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Programmheft € 2,- - oratorien-verein-es.de · daß C.P.E. Bach mit seinem kompositorischen Wirken auf vielen Feldern den größten Einfluß auf die Klassiker Haydn, Mozart und

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Carl Philipp Emanuel Bach (Mitte) im Gespräch mit Christoph Christian Sturm, Hauptpastor an St. Petri in Hamburg, und dem Zeichner Andreas Stöttrup.

Lavierte Federzeichnung, 1784 (Hamburg Kunsthalle). 2

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[Titelblatt mit allen Vokal- und Instrumentalsolisten]

Carl Philipp Emanuel Bach (1714 – 1788)

Passions-Musiknach dem Evangelisten Matthäus

für Soli, Chor und Orchester H 782, 1769

mit Musik von Johann Sebastian Bach – ERSTAUFFÜHRUNG –

Sonnhild Beyer – SopranEmily Sedlacek – Sopran/Alt

Christian Bauer – TenorSimon Amend – Bass

Michael Roman – Bass

Elisa Freier, Carolin Hecker – Magd 1, 2 Michael Roman – Hoherpriester Michael Blosen – Petrus

Hans Ulrich Wirth – Pilatus

Eveline Balz, Mathias Stelzer – Horn I, II Michael Bauer – Pauken

Annette Haberkern, Beate Däschler – Querflöte I, II Martina Hasenzahl, Nico Winandy – Oboe I, II

Oliver Hasenzahl, Anton Engelbach – Fagott, I, II Ulrike Dobmeier, Katrin Sailer – Violine I, II

Gerhardt Löffler – Viola Anna Ohlendorf-Kist – Violoncello

Ulrich Keller – Kontrabaß Peter Kranefoed – Orgel

Chor und Orchester des Oratorien-Vereins Esslingen Jörg Dobmeier – Leitung

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VOM BERLINER HOFCEMBALISTEN ZUM HAMBURGER KIRCHENMUSIKDIREKTORJ.S. Bachs zweitältester Sohn, Carl Philipp Emanuel (1714-1788), ist einer der bedeutendsten ›Clavieristen‹ seiner Zeit, hinterläßt als Cammercembalist am Preu-ßischen Hof Friedrich d.Gr. (1738-1768) in Potsdam und Berlin ein großes instru-mentales und vokales Erbe, bevor er sich erfolgreich um die Nachfolge seines Pa-tenonkels G.P. Telemann bewirbt, der 1767 in Hamburg verstirbt. Als Musikdirektor der fünf Hamburger Hauptkirchen und Kantor am Johanneum (Lateinschule) ist die Komposition von Kirchenmusik seine Hauptaufgabe. Es finden jährlich etwa 130 Aufführungen statt, außerdem wird Musik für besondere Anlässe erwartet.

Bach hat die Tradition fortzuführen (wie sein Vater in Leipzig), zur Fastenzeit eine Oratorische Passion in den fünf Hauptkirchen aufzuführen, im jährlichen Zyklus nach den vier Evangelisten, 21 Passionen sind überliefert. Sie werden nicht gedruckt, sind als ›Gebrauchsmusik‹ nur handschriftlich überliefert. Die starke Arbeitsbelastung minimiert Bach bei seinen Kompositionen durch Hereinnahme und Überarbeitung eigener Sätze/Werke oder solcher anderer Komponisten, sie werden musikalisch (vor allem in der Oper) als ›Pasticcio‹ (ital. Pastete) bezeichnet.

Über den Verbleib der Handschriften nach C.P.E. Bachs Tod sind wir durch sein Nachlaßverzeichnis unterrichtet. Der Autographensammler Georg Poelchau erwirbt u.a. die Passionen, sie gelangen ins Archiv der Singakademie zu Berlin und schließlich als Depositum in die Königliche Bibliothek zu Berlin.

