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Holz als Roh- und Werkstoff 51 (1993) 73- 74 © Springer-Verlag 1993 Wiirdigung Professor Dr. Hanno Sachsse zum 65. Geburtstag Wenn in diesen Jahren die Generation der Nachkriegs- professoren aus den akademischen Pfl.ichten in For- schung und Lehre zuriicktritt, so gilt dies in Sonderheit fiir die Vertreter der Forstbenutzung im engeren Sinne. An allen deutschsprachigen Universitaten iiberlassenjene Kollegen, die ihr Studium erst unter den Erschwernissen der unmittelbaren Nachkriegszeit aufnehmen konnten und ihre akademischen Bewahrungsproben oft unter besonders ungiinstigen auBeren Bedingungen zu bestehen batten, ihre Lehrstiihle einer jiingeren Generation. Zu diesen alteren zahlt aucb der Gottinger Univ. Professor Dr. H. Hanno Sachsse, dessen auBere Jugendlichkeit der Nachzahlung seiner Jahresringe zu spotten scheint. An- dererseits hat gerade er den Fortschritt der Biologischen Holzforschung wie Rohholzforschung in den letzten vier Jahrzehnten besonders nachdriicklich beeinfluBt. Hildebrand Hanno Sacbsse wurde am 21. 10. 1927 in Dresden geboren, und zwar als 2. Kind des damaligen Staatlichen Oberforsters und spateren verdienstvollen Tharandter Ordinarius fiir Forstliche Bodenkunde und Standortlehre Hans Friedrich Sachsse. N ach dem Besuch der Volksschule in Naunhof und Hainsberg trat er 1938 in das traditionsreiche humanistische Vitzthum-Gym- nasium zu Dresden ein. Ungeachtet der weitgebenden Zerstorung der einst bliihenden sachsischen Hauptstadt hestand er dort im Friihjahr 1947 das Abitur und folgte der Berufswahl von Vater und Grol3vater. Nach 6- monatiger Tatigkeit als Waldarbeiter wurde er im Herbst des gleichen Jahres an der Forstlichen Fakultat der Technischen Hochschule Dresden zu Tbarandt imma- trikuliert und erwarb dort vier Jahre spater das Hoch- schuldiplom. Examensergebnis wie offenkundige Interessen mach- ten den damaligen Fachvertreter der Forstbenutzung, den zu friih verstorbenen Prof. Dr. Erich Zieger, auf den jungen Dipl. F orstingenieur aufmerksam. So wurde Han- no Sachsse noch 1951 dessen Assistent, nach der Vergro- 13erung des Instituts 1954 sein Oberassistent. Bereits 1954 hatte Sachsse mit einer in Forschung wie Praxis beachte- I.Jolz als Rob- und ..£:Il Wel'kstofl' ten Dissertation iiber die Bedeutung der Schalwider- stande fiir die mechanische Entrindung von Fichtenbolz den Doktorgrad erworben. In der Arbeit an einer Habili- tationsschrift zur Methodik der Strukturpriifung von Holzern mit dem Nadelstichverfahren wurde er Opfer der mannigfachen Drangsalierungen durch den Staats- sicherheitsdienst der ehemaligen DDR, denen er sich schlieBlich nur durch iiberstiirzte Flucht nach West- Berlin entziehen konnte. Also stand er wie nicht wenige, die sich nicht unterkriegen lassen wollteh, vor einem Neuanfang mit ungewissem Ausgang. Heute darf gewi13 einmal taut dariiber nachgedacht werden, welchen wis- senschaftlichen Potentials sich die damaligen Macht- haber durch die Bespitzelung und Repression ihres aka- dernischen Nachwuchses beraubten. Wie wir wissen, war deren Antwort das Monstrum des Mauerbaus im Jahre 1961. Der Laureat stand auch in Westdeutschland, dessen Forschungseinrichtungen erst in den 60er und 70er Jahren grol3ziigiger ausgebaut wurden, nicht eben vor of- fenen Tiiren. Doch eroffnete ihm zunachst Hans Mayer- Wegelin, Ordinarius fiir Holzforschung an der Universi- tat Hamburg, Arbeitsmoglichkeiten an der Bundesfor- schungsanstalt zu Hamburg-Reinbek. Hanno Sachsse erhielt dort vor allem Gelegenheit, sich in die da- mals noch junge Transmissionselektronenrnikroskopie des Holzes hineinzufinden. Dies tater so erfolgreich, daB er kurze Zeit spater fiir den Betrieb des Reinbeker Gerats die Verantwortung iibertragen bekam. Die Reinbeker Zeit bescherte ihm indes auch privates Gluck. Der Ehe mit der ehemaligen Mitarbeiterin Hans Mayer-Wege.!ins Ursula Altgelt entsprangen seine Tochter Sabine und Maja. Als 1962 am Institut fiir Forstbenutzung der Universi- tat Gottingen eine neue wissenschaftliche Angestellten- stelle eingerichtet wurde, war Sachsse durch seine Ver- offentlichungen bereits so gut ausgewiesen, daB sie ihm angeboten wurde. Seit dem I. 10. 1962 gehort Hanna Sachsse zu den tragenden Saulen dieser Forschungsein- richtung. Sowohl ihre wissenschaftliche Entwicklung als auch den anstehenden Neubau am Sitz der Universitat hat er maBgeblich mitgestaltet. · Vor allem konnte er seine durch politische Zwange unterbrochene Laufbahn als Hochschullehrer erfolgreich fortsetzen. 1964 habilitierte er sich mit einer Schrift iiber Eigenschaften und Funktionsweise des Zugholzes der Laubbaume vor der Forstlichen Fakultat. Noch im gleichen Jahr ernannte ihn die Georgia Augusta zum Universitatsdozenten, nach der damals iiblichen An- standsfrist von 5 Jahren 1969 zum apl. Professor. Kurz vor der Verlegung des Instituts nach Gottingen wurde er (1970) zum Wissenschaftlichen Rat und Professorund damit zugleich zum Lebenszeitbeamten ernannt, wenig spater zum Universitatsprofessor. In den letzten 30 Jah- ren hat Hanna Sachsse mit hohem Sachverstand und gediegener Didaktik einer ganzen Generation von Forst- studenten die Grundlagen von Forstbenutzung, Sage- werkstechnik, Holztechnologie, mikroskopischer Tech- nologic und Rundholzsortierung vermittelt. 6 Dokto- randen und 40 Diplomanden leitete er mit der ibm eigenen mit Akribie gepaarten Begeisterungsfahigkeit an,

