschungweltweitführendsind,sindeinBeispielfürdiesegegenseitigeBefruchtungvonöffentlicherGrundlagenforschungundprivatwirtschaftlicherkommerziellerForschung.Soübersteigendieöffent-

Mit der Pharmainitiative der Bundesregierung wird die Ver-zahnung zwischen Grundlagen- und angewandter Forschungverbessert.

32 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

lichen Forschungsausgaben, die pro Kopf in denUSA im Bereich Krebsfor-schunggetätigtwerden,dasdiesbezüglicheNiveauinderEUumdasSechs-bisSiebenfache(vgl.NERAEconomicConsulting2007).

DieStoßrichtungderMaßnahmenderBundesregierungzurFörderungderForschungsaktivitätistpositivzubewerten.Soistessinnvoll,Forschungs-mittelingrundlegendeBasisinnovationenzuinvestieren.Dadurchkanndiekommerzielle Forschungder Privatwirtschaftumeine langfristigwichtigeSäuleergänztwerden.DieFörderungvongrundlegendenInnovationenwürdesonst tendenziell unterbleiben,weil nicht zwangsläufigmit einer späterenAmortisationderInvestitionengerechnetwerdenkannundgroßeUngewiss-heitbesteht.

NebenderForschungsförderungistdieRegulierungeinwichtigesStand-ortkriterium.Ein zu starkesRegulierungsniveau, insbesonderehäufigeVer-änderungen des regulatorischen Umfelds, vermindern die Planungs- undInvestitionssicherheit von Pharmafirmen. Dadurchwerden die Anreize zuInvestitionen in F&E gesenkt. Hierbei ist zwischen direkter und indirekterRegulierungzuunterscheiden.InderPharma-undBiotech-IndustrietrittdiedirekteRegulierungetwainFormvonzumTeillangwierigenGenehmigungs-verfahrenundZulassungsprozedurenauf.UnterindirekterRegulierungsinddiegesundheitspolitischenMaßnahmenzuverstehen,welchediePharmain-dustrie alsAnbieter vonArzneimitteln tangieren. Regulierung tritt hier inFormvoneinseitigaufdieKostendämpfungausgerichtetenEingriffenindiePreisgestaltungoderKostenerstattungvonArzneimittelnaufundmanifes-tiertsichinzahlreichenReformschrittenderletztenJahre.

DieSicherungdesForschernachwuchsesistnebenForschungsförderungund Regulierung ein zentrales Standortkriterium. Deshalb kommt der Bil-dungspolitik eine besondere Bedeutung zu. Im deutschen Bildungssystemmussnoch intensiverumdennaturwissenschaftlichenNachwuchsgewor-benwerden. Angesichts einer durch den demografischenWandel ohnehinschonbegrenztenZahlvonAkademikern istdie relativgeringausgeprägteNeigung,einnaturwissenschaftlichesStudiumaufzunehmen,alseinStand-ortnachteilfürdiePharmaindustrieinDeutschlandanzusehen.BeispielsweisewarenandeutschenHochschulenimWintersemester2006/0778406Studie-rendederRechtswissenschafteneingeschrieben,unddamitrundeineinhalb-malsovielwieindenFächernChemie,Pharmazie,BiochemieundBiotechno-logiezusammen.IndiesenFächernwareninsgesamtnur49671Studierendeeingeschrieben.IndenJahrenzuvorwardasUngleichverhältnissogarnochstärkerausgeprägtundhatsichseitdemWintersemester1998/99immerhinreduziert(vgl.StatistischesBundesamt2008).ZwarliegtDeutschlandbezogenaufalleAbsolventeneinesStudiumsimnatur-undingenieurwissenschaft-lichenBereichüberdemOECD-Durchschnitt.DennochistdieAnzahlderAb-solventenabsolutgesehenzuniedrig,umdenBedarfanqualifiziertemPerso-nalaufDauerdeckenzukönnen.DahersindverstärkteAnstrengungennötig,umdieStudierendenzahlenindiesenFächernzuerhöhen.

EinMangelanqualifiziertenFachkräftenimInlandführtinderRegelzudauerhaftenWettbewerbsnachteilen.DiestrifftumsomehraufdiePharma-und Biotech-Industrie zu, als verschiedene Branchenstudien die besondere

Die Forschungsförderung von Basisinnovationen ist positiv zu bewerten.

Das deutsche Bildungssystem muss naturwissenschaftliche

Talente besser fördern.

Wechselnde Regulierung vermindert die Planungssicherheit.

332008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

RelevanzeinerausreichendhohenZahlqualifizierterWissenschaftleralsdaswichtigste Standortkriterium für diesen Industriezweig hervorheben (vgl.NERAEconomicConsulting2007).NebeneinemausreichendgroßenReservoirangutausgebildetenWissenschaftlernistebensodieAnwesenheitvonwelt-weitführendenWissenschaftlernfüreineRegionvonhoherBedeutung.VordiesemHintergrund istdieExzellenzinitiativederBundesregierungpositivzubewerten.DieseInitiativedientderFörderungvonExzellenzclusternundSpitzenuniversitäten.

VongroßerBedeutungfürwissensintensiveBranchenwiediePharma-industrieistauchderSchutzdesgeistigenEigentums.DieMöglichkeitenzumSchutzgeistigenEigentumsbeeinflussenhierbeidieBereitschaft, inF&Ezuinvestieren. In dieser Hinsicht weist der Standort Deutschland eindeutigeVorteilegegenüberLändernwieetwaChinaundIndienauf.DieseLänderver-fügenzwarübereinschnellsteigendesReservoiranWissenschaftlern,weisenaberbeimSchutzdesgeistigenEigentumsDefiziteauf.

3.2.2 | Einschätzung aus Experteninterviews

Rechtssetzung und Deregulierung Aufgrund der langen Entwicklungszeiten sowie erheblichenAusgabenfürF&EstellenGenehmigungs-undZulassungsverfahreneinenwichtigenFak-torfürPharma-undBiotech-Unternehmendar.DurchadministrativeVerein-fachungen können Entwicklungszeiten verkürzt sowie Kosteneinsparungenerzieltwerden.VereinfachungensinddabeifürbürokratischeRegelungenbeiUnternehmensgründungen,beibeiderForschung,beiklinischenStudienso-wieimRahmenderZulassungdenkbar.

VieleBefragtebeschreibendenUmgangmitdenBehördenalszumTeilsehrbürokratisch.InsbesonderefürdieGründungsphasevonUnternehmen,diedurchwenigErfahrungmitBehördensowieknappepersonelleRessourcengekennzeichnetist,kanndieszuerheblichenzeitlichenVerzögerungeninderweiteren Unternehmensentwicklung führen. Es wird angemerkt, dass dieRechtslage in anderen Ländern zwar ähnlich komplex ist, es dort jedochhäufigeinenzentralenAnsprechpartnerseitensderBehördegibt,wiez.B.indenUSAundinderSchweiz.ZudemverstehensichBehördeninLändernwieUSA,Schweiz,SingapurundIrlandalsDienstleisteroderProblemlöserfürdieUnternehmen. Das Modell eines zentralen Ansprechpartners gibt es zwarauch an einigen deutschen Standorten (z. B. Berlin), dieswird jedoch eheralsAusnahmewahrgenommen.AngeregtwurdenzudemVereinfachungen(Beispiele: Mitbestimmung, Behindertenabgabe) für Start-ups und kleineUnternehmen.VonBedeutungsindVereinfachungenauchfürausländischeUnternehmen bei Gründung von deutschen Tochtergesellschaften. Hier istdie Gründungsbürokratie letztlich zwar kein ausschlaggebendes KriteriumfürdieStandortentscheidung,abersiedientalsGradmesserfürdie Investi-tionsfreundlichkeitDeutschlandsundwirdauchalsMaßstabfürdieWert-schätzung der Anwesenheit ausländischer Unternehmen angesehen. FürausländischeUnternehmenundNeugründungenhandeltessichbeiStand-ortentscheidungenhäufigumdenerstenKontaktmitBehördeninDeutsch-

»Ich habe Sätze gehört wie: Ich bin nicht Ihr Berater. Stellen Sie Ihren Antrag und dann werden wir weiter sehen.«(Vertreter eines Pharmaunternehmens über

seine Erfahrung mit deutschen Behörden)

Deutschland weist Vorteile beim Schutz geistigen Eigentums auf.

Gewünscht wird ein zentraler Ansprechpartner, der durch den Regulierungsdschungel führt.

34 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

land.HieristesalsStandortwichtig,einenpositivenEindruckzuhinterlassen,da insbesondereausländischeUnternehmen,aberauchStart-upsalsMulti-plikatorendasBildvonDeutschlandmitbestimmen.

NebenderGründungvonUnternehmensindvorallemGenehmigungs-verfahren imRahmenvonklinischenStudienvonBedeutung. Inden Inter-viewswurdezwareinegutePositionDeutschlandsbeiklinischenStudienbe-stätigt,dennochkannnachhäufigvertretenerAnsichteineVereinfachungdervielfältigenRegulierungendieAttraktivitätdes F&E-StandortsDeutschlanddeutlich erhöhen.VordemHintergrundder langenEntwicklungszeitenvonpharmazeutischenProduktenbietetsichhierdieChance,durchtransparenteundeffizientebzw.kürzereGenehmigungsprozesseeinenStandortvorteilzuschaffen.BeidenvorgeschlagenenMaßnahmenhandeltessichumzahlreicheDetailregelungen, die einzeln betrachtet kleinteiligwirken. Eine Deregulie-rungkönnteinderSummeaberzueinerwahrnehmbarenVereinfachungderProzesseführen.HierbeiistetwaandieTierschutzverordnung,andieStrahlen-schutz-bzw.RöntgenverordnungsowieandasSystemderEthikkommissionenzudenken. Für das derzeit geltende Systemder Ethikkommissionenbei kli-nischenStudienwirdvielfacheinestärkereHarmonisierunggewünscht.Ins-gesamthatsichdas2004imRahmenderzwölftenAMG-NovelleeingeführteVerfahrenzumErhalteinerzustimmendenBewertungdurcheineEthikkom-missionklarverbessert,aberimGesamtprozess(beimultizentrischenStudien:einefederführendeEthikkommissionundmehrerebeteiligteEthik-Kommissi-onenfürdieeinzelnenZentren)tretenz.B.aufgrundabweichenderAnforde-rungendereinzelnenbeteiligtenEthikkommissionenProblemebeiderBewer-tungauf.ImSinneeinerdurchgreifendenHarmonisierungderAnforderungensolltederGesetzgeberdahereineklareRegelunganstreben.

Box 3.1: Bewertung von Zulassungsverfahren

Nach Ansicht der Befragten verlieren die deutschen Zulassungsbehörden (BfArM,

Paul-Ehrlich-Institut) – wie auch die anderen nationalen Zulassungsbehörden in der

EU – zunehmend an Bedeutung. Weitaus wichtiger, insbesondere für große inter-

nationale Pharmaunternehmen ist das zentrale Zulassungsverfahren der EMEA.

Allerdings werden die deutschen Zulassungsbehörden aufgrund der Qualität und

Verlässlichkeit der Mitarbeiter primär positiv beurteilt, z. B. auch als Berichterstat-

ter in zentralen Zulassungsverfahren bei der EMEA. Das Paul-Ehrlich-Institut besitzt

eine hohe Reputation bei den Unternehmensvertretern. Die positive Entwicklung

des BfArM und seine Rolle als eine der führenden Referenzzulassungsbehörden in

der EU werden gewürdigt. Hinsichtlich der EMEA werden keine wesentlichen Quali-

tätsunterschiede zur FDA gesehen. Einige Befragte beurteilen die EMEA leicht besser

als die FDA, andere Befragte sehen die FDA u. a. aufgrund der Dialogfähigkeit leicht

vorn. Von vielen Unternehmen werden feste Termine für eine Entscheidung, wie

beispielsweise bei der FDA, auch für die EMEA befürwortet. EMEA und FDA werden

zwar von der Qualität als vergleichbar eingeschätzt, aufgrund unterschiedlicher

Zulassungsprozesse bzw. -anforderungen wird hingegen teilweise der Wunsch nach

einer stärkeren Harmonisierung von EMEA und FDA geäußert. Die hierzu bereits

eingesetzte Kommission hat nach Ansicht der Befragten bisher zu keinen wesentli-

chen Ergebnissen geführt. Die Befragten sehen zwar eine geringe Erfolgswahrschein-

lichkeit für eine zeitnahe und umfängliche Harmonisierung, aufgrund der hohen

Komplexität / Kosten wird eine Harmonisierung dennoch als Vision formuliert.

Administrative Vereinfachungen können die Attraktivität

Deutschlands erhöhen.

Die Befragten sehen kaum Qualitätsunterschiede

zwischen EMEA und FDA.

352008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

IminternationalenStandortwettbewerbhabenderzeitinsbesonderedieUSA gegenüber Europa den Vorteil eines homogeneren Auftritts als F&E-Standort(einheitlicheSpracheundRegularien).UmdieWettbewerbsfähigkeitEuropasgegenüberdenUSA,aberauchAsienzuverbessern,wirdvoneinigenBefragteneineHarmonisierungderRegularien/GenehmigungsverfahreninEuropagewünscht.InsbesonderebeigroßenmultizentrischenStudienwäreneinheitlicheRegelungenindergesamtenEUvorteilhaft.ImAnsatzhattedieEUbereits2001versucht,dieszuerreichen.DurchdienationalzumTeilsehrunterschiedlichenUmsetzungenbestehthierweiterhinHandlungsbedarf.

Vor dem Hintergrund des hohen Risikos von F&E-Investitionen inder Pharma- und Biotech-Industrie sowie der Dynamik der Branche wirdteilweise die Arbeitsmarktflexibilität alswichtiger Faktor im Rahmen vonStandortentscheidungen genannt. Verglichen mit Deutschland wird derArbeitsmarkt in anderen Ländern (z. B. USA, Großbritannien) als flexiblerwahrgenommen.FüreinigeUnternehmenundFinanzinvestoren,insbeson-dereausdenUSA,istdieArbeitsmarktflexibilitäteinwesentlicherStandort-faktorundwurdeimHinblickaufdenStandortDeutschlandalsInvestitions-hemmnisgenannt.

Forschung und Bildung FastalleBefragtenerkennendiesehrhoheQualitätderWissenschaftlerinDeutschlandan.DieAusbildungundauchdieArbeitsmotivationwerdeneinheitlichals sehrpositivbeschrieben.Festgestelltwirdzudem,dassF&E-MitarbeiterinDeutschlandeinehöhereLoyalitätdemUnternehmengegenü-beraufweisenbzw.dieFluktuationimVergleichzuStandortenindenUSAund Großbritannien deutlich niedriger ist. Grundsätzlich wird auch dieQuantitätderinDeutschlandverfügbarenWissenschaftlerpositivbeurteilt.BeigroßenStandortentscheidungenhatDeutschlanddennoch(wiealleLän-derinEuropa)einenStandortnachteilgegenüberdenUSA,dieinderLagesind,einengrößerenBedarf ohne zusätzlichenAnwerbeaufwand zudecken.DieZahl der in Deutschland verfügbaren Wissenschaftler muss demnach zu-mindest gesichert, besser aber ausgebautwerden. Neben der Stärkung derNaturwissenschaftenandenUniversitätenwerdenhierauchdiegezielteAn-werbungvonausländischenWissenschaftlernsowieErleichterungenfürbe-rufstätigeMüttergefordert. InsbesondereinderSpitzenforschungwirdhiernocheingewisserNachholbedarfinDeutschlandgesehen.

ImHinblickaufdiegeforderteAnwerbungvonWissenschaftlernwurdeninsbesondere Zuzugsmöglichkeiten und persönliche RahmenbedingungenfürausländischeWissenschaftlersowiedieRückgewinnungdeutscherPost-docsdiskutiert.EineVerbesserungderpersönlichenRahmenbedingungenfürinternationaleSpitzenforscher (Laborausstattung,ArbeitserlaubnisfürPart-ner, Kinderbetreuung, Gehalt, Spitzensteuersatz) wird nach Ansicht derBefragtendieWettbewerbsfähigkeitdesF&E-StandortsDeutschlandstärken.Dies ist umso wichtiger, als erwartet wird, dass eine erfolgreiche An-siedlungvonSpitzenforschernweitereWissenschaftlernachziehenwird.SonanntenvieleBefragtealswichtigstesKriteriumfürdieAnwerbungvonaus-ländischenSpitzenforscherndasVorhandenseinvonSpitzenforschung(»firstclasspeopleattractfirstclasspeople«).EinzentralerPunktzurVerbesserung

»Deutschland baut die tollsten Autos und Maschinen der Welt. Wir können auch die beste pharmazeutische Forschung machen, weil wir vom Naturell her Menschen sind, die, wenn sie etwas anpacken, sagen: Lasst es uns richtig machen!« (CEO eines deutschen Biotech-Unternehmens)

Deutsche Wissenschaftler genießen international ein sehr hohes Ansehen.

Aber die gezielte Anwerbung von Spitzenforschern würde die Standortqualität weiter verbessern.

36 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

derRahmenbedingungenandeutschenUniversitäten ist die EntkoppelungvonForschungundLehre.NachAnsichtderBefragtenmüssenhierinsbeson-dereSpitzenforschernmehrFreiheiteneingeräumtwerden.

DieZuzugsmöglichkeitenwurdenzwarnichtalsoptimal,aberdennochbesseralsz.B.indenUSAbeschrieben.EinungenutztesPotenzialsehenvieleBefragteinderstärkerenRückgewinnungvondeutschenPosdocs.DieWahr-nehmungeinigerUnternehmenist,dassvieledeutscheimVergleichzuasia-tischenPostdocs trotz InteressenichtnachDeutschland zurückkehren.AufderanderenSeitehebenBefragtehervor,dassindenletztenJahrenSpitzen-forscherdankdeutlichverbesserterRahmenbedingungenzurRückkehrnachDeutschlandbewogenwerdenkonnten.

Ein Schwachpunkt des Standorts Deutschland wird in der unzurei-chendenTranslationvonGrundlagenforschung indie industrielleEntwick-lung gesehen. Um die Zahl von vermarktungsfähigen Innovationen undAusgründungenzuerhöhen,wirdvonvielenBefragteneineAnpassungdesTarifsystems für Hochschulprofessoren bzw. die Einführung neuer Anreiz-strukturen empfohlen. Verbesserungsvorschläge betrafen z.B. die Berück-sichtigung von Patentanmeldungen und die Drittmitteleinwerbungen anUniversitäten.Darüberhinaus istnachMeinungder InterviewpartnereineProfessionalisierungderVerwertungvonInnovationennotwendig.Technolo-gietransfer-BürosvielerUniversitätenfunktionierennurunzureichend,waszumTeilaufeineunzureichendeAusbildungundErfahrungderMitarbeitersowiefalscheAnreizsystemezurückgeführtwird.PositivwerdenindiesemZusammenhangdieBürosderMax-Planck-Institutewahrgenommen,derenKonzeptealsBeispielfüreineÜbertragungaufUniversitätendienenkönnen.AlsnachteiligwirdzudemdiegeringeAnzahlvonInkubatoreninDeutsch-land angesehen. Inkubatoren können öffentliche ExistenzgründerzentrenseinoderbereitsetabliertePharma-undBiotech-Unternehmer,dieihreErfah-runginderUnternehmensgründungweitergeben.FüreinenachhaltigeStär-kungderTranslationistzudemeineVerbesserungderUnternehmerkulturinDeutschlandnotwendig.DieskannnurimRahmeneineslangfristigenKon-zeptsumgesetztwerden,dasbereitsinderSchulausbildungbeginnt.

VondenBefragtenwirdDeutschlandalseinguterStandortfürklinischeStudienwahrgenommen.BeigroßeninternationalenStudienliegtdieFüh-rungderStudienachAnsichteinigerBefragteraberzuhäufigimAusland.Zielsollteesdeshalbsein,denStandortmitweiterenMaßnahmenzustärken,umkünftig auch bei großen internationalen multizentrischen Studien nochstärkerdieFührungsrollezuübernehmen.ImZentrumdervorgeschlagenenMaßnahmenstehteineweitereProfessionalisierungbzw.Spezialisierungderdurchführenden(Universitäts-)Kliniken.AlsgeeignethatsichnachAnsichtder Befragten eine Bündelung der Kompetenzen in Zentren für klinischeStudienerwiesen(wiez.B.indenmedizinischenHochschuleinHamburg/Hannover und in der Charité vorgenommen). Eine Bündelung sollte durchweitereMaßnahmenwiedieFreistellungdesmedizinischenPersonalsvonder Patientenversorgung sowie ggf. die Einführung neuer Ausbildungsbe-rufe (StudyNurse)ergänztwerden.Zudemwirdempfohlen,dieZentrenalseigeneProfitcenter (»Unternehmen imUnternehmen«)mit entsprechendenAnreizstrukturenfürdasPersonalzuführen.DiesistinDeutschlandderzeit

Die Verknüpfung von Grundlagenforschung und

industrieller Entwicklung ist verbesserungswürdig.

Eine weitere Spezialisierung und Professionalisierung von Zentren für klinische Studien

erscheint sinnvoll.

372008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

nochnicht imerforderlichenAusmaßumgesetzt,umdieguteaktuelleEnt-wicklungbeiklinischenStudieninDeutschlandweiterzubeschleunigen.

DieExzellenzinitiativederBundesregierungwirdvondenBefragtenalseinguterersterSchrittzueinerVerbesserungderSpitzenforschungamStand-ortDeutschlandwahrgenommen.DieeingeleitetenMaßnahmenhabennachAnsichteinzelnerBefragterbereits zuerstenRissen inden traditionell ver-krustetenStrukturengeführt.DiebisherumgesetztenMaßnahmenwerdenjedochmeistalsnichtausreichendbeschrieben.Insbesondereempfehlenvieleder Befragten mehr Mut zu einer Fokussierung auf wenige Universitäten(maximalzweibisdrei).EswurdejedochauchdieMeinungvertreten,dassinden gewachsenen föderalen deutschen Strukturen Stärken liegen,wie bei-spielsweisedieNähezwischenForschungsinstitutionenundUnternehmen.Die zurVerfügunggestelltenMittel sind insgesamtnoch zugeringund zuwenigkonzentriert.DervonderBundesregierungeingeschlageneWegwirdaberalsrichtigangesehen.EinErfolgwirdvonderNachhaltigkeitderbereitseingeleiteten sowie der vorgeschlagenen ergänzendenMaßnahmen abhän-gen,daeineEntwicklungvonExzellenznurlangfristigmöglichist.Derzeitbe-stehenseitenseinigerBefragterZweifelanderNachhaltigkeitderExzellenz-initiative.

DiehoheQualitätundVerfügbarkeitvonMitarbeiterninDeutschlandistfüreinaktivesStandortmarketingimAuslandgeeignet,wieerfolgreicheBeispiele aus Singapur und Irland zeigen. Beide Länder werben mit maß-geschneiderten Standortkonzepten, die insbesondere auch dieNachwuchs-sicherung umfassen. Hierzu zählen z. B. die Einrichtung bzw. der Ausbauvon Schulen und Universitäten am Unternehmensstandort sowie die An-passung des Curriculums an die Forschungsschwerpunkte des jeweiligenUnternehmens. In den Interviews hat sich gezeigt, dass derartige Stand-ortkonzepte insbesonderebei ausländischenUnternehmen sehrpositiv an-kommen.

Wirtschaftspolitik und Finanzierung Dasdeutsche Steuersystemwird allgemein als sehr komplexwahrge-nommen.EineVereinfachungkönntedenStandortsowohlfürdieinternatio-nalenKapitalgeberdeutscherUnternehmenwieauchfürUnternehmenmitSitzimAuslandattraktivermachen.ImHinblickaufdiesteuerlicheBegünsti-gungvonForschungsausgabenergibtsicheindifferenziertesBild.EinigederBefragtenhalteneinesteuerlicheBegünstigungfürnebensächlichoder fürfalsch.InsbesondereBiotech-Unternehmen,dienochkeineeigenenProduktevermarkten, halten eine steuerliche Förderung vor dem Hintergrund vonFinanzierungsaspekten indesfürsinnvoll.Amehestengeeigneterscheinenvielen Befragten hierzu Tax Credits. Dabei handelt es sich um Steuergut-schriftenfürF&E-Aufwendungen,diezueinerMinderungderSteuerschuldoder bei negativem Einkommen (Verlust) zu einer auszahlbaren Steuer-gutschrift führen. ZudemwürdeDeutschlandmit der EinführungvonTaxCreditszuanderenForschungsstandorten(USA,Großbritannien,Frankreich,Kanada, Israel) aufschließen. Insbesondere für noch junge Biotech-Unter-nehmen spielen Instrumente wie Tax Credits eine große Rolle, da sieeinen Liquiditätseffekt haben. Derzeit gibt es vereinzelt Unternehmen aus

»Es kann nicht jeder alles gleich gut machen, weil dann machen eben alle alles gleich schlecht.« (Vertreter einer Forschungseinrichtung)

»In Deutschland wurden oder werden Immobilienvermögen und Schiffe steuerlich begünstigt, es hat aber bisher nicht geklappt, dass man eine heranwachsende, innovative Industrie fördert.« (CEO eines Biotech-Unternehmens)

Die Exzellenzinitiative sorgt für erste Risse in den verkrusteten Strukturen.

Mit der Gewährung von Tax Credits würde Deutschland zu wichtigen Wettbewerbern aufschließen.

38 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

»Der Schritt in die USA ist unter anderem auch erfolgt,

um die Finanzierungsmöglich-keiten zu erweitern.«

(Befragter eines Pharmaunternehmens)

demBiotech-Bereich,dienacheigenenAussagenaufgrunddernichtvorhan-denenTaxCreditsinDeutschlandF&E-AusgabenindasAuslandverlegen.AlsFolgedrohteinAbflussvongeistigemEigentumundKnow-how.