Im Zweiten Weltkrieg werden besonders wertvolle Musikbestände dieser Bibliothek von dem durch Fliegerangriffe bedrohten Berlin 1943 ausgelagert in ›sichere‹ Orte, nach Schlesien ins Schloß Ullersdorf und in die Abtei Grüssau, ins Kloster Beuron und nach Marburg. Nach Kriegsende kommen die Bestände aus Beuron über die Universitäts-Bibliothek Tübingen nach West-Berlin (Dahlem), ebenso diejenigen aus Marburg. Nach dem Mauerfall werden die Bestände wieder vereinigt in der Musikabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Die aus der Abtei Grüssau haben die Polen in die Biblioteka Jagiel-lo ska nach Krakau verbracht, wo sie sich heute noch befinden, jedoch restauriert und zugänglich sind. Die Bestände im Schloß Ullersdorf (mit dem Archiv der Singakademie) bleiben weiterhin verschollen, bis sie 1999 von amerikanischen Musikwissenschaftlern in Kiew entdeckt werden, von den Sowjets damals ver-schleppt als ›Beutekunst‹. Es bedarf langer Verhandlungen, bis die – vorher ver-filmten – Bestände 2001 wieder in die Staatsbibliothek zu Berlin gelangen, insge-samt 5200 Werke, darunter auch der Nachlaß von C.P.E. Bach.

Erst danach kann die Planung für die Gesamtausgabe der Werke von C.P.E. Bach (eine Gemeinschafts-Edition amerikanischer und deutscher Institute, bereits 70 Bände liegen vor), vervollständigt werden. Der General Editor Ulrich Leisinger legt 2008 die Passions-Musik von 1769 erstmals gedruckt vor. Darauf fußend, druckt der Carus-Verlag in Kooperation das entsprechende Aufführungsmaterial. TEXTGRUNDLAGEN UND ORDNUNGSPRINZIPIENSchon ein flüchtiger Blick ins Textbuch läßt die Dreiheit von biblischen Texten, 4

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Kirchenliedtexten und freien Texten erkennen. Sie sind Grundlage der Oratori-schen Passionen und vielen Kantaten, die Philipp Emanuel von seinem Vater kennt. Allerdings beginnt die Matthäus-Passion von J.S. Bach bereits mit Matth 26, 1, der ›Vorbereitung zum Leiden‹, bei seinem Sohn erst mit Matth 26, 36 ›Jesu in Gethsemane‹. Folglich entfallen die fünf vorausgehenden »Szenen«: ›Letzte Lei-denankündigungen‹, ›Salbung in Bethanien‹, ›Verrat des Judas‹, ›Das heilige Abendmahl‹ und die ›Ankündigung der Verleugnung des Petrus‹. Wir erinnern uns, daß der Text zu J.S. Bachs Johannes-Passion noch eine Szene später ein-setzt, nämlich bei der ›Gefangennahme Jesu‹. – Zudem endet Philipp Emanuel bereits mit der Szene ›Kreuzigung und Tod Jesu‹, es entfallen ›Jesu Grablegung‹ und ›Bewachung des Grabes‹, Matth 27, 51-66 (d.h. der gesamte 5. Actus sepul-chrum der Bugenhagenschen Passionsharmonie). Jedoch schreibt A.L. Karsch in Satz 35 Accompagnato die ausgelassenen Begriffe ›Erdbeben‹ und ›Grab‹, eben-so ›Fürwahr, der sterbende ist Gottes Sohn gewesen!‹, der Satz wirkt wie ein »Tombeau« (Trauer-Musik), nur hier treten die Pauken (mit 2 Hörnern) auf!

Der dem Evangelisten (Erzähler) – traditionell einem Tenor, zugeteilte Text des Evangeliums vertont C.P.E. Bach in Secco-Rezitativen (nur Singstimme und Conti-nuo), andere Einzelsänger des Evangelientextes sind Jesus, Judas, zwei falsche Zeugen, Hoherpriester, Petrus, zwei Mägde und Pilatus, sie werden musikalisch in derselben Weise behandelt. Die direkte Rede von Gruppen innerhalb des Evangelien-textes, also: Volk, Hohenpriester, Älteste, Kriegsknechte, Schriftgelehrte, etliche, die andern werden Chören zugewiesen, i.d.R. vierstimmige gemischte Chöre –orchesterbegleitet, Volkschöre oder Turbae genannt (pl. Turbae = Schar, Haufe). Es gibt insgesamt 14 dieser Volkschöre, davon stammen zehn aus des Vaters Matthäus-Passion, einer ist bei August Homilius nachzuweisen, drei Quellen sind unbekannt.