Professor Dr. Hanno Sachse zu 65. Geburtstag

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Page 1: Professor Dr. Hanno Sachse zu 65. Geburtstag

Holz als Roh- und Werkstoff 51 (1993) 73- 74 © Springer-Verlag 1993

Wiirdigung

Professor Dr. Hanno Sachsse zum 65. Geburtstag

Wenn in diesen Jahren die Generation der Nachkriegs­professoren aus den akademischen Pfl.ichten in For­schung und Lehre zuriicktritt, so gilt dies in Sonderheit fiir die Vertreter der Forstbenutzung im engeren Sinne. An allen deutschsprachigen Universitaten iiberlassenjene Kollegen, die ihr Studium erst unter den Erschwernissen der unmittelbaren Nachkriegszeit aufnehmen konnten und ihre akademischen Bewahrungsproben oft unter besonders ungiinstigen auBeren Bedingungen zu bestehen batten, ihre Lehrstiihle einer jiingeren Generation. Zu diesen alteren zahlt aucb der Gottinger Univ. Professor Dr. H. Hanno Sachsse, dessen auBere Jugendlichkeit der Nachzahlung seiner Jahresringe zu spotten scheint. An­dererseits hat gerade er den Fortschritt der Biologischen Holzforschung wie Rohholzforschung in den letzten vier Jahrzehnten besonders nachdriicklich beeinfluBt.