Die Unternehmenssteuerreform wird von deutschen Unternehmengrundsätzlich befürwortet, die Absenkung der Steuersätzewurde auch imAuslandpositivwahrgenommen.NachteiligsinddieRegelungenzurBehand-lungvonVerlustvorträgenfürStart-up-UnternehmensowieKMUohneeta-bliertesProduktportfolio.DieseweisenaufgrundderhohenF&E-AusgabeninderklinischenEntwicklungsowiedernochfehlendenUmsätzeausvermark-tetenProdukten regelmäßighoheVerlustvorträge aus, die imRahmenvonnotwendigen(Re-)Finanzierungenverlorengehen.

Die derzeit inDeutschlandvorhandenen Förderprogramme fürUnter-nehmensansiedlungenwerdenvonvielenBefragtenzwaralssinnvollerach-tet,abernichtalsrelevantfürStandortentscheidungenangesehen.DiesliegtinsbesondereanderVielzahlundKomplexitätderProgramme. ImErgebnisführensiehäufigdazu,dassfürkleineUnternehmenderbürokratischeAuf-wandeinerTeilnahmezugroßistundfürgroßeinternationaleUnternehmendieMaßnahmenzukleinsind,umtatsächlichentscheidungsrelevantzusein.Darüber hinaus erkennen die Befragten in den Fördermaßnahmen keinenrotenFaden,vielmehristderEindruckentstanden,manfördere»mitderGieß-kanne«.ZudemwirdgelegentlichdieBeschränkungderFörderungaufGrund-lagenforschung kritisiert. ImHinblick auf die Art der FördermittelwerdendirekteFördermittelvonvielenBefragtenalsproblematischangesehen,daeszuFehlsteuerungenkommenkann.InsbesonderewerdenSchwierigkeitenineinerzentralenEntscheidungüberförderungswürdigeProjektegesehen.VordiesemHintergrundwerdenMatchingFundsundTaxCreditsalssinnvollereFörderungsmechanismenangesehen.BeiMatchingFundshandeltessichumeine Förderung der Finanzierung. Dabei wird die Zuwendung öffentlicherMittel an das Einwerben von privaten Mitteln geknüpft. Einige Befragteplädieren dafür, dass die begrenzten staatlichenMittel primär in die per-sonelle undmaterielle Ausstattung von Universitäten und Forschungsein-richtungeninvestiertwerdensollten.

InsbesonderejungeUnternehmen,derenProjektenochinderEntwick-lungsphasesindunddienochkeineeigenenMittelrückflüsseausvermark-teten Produkten erzielen, erwähnen Schwierigkeiten, in Deutschland eineausreichende Finanzierung zu bekommen.Während aufgrund der verfüg-baren, zum Teil lokalen Fördermaßnahmen zwar ausreichend Mittel fürdieGründungsfinanzierung(Seed-Finanzierung)vorhandensind,liegendieSchwierigkeiten insbesondere in der Finanzierung der Expansionsphase,d.h.nachErfahrungderBefragtenspeziellbiszumAbschlussderklinischenPhaseII.DiesliegtausSichtdieserUnternehmenaninDeutschlandnursehrbeschränkt verfügbaremWagniskapital (geringe Zahl an Venture-Capital-Gesellschaften),zumanderenaberauchandeninDeutschlandnochnichtinausreichendemMaße vorhandenen Erfolgsgeschichten, die dem deutschenBiotech-MarkteinehöhereVisibilitätbeiin-undinsbesondereauchauslän-dischenKapitalgebernverschaffenwürden.Erschwerendkommthinzu,dasseinBörsengangaufgrunddesaktuellenBörsenumfeldesalsFinanzierungs-quellefürdiespätenEntwicklungsphasenschwierigerscheint.ImVergleich

Die aktuellen Fördermaßnahmen werden als kleinteilig und zu

komplex wahrgenommen.

392008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

zudenBörseninNewYork,LondonundauchZürichwirdFrankfurtderzeitalskeinidealerBörsenplatzfürBiotech-Unternehmenangesehen.

ZumTeilwirdeinedeutlicheVerbesserungderFinanzierungsmöglich-keitenmitGründungeinesStandortsimAuslandwahrgenommen(insbeson-derebeiGründungenindenUSAundGroßbritannien).DieshängtprimärmitderbesserenSichtbarkeitdesUnternehmensfürimAuslandansässigeWag-niskapitalgeber zusammen. Neben der begrenzten Verfügbarkeit lokalenWagniskapitalserschwerenzudemkomplexeSteuergesetzgebungundFörder-maßnahmensowieausSichtdesAuslandsunflexibleRegelungenzumKün-digungsschutzdenBiotech-UnternehmendieEinwerbungvonFinanzierungs-mittelnbeiinternationalenWagniskapitalgebern.

Mentalität und Innovationsklima Die Befragung ergab, dass Entscheidungsträger großer ausländischerPharmaunternehmen oftmals kleine und schrittweise Verbesserungen desF&E-Standortsnichtwahrnehmenbzw.diesealsnichtentscheidungsrelevanterachten.VielfachergabsichstattdesseneinestarkeVerknüpfungdesF&E-StandortsmitdemdeutschenAbsatzmarkt,dernahezueinheitlichals»phar-mafeindlich« beschriebenwird. Dieswird insbesondere auf die intranspa-rentenundnicht internationalen Standards folgenden EntscheidungendesIQWiG, auf die Einführungder Jumbogruppen sowie die aufgrund ständigwechselnder rechtlicher Rahmenbedingungen unzureichende PlanbarkeitdesMarkteszurückgeführt.DiesenMaßnahmenwirdeinehoheSignalwir-kung fürdie Innovationsfeindlichkeitdes Standorts zugeschrieben,welchedie teilweise positiven Ansätze zur Förderung der F&E-Aktivitäten über-strahlt.InsgesamtfehlendenUnternehmeneinklaresBekenntnisderPolitikzumPharmastandortDeutschlandsowiedieVermittlungeinesGefühlsderWertschätzung ihrer Anwesenheit. So ist trotz guter Rahmenbedingungeneine sehr kritische Grundhaltung im Hinblick auf Investitionsentschei-dungenauchfürF&Eentstanden,sodass füreineReihevonausländischenUnternehmen »Deutschland ... nicht (mehr) auf der Liste bei Standortent-scheidungen« steht.Dieskann sichnurändern,wennnegativeSignalederVergangenheit rückgängig gemacht werden bzw. wenn eine Reform desGesundheitswesenszugrundlegendenundnachhaltigenVeränderungenderRahmenbedingungenführt.

Darüber hinaus plädieren die Befragtenmehrheitlich für eine öffent-licheDebatteinDeutschland,inderChancenundRisikenvonInnovationengleich gewichtet werden. Eine zu starke Fokussierung auf vermeintlicheRisikenwirdalsschädlichfürdenInnovationsstandortDeutschlandgesehen.AusSichtderBefragtenkönnteeine stärkereHeranführungderSchülerannaturwissenschaftliche Themenmittelfristig Abhilfe schaffen. Der AppellrichtetsichjedochauchandieIndustrieselbst:DiePharmaindustriemussinZukunftdeutlichundfürdiebreiteÖffentlichkeitverständlichdenNutzenpharmazeutischerInnovationenherausstellen.

Eine positive öffentliche Stellungnahme von hochrangigen PolitikernzumPharmastandortDeutschlandzeigtebenfallsWirkungundWertschät-zung.VordemHintergrunddeszunehmendenStandortwettbewerbsistdies

»Die Jumbogruppen-Regelung hat eine viel größere Bedeutung, als sich die Politiker vorstellen können. Sie hat das Bild eines innovations-feindlichen Klimas in Deutschland in den Köpfen der Entscheider festgenagelt.«(Vorstand eines ausländischen Pharmaunternehmens)

»Ein Land muss bereit sein, Risiken einzugehen, um erfolgreich zu sein.« (CEO eines deutschen Pharmaunternehmens)

40 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

ein»weicher«Faktor,derausSichtvonBefragtenzurAbrundungeinesposi-tivenGesamtbildeswünschenswertist.

3.2.3 | Würdigung

Die Interviews haben gezeigt, dass die Qualität des Standorts fürForschung und Entwicklung eine große Bedeutung für die Gesamtbeur-teilunghat.DabeifindetmentaleineausgesprochenengeVerknüpfungzwi-schenF&EunddemAbsatzmarktstatt.DieserwirdbesondersimAuslandalsüberreguliert und innovationsfeindlich wahrgenommen. Darüber hinauswirdinderÖffentlichkeitundinderPolitikeinbesonderesMisstrauengegen-überMedizinundPharmaforschungfestgestellt.VielenBefragtenfehleneinklaresBekenntnisderPolitikzumPharmastandortunddasGefühleinerWert-schätzungihrerAnwesenheit.DiesenegativeEinschätzungstehtinTeilenimWiderspruchzuderEinschätzungderobjektivenBedingungenfürF&E.HierwerdenDeutschlandfürwesentlicheFaktorenguteBedingungenzugeschrie-ben.BesonderspositivwirddiehoheQualitätderWissenschaftlerbeurteilt.NurimBereichderSpitzenforschungwirdeinVerbesserungsbedarfgesehen.DiestatistischenIndikatorenspiegelndenpositivenGesamteindruckwider.Insbesondere inden letzten JahrenhatsichdasForschungsumfelddeutlichverbessert.SohatDeutschlandbeispielsweisedieSpitzenpositionbeiderZahlderklinischenStudienimVergleichzudenanderenEU-Staatenerreicht.Den-nochzeigensowohldieInterviewsalsauchdiestatistischenAuswertungeninverschiedenenBereichenHandlungsbedarf.

EinwichtigesHandlungsfeldistdieDeregulierung.Diesgiltpunktuellfür die Zulassung von Produkten, vor allem aber für die Ansiedlung undGründungvonUnternehmen.InsgesamtwirdDeutschlandalsStandortfürklinischeStudienpositivbeurteilt.UmsichhieriminternationalenVergleichnochbesserzupositionieren,solltendeshalballebestehendenRegelungenaufmöglicheadministrativeVereinfachungenuntersuchtwerden.VordemHin-tergrund der stark zunehmenden Bedeutung von Zeit- und Effizienzüber-legungenbeiallenF&E-AktivitätenwirddieskünftigeinwichtigerStandort-faktorsein.

DieVerfügbarkeitvonhochqualifiziertenWissenschaftlernmusserwei-tertundgesichertwerden.DazumussdieBereitschaftvon internationalenWissenschaftlernzurZuwanderungoderzurRückkehrgestärktwerden.DieStärkungderExzellenz istdafüreinewichtigeVoraussetzung.Umdiese zuerreichen,müssendie staatlichenForschungsmittel erhöhtwerdenund ihrEinsatzmussaufbesonderserfolgreicheFelderkonzentriertwerden.DarübersolltengezieltSpitzenforscherfürdenStandortDeutschlandgewonnenwer-den,daerwartetwird,dassdieseweiterehochqualifizierteWissenschaftlernachziehenwerden.

NebenderuniversitärenForschungmüssenauchdieForschunginUnter-nehmen und die Kooperation zwischen Universitäten und Unternehmenverbessertwerden.DazumüssendieEntlohnungsstrukturen fürForscheranUniversitätensogeändertwerden,dassfürdieseAnreizebestehen,Patentezuentwickeln undmitUnternehmen zu kooperieren.Außerdemmuss dieVer-

Die Regulierung auf der Absatzseite belastet das Image des Forschungsstandorts Deutschland.

Bestehende Stärken im wissen-schaftlichen Bereich müssen

weiter ausgebaut werden.

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Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

wertungvonPatentenanUniversitätenprofessionalisiertwerdenunddieMög-lichkeitenzuAusgründungensindzuverbessern.FürneugegründeteUnter-nehmenstellenFinanzierungsfrageneinProblemdar.HierwäreeinebessereAusstattungmitWagniskapitalwünschenswert.DarüberhinauskönnteeinesteuerlicheForschungsförderungdieFinanzierungsbedingungenverbessern.

3.3 | Produktion

3.3.1 | Überblick, Analyse und Thesen zu den Standortbedingungen

BeiProduktionsentscheidungenspieltebensowiebeiderFrage,woF&E-Ressourcen etabliert werden, die Qualität des verfügbaren HumankapitalseinewesentlicheRolle.AllerdingswerdenbeiProduktionsprozesseningerin-gerem Maße weltweite Spitzenkräfte benötigt, als dies beim Aufbau vonF&E-Abteilungen notwendig ist. Vielmehr muss eine größere Anzahl vonhinreichendgutausgebildetenFachkräftenfürspezialisierteTätigkeitenzurVerfügungstehen.BeiInvestitionsentscheidungenstelltsichfernerdieFrage,welchesQualifikationsniveauimEinzelnenbenötigtwirdundwelcheLänderüberausreichendvieleFachkräftemitdiesemQualifikationsniveauverfügen.IneinemweiterenSchrittsindbeiderBewertungeinesStandortsdieHöhederProduktionskosten,dieArbeitsproduktivitätsowiedieFlexibilitätdesArbeits-marktsvonBedeutung.

Wesentlich für die Standortattraktivität Deutschlands ist somit eingroßes Reservoir gut ausgebildeter Fachkräfte in naturwissenschaftlich-technischen Berufen. Derzeit kann Deutschland hier Wettbewerbsvorteileverbuchen.SosindinderPharmaindustriekaumEngpässebeiqualifiziertemPersonalauszumachen(vgl.Gaisserelal.2007).AllerdingsistvordemHinter-grundderimmerwissensintensiverenProduktionsweiseinvielenBranchenvoneinerweitersteigendenNachfragenachqualifiziertemPersonalauszuge-hen.TrifftdiesteigendeNachfrageaufkeinentsprechendesAngebot,sosindfürdiePharmaindustrieMarktanteilsverlustenichtauszuschließen.VordemHintergrunddesdemografischenWandelsunddesrückläufigenAngebotsanStudienabsolventenbestehtfürDeutschlanddieGefahr,dassesmittelfristigzuWachstumsverlustenaufgrunddesFehlensvonFachkräftenkommenwird.Diesgiltumsomehr,alsgleichzeitiginasiatischenLändernwieChina,IndienoderauchSüdkoreaenormhoheZuwachsratenbeimwissenschaftlichenPer-sonalzubeobachtensindundauchdieAttraktivitätfürdieinEuropastudie-rendenNachwuchskräfteausdiesenLändern, in ihrHeimatlandzurückzu-kehren,zeitgleichsteigt.

VordemHintergrundderTatsache,dassdiemittel-undlangfristigeSi-cherung des Fachkräfteangebots von essenzieller Wichtigkeit für alle for-schungsintensivenBereichederWirtschaftunddamitfürdenErhaltderWett-bewerbsfähigkeitDeutschlandsist,hatdieBundesregierungimJanuar2008eine Qualifizierungsinitiative beschlossen. Diese beinhaltet MaßnahmenzurFörderungderFrauenerwerbstätigkeit,zurSteigerungdesInteressesfürnaturwissenschaftlich-technischeBerufesowiezurErleichterungdesÜber-gangsvonderSchuleindieHochschule.Sosolletwadurchein»FreiwilligesTechnisches Jahr« das Interesse von Schülern an naturwissenschaftlichen

Es sind positive Signale von der Absatzseite notwendig.

Qualifiziertes Personal ist ein wesentlicher Standortvorteil.

Im Fokus stehen die Produktions- kosten, die Arbeitsproduktivität, die Arbeitsmarktregulierung und Steuern.

42 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

BerufenundStudiengängengewecktwerden.FernersolleinPaktzwischenBundesregierung undVerbänden sowieUnternehmen vorbereitetwerden,welcherdievermehrte IntegrationvonFrauen inHightechberufezumZielhat(vgl.DeutscheBundesregierung2008).

NebenderVerfügbarkeitunddenKostenistinsbesonderedieFlexibilitätderArbeitskräftewichtig. SoweisenUntersuchungen zur Pharmaindustriedaraufhin,dasseinerflexibelausgerichtetenArbeitsgesetzgebungeinegroßeBedeutung bei Standortentscheidungen zukommt (vgl. NERA 2007, S. 31).DabeiweisendieUSA,Großbritannienundauchdie Schweiz ohneZweifelStandortvorteilegegenüberDeutschlandauf.DerGrund,weshalbderabsolu-tenHöhederLohnkostenimHightechsegmentderPharmaindustriebeiStand-ortentscheidungenkeinesehrgroßeBedeutungzukommt,istindertechno-logieintensiven Produktionsweise begründet. In diesem Segment werdenhochmoderneMaschinenundApparatureneingesetzt.DiefürdieseAppara-turennotwendigenAnschaffungskostenmachenbereits einenerheblichenTeilderProduktionskostenaus.BeigegebenerHöhederLohnkostenbegünstigtdiekapitalintensiveProduktionsweisedamiteuropäischeWettbewerberalsStandorte für Produktionskapazitäten im Hightechsegment der Pharma-industrie. Diese Kapitalintensität führt auch dazu, dass die geografischeNähe zu Herstellern von Maschinen und Apparaturen des medizin-technischen Apparatebaus als Standortvorteil zu werten ist. Bei diesemKriteriumweistderStandortDeutschlanddeutlicheVorteileauf.SoentfallenaufDeutschland37,3%dergesamtenEU-ProduktionimBereichMaschinen-undAnlagenbau.DamitliegtDeutschlanddeutlichvorItalien(16,9%),Groß-britannien (10,11 %) und Frankreich (9,8 %) (vgl. Standortmarketing RegionKöln/BonnGmbH2008).

Bei den Kostengesichtspunkten spielt auch das Niveau der direktenSteuerneinewesentlicheRolle.IminternationalenVergleichkamesabMittederAchtzigerjahrezueinerAbsenkungderUnternehmenssteuersätze,dieinGroßbritannien unter der Regierung vonMargaret Thatcher ihren Anfangnahm. Dort sanken die Unternehmenssteuersätze zwischen 1982 und 1986von52auf35%,sodassweitereWettbewerberebenfallszuSteuersenkungenveranlasstwurden.InDeutschlandreduziertensichdieSteuersätzefürein-behaltene Gewinne von Kapitalgesellschaften von rund 60 % in 1993 auf31%in2008.DamitweistDeutschlandiminternationalenVergleicheinins-gesamtmittleresSteuerniveauauf.SohatdasLandzwarhöhereSteuersätzealseinigeWettbewerberimPharmabereich,wieGroßbritannien,Schweden,DänemarkundvorallemIrland. InSingapurbestehtdieRegelung,dassbe-fristetUnternehmenssteuernteilweisegänzlicherlassenwerden.Allerdingsweist Deutschland niedrigere Steuersätze als Japan oder die USA auf. Diehohen Steuersätze in den USA (rund 46 %) zeigen, dass bei Standortent-scheidungenderPharmaindustriedasNiveauderSteuersätzekeinalleinent-scheidendesKriteriumist.

3.3.2 | Einschätzung aus Experteninterviews

Die Bewertung des Produktionsstandorts Deutschland erfordert dieDifferenzierung in verschiedene Produktionsverfahren bzw. Produktions-

Eine weitere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes ist erforderlich.

Das Niveau der Unternehmenssteuern ist grundsätzlich wettbewerbsfähig.

432008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

technologien.EswirddabeidieProduktionvoneinfachenchemischbasiertenSubstanzen von der aufwendigen Hightechproduktion unterschieden. ZurLetzterenzählendieaufwendigeHerstellungkomplexerchemischerSubstan-zen,dieProduktionvonImpfstoffenunddiebiotechnologischeProduktion.

Für die einfache chemische Produktion wird einheitlich von den Be-fragteninDeutschlandaufgrundvonKostennachteileninsbesonderegegen-überasiatischenLändern (Indien,China)oderOsteuropakeineZukunftge-sehen.SchonheutewerdeneinzelneWertschöpfungsschrittederProduktionin Niedriglohnländer verlagert; insbesondere die Preiserosion patentfreierProdukteerhöhtdenDruckbeidenUnternehmenzudiesemSchritt.ZumTeilwirddieseProduktionauchnichtmehralsKernkompetenzderforschendenPharmaindustriebetrachtet.

FürdieProduktionvonbiotechnologischenProduktenundImpfstoffen,aberauchbeianderenkomplexenProduktionsverfahrenstehenwenigerdieKosten im Vordergrund als vielmehr die vorhandene Infrastruktur sowiedas Know-how derMitarbeiter. So kann das hohe Produktivitätsniveau inDeutschlanddietendenziellungünstigeKostensituationkompensieren.AberauchhierbedarfeslaufenderProduktivitätssteigerungen,umdiesenTeilderProduktioninDeutschlandzuhalten.Außerdemwirdbeidenaufwendigerenbiotechnologischen Produktionen im Rahmen des Scale-up die räumlicheNähevonForschungundEntwicklungzurProduktionalsvorteilhaftange-sehen,daeinKnow-how-Austauschbzw.-TransferzwischenForschungundEntwicklung sowieProduktionerforderlich ist. InsgesamterwartendieBe-fragten auch für die anspruchsvollere Produktion von biotechnologischenProdukten nach Ablauf des Patentschutzes (Biosimilars) eine VerlagerungnachAsienundOsteuropa.

Rechtssetzung und Deregulierung Der deutsche Arbeitsmarkt wird von vielen Befragten als überregu-liert angesehen. Insbesondere von ausländischen UnternehmensvertreternwirdderKündigungsschutzalseinwesentlichesStandortkriteriumgenannt.GewünschtwerdentransparenteundschnelleProzessezurUmsetzungvonRestrukturierungsmaßnahmen, wie sie beispielsweise in der Schweiz an-gewendetwerden.Außerdemwurde – insbesonderevon inländischenGe-sprächspartnern – die Prozess- und Anlagenbaukompetenz als positiverStandortfaktorgenannt.DarüberhinauswirddieInfrastrukturinDeutsch-landgrundsätzlichalspositivbeurteilt.AllerdingswirddiesvonvielenBe-fragten nicht alswesentlicher Differenzierungfaktor für eine Standortent-scheidung in der Produktion angesehen, sondern lediglich als eine Grund-voraussetzung.

Die Sicherstellung von qualifizierten Nachwuchskräften ist geradefür die Hightechproduktion je nach Standort ein wichtiger Faktor. Grund-sätzlichwirdvonin-undausländischenEntscheidungsträgerndieKompetenzderMitarbeiteraufallenEbenenpositiverwähnt.BezogenaufdiechemischeProduktion ist eine Nachwuchssicherung nicht infrage gestellt, da die Zu-kunft dieser Produktion von den Befragten nicht in Deutschland gesehenwird.

Notwendig ist eine Unterscheidung zwischen einfacher Produktion und Hightechproduktion.

Bei der einfachen Produktion gibt es deutliche Kostennachteile, ...

... aber bei der Produktion von biotechnologischen Produkten und Impfstoffen kann eine starke Position gehalten werden.

44 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

Wirtschaftspolitik und Finanzierung FürdieProduktionvonbiotechnologischenProduktenbzw.ImpfstoffenwerdenPersonalkostenalsnichtprimär entscheidungsrelevantangesehen.AnderswirddiesbeiderProduktionchemischbasierterArzneimittelvondenBefragtengeäußert.HierspielendiePersonalkosteneinewichtigeRolle.EineweiterewesentlicheentscheidungsrelevanteKostenkomponentesindSteuernundAbgaben.Deutschlandstehthier inKonkurrenzzuetabliertenProduk-tionsstandortenmitsehrniedrigenSteuersätzen(unteranderemIrland,Puer-toRico,asiatischeLänder).DieSenkungderSteuersätzeimRahmenderletztenUnternehmenssteuerreformwurdezwarauchimAuslandwahrgenommen.NachEinschätzungderBefragtenistmanaberdennochweitvondenSteuer-sätzenderWettbewerberentfernt(SingapurfürbefristeteZeiträume0%,Irland12,5%).Mit derUnternehmenssteuerreformwurden jedoch die Rahmenbe-dingungenfürdiebestehendenProduktionenverbessert.HierdurchkanneinAbbau der Standorte für einfache chemische Produktion zwar verlangsamt,mittelfristig abernicht aufgehaltenwerden. Für komplexeProduktionsver-fahrenbzw.ProduktespielenSteuernundAbgabennocheinenachrangigeRolle.

ImRahmendererwartetenweiterenKonsolidierunginderPharma-undBiotechnologiebranche,aberauchimRahmenvonkonzerninternenRestruk-turierungengehendiein-undausländischenEntscheidungsträgersowiedieStakeholder von einer zunehmenden Zusammenlegung von Produktions-standortenaus.ImStandortvergleichwerdendabeiKriterienwieKostenundEffizienz genannt. Welche Auswirkungen dies auf deutsche Produktions-standortehabenwird,bleibtabzuwarten.InEinzelfällenkonntensichhierinderVergangenheitdeutschegegennordamerikanischeoderandereeuropä-ischeStandortedurchsetzen.

Mentalität und Innovationsklima DiehoheKompetenzinDeutschlandinderHightechproduktionkomple-xerProduktebzw.inderBeherrschungaufwendigerProduktionsprozesseistnicht bei allen Entscheidungsträgern bekannt. Die sehr hohe Expertise beidiesenProduktionenwirdabervoninformiertenEntscheidernbescheinigt.IndenletztenJahrenhatsichzudeminSüddeutschlandeinCluster (Biberach,Penzberg)herausgebildet,dasalsAusdruckdervorhandenenExzellenzaktivimAuslandvermarktetwerdenkönnte.

VordemHintergrundderBedeutungderräumlichenNähederbiotech-nologischenProduktionfürdieForschungundEntwicklungimRahmendesScale-uperscheinteineEtablierungDeutschlandsalsLaunch-StandortfürBio-tech-Unternehmensinnvoll.DarüberhinauswirdauchbeichemischenSub-stanzenDeutschlandzumTeilalsLaunch-Standorterwähnt,umzumZielda-tum das Produkt sicher einführen zu können. Um spätere Preissenkungenabzufangen,wirdaberoftnachderProdukteinführungdamitbegonnen,dieProduktioninNiedriglohnländerzuverlagern.

Auch inderProduktion sindEinzelmaßnahmenundderenSignalwir-kung nicht zu unterschätzen. Die Nichtgenehmigung einer Insulin-Anlageder damaligen Höchst AG Ende der Achtzigerjahre ist immer noch in denKöpfenvonEntscheidungsträgernundprägtdamitdasBildDeutschlands.Es

»Deutschland hat die Unter-nehmenssteuern von 39 % auf 30 % reduziert. Aber ich kann auch nach Irland gehen, dort

bekomme ich 12,5 %. Oder ich gehe nach Singapur,

Puerto Rico oder Costa Rica, dort bekomme ich 0 %.«

(Vertreter eines amerikanischen

Pharmaunternehmens)

Die Vermarktung der deutschen Expertise in der Hightech-

produktion muss verbessert werden.

Einzelne Maßnahmen haben eine weltweite und nach-

haltige Signalwirkung für den gesamten Standort.

452008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

wirdzwarvondenBefragtenkonstatiert,dasssichderStandortvondiesem»Schock«erholthabe,aberdennochverdeutlichtdieserPunkt,dasseineein-zelne Maßnahme eine weltweite und nachhaltige Signalwirkung für dengesamtenStandorthabenkann,diesichübersehrlangeZeitindenKöpfenderEntscheidungsträgerhält.InsofernsolltenbeikünftigenMaßnahmenge-nau solche Signalwirkungen für den Standort Deutschland berücksichtigtunddurchausauchaktivalsGestaltungselementeingesetztwerden.

3.3.3 | Würdigung

BeiderWahlvonProduktionsstandortenstellenKosteneinwesentlichesKriterium dar. Dies gilt besonders für einfache, chemisch basierte Produk-tionsverfahren.BeikomplexererHightechproduktion,wieetwabeiderHer-stellungvonBiotech-ProduktenundImpfstoffen,wirddasHumankapitalderMitarbeiter bedeutsam. Diesbezüglich wurde in den Interviews die hoheQualifikationderMitarbeiterinDeutschlandalsStandortvorteilbetont.DiePISA-Ergebnisse und internationale Vergleiche zeigen, dass in DeutschlandnochstärkerumdenNachwuchsinnaturwissenschaftlich-technischenBeru-fengeworbenwerdenmuss.GleichzeitiggibtesjedochAnzeichen,dasssichdieSchulausbildungindiesenBereichenindenletztenJahrenverbesserthat.Eine weitere Verbesserung der Schul- und Universitätsbildung ist für einedauerhafte Sicherung der Attraktivität des Standorts für die ProduktionhochwertigerBiotech-ProdukteundImpfstoffenotwendig.

EinweiteresStandortkriterium,dasbeiderHightechproduktionalswe-sentlicherachtetwird,istdiegeografischeNähezudenHerstellernvonMa-schinenundAnlagen.DieseNähegewährleistet geringeAusfallzeitenundeinekontinuierlicheProduktion.DarüberhinausisteinegewisseClustergrö-ßeerforderlich,damiteinScale-up(AusweitungderProduktion)möglichist.So ist es vorteilhaft,wenndieHerstellungvonBiotech-Produkten in engerräumlicherNähezudemOrt,anwelchemdieProduktioninkleinenMengenbeginnt,ausgedehntwerdenkann.

Beieinfacheren,chemischbasiertenProduktionsverfahrenkommtdenLohnkosten eine große Bedeutung zu. Dementsprechend sehen die Befrag-tendieChancenDeutschlandsalsStandortfürdieHerstellungeinfacherche-mischer Substanzen sowie biotechnologischer Produkte ohne Patentschutzeherpessimistisch.IndiesenSegmentenistmiteinerVerlagerungderProduk-tioninsAusland,speziellnachAsienundOsteuropazurechnen.Beiderhöher-wertigenProduktionkönnendiehöherenLöhneinDeutschlandaufgrundderhohenQualifikationderArbeitnehmerfinanziertwerden.DennochwürdeindiesemBereicheineAbsenkungderLohnkostenübereineReduktionderLohn-nebenkostendieStandortqualitäterhöhen.

MitderUnternehmenssteuerreformistdietariflicheundeffektiveSteu-erbelastungaufeinNiveaugesenktworden,dasdemindenmeistenkonkur-rierendenStandortenentsprichtoderdassogardeutlichniedrigerist.FürdieinDeutschlandansässigenUnternehmenhatsichdamitdieLagedeutlichver-bessert.AllerdingsgibteseinzelneStandorte,beidenendieSteuersätzenochsehrvielniedrigersind(SingapurfürbefristeteZeiträume0%undIrland12,5%).

»Zu den positiven Aspekten in Deutschland zählen Umsetzungs-stärke, Engineering, Produktion, Qualität und Ausbildung der Mitarbeiter. Aber die hohen Kosten, die inflexiblen Strukturen sowie die Unternehmenssteuern haben dazu geführt, dass wir keine großen Investitionen in Deutsch-land mehr vornehmen.« (Ausländischer Befragter)

46 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

BeiGreenfieldInvestments(Investitionen»aufdergrünenWiese«)wirdesfürDeutschlandunmöglichsein,mitdiesenSätzenzukonkurrieren.

Nichtzuletztdeswegen istesabervolkswirtschaftlichbedeutsam,dievorhandenen Stärken des Pharmastandorts Deutschland zu intensivieren,um auf diese Weise weitere Investitionen im globalen Wettbewerb nachDeutschlandzuziehenwieetwaimBereichderHightechproduktion.JüngsteInvestitionen inBiotech-Standorte (Penzberg /Biberach) sowieGrippeimpf-stoffproduktionsanlagen (Dresden/Marburg) zeigendasPotenzial,dasderPharmastandortDeutschlandinderHightechproduktionzubietenhat.

3.4 | Absatz

3.4.1 | Überblick, Analyse und Thesen zu den Standortbedingungen

DiedritteStufederWertschöpfungskette lässtsichzusammenfassendals»Absatz«kennzeichnen.DieseStufeumfasstdieNachfragenachPharma-produkten,diePreisbildung,denErhaltderErstattungsfähigkeitbzw.dieEr-stattungshöhedurchdieKrankenversicherungen,denVertrieb,dieDistribu-tionslogistik und dasMarketing sowie die diesbezüglichen Regulierungen.UmdenPharmastandortDeutschlandinBezugaufdenAbsatzmarktbewer-ten zu können, ist es erforderlich, zumeinen denAbsatzmarkt selbst, zumanderenaberauchseineRollealsTeileinerzusammenhängendenWertschöp-fungskettezubetrachten.

AlsStärkendesPharmastandortsDeutschlandimBereich»Absatz«sinddieMarktpreisbildungfürinnovativeProdukteundderunmittelbareMarkt-zugang für Produkte nach deren Zulassung zu nennen. Diese heben denPharmastandortDeutschlandiminternationalenStandortvergleichpositivhervor.Diesführtdazu,dassgeradeinDeutschlandeinAnreizbesteht,inno-vativeProduktenichtnurzuentwickeln,sondernauchzurvergleichsweiseschnellerenMarktreifezuführen.DieserEffektwirddadurchverstärkt,dasssichaufgrunddesungehindertenMarktzugangsdieRefinanzierungsphasefürF&E-Ausgabenverlängert.BeideFaktorenbeeinflussenpositivdieDurch-lässigkeitvonInnovationenaufdemdeutschenAbsatzmarkt.DerUmstand,dassneueProdukteinDeutschlandtypischerweisesehrfrüheingeführtwer-denundaufgrundderPreisbildungfürdieseProdukteDeutschlandalsRefe-renzpreislandinnerhalbEuropasangesehenwerdenkann,verleihtDeutsch-landimVergleichzuanderenAbsatzmärkteneineIndikatorfunktion.

NebendiesenregulatorischenArgumentensprichtdieMarktgrößefürdieBedeutungDeutschlandsalsAbsatzmarkt.EinkommenundBevölkerungmachenDeutschlandzumgrößtenAbsatzmarkt inEuropa (vgl.Tabelle2.3).DashoheEinkommensniveaumachtDeutschlanddarüberhinausinsbeson-derealsAbsatzmarktfürinnovativeundqualitativhochwertigeProduktein-teressant,dabeihöherenEinkommennichtnurdieNachfragenachGesund-heitalssuperioremGutinsgesamthöherist,sonderndieNachfragequalitativauchstärkerdifferenziert,d.h.insbesondereaufinnovativeProduktegerich-tetist.Hinzukommt,dassderdemografischeWandeldieNachfragenachin-novativen Verfahren und Produkten noch zusätzlich unterstützt. Insoweit

Stärken sind die Preisbildung, der schnelle Marktzugang und ...

... die Marktgröße.

Notwendig sind langfristige politische Verlässlichkeit und

Planbarkeit der Standortbedingungen.

472008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

kannderdeutscheAbsatzmarktinZukunftnichtalleinaufgrundseinerGröße,sonderngeradeauchwegenderNachfragestrukturalseinerderwichtigstenAbsatzmärktegelten.DieNähezugroßenAbsatzmärkten ist fürUnterneh-mengenerelleinwichtigesKriteriumfürdieStandortentscheidung.ZugleichhatderheimischeAbsatzmarkteineSignalwirkungfürdiepolitischeAkzep-tanzeinerBrancheund ist insoweit auchein Indikator fürdie langfristigepolitischeVerlässlichkeitundPlanbarkeitderStandortbedingungen.

Der heimischeAbsatzmarkt ist aufgrund der über die gesamteWert-schöpfungskette getroffenen Standortentscheidung ein wichtiger Faktor.Angesichts sichweltweit öffnender Absatzmärkte ist für die Standortent-scheidung vonUnternehmen jedoch von zunehmender Bedeutung, inwie-weitvoneinemStandortausdieweltweitenAbsatzmärktebeliefertwerdenkönnenoder ob PräsenzvorOrt erforderlich ist.Hierbei spielenderOffen-heitsgradunddieHandelspolitikderjeweiligenVolkswirtschafteinewich-tigeRolle.

Dabeigilt,dass rohstoffarme,aberkapital-undwissensintensiveLän-dersehrarbeitsteiligorganisiertsind.FürdieseLändersindeineÖffnungderMärkte und eine Handelsliberalisierung besonders vorteilhaft, um an derinternationalenArbeitsteilung auf globalisiertenMärkten teilzuhaben. AlsIndustriestandortweisen diese Länder daher zumeist denVorteil auf, dassausländischeAbsatzmärktevondortausgutzuerschließensind,sofernnichtprotektionistischeMaßnahmenindenZielländernselbstdenExportbehin-dern. Deutschland weist als exportorientiertes Land mit entsprechendenmulti- und bilateralen Freihandelsabkommendiesbezüglich hervorragendeBedingungenauf.InsbesonderefürwissensintensiveIndustrienwiediefor-schendenPharmaunternehmenweisenhochentwickelteVolkswirtschafteneinenStandortvorteilauf,dadieseinderLagesind,einespezifische,fürdieseIndustriezweigespezialisierteInfrastrukturbereitzustellen.

Box 3.2: Bedeutung des Gesundheitssystems

Trotz dieser positiven Faktoren wird der deutsche Absatzmarkt derzeit aber nach

wie vor durch eine Überregulierung im Gesundheitswesen beeinträchtigt. Dies

betrifft sowohl die Nachfrage- als auch die Angebotsseite. Hier gilt es, zu einer

stärker wettbewerblichen Steuerung auf den Gesundheitsmärkten zu kommen.

Damit würden bestehende Fehlanreize im deutschen Gesundheitswesen reduziert

und eine stärker präferenz- und knappheitsgerechte Preisbildung gewährleistet.

Administrierte bzw. regulierte Preismechanismen, wie z. B. die Zusammenfassung

von Medikamenten in sogenannte Jumbogruppen ohne Berücksichtigung ihres

Patentstatus, könnten entfallen. Desgleichen existieren aufgrund gesundheits-

politischer Eingriffe verschiedene Preis- und Mengenregulierungen, die eine freie

Entfaltung der Gesundheitsnachfrage verhindern. Durch die bestehenden Fehlan-

reize im Gesundheitswesen besteht eine latente Unterfinanzierung des Systems,

da Gesundheitsleistungen als quasi-öffentliches Gut angesehen werden und das

Gesundheitssystem infolge einer »Null-Preis-Illusion« überbeansprucht wird. Die

gesundheitspolitischen Maßnahmen der Leistungskürzung und Kostendämpfung

führen dazu, dass die Gesundheitsleistungen künstlich rationiert sind. Damit

werden die eigentlichen Präferenzen nicht direkt am Markt offenbart. Die Nach-

frage und der Absatz werden somit regulatorisch gebremst.

48 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

Insgesamt können die Rahmenbedingungen des PharmastandortsDeutschland inBezugaufden »Absatz« aufgrunddermakroökonomischenund soziodemografischen Rahmenbedingungen als grundsätzlich positiveingeschätztwerden.DieGesundheitspolitikhat jedoch invielenFällen zuÜberregulierungenundFehlanreizenimGesundheitswesengeführt,diedenBinnenabsatzmarktderzeitregulatorischstarkbeschränken.VonBedeutungfürdieStandortentscheidungdürfteauchsein,inwelchemMaßeinnovativeProduktewährendihrerPatentlaufzeitgeschütztsind.

3.4.2 | Einschätzung aus Experteninterviews

Rechtssetzung und Deregulierung DieindenletztenzweiJahrenkurzfristigaufeinanderfolgendenGeset-zesvorhaben,dasAVWG(Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz)unddasGKV-WSG(GesetzzurStärkungdesWettbewerbsinderGesetzlichenKrankenversicherung), haben eineVielzahl sich ergänzender bzw. überlap-penderMaßnahmenfürdendeutschenAbsatzmarktgebracht.HierzuzählendieKosten-Nutzen-Bewertung,Höchsterstattungsbeträge,einZweitmeinungs-verfahren bei der Verordnung hochpreisigerMedikamente und Zwangsab-schlägefürnichtpatentgeschützteArzneimittel.DarüberhinauswurdedasInstrument der Rabattverträge zwischen Krankenkassen und pharmazeu-tischenUnternehmenmitdemGKV-WSGwirksamgeschaltet.DieseNeurege-lungengeschahenvordemHintergrundderbereits2004imGKV-Modernisie-rungsgesetz(GMG)eingeführtenWiedereinführungvonFestbeträgenmitderEinbeziehungvonpatentgeschütztenArzneimitteln.

AusdiesenGründenwirdderdeutscheAbsatzmarktvoneinerMehrzahlderBefragtenausallenGruppenalsüberreguliertwahrgenommen.EinzelnedieserMaßnahmenderGesundheitspolitikhabeninderVergangenheitdazubeigetragen,nachhaltigenegativeSignalemitAusstrahlungseffektweitüberdie deutschenGrenzenhinwegauszusenden.Dazu zählte insbesonderedieEinführung der sogenannten Jumbogruppen, bei denen keine Differenzie-rungzwischengenerischenundpatentgeschütztenArzneimittelnvorgenom-menwird.ImErgebniswerdennachAnsichtderBefragtenpatentgeschützteArzneimittelnichtadäquatvergütet,generischeArzneimittelprofitierenhin-gegenvonderZusammenfassungineinergemeinsamenGruppe.

Im Ergebnis konnten mit der Einführung von Jumbogruppen kaumwesentliche Einsparungen seitensderKostenträger erreichtwerden. InderFolgesindabernachAngabenderbefragtenExpertenStandortentscheidungenmitEinzelinvestitionsvoluminavonüber1MilliardeEurofürForschungs-undEntwicklungseinrichtungensowie fürProduktionsstättenexplizitnichtzu-gunsten des StandortsDeutschland entschiedenworden bzw.Deutschlandwar kein alternativer Investitionsstandortmehr. ImWettbewerb stehendeStandortemiteinempositivenBekenntniszurPharmaindustrieerhieltenindiesenFällendenZuschlag.ObwohlderSchutzgeistigenEigentumsinDeutsch-landvondenBefragtenalsbeispielhaftbeschriebenwird,wurdemitderEin-führungderJumbogruppenvondenEntscheidungsträgernderpharmazeu-tischenUnternehmenaucheinematerielleAushöhlungdesPatentschutzesinDeutschlandbemängelt.

»Wir haben eine Überregulierung. Ich habe

Produkte, die von bis zu fünf verschiedenen Regulations-

mechanismen betroffen sind.«(Vorstand eines ausländischen

Pharmaunternehmens)

Die Jumbogruppen haben zu einer materiellen Aushöhlung

des Patentschutzes geführt.

492008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

DeriminternationalenVergleichfreieZugangaufdendeutschenAbsatz-markt nach Erhalt der Zulassung sowie dieMöglichkeit derMarktpreisbil-dungfürinnovativeProduktewerdenvordemHintergrundderschnellauf-einanderfolgendenAbsatzmarktregulierungenmit nachhaltigennegativenEffektennichtmehrentsprechendwahrgenommenundhonoriert.AuchdieFunktionDeutschlandsalsReferenzmarktfürbenachbarteMärkteimZusam-menhangmitder PreisfindungwiegtbeiderMehrzahlder Entscheidungs-trägerindenUnternehmendienegativeWahrnehmungnichtauf.

Gerade die kurze Abfolge sowie die Kombination dieserMaßnahmenhabenausSichtderin-undausländischenBefragtenauspharmazeutischenUnternehmendenzuvornochalsgutplanbaren,stabilendeutschenAbsatz-marktzueinemnichtmehrvorhersagbarenAbsatzmarktgemacht.DamitisteinwesentlicherVorteildesdeutschenAbsatzmarktes,seinePlan-bzw.Kalku-lierbarkeit verloren gegangen. Mit nicht einschätzbaren Umsatzerlösen inDeutschlandfälltesdenBefragtenschwer, Investitionsentscheidungenmitsicheren Auszahlungen und sehr langen Entwicklungszeiten zugunstenDeutschlandszufällen,wennAlternativenvorhandensind,welchesichaktivmitfertigenKonzeptenanbieten.InsgesamtwerdenimVergleichzuanderenentwickelten Ländern die Rahmenbedingungen in Deutschland von allenBefragtenalsunterdurchschnittlicheingeschätzt.

DieErstattungsmechanismenunddieindiesemZusammenhangange-wandteMethodederKosten-Nutzen-AnalysewerdenvondenBefragtenmitbreiterZustimmungbegrüßt.Die intransparenteundnicht internationalenStandardsfolgendeUmsetzungdurchdasIQWiGerfährtaufderanderenSeiteaber eine breiteAblehnung. Sowird das IQWiGnicht als neutraleund fairagierendeInstanzwahrgenommen,sondernlediglichalsreinesInstrumentderKostenreduktion.WennauchdasNICE(NationalInstituteforHealthandClinical Excellence, UK) nicht positiv hervorgehobenwird, sowerden dochseinekalkulierbarenundtransparentenRegularienausdrücklichgeschätzt.DieBefragtenkonntenkeinausländisches Institutals »BestPractice«emp-fehlen,was aber durchaus als Chance für ein reformiertes IQWiG gesehenwerdenkann.

VordemHintergrunddeswünschenswertenEinsetzensvonMarktme-chanismenwirddieEinbeziehungderKrankenkassenindenGeltungsbereichdesKartellrechtsgefordert,zumindestaberdieAnwendungdereuropäischenTransparenzrichtlinie.

Wirtschaftspolitik und Finanzierung SeitensderBefragtenwirdeingrundsätzlichesBekenntnisderPolitikzumPharmastandortDeutschlandgewünscht,demdanneinabgestimmtes,gleichgerichtetesVorgehenallerMinisterienfolgensollte. ImVergleichzurFörderungvonForschungskooperationenistbezogenaufdendeutschenAb-satzmarkteinsolches»HandelnauseinemGuss«nichterkennbar,wasbeidenBefragtenzuVerunsicherungführt.EinzelneStimmensetzendasHan-deln,bezogenaufdenAbsatzmarkt,mitdem»VerhalteneinesEinkäufers«gleich,derlediglichdenPreisimFokushat.Von»Entwicklungskooperation«zwischenAbnehmernundProduzenten istderStandortweitentfernt.Der

Positive Absatzmarkt-Aspekte werden aufgrund von negativen Signalen nicht wahrgenommen.

Bemängelt wird die intransparente und nicht internationalen Standards folgende Kosten-Nutzen-Analyse.

Ein abgestimmtes, gleichgerichtetes Vorgehen aller Ministerien wird als notwendig erachtet.

50 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

VorstandsvorsitzendeeinesBiotech-Unternehmensführtedazuaus:»WennjemanddieBiotechnologiefördert,ohnediePharmaindustriezuunterstüt-zen,haterüberhauptnichtnachgedacht.«VordiesemHintergrundwirdeineBündelungderpharmazeutischenBildungs-,Forschungs-,Wirtschafts-undGesundheitspolitikvoneinerbreitenMehrheitderBefragtenalszwingendnotwendigangesehen.

Ein operativer kausaler Zusammenhang zwischen dem AbsatzmarktunddenvorherigenStufenderWertschöpfungskettewurdevondenBefrag-tengrundsätzlichnichtgesehen.EsbestehtabernachEinschätzungderMehr-heit der Befragten sehrwohl ein Einfluss auf ihre InvestitionsbereitschaftinDeutschland,wennderEindruckvermitteltwird,dassdasEingehenvonRisiken in Form von Investitionenwohl gewünschtwird, auf der anderenSeiteaberInnovationennichtwertgeschätztundnichthonoriertwerden.DieFolgewarenInvestitionsentscheidungenfürLänderundStandorte,dieInno-vationenoffenergegenüberstehen.HingewiesenwurdevoneinigenBefragtennebendemasiatischenRaumauchaufFrankreichundGroßbritannien,wolokale Standortentscheidungen positive Auswirkungen auf den Absatz imjeweiligenLandhaben.

Mentalität und Innovationsklima DerdeutscheAbsatzmarktgenießtbeifastallenBefragteneinegerin-gereAttraktivitätalsderProduktionsstandort. LediglichdieBefragtenausBiotech-Unternehmen sowie aus Wissenschaftsorganisationen bewertendendeutschenAbsatzmarktattraktiveroderebensoattraktivwiedenPro-duktionsstandort.

DieBefragtenbeschreibendieStimmungaufdemAbsatzmarktmiteinerzunehmenden pharmafeindlichen Haltung. Sie sehen die Risiken zu starkübergewichtetundChancenunberücksichtigt.EswirdeineeinseitigeBudget-bzw.Kostenkontrollebeklagt,ohneausreichenddenNutzenderMedikamentezubetrachten.DieshatinsbesonderebeiausländischenPharmaunternehmendazugeführt,dassDeutschlandderzeitnichtalsAlternativefür(Neu-)Investi-tioneninfragekommt.

DieBefragtenschlagenvor,dassvordemBeschlussvonMaßnahmen,insbesonderederGesundheitspolitik,derenAußen-undWechselwirkungenkritischer hinterfragtwerden sollten, um negative Signaleffektemit nichtmehrkontrollierbarenFolgeninUmfangundNachhaltigkeitfürdenPharma-undBiotech-StandortsowiefürdenProduktionsstandortzuvermeiden.DasallgemeineInvestitionsklimawirdweiterhindadurchbeeinträchtigt,dassesteilweisealsunethischangesehenwird,inderGesundheitsbrancheGeldzuverdienen.FüreinewesentlicheAnzahlderBefragtenausderPharmaindu-striespieltdasInnovationsklimafürInvestitionsentscheidungeneinegrößereRollealsdiezumTeilkleineneinzelnenFördermaßnahmen.

Alspositive SignalemitGewichtwürdenvonnationalenundauslän-dischenPharmaunternehmensowieauchvonVertreternderWissenschafts-organisationendieAbschaffungder Jumbogruppen sowie eineReformdesVorgehens des IQWiG aufgenommen werden. Vergleichsweise einheitlich

Die Stimmung in Deutschland wird zum Teil als pharma-

feindlich empfunden.

Gefordert wird ein Dialog zwischen Politik und Pharmaindustrie, der

zu nachhaltigen Ergebnissen führt.

512008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

selbstkritischsehendieVertreterderpharmazeutischenUnternehmen,dassinderVergangenheitderpositiveNutzenderPharmaindustrieundderArznei-mittelforschungnichtausreichendklarkommuniziertwurde.

3.4.3 | Würdigung

Grundsätzlich kann ein Konflikt zwischen dem Ziel einer möglichstkostengünstigenGesundheitsversorgung einerseits und dem industriepoli-tischenZieleinerFörderungdesPharma-undBiotech-StandortsDeutschlandandererseitsbestehen.DieserZielkonfliktlässtsichauchalseinAbwägenzwi-scheneinerstatischenundeinerdynamischenEffizienzbegreifen.StatischeffizientsindniedrigePreisefürGesundheitsleistungenwieArzneimittel,dadadurchnegative ökonomischeWirkungen vermiedenwerden.Diese kurz-fristigpositivenWirkungenkönnen jedochdynamisch (also langfristig) in-effizient sein, wenn dadurch der Standort der Pharmaindustrie dauerhaftbenachteiligt wird undWertschöpfung in Deutschland verloren geht (vgl.PlautEconomics2007).

BeiPreiseingriffenistdeshalbdaraufzuachten,obdurchdieseinnova-tionshemmende Fehlanreize gesetztwerden.DiesemPrinzip entspricht dieRegelung, dass patentgeschützteArzneimittel, die eine therapeutischeVer-besserungimplizieren,vonderFestbetragsregelungausgenommensind.DieseRegelung ist in dem imMai 2006 in Kraft getretenen Arzneimittelversor-gungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG)niedergelegt.Eskommtdaraufan,dassdiesesGesetzinderPraxissoumgesetztwird,dassPräparatemitthera-peutischenVerbesserungentatsächlichfestbetragsfreibleiben.