Wie kommt Philipp Emanuel an diese Chöre, die erstmals 1830 in Berlin im Druck erscheinen? Aus dem Nekrolog von 1754 und dem Nachlaßverzeichnis von 1790 wissen wir, daß sich im Erbteil Philipp Emanuels u.a. die autographen Partituren der Messe h-Moll, der Passionen nach Matthäus und Johannes befin-det, außerdem im Druck eine Sammlung Choralgesänge (Friedrich Wilhelm Birnstiel-Ausgabe, 2 Bde. Berlin 1765/69. – Im weiter unten abgedruckten Libretto ist die Herkunft aller nicht von C.P.E. Bach stammenden Sätze angezeigt.

Wenden wir uns den Kirchenliedstrophen, den ›Chorälen‹ zu, alle acht sind als vierstimmiger Satz aus Vaters Hand, die Sätze 4, 16, 25 und 30 aus der Mat-thäus-Passion, die Sätze 1 und 36 aus der Johannes-Passion, Satz 12 aus Kantate BWV 153/ 5 und Satz 21 aus Kantate BWV 39/7 – beide aus Birnstiel, I:24 u. I:77, über dessen 2. Band C.P.E. Bach sich am 29.5.1769 öffentlich sehr abfällig äußert. Deshalb gibt er, zusammen mit J.P. Kirnberger, eine vierbändige Ausgabe bei J.G.I. Breitkopf in Leipzig 1784/85/86/87 zum Druck, die noch heute viel benutzt wird: »371 Choralsätze J.S. Bachs«.

Damals spricht man nicht von »Plagiat«, sondern Bachs Hamburg Kollege Johann Mattheson sagt: »Entlehnen ist eine erlaubte Sache; man muß aber das Entlehnte mit Zinsen erstatten«, (Vollkommener Kapellmeister, § 81, Hamburg 1739, S. 131).

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Die freien Texte, insgesamt 16 an der Zahl (Accompagnement, Aria, Arioso, Duett) – Satz 18 stammt aus der Feder des Literaturhistorikers Johann Joachim Eschenburg (1743-1820), die übrigen 15 hat die Dichterin Anna Louisa Karsch, geb. Dürrbach (1722-1791) verfaßt. Sie wird in Niederschlesien als Tochter eines Gastwirts geboren, der stirbt, als sie sechs Jahre alt ist. Lesen und Schreiben lernt sie vier Jahre lang bei einem Großonkel in Posen. Wieder zurückgekehrt, wird sie 16-jährig mit einem Tuchweber verheiratet, schlecht behandelt und beim dritten Kind geschieden. Mittellos heiratet sie auf Betreiben der Mutter den Schneider Karsch, der Alkoholiker ist. Mit Gelegenheitsgedichten und patriotischen Gesängen versucht sie, die Familie zu ernähren. Gerühmt wird ihr außerordentliches Improvi-sationstalent. Sie schreibt Gedichte auf Siege Friedrich II. im siebenjährigen Krieg, die nach Berlin gelangen, sie findet Beachtung bei J.G. Sulzer, C.W. Ramler, Moses Mendelssohn und G.E. Lessing, die sie fördern. Sie erhält eine Audienz bei König Friedrich II., der Dichter J.W.L. Gleim sorgt 1764 für die Veröffentlichung ihrer Gedichte. Sie soll eine der fleißigsten deutschen Briefschreiberinnen im 18. Jahr-hundert gewesen sein. U. Leisinger betont, der Text der Passions-Musik »spiegelt einen neuen, empfindsamen Geist wieder, der mehr die Menschennähe als die Gott-ähnlichkeit Jesu betont« (vgl. auch Bemerkungen in unserem Programmheft zur Aufführung von C.H. Graun, Der Tod Jesu, Berlin 1755 vom 13.4.2014). Karsch hat sogar am 24.2.1768 ein achtstrophiges Gedicht »An den Herrn Capellmeister Bach, bei seinem Hinzuge nach Hamburg« in Druck gegeben.