Hildebrand Hanno Sacbsse wurde am 21. 10. 1927 in Dresden geboren, und zwar als 2. Kind des damaligen Staatlichen Oberforsters und spateren verdienstvollen Tharandter Ordinarius fiir Forstliche Bodenkunde und Standortlehre Hans Friedrich Sachsse. N ach dem Besuch der Volksschule in Naunhof und Hainsberg trat er 1938 in das traditionsreiche humanistische Vitzthum-Gym­nasium zu Dresden ein. Ungeachtet der weitgebenden Zerstorung der einst bliihenden sachsischen Hauptstadt hestand er dort im Friihjahr 1947 das Abitur und folgte der Berufswahl von Vater und Grol3vater. Nach 6-monatiger Tatigkeit als Waldarbeiter wurde er im Herbst des gleichen Jahres an der Forstlichen Fakultat der Technischen Hochschule Dresden zu Tbarandt imma­trikuliert und erwarb dort vier Jahre spater das Hoch­schuldiplom.

Examensergebnis wie offenkundige Interessen mach­ten den damaligen Fachvertreter der Forstbenutzung, den zu friih verstorbenen Prof. Dr. Erich Zieger, auf den jungen Dipl. F orstingenieur aufmerksam. So wurde Han­no Sachsse noch 1951 dessen Assistent, nach der Vergro-13erung des Instituts 1954 sein Oberassistent. Bereits 1954 hatte Sachsse mit einer in Forschung wie Praxis beachte-

I.Jolz als Rob- und ..£:Il Wel'kstofl'

ten Dissertation iiber die Bedeutung der Schalwider­stande fiir die mechanische Entrindung von Fichtenbolz den Doktorgrad erworben. In der Arbeit an einer Habili­tationsschrift zur Methodik der Strukturpriifung von Holzern mit dem Nadelstichverfahren wurde er Opfer der mannigfachen Drangsalierungen durch den Staats­sicherheitsdienst der ehemaligen DDR, denen er sich schlieBlich nur durch iiberstiirzte Flucht nach West­Berlin entziehen konnte. Also stand er wie nicht wenige, die sich nicht unterkriegen lassen wollteh, vor einem Neuanfang mit ungewissem Ausgang. Heute darf gewi13 einmal taut dariiber nachgedacht werden, welchen wis­senschaftlichen Potentials sich die damaligen Macht­haber durch die Bespitzelung und Repression ihres aka­dernischen Nachwuchses beraubten. Wie wir wissen, war deren Antwort das Monstrum des Mauerbaus im Jahre 1961.

Der Laureat stand auch in Westdeutschland, dessen Forschungseinrichtungen erst in den 60er und 70er Jahren grol3ziigiger ausgebaut wurden, nicht eben vor of­fenen Tiiren. Doch eroffnete ihm zunachst Hans Mayer­Wegelin, Ordinarius fiir Holzforschung an der Universi­tat Hamburg, Arbeitsmoglichkeiten an der Bundesfor­schungsanstalt zu Hamburg-Reinbek. Hanno Sachsse erhielt dort vor allem Gelegenheit, sich in die da­mals noch junge Transmissionselektronenrnikroskopie des Holzes hineinzufinden. Dies tater so erfolgreich, daB er kurze Zeit spater fiir den Betrieb des Reinbeker Gerats die Verantwortung iibertragen bekam. Die Reinbeker Zeit bescherte ihm indes auch privates Gluck. Der Ehe mit der ehemaligen Mitarbeiterin Hans Mayer-Wege.!ins Ursula Altgelt entsprangen seine Tochter Sabine und Maja.

Als 1962 am Institut fiir Forstbenutzung der Universi­tat Gottingen eine neue wissenschaftliche Angestellten­stelle eingerichtet wurde, war Sachsse durch seine Ver­offentlichungen bereits so gut ausgewiesen, daB sie ihm angeboten wurde. Seit dem I. 10. 1962 gehort Hanna Sachsse zu den tragenden Saulen dieser Forschungsein­richtung. Sowohl ihre wissenschaftliche Entwicklung als auch den anstehenden Neubau am Sitz der Universitat hat er maBgeblich mitgestaltet. ·

Vor allem konnte er seine durch politische Zwange unterbrochene Laufbahn als Hochschullehrer erfolgreich fortsetzen. 1964 habilitierte er sich mit einer Schrift iiber Eigenschaften und Funktionsweise des Zugholzes der Laubbaume vor der Forstlichen Fakultat. Noch im gleichen Jahr ernannte ihn die Georgia Augusta zum Universitatsdozenten, nach der damals iiblichen An­standsfrist von 5 Jahren 1969 zum apl. Professor. Kurz vor der Verlegung des Instituts nach Gottingen wurde er (1970) zum Wissenschaftlichen Rat und Professorund damit zugleich zum Lebenszeitbeamten ernannt, wenig spater zum Universitatsprofessor. In den letzten 30 Jah­ren hat Hanna Sachsse mit hohem Sachverstand und gediegener Didaktik einer ganzen Generation von Forst­studenten die Grundlagen von Forstbenutzung, Sage­werkstechnik, Holztechnologie, mikroskopischer Tech­nologic und Rundholzsortierung vermittelt. 6 Dokto­randen und 40 Diplomanden leitete er mit der ibm eigenen mit Akribie gepaarten Begeisterungsfahigkeit an,

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manchen unter ihnen fiir den weiteren Lebensweg pra­gend.

Noch mehr aber hing sein Herz an der Forschung, die er durch iiber 100 Veroffentlichungen, 7 davon in Buchform, bereicherte. Jede von ihnen zeichnet sich durch hohe Qualitat und gediegene Form aus. Der wissenschaftliche Schnellschul3 war seine Sache nie. Da­fiir darf das, was er iiberwiegend allein, oft aber auch mit seinen Schiilern publizierte, mit langfristigem Bestand rechnen. Fachenge war und ist ihm stets fremd geblieben. So finden wir in seinem Oeuvre nicht nur die bereits angesprochenen Themen, sondern auch die Eigenschaf­ten und Verwertbarkeit zahlreicher in- und auslandischer Baurnarten, Fragen des Standorteinflusses auf die Holz­eigenschaften, der Reaktionsholzauspragung, der plan­mal3igen oder auJ3erplanrnaJ3igen Kernbildung, der na­tiirlichen wie kiinstlichen Astreinigung, der Einsatz­rnoglichkeiten mobiler Sagewerke, der Anomalie ver­schiedener Zellarten, der Dendrornetrie wie der Dendra­chronologie und Densitometrie kornpetent bearbeitet. Seine Studien iiber die linearanalytische Dichtebestirn­mung weisen Hanno Sachsse ebenso als Meister der Mikrotechnologie des Holzes aus, wie seine Arbeiten mit dem Raster- und Transmissionselektronenrnikroskop. Jede einzelne ist so gut, dal3 der Fachkollege neidlos wiinschte, sie selbst vollbracht zu haben.

Von untadeligern Wesen, aber zuri.ickhaltender Art, hat sich Hanno Sachsse nie urn die Aufmerksamkeit einer gr613eren 6ffentlichkeit berni.iht. Seine Verpflichtungen

in der akadernischen Selbstverwaltung hat er ebenso gewissenhaft wie erfolgreich erfiillt. Internationalen Kongressen hat er gerne seine Forschungsergebnisse, seltener dagegen seine Prasenz zur Verfiigung gestellt. Ehrungen wie die Berufung in die IA WS und andere angesehene Grernien haben ihn gefreut, die Lei tung eines privaten Holzforschungsinstituts wie auch den Ruf auf das zu seinern Institut gehorende Ordinariat hat er dagegen aus respektablen Grunden abgelehnt. Urn so mehr schatzen seine Kollegen seine unbedingte Verlal3-lichkeit, seine Freunde seinen unaufdringlichen Rat.

Was bleibt da noch zu wi.inschen? Gewi13 ein Fortwahren seiner Schaffenskraft und Gesundheit, sicher aber auch rnehr Mul3e fiir seine Farnilie und seine zahlreichen aul3erberuflichen Begabungen, sei es die Musik, die Photographie oder auch nur die Weitergabe eines geradezu enzyklopiidischen Wissens. Ob er wohl doch noch einmal das so dringend benotigte Handbuch der holzwissenschaftlichen Mikrotechnologie anginge, das wohl kein anderer gleichwertig abfassen konnte? Aber bereits fi.ir das schon Erreichte gilt Hanno Sachsse unser herzlicher Dank.

W. Knigge

(Eine Liste der Veroffentlichungen von Prof. Dr. H. H. Sachsse kann angefordert werden beim Institut fi.ir Forst­benutzung der Universitat Gottingen, Bi.isgenweg 4, W-3400 Gottingen).