Eine weitere Regelung, die unter Umständen innovationshemmendeWirkungenentfaltenkann,istdieKosten-Nutzen-BewertungbeiArzneimit-teln.DasInstitutfürQualitätundWirtschaftlichkeitimGesundheitswesen(IQWiG)sollaufAntragdesG-BA(GemeinsamerBundesausschluss)denZu-satznutzenneuartigerMedikamentedenKostengegenüberstellenundeineGesamtbewertungabgeben.DiesePrüfungmussinternationalenStandardsentsprechen und die Innovationspotenziale durch neuartigeMedikamenteangemessen berücksichtigen, umnicht in einem Innovationshemmnis fürdenF&E-StandortDeutschlandzuresultieren.SonstbestehtdieGefahr,dassein Zurückfallen der Pharmaforschung in Deutschland im internationalenVergleichdurcheineeinseitigaufKostensenkungausgerichteteRegulierungbewirktwird.Dabeiistfestzuhalten,dassdiepharmazeutischeIndustrieeinersachgerechtenKosten-Nutzen-BewertungbeiArzneimittelnoffengegenüber-steht,wenndiesesichaninternationalenStandardsorientiertundentspre-chendinnovationsoffenist.

VondenBefragtenwirdderdeutscheAbsatzmarktvordiesemHinter-grundalsüberreguliertwahrgenommen.EinzelneMaßnahmen inderVer-gangenheit haben insbesondere dazu beigetragen, nachhaltige negativeSignalemitAusstrahlungseffekt auf andereTeile derWertschöpfungsketteauszusenden.DazuzähltinsbesonderedieEinführungdersogenanntenJum-bogruppen.MitdiesenkonntenkaumwesentlicheEinsparungenseitensderKostenträgererreichtwerden,aberessindinderFolgeaucheineVielzahlvon

Es besteht ein Zielkonflikt zwischen Kostenkontrolle und Innovations-anreiz.

Die Kosten-Nutzen-Bewertung sollte sich an internationalen Standards orientieren.

52 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

Standortentscheidungen für Forschungs- und Entwicklungseinrichtungensowie für Produktionsstandorte explizit nicht zugunsten des StandortsDeutschlandentschiedenworden.ÄhnlichenegativeSignalwirkungengehenderzeitvomIQWiGaus.Zwar findetdieKosten-Nutzen-Analyse fürArznei-mittelunterdenBefragten insgesamteinebreiteZustimmung,aberdie in-transparenteundnichtinternationalenStandardsfolgendeUmsetzungdurchdasIQWiGerfährteinebreiteAblehnung.SowirddasIQWiGnichtalsneutraleInstanzwahrgenommen,sondernlediglichalsreinesInstrumentderKosten-reduktion.InderSummeistvoralleminternationalderEindruckentstanden,dassimdeutschenGesundheitssysteminnovativeMedikamentenichtmehranerkanntwerden,einmateriellerPatentschutznichtgewährleistetistunddass deshalb auch die Erforschungund Entwicklung solcherMedikamentenichtinangemessenerFormhonoriertwerden.

TatsächlichistangesichtsdergenerellenÜberregulierungderGesund-heitsmärkte in Deutschland eine fundamentale Reform des Gesundheits-wesensnotwendig.GenerellmüssendiepolitischenMaßnahmen,welchediePharma-undBiotech-Branchebetreffen,besseraufeinanderabgestimmtwer-den.SonützteineFörderungvonF&Enurbedingt,wennandererseitsdieEr-stattungsfähigkeit innovativerMedikamenteeingeschränktwird.Erforder-lich sind somit eine »Politik aus einemGuss« und eine industriepolitischeStrategie,umdiePharma-undBiotech-BrancheinDeutschlanddurcheinum-fassendesKonzeptzustärken,anstattpunktuelleundsichgegenseitigwider-sprechendeMaßnahmenzuinitiieren.FernermusseszueinergrößerenVer-tragsfreiheitvonLeistungserbringernundLeistungsnehmernkommen.DieshättenebenobjektivenVerbesserungenfürdasGesundheitssystemeineer-heblicheSignalwirkungfürdiePharmaindustrieinDeutschland.

ObwohldieWahrnehmungdesdeutschenAbsatzmarktsdurchdasGe-sundheitssystem dominiert wird, sehen einige Unternehmen auch dessenVorteile: Insbesonderedie Preisbildung für innovativeMedikamente ist iminternationalen Vergleich ein wesentlicher Standortvorteil Deutschlands.Ein weiteres positives Unterscheidungsmerkmal ist der Fakt, dass es inDeutschlandnach erfolgter Zulassung innovativerMedikamente praktischkeineVerzögerungenbeiderMarkteinführungdurchVerhandlungenüberdieErstattungshöhe und Erstattungsfähigkeit innovativer Medikamente gibt.Darausergibtsich,dassinnovativeMedikamenteeuropaweithäufigzuerstinDeutschlandeingeführtwerden.DeutschlandkommtsomiteinewichtigeFunktion als Leitmarkt zu,was auch einewichtige Voraussetzung für denwirtschaftlichenErfolgaufdenExportmärktendarstellt.DieWahrnehmungdieserStärkendesPharmastandortsDeutschlandwirdallerdingsüberkom-pensiertdurchdieAushöhlungdesPatentschutzesundeineFlutunüberschau-barerÄnderungenbeidenErstattungsbeträgen.Weiterhinzeigtdies,dasshierunter anderem eine bessere Kommunikation und aktive Vermarktung desStandortsDeutschlandnotwendigsind.

Dabei kommtdemheimischenAbsatzmarktgerade für solcheexport-starkenIndustrienwiederPharmaindustrieeinegroßeBedeutungzu.Deutsch-landsStatusalsExportweltmeisterbeipharmazeutischenProduktendürftenicht unwesentlich davon abhängen, ob Deutschland auch in Zukunft einwichtigerMarktfürdieEinführunginnovativerProduktebleibt.

Jumbogruppen und IQWiQ senden negative Signale für

Pharmastandort Deutschland.

Aufgrund der Freiheiten bei Preisbildung und Marktzugang ist

Deutschland ein wichtiger Leitmarkt.

532008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

AngesichtssichweltweitöffnenderAbsatzmärkteistfürdieStandort-entscheidung von Unternehmen zudem von zunehmender Bedeutung,inwieweitvoneinemStandortausdieweltweitenAbsatzmärkteerreichbarsind.HierbeispielenderOffenheitsgradderVolkswirtschaft,dievorhandeneInfrastrukturunddieHandelspolitikeinewichtigeRolle.DeutschlandweistalsexportorientiertesLandmithervorragender Infrastrukturundentspre-chendenmulti-undbilateralenFreihandelsabkommendiesbezüglichhervor-ragendeBedingungenauf.InsbesonderefürwissensintensiveIndustrienistdaseinwesentlicherStandortvorteil.EinevonderBundesregierunginitiierteAusweitungderHandelsabkommenauf EU-Ebenekönntediese Stärke aus-bauenunddasEngagementDeutschlandsdeutlichmachen.

SchließlichsindMaßnahmenzummateriellen internationalenSchutzdesgeistigenEigentumszuverbessern.HierwirddasEngagementderBundes-regierung,insbesondereimRahmendesG8-Prozesses,vondenBefragtenaus-drücklichgewürdigt.

3.5 | Zusammenfassung: Wo steht der Pharmastandort Deutschland?

AusdenInterviewshabensichdreiKriterienalszentralfürStandortent-scheidungenherausgestellt:

1. Qualität und Verfügbarkeit sehr gut ausgebildeter Mitarbeiter 2. Ein innovations- und pharmafreundliches Umfeld, im Sinne transparenter, konsistenter und nachhaltiger Regulierungen 3. Vorhandene Unternehmensstrukturen

Die Qualität und Verfügbarkeit der Mitarbeiter ist die wesentlicheStärke des Standorts Deutschland. Dies gilt sowohl im hoch qualifiziertenForschungsbereich als auch für den Bereich der Facharbeiter. Allenfalls imBereich der Exzellenz bestehtNachholbedarf. DieMaßnahmen der GroßenKoalitionhabenzueinerStärkungindiesemBereichbeigetragen.

Die Bewertung des Umfelds für pharmazeutische Innovationen fälltdeutlichschlechteraus.EingroßerAnteilderBefragtenverknüpftdieGesund-heitspolitikmitStandortentscheidungeninForschungundEntwicklung.HierhabendieMaßnahmenmitdemZielderKostendämpfungnegativeSignaleausgesandt.Diesehabendazugeführt,dassbeieinigenausländischenUnter-nehmenDeutschlandnichtmehr»aufderListe«füreinenInvestitionsstand-ortsteht.DarüberhinauszeigtderStandortDeutschlandeinehoheRegulie-rungsdichte sowie ineffiziente Antrags- und Genehmigungsverfahren, diesich inverschiedenenAusprägungenaufallenStufenderWertschöpfungs-kettebemerkbarmachen.

AusderSichtdernationalenundinternationalenEntscheidungsträgerfehltesinDeutschlandaneinerVerzahnungderinvolviertenPolitikbereiche.Die in den vergangenen Jahren eingeleitetenMaßnahmen sind nicht »auseinem Guss«, z. B. Förderung von Biotech und Grundlagenforschung, aberkeineHonorierungvon Innovationen.NachAnsichtderBefragtenbenötigtDeutschlandeinklaresBekenntnisderPolitikzurPharmaindustrie.Diesem

»Ich bin der festen Überzeugung, dass man für die Pharmaindustrie die Themen Forschung und Vermarktung nicht trennen kann.«(Vorstand eines ausländischen

Pharmaunternehmens)

54 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

Bekenntnis sollte eine gezielte, langfristige Industriepolitik folgen. HierbeisolltenalleStufenderWertschöpfungskettevonderGrundlagenforschungbiszum Absatz im Rahmen eines gleichgerichteten Vorgehens aller Politikbe-reicheberücksichtigtwerden.

Um den Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb zustärken,sindMaßnahmeneinzuleiten,diezumeinendiegenanntenStand-ortkriterienberücksichtigenundzumanderengezieltdiewahrgenommenenStärken des Standorts weiterentwickeln. Bei allen Maßnahmen sollte dieinternationaleSignalwirkungnichtunterschätztundggf.sogargezielteinge-setztwerden.DamitdieMaßnahmenihreWirkungentfaltenkönnen,isteineproaktiveVermarktungdurcheinequalifiziertbesetzteTaskForceerforder-lich.InverschiedenenInterviewswurdeaufandereLänder(z.B.Irland,Singa-pur)verwiesen,dienichtnurihreStandortvorteilepräsentieren,sondernauchmitregelmäßigemKontaktzudenEntscheidungsträgernunternehmensindi-viduelleKonzepteentwickeln.

DieMaßnahmenderGroßenKoalitionhabenzurStärkungdesPharma-standortsDeutschlandbeigetragen.AllerdingssindsiebeidenBefragtenzumTeilnichtangekommenbzw.wurdenalsnichtentscheidungsrelevanteinge-stuft.NachAnsichteinigerBefragterhabensieeinZurückfallenDeutschlandsiminternationalenStandortwettbewerbverhindert.Diesistinsofernbedeut-sam,alsdievorhandenenUnternehmensstrukturendasdrittezentraleStand-ortkriteriumdarstellen.

DieAuswertung ausgewählter Thesen zumStandortDeutschland er-gibt große Übereinstimmungen bei der Beurteilung durch die Befragten.Negativ waren hiernach die Antworten hinsichtlich der Vernetzung vonGrundlagenforschung und industrieller Entwicklung, der Absatzmarktre-gulierung sowie der Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen in Deutsch-land. Positiv hervorzuheben ist dieGesamteinschätzungDeutschlands alsForschungsstandortsowiedieAttraktivitätDeutschlandsfürinternationaleManager.HierbeiistdieDiskrepanzinderWahrnehmungzwischendenVer-treterndeutscherundausländischerPharmaunternehmenauffällig.ImGe-gensatzzu ihrenausländischenKollegenschätzendieBefragtendeutscherPharmaunternehmendeneigenenStandort inderTendenzalsunattraktivfürManagerundderenAngehörigeein.

»Aufgrund der großen Möglich-keiten, die Deutschland in der

Forschung hat, lohnt es sich, die Pharmaindustrie deutlich zu

stärken und zur Aufholjagd anzusetzen. Die Vorbedingungen

sind exzellent, und für mich ist Pharma im Rahmen der

Gesundheitsindustrie ein zentraler Zukunftsfaktor, den

auszubauen sich lohnt.« (Vertreter einer deutschen Forschungseinrichtung)

552008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

Abbildung 3.1: Auswertung von Kurzfragen / Thesen zum Standort Deutschland

Quellen: HWWI, PWC.

Frage / These Stimme nicht zu

1

1. Deutschland ist ein attraktiver Forschungsstandort.

2. Deutschland ist ein attraktiver Produktionsstandort.

3. Deutschland ist ein attraktiver Absatzmarkt.

4. Die Maßnahmen der Großen Koalition haben die

Attraktivität des Pharmastandorts insgesamt verbessert.

5. Die Grundlagenforschung und die industrielle

Entwicklung sind in Deutschland gut vernetzt.

6. Im internationalen Vergleich ist der deutsche

Absatzmarkt überreguliert.

7. Auch künftig stehen in Deutschland ausreichend

Fachkräfte für F&E zur Verfügung.

8. Nationale Finanzierungsalternativen sind für eine

Investitionsentscheidung wesentlich.

9. Der Standort Deutschland ist für internationale

Manager und deren Angehörige ein attraktiver Standort.

10. Die Rahmenbedingungen in Deutschland sind

verlässlicher als in anderen entwickelten Ländern.

2 3 4 5 6

Stimme voll zu

Pharma / Biotech Inland Pharma / Biotech Ausland sonstige Stakeholder (Akademia,

Wagniskapitalgeber, Gewerkschaften)

56 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

4.1 | Von der Wertschöpfungskette zu politischen Handlungsfeldern

Der PharmastandortDeutschland ist offensichtlich besser als sein Ruf.WährendinderAnalysezahlreicheStärkendesStandortsoffengelegtwurden,äußertensichvieleBefragteeherkritisch.EinwichtigesErgebnisvonAnalyseundInterviewauswertungistdeshalbdieFeststellung,dasszwischenderwis-senschaftlichenBewertungaufBasisvonobjektivenDatenzuStandortfaktorenunddersubjektivenBeurteilungindenInterviewseineDiskrepanzbesteht.

DiezumTeilkritischeGesamtbeurteilungdesStandortsindenExperten-interviewsbasiertimWesentlichenaufdersubjektivenEinschätzungdesdeut-schenAbsatzmarktes.VorallembeieinerSichtvonaußendominiertderEin-druckeineshochreguliertendeutschenGesundheitswesens.ÜberdienegativeEinschätzung des Gesundheitswesens hinaus sind ausländische EntscheiderderMeinung,dasszuvielStaatzuwenigWettbewerbunddamitzuwenigIn-novation im Pharmabereich möglich mache. Die subjektive WahrnehmungeinesverkrustetenstaatlichenGesundheitswesensprägtalsFolgedavondieoftzurückhaltende Investitionstätigkeit ausländischer Firmen inDeutschland –auchimBereichderForschungundProduktion.DienegativeEinschätzungdesdeutschenAbsatzmarktesbeeinflusstdamitsehrwohlauchdieanderenGliederderWertschöpfungskette.SiebestärktdieausländischenEntscheidungsträgerinihremnegativenUrteilzumPharmastandortDeutschland–selbstwenndieobjektivenSachverhalteimForschungs-oderProduktionsbereicheinweitbes-seresBildergebenalsbeimAbsatzmarkt.

DernegativeEinflussdesAbsatzmarktsfürdasImagedesStandortswirdbesondersanzweiPunktendeutlich.SobeeinträchtigendieDiskussionenumdasInstitutfürQualitätundWirtschaftlichkeitimGesundheitswesen(IQWiG)unddieschonvoreinigenJahreneingeführtenJumbogruppennachhaltigdasBilddesdeutschenPharmamarktesbeiVorständenundExperten.Dabeispre-chen sich die Befragten ausdrücklich für die volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-AnalysevonArzneimittelnaus–abernachinternationalenStandards.Da diese trotz entsprechender gesetzlicher Vorgaben in Deutschland bis-hernichtbeachtetundangewendetwerden,hatsichderEindruckverfestigt,dass Innovationennicht fair bewertetwerden.Das ist ein fatales Signal füreinenLeitmarkt,derInnovationenhervorbringensoll,undumsobedenklicher,alsdieEinführungvonJumbogruppenkaumzuwesentlichenEinsparungenimGesundheitswesengeführthat.DieDiskussionenaberhabenvoralleminter-nationaldenEindruckhervorgerufen,dassimdeutschenGesundheitssysteminnovative Medikamente nicht anerkannt werden, ein materieller Patent-schutz nicht gewährleistet ist und dass deshalb auch Erforschung und Ent-wicklungsolcherMedikamentenichtinangemessenerFormhonoriertwerden.Unddies,obgleichderSchutzgeistigenEigentumsinDeutschlandansichindenInterviewsvondenBefragtengrundsätzlichalsbeispielhaftgesehenwird.Als Folge hat die Beurteilung des Pharmastandorts Deutschland insgesamtgelitten.

4 | Handlungsempfehlungen zur Stärkung des Pharmastandorts Deutschland

Objektiv ist der Pharmastandort Deutschland besser als sein Ruf.

Die negative Einschätzung des Absatzmarktes trübt das Gesamtbild.

572008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

Für die Standortanalyse bleibt als ein Ergebnis der Interviews festzu-halten,dassauchbeieinerExportquotevonüber50%undtechnischseparier-baren Stufen der Wertschöpfungskette dem heimischen Absatzmarkt eineerheblicheBedeutungfürdasStandortimageimBereichForschungundEnt-wicklung zukommt. Nicht nur angesichts der pharmaspezifischen Aspekte,sondern auch angesichts der generellen Überregulierung der Gesundheits-märkte in Deutschland ist eine fundamentale Reform notwendig. AlleineschondasSignalandieausländischenEntscheidungsträger,dassimdeutschenGesundheitswesenstaatlicheRegulierungenvermindertundWettbewerbundInnovationengefördertwerden,wärebedeutsam.UmdiesesZielzuerreichen,musseszueinergrößerenVertragsfreiheitvonLeistungserbringernundLei-stungsnehmern kommen. Ein wettbewerbliches Gesundheitssystem würdezudemstarkeBeschäftigungseffekteauslösen(vgl.Straubhaaretal.2006).Einkonkreter Reformentwurf für dasGesundheitswesen soll aber aufgrund derKomplexitätdesSystemsnichtimRahmenderhiervorgelegtenStandortana-lyse erfolgen. Unbestritten ist jedoch, dass hier deutlicherHandlungsbedarfbesteht,geradeauch,umdiesubjektiveWahrnehmungausländischerEntschei-dungsträgerzumGesundheitswesenbesseraufdieobjektivenSachverhalteinderpharmazeutischenIndustrie,insbesondereinderForschungundEntwick-lungsowieinderProduktionanzupassen.

ParalleldazumüssendiedurchausbereitsbestehendenStärkendesPhar-mastandortsDeutschlandimBereichAbsatzausgebautundgegenüberauslän-dischen Investoren aus den Bereichen Pharmaindustrie und BiotechnologieauchalsklareStandortvorteilekommuniziertwerden.DieStandortanalysehatgezeigt,dassinsbesonderedieMarktpreisbildungfürinnovativeMedikamenteeinwesentlicher Standortvorteil Deutschlands im internationalenVergleichist. Ein weiteres positives Unterscheidungsmerkmal ist der Fakt, dass es inDeutschland praktisch keine Verzögerungen bei der Markteinführung undErstattungsfähigkeit innovativerMedikamentegibt.Daraus ergibt sich, dassinnovativeMedikamenteinderRegeleuropaweitzuerst inDeutschlandein-geführtwerdenundDeutschlandsomitdieFunktionalsLeitmarktzukommt,wasaucheinewichtigeVoraussetzungfürdenwirtschaftlichenErfolgaufdenExportmärkten darstellt. Ferner ist zu empfehlen, stärker als bisher auf dienegativeSignalwirkungeinzelnerpolitischerEntscheidungenzuachten,dadiehierausresultierendenSchäden–wiedasBeispielJumbogruppenzeigt–umeinVielfacheshöherseinkönnenalsdietatsächlichenEinsparungseffektezu-gunstenderGesetzlichenKrankenversicherung.DasZielmusssein,gesundheits-politischeMaßnahmenkonsequentaufihreStandortverträglichkeitzuprüfen.

FürdieanderenStufenderWertschöpfungskettefieldieBewertungderStandortfaktorendeutlichbesserausalsbeiderBewertungdesAbsatzmarktes.AuchhierhatdieStandortanalysegezeigt,dassderStandortiminternationalenVergleichdeutlicheStärkenaufweist,etwaimBereichderVerfügbarkeithochqualifizierten Personals, der klinischen Forschung und der Hightechpro-duktion(z.B.Biotechnologie,Impfstoffproduktion).IndiesemSinneistesnot-wendig, einerseits Aufklärungsarbeit zu leisten und andererseits die vor-handenenStandortvorteilezustärkenundzielgerichtetauszubauen.DennesistindiesemZusammenhangzubeachten,dassmitenormerDynamikneueStandorte in den Schwellenländern aufgebaut werden und andere LändergezieltihreStandortbedingungenaktivverbessern.Deshalbsindverschiedene

Reformen mit Signalwirkung sollten das Standortimage verbessern.

Stärken im Absatzbereich müssen ausgebaut und besser kommuniziert werden, ...

... während Entscheidungen mit negativer Signalwirkung zu vermeiden sind.

Die anderen Stufen der Wert-schöpfungskette schneiden sowohl objektiv als auch subjektiv besser ab.

58 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

Maßnahmennotwendig,umdieStandortqualitätzusichernunddierelativePositiondes»StandortsDeutschland«behauptenzukönnen.

Ausder Standortanalysehaben sichverschiedeneHandlungsfelderhe-rauskristallisiert,dieüberdieWertschöpfungskettehinwegbedeutsamsind.SosindDeregulierungenimBereichvonForschungundEntwicklung–wieauchim Produktionsbereich – sinnvoll. Außerdem sind staatliche Aktivitäten zurStärkungvonForschungundBildungsowieallgemeinewirtschaftspolitischeMaßnahmen und Finanzierungsfragen relevant. Insgesamt muss auch dasInnovationsklimainDeutschlandweiterverbessertwerden.

4.2 | Rechtssetzung und Deregulierung

ImVergleichzudengroßenangloamerikanischenKonkurrentenundin-zwischenauchzudenkonkurrierendenSchwellenländernistderPharmastand-ortDeutschlandstarkreguliert.DabeisindesnebendenRegulierungenimBe-reichForschungundEntwicklunginsbesondereArbeitsmarktregulierungen,diefürdieforschendenArzneimittelherstellerrelevantsind.DieRegulierungenaufdemArbeitsmarktsindnichtnureinHemmnisfürdieBeschäftigung,sondernaucheinwesentlicherNachteilfürdasStandortimage.TatsächlichisthiereineganzeReihevonEinzelregelungenrelevant,dieinderVielzahlundKomplexitätausländischen–insbesondereamerikanischenundbritischen–InvestorenundArbeitgebernschwierigvermittelbarsind.AusderWertschöpfungskettesindhiervorallemdieBereicheF&EundProduktionbetroffen.DabeisinddiePro-bleme unterschiedlich. Für F&E sind insbesondere die Zuwanderungs- undArbeitsgenehmigungen von hoch Qualifizierten bedeutsam. Für den BereichderProduktionmussinAnbetrachteineszuerwartendenFachkräftemangelsdieVerfügbarkeitvonFacharbeiternerhöhtwerden.

Ein allgemeinerer Aspekt von Regulierung betrifft deren betriebswirt-schaftliche Kostenwirkungen. Umsetzung, Anwendung und Kontrolle vonneuen und geltenden Regeln verursachen in der privaten Wirtschaft hoheadministrativeKosten.DieserErkenntnisfolgendhatdieBundesregierungdasProgramm »Bürokratieabbau und bessere Rechtssetzung«, koordiniert vomBundeskanzleramt, aufgelegt. Als wesentlich zu nennen und besonders zubegrüßen ist hier die Einsetzung des Normenkontrollrates, der seit dem1. Dezember 2006 in Gesetzgebungsprozesse einzubinden ist, um die büro-kratischenFolgekostenvonGesetzenabzuschätzen.GemäßdemMonitorBüro-kratiekosten des Normenkontrollrates konnten auf diesemWege bisher 776MillionenEuroanBürokratiekostenvermiedenwerden (vgl.NationalerNor-menkontrollrat2008;www.normenkontrollrat.bund.de).DieszeigtdasPoten-zialeinerderartigenInitiativeundbekräftigtdenNutzenihresAufbausundeinersukzessivenAusdehnungaufbestehendeGesetzeundRegelungen.DahermusseinsachgerechterBürokratieabbauauchimBereichF&Ebzw.derProduk-tiongeprüftundfokussiertangegangenwerden.

Deregulierung von Forschung und Entwicklung DeutschlandhatsichindenletztenJahreneinengutenRufimBereichderklinischenForschungerworben.EsgibthierzulandeguteKlinikenundPraxen,

Die hohe Regulierungsdichte am deutschen Pharmastandort

ist per se problematisch ...

... und kostenintensiv.

Deshalb sind Deregulierungs- bemühungen notwendig.

592008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

die in angemessener Zeit qualitativ hochwertige Studien zu wettbewerbs-fähigenKostendurchführenkönnen.DieshatimVerbundmiteinereffizientenGenehmigungspraxisdazugeführt,dassDeutschland2007inEuropadiemeis-tenklinischenStudienprojektevorweisenkonnte.DieserStandortvorteilsollteausgebautwerden.DurcheineVereinfachungdervielfältigenRegulierungenim Bereich Forschung und Entwicklung könnten die Attraktivität des F&E-StandortsnochweitererhöhtunddieForschungsaktivitätenvermehrtwerden.DieseRegulierungensolltensowohlaufbundesstaatlicheralsauchaufeuro-päischer Ebene auf den Prüfstand kommen. Handlungsbedarf besteht ins-besonderebeiklinischenStudien,dieindenRegelungsbereichderdeutschenRöntgen-undStrahlenschutzverordnungfallen.BeidiesenStudienistdasge-forderte zusätzlicheGenehmigungsverfahrenbeimBundesamt fürStrahlen-schutz(BfS)zeitlich,aufgrundfehlenderFristen,nichtkalkulierbar.IndiesemBereichfälltderStudienstandortDeutschlanddaherimeuropäischenVergleichdramatischzurück.AuchbeieinigenAnforderungenimRahmenderGenehmi-gungundzustimmendenBewertungklinischerStudienundbeiverschiedenenMeldepflichten gegenüber den Behörden und Ethikkommissionen, die zumTeilnichtharmonisiertsindoderüberEU-Rechthinausgehen,wirdeinentspre-chendergesetzgeberischerHandlungsbedarfgesehen.DieskönnteimRahmeneinernationalenGesetzgebungsinitiative innerhalbdervonderEUvorgege-benenVorgabengelöstwerden.

AuchindenInterviewswurdezumeinendiegutePositionDeutschlandsbeiklinischenStudien–zumanderenaberderBedarfanDeregulierung–be-stätigt.BeidenDeregulierungsmaßnahmenhandeltessichumvieleklein-teiligeMaßnahmen,dieaberinihrerGesamtheiteinedeutlicheVerbesserungderStandortqualitätbewirkenwürden.AucheineZusammenfassungvonRe-gulierungsbehördenundeinheitlicheAnlaufstellensindsinnvoll,umdenAuf-wandfürGenehmigungsverfahrenunddieÜberwachunglaufenderStudienzureduzieren.DabeisolltendieVerfahrenaufeuropäischerEbenemöglichsteinheitlichgestaltetwerden.DieserleichtertdieDurchführungvongrößeren,übermehrereLänderangelegtenStudien.BesondersschwierigistdieKoordi-nation von Studien,wenn regional unterschiedliche Standards und Anfor-derungenbeachtetwerdenmüssen. Sowurde inverschiedenen Interviewsdeutlich, dass die in Deutschland von den Ethikkommissionen gestelltenAnforderungennichtdurchgehendharmonisiertsindundessozuProblemenbeiderAntragstellungundDurchführungeinerStudiekommenkann,wenneinzelneEthikkommissionenisolierteAnforderungenstellen.DasimRahmender zwölftenNovellierungdesArzneimittelgesetzes (AMG)eingeführteBe-wertungsverfahren mit einer federführenden Ethikkommission und denbeteiligten lokalen Ethikkommissionen hat sich zwar insgesamt bewährt,sollteaberimSinneeinerweiteren,durchgreifendenHarmonisierungange-passtwerden.DieskönntedasGenehmigungs-/Bewertungsverfahreninsge-samtdeutlichvereinfachenunddamitdiePlanungs-undOrganisationsko-stenvonStudienabsenken.

Zuwanderung von hoch Qualifizierten FürForschungundEntwicklungist insbesondereeineerleichterteEin-wanderungvonSpitzenforschernnotwendig.DasbetrifftinsbesondereauchLeistungsträgerausLändernaußerhalbderEU.DerzeitprofitiertDeutschland

Deutschland ist europaweit führend im Bereich der klinischen Studien.

Es sind jedoch weitere Deregulierungsmaßnahmen nötig.

Einheitliche Anlaufstellen und Harmonisierungen im Bereich der Genehmigungsverfahren sindsinnvoll.

60 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

besonderswenigvonderhoheninternationalenMobilitäthochqualifizierterArbeitskräfte. So hatte Deutschland zwischen 2001 und 2005 eine Netto-abwanderungvon65000hochqualifiziertenPersonenzuverzeichnen,wo-hingegen1,2MillionenniedrigQualifiziertezugewandertsind.ImGegensatzdazu verbuchten die USA eine Zuwanderung von beinahe acht MillionenhochQualifiziertenund12,5MillionengeringQualifizierten(vgl.Borrmann/Jungnickel/Keller2007).

In den letzten Jahrenwurdendie Bedingungen für die ZuwanderunghochqualifizierterArbeitskräfteausNicht-EU-Ländernverbessert.DurchdasneueZuwanderungsgesetz (inKraftgetretenam1. Januar2005)kannhochqualifiziertenZuwanderern inbesonderenFällenvonAnfangandasRechtaufeinendauerhaftenAufenthaltinDeutschlanderteiltwerden.Vorausset-zungfürdenErhalteinerNiederlassungserlaubnisisteineZustimmungderBundesagentur fürArbeit, eineRechtsverordnungdesBundesministeriumsfür Arbeit und Soziales oder eine zwischenstaatliche Vereinbarung zwi-schen dem Herkunftsland und Deutschland. Hoch Qualifizierte sind de-finiertals:

1.WissenschaftlermitbesonderenfachlichenKenntnissen, 2.Lehrpersonen in herausgehobener Funktion oder wissenschaftliche MitarbeiterinherausgehobenerFunktionoder 3.SpezialistenundleitendeAngestelltemitbesondererBerufserfahrung, die ein Gehalt in Höhe vonmindestens dem Doppelten der Beitrags- bemessungsgrenze der Gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Dies bedeutete für 2007 ein jährliches Bruttogehalt von mindestens 85500Euro.

NachvorläufigenErhebungendesBAMF(BundesamtfürMigrationundFlüchtlinge,vgl.Steinhardt2007)haben2005lediglich700bis900hochQua-lifizierte(imSinnedesZuwanderungsgesetzes)eineNiederlassungserlaubniserhalten.NachinoffiziellenAngabendesBAMFwurden2006ca.450Nieder-lassungserlaubnisseanhochQualifiziertevergeben.

ImJahr2005wurdeeinekoalitionsinterneArbeitsgruppegegründet.SiehattezurAufgabe,möglicheÄnderungenundNachbesserungendesZuwan-derungsgesetzes aufzuzeigen. Obwohl sich die Leiter der Arbeitsgruppe imAugust2006nochoptimistischzeigten,dassdiverseÄnderungenzurErleich-terungdesZuzugsfürhochQualifiziertebereitsAnfang2007indiebestehen-deGesetzeslageeingearbeitetwerdenkönnten,erklärtedieGroßeKoalitionim Oktober 2006, darauf zu verzichten, das Zuwanderungsgesetz entspre-chendzumodifizieren.

Parallel gab es diverse Bundesratsinitiativen von Niedersachsen undNordrhein-Westfalen,dieseRegeln zu lockern. Zentrale ForderungenwarendabeidieAbsenkungderEinkommensgrenzen,dieErteilungeinerNiederlas-sungserlaubnisfürhochQualifiziertenichtnurinbesonderenFällen,sondernalsRegelfall,dieSenkungderAuflagenfürSelbstständige(500000EuroIn-vestitionssummeplusfünfArbeitsplätze)unddieErleichterungdesArbeits-marktzugangs für ausländische Studierende (bis jetztmüssen StudierendeinnerhalbeinesJahreseinenJobfinden).

Deutschland profitiert unterdurchschnittlich von der

Zuwanderung von Spitzenforschern.

Das neue deutsche Zuwanderungs-gesetz aus dem Jahre 2005 stellt einen Schritt in die richtige Richtung dar, ...

612008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

DasBundeskabinetthatbeiseinerKlausurtagunginMesebergimSom-mer2007weitergehendbeschlossen,abNovember2007aufdieVorrangprü-fungfürausländischeAbsolventendeutscherHochschulenundausländischeIngenieurezuverzichten.AußerdemwurdenAusweitungsmöglichkeitenaufandereBerufsgruppenunddieÖffnungfürosteuropäischeFachkräfteverab-schiedet.AllerdingswurdediezentraleForderungderAbsenkungderEinkom-mensgrenzennichtumgesetzt,sodassdieErteilungeinerNiederlassungser-laubnisfürSpezialistenundFührungskräfteweiteranhoheAnforderungengeknüpftist–diezumTeilselbstfürentsprechendeFachkräfteausDeutsch-landnurschwerzuerfüllenwären.DurchdengetroffenenKompromissderKlausurtagungvonMesebergwurdeeineChancevertan,dasZuwanderungs-gesetznachhaltigzumodernisierenundsachgerechtzuliberalisieren.

DafürmüsstendiefolgendenPunktegeändertbzw.indasGesetzinte-griertwerden:

• SenkungderEinkommensgrenzen,insbesonderefürjungeArbeitskräfte (unter35),ZuwanderunghochQualifizierteralsRegelfallermöglichen • Senkung der Transaktionskosten durch Abbau von bürokratischen Hindernissen(ReduzierungdererforderlichenZustimmungspflichten), BereitstellungvonServiceangebotenfürNeuzuwanderer (wiez.B.das WelcomeCenterinHamburg) • EinführungdesPunktesystems(transparent,flexibel,effizient)–wurde bereits für jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion eingeführt.DurchführungeinerklarenBedarfsanalyse • Klare Definition von hoch Qualifizierten (bisher nur Einkommen als Kriterium,dieBewertungvonWissenschaftlernundLehrpersonenob- liegtjeweilsdenBehördenohneklareVorgaben,daheroftwillkürlich) • BlueCard (VorschlagderEU-Kommission).BefristeterZugang fürFach- kräfteausNicht-EU-Staaten • AktiveAnwerbestrategienimAusland

4.3 | Forschung und Bildung

DerBereichForschungundBildunghatfürdieUnternehmenderphar-mazeutischen Industrie eine herausgehobene Bedeutung. Diese ergibt sichausderNotwendigkeitvonhohenQualifikationenimForschungsbereichundeiner guten Ausbildung im Produktionsbereich. Die Auswertung der Inter-viewshatergeben,dassdieguteAusbildungderBeschäftigtenunddiehoheForschungsqualität derzeit eine zentrale Stärke des Standorts Deutschlandsind. Allenfalls im Bereich der Spitzenforschungwird derzeit ein gewisserBedarfzurVerbesserunggesehen.AllerdingszeigennichtnurdiePISA-Ergeb-nisse, sondern auch der internationale Vergleich von Forschungsausgaben,dassHandlungsbedarfbesteht,umdiegutePositionDeutschlandsimBereichForschungundBildungauchzukünftigzuerhalten.ImFolgendenwerdenfor-schungs-undbildungspolitischeMaßnahmenaufgezeigt,diegeeignetsind,dieAttraktivitätdesStandortsDeutschlandfürdiepharmazeutischeIndus-trieaufrechtzuerhaltenbzw.zuverbessern.DieStandortanalysehatergeben,dassdieForschungsausgabeninsgesamterhöhtwerdenmüssen.Dafürsolltensowohl die direkten staatlichen als auch die privaten Forschungsausgaben

... jedoch schafft es weiterhin hohe Zuwanderungshürden und ist deshalb verbesserungswürdig.

Forschung und Bildung spielen für die Pharmaindustrie eine herausragende Rolle.

Die relative internationale Position ist zwar gut, aber es sind weitere Anstrengungen nötig, um diese zu behaupten oder auszubauen.

62 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

steigen.DarüberhinausmussdieQualitätderuniversitärenundschulischenAusbildungverbessertwerden.UmdenWissenstransfervonUniversitätenindieWirtschaftzuverbessern,solltenAusgründungenerleichtertwerden.

Aufstockung der staatlichen Forschungsausgaben ImRahmenderLissabon-StrategiederEuropäischenUnion–dieEUzurdynamischsten,wissensbasiertenRegionderWeltzumachen–wurdedasZielausgegeben, denAnteil vonAusgaben für Forschungund Entwicklung amBruttoinlandsprodukt(BIP)inderEUbiszumJahr2010auf3%zusteigern.DerZielwert von 3% des BIP soll dabei zu einemDrittel staatlich und zu zweiDrittelnprivataufgebrachtwerden.ImJahre2005beliefsichdieseRateinderUnionjedocherstauf1,9%.InDeutschlandlagerin2005mit2,5%zwarüberdemEU-DurchschnittundleichtüberdemWertvon2,4%in2000(vgl.EU-Kommission2007a,S.9).JedochliegtderWertaus2005nurknappüberdemMittelwertdervorherigenfünfJahreundzudemweiterklarunterdemange-strebten Zielwert. Beide Anteilemüssen in der Phase 2008 bis 2010weitererhöht werden, um die Einhaltung des Gesamtziels zu gewährleisten. DieforschendePharmaindustriealleineträgtmitForschungs-undEntwicklungs-ausgabenvon12,9%desUmsatzes(2006)überproportionalzurErreichungdesZielsbei.AusSichtderGesamtwirtschaftkommtabervorallemdenstaatli-chenForschungsausgabenbzw.derNotwendigkeitihrerAufstockungeinebe-sondereRollezu.GemeinhinwirdeinpositiverZusammenhangzwischendemUmfang staatlicher und privater Forschungsausgaben festgestellt (vgl. Kil-chenmann2005;Czarnitzki/Ebersberger/Fier2004).Esistdemnachzuerwar-ten,dasseineErhöhungdesMitteleinsatzesinderstaatlichfinanziertenFor-schungauchvermehrteForschungsanstrengungenbeidenPrivateninduziert.

Ferner ist davon auszugehen, dass staatliche Forschungsfinanzierungbesondersdortsinnvollist,woprivateInitiativenausverschiedenenGründeneherfehlen.DiesistgenerelldannderFall,wenndieForschungfürvieleMen-schenundUnternehmenpositiveFolgenhat,ohnedassdasforschendeUnter-nehmen daraus unmittelbar Gewinn ziehen könnte. Solch externe Effektesind für die Grundlagenforschung typisch, treten aber auch bei der ange-wandten Forschungauf, etwabei der EntwicklungvonMedikamenten fürsehrselteneKrankheiten(OrphanDrugs)oderbeiderForschungsinfrastruk-tur, wie das Beispiel des Biotech-Clusters Singapur anschaulich vor Augenführt,woderStaatdurchdenAufbaueinerleistungsfähigenForschungsinfra-strukturfinanziellinVorleistunggegangenist.

ZudemfindetprivatfinanzierteForschungumsowenigerstatt,jelängerdieAmortisationszeitoderjegeringerdieAmortisationssicherheiteinesPro-jektes ist. Daraus ergeben sich für die staatlichen Forschungsausgaben vorallemHandlungsfelder inderGrundlagenforschungundbeiderSchaffungeinerlandesweitenForschungsinfrastruktur.Grundlagenforschungzeichnetsich dadurch aus, dass sie sowohl ausgeprägte positive externe Effekte alsauchmeist eine geringe unmittelbare wirtschaftliche Verwertbarkeit undMarktfähigkeitderErgebnissemitsichbringt.Damitfälltsietendenziellinden staatlichen Aufgabenbereich. Eine funktionstüchtige und zeitgemäßeForschungsinfrastrukturverbesserteinerseitsdieQualitätderGrundlagen-forschung und ist andererseits mit hohemMittelaufwand verbunden, der

Staatliche Forschungsausgaben ...

... induzieren private Forschungsausgaben ...

... und sind besonders in der Grundlagenforschung

und der Forschungs-infrastruktur angezeigt.

632008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

seltenvoneinzelnenUnternehmenaufgebrachtwerdenkann.DiesbegründetdieNotwendigkeit geradeauch staatlicher Forschungsausgaben.DasBMBFhat dieHerausforderung erkanntund in einemersten Schrittmit derAuf-stockungseinerFördermittelundderHightechstrategiereagiert.Dieindie-sem Rahmen aufgelegte Pharmainitiative sollte engmit der europäischen»InnovativeMedicinesInitiative«(IMI)verknüpftwerden.

IneinemMaßnahmenpaketsinddarüberhinausdiestaatlicheGrund-lagenforschungunddieForschungsinfrastrukturmithöherenFinanzmittelnauszustatten, umMarktversagen zu korrigieren und nachfolgende privateForschungsinvestitionenanzureizen.Letzteresgelingtumsobesser,jestärkerVertreter der Wirtschaft in die Investitionsentscheidungen miteinbezogenwerden.Damitwäreerstensgewährleistet,dassauchdiefürdie(angewandte)Forschung und Entwicklung der Unternehmen relevanten Grundlagen ge-schaffenwerden.ZweitenserhöhtsichdamitdieWahrscheinlichkeit,dassdieGrundlagenforschungspäteraufdemMarktverwertbareResultatemitAn-wendungscharaktergeneriertunddasWirtschaftswachstumanregt.

Staatliche Förderung privater Forschungsausgaben ImStandortvergleichwirdinDeutschland–imGegensatzzudenmeis-tenkonkurrierendenStandorten–dieForschunginUnternehmenkaumge-fördert.EinenEinblickgibtdiefolgendeAbbildung4.1.EinpositiverWertzeigtdabeian,dassprivateF&E-AusgabenmithilfevonSteuerentlastungengeför-dertwerden,währendeinnegativerWertdaraufhindeutet,dassnichtalleF&E-Ausgaben steuerlich alsKostenberücksichtigtwerden.Da inDeutsch-landkeine steuerliche Forschungsförderungbetriebenwird, ergibt sichausdenBerechnungenderOECDeinenegativesteuerlicheForschungsförderung(vgl.OECD2005,S.36).

Quelle: OECD 2007a.

Eszeigtsich,dassDeutschlandimOECD-Vergleichdiegeringstesteuer-licheForschungsförderungbetreibt.DiesgiltsowohlfürdenBereichgroßerUnternehmenalsauchbeidenkleinenundmittlerenUnternehmen(KMU).Da der überwiegende Teil der OECD-Staaten eine (indirekte) staatliche For-schungsförderungdurchführtunddieseineinigenLändernwieGroßbritan-nien,Frankreich, JapanunddenUSA indenvergangenen Jahrennochaus-

Abbildung 4.1: Steuerliche Forschungsförderung

in 2006 / 07 (US-Dollar pro 1 US-Dollar privater

F&E-Ausgaben)

Deu

tsch

land

Russ

land

Ital

ien

Neu

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and

Schw

eden

Isra

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große Unternehmen

kleine Unternehmen

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Türk

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Gro

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Chile

Luxe

mbu

rg

0,3

0,2

0,1

0

In beiden Bereichen erscheint eine höhere Finanzausstattung sinnvoll.

Eine staatliche Förderung privater Forschungsausgaben findet in Deutschland nicht statt.

64 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

gebaut wurde (vgl. Elineau / Stahl-Rolf 2006), ist ein Zurückfallen der in-ländischen Forschung in Umfang und Qualität nicht auszuschließen. Diefehlende staatliche Förderung in Deutschland führt zudem dazu, dass derstaatlicheAnteilderAusgabenfürForschungundEntwicklungiminternatio-nalen Vergleich relativ gering ist. Im Jahr 2004 lag er laut OECD bei etwa30,4%;diesentsprichtzwardemOECD-Durchschnittvon30,2%des Jahres2004,jedochwarendieWertefürdieEU(35,0%)unddieEU-15(34,3%)höher(vgl.OECD2007b,S.40).Umzumindestaufzuschließen,sollteauchinDeutsch-landeinestaatlicheFörderungderprivatenForschungeingeführtwerden.

ForschungsförderungkanngrundsätzlichaufdirektemWegedurchSub-ventionenundaufindirektemWegedurchsteuerlicheAnreizeerfolgen.IndenmeistenOECD-LändernlässtsichindenletztenJahreneineTendenzzueinerverstärktenindirektenFörderungerkennen.DiesistaufeinigeVorteileeinerindirektenFörderungzurückzuführen,wiebeispielsweiserelativgeringeTrans-aktionskosten,gutePlanbarkeit,guteZugangsmöglichkeitenauchfürKMU,hoheAllokationsneutralitätundhoheAkzeptanzbeidenUnternehmen.DementgegenstehendieNachteilemöglicherStreuverlusteundMitnahmeeffekte,geringeBeeinflussbarkeitderForschungsprojekteund-zielesowiederschwie-rigen Planbarkeit hinsichtlich der Budgetwirkung im Staatshaushalt (vgl.OECD 2007a und Elineau / Stahl-Rolf 2006).UnterAbwägung derVor- undNachteilesowieunterBerücksichtigunginternationalerTrendsscheintsicheherderWegeinerindirektenunddamitsteuerlichenFörderunganzubieten.

DiesesolltedabeieinigegrundsätzlicheKriterienerfüllen.SoistdieFör-derunglängerfristiganzulegen,deradministrativeAufwandfürdieUnter-nehmenundstaatlichenStellenistgeringzuhaltenunddieFörderungsbedin-gungen sind transparent zu gestalten und zu kommunizieren. SchließlichsolltedieFörderungpauschalerfolgen,sodasskeineVerzerrungenzwischendenprivatenForschungsfeldernauftretenundsichdieMittelverwendunginder Forschung auf der Seite der Privaten nur anMarktkriterien orientiert.DenkbarwäreeinpauschalerFörderungssatzvon10%inFormeinerSteuer-gutschrift(TaxCredit).ImJahr2005hättesichhierausbeiprivatenAusgabenfürdieGrundlagenforschungunddieangewandteForschungvon20,5Mil-liardenEuro(vgl.StifterverbandfürdieDeutscheWissenschaft2007)einsteu-erlicherFörderungsbedarfvonetwa2,1MilliardenEuroergeben.WürdedieexperimentelleEntwicklungzusätzlichmiteinbezogen,sohättesichin2005ausdenprivatenAusgabenvon17,8MilliardenEurofürdiesenBereicheinzu-sätzlicherFörderbedarfvonetwa1,8MilliardenEuroergeben.

Stärkung der Qualität deutscher Hochschulen und Verstetigung der Exzellenz-initiative ZurSicherungdesForschungsstandortsisteinehervorragendeQualitätderHochschulenunabdingbar.EsergebensichhierAnsatzpunktesowohlimBereichderLehrealsauchinderForschung.

ImBereichderLehreistdafürSorgezutragen,dassdiesehohenqualita-tivenAnforderungengenügt,umdiekünftigenFach-undFührungskräfteaufihreAufgabenvorzubereiten.ZusätzlichistesvongroßerBedeutung,dieZahlderAbsolventenandendeutschenHochschulenindenkommendenJahrenzu

Um international aufzuschließen, sollte auch in Deutschland eine indirekte

staatliche Förderung erfolgen.

Hochschulforschung und -lehre sollten weiter verbessert werden, um ...

... genügend Fachkräfte für den Arbeitsmarkt

bereit zu stellen.

652008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

Quelle: OECD 2007c.

erhöhen.DieAbbildung4.2verdeutlicht,dassDeutschlandimVergleichzumDurchschnittallerOECD-LänderinallenFächergruppendeutlichniedrigereAbschlussquotenerzielt.

DieabsoluteAbweichungvomDurchschnitt fällt inallenFächergrup-pen deutlich aus.Während in der OECD durchschnittlich etwa 36% einesJahrgangs ein Studium erfolgreich absolvieren, sind es in Deutschlandnur etwa 20 %. Hier besteht dringender Nachholbedarf. Denn obwohl derAnteil der Studierenden natur- und ingenieurwissenschaftlicher Fächer inDeutschland hoch ist, sind die absoluten Absolventenzahlen in diesemBereich zu niedrig, um den dauerhaften Nachschub an qualifiziertem Per-sonal zu gewährleisten. Deshalb sind verstärkte Maßnahmen notwendig,um die Studierendenzahlen in diesen Fächern zu erhöhen. In diesem Zu-sammenhangistaucheineweitereÖffnungderdeutschenUniversitätenfürausländische Studierende – gegebenenfalls gefördert durch entsprechendeProgrammeundeinenweiterenAusbaudesinternationalenHochschulmar-ketings–zubefürworten,ummittel-und langfristigauchdiesePotenzialenutzenzukönnen.DamitwirdeinerseitsderweiterzunehmendenInternatio-nalisierungderWirtschaftundandererseitsdemTrendRechnunggetragen,dassimmermehrjungeMenschenaußerhalbihresHeimatlandesstudieren.Alleinezwischen2000und2005nahmihreZahllautOECD2007cvon1,8auf2,7Millionenzu.AufderHabenseitekannDeutschlandverbuchen,dassrund90%derdeutschenPostdocsindenUSAirgendwannnachDeutschlandzu-rückkehren, zumindest in den Ingenieurwissenschaften und der Medizin(vgl.BMBF2001).

Im Bereich der Hochschulforschung ergeben sich zur Qualitätssteige-rungzweiwichtigeAnsatzpunkte:ZumeinenistauchhierdieInternationa-lisierungvoranzutreiben.ZumanderensollteeineVerstetigungderExzellenz-initiativeinsAugegefasstwerden,dieauchvondenBefragtenindenInter-viewsinsgesamtalsersterSchrittzueinerVerbesserungderSpitzenforschunginDeutschlandpositiveingeordnetwird.

Abbildung 4.2: Abschlussquoten nach

Fächern in Prozent eines Jahrgangs

12,0

10,0

8,0

6,0

4,0

2,0

0,0Deutschland OECD-Durchschnitt

Mathematik und Informatik Gesundheit und Soziales

Naturwissenschaften Geisteswissenschaften, Kunst und Pädagogik

Ingenieurwissenschaften Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Recht

14,0

66 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

Eineweitere InternationalisierungderdeutschenHochschulforschungmeint vornehmlich, dass die Zuwanderung und der Verbleib hoch qualifi-zierterWissenschaftler verstärkt gefördertwerden sollte. ZudiesemZweckmüsseninternationalwettbewerbsfähigeBedingungenzurAusstattungvonLehrstühlenunduniversitärenForschungseinrichtungenmitFinanzmittelngeschaffen werden. Dazu gehört auch eine entsprechende FlexibilisierungindenBesoldungsstrukturen.DarüberhinaussolltedasVerhältnisvonFor-schung und Lehre variabler gestaltet werden, sodass sich SpitzenforscherzumindestzeitweiseaufdenForschungsbereichkonzentrierenkönnen.

UmdenAnschlussandieinternationaleSpitzenforschungzuerhalten,wurdedieExzellenzinitiativeinsLebengerufen.ImGrundsatzdientsiederuniversitärenSpitzenforschung.DerenVorhandenseinistzwingenderforder-lich,umdendeutschenForschungsstandortzustärken.FürdenZeitraumvon2005bis2011stehenimRahmenderExzellenzinitiativeinsgesamt1,9Milliar-denEurozurVerfügung,vondenen75%derBundunddierestlichen25%dieLändertragen.InzweiFörderrundenin2006und2007wurdendabeiförde-rungswürdige Graduiertenschulen, Exzellenzcluster und Spitzenuniversi-tätenausgewählt.Die jährlichenFördersummenbetragen imDurchschnittetwa1,0,6,5und21,0MillionenEuroproEinrichtung.NebenderverbessertenFinanzausstattungbringtdieExzellenzinitiativevorallemaucheinewichtigeSignalwirkungmitsich,indemgrenzübergreifendeineverstärkteundfokus-sierte Förderung universitärer Forschung angezeigtwird. Um einen Stroh-feuereffektzuvermeiden,istesratsam,dieInitiativeunbefristetanzulegen.Dabei ist in regelmäßigen Abständen zu überprüfen, welche Graduierten-schulen,ExzellenzclusterundSpitzenuniversitätenweiterzufördernsindundwelchezuersetzensind.DieseVerstetigungundregelmäßigeÜberprüfungschafftVerbesserungsanreizefürdiejenigenInstitutionen,dieinbisherigenFörderrunden nicht berücksichtigtwerden konnten.Mithinwird auch derWettbewerbderHochschulenundderuniversitärenForschungseinrichtun-genumFördergeldergestärkt.

Förderung von Ausgründungen aus Universitäten Die Anreize zu qualitativ hochwertiger und anwendungsorientierteruniversitärerForschungsindumsohöher,jegrößerdieMöglichkeitfüreinzel-neForscheroder fürForschergruppenist,dieErgebnisseunddiepraktischeUmsetzungselbstzuvermarkten.HiersindMaßnahmenzunennen,dieent-sprechende Anreize schaffen können und letztlich auf die Förderung vonAusgründungenausUniversitätenhinauslaufen.DiessinddieBeteiligungs-mechanismen an Patenten, die Förderung (der Gründung) technologie-intensiverkleinerundmittlererUnternehmenunddieAuslizenzierungvonPatenten.

GegenwärtigstehendieRechteanPatentendenUniversitätenzu.DamithiereingrößererNutzenentsteht,müssendiePatentierungunddieVermark-tungprofessionellerfolgen.InDeutschlandistdiesbeidenMax-Planck-Insti-tutenundbeiderFraunhofer-GesellschaftderFall.

Derzeit sind die Forscher in Universitäten nicht durchgehend an denPatentenbeteiligt,diesieentwickelthaben.DiefinanziellenAnreize,anwen-

Die Spitzenforschung in Deutschland kann von einer weiteren Internatio-

nalisierung der Forschergruppen ...

... und einer Verstetigung der Exzellenzinitiative nur profitieren.

Die Anreize zu hochwertiger und anwendungsorientierter universitärer

Forschung sollten verbessert werden.

Im Einzelnen bieten sich dafür Beteiligungs-

mechanismen an Patenten ...

672008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

dungsorientierteForschungzubetreiben,sinddementsprechendgering.AuchinuniversitärenBerufungsverfahrenhabenPatenteimGegensatzzuPublika-tionen weniger Gewicht. Damit die Anreizstrukturen verbessert werden,sollte eine Beteiligung der Forscher an den Patentrechten erfolgen, undPatentesollten imuniversitärenAnreizsystemAnerkennung finden.Unab-hängig von der genauen Umsetzung wird mit dieser Maßnahme anwen-dungsorientierte Forschung gefördert, die Motivation zu AusgründungengesteigertunddieAttraktivitätdesUniversitätsstandortsfürin-undauslän-discheSpitzenforschererhöht.

Ausgründungen aus Universitäten stellen eine sehr direkte Form desTechnologietransfersdar.MiteinerAusgründungwirddieuniversitäreFor-schungunmittelbarauf ihreMarktreifeundMarktfähigkeithinüberprüft.ÜblicherweisehandeltessichbeiExistenzgründungendieserArtumkleineund mittlere Unternehmen, die wichtige Kooperationspartner der großenPharmaunternehmensind.FürdieseUnternehmen–geradeausdemBereichderHochtechnologien–gibtesseitderBioRegio-InitiativederBundesregie-rungeineVielzahlanspezifischenbiopharmazeutischenFördermöglichkeitenund-programmen.DerenBedeutungundPotenzialkannnichthochgenugeingeschätzt werden. KMU sind oft hochinnovativ, schaffen und erhalteneinengroßenAnteilderArbeitsplätzeinDeutschlandundsindferneroftlokalbzw.regionalverwurzelt.DamitgewinntdiesespezifischeArtderFörderungaucheine regionalpolitischeKomponente,dennuniversitätsnahe technolo-gische Cluster sindmeist von einer hohenwirtschaftlichenDynamik ge-prägt.AußerdemistesindiesemRahmenmöglich,KooperationenzwischenHochschulen, KMU und internationalen Konzernen zu initiieren und auf-rechtzuerhalten.BeiAusgründungenergibtsichdieserZusammenhangquasiautomatisch.WünschenswertwärehiereinNetzvonInkubatoren,alsoAn-sprechpartnern,diebeiUnternehmensgründungsprozessengezieltberatenundunterstützenkönnen.

Abstimmung der Schul-Lehrpläne und Erweiterung der Zentralprüfungen DieAusbildungqualifizierterNachwuchskräftemusszwangsläufigbe-reitsindenSchulenbeginnen.UminZukunfteineausreichendeZahlquali-fizierter Fachkräfte zur Verfügung zu haben,muss das deutsche Bildungs-systemverbessertwerden. Esmag zunächst denAnscheinhaben, dass dienachdemerstenPISA-SchockgetroffenenMaßnahmenbereits Früchte tra-gen,denninderPISA-StudiedesJahres2006schnittendiedeutschenSchülerbeidenNaturwissenschaftenüberdurchschnittlichabundlageninderMa-thematikundderLesekompetenznahebeimOECD-Mittel(vgl.OECD2006a,OECD 2006b). Dies sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich imVergleichzumJahr2003kaumVerbesserungeneingestellthaben;imBereichderNaturwissenschaftenhandeltessichnurumeinenEffekt,deraufdieStel-lungzusätzlicherAufgabenzurückzuführenist.WiesolltealsodasBildungs-systemmodifiziertwerden?BezogenaufdasBruttoinlandsproduktlagendie(öffentlichenundprivaten)Bildungsausgaben in2004 lautOECD2007cmit5,2%erstensunterdemWertvon1995(5,5%)undzweitensunterdemMittelderOECD-Staaten(6,2%).HiersollteDeutschlandumsteuernunddieBildungs-ausgabenentsprechenderhöhen.WenngleichdasAbsenkenderBildungsaus-gabenimZeitablaufundderinternationaleVergleichhinsichtlichderFinanz-

... und ein Ausbau der Förder- programme für Ausgründungen aus Universitäten an.

Die Qualifizierung von Fachkräften beginnt bereits in den allgemeinbildenden Schulen.

Deshalb muss ein weiteres Absenken der Bildungsausgaben verhindert werden.

68 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

ausstattung bedenklich stimmen, ist das deutsche System vor allem auchgeprägtvonIneffizienzenundfehlendenAnreizstrukturen.Ineffizienzener-gebensichdaraus,dassvorhandeneMitteloftwenigzielgenaueingesetztwer-denund/oderdieEntscheidungsgewaltüberderenEinsatznurunzureichenddenSchulenselbst zugeordnet ist. FehlendeodermangelhafteAnreizstruk-turenwirkenvorwiegendaufdasVerhaltenderLehrerzurück:DiesehabenderzeiteinenAnreiz,sichselbstunddemGroßteilderSchülerdasLebenzuerleichtern,indemleistungsschwacheSchülernachunten,d.h.ineinenied-rigere Klasse oder Schulform, abgeschobenwerden oder die Lernstandardsfüralleabgesenktwerden(vgl.Wößmann2006).

ZweiGegenmaßnahmenbietensichhieran:ErstenssolltedasschulischeAbschiebeverhaltenerschwertwerden.DaserforderteinerseitseineschärfereKontrollederartigerMaßnahmen.AndererseitssolltedieleistungsabhängigeTrennungderKinderdurchAufteilungaufverschiedeneSchulformenspätererfolgen.DabeiistallerdingsdurchbessereAusstattungderSchulenunddurchgezielteFörderungsicherzustellen,dasseineErhöhungdesdurchschnittlichenLeistungsniveausnichtzulastendesNiveausderBestengeht,wasnicht imInteressedesStandortswäre.ZweitenserscheintdieEinführungoderderAus-baubereitsvorhandenerZentralprüfungensinnvoll,umBildungsstandardszusichern.ZentralprüfungensorgenfüreineneinheitlichenBildungskanon,derzudemgezieltvermitteltundvorbereitetwerdenkann.DieseMaßnahmewäreumsowirksamer,wennsiebundesweitvorangetriebenundschließlichindeutschlandweiteZentralprüfungenmündenwürde.ZudiesemZweckisteinestärkereAbstimmungderLehrplänezwischendenBundesländernnot-wendig.HierfürsprichteinebessereVergleichbarkeitderNotenundAbschlüs-seüberdieLändergrenzenhinwegunddieTatsache,dasskoordinierteLehr-plänebundeslandübergreifendeSchulwechselvereinfachen,wasletztlichdieregionaleMobilitätvon (möglicherweisehochqualifizierten)Elternerhöht.SoferneineverstärkteAbstimmungderLehrplänezustandekommt,könntendiese im selben Arbeitsschritt dahingehend überprüft werden, inwieweittatsächlich Grundlagenwissen und Kernkompetenzen für spätere qualifi-zierteTätigkeitenvermitteltwerden.Esseidaraufhingewiesen,dasssichdieAnreizstrukturenfürLehrerzusätzlichverbessernließen,wenneineGehalts-differenzierungerfolgenwürde,inderauchleistungsabhängigeKomponen-tenzumTragenkommen.IminternationalenVergleichliegendiedeutschenLehrergehälter am oberen Rand (vgl. OECD 2007c), jedoch sind sie nurschwachausdifferenziert.GegeneinenamSchülererfolggemessenenErfolgs-anteilsprächeabervermutlichnebendemWiderstandvonInteressengruppenauchdasgeltendedeutscheBeamtenrecht.AusökonomischenGesichtspunktenwäreeineErfolgs-oderLeistungskomponenteallerdingswünschenswert.

4.4 | Wirtschaftspolitik und Finanzierung

GeradeimBereichderProduktionsindfürforschendeArzneimittelher-steller die allgemeinen wirtschafts- und finanzpolitischen Rahmenbedin-gungenrelevant.HiersindinsbesonderedieUnternehmenssteuernunddieExportmöglichkeitenzunennen.GeradebeimExportistfürforschendeUnter-nehmenderinternationaleSchutzdesgeistigenEigentumsbesondersbedeut-sam.Für junge innovativeUnternehmen istdieVerfügbarkeitvonWagnis-

Ferner sind verstärkt Leistungsanreize für alle

Beteiligten im Schulsystem zu implementieren.

692008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

kapital und gegebenenfalls die direkte staatliche Förderung ein wichtigerStandortfaktor.

Wagniskapital DieBefragungderVorständederBiotech-Unternehmenhatgezeigt,dassdieKreditbeschaffungfürFrühphasenfinanzierungenvonUnternehmenininnovativenBereicheneinzentralesProblemdarstellt.AuchdiefürinnovativeUnternehmen angelegten Kreditvergabeprogramme der Kreditanstalt fürWiederaufbau(KfW)sindaufgrundderfürdiePharmaforschungzukurzenLaufzeitennicht optimal. Tatsächlichwird aufgrundder langenAnlaufzei-ten,deshohenKapitalbedarfsinderAnfangsphaseunddersehrungewissenundinfernerZukunftliegendenAuszahlungenvorallemEigenkapitalbenö-tigt. Hier liegt ein spezifischer Standortnachteil vor. Im Vergleich zu demDurchschnittderOECDundderEU-StaatenistinDeutschlandnurrundhalbsovielRisikokapital,bezogenaufdieWirtschaftskraft,verfügbar(vgl.Abbil-dung4.3).DerMangelanWagniskapitalistnichtnurbetriebswirtschaftlich,sondernauchgesamtwirtschaftlicheinWachstumshindernis.Sozeigenem-pirischeUntersuchungen, dass die Verfügbarkeit von Risikokapital die For-schungsintensitätunddasProduktivitätswachstumpositivbeeinflusst.

InderLiteraturwirdzumeistWagniskapitalinderPhasedirektnachderGründungdesUnternehmens(Seed-Phase)alsProblemgesehen(vgl.z.B.Deut-sche Bank 2007). ImGegensatz dazu zeigt sich in den Interviews, dass dieUnternehmenderBiotech-BrancheinersterLinieProblemehaben,KapitalfürdieExpansionsphasezuerhalten.DiesdürftezumeinenindemsehrhohenKapitalbedarfinderzweitenPhaseundzumanderenindersehrlangenLauf-zeitbegründetsein.

Quelle: OECD 2007a.

Abbildung 4.3: Wagniskapital in

Prozent des Bruttoinlandsprodukts

im internationalen Vergleich

DänemarkSchweden

GroßbritannienSüdkorea1

1) 2001 data2) 2002 data3) For New Zealand (2005), allocation between early stages and expansion is an estimation based on 2001 allocation.

USANorwegen

Island2

PortugalOECD

KanadaEU

SchweizNiederlande

FInnlandSpanien

FrankreichIrland

DeutschlandAustralien

UngarnÖsterreich

Neuseeland3

BelgienJapan1

ItalienSlovakei

PolenTschechien

Griechenland

Expansionsphase

Frühphase

0,40,30,20,10,0

Dieser Mangel stellt einen Standortnachteil dar, der das gesamtwirtschaftliche Wachstum beeinträchtigt.

Biotechunternehmen mangelt es noch zu oft an Wagniskapital.

70 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

Zur Förderung von Wagniskapital wurde in Deutschland ein High-tech-Gründerfondsbereitgestellt.AndiesemsindnebenderBundesregierungundderKfWverschiedeneIndustrieunternehmenbeteiligt.InsgesamtistderFondsmit 262MillionenEuroausgestattet,wobeidieBundesregierung 250Millionen Euro einbringt. Gefördert werden F&E-basierte Unternehmens-gründungen.DiezurVerfügunggestelltenMittelbetragenrund500000bis600000Euro,maximal1MillionEuro.ObwohlmehralseinDrittelderKapi-talzusagendesFondsanUnternehmenausdemBereichMedizin,Biotechno-logieundPharmaging,hatdieserFondsausSichtderbefragtenUnternehmendasZiel,Kapitalengpässezuvermeiden,nichterreicht.DeshalbsolltederFondsbedarfsgerechtausgebautwerden–eventuellauchdurchdieBeteiligungvonUnternehmenausderPharmabranche.

NebenstaatlichensindinsbesondereinternationaleFondsbereit,Wag-niskapitalbereitzustellen.DeshalbsindalleMaßnahmenzuunterlassen,dieeine internationale Kapitalmobilität einschränken. Bereits die DiskussionüberBeschränkungenfürausländischeStaatsfondsschadetdemImagedesStandorts.

Fokussierung staatlicher Förderung auf aussichtsreiche Themenfelder und Regionen AngesichtsknapperMittelmussdieöffentlicheFörderunginsbesondereauf Kooperationsprojekte zwischen Wirtschaft und Wissenschaft und aufdie(internationale)Netzwerkbildungabzielen.AußerdemsolltedieFörderungauf Themenfelder und Regionen fokussiert werden, bei denen berechtigteAussichtbesteht,iminternationalenVergleicheineführendePositionzuer-reichen.EshabensichsiebenSchwerpunkteherausgebildet,indenendiedeut-schePharmaforschunginder IndustrieundindenUniversitätenbesondersstark ist (gemessen an der internationalen Aktivität auf dem jeweiligenGebiet):Diabetes,Thrombose,Asthma/COPD,Schmerz,Alzheimer/Demenz,Herz-Kreislauferkrankungen,EmpfängnisverhütungundGrippe-Impfstoffe.EbensosolltederBereichderPädiatrieentsprechendgestärktwerden.HierhatDeutschlandmitdemPAED-NeteineguteAusgangsbasisgeschaffen,dieent-sprechendgenutztundausgebautwerdensollte.

0 10 20 30 40

in 1000

50 60 70 80 90

30

30

37

40

85

Kobe Kansai 1,8

Vancouver 2,6

Hyderabad 8

Cambridge 10

München 20

Basel

Boston

San Diego

Medicon Valley

San Francisco

Seoul 12,2

Abbildung 4.4: Beschäftigte

in Biotech-Clustern

Quelle: Scion DTU 2007.

Die Finanzausstattung von Fonds, die Wagniskapital zur Verfügung

stellen, sollte verbessert werden.

Auch internationale Investoren sollten in Deutschland keinen Beschränkungen unterliegen.

Die knappen Finanzmittel sollten sowohl thematisch als auch regional

zielgerichtet eingesetzt werden, ...

712008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

AuchregionalerscheinteineSchwerpunktbildungnotwendig,uminter-national konkurrenzfähige Cluster zu schaffen. Derzeit werden zahlreicheSchwerpunktregionenfürjedesForschungsfeldrelativgleichmäßiggefördert.DabeihatselbstdasgrößtedeutscheBiotech-ClusteriminternationalenVer-gleichnureinemittlereGröße(vgl.Abbildung4.4).EinegleichmäßigeFörde-rungwürdeletztlichdazuführen,dasskeineinzigeslangfristigdiekritischeMassealsClustererreicht,umiminternationalenWettbewerbbestehenzukönnen.Demstehtallerdingsentgegen,dass sich im föderalenSystemalleBundesländerimBereichvonZukunftstechnologienmöglichstgutpositionie-renwollen.DiedadurchentstehendeKonkurrenzderBundesländerläuftdernotwendigen Schwerpunktbildung entgegen. Erforderlich ist deshalb einebessereKoordinationundFokussierungderForschungsförderung.

Unternehmenssteuerreform MitderUnternehmenssteuerreform2008istdieTarifbelastungfürein-behalteneGewinnevonKapitalgesellschaftenvonknapp40%auf31%abge-senktworden. Zugleich sind der effektive Grenz- und der effektive Durch-schnittssteuersatzdeutlichgesunken.Damit liegendieSteuersätze jetzt iminternationalen Schnitt und deutlich unter denen inwichtigen konkurrie-rendenStandortenwiedenUSAundJapan(vgl.Abbildung4.5).Vondenhierbetrachteten Ländern hat nur Irland deutlich niedrigere Steuersätze. Aller-dingserhebtSingapurfürbefristeteZeiträumeteilweisekeinerleiUnterneh-menssteuernundauchinverschiedenenSchwellenländernliegendieUnter-nehmenssteuerndeutlichniedrigeralsinDeutschland.DeshalbwerdendiedeutschenSteuersätzekeinSignalzurVerlagerungderProduktionsstandortenachDeutschlandsein.DennochhatdieUnternehmenssteuerreformzueinerdeutlichenVerbesserungderAttraktivitätdesStandortsbeigetragen.

Mit derUnternehmenssteuer verbunden ist die Einführung einerAb-geltungssteuer auf Einkünfte aus Kapitalvermögenmit einem Steuersatzvon 25 % zum 1. Januar 2009. Der Sachverständigenrat zur BegutachtungderwirtschaftlichenEntwicklungsieht inderschlechtenAbstimmungvonUnternehmensbesteuerung undAbgeltungssteuer den größtenMangel derReform (Jahresgutachten 2007). Sie vergrößert die schon jetzt bestehendenVerzerrungen bei den Finanzierungsentscheidungen. Die Fremdkapitalauf-nahme istabdem Jahr2009der in steuerlicherHinsichtgünstigsteFinan-zierungsweg. Für die überwiegend durch Eigenkapital finanzierten Unter-nehmenimBiotech-BereichistdieseinbesonderesProblem.

Abbildung 4.5: Tarifliche

Steuerbelastung von

Unternehmen in Prozent

USAJa

pan

Italie

n

Kanada

Belgien

Spanien

D 2008

Großbrit

annien

Indien (In

t. Unt.)

Dänemark

Schweden

Portugal

Niederlande

Österrr

eich

China 2008

Schweiz

Singapur

Irland

D 2006

45

40

35

30

25

20

15

10

5

0

Quellen: Brügelmann 2008 und Research PricewaterhouseCoopers.

... denn ein Vorgehen nach dem Gießkannenprinzip hat nur geringe Erfolgsaussichten.

Die deutsche Unternehmenssteuer-reform in 2008 war ein Schritt in die richtige Richtung, um internationalaufzuschließen.

72 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

ZurFinanzierungderUnternehmenssteuerreformwurdenverschiedeneSonderregelungengeschaffen.DabeisindinsbesonderedieAbschaffungderAnrechnungvonVerlustvorträgenunddieBegrenzungderAbzugsfähigkeitvonKreditzinsenproblematisch.DieseRegelungenverstoßengegendieSyste-matikdesSteuerrechts.Siesinddeshalbschongrundsätzlichabzulehnen.FürUnternehmenderPharmabranchestelltdieBegrenzungderAbzugsfähigkeitvonKreditzinseneinbesonderesProblemdar,dadamitdieangemesseneBe-rücksichtigungderForschungskostenverhindertwird.DieimBiotech-BereichneugegründetenUnternehmensindzumeistkleinerundüberwiegenddurchEigenkapital finanziert. Diese Unternehmen investieren oft viele Jahre inForschungstätigkeit,bevorüberhaupteinProduktaufdenMarktgelangtundentsprechendeErträgeerwirtschaftetwerdenkönnen.InsofernsindihreGe-winneerstdasResultatlangjährigerForschungstätigkeit.FolglichverhindertdieAbschaffungvonVerlustvorträgeneineangemesseneBerücksichtigungvonForschungskosten.DieSonderregelnzurUnternehmenssteuersolltendes-halbgestrichenunddieBevorzugungvonFremdkapitalkorrigiertwerden.

Mehr Einsatz der Bundesregierung für Export und geistiges Eigentum InderMitteilung»EinwettbewerbsfähigesEuropaineinerglobalenWelt«hatdieEU-KommissionimJahr2006derHandelspolitikeineSchlüsselrollebeiderFörderungvonWachstumundBeschäftigunginEuropaimRahmenderLissabon-Strategiezuerkannt.DabeiwurdedieBedeutungderWettbewerbs-fähigkeiteuropäischerUnternehmenundderenuneingeschränkterZugangzudenExportmärktenhervorgehoben.DerinternationaleHandelunddieAn-erkennung seiner Bedeutung sind für exportintensive Branchen besonderswichtig.ZudiesengehörenauchdieforschendenPharmaunternehmen.Von1995bis2007konntendiePharmaunternehmenihrenAuslandsumsatzvon6,4auf17,6MilliardenEurofastverdreifachen.DerInlandsumsatzkonnteimselbenZeitraumnurvon11,6auf13,7MilliardenEurogesteigertwerden.DamitstiegdieBranchen-Exportquotevon35auf56%.

MitihrerMitteilungimJahr2006hatdieEU-Kommissionhandelspoli-tischdenAkzentverstärktaufbilateraleAbkommenmitaufstrebendenVolks-wirtschaften(EmergingEconomies)gesetzt.ImJahr2007hatsieangekündigt,verstärkt auf bilaterale Abkommen zu setzen und dabei stärker mit denMitgliedstaaten und den Unternehmen zusammenzuarbeiten. Durch denStrategiewechselsollendieWirtschaftsakteurebesserbeiderÜberwindungkonkreterSchwierigkeiten–sprich:demAbbautarifärerundnicht-tarifärerHandelshemmnisse – unterstütztwerden. Dies ist uneingeschränkt zu be-grüßen, denn dieses Vorgehen ist geeignet, für Chancengleichheit und dieErhaltungvonWachstumsmöglichkeitenzusorgen.WeiterebilateraleHan-dels- und Assoziierungsabkommen der EU mit Schwellenländern sind da-hersinnvoll.DereingeschlageneWegsollteweiterverfolgtwerden.Darüberhinaus sollte die bereits seit 1995 geltende Handelshemmnisverordnung(TradeBarriersRegulation)der EU,die europäischenUnternehmendenZu-gangzuExportmärktenerleichternsoll,stärkergenutztwerden.

Neben den klassischen Themen internationaler HandelsabkommenkommtdemSchutzgeistigenEigentumseinebesondereBedeutungimgrenz-überschreitendenHandelzu.HierhatdieBundesregierungimRahmenderG8

Einzelne Regelungen sind aber kontraproduktiv und sollten überdacht werden.

Die stark exportorientierten Unternehmen der Pharma-

branche sind sehr ...

... auf den Abbau von Handelshemmnissen ...

... und den Schutz geistigen Eigentums angewiesen.

732008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

wichtige Anstöße gegeben. Zu Recht wird im Schlussdokument des G8-Gipfels in Heiligendamm der Schutz geistigen Eigentums als »Stütze derInnovation«–unddamitalsBasisfürWettbewerbsfähigkeitundnachhaltigesWachstum–bezeichnet.Wie imG8-ProzesssolltesichdieBundesregierungauch weiterhin für den Schutz geistigen Eigentums in internationalenOrganisationenundVereinbarungeneinsetzen.AuchdieEUsolltedemSchutzgeistigenEigentumsbeiderVereinbarungvonHandelsabkommenundderMarktöffnungsstrategieeinenochgrößereBedeutungeinräumenalsbisher.DasbeinhaltetauchAnstrengungenvonBundesregierungundEU,imDialogmit Technologienehmerländern für die enorme Bedeutung geistiger Eigen-tumsrechtezuwerben.

4.5 | Mentalität und Innovationsklima

ForschungundEntwicklungsindmithoherUnsicherheitbehafteteIn-vestitioneninWissen.Unternehmen,dieindieserForminvestieren,gehenmitderHoffnungaufzukünftigeGewinneRisikenein.DabeiwerdendieErfolgs-aussichten auch von der gesellschaftlichenundpolitischenAkzeptanz vonneuenundinnovativenProduktenbestimmt.DeshalbistesfürdieStandort-entscheidungderUnternehmenbedeutsam,dassdieChancenunddieRisikenneuerProduktevonGesellschaftundPolitikimZusammenhangwahrgenom-menwerden.HieristnichtnurdietatsächlicheBereitschaftzurausgewogenenBewertungvonChancenundRisikendurchdiePolitikwichtig,sondernauch,dassdiesdenbetroffenenUnternehmenbekanntist.IndiesemSinneisteinezielgerichteteInformationspolitiknotwendig.

Standortinitiative Pharma DerStandortDeutschlandzeichnetsichdurcheinehoheInnovationsfä-higkeit aus (vgl. Vöpel 2007). Dies gilt insbesondere auch für die pharma-zeutische Industrie, die nach denUnternehmensdienstleistungenDeutsch-landsdynamischsteBrancheist(vgl.InstitutderdeutschenWirtschaftKöln2007) und auf die 9,6% aller Investitionen in Forschung und EntwicklungdurchWirtschaftsunternehmendes Jahres 2005 entfielen,was absolutnurvondreiwesentlichgrößerenBranchenübertroffenwurde.ProBeschäftigtemwurdenin200540550EuroinF&Einvestiert,wasdemSpitzenplatzunterallenWirtschaftsbereichenentsprach(vgl.StifterverbandfürdieDeutscheWissen-schaft2007,S.34). InvestitionenhabendabeieinenMultiplikatoreffektundlösen nicht nur weitere Investitionen in anderen vor- und nachgelagertenWirtschaftsbereichen aus. Sie gehen auchmit positiven direktenund indi-rektenBeschäftigungswirkungeneinher.VordiesemHintergrundisteswich-tig,dassdiePolitiksichöffentlichundressortübergreifendzurforschendenPharma-undBiotech-IndustriealsTrägerwirtschaftlichenWachstumsundWohlstandesbekennt.

Deutschland ist ein guter Pharmastandort. Es ist Aufgabe der Politik,dieseInformationfüreinnachhaltigesundkonsistentesStandortmarketingzunutzen.AllePolitikbereichesolltendaherdasgleicheMaßanOffenheitfürdieBelangeder forschendenPharmaunternehmenaufbringen,um interes-sierteInvestorennichtabzuschrecken.

Mit Unsicherheit behaftete Investitionen werden umso eher getätigt, je größer ihre gesellschaftliche und politischeAkzeptanz ist.

Diese kann durch ausgewogene und zielgerichtete Informationen erhöht werden.

Die F&E-Investitionen der Pharma-industrie sind überdurchschnittlich hoch und tragen entsprechend stark zu wirtschaftlichem Wachstum undWohlstand bei.

74 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

NachhaltigesStandortmarketingerfordertzumeineneinebreitangelegteAnsiedlungskampagnefürdiejenigenpharmazeutischenUnternehmen,diebishernichtodernurschwachinDeutschlandpräsentsind.Zumanderenbe-deutetes,stärkeralsbisherpotenzielle(ausländische)Investorenzuidentifi-zierenunddiesedirektanzusprechen,umsiefürdenPharmastandortDeutsch-landinteressierenundanziehenzukönnen.IndiesemZusammenhangistesnützlich,KompetenzenundDienstleistungenbeieinzelnenProjektmanagernzubündelnunddiesemitderBegleitunggrößererInvestitionsprojektezube-trauen.DasVorhandenseinnureinesAnsprechpartners–anstellevielerver-schiedenerAnsprechpartner indenverschiedenenGenehmigungs-undZu-lassungsbehörden–hatsichbereitsinanderenLändernwiedenUSAbewährt.Es ist zu prüfen, inwieweit beispielsweise »Invest inGermany« für die ge-nannten Aufgaben infrage kommt. Insgesamt ist schließlich festzuhalten,dassbereitsvorhandeneInitiativenverstärktwerdensolltenundsowohlde-renVorhandenseinalsauchderen(positive)Wirkungenkommunikativstär-kerindenVordergrundgerücktwerdensollten;ferneristesangebracht,ihreBekanntheitdurcheineverbesserteKommunikationzuerhöhen.

AuchdieIndustrieselbstsollteihrenBeitragzueinerStandortinitiativePharmaleisten.InersterLinieistsiedazuaufgefordert,sowohlihrenNutzenfürdenStandortalsauch ihreAnliegenzudessenVerbesserungoffenundwertneutralzukommunizieren.Außerdemgiltesnichtnur,denbestehendenDialogzwischen IndustrieundPolitikzuverstetigen, sonderngemeinsameZieleauchnachhaltigumzusetzen.

WeiterhinsolltendieetabliertenPharmaunternehmeneinInteresseda-ranhaben,dassvermehrt innovativeKMUaufdenMarkthinzutreten,umdemPharmastandorteinehöhereDynamik zuverleihen.ZudiesemZweckkönntensichverstärkteUnternehmenskooperationenundInvestitionspart-nerschaftenanbieten.Dasderzeit imBundestagbefindlicheGesetzesvorha-benderBundesregierung,Lizenzverträgeinsolvenzfestzumachen,stellthiereinenwichtigenAnreizzurVerstärkungsolcherKooperationendar,wasauchderBlickaufdieHauptwettbewerberUSAundJapanzeigt,diebereitsentspre-chende Ausnahmeregelungen für geistige Schutzrechte in ihre Insolvenz-ordnungenaufgenommenhaben.DieGroßeKoalitionsollteunbedingtandermitihremGesetzentwurfgeplantenEinführungderInsolvenzfestigkeitvonLizenzenfesthaltenunddenbestehendenStandortnachteilbeheben.

Neben derwirtschaftlichen Bedeutung für den StandortDeutschlandund dem grundsätzlichen Nutzen der pharmazeutischen und biotechnolo-gischenForschungmusskommuniziertwerden,dassdieMissbilligungvonRisikokapital und ausländischen Investitionen in Deutschland verfehlt ist.AusreichendesRisiko-undWagniskapital ist in forschungsintensivenBran-chennotwendigeVoraussetzungfürdieunternehmerischeUmsetzunginno-vativerIdeen.Diessollteentsprechendhervorgehobenwerden.

Bessere Koordinierung der politischen Maßnahmen in der Gesundheitswirtschaft DerMarktfürGesundheitsleistungenistbereitsjetztmiteinemJahres-umsatz von fast 260Milliarden Euro und 4,3Millionen Beschäftigten vongroßer volkswirtschaftlicher Bedeutung. Er stellt aber auch aufgrund der

Die Tatsache, dass Deutschland ein guter Pharmastandort ist, sollte stärker

kommuniziert werden, und zwar ...

... nicht nur gegenüber potenziellen Investoren, ...

... sondern auch gegenüber den politischen Entscheidungsträgern.

752008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

demografischen Entwicklung im Inland und der dynamisch wachsendenNachfrageausdemAuslandeinenweiterhinstarkwachsendenWirtschafts-bereich dar.Um im internationalen Standortwettbewerbmittel- und lang-fristigindieserZukunftsbranchebestehenzukönnen–undumvondenWachs-tumschancenprofitierenzukönnen– isteinkoordiniertesVorgehen inderPolitiknotwendig.Dasheißt, dass zwischendenMinisterien, insbesonderedem Bundesgesundheitsministerium (BMG), dem Bundesministerium fürBildungundForschung(BMBF)unddemBundesministeriumfürWirtschaftund Technologie (BMWi) eine Abstimmung der Maßnahmen im BereichGesundheitundPharmaerfolgensollte.DiesemussdasZielhaben,dieMarkt-potenziale imGesundheitssegment fürDeutschlandzuerschließenundzusichern. An demselben Kriterium sollten sich ferner alle implementiertenMaßnahmenmessenlassen.DennwenndiePharmaindustrieinDeutschlandihrenhohenExportanteilunddamit ihrenAnteilamweltweitboomendenWachstumsmarkt Gesundheit allein halten bzw. ausbauen kann,wird dasdeutlich positive Auswirkungen aufWachstum, Beschäftigung, Steuerauf-kommenetc.haben.

EinenerstenSchritt indierichtigeRichtungstelltdieSchaffungeinerQuerschnittsstelle im BMWi (Arbeitsstab »Gesundheitswirtschaft, sozialeDienstleistungen und Sportwirtschaft«) dar. Angesichts der Notwendig-keiteinerressortübergreifendenKoordinierungmüssenderenKompetenzenweiter gestärktwerden. So könnte sie strukturpolitische Leitziele der Bun-desregierung im Bereich der Gesundheitswirtschaft erarbeiten, branchen-spezifischeFörderprogrammeabstimmenunddiekoordinierteVergabevonöffentichenAufträgenundFörderhilfenandieIndustrienachMaßgabederLeitziele sicherstellen. Fernermuss eine solche Querschnittsinstitution an-stehende Maßnahmen in dem Sinne koordinieren, dass eine Konsistenz-prüfung vorgenommenwird, sodass von verschiedenenMinisterien keineeinanderwidersprechendenMaßnahmeneingeleitetwerden.Zusätzlichsoll-tensämtlicheMaßnahmenaufihreAuswirkungenfürdieGesundheitswirt-schaftüberprüftwerden.Hierzugehörtvorallem,widersprüchlicheRegulie-rungenimBereichAbsatz(Erstattung,Preise,Budgetsetc.)zubereinigenunddas Wachstumspotenzial der Gesundheitswirtschaft durch wettbewerbs-förderndeMaßnahmen–wieetwa inder letztenGesundheitsreformange-legt–zuerschließen.

Daneben gilt es, die Chancen und Risiken von Innovationen und Zu-kunftstechnologien imZusammenhang zugewichtenund zuberücksichti-gen,wiesichkonkurrierendeVolkswirtschafteninbestimmtenBereichenwiez.B.derGentechnikoderderStammzellenforschung,positionierthaben.IminternationalenVergleichkönnendeutlichstringentereRegelnzueinemlang-fristigenWettbewerbsnachteilwerden,wenn Schlüsseltechnologien im In-landeinenschwerenStandhaben.AuchhiersinddieSignalwirkungen,dievonpolitischenEntscheidungenausgehenkönnen,nichtzuunterschätzen.

Patienteninformation durch Pharmaunternehmen ImKontexteinerVerbesserungdesInnovationsklimasinDeutschlandmussesnichtzuletztauchdenHerstellerninnovativerProduktemöglichsein,überihreneuenAngeboteundLeistungenzuinformieren.Außerdemsindder

Nur ein koordiniertes Vorgehen der Politik ermöglicht es, die Chancen des weiterhin dynamisch wachsenden Gesundheitmarktes für Deutschland nachhaltig zu nutzen.

Chancen und Risiken von künftigen Schlüsseltechnologien sind objektiv und im internationalen Kontext zu bewerten.

76 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

freieZugangzuInformationenwieauchdie InformationsvielfaltEckpfeilereinesgesundenLeistungswettbewerbsineinemGesundheitswesen,indemdenVersichertenundPatienten–politischgewollt–zunehmendmehrEigen-verantwortung zugewiesen wird. Pharmaunternehmen verfügen als Ent-wicklerundHerstellervonArzneimittelnübereinehoheProduktkompetenzundgleichzeitigüberfundiertesmedizinischesFachwissen.UnterEinhaltunghoher Qualitätsstandards bei gleichzeitigen strengen Kontroll- und Sank-tionsmaßnahmenkönntendaherArzneimittelhersteller für Patienten rele-vante Informationenanbieten.Deshalb sollte sichdieBundesregierung füreinevorsichtigeLiberalisierungdereuropäischenundnationalenheilmittel-werberechtlichenBestimmungenmitdemZieleinsetzen,dassArzneimittel-herstellerinErgänzungzumärztlichenBeratungsgesprächsachlicheundaus-gewogene Informationenüber ihreverschreibungspflichtigenArzneimittelanbietendürfen.Werbungsollweiterhinverbotenbleiben.WichtigistdieEin-bettungdieserBestrebungenindeneuropäischenKontext.DieEU-Kommis-sionplant, vordemEndedes Jahres 2008Vorschläge fürdieÄnderungderderzeitigenVorschriftenfürdiePatienteninformationenvorzulegen.Haupt-sächlicheGrundlagefürdieseVorschlägewirddieMitteilungderEU-Kommis-sion(2007b)andasEuropäischeParlamentunddenRatsein,diedenStatusquounddenkünftigenHandlungsbedarfaufzeigt.DabeiwirddieNotwen-digkeit zur Verbesserung der Patienteninformation und zur europäischenHarmonisierungklarherausgearbeitet.DiesisteineguteGelegenheitfürdieBundesregierung, sich aktiv zugunsten von mehr Patienteninformationeneinzusetzen und im EU-Gesetzgebungsprozess eine Vorreiterrolle zu über-nehmen.

4.6 | Zusammenfassung

Zusammenfassendlässtsichfeststellen:DerPharmastandortDeutsch-land ist– trotzunbestreitbarerHerausforderungen imZusammenhangmitzunehmender internationaler Standortkonkurrenz – besser als sein Ruf. ErhatwichtigeStärken,diehohePotenzialefürseinekünftigeWeiterentwick-lungbieten.DieAnalysehataufgezeigt,dassdieStärkenunteranderemimBereichderVerfügbarkeitwissenschaftlichenPersonals,derklinischenFor-schungundderHightechproduktionliegen.DieseStärkensolltengenutztundausgebautwerden.DazuzähltvorallemderAusbauDeutschlandsalsführen-der Wissenschafts- und Forschungsstandort. Spitzenforschung braucht einwissenschaftsfreundlichesUmfeld,einestarke,leistungsfähigeUniversitäts-landschaftundherausragendeaußeruniversitäreForschungseinrichtungen.DieGrundlagenforschungbenötigteineverlässlichestaatlicheFinanzierung.

SpitzenforschungbenötigtauchkünftigSpitzenforscher.DazuhatdieseStudieimBereichderSchul-undHochschulpolitikeinzelneVorschlägevorge-legt.MitkonkretenMaßnahmenlassensichdarüberhinausAnwerbungundZuwanderungvonausländischenWissenschaftlernzumVorteildergesamtenVolkswirtschaftnutzen.

NebenderForschungsförderungbraucheninsbesonderekleineundmitt-lereBiotech-UnternehmenalswichtigeKooperationspartnerderpharmazeu-tischenIndustrieeinebessereKapitalausstattung.HierkönnenKorrekturen

Patienteninformationen durch Pharmaunternehmen können

einen zusätzlichen Baustein eines zunehmend auf die Eigenverant-

wortung des Patienten setzenden Gesundheitsystems darstellen.

Der Pharmastandort Deutschland ist besser als sein Ruf.

Er hat Stärken z. B. im Bereich der Qualifikation der Fachkräfte und

Forscher, der klinischen Forschung und der Hightechproduktion.

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Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

imSteuerrecht,aberauchverbesserteRahmenbedingungenfürRisiko-undWagniskapitalhelfen.

InsgesamtistandiePolitikderAppellzurichten,dassfürPharma-undBiotech-Unternehmen verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen sind,diediePlanungs-undInvestitionssicherheitunddamitauchdasVertrauenindenStandorterhöhen.Dazugehörtes,einenwiderspruchsfreienRegulie-rungsrahmenzuschaffen,derandemZielausgerichtetist,denWachstums-marktGesundheit zu entwickeln. Zugleich sollte dieAnzahl derAnsprech-partner für die Industrie bei Ansiedlungs- und Genehmigungsverfahrenkonzentriertundreduziertwerden.

InsgesamtisteseinelohnendeAufgabe,dieStärkendesPharmastand-ortsDeutschland–etwaimRahmeneinergemeinsamenStandortinitiative–,nachaußengezieltgegenüberinvestitionsverantwortlichenManagernwer-bendherauszustellenundnachinnenaktivweiterzuentwickeln.DazugehörtalsErfolgsschlüsselauch,diedenobjektivenSachverhaltenzumindestaußer-halbderGesundheitspolitikwidersprechendensubjektiven(Vor-)Urteileaus-ländischer Entscheidungsträger über den Pharmastandort Deutschland zukorrigieren.ÜberJahrehatsichimAuslandderEindruckverfestigt,dassdasdeutsche Gesundheitswesen wenig wettbewerbsfreundlich und damit in-novationshemmend ausgestaltet sei. Die vor allem durch die gesetzlichenKrankenkassenunddurchdieDiskussionenumdasInstitutfürQualitätundWirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) geprägteWahrnehmungrichtetsichzwarprimäraufdenAbsatzmarkt.Siebestimmtjedochauchdiebeiden anderen Glieder der Wertschöpfungskette, die Forschung und dieProduktion, über das Investitionsverhalten negativ. Deshalb müssen alleHandlungsempfehlungenstetsauchdaraufausgerichtetsein,fürdenPhar-mastandortDeutschlanddiesubjektiveWahrnehmungbesserderobjektivenWirklichkeitanzunähern.

Gleichzeitig müssen vorhandene Schwächen abgebaut werden und die subjektive Wahrnehmung des Pharmastandorts Deutschland stärker an dessen objektiven Zustand herangeführt werden.

78 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

5 | Der Aktionsplan »Standortpolitik im Zeitalter der Globalisierung«

5.1 | Perspektiven der Pharmaindustrie in Deutschland

DerGlobalisierungundihrenAuswirkungenkannsichkeineVolkswirt-schaft und damit kein Wirtschaftsstandort mehr entziehen. Es herrschtmittlerweileeinstarkerStandortwettbewerb,nichtnurzwischenIndustrie-nationensondernauchzwischenIndustrienationenundSchwellenländern.DieWettbewerbsfähigkeitbereitsansässigerUnternehmenunddieAttrakti-vitätderStandortbedingungen füransiedlungswilligeUnternehmendeter-miniert entscheidend das Abschneiden Deutschlands im internationalenStandortwettbewerb.SowohlfüralleIndustrieunternehmeninDeutschlandim Allgemeinen als auch für die pharmazeutische Industrie im SpeziellenergebensichdreiallgemeineHandlungsaufforderungenandieWirtschafts-politik,umdauerhaftdieWettbewerbsfähigkeitderUnternehmenamStand-ortDeutschlandzugewährleisten.Erstens istmitBlickaufkonkurrierendeNationen stets die relative Position zubeachtenund entweder auszubauenoder zumindest zu behaupten. Zweitens sind gegebenenfalls Second-best-Lösungenumzusetzen,dieineinernationalenBetrachtungzwarnichtalsop-timaleinzuschätzenwären,jedochiminternationalenVergleichnotwendigsind,umeinZurückfallengegenüberanderenLändernzuverhindern.DrittenssindanalleMaßnahmenstrengeMaßstäbeimHinblickaufihreNachhaltig-keitanzusetzen.

Im Einzelnen gehtmit den drei Handlungsaufforderungen Folgendeseinher: Als Erstes müssen alle standortrelevanten wirtschaftspolitischenMaßnahmen auch im Kontext der Situation in anderen Ländern beurteiltwerden.DiefortschreitendeGlobalisierungbedingt,dasseskaumLösungenfürnationalegesamtwirtschaftlicheProblemegibt,dielosgelöstvonderzu-nehmendenVerflechtungderWeltwirtschaftbetrachtetundimplementiertwerdenkönnen.ImHinblickaufdieAttraktivitätdesStandortsDeutschlandund dieWettbewerbsfähigkeit der inländischen (Pharma-)Unternehmen be-deutet dies, dass ein Erhalt oder Ausbau der relativen Position gegenüberbestehendenundneuenWettbewerbern–seienesNationenoderUnterneh-men–anzustrebenist.Keinesfallskannundsolldiesein»RacetotheBottom«postulieren.Vielmehrgehtesdarum,denStandortDeutschlanddadurchzu-kunftssicherzumachen,dassbestehenderelativeStärkenerhaltenundaus-gebautwerdenundgleichzeitigrelativeSchwächenabgebautwerden.

Das zweite Handlungspostulat schließt direkt hieran an, denn auchdiesesbetonteineinternationaleSichtweisenationalerPolitikmaßnahmen.Bestimmte Einzelmaßnahmen können in einer geschlossenen Volkswirt-schaft zwar alswenigerwünschenswert erscheinen. Jedoch kann esunterdem Gesichtspunkt der Globalisierung auch notwendig sein, zweitbesteLösungenzuakzeptieren,umiminternationalenStandortwettbewerbnichtzurückzufallen. In einigen Politikbereichen, beispielsweise in der Steuer-oder der Industrie- und Forschungspolitik, wären internationale Harmoni-sierungsanstrengungen grundsätzlich nötig und zu begrüßen. Allerdings

Aus der Globalisierung und dem zunehmenden Standort-

wettbewerb ergeben sich für die Wirtschaftpolitik drei

Handlungsaufforderungen.

1. Die relative Position des Standorts ist entweder

auszubauen oder mindestens zu verteidigen.

2. Im internationalen Vergleich sind auch zweitbeste

Lösungen zu akzeptieren.

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Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

erweisen sich entsprechende Bestrebungen oftmals als überaus schwierigoder sind Bestandteil sehr langwieriger Verhandlungsprozesse. Solange inbestimmtenBereichennochkeineinternationaleHarmonisierungrealisiertwerdenkann,sprichtwenigdagegen,dassDeutschlandsichinternationalenGepflogenheiten–beispielsweiseinderForschungsförderung–anpasst.

DiedritteHandlungsaufforderungistletztlichaufallewirtschaftspoli-tischenMaßnahmenanwendbar,dennInstrumente,dienichtalsnachhaltigeinzuschätzensind,solltengrundsätzlichkeinenEingangindenpolitischenWerkzeugkastenfinden.FürdiepharmazeutischeIndustrieistdieNachhal-tigkeitvonMaßnahmendeshalbvonbesondererBedeutung,weilunterneh-merischeEntscheidungenindieserBranchestetsmitBlickaufeinenlangenZeithorizontgetroffenwerdenundstetigeRahmenbedingungenfürdieEnt-scheidungsfindungeinenotwendigeVoraussetzungsind.UnterNachhaltig-keitwirtschaftspolitischerMaßnahmen ist zweierlei zu verstehen. ErstensderenVerlässlichkeitunddiedaraus folgendePlanbarkeitund Investitions-sicherheitfürdieUnternehmen.Damitgehtvorallemeinher,dasslangfristigangelegteProgrammetemporärenMaßnahmenvorzuziehensind.NurdannsindvomUnternehmenssektorauch langfristigorientierteEntscheidungenzugunsten eines Standorts zu erwarten. Zweitens bedingtNachhaltigkeitdieKonsistenzvonMaßnahmenundProgrammenebensowiedenVerzichtaufPartikularmaßnahmen,dienurVerzerrungenhervorrufen.

UnterBerücksichtigungdieserAspektewurdenbereitspolitischeHand-lungsempfehlungen abgeleitet, welche in den folgenden Aktionsplan zurkurz-undmittelfristigenStandortpolitikfürdiepharmazeutischeIndustrieinDeutschlandEinganggefundenhaben.AlsübergreifendesZielbleibtdieForderungnacheinerengenAbstimmungvonWirtschafts-,Forschungs-undGesundheitspolitikmitdemZiel,widersprüchlicheGesetzgebungderEinzel-ressorts zu verhindern und Transparenz und Planungssicherheit für dieGesundheitswirtschaftzuschaffen.

5.2 | Kurzfristige Maßnahmen

UnterdenkurzfristigenMaßnahmensollenhierdiejenigenverstandenwerden,diebiszumJahr2010umgesetztwerdensollten.

KurzfristigsolltenvorrangigMaßnahmenindenfolgendendreiBreichenergriffenwerden:

1) Standortinitiative Pharma2) Aufstockung staatlicher Forschungsausgaben und staatliche Förderung pri- vater Forschung3) Verstetigung der Exzellenzinitiative

ImZusammenhangmitdiesendreikurzfristigenHauptempfehlungenstehen zwei abgeleitete Empfehlungen, deren Realisierung im Gefolge derHauptmaßnahmenleichtmöglicherscheint.ZumeinensolltediestaatlicheFörderungsichaufaussichtsreicheThemenfelderundRegionenfokussierenund zum anderen ist eine Deregulierung der Forschung und Entwicklung

3. Jede Maßnahme muss strengen Nachhaltigkeitskriterien genügen.

Im Rahmen eines Aktionsplanes sind kurzfristig vor allem ...

80 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

sowieeinallgemeinerBürokratieabbauvorzunehmen.DaessichdabeijeweilsumbegleitendeMaßnahmenhandelt,werdensie imRahmendesAktions-plansnichtweitervertieft.