BESETZUNG – ZUR URAUFFÜHRUNG IN HAMBURG 1769Soli: Sopran I, II, Alt, Tenor, Baß – Chor: Sopran, Alt, Tenor, Baß – Orchester: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Fagotte; 2 Hörner, Pauken; Violine I, II, Viola, Continuo.

Uraufführung in den fünf bis heute existierenden Hamburger Kirchspielen: Am 5.2.1769 in St. Petri, am 12.2. in St. Nicolai, am 19.2. in St. Katharinen, am 5.3. in St. Jacobi, am 12.3. in St. Michaelis. Folgende Aufführungsgegebenheiten sind im 18. Jahrhundert für die wohlhabende, nur dem Kaiser unterstellte Freie Reichsstadt Hamburg überliefert:

Als Choristen wirken im Gottesdienst sechs bis acht fest besoldete erwachse-ne Sänger – vier Solisten und vier Ripienisten. Es gibt keine Verpflichtung der Lateinschüler (des städtischen Gymnasiums Johanneum) als Choristen im Gottes-dienst mitzuwirken, auch nicht zur Verstärkung. Daraus ist einerseits zu schlie-ßen, daß Sopran- und Altstimme von Männern (als Discantist und Altist falsettie-rend) gesungen werden, andererseits, daß der Chor aus Solisten besteht (deren Namen sogar in der autographen Partitur stehen, vgl. Faksimile S. 8).

Das Instrumentalensemble, zuständig für den Hamburger Hauptgottesdienst im 18. Jahrhundert, besteht aus acht Raths-Musicanten (Stadtpfeifer, die mehrere Instru-mente beherrschen), zwei Expectanten (nachrückende Aushilfen) und sechs Rollbrü-dern (nicht fest besoldete Berufsmusiker), einem Spieler für die clavierten Instrumen-te, bei Bedarf drei Trompeter (z.T. aus den Reihen der Türmer) und ein Pauker. Wie C.P.E. Bachs Passions-Musik nach dem Evangelisten Matthäus bei den Kirchgängern

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bzw. der Öffentlichkeit ankommt, ist leider nirgends überliefert. Bachs neue, weit in die Klassik deutende Musiksprache, verbunden mit den ungewöhnlichen Texten der »Karschin«, der als Textdruck überliefert ist (vgl. Faksimile S. 9), muß die Bürger-schaft sehr überrascht haben, die während der gesamten Dienstzeit von G.P. Tele-mann von 1721 bis 1767 wahrscheinlich vornehmlich Barockmusik gehört hat. VORKLASSIK ALS ÜBERGANG VOM BAROCK ZUR KLASSIKEr manifestiert sich in verschiedenen Regionen und Zentren, insbesondere im Bereich der Sinfonik (samt neuem Orchesterstil), in der Kammermusik und in der Ausbildung neuer Formen. Einige Schlagwörter zur umfassenden Neuorientierung, die von Italien ausgeht, lauten: Empfindsamkeit, Sturm und Drang, galanter Stil, redendes Prinzip u.a. Deutschsprachige und wichtige Zentren sind z.B. Wien, Mannheim und Berlin. Die Veränderungen können hier nur stichwortartig angedeutet werden: Generalbaß und polyphoner Stil sind auf dem Rückzug, die Melodik wird individueller, erregter, durch scharfe dynamische Kontraste wird eine Steigerung des Ausdrucks erreicht, Spannungsgegensätze auf engstem Raum, dazu gehören auch Generalpausen, überra-schende und kühne harