34
Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 75 Dr. Thomas Vettiger war Mitbegründer der IFBC AG im Jahr 1997. Derzeit ist er Managing Partner und Mitglied des Verwaltungsrates der IFBC. Er ist zudem Mitglied des Verwaltungs- rates und des Audit Committee der Clientis AG. Zwischen 2003 und 2005 war er CFO der CLS Corporate Language Services. Im Rahmen sei- ner Beratungstätigkeit bei der IFBC leitet er Projekte sowohl bei Banken als auch bei Indus- trieunternehmen in den Bereichen Value Based Management, Corporate Finance, Corporate Treasury und IFRS Advi- sory. Er ist zudem Lehrbeauftragter im Bereich Unternehmensbewertung an der Universität Zürich. Christian Hirzel war bereits während seines wirtschaftswissenschaftlichen Studiums an der Universität Zürich mit Vertiefungsrichtung Ban- king und Corporate Finance bei IFBC tätig. Seit 2003 konzentriert er sich bei IFBC als Berater insbesondere auf die Bereiche wertorientierte Unternehmensführung und Corporate Finance sowie auf ausgewählte IFRS-Standards. Im Mai 2008 wurde Christian Hirzel Partner sowie Mit- glied des Verwaltungsrates der IFBC. Er betreut nationale und internationale Unternehmen aus dem Industrie- und Dienstleistungssektor und ist ausgewiesener Referent an der Universität Zürich sowie weiteren Aus- und Weiterbildungsstätten. Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu ... · chung von Firmenübernahmen nach der so genannten Purchase- Methode. Dabei ist der gesamte Übernahmepreis, welcher mit dem Erwerb

Embed Size (px)

Citation preview

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 75

Dr. Thomas Vettiger war Mitbegründer der IFBC AG im Jahr 1997. Derzeit ist er Managing Partner und Mitglied des Verwaltungsrates der IFBC. Er ist zudem Mitglied des Verwaltungs-rates und des Audit Committee der Clientis AG. Zwischen 2003 und 2005 war er CFO der CLS Corporate Language Services. Im Rahmen sei-ner Beratungstätigkeit bei der IFBC leitet er Projekte sowohl bei Banken als auch bei Indus-trieunternehmen in den Bereichen Value Based

Management, Corporate Finance, Corporate Treasury und IFRS Advi-sory. Er ist zudem Lehrbeauftragter im Bereich Unternehmensbewertung an der Universität Zürich.

Christian Hirzel war bereits während seines wirtschaftswissenschaftlichen Studiums an der Universität Zürich mit Vertiefungsrichtung Ban-king und Corporate Finance bei IFBC tätig. Seit 2003 konzentriert er sich bei IFBC als Berater insbesondere auf die Bereiche wertorientierte Unternehmensführung und Corporate Finance sowie auf ausgewählte IFRS-Standards. Im Mai 2008 wurde Christian Hirzel Partner sowie Mit-glied des Verwaltungsrates der IFBC. Er betreut

nationale und internationale Unternehmen aus dem Industrie- und Dienstleistungssektor und ist ausgewiesener Referent an der Universität Zürich sowie weiteren Aus- und Weiterbildungsstätten.

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen

Vettiger_Hirzel.indd 75Vettiger_Hirzel.indd 75 02.03.2009 15:37:4002.03.2009 15:37:40

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen76

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .771.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .771.2 Inhalt der wichtigsten IFRS-Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .77

2. Purchase Price Allocation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .802.1 Festlegung der PPA-Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .812.2 Analyse der Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .822.3 Durchführung der Purchase Price Allocation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .842.3.1 Neubewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .842.3.2 Identifikation neuer immaterieller Vermögenswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .852.3.3 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .882.3.4 Berechnung des Goodwills . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .912.4 Disclosures . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .93

3. Goodwill Impairment. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .963.1 Grundkonzept des Impairment-Tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .963.2 Cash Generating Units . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .973.3 Bestimmung Recoverable und Carrying Amount . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .993.4 Praktische Umsetzung eines Impairment-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003.4.1 WACC-Modell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1013.4.2 Cashflow-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1033.4.3 Terminal-Value-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1043.5 Disclosure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

4. Zusammenfassung und Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

Vettiger_Hirzel.indd 76Vettiger_Hirzel.indd 76 02.03.2009 15:37:5102.03.2009 15:37:51

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 77

1. Einleitung1.1 VorbemerkungenIm Jahr 2004 wurde die buchhalterische Behandlung von Unterneh-menszusammenschlüssen (Business Combinations) nach IFRS grund-legend modifiziert. Kernstück der Änderungen sind der verabschiedete IFRS 3 «Business Combinations» sowie die gleichzeitig revidierten IAS 36 «Impairment of Assets» und IAS 38 «Intangible Assets». Mit den voll-zogenen Änderungen folgte der Standard Setter IASB seinem US-ameri-kanischen Pendant FASB, welcher das Regelwerk betreffend Behandlung von Business Combinations (SFAS 141 und 142) bereits im Juli 2001 angepasst hatte. Neben der Annäherung an die amerikanischen Rech-nungslegungsnormen haben die Anpassungen zum Ziel, mehr Transpa-renz hinsichtlich der bezahlten Preise für Unternehmen zu erreichen. Ein über dem Buchwert bezahlter Akquisitionspreis soll in Zukunft nicht einfach als Goodwill ausgewiesen werden. Es soll vielmehr Rechenschaft darüber abgelegt werden, welche Arten von immateriellen Vermögens-werten akquiriert wurden. Die Höhe der Goodwill-Position soll dadurch verkleinert werden, indem der bezahlte Goodwill, wenn immer möglich, auf neu zu identifizierende immaterielle Güter verteilt wird.

Im Januar 2008 publizierte das IASB den revidierten Standard IFRS 3 «Business Combinations» (IFRS 3 Rev. 2008). Dieser kann bei entspre-chendem Vermerk ab sofort angewendet werden. Die zwingende Umset-zung ist ab 1. Juli 2009 vorgesehen. Der folgende Beitrag fokussiert ins-besondere auf die Herausforderungen der praktischen Umsetzung der im Jahr 2004 eingeführten IFRS-Standards.

1.2 Inhalt der wichtigsten IFRS-RegelungenDie wichtigste Änderung in IFRS 3 «Business Combinations» (2004) im Vergleich zum alten Standard IAS 22 betrifft die konsequente Verbu-chung von Firmenübernahmen nach der so genannten Purchase- Methode. Dabei ist der gesamte Übernahmepreis, welcher mit dem Erwerb des Unternehmens verbunden ist, zu bestimmen und auf die identifizierbaren Vermögenswerte bzw. die (Eventual-)Verbindlichkeiten aufzuteilen. Daraus ergibt sich ein positiver oder negativer Goodwill zum Erwerbs-zeitpunkt. Resultiert nach Bestimmung des Fair Value sämtlicher Netto-aktiven ein negativer (passivseitiger) Goodwill, so ist dieser einheitlich

Vettiger_Hirzel.indd 77Vettiger_Hirzel.indd 77 02.03.2009 15:37:5102.03.2009 15:37:51

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen78

erfolgswirksam als Gewinn in der Erfolgsrechnung zu verbuchen. Die Bildung von Akquisitions-Restrukturierungs-Reserven ist nicht mehr erlaubt. Die letzte wichtige Neuerung betrifft die Ausweispflichten. Der Umfang der Angabepflichten im Anhang ist im Vergleich zum alten Stan-dard IAS 22 deutlich erweitert worden. Ziel der umfangreichen Angabe-pflichten ist es, den Adressaten Informationen zu liefern, welche eine Beurteilung von Art und Zweck sowie finanziellen Auswirkungen von Unternehmens zusammenschlüssen ermöglichen.

Im überarbeiteten Standard IFRS 3 (Rev. 2008) gilt als wichtigste Neu-erung die Einführung des transaktionsbasierenden Wahlrechts, allfällige Minderheitsanteile zum vollen Fair Value (Full Goodwill Accounting) oder wie bisher zum proportionalen Anteil der Nettoaktiven zu bewerten. Beim Full Goodwill Accounting werden aktivseitig 100 Prozent Goodwill verbucht. Auf der Passivseite muss die Differenz vom vollen Goodwill zum tatsächlich dem Käufer zustehenden Anteil des Goodwills zur Posi-tion «Minderheitenanteil» addiert werden.1 Die so im Eigenkapital aus-gewiesenen Minderheiten werden nicht mehr wie bisher zu Buchwerten, sondern zu Marktwerten in der Höhe des bezahlten Akquisitionspreises ausgewiesen.

Als weitere wesentliche Änderung ist die Behandlung von Akquisitions-kosten zu nennen. Die bei einer Transaktion anfallenden Kosten wie z.B. Beraterhonorare dürfen nicht mehr aktiviert, sondern müssen erfolgs-wirksam verbucht werden. Zusätzlich wurde die Verbuchung von Even-tualzahlungen neu geregelt. Earn-out-Zahlungen müssen unabhängig von ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit mit dem Fair Value beim Erwerbszeit-punkt erfasst werden. Änderungen des Fair Value der Eventualzahlungen nach dem Zeitpunkt des Erwerbs werden erfolgswirksam verbucht. Schliesslich enthält IFRS 3 Rev. auch neue Regelungen bezüglich der Verbuchung einer Beteiligung bei Änderung der Kontrollverhältnisse. Er-höht sich die Beteiligung an einer Tochtergesellschaft von z.B. 25 Prozent auf 80 Prozent, so muss diese neu zum Fair Value bewertet werden. Allfällige Unterschiede zwischen den Buchwerten und den Fair Values sind erfolgswirksam zu verbuchen.