1) Standortinitiative Pharma Der StandortDeutschland zeichnet sichdurcheinehohe Innovations-fähigkeitaus.DiesgiltinsbesondereauchfürdiepharmazeutischeIndustrie.InnovationenerforderndabeizumeisthoheInvestitionsvolumina,wobeiIn-vestitioneneinenMultiplikatoreffekthabenundnichtnurweitereInvestiti-oneninanderenvor-undnachgelagertenWirtschaftsbereichenauslösen,son-dern auchmit positiven direkten und indirekten Beschäftigungswirkungeneinhergehen. Es ist im Rahmen einer breit angelegten Informationskam-pagnenotwendig, sowohl dieÖffentlichkeit als auch die PolitiktreibendenaufdieseZusammenhängeunddiebesondereBedeutungderpharmazeuti-schenIndustriefürwirtschaftlichesWachstumundWohlstandaufmerksamzumachen.

DeutschlandwirdvondenbereitsansässigenUnternehmeninsgesamtalsguterPharmastandortwahrgenommen.BeiausländischenEntscheidungs-trägernhingegen ist der Ruf des PharmastandortsDeutschland schlechter.ZwischenderwissenschaftlichenBewertungdesPharmastandortsDeutsch-landaufBasisvonobjektivenStandortfaktorenunddersubjektivenBeurtei-lung ausländischer Entscheidungsträger besteht eine offensichtliche Dis-krepanz.Siegilteszukorrigieren.ZwarwirddieWahrnehmungimAuslandvor allem durch das staatliche Gesundheitswesen, die gesetzlichen Kran-kenkassen und durch die Diskussionen um das Institut für Qualität undWirtschaftlichkeitimGesundheitswesen(IQWiG)geprägt.DasdurchdenAb-satzmarktbestimmte(Vor-)UrteilbestimmtjedochauchdiebeidenanderenGliederderPharma-Wertschöpfungskette,dieForschungunddieProduktion,negativ.DeshalbbedarfeseineröffentlichkeitswirksamenInitiativefürdenPharmastandortDeutschland,diedaraufgerichtetist,beiausländischenEnt-scheidungsträgerndiesubjektiveWahrnehmungderobjektivenWirklichkeitanzunähern.

Die StandortinitiativePharma ist für eineverbessertenachhaltige In-formations- undMarketingstrategie zu nutzen. In diesem ZusammenhangsolltenallePolitikbereicheaneinemStrangziehenundsichgleichermaßenfür die Belange der forschenden Pharmaunternehmen einsetzen. MithilfeeinerAnsiedlungskampagnekönntendamitbishernichtodernurschwachvertretenePharmaunternehmenfürdenStandortinteressiertwerden.Dabeigiltesauch,verstärktpotenzielle(ausländische)Investorenzuidentifizierenund diese direkt anzusprechen. Gerade größere ausländische Investorensollten schließlich in ihren Ansiedlungsprojekten von Projektmanagernunterstützt und begleitet werden, damit sie für administrative Vorgängeund ihreweiteren Anliegen nur auf einen Ansprechpartner zurückgreifenmüssen.Alles in allem folgt ausdiesenErwägungen, dass das vorhandeneStandortmarketing weiter ausgebaut werden sollte und insbesondere dieKommunikation dahingehend verbessert werden muss, dass DeutschlandnichtnurbeideninländischenUnternehmenalsattraktiverPharmastandortgesehenwird.

... die Standortinitiative Pharma, ...

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Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

2) Aufstockung staatlicher Forschungsausgaben und staatliche Förderung pri- vater Forschung DerBereichForschungundBildunghatfürdieUnternehmenderpharma-zeutischenIndustrieeineherausragendeBedeutung.DiesfolgtzumeinenausdemBedarf anhochqualifiziertenMitarbeitern imForschungsbereichundzumanderenausderNotwendigkeiteinergutenAusbildungderFachkräftefüreinenEinsatzimProduktionsbereich.DieguteAusbildungderBeschäftig-ten und die hohe Forschungsqualität sindmomentan zentrale Stärken desStandortsDeutschland.ImBereichderSpitzenforschungistdagegenVerbesse-rungsbedarfauszumachen.ZusätzlicherHandlungsbedarfergibtsichaberauchdaraus,dassdierelativgutePositionDeutschlandsnurdurcheinestetigeWei-terentwicklungimBereichForschungundBildungaufrechtzuerhaltenist.

Die Standortanalyse hat gezeigt, dass die Forschungsausgaben insge-samt erhöht werden müssen; auch zur Einhaltung der Ziele der Lissabon-Strategie ist dies notwendig. Eine besondere Rolle kommt hier dem staat-lichenSektorzu.ErstenssollteergrundsätzlichdiestaatlichenForschungs-ausgabenaufstockenundzweitenserscheinteinestaatlicheFörderungpri-vaterForschungsausgabensinnvoll.

EmpirischbestehteinpositiverZusammenhangzwischendemUmfangstaatlicherundprivaterForschungsausgaben.EineErhöhungdesMittelein-satzesinderstaatlichfinanziertenForschungwirddemnachauchvermehrteForschungsanstrengungenindenprivatenUnternehmeninduzieren.Konzen-trierensolltensichdiezusätzlichenstaatlichenForschungsausgabenaufdieBereiche derGrundlagenforschungund der Forschungsinfrastruktur. BeideBereichesindrelativmarktfernundgenerierenausgeprägtepositiveexterneEffekte, so dass sie – auch aufgrund des hohenMittelbedarfs – für privateUnternehmennurgeringeInvestitionsanreizebietenunddeshalbtendenziellin den staatlichenAufgabenbereich fallen. Eine Einbeziehung des privatenSektors in die Investitionsentscheidungen der staatlichen Forschungsaus-gaben sollte allerdings trotzdem erfolgen, denn damitwäre gewährleistet,dassauchdiefürdie(angewandte)ForschungundEntwicklungderUnterneh-menrelevantenGrundlagenundStrukturengeschaffenwerden.

ImStandortvergleichwirdinDeutschlandimGegensatzzudenmeistenkonkurrierendenStandortendieForschunginUnternehmenkaumsteuerlichgefördert.Es istnichtdavonauszugehen,dassmitDeutschland imWettbe-werbstehendeStandorteeinenAbbau ihrersteuerlichenSubventionenvonF&E-Tätigkeiteneinleitenwerden.UmzuanderenStandortenindieserHin-sichtwenigstensaufzuschließen,solltedemzufolgeauchinDeutschlandeinestaatliche Forschungsförderung implementiert werden. Der internationaleTrendweistdaraufhin,dasszuletztvermehrtderWegeinerindirektenunddamitsteuerlichenFörderungeingeschlagenwurde.DieserWegsollteauchinDeutschlandbeschrittenwerden.

3) Verstetigung der Exzellenzinitiative ZurSicherungdesForschungsstandortsisteinehervorragendeQualitätderHochschuleninForschungundLehreunabdingbar.EineVerstetigungderExzellenzinitiativezieltvornehmlichhieraufab.

... die Aufstockung staatlicher Forschungsausgaben, ...

... die staatliche Förderung privater Forschung ...

... und eine Verstetigung der Exzellenz-initiative in die Wege zu leiten.

82 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

Die Exzellenzinitiative wurde ins Leben gerufen, um den AnschlussandieinternationaleSpitzenforschungzuerhalten.Eineleistungsfähigeuni-versitäre Spitzenforschung ist dabei erforderlich, um den deutschen For-schungsstandort zu stärken. Neben der verbesserten FinanzausstattungeinzelnerEinrichtungenbringtdieExzellenzinitiativeeinewichtigeSignal-wirkungmitsich,indemgrenzübergreifendeineverstärkteundfokussierteFörderung universitärer Forschung angezeigt wird. Um einen Strohfeuer-effektzuvermeiden,solltedieInitiativeunbefristetangelegtwerden.Fernerist regelmäßig die Förderwürdigkeit der einzelnen Einrichtungen zu über-prüfen,umfürspätereFörderrundenVerbesserungsanreizefürbishernichtberücksichtigte Institutionen zu schaffen und einen Wettbewerb um dieFördergelderzuinitiieren.

Im Bereich der Lehre ist schließlich dafür Sorge zu tragen, dass dieseeinerseitshohenqualitativenAnforderungengenügt,umdiekünftigenFach-undFührungskräfteaufihreAufgabenvorzubereiten.AndererseitsistesvongroßerBedeutung,dieZahlderAbsolventenandendeutschenHochschulenindenkommendenJahrenzuerhöhen.DiesgiltfüralleFächergruppenimAllge-meinenunddennatur-undingenieurwissenschaftlichenBereichimBeson-deren.

5.3 | Mittelfristige Maßnahmen

UnterdenmittelfristigenMaßnahmensollenhierdiejenigenverstan-denwerden,diebiszumJahr2015umgesetztwerdensollten.

MittelfristigsolltenvorrangigdiefolgendenMaßnahmenergriffenwerden:

1) Bildungsreformen an den allgemeinbildenden Schulen sowie an den Hoch- schulen2) Modifikation der Unternehmenssteuern und der kürzlich durchgeführten Reform3) Förderung von Ausgründungen aus Universitäten und Verbesserung der Ver- fügbarkeit von Wagniskapital

1) Bildungsreformen an den allgemeinbildenden Schulen sowie an den Hoch- schulen Die Ausbildung qualifizierter Nachwuchskräfte muss bereits in denSchulenbeginnen.UminZukunfteineausreichendeZahlanqualifiziertenFachkräftenzurVerfügungzuhaben,solltedeshalbdasdeutscheBildungs-systemverbessertwerden.

An erster Stelle bei der Verbesserung des deutschen BildungssystemsstehteineErhöhungderEffizienzunddieEinführungvonAnreizstrukturenfüralleAkteure.Finanzmittelwerdenoftwenigzielgenaueingesetzt.Fernerfehlen derzeit Leistungsanreize für Lehrer. Letzterem könntemit vermehr-tenZentralprüfungenentgegengewirktwerden,womitgleichzeitigBildungs-standardsgeschaffenundgesichertwerden. IndieselbeRichtungzielteineverstärkteKoordinierungzwischendenLändern,umLehrplänezuverschlan-

Im Rahmen eines Aktionsplanes sind mittelfristig vor allem ...

... Bildungsreformen an den allgemeinbildenden Schulen

sowie an den Hochschulen, ...

832008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

ken und zu vereinheitlichen. Erfolgskomponenten in der LehrerbesoldungwäreneineweitereMaßnahme,diederEffizienzdesBildungssystemszuträg-lichseindürfte.

WiebeidenkurzfristigenMaßnahmenbereitsausgeführt,fehltesdemHochschulbereichanMitteln,umdemArbeitsmarkteineausreichendeZahlanAbsolventenzurVerfügungstellenzukönnen.ZwarmangeltesdemHoch-schulsystemebensowiedemSystemderallgemeinbildendenSchulenauchan Effizienz und den notwendigen Anreizstrukturen, um gute LeistungenvonSeitenderForschendenundLehrendenausreichendzuhonorieren,sodasssichauchhierAnsatzpunktefürReformenergeben.Jedocherscheinteseben-sowichtig,diefinanzielleAusstattungderUniversitätenaufeininternationalkonkurrenzfähigesNiveauanzuheben.Dieskönntezusätzlichdazu führen,dassausländischeStudierendeangezogenwerden,diedannnachihremAb-schluss als Fachkräfte dendeutschenUnternehmen zurVerfügung stehen.Damit könnten Bestrebungen ergänztwerden, die Zuwanderung vonhochqualifiziertenFachkräftenundauchSpitzenforschernattraktiverzumachen,indemdie damit verknüpftenBedingungen gelockertwerden. Es erscheintdringendgeboten,auchindieseRichtungweitereSchrittezuunternehmen.

2) Unternehmenssteuerreform DieUnternehmenssteuerreformdesJahres2008hatzueinerdeutlichenVerbesserungderAttraktivitätdesStandortsbeigetragen.Allerdingsistfest-zuhalten,dassdieReformlediglicheinenAufholprozessgegenüberanderenLänderndarstellt.DietariflicheSteuerbelastungvonUnternehmeninDeutsch-landliegtnuniminternationalenMittelfeld.Insofernhatsichzwardierela-tive Position teilweise verbessert. Jedoch ist kaumdavonauszugehen, dassdadurchsignifikanteUnternehmensansiedlungenausgelöstwerden.Proble-matischistferner,dassdieEinführungeinerAbgeltungssteueraufEinkünfteausKapitalvermögenzum1.Januar2009dazuführt,dassdieFremdkapital-aufnahmedann die steuerlich günstigste Formder Finanzierung darstellt.Dies benachteiligt eigenkapitalfinanzierte Unternehmen der pharmazeuti-schen IndustrieundvorallemderBiotech-Branche.Mithin sindhierNach-besserungeninBetrachtzuziehen.

ZurFinanzierungderUnternehmenssteuerreformwurdenverschiedeneSonderregelngeschaffen.SieverstoßengegendieSystematikdesSteuerrechts.BereitsausdiesemGrundsindsieabzulehnen.SiebenachteiligenaberauchinspezifischerFormdieUnternehmenderpharmazeutischenundderbiotech-nologischenBranche.Deshalbistzuprüfen,inwieweiteineRücknahmeoderModifikationderneuenRegelungenmöglichist,umdieentstandenenVerzer-rungenrückgängigzumachen.

3) Förderung von Ausgründungen aus Universitäten und Verfügbarkeit von Wagniskapital DieAnreizezuqualitativhochwertigerundanwendungsorientierteruni-versitärerForschungsindumsohöher,jegrößerdieMöglichkeitfüreinzelneForscheroderfürForschergruppenist,dieErgebnisseunddiepraktischeUm-setzungselbstzuvermarkten.NebenderstärkerenBeteiligunganPatenten

... Modifikationen der Unternehmenssteuern, ...

... die verstärkte Förderung von Ausgründungen aus Universitäten ...

84 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

undderMöglichkeitzurAuslizenzierungvonPatentenbietetsichvorallemdieFörderung(derGründung)technologieintensiverKMUan,umdieseAn-reizezuschaffen.AusgründungenausUniversitätenstelleneinedirekteFormdesTechnologietransfersdar.DarüberhinauswirdmitAusgründungendieuniversitäreForschungunmittelbaraufihreMarktreifeundMarktfähigkeitüberprüft. Besonders gefördert werden sollten (bio-)pharmazeutische Aus-gründungenimRahmenuniversitätsnahertechnologischerCluster.IndiesenkannüberNetzwerkeffekteeinebesondereDynamikentstehen. EmpirischeUntersuchungenzeigen,dassdieVerfügbarkeitvonRisiko-kapital die Forschungsintensität und das Produktivitätswachstum positivbeeinflusst. Dies begründet die Notwendigkeit, die ZugangsmöglichkeitenzuRisikokapitalzuerleichtern.DiesmusssowohlfürdieFrühfinanzierungs-und Gründungsphase von Biotech-Unternehmen gelten als auch für dieExpansionsphase. Die bisher vorhandenen Förderprogramme stellen zwareineguteBasisdar.SiereichenjedochausverschiedenenGründennochnichtaus.ErstensberücksichtigtdasKreditvergabeprogrammderKfWnichtausrei-chend die notwendige lange Laufzeit der Kredite und den in der BranchegängigenhohenKapitalbedarfinbeidenPhasen.HierbestehtdemnachAus-baubedarf.DasselbegiltfürdenHightech-Gründerfonds,dervonderBundes-regierung, derKfWundverschiedenen Industrieunternehmen eingerichtetwurde.DiezugeringeMittelausstattungdesFondshatbisherdazugeführt,dass indenUnternehmendieKapitalengpässenichtsignifikantvermiedenoder gelindert werden konnten. Eine bedarfsgerechte Aufstockung ausBundes- und aus KfW-Mitteln, aber auch ausMitteln der Pharmabranche,dürfteunumgänglichsein.

NebenstaatlichensindinsbesondereinternationaleFondsbereit,Wag-niskapitalbereitzustellen.DeshalbsindMaßnahmen,dieeineEinschränkungderinternationalenKapitalmobilitätzurFolgehaben,zuunterlassen.Diesbe-schädigtebensodenStandortwiedieinderBevölkerungundauchderPolitikhäufiganzutreffendeAssoziationvonRisikokapitalundausländischenInves-titionen inDeutschlandmitdemBegriffder»Kapitalmarkt-Heuschrecken«.Forschungsintensive Branchen wie der pharmazeutische und der biotech-nologische Sektor sind auf Risikokapital angewiesen, um innovative Ideenunternehmerischumsetzenzukönnen.EsbestehtweiterhindieNotwendig-keit,dieseZusammenhängeverstärktzukommunizierenundimkollektivenGedächtniszuverankern.

5.4 | Ergebnis

ZieldieserStudiewardieBewertungdesStandortsDeutschlandfürdiePharmaindustrie.DabeiwurdendiePolitikmaßnahmenderletztenJahreana-lysiert und konkrete Handlungsempfehlungen zur Verbesserung des Stand-orts Deutschland abgeleitet. Die Analyse zeigt sowohl Stärken als auchSchwächendesStandortsDeutschland.ZudenwichtigstenStärkengehörendiehoheQualifikationdeswissenschaftlichenPersonalsundderFachkräfte,einegutePositionierunginausgewähltenFeldernderSpitzenforschung,diehohe Expertise in der Hightechproduktion, der freieMarktzugang und diePreisbildungfürArzneimittel.ZudenwesentlichenSchwächendesStandorts

... und der Verfügbarkeit von Wagniskapital anzugehen.

852008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen – Chancen nutzen

DeutschlandzählendiehoheRegulierungsdichtesowieineffizienteAntrags-und Genehmigungsverfahren, die sich in verschiedenen AusprägungenaufallenStufenderWertschöpfungskettebemerkbarmachen.EinengewissenNachholbedarfgibtesbeiderSpitzenforschungundbeiderFinanzierungmitWagniskapital.InsgesamtwirdderStandortDeutschlandbeidenExperten-befragungendeutlichschlechtereingestuftalsbeieinerobjektivenAnalysederStandortkriterien.DiezumTeilsehrkritischeBeurteilungindenInterviewsbasiertimWesentlichenaufderdeutschenGesundheitspolitik.Dieseistmaß-geblichundinweitenTeilendurchbudgetfokussierteRegulierunggeprägt.

DieMaßnahmenderGroßenKoalitionzurStärkungdesPharmastand-ortsDeutschlandgehengrundsätzlichindierichtigeRichtungundhabenzurStärkungdesStandortsbeigetragen.DennochsindvordemHintergrunddeszunehmendenStandortwettbewerbsweitereMaßnahmennotwendig,umdieStärkendesStandortsauszubauenundSchwächenabzubauen.WesentlichfürallewirtschaftpolitischenMaßnahmenist,dasssienachhaltigsind.FürdiepharmazeutischeIndustrieistdiesvonbesondererBedeutung,weilunterneh-merischeEntscheidungenindieserBranchestetsmitBlickaufeinenlangenZeithorizontgetroffenwerdenundstetigeRahmenbedingungenfürdieEnt-scheidungsfindungeinenotwendigeVoraussetzungsind.

IndiesemSinneführtnurverlässlicheundwiderspruchsfreiePolitikzumehrAnziehungskraftdesPharma-undGesundheitsstandortsDeutschlandunddamitzunachhaltigemWachstumundWohlstanddurcheinenderzen-tralenWachstumsträgerderZukunft:dieGesundheit.

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des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

Liste der Interviewpartner

Unternehmen Gesprächspartner Position / Verantwortungsbereich

Abbott Laboratories James L. TyreeJohn M. Leonard, M.D.John C. Landgraf

Executive Vice President Pharma

Senior Vice President Pharma R&D

Senior Vice President Global Pharma Manufacturing and Supply

Amgen Inc. Rolf Hoffmann Senior Vice President European Operations

Bayer AG Dr. Ulrich Köstlin Mitglied des Vorstands der Bayer Schering Pharma AG sowie des

Bayer HealthCare Executive Committee

Berlin-Brandenburgische

Akademie der Wissenschaften

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Günter Stock

Präsident

Boehringer Ingelheim GmbH Dr. Dr. Andreas Barner Stellvertretender Sprecher der Unternehmensleitung der Boehringer

Ingelheim GmbH, verantwortlich für den Unternehmensbereich

Pharmaforschung, Entwicklung und Medizin

Coley Pharmaceutical GmbH Dr. Christian Schetter Vice President, European Operation Managing Director Coley GmbH

Eli Lilly and Company Abbas Hussein Executive Vice President Europe

Evotec AG Jörn Aldag Vorstandsvorsitzender

Fraunhofer-Gesellschaft Prof. Dr. Martina Schraudner Strategische Forschungsplanung

GlaxoSmithKline plc. Eddie Gray President Pharma Europe

IG Bergbau, Chemie, Energie Eckehard LinnemannTomas Nieber

Leiter Abt. Sozialpolitik

Ressortleiter Industriepolitik

Janssen-Cilag NV Jaak Peeters Chairman of Janssen-Cilag Europe, the Middle East and Africa

Jerini AG Prof. Dr. Jens Schneider-Mergener Vorstandsvorsitzender

Max-Planck-Gesellschaft Dr. Dieter Treichel Start-up-Manager der Max-Planck-Innovation

MediGene AG Dr. Peter HeinrichDr. Georg Dünges

Vorstandsvorsitzender

Manager Unternehmenskommunikation

Merck & Co. Inc. Dr. Stefan Oschmann President - Europe, Middle East, Africa, Canada

Merck KGaA Elmar Schnee Vorstand Unternehmensbereich Pharma

Merz GmbH & Co. KGaA Dr. Martin Zügel Vorsitzender der Geschäftsführung

MorphoSys AG Dr. Marlies SprollMario Brkulj

Vorstand für Forschung und Entwicklung

Manager Corporate Communications & IR

NGN Capital Dr. Peter Johann Managing General Partner

Novartis International AG Dr. Eric Cornut Head Region Europe

Nycomed International

Management GmbH

Walter Vaterlaus Stefan Brinkmann

Senior Vice President Corporate Communications

Geschäftsführer Nycomed Deutschland GmbH

PAION AG Dr. Wolfgang Söhngen Vorstandsvorsitzender

Pfizer Inc. Pedro Lichtinger President, European Pharmaceutical Operations

Sanofi-Aventis Group Dr. Heinz-Werner Meier Senior Vice President Human Resources und Vorsitzender der

Geschäftsführung der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH

Santo Holding GmbH Dr. Thomas Strüngmann Investor

Takeda Pharmaceutical

Company Limited Giacomo di Nepi CEO of Takeda Pharmaceuticals Europe Limited

UCB S. A. Konstantin von AlvenslebenThomas Milz

General Manager Germany

Director Strategic Project / Market Access

Wyeth Pharma Robert Essner Chairman

872008 | Michael Bräuninger, Thomas Straubhaar, Volker Fitzner, Georg A. Teichmann

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Standortmarketing Region Köln / Bonn GmbH (2008) Branchen-High-lights – Automobil / Maschinenbau (http://www.cologne-bonn-business.de/index.php?id=36&L=0)(Stand:17.03.2008).

Statistisches Bundesamt (2008) Deutsche Importe und Exporte vonPharmaprodukteninMrd.Euro(http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/)(Stand:17.03.2008).

Statistisches Bundesamt (2008) PharmaproduktioninDeutschland(http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/)(Stand:17.03.2008).

Statistisches Bundesamt (2008) GENESISOnline(https://www-genesis.destatis.de/genesis/online/logon)(Stand:03.04.2008).

World Health Organization (WHO) (1986) Ottawa Charter for HealthPromotion (http://www.who.int/hpr/NPH/docs/ottawa_charter_hp.pdf)(Stand:03.04.2008).

World Health Organization (WHO) (2008) Weltweite Gesundheitsaus-gaben(http://www.who.int/whosis/en/)(Stand:03.04.2008).

World Trade Organization (WTO) (2008) Welthandel mit pharmazeu-tischenProdukten2006(http://www.wto.org/)(Stand:04.04.2008).

92 HWWI Policy | Report Nr. 7

des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends

In der Reihe »HWWI Policy Reports« sind folgende Publikationen erschienen:

6. Konjunktur 2008 MichaelBräuningeretal.

5. Biokraftstoffe und Nachhaltigkeit – Ziele, Probleme, Instrumente, Lösungen MichaelBräuninger,LeonLeschus,HenningVöpel

4. Konjunktur 2007 MichaelBräuningeretal.

3. The Costs and Benefits of European Immigration RainerMünz,ThomasStraubhaar,FlorianVadean,NadiaVadean

2. Wirtschaftsfaktor Fußball HenningVöpel

1. Biokraftstoffe – Option für die Zukunft? Ziele Konzepte, Erfahrungen MichaelBräuninger,LeonLeschus,HenningVöpel

Mehr Informationen unter: www.hwwi.org (Publikationen).

Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) ist eine unabhängige Forschungseinrichtung, die zukunftsrelevante wirtschaftliche, gesellschaft-liche und politische Themen erkennt und analysiert.

Das HWWI nutzt Grundlagen- und angewandte Forschung, um wissen-schaftlich fundierte und praxisnahe Beratungsdienstleistungen zu erbringen. Darüber hinaus engagiert sich das Institut in der wirtschaftswissenschaft-lichen Lehre sowie in der weiterführenden Qualifizierung des wissenschaft-lichen Nachwuchses.

Das HWWI besteht aus vier Kompetenzbereichen:• Wirtschaftliche Trends, • Hamburg und regionale Entwicklungen,• Weltwirtschaft und • Migration Research Group.

Neben dem Hauptsitz in Hamburg ist das Institut mit einer Zweigniederlas-sung in Thüringen präsent.

Das HWWI ist eine gemeinnützige GmbH. Gesellschafter des Instituts sind die Universität Hamburg und die Handelskammer Hamburg.

Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI)

Heimhuder Straße 71 | 20148 HamburgTel +49 (0)40 34 05 76 - 0 | Fax +49 (0)40 34 05 76 - [email protected] | www.hwwi.org