1 Vgl. Fiechter/Meyer (2008), S. 217/218.

Vettiger_Hirzel.indd 78Vettiger_Hirzel.indd 78 02.03.2009 15:37:5102.03.2009 15:37:51

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 79

IAS 38 «Intangible Assets» regelt die Definition immaterieller Vermö-genswerte (beispielsweise Marken, Patente, Kundenbeziehungen) und legt insbesondere auch Identifikationskriterien fest. Im Zusammenhang mit Firmenübernahmen wird davon ausgegangen, dass die Differenz zwischen dem Kaufpreis und den erworbenen Net Assets nicht mehr ge-samthaft als Goodwill ausgewiesen wird, sondern der Mehrwert auf die erworbenen Intangible Assets aufgeteilt werden kann. Ein immaterieller Vermögenswert ist dann identifizierbar, wenn er entweder separierbar ist, d.h. durch Verkauf, Lizenzierung oder Vermietung separiert werden kann, oder wenn er aus gesetzlichen bzw. vertraglichen Rechten entstanden ist. Die Annahme einer maximalen Lebensdauer eines immateriellen Vermö-genswerts von 20 Jahren wurde aufgehoben. Verfügt ein immaterieller Vermögenswert über eine «indefinite», unbegrenzte Lebensdauer, so ist dieser nicht mehr jährlich zu amortisieren, sondern vielmehr einem pe-riodischen Impairment-Test zu unterziehen.

IAS 36 «Impairment of Assets» fordert einen jährlichen Impairment-Test bei folgenden Kategorien von immateriellen Vermögenswerten:

Immaterielle Vermögenswerte mit unbegrenzter Lebensdauer,

noch nicht verfügbare immaterielle Vermögenswerte,

Goodwill.

Mit dem jährlich durchzuführenden Impairment-Test werden die imma-teriellen Vermögenswerte, insbesondere der Goodwill, auf ihre Werthal-tigkeit hin überprüft. Eine Wertberichtigung ist dann vorzunehmen, wenn der Buchwert einer Cash Generating Unit (CGU) grösser ist als ihr Recoverable Amount (erzielbarer Betrag). Der Recoverable Amount ergibt sich dabei aus dem höheren Wert von Fair Value abzüglich Verkaufs kosten und dem so genannten Value in Use (Nutzungswert). Im Standard existieren detaillierte Vorgaben zur Ermittlung dieser Grössen, auf wel-che in Abschnitt 3 eingegangen wird. Eine Wertaufholung (Revaluation) für den Goodwill ist dagegen bei Wegfall der Ursachen für eine Wertmin-derung nicht zulässig.

•••

Vettiger_Hirzel.indd 79Vettiger_Hirzel.indd 79 02.03.2009 15:37:5102.03.2009 15:37:51

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen80

2. Purchase Price AllocationUnter Purchase Price Allocation (PPA) ist derjenige Prozess zu verstehen, in welchem der Kaufpreis (Purchase Price) in seiner Gesamtheit auf die einzeln erworbenen Vermögenswerte und (Eventual-)Schulden verteilt wird. Entsprechend ist für die jeweiligen Positionen der Fair Value ein-zeln zu bestimmen. Die Bilanz des erworbenen Unternehmens zu Buch-werten wird damit in eine Neubewertungsbilanz transformiert. Dieser Transformationsprozess kann, wie in Abbildung 1 gezeigt, in vier verschie-dene Hauptphasen gegliedert werden:

Fes

tleg

un

gP

PA

-Str

ateg

ie

An

aly

se d

er

Tra

nsa

ktio

n

Durchführung Purchase Price Allocation

Neu

bew

ertu

ng

Iden

ti�i

kat

ion

Bew

ertu

ng

Ber

ech

nu

ng

Go

od

wil

l

Dis

clo

sure

Abbildung 1: Purchase-Price-Allocation-Prozess

In einer ersten Phase muss eine PPA-Strategie definiert werden. Hier stehen insbesondere bilanzpolitische Fragen bezüglich Goodwill und immaterieller Vermögenswerte im Vordergrund. Die Analyse der Trans-aktion folgt als nächste Phase. Darunter sind die Bestimmung des Kaufpreises sowie die Identifikation des Käufers zu verstehen. Die Durchführung der eigentlichen PPA ist die dritte Phase des Transforma-tionsprozesses. Diese lässt sich weiter in die folgenden Schritte aufteilen:

1. Neubewertung der bestehenden Aktiven und Verbindlichkeiten.

2. Identifikation neuer immaterieller Vermögenswerte.

3. Bewertung der immateriellen Vermögenswerte.

4. Berechnung des Goodwills.

Abschliessend gilt es, im PPA-Prozess die Bestimmungen von IFRS regel-konform umzusetzen. In den folgenden Abschnitten wird im Detail auf die einzelnen Phasen eingegangen.

Vettiger_Hirzel.indd 80Vettiger_Hirzel.indd 80 02.03.2009 15:37:5202.03.2009 15:37:52

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 81

2.1 Festlegung der PPA-StrategieIn einem Akquisitionsprozess gilt es, auf Käuferseite möglichst früh die Rahmenbedingungen für die Integration des Zielunternehmens im eige-nen Konzerngebilde festzulegen. Trotz der umfassenden Bestimmungen in IFRS zur PPA gibt es gewisse Handlungsspielräume, in welchen die Kaufpreisallokation beeinflusst werden kann. Im Rahmen der PPA-Stra-tegie müssen insbesondere folgende Punkte behandelt werden:

1. Grobe Aufteilung zwischen neu zu identifizierenden immateriellen Vermögenswerten und Goodwill.

2. Erste Einschätzung, welche neuen immateriellen Vermögenswerte zu identifizieren sind.

3. Festlegung der Einheiten, zu welchen der Goodwill alloziert werden soll.

Die Höhe der neu identifizierten immateriellen Vermögenswerte resp. des Goodwills hat einen unmittelbaren Einfluss auf den zukünftigen Gewinnausweis eines Unternehmens. Die Auswirkungen auf interne und auf externe Finanzkennzahlen gilt es so früh wie möglich abzuschätzen, um eine Zielvorstellung für eine optimale Kaufpreisallokation zu entwi-ckeln. Wird ein grosser Teil des Kaufpreisüberschusses auf neu identi-fizierte immaterielle Vermögenswerte mit bestimmter Nutzungsdauer zugewiesen, werden die zukünftigen Ergebnisse durch zusätzliche Ab-schreibungen belastet. Demgegenüber sinkt aufgrund des geringen Good-will-Anteils das Risiko eines möglichen Impairments. Werden im Gegen-satz dazu relativ wenige immaterielle Vermögenswerte neu identifiziert, verringert sich der künftige reguläre Abschreibungsbedarf, jedoch steigt das Risiko eines möglichen Impairment. Eine allenfalls notwendig wer-dende Verbuchung eines Impairment-Verlustes würde im Vergleich zu den regelmässigen Abschreibungen zu grösseren Gewinnschwankungen führen. Abbildung 2 fasst die Ergebniswirkung einer Purchase Price Allocation zusammen.

Vettiger_Hirzel.indd 81Vettiger_Hirzel.indd 81 02.03.2009 15:37:5202.03.2009 15:37:52

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen82

ZuallozierenderÜberschuss Goodwill

ImmaterielleVermögens-

werte

Goodwill

Immaterielle Vermögenswerte

� Geringerer regulärer Abschreibungsbedarf

� Höheres Impairment-Risiko

� Höhere Gewinnschwankungen

� Höherer regulärer Abschreibungsbedarf� Gewinnreduktion

� Geringeres Impairment-Risiko

� Geringere Gewinnschwankungen

Abbildung 2: Ergebniswirkung einer PPA

Eine erste Einschätzung, welche neuen immateriellen Vermögenswerte zu identifizieren sind, muss namentlich mit der internen und externen Finanzkommunikation zur Akquisition abgestimmt werden. Das resultie-rende Bilanzbild soll die kommunizierten Gründe eines Unternehmens-kaufs widerspiegeln, da andernfalls die Akquisition unglaubwürdig wirkt und die Kaufpreisallokation hinterfragt werden kann. Wird beispielsweise eine Akquisition durch das Vorhandensein einer starken Marke beim Zielunternehmen begründet, so muss konsequenterweise diese Marke als neu identifiziertes Intangible Asset aktiviert werden.

Schliesslich gilt es, in einer PPA-Strategie zu planen, auf welche Ein-heiten (so genannte Cash Generating Units2) der Goodwill alloziert wer-den soll. Ein allfälliges Impairment-Risiko muss schon in dieser frühen Phase des Integrationsprozesses beurteilt und die Allokation des Good-wills dementsprechend geplant werden.

2.2 Analyse der TransaktionIn der zweiten Phase wird die Transaktion hinsichtlich des Käufers sowie des Kaufpreises analysiert. Bei der Identifikation des Käufers ist dabei der Grundsatz «Substance over Form» massgebend. Die Identifikation eines Käufers ergibt sich zwingend aus dem in IFRS 3 postulierten Verbot der Anwendung der Pooling-of-Interest-Methode. Als Käufer ist dasjenige Unternehmen zu klassifizieren, welches über eine Beherrschungsmög-lichkeit verfügt. Diesbezüglich wichtigster Anhaltspunkt ist die Kontrolle von mehr als der Hälfte der Stimmrechte des anderen Unternehmens. Ist dies nicht gegeben, so sind weitere Anhaltspunkte zu prüfen, die auf das Vorhandensein einer Beherrschungsmöglichkeit hinweisen können:

2 Vgl. dazu auch Abschnitt 3.1.

Vettiger_Hirzel.indd 82Vettiger_Hirzel.indd 82 02.03.2009 15:37:5202.03.2009 15:37:52

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 83

Möglichkeit der Einflussnahme auf den Geschäftsgang;

Macht, den Verwaltungsrat bzw. die Geschäftsleitung zu bestimmen;

Anzahl der Stimmen im Verwaltungsrat;

relative Werte der involvierten Unternehmen.

Zudem müssen die Anschaffungskosten eines Unternehmenszusammen-schlusses bestimmt werden. Zu berücksichtigen sind dabei neben Bar-zahlungen, ausgegebenen Eigenkapitalanteilen und eingegangenen Ver-bindlichkeiten auch der Fair Value von ausgetauschten Aktien und anderen Vermögenswerten zum Zeitpunkt des Erhalts der Gegenleistung (Date of Exchange). Im Gegensatz zum noch geltenden Standard dürfen gemäss IFRS 3 Rev. 2008 die Transaktionskosten wie beispielsweise Rechts- und Beratungskosten nicht mehr zum Kaufpreis addiert werden. Sie werden stattdessen erfolgswirksam verbucht. Hingegen wird der Fair Value von Eventualzahlungen (Earn-out) nach dem revidierten Standard unabhängig von der Eintrittswahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt des Er-werbs erfasst. Einer speziellen Analyse bedürfen allfällige Bestimmungen im Kaufvertrag zu Kauf- und Verkaufsrechten der involvierten Parteien (Call-/Put-Klauseln). Die Ausgestaltung solcher Rechte und Pflichten kann beispielsweise dazu führen, dass trotz noch bestehender Minder-heitsanteile der Unternehmenskauf schon im Akquisitionszeitpunkt zu 100 Prozent konsolidiert wird. In einem solchen Fall bestehen im Kauf-vertrag Klauseln zu Kauf- und Verkaufsrechten, die zwingend darauf hin-deuten, dass eine vollständige Übernahme in Zukunft realisiert werden wird.

Die Analyse der Transaktion sowie der gesamte PPA-Prozess werden im Folgenden anhand eines einfachen Beispiels verdeutlicht. In diesem Bei-spiel übernimmt die Hunter AG von der Target AG 100 Prozent der Aktien (vgl. Abbildung 3). Diese Übernahme finanziert die Hunter AG durch Leis tung einer Barzahlung von CHF 7,5 Mio. Ausserdem wurde ein bedingter, beispielsweise gewinnabhängiger Kaufpreisbestandteil ver-einbart. Die Hunter AG bewertet den Earn-out mit CHF 0,5 Mio. Es resultiert somit ein Kaufpreis für das Eigenkapital in Höhe von CHF 8,0 Mio.

••••

Vettiger_Hirzel.indd 83Vettiger_Hirzel.indd 83 02.03.2009 15:37:5202.03.2009 15:37:52

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen84

Identifizierung des Käufers

Die Target AG wird im Rahmen eines Share Deal zu 100% von der Hunter AG übernommenDie Hunter AG kann somit einwandfrei als Käufer identifiziert werden

Cash-Zahlung 7500

Earn-out 500

Kaufpreis EK 8000

Abbildung 3: Beispiel: Ausgangslage der Übernahme der Target AG durch Hunter AG

2.3 Durchführung der Purchase Price Allocation

2.3.1 Neubewertung

Bei der Durchführung der eigentlichen PPA steht an erster Stelle die Identifikation und Bewertung der bestehenden Aktiven und Verbindlich-keiten. Ausgehend von den Buchwerten der jeweiligen Bilanzpositionen ist der Fair Value der Vermögenswerte bzw. der Verbindlichkeiten zu be-stimmen.3 Beim Fair Value handelt es sich um einen «neutralen» Wert, welcher dem Preis in einer «at arm’s length» bezahlten Transaktion ent-spricht. Synergiewerte, die nur für einen ganz spezifischen Käufer rele-vant wären, werden ausgeschlossen. Die (subjektive) Käufersicht wird demzufolge ausgeblendet, was zu einer möglichst objektiven Sichtweise führen soll. Die Bestimmung der einzelnen Fair Values wird in IFRS 3 geregelt.4 Grundsätzlich kann immer auf einer Bewertung nach dem DCF-(Discounted Cashflow-)Ansatz basiert werden, auch wenn dieser in den Ausführungen von IFRS 3 bei einzelnen Positionen nicht explizit erwähnt ist.

Bei der im Beispiel gezeigten Übernahme der Target AG werden das Lager, die Immobilien sowie die passivseitigen Finanzinstrumente aufge-wertet (vgl. Abbildung 4). Es resultiert ein Fair Value des Eigenkapitals von CHF 2,5 Mio. Per Saldo erhöht sich der so genannte Net Asset Value durch die Neubewertung um CHF 0,5 Mio. Nach Subtraktion des Eigen-kapitalwertes von CHF 2,5 Mio. vom Kaufpreis des Eigenkapitals (von

3 Vgl. IFRS 3.36. Die Ausnahme sind diejenigen langfristigen Vermögenswerte, die gemäss IFRS 5 als «zur Veräusserung gehalten» eingestuft sind. Sie sind zum Fair Value abzüglich Veräusserungs kosten anzusetzen.

4 Vgl. IFRS 3.B16 und B17.

Vettiger_Hirzel.indd 84Vettiger_Hirzel.indd 84 02.03.2009 15:37:5202.03.2009 15:37:52

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 85

CHF 8 Mio.) verbleiben CHF 5,5 Mio. an immateriellem Vermögens-wert. Dieser Betrag ist in der Folge auf neu zu identifizierende immate-rielle Vermögenswerte bzw. den Goodwill aufzuteilen.

Buchwerte der Target AG

UV900

AV3000

FK1900

EK2000

Fair Values der Target AG

EK2500

Fair Value ofNet Assets

KaufpreisEK

8000Net Assets

2500

5500Goodwill oder

intangible Assets

(alle Zahlen in CHF ‘000)

Marktbewertung der Finanzinstrumente

UV1000

AV4000

Aufwertung Lager

Aufwertung Immobilien

FK2500

Abbildung 4: Beispiel: Bestimmung Fair Value der Net Assets

2.3.2 Identifikation neuer immaterieller Vermögenswerte

Nach der Fertigstellung der Neubewertungsbilanz folgt in einem zweiten Schritt die Identifikation neuer immaterieller Vermögenswerte. Damit ein immaterieller Vermögenswert gesondert vom Goodwill bilanziert wer-den kann, müssen bestimmte Definitionskriterien erfüllt sein, welche in IAS 38 beschrieben sind. Konkret muss es sich um einen nichtmonetären Vermögensgegenstand handeln, welcher frei von physischer Substanz ist. Schliesslich muss der immaterielle Vermögenswert identifizierbar sein. Dies ist zum einen der Fall, wenn er von der Einheit separiert werden kann (z.B. durch Kauf, Transfer, Lizenzierung, Miete oder Austausch). Zum andern kann die Identifizierbarkeit auch durch vertragliche oder andere rechtliche Ansprüche begründet sein.

Zur Bilanzierung müssen zusätzlich bestimmte Ansatzkriterien erfüllt sein. Erstens muss die Einheit in der Lage sein, den sich aus der Kon-trolle des Vermögensgegenstands ergebenden wirtschaftlichen Nutzen für sich zu beanspruchen. Diese Kontrolle basiert im Normalfall auf juris-tischen Ansprüchen. Und zweitens muss eine hohe Wahrscheinlichkeit eines zukünftigen wirtschaftlichen Nutzens bestehen. Im Rahmen eines

Vettiger_Hirzel.indd 85Vettiger_Hirzel.indd 85 02.03.2009 15:37:5302.03.2009 15:37:53

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen86

Unternehmenszusammenschlusses ist dieses Kriterium gemäss IFRS zwingend erfüllt. Die Schätzung des wirtschaftlichen Nutzens geschieht dabei auf der Grundlage des «Management’s best Estimate». IFRS 3 gruppiert die verschiedenen Kategorien immaterieller Vermögenswerte ausserdem in fünf Klassen, welche stark an die Bestimmungen von US GAAP angelehnt sind (vgl. Abbildung 5).

Marketingbezogen

MarkenrechteMarkenzeichenServicezeichenZertifizierungenMarktauftrittInternetadressenZeitschriftentitel (Mastheads)

Vertragsbezogen

LizenzvereinbarungenÜbertragungsrechteLeasingvereinbarungenErfolgshonorare und StillhalteabkommenWerbe-, Geschäfts- und Lieferverträge

Kundenbezogen

KundenlistenAuftragsbestandKundenverträgeKundenbeziehungen

Technologiebezogen

Patentierte und nicht patentierte TechnologieSoftwareDatenbankenProzesseRezepturen

Künstlerischer Bereich

TheaterstückeAutorenrechteVideos und audiovisuelles MaterialBilder und PhotographienBücher, Magazine, Zeitungen und Zeitschriften

Abbildung 5: Kategorisierung immaterieller Güter, in Anlehnung an IFRS 3: Illustrative Examples, S. 1–5 § 119.

Eine erste Grundlage für die Identifikation möglicher immaterieller Ver-mögenswerte bilden in einem ersten Schritt die gesamten Transaktions-dokumentationen, bereits kommunizierte Informationen zur Transaktion sowie die vorgängig definierte PPA-Strategie. In Zusammenarbeit mit dem Management der involvierten Unternehmen wird die Liste mög-licher immaterieller Güter weiterentwickelt und konkretisiert. In der praktischen Umsetzung kommen dabei oftmals Standardlisten mit mög-lichen Intangible Assets zum Einsatz, welche durch die zuständigen Per-sonen durchgearbeitet und beurteilt werden.

Vettiger_Hirzel.indd 86Vettiger_Hirzel.indd 86 02.03.2009 15:37:5302.03.2009 15:37:53

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 87

Eine empirische Untersuchung von 241 europäischen Unternehmen, welche im Jahre 2005 Akquisitionen getätigt und nach IFRS abgeschlos-sen haben, ergab, dass in über 70 Prozent der Transaktionen mit Existenz immaterieller Güter nur ein einziges immaterielles Gut identifiziert wurde. In 16 Prozent der untersuchten Akquisitionen wurden zwei immaterielle Vermögenswerte ausgewiesen, in den restlichen Fällen deren drei bis fünf.5

Im Beispiel der «Target AG» konnten folgende drei immaterielle Vermö-genswerte identifiziert werden:

Handelsmarke: Die Target AG verfolgte seit Jahren eine konsequente «One Brand»-Strategie und konnte so ihre geschützte Handelsmarke im Markt etablieren.

Kundenbeziehung: Ungefähr 60 Prozent des gesamten Umsatzes erwirtschaftete die Target AG mit Stammkunden auf der Basis lang-fristiger Abnahmeverträge.

Selbstentwickelte Software: Zur Unterstützung der eigenen Logistik-Leistungen entwickelte die Target AG eine eigene, auf die unterneh-mensspezifischen Bedürfnisse abgestimmte Software.

Auf der Passivseite der Bilanz erfordern Eventualverbindlichkeiten und Restrukturierungsrückstellungen besondere Beachtung. Bei Ersteren handelt es sich um mögliche Verpflichtungen eines Unternehmens, deren Entstehen in der Vergangenheit liegt. Die effektive Existenz wird jedoch erst durch das Eintreten bzw. Nichteintreten unsicherer Ereignisse in der Zukunft bestätigt, wobei sich dies durch das Unternehmen nicht voll-ständig kontrollieren lässt. Eventualverbindlichkeiten sind im Rahmen der PPA zu berücksichtigen, sofern ihr Fair Value zum Zeitpunkt des Erwerbs zuverlässig ermittelt werden kann. Die erfolgsneutrale Bildung von Restrukturierungsrückstellungen im Rahmen von Business Combi-nations wird durch IFRS neu grundsätzlich untersagt. Diese sind im Rah-men der PPA nur dann passivierbar, wenn bereits vor der Transaktion eine IFRS-konforme Rückstellung im Abschluss des akquirierten Unterneh-mens gebildet wurde.

5 Vgl. PwC (2007), S. 34.

Vettiger_Hirzel.indd 87Vettiger_Hirzel.indd 87 02.03.2009 15:37:5302.03.2009 15:37:53

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen88

2.3.3 Bewertung

In einem nächsten Schritt müssen die neu identifizierten immateriellen Vermögenswerte bewertet werden. Dabei unterscheidet man grundsätzlich zwischen den folgenden, in Abbildung 6 zusammengefassten Methoden.

Marktwertmethoden

Ertragswertmethoden

Kostenmethoden

Relief from-Royalty-Methode

Residual-Income-Methode

Marktpreis

Reproduktionskosten

Ersatzkosten

Incremental-Cash�low-Methode

Vergleichbare Markttransaktionen

Wenn nicht möglich

Wenn nicht möglich

1

2

3

B

A

C

Abbildung 6: Übersicht zu den Bewertungsmethoden für Intangible Assets

Die Marktwertmethoden zeichnen sich durch ihren relativ starken Marktwertbezug aus und werden daher von IFRS 3 favorisiert. Man un-terscheidet zwei Varianten:

Marktpreismethoden,

Methode der vergleichbaren Markttransaktionen.

Bei der Marktpreismethode wird auf bereits existierende aktive Märkte abgestellt. Die Herausforderung besteht darin, relativ selten verfügbare Marktpreise für immaterielle Vermögensgegenstände zu lokalisieren. Ein immaterieller Vermögenswert hat oft genau dann einen Wert, wenn er einzigartig ist (z.B. der Markenwert). Auf ähnliche Schwierigkeiten stösst man bei Anwendung der Methode der vergleichbaren Transaktionen. Im Unterschied zur Marktpreismethode wird bei dieser nicht direkt auf ak-tive Märkte abgestellt; vielmehr ist lediglich eine Ähnlichkeit in den Hauptmerkmalen gefordert. Hier sind bei der Bewertung ausserdem transaktionsspezifische Faktoren zu eliminieren.

••

Vettiger_Hirzel.indd 88Vettiger_Hirzel.indd 88 02.03.2009 15:37:5302.03.2009 15:37:53

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 89

Falls keine der Marktwertmethoden möglich ist, ist eine Ertragswert-methode6 als Bewertungsansatz heranzuziehen, wobei grundsätzlich drei Varianten unterschieden werden. Bei der Relief-from-Royalty-Methode werden die Free Cashflows basierend auf einer (hypothetischen) Royalty Rate geschätzt. Diese entspricht dem Betrag, welcher ein Lizenznehmer zur Benutzung des betreffenden immateriellen Vermögenswerts an dessen Eigentümer zu entrichten hätte. Die Royalty Rate wird zumeist als Pro-zentsatz einer Umsatzgrösse ausgedrückt. Zur Schätzung bedient man sich vergleichbarer Transaktionen, wobei die bezahlten Royalty Rates, vor allem in Abhängigkeit der Branchenzugehörigkeit, stark variieren. Der zweite ertragsorientierte Bewertungsansatz ist die Residual-Income- Methode.7 Dabei wird auf den durch den betreffenden Vermögenswert generierten Umsatz eine Marge angewendet, um über eine kalkulato-rische Herleitung einen Cashflow zu ermitteln. Davon sind zusätzlich alle kalkulatorischen, finanziellen Belastungen in Verbindung mit denjenigen Vermögenswerten zu subtrahieren, welche ebenfalls zur Nutzung des be-treffenden immateriellen Gutes notwendig sind. Diese negativen Cash-flows werden auch Contributory Assets Charges genannt. Der resultierende objektspezifische Free Cashflow bildet die Grundlage für die Wertbe-stimmung, welche basierend auf dem Discounted Cashflow-Ansatz vor-genommen wird. Die Incremental Cashflow-Methode basiert auf dem glei-chen Prinzip, mit der Ausnahme, dass der Cashflow (z.B. zusätzlicher Umsatzerlös oder Kosteneinsparung durch Eigentum des immateriellen Vermögenswerts) direkt geschätzt wird.

Die Ertragswertmethode ist das meistverwendete Verfahren zur Bewer-tung immaterieller Vermögenswerte. Der Hauptvorteil ist sicherlich die vielseitige Einsetzbarkeit sowie das Abstellen auf einen fundamentalen Wert im Sinne des Gegenwartswerts erwarteter zukünftiger Cashflows.

Die Kostenmethode als dritter Bewertungsansatz wird relativ selten praktiziert. Sie findet dann Anwendung, wenn weder die Markt- noch die Ertragswertmethode appliziert werden kann. Unterschieden werden die beiden Varianten Ersatz- und Reproduktionskostenmethode. Bei ersterer liegt der Fokus auf dem Nutzen, wobei der Wert eines Vermögenswerts

6 Man beachte die spezifische Begriffsverwendung im Gegensatz zur klassischen Schweizer Bewer-tungs-Terminologie.

7 Auch bekannt als Multiperiod-Excess-Earnings-Methode.

Vettiger_Hirzel.indd 89Vettiger_Hirzel.indd 89 02.03.2009 15:37:5302.03.2009 15:37:53

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen90

ermittelt wird, welcher einen identischen Nutzen stiftet. Bei der zweiten Methode steht die Funktion im Vordergrund, d.h. es werden die Kosten der Reproduktion eines Vermögenswerts mit identischer Funktion ermit-telt (vergangenheitsbezogen). Die Kostenmethode kann etwa zur Bewer-tung von selbstgeschaffener Software zur Anwendung kommen.

Allen Methoden gemeinsam ist die Notwendigkeit zur Schätzung der Nutzungsdauer (Useful Life). Diese hat einen direkten Einfluss auf die Höhe der zukünftigen Abschreibungen. Wichtige Bestimmungsfaktoren der Nutzungsdauer sind z.B.:

Branchenstabilität,

Produktlebenszyklen,

rechtliche Rahmenbedingungen.

Für den Fall, dass sich die Nutzungsdauer nicht verlässlich bestimmen lässt, wird diese als «indefinite» beurteilt und als unendlich angenommen. Imma-terielle Vermögenswerte mit unbestimmter Nutzungsdauer müssen nicht jährlich abgeschrieben werden, sondern fallen unter die Bestimmungen von IAS 36. Demensprechend muss jedes Jahr der Wert des Intangible Asset auf dessen Werthaltigkeit hin überprüft werden (Impairment-Test).

Unabhängig von der Bewertungsmethode ist der sogenannte Tax Amor-tisation Benefit zu bestimmen. Dabei handelt es sich um den poten-tiellen Nutzen des zukünftigen steuerlichen Abschreibungspotenzials des jeweiligen immateriellen Vermögenswertes. Unabhängig davon, wie die Akquisition eines Vermögenswertes rechtlich strukturiert ist, verlangt IFRS die Anwendung identischer Bewertungskriterien. Dies bedeutet, dass der Vermögenswert so zu bewerten ist, als ob er in einem Asset Deal akquiriert worden wäre und somit steuerwirksam abgeschrieben werden könnte. Entsprechend ist der Tax Amortisation Benefit des vollen Kauf-preises – übereinstimmend mit der relevanten Steuergesetzgebung – dem Wert des Vermögensgegenstands zuzuschlagen. Ob das betreffende Un-ternehmen diesen Tax Benefit wirklich ausnützen kann, ist irrelevant.

Im Beispiel der Übernahme der Target AG wurden, wie in Abschnitt 2.3.2 erwähnt, drei immaterielle Vermögenswerte identifiziert, welche die Bilanzierungskriterien nach IAS 38 erfüllen. Die Bewertung führt zu den in Abbildung 7 gezeigten Resultaten.

•••

Vettiger_Hirzel.indd 90Vettiger_Hirzel.indd 90 02.03.2009 15:37:5402.03.2009 15:37:54

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 91

Intangible AssetBewertungs-ansatz Bemerkungen

Resultie-render Wert (inkl. Tax Amorti-sation Benefit)

Kunden-beziehungen

Residual Income

Berücksichtigung einer Contributory Asset Charge RateBewertung basierend auf 60% des UmsatzesAnwendung durchschnittlicher MargenSchätzung der Nutzungsdauer auf-grund Abnahmeverträge auf 10 Jahre

1500

Handelsmarke Relief from Royalty

Anwendung der Royalty Rate auf gesamten UmsatzUnbestimmte Nutzungsdauer

1000

Software Cost Approach

Schätzung der Wiederentwicklungs-kostenSchätzung Nutzungsdauer auf 5 Jahre

500

Totalwert der neu identifizierten Intangible Assets 3000

Abbildung 7: Übersicht zur Bewertung immaterieller Vermögenswerte bei der Target AG

2.3.4 Berechnung des Goodwills

Der letzte Schritt im Rahmen der eigentlichen PPA ist die Berechnung des Goodwills. IFRS 3 definiert Goodwill als «zukünftiger Nutzen, der aus Vermögenswerten resultiert, die nicht individuell identifiziert und separat erfasst werden können»8. Der Goodwill wird als immaterieller Vermögens-wert mit unbestimmter Nutzungsdauer interpretiert, der das zukünftige Ertragspotenzial sämtlicher nicht identifizierbarer bzw. gesondert bilan-zierbarer, immaterieller Vermögenswerte beinhaltet. Dem Goodwill zuge-rechnet wird beispielsweise der Mitarbeiterstamm, da dieser das Separier-barkeitskriterium nicht erfüllt. Der Mitarbeiterstamm ist nicht vom Unternehmen abtrennbar, womit die Definitionskriterien für immaterielle Vermögenswerte nicht vollständig erfüllt sind und ein separater Ausweis verunmöglicht wird. Weitere Elemente, die hinter einer positiven (aktiv-seitigen) Goodwillgrösse stehen können, sind das «Going Concern»-Ele-ment des Target, Synergien mit dem Käufer, ein aufgebautes Arbeitskräfte-potenzial oder ein möglicherweise zu hoher Kaufpreis.

8 Vgl. IFRS 3, Appendix A.

Vettiger_Hirzel.indd 91Vettiger_Hirzel.indd 91 02.03.2009 15:37:5402.03.2009 15:37:54

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen92

Der Goodwill kann entsprechend dem Gesagten nicht direkt berechnet werden. Vielmehr ergibt sich dieser als Residualgrösse aus dem Er-werbspreis für das Target und dem Fair Value aller Nettoaktiven zum Erwerbszeitpunkt.

Je nach Transaktionsstruktur – Asset Deal oder Share Deal – sind auf den neu aktivierten immateriellen Vermögenswerten Rückstellungen für latente Steuern zu bilden. Bei einem Share Deal entstehen zeitliche Dif-ferenzen zwischen dem Wert des immateriellen Gutes nach IFRS und dessen Steuerwert. Dementsprechend gilt es, die latenten Steuerverbind-lichkeiten zu passivieren. Diese berechnen sich aus den neu aktivierten Intangible Assets, multipliziert mit dem relevanten Gewinnsteuersatz. Die Bildung einer latenten Steuerverbindlichkeit führt zu einer entspre-chenden Erhöhung des Goodwills. Auf dem Goodwill selbst sind, in An-lehnung an IAS 12, keine latenten Steuern zu bilden.9

Übersteigt der Fair Value der neu bewerteten Vermögenswerte und Ver-bindlichkeiten den Kaufpreis, so resultiert ein negativer (passivseitiger) Goodwill. In diesem Fall verlangt IFRS in einem ersten Schritt eine Überprüfung der Richtigkeit von Identifikation und Bewertung der über-nommenen Vermögenswerte bzw. Schulden. Verbleibt nach möglichen Bereinigungen ein negativer Goodwill, so ist dieser gemäss IFRS unmit-telbar erfolgswirksam zu verbuchen.

Ein positiver (aktivseitiger) Goodwill muss innerhalb der definierten Cash Generating Units (CGU) eingegliedert werden. Eine CGU bzw. die Gruppe von CGUs ist die tiefste Einheit eines Unternehmens, auf der ein Goodwill intern überwacht und gesteuert wird. Der jährliche Impair-ment-Test des Goodwills wird basierend auf diesen CGUs durchgeführt. Sind mehrere CGUs von einer Akquisition betroffen, so wird der Good-will anhand eines Verteilschlüssels, beispielsweise proportional zum EBITDA, auf die CGU alloziert.10

Gemäss aktueller Praxis wird trotz der entgegengesetzten Absicht von IFRS 3 mit durchschnittlich 53% immer noch ein sehr hoher Anteil des Akquisitionspreises als Goodwill ausgewiesen, wobei der Anteil zwischen

9 Vgl. IAS 12.21.

10 Vgl. Heyd/Lutz-Ingold (2005), S. 168 f.

Vettiger_Hirzel.indd 92Vettiger_Hirzel.indd 92 02.03.2009 15:37:5402.03.2009 15:37:54

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 93

verschiedenen Branchen stark variiert. Bei PPAs in der Financial- Services-Industrie werden durchschnittlich nur 16 Prozent des Kaufpreises dem Goodwill zugewiesen, wogegen in der Unterhaltungs- & Medienbranche über 67 Prozent des Kaufpreises noch als Goodwill ausgewiesen wer-den.11 Die These, dass mit zunehmender Erfahrung der Rechnungsprüfer der Anteil des Goodwills abnimmt, kann nicht erhärtet werden. Unter-suchungen von US-Gesellschaften, die den zu IFRS 3 analogen Standard SFAS 141 seit 2002 anwenden müssen, haben Folgendes ergeben: Der Anteil des Goodwills bewegte sich in den letzten fünf Jahren jeweils zwi-schen 48 Prozent und 53 Prozent, und eine abnehmende Tendenz liess sich nicht feststellen.12

Bei der im Beispiel gezeigten Übernahme der Target AG müssen auf den immateriellen Vermögenswerten latente Steuern gebildet werden (ange-nommener Steuersatz: 25 Prozent), was zu einer Erhöhung des Goodwills auf total CHF 3,25 Mio. führt (vgl. Abbildung 8):

Fair Value der Target AG

UV1000

AV4000

FK2500

EK2500

Fair Value der Target AG (neu)

EK8000

UV1000

AV4000

FK2500

Int. Assets

Lat. St. 750

3000

Kaufpreis EK 8000

– Net Asset Value 2500

– Intangible Assets 3000

+ Latente Steuern 750

= Goodwill 3250

Goodwill3250

Abbildung 8: Beispiel: Bestimmung Goodwill

2.4 DisclosuresMit der Anwendung von IFRS 3 sind diverse Veröffentlichungspflichten im Geschäftsabschluss verbunden. Die wichtigsten Bestimmungen wer-den nachfolgend erläutert und die konkrete Ausgestaltung an einem prak-tischen Beispiel aufgezeigt (vgl. Abbildung 9).

11 Vgl. PwC (2007), S. 36 ff.

12 Intangible Business (2007), S. 6.

Vettiger_Hirzel.indd 93Vettiger_Hirzel.indd 93 02.03.2009 15:37:5402.03.2009 15:37:54

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen94

Ein Erwerber hat Informationen offen zu legen, die es dem Abschlus s-adressaten ermöglichen, die finanziellen Auswirkungen der Unterneh-menszusammenschlüsse zu beurteilen. Die umfangreichen Informa-tionspflichten umfassen insbesondere folgende Angaben:

Namen und Beschreibung der zusammengeschlossenen Unternehmen.

Zeitpunkt des Unternehmenserwerbs.

Prozentsatz der erworbenen Eigenkapitalinstrumente.

Kaufpreis des Zusammenschlusses in Verbindung mit einer Beschrei-bung der Komponenten des Kaufpreises.

Die angesetzten Vermögenswerte, Schulden und Eventualverbindlich-keiten des übernommenen Unternehmens zum Erwerbszeitpunkt und die entsprechenden IFRS-Buchwerte vor dem Zusammenschluss.

Ein allfällig erfolgswirksam erfasster negativer Goodwill.

Gewinn oder Verlust des erworbenen Unternehmens seit dem Er-werbszeitpunkt, der im Konzernergebnis des Erwerbers enthalten ist.

Umsatz sowie Gewinn oder Verlust des zusammengeschlossenen Unternehmens unter der Annahme, dass der Zusammenschluss am Anfang der Berichtsperiode erfolgt wäre.

Angaben, durch die ein Abschlussadressat die finanziellen Auswir-kungen von Anpassungen beurteilen kann, die in der laufenden Be-richtsperiode erfasst wurden und sich auf Unternehmenszusammen-schlüsse der laufenden Periode oder früherer Perioden beziehen.

Details zu Änderungen im Goodwill während der Berichtsperiode, weshalb eine Überleitungsrechnung verlangt wird, die den Bruttobe-trag von Goodwill und kumulierten Wertminderungen zu Beginn der Periode und am Ende der Periode aufzeigt. Die Veränderungen wäh-rend der Periode sind separat offen zu legen, jeweils für Goodwill aus Neuakquisitionen, für Nettoumrechnungsdifferenzen gemäss IAS 21 und Goodwillwertminderungen gemäss IAS 36.

Bei den im Rahmen der PPA identifizierten immateriellen Vermögens-werten (z.B. Markenrechte) sind im Geschäftsabschluss auch die Anga-bevorschriften von IAS 38 zwingend zu erfüllen.

••••

••

Vettiger_Hirzel.indd 94Vettiger_Hirzel.indd 94 02.03.2009 15:37:5402.03.2009 15:37:54

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 95

Auszug aus dem Geschäftsbericht der AFG Arbonia- Forster-Group 2007, S. 112 f:

Mit Kontrollübernahme per 1.1.2007 hat die AFG 100% der STI Surface Technolo-gies International Holding AG, mit Sitz in CH-9323 Steinach SG, vom Verwaltungs-präsidenten und Mehrheitsaktionär der AFG Arbonia-Forster-Holding AG, Dr. Edgar Oehler, übernommen. Der Kaufpreis beträgt CHF 62 Mio. Zusätzlich werden bei Er-reichung von gewissen vereinbarten Zielen bis ins Jahr 2011 CHF 24,8 Mio. fällig. Da zum heutigen Zeitpunkt davon ausgegangen wird, dass diese Ziele erreicht werden, wurde der aufgeschobene zusätzliche Kaufpreis im Akquisitionspreis zum Zeitwert mitberücksichtigt. Der im Halbjahresabschluss 2007 ausgewiesene abdiskontierte zusätzliche Kaufpreis wurde im 2. Semester 2007 um CHF 2,4 Mio. gegen Goodwill erhöht, da im Nachgang erkennbar wurde, dass sich im ursprünglich verwendeten Diskontierungssatz nicht die für die AFG realistischen Marktgegebenheiten wider-spiegelten.

Ab dem Zeitpunkt der Kontrollübernahme hat die STI Group für die Berichts periode einen Nettoumsatz von CHF 95,2 Mio. und einen Verlust von CHF 0,4 Mio. zum Kon-zern beigesteuert. AFG behandelt diesen Zusammenschluss von Unternehmen unter gemeinsamer Beherrschung in Übereinstimmung mit IFRS 3 «Unternehmenszusam-menschlüsse».

in TCHF Übernommene Buchwerte

Fair Value

Umlaufvermögen 19 805 19 647

Anlagevermögen 89 425 82 877

Immaterielle Anlagen 3 005 34 158

Total Verbindlichkeiten (inkl. latente Steuern) –82 692 91 116

Erworbene Nettoaktiven mit Minderheitsanteilen 29 543 45 566

Minderheitsanteile –716 –671

Erworbene Nettoaktiven 28 827 44 895

Goodwill 38 593

Akquisitionspreis 83 488

Earn-out-Zahlungen (abdiskontiert) 21 488

Kaufpreis 62 000

Übernommene flüssige Mittel –2 877

Nettogeldabfluss 59 123

Abbildung 9: Angabepflichten von IFRS 3 am konkreten Beispiel der AFG Arbo-nia-Forster-Group; Informationen gemäss Geschäftsbericht 2007 der AFG Arbonia-Forster-Group

Vettiger_Hirzel.indd 95Vettiger_Hirzel.indd 95 02.03.2009 15:37:5402.03.2009 15:37:54

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen96

3. Goodwill Impairment3.1 Grundkonzept des Impairment-TestsDer im Rahmen einer Business Combination entstandene Goodwill sowie alle anderen immateriellen Vermögenswerte ohne bestimmbare Nut-zungsdauer sind in Anlehnung an IAS 36 jährlich und an jedem Stichtag bei Vorliegen bestimmter Kriterien (Triggering Events) auf ihre Werthal-tigkeit hin zu überprüfen. Beim Goodwill-Impairment-Test ist in einem ersten Schritt die Cash Generating Unit zu definieren, auf welche der Impairment-Test anzuwenden ist. In einem nächsten Schritt wird der so genannte Recoverable Amount bestimmt, welcher den Marktwert der zu bewertenden Einheit repräsentieren soll. Dieser wird dem Carrying Amount, d.h. dem Buchwert, gegenübergestellt. Unterschreitet der Re-coverable Amount den Carrying Amount, ist die Differenz erfolgswirksam als Impairment-Verlust zu verbuchen. Abbildung 10 fasst die Grundkon-zeption des Impairment-Tests zusammen.

De�inition Cash Generating Unit

Bestimmung Recoverable Amount (RA)

Bestimmung Carrying Amount (CA)

Impairment-Test

RACA RA

CA

Kein Impairment

Impairment

Abbildung 10: Grundkonzept des Impairment-Tests

IFRS erwähnt verschiedene Indikatoren, welche einen möglichen Im-pairment-Bedarf anzeigen. Dabei wird zwischen unternehmensexternen und -internen Indikatoren unterschieden:

Vettiger_Hirzel.indd 96Vettiger_Hirzel.indd 96 02.03.2009 15:37:5502.03.2009 15:37:55

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 97

Unternehmensextern

Der Buchwert der Nettoaktiven überschreitet die Marktkapitalisierung.

Zinsanstieg am Kapitalmarkt.

Negative Veränderungen in den technologischen, ökonomischen, rechtlichen oder marktspezifischen Rahmenbedingungen.

Unternehmensintern

Indikationen für einen physischen Schaden oder den vollständigen oder teilweisen Wegfall des Vermögenswerts.

Der Vermögenswert kann nicht mehr wie geplant verwendet werden.

Die Performance des Vermögenswerts bleibt hinter den Erwartungen zurück.

...

Im Fall, dass die unter einem Impairment-Test stehende Cash Genera-ting Unit (CGU) nicht vollständig im Besitz des akquirierten Unterneh-mens ist, muss der Minderheitsanteil beim Impairment-Test berücksich-tigt werden. Ergibt sich beim Impairment-Test ein Impairment-Bedarf, so ist dieser folgerichtig in einen Minderheits- und in einen Mehrheitsanteil aufzufächern.

3.2 Cash Generating UnitsIAS 36 legt fest, dass immaterielle Vermögenswerte mit einer un-bestimmten Nutzungsdauer, noch nicht für den Gebrauch verfügbare immaterielle Vermögenswerte sowie der Goodwill mindestens jährlich einem Impairment-Test zu unterziehen sind. Grundsätzlich ist dieser für jeden Vermögenswert einzeln durchzuführen. Da dem Goodwill die Cashflows nicht direkt zugeordnet werden können und eine Einzel-bewertung deshalb nicht möglich ist, muss eine andere Bewertungsebene definiert werden. Im Fall des Goodwills ist dies die CGU. Bei der CGU handelt es sich um die kleinste identifizierbare Gruppe von Vermögens-werten, welche von anderen Vermögenswerten bzw. Teilen davon unab-

•••

••

Vettiger_Hirzel.indd 97Vettiger_Hirzel.indd 97 02.03.2009 15:37:5502.03.2009 15:37:55

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen98

hängig Cashflows generiert.13 Eine CGU ist gemäss IAS 36 beispiels-weise wie folgt charakterisiert:

Produktlinie

Produktionsanlage

Geschäftsbereich

geografisches Gebiet

Segment14

Bei der Bestimmung der CGU sind nur diejenigen Cashflows bzw. deren Äquivalente relevant, welche der CGU von Drittparteien zufliessen. Existiert ein aktiver Markt für den von der relevanten CGU produzierten Output, ist die Einheit unabhängig vom Verwendungszweck als CGU zu behandeln. Bei einer internen Nutzung sind die in Zukunft erzielbaren Preise nach dem «arm’s length»-Prinzip zu schätzen. Interne Verrech-nungspreise dürfen nicht verwendet werden. Existieren dagegen keine Marktpreise, so kann der Unternehmensteil nicht unabhängig sein und die CGU ist umfassender zu definieren. Hauptdeterminanten für die Anzahl der CGUs sind primär der Grad der Diversifikation, die Hetero-genität der Geschäftsfelder sowie das Ausmass internationaler Opera-tionen. Weiter sind die im Unternehmen verwendeten Berichts- und Steuerungsinstrumente explizit im Standard als mögliches Abgrenzungs-kriterium aufgeführt. Die rechtliche Struktur ist gemäss IAS 36 kein Kriterium zur Abgrenzung der CGU. Die CGU ist von Periode zu Periode in konsis tenter Art und Weise zu definieren (Stetigkeitsgebot). Abwei-chungen in der Bestimmung der CGU sind zu begründen. Für diesen Fall bestehen ausserdem Ausweispflichten.

Die Bestimmung der CGU hat einen bedeutenden Einfluss auf die Gefahr möglicher zukünftiger Impairments. Tendenziell gilt, dass bei um-fassend definierten CGUs (beispielsweise ganze Segmente) allenfalls notwendig werdende Impairments einer CGU auf unterer Stufe (bei-spielsweise eine einzelne Produktlinie) durch Wertsteigerungen anderer

13 Vgl. IAS 36.6.

14 Untersuchungen betreffend die praktische Definition der CGU zeigen, dass die CGU-Bildung auf Seg-mentsstufe am weitesten verbreitet ist (in mehr als 50 Prozent der Fälle). Aber auch Produktlinien bzw. -gruppen sowie Regionen sind als Abgrenzungskriterien anzutreffen. Bei den Segmenten wird der Goodwill entweder auf der Ebene des Segments belassen oder aber (in den meisten Fällen) auf eine CGU direkt unterhalb des Segments alloziert (vgl. PWC [2007], S. 50).

•••••

Vettiger_Hirzel.indd 98Vettiger_Hirzel.indd 98 02.03.2009 15:37:5502.03.2009 15:37:55

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 99

CGUs wettgemacht werden können. Folglich tendieren Unternehmen eher zu einer breiten Definition der CGU, während die Adressaten der finanziellen Berichterstattung eine detailliertere Transparenz vorziehen. Die praktische Erfahrung zeigt zudem, dass je nach Revisionsstelle die praktizierte Definition der CGU unterschiedlich streng ausgelegt wird. Unternehmen tun gut daran, diese Diskussion aktiv mit ihrer Revisions-stelle zu führen, damit mögliche Handlungsspielräume nicht unnötig ver-geben werden.

3.3 Bestimmung Recoverable und Carrying AmountBeim Recoverable Amount handelt es sich um den grösseren Wert aus dem Fair Value less Costs to Sell und dem Value in Use. Der Fair Value less Costs to Sell ist grundsätzlich marktbezogen zu ermitteln. In diesem Sinn handelt es sich um einen durch Markttransaktionen konkretisierten, möglichst objektiven Verkaufswert. Im Gegensatz dazu widerspiegelt der Value in Use einen subjektiven Wert basierend auf einer Unternehmens-bewertung. IAS 36 enthält relativ detaillierte Bestimmungen, wie der Value in Use zu ermitteln ist. Diese beziehen sich in erster Linie auf die Herleitung der künftigen Free Cashflows sowie die Bestimmung der Diskontierungsrate bei der Bewertung. In der aktuellen Praxis wird der Recoverable Amount meistens mittels Value in Use bestimmt. Der Fair Value less Costs to Sell kann aufgrund beschränkter Informationen sowie der mangelnden Vergleichbarkeit nur selten als Grundlage herangezogen werden.15 In Abschnitt 3.4 wird im Detail auf die praktische Umsetzung eines Bewertungsmodells zur Bestimmung des Value in Use eingegangen.

Bei der Bestimmung des Carrying Amount (Buchwert) erfolgt keine Neubewertung der ausgewiesenen Vermögenswerte zum Fair Value im Zeitpunkt des Impairment-Tests. Es wird folglich auch kein impliziter Goodwill zum Zeitpunkt des Impairment-Tests ermittelt. Bei der Ermitt-lung des Carrying Amount ist darauf zu achten, dass einerseits die Min-derheitsanteile und andererseits auch die Allokation des Goodwills kor-rekt berücksichtigt werden. Was den zweiten Aspekt betrifft, so kann Goodwill entweder auf Holding-Stufe oder in der Bilanz der übernom-

15 Gemäss der Studie von PwC berechnen 68% der untersuchten Unternehmungen ausschliesslich den Value in Use zur Ermittlung des Recoverable Amounts, 4 Prozent wenden ausschliesslich den An-satz Fair Value less Costs to Sell an (11 Prozent beide Ansätze, 17 Prozent keine Angaben), vgl. PwC (2007), S. 52.

Vettiger_Hirzel.indd 99Vettiger_Hirzel.indd 99 02.03.2009 15:37:5502.03.2009 15:37:55

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen100

menen Gesellschaft ausgewiesen werden, wobei Letzteres, das so ge-nannte Push-Down Accounting, von den Standard-Settern aufgrund der höheren Transparenz bevorzugt wird. Schliesslich muss der Carrying Amount konsistent zur Bestimmung des Recoverable Amount ermittelt werden. Werden beispielsweise Mieterträge aus Liegenschaften in der Bewertung des Recoverable Amount als nicht operativ klassiert und dementsprechend nicht berücksichtigt, dürfen die entsprechenden Bilanzpositionen auch nicht Teil des Carrying Amount sein.

3.4 Praktische Umsetzung eines Impairment-Modells

Wie erwähnt, wird der Recoverable Amount in den meisten Fällen an-hand des Value in Use, d.h. mit Hilfe einer Unternehmensbewertung, bestimmt. Dem Modell zur Bestimmung des Unternehmenswerts kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. Auf der einen Seite gilt es, den aus-führlichen Bestimmungen von IAS 36 hinsichtlich Berechnung des Value in Use resp. der einzelnen Bewertungsparameter Rechnung zu tragen. Auf der anderen Seite muss das Modell auf die unternehmensspezi-fischen Gegebenheiten abgestimmt sein und eine modelltechnisch konsistente und effiziente Durchführung der jährlichen Impairment-Tests erlauben.

Basierend auf den Bestimmungen von IAS 36 wird der Value in Use nach dem Discounted-Cashflow-Ansatz berechnet. Weiter ist die Bewertung auf einer Vorsteuerbasis vorzunehmen, und zwar einheitlich sowohl auf Stufe Cashflow als auch beim Diskontierungssatz. Die Bewertung hat zudem auf der Lokalwährung und unter Verwendung eines lokalen Kapitalkostensatzes zu basieren. Der so ermittelte Wert ist schliesslich mit dem aktuellen Wechselkurs in die Basiswährung umzurechnen. Die praktische Erfahrung der Autoren zeigt, dass in den meisten Fällen ein Brutto-Bewertungsansatz angewandt wird. Dabei wird der Enterprise Value berechnet und dem Carrying Amount (brutto) inklusive Finanzver-bindlichkeiten gegenüberstellt.

Die Bestimmung des Enterprise Value besteht aus drei Hauptkomponen-ten, welche in Abbildung 11 dargestellt sind. In den folgenden Abschnitten wird auf die praktische Ausgestaltung dieser Komponenten eingegangen.

Vettiger_Hirzel.indd 100Vettiger_Hirzel.indd 100 02.03.2009 15:37:5502.03.2009 15:37:55

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 101

Enterprise Value(Value in Use)

Cash�lows Terminal Value

Diskontierung mit WACC

WACC -Modell

1

Cash�low-Modell

2Terminal-Value-

Modell

3

Carrying Amount

Impairment- Test

Abbildung 11: Bestimmung des Value in Use im Impairment-Test

3.4.1 WACC-Modell

Eine Schlüsselkomponente des Goodwill-Impairment-Modells ist die Bestimmung des Diskontierungssatzes. IAS 36 geht in Bezug auf die Bestimmung des Value in Use von einer Investorenperspektive aus und basiert vor diesem Hintergrund auf den bekannten Kapitalkosten- und Finance-Konzepten (Weighted Average Cost of Capital, CAPM) zur Diskontierung der künftigen Cashflows. Hierfür gilt es, die verschiedenen Risiken (u.a. Geschäfts-, Finanzierungs- und Länderrisiko) sowohl kon-zeptionell als auch in deren absoluter Höhe in plausibler Weise zu be-rücksichtigen. Für Unternehmen mit mehreren Geschäftsbereichen und Aktivitäten in verschiedenen Ländern bedeutet dies, dass eine Kapitalkos-tenmatrix zu erstellen ist, die den geschäftsbereichsspezifischen Risiko-unterschieden und den Zinsdifferenzen zwischen verschiedenen Wäh-rungen resp. Ländern Rechnung trägt. In diesem Zusammenhang besteht vor allem die Gefahr, dass das Länderrisiko falsch eingeschätzt wird.

Eine zentrale Forderung von IAS 36 hinsichtlich Kapitalkosten liegt darin, dass diese auf aktuellen Gegebenheiten basieren sollen. Ein Unterneh-men muss somit die im Impairment-Modell zugrunde gelegten Kapital-kosten jährlich überprüfen und wenn nötig an die aktuellen Verhältnisse (z.B. Zinsniveau) anpassen. In der praktischen Umsetzung wird oftmals eine standardisierte Update-Prozedur definiert, welche die einzelnen Parameter des Kapitalkostensatzes nach genau definierten Richtlinien

Vettiger_Hirzel.indd 101Vettiger_Hirzel.indd 101 02.03.2009 15:37:5502.03.2009 15:37:55

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen102

überprüft und nötigenfalls anpasst. Ein solcher Standardprozess erlaubt eine effiziente Überprüfung der Kapitalkosten und gibt dem Unterneh-men eine gewisse Sicherheit, dass sich die Kapitalkosten in vordefinierten Bandbreiten bewegen und nicht zu starken Volatilitäten ausgesetzt sind.

IAS 36 schreibt grundsätzlich vor, dass sowohl die Cashflows als auch die Kapitalkosten vor Gewinnsteuern zu berechnen sind. Ist dies beim Cash-flow noch einfach umsetzbar, so kann man den WACC vor Steuern auf-grund von fehlenden Marktdaten nicht direkt bestimmen. In den «Basis for Conclusions» von IAS 36 hält der Standard Setter jedoch fest, dass eine Bewertung vor Steuern unter Anwendung eines Kapitalkostensatzes vor Steuern und eine Bewertung nach Steuern in Verbindung mit einem Kapitalkostensatz nach Steuern zum gleichen Resultat führt. Demzufolge wird in der praktischen Umsetzung eines Impairment-Modells der Value in Use in einem ersten Schritt basierend auf einem «nach Steuern»-Kon-zept unter Anwendung eines WACC nach Steuern berechnet. In einem zweiten Schritt wird unter Berücksichtigung des Bewertungsresultats der WACC vor Steuern in einem iterativen Prozess bestimmt.

Abschliessend gilt es festzuhalten, dass die in Anlehnung an IAS 36 fest-gelegten Kapitalkosten in einem Unternehmen nicht isoliert betrachtet werden sollten. Vielmehr gilt es, ein ganzheitliches Kapitalkostenkonzept zu erarbeiten, welches die verschiedenen Anwendungsbereiche der Kapi-talkosten im Unternehmen zusammenführt. Durch einen integrierten Ansatz können die einzelnen Kapitalkostenbereiche logisch ineinander überführt werden, und es wird sichergestellt, dass die verschiedenen Ka-pitalkostenkomponenten (z.B. Risikofaktoren) konsistent in die Berech-nungen einfliessen. Bezogen auf einen Akquisitionsprozess bedeutet dies, dass die verwendeten Kapitalkostensätze für die Bewertung des Zielun-ternehmens, für die finanzielle Führung nach der Integration und schliesslich für die jährlich vorzunehmenden Impairment-Tests aufeinan-der abgestimmt sein müssen (vgl. dazu Abbildung 12).

Vettiger_Hirzel.indd 102Vettiger_Hirzel.indd 102 02.03.2009 15:37:5602.03.2009 15:37:56

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 103

Wertorientierte Führung

AkquisitionenCAPEX

Impairment-Test(IAS 36)

Kapitalkosten

Performancemessung (Economic Pro�it)Interne Bewertungen

Langfristige OrientierungStabilität über die Zeit

Unternehmensbewertungen Bewertungen von Investitionsvorhaben

Langfristige OrientierungStabile RisikoparameterBerücksichtigung allfälliger Management Target Premiums

Bewertung Werthaltigkeit von Goodwill und Intangible Assets mit unbestimmter Laufzeit

Bestimmung der Kapitalkosten in Anlehnung an IAS 36Berücksichtigung aktueller Gegebenheiten

Abbildung 12: Integrales Gesamtkapitalkostenkonzept

3.4.2 Cashflow-Modell

IAS 36 formuliert verschiedene Anforderungen an das Cashflow- Modell. Die zur Bewertung verwendeten Cashflow-Projektionen haben auf ver-nünftigen und begründbaren Annahmen zu basieren und sollten auf der Basis eines Management’s Best Estimate ermittelt werden. Falls möglich, ist auf externe Evidenz abzustützen. Die Unternehmensplanungen haben in der Regel einen Horizont von drei bis fünf Jahren, wobei gemäss IAS 36 der Zeitraum der Detailplanung fünf Jahre nicht überschreiten sollte. Weiter sind zukünftige Cashflows in jener Währung zu schätzen, in wel-cher sie auch effektiv anfallen. Dementsprechend hat die Bewertung in Lokalwährung und unter Verwendung eines lokalen Kapitalkostensatzes zu erfolgen. Der so ermittelte Wert ist anschliessend mit dem aktuellen Wechselkurs in die Basiswährung umzurechnen. Die Infla tionskomponente muss sowohl im Cashflow als auch im Kapitalkostensatz korrekt berück-sichtigt werden. Eine korrekte Handhabung der Inflation ist insbeson-dere bei international ausgerichteten Unternehmen mit Standorten in Hochinflationsländern entscheidend. Werden hier die Cashflows in nominellen, durch die Inflation erhöhten Werten geplant, müssen die zu-grunde gelegten Inflationsraten unbedingt konsistent zu der im Kapital-kostensatz widerspiegelten Inflation angenommen werden.

Vettiger_Hirzel.indd 103Vettiger_Hirzel.indd 103 02.03.2009 15:37:5602.03.2009 15:37:56

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen104

Bei der Schätzung der zukünftigen (Free) Cashflows ist gemäss IAS 36 vom aktuellen Vermögenswert auszugehen. Dementsprechend sind neben den Cashflows aus der fortgesetzten Nutzung auch allfällige Ersatzinves-titionen zwecks Erhaltung der produktiven Nutzbarkeit des Vermögens-werts zu berücksichtigen. Explizit ausgeschlossen sind dagegen Cash-flows späterer Restrukturierungen, Erweiterungsinvestitionen oder auch Finanzierungsaktivitäten (Anwendung des Entity Approach).

3.4.3 Terminal-Value-Modell

Auch an das Modell zur Berechnung des Terminal Value (Restwert) stellt IAS 36 verschiedene Anforderungen. Aufgrund der Tatsache, dass detail-lierte finanzielle Forecasts bzw. Budgets im Normalfall nur für einen Zeit-raum von zumeist drei bis fünf Jahren vorliegen, ist die Detailperiode auf maximal fünf Jahre beschränkt. Anschliessend ist der Terminal Value basierend auf einem konsistenten Modell zu ermitteln. Im Rahmen der Terminal-Value-Bestimmung kommt der langfristigen Wachstumsrate zentrale Bedeutung zu. Entsprechend stellt der Standard die Anforde-rung, dass die im Restwert unterstellten Wachstumsraten auf der Detail-planung basieren und generell konstant oder abnehmend sein sollen. Dies wird damit begründet, dass in stark wachsenden Branchen zusätz-liche Konkurrenz angezogen wird und die langfristigen Wachstumserwar-tungen demensprechend negativ beeinflusst werden. Als Orientierungs-grössen für langfristige Wachstumsraten wird auch auf den Durchschnitt der jeweiligen Produkte, Märkte, Branchen oder Länder hingewiesen. Bei der Behandlung der Inflation ist auch hier auf die inhaltliche Konsis-tenz mit dem verwendeten Kapitalkostenkonzept zu achten.

In der praktischen Umsetzung eines Terminal-Value-Modells ist es neben der Einhaltung der Vorschriften von IAS 36 entscheidend, ein Modell anzuwenden, das den spezifischen Gegebenheiten des Unternehmens Rechnung trägt. Diese können die Bestimmung des nachhaltigen Cash-flow-Niveaus und die Bestimmung von ewigen Wachstumsraten in Ver-bindung mit Wachstumsinvestitionen betreffen, oder es wird ein ver-feinertes Modell mit verschiedenen Planungphasen zugrunde gelegt. Da die Bestimmung eines Restwerts und demzufolge auch ein Teil des resul-tierenden Unternehmenswerts von wenigen Inputparametern abhängt, sollte das Terminal-Value-Modell routinemässig durch Sensitivitätsanaly-sen ergänzt werden.

Vettiger_Hirzel.indd 104Vettiger_Hirzel.indd 104 02.03.2009 15:37:5602.03.2009 15:37:56

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 105

3.5 DisclosureMit IAS 36 sind auch Angabepflichten im Geschäftsabschluss verbun-den. Die wichtigsten Angabevorschriften werden nachfolgend zusam-mengefasst und deren konkrete Ausgestaltung an einem Beispiel aufge-zeigt (vgl. Abbildung 13). Ein Unternehmen hat für jede Gruppe von CGUs Informationen offen zu legen, bei welcher der Buchwert des Goodwills signifikant ist im Vergleich zum Buchwert des Goodwills des Gesamtunternehmens. Bei Anwendung der Nutzwertmethode zur Ermittlung des Recoverable Amount umfassen die Informationspflichten insbesondere folgende Angaben:

Buchwert des Goodwills für die CGU.

Methode, mit welcher der Recoverable Amount ermittelt wurde.

Beschreibung der wesentlichen Annahmen, auf der das Management seine Cashflow-Planung basiert.

Planungshorizont, und falls dieser mehr als 5 Jahre beträgt, eine Be-gründung für die Wahl des längeren Zeitraums.

Wachstumsrate im Terminal Value.

Falls die verwendete Wachstumsrate die langfristige durchschnitt-liche Wachstumsrate der Branche übersteigt, eine Begründung für die höhere Wachstumsrate.

•••

••

Vettiger_Hirzel.indd 105Vettiger_Hirzel.indd 105 02.03.2009 15:37:5602.03.2009 15:37:56

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen106

Auszug aus dem Geschäftsbericht der AFG Arbonia- Forster-Group 2007, S. 111 f:

Der aus Firmenzusammenschlüssen respektive übernommenen Geschäftseinheiten resultierende Goodwill verteilt sich auf die sechs Cash-Generating Units (CGU) Ego-Kiefer, Warendorfer Unternehmungen, Unterflurkonvektoren, Oberflächentechnolo-gie (STI Group), RWD Schlatter und Aqualux. Der durch die Akquisition der AFG Keu-kens Nederland B.V. 2006 entstandene Goodwill wurde der Cash-Generating Unit Warendorfer Unternehmungen zugeordnet. Die Impairment-Tests wurden aufgrund von Nutzwertberechnungen vorgenommen, welche auf den zukünftigen Cashflows über die nächsten fünf Jahre basieren. Die Cashflows nach den fünf Planjahren wur-den mittels einer ewigen Wachstumsrate extrapoliert. Die verwendeten Planzah-len sind Teil des vom Management genehmigten Konzern-Mehrjahresplans. In den Jahren 2007 und 2006 wurden keine Wertminderungen festgestellt. Basierend auf einer für möglich gehaltenen Änderung einer wesentlichen Annahme wurden bei den Sensitivitätsanalysen höhere Diskontsätze, tiefere EBITDAs und tiefere ewige Wachstumsraten verwendet, die ebenfalls zu keinen Impairments führten. Durch die Veränderung des Konsolidierungskreises nahm der Goodwill 2007 durch die drei getätigten Akquisitionen um CHF 69,9 Mio. zu. Durch die Veränderung des Konso-lidierungskreises nahm der Goodwill 2006 durch die zwei getätigten Akquisitionen um CHF 3,2 Mio. zu. Der Goodwill der Warendorfer Unternehmungen wurde im Vor-jahr um CHF 0,9 Mio. erhöht, da es aufgrund der erreichten Umsätze wahrscheinlich erscheint, dass eine zusätzliche Zahlung an den ehemaligen Eigentümer im Jahre 2009 fällig werden wird.

Die budgetierte Bruttomarge basiert auf den historischen Werten und auf der zukünftigen Markteinschätzung. Die Wachstumsrate für das ewige Wachstum basiert auf den allgemeinen Erwartungen in diesem Industriesektor. Der verwen-dete Diskontierungszinssatz ist vor Steuern berechnet und beinhaltet die spezi-fischen Risiken der entsprechenden CGU.

CGU Buchwert Goodwill

2007

BG-Marge Wachs-tums rate

WACC

Aqualux 23 221 35,8% 1,5% 11,5%STI Group 38 593 86,1% 1,5% 9,0%RWD Schlatter 8 100 50,5% 1,0% 9,2%Unterflurkonvektoren 1 501 50,3% 1,0% 10,4%Warendorfer Unternehmungen 6 774 66,3% 1,0% 15,6%EgoKiefer 33 158 62,3% 1,0% 9,3%

Abbildung 13: Angabepflichten von IAS 36 am Beispiel der AFG Arbonia-Forster-Group: Informationen gemäss Geschäftsbericht 2007 der AFG Arbonia-Forster-Group

Vettiger_Hirzel.indd 106Vettiger_Hirzel.indd 106 02.03.2009 15:37:5602.03.2009 15:37:56

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen 107

4. Zusammenfassung und FolgerungenMit der Einführung von IFRS 3 und der zeitgleichen Anpassung von IAS 36 und 38 wurde das bilanzielle Vorgehen bei M&A-Transaktionen sowie die Folgebewertung des Goodwills neu geregelt. Die nunmehr vorge-schriebene Purchase Price Allocation (PPA) zwingt den Käufer, den über den Fair Value der Net Assets hinausgehenden Kaufpreis auf neu zu iden-tifizierende immaterielle Vermögenswerte sowie Goodwill zu allozieren. Eine Neuregelung hat auch die bilanzielle Folgebehandlung des Good-wills erfahren. Dieser darf demnach nicht mehr jährlich abgeschrieben werden, sondern ist, wie immaterielle Vermögenswerte ohne bestimm-bare Nutzungsdauer, jährlich einem Impairment-Test zu unterziehen.

Obwohl die Verfahren zur Identifikation und Bewertung immaterieller Vermögenswerte in IFRS 3 und IAS 38 beschrieben werden, sind auf-grund der oftmals eingeschränkten Informationsgrundlage Interpreta-tionsspielräume vorhanden. Dadurch kann das Management Einfluss auf das Bilanzbild nehmen, was zwar den vom IASB gewünschten Effekt der erhöhten Transparenz verwässert, im Rahmen einer effizienten finan-ziellen Unternehmensführung aber als sinnvoll erachtet werden kann. Eine aktive Integrierung der PPA in den M&A-Prozess sowie frühzeitige Überlegungen zur PPA-Strategie sind deshalb zu empfehlen. Mit einer solchen ganzheitlichen Umsetzung des M&A-Prozesses, bei welchem auch Überlegungen zu künftigen Impairment-Tests schon zum Akquisi-tionszeitpunkt einfliessen sollten, können unerwünschte Folgen, wie etwa ein Impairment-Verlust mit damit verbundener Gewinnvolatilität und negativer Publizität, reduziert werden.

Bei der Bewertung der immateriellen Güter sowie des Value in Use im Rahmen des Impairment-Tests sind die Bestimmung der spezifischen Be-wertungsparameter sowie die modelltechnische Umsetzung mit einigen Herausforderungen verbunden. Bezüglich der spezifischen Bewertungs-parameter sind beispielsweise die zu verwendenden Kapitalkosten als relevante Diskontierungsrate zu nennen. Es gilt, ein unternehmensweit einsetzbares und integriertes Kapitalkostenkonzept zu entwickeln, welches den verschiedenen Anwendungsgebieten der Kapitalkosten (Akquisitionsbeurteilung, CAPEX-Bewertungen, wertorientierte Füh-rung, Impairment-Test nach IAS 36) Rechnung trägt.

Vettiger_Hirzel.indd 107Vettiger_Hirzel.indd 107 02.03.2009 15:37:5602.03.2009 15:37:56

Praktische Umsetzung der IFRS-Richtlinien zu Unternehmenskäufen108

Abschliessend kann festgehalten werden, dass sowohl die Purchase Price Allocation als auch der Impairment-Test nicht isoliert behandelt werden können, sondern im Sinne einer integrierten, ganzheitlichen Betrachtung des Akquisitionsprozesses umzusetzen sind.

LiteraturFiechter, P./Meyer, C. (2008): Full Goodwill Accounting – Umstrittene Behandlung des Goodwills, in: Der Schweizer Treuhänder 4/2008, S. 215 ff.

Intangible Business (2007): SFAS 141: The First 5 Years – The S&P 100’s Reporting of Acquired Intangibles Assets 2002–2007.

Heyd, R./Lutz-Ingold, M. (2005): Immaterielle Vermögenswerte und Goodwill nach IFRS, Verlag Franz Vahlen, München 2005.

PwC (PricewaterhouseCoopers) (2007): Making Acquisitions Trans-parent – An Evaluation of M&A Related IFRS Disclosures by European Companies in 2005, London 2007.

Vettiger_Hirzel.indd 108Vettiger_Hirzel.indd 108 02.03.2009 15:37:5702.03.2009 15:37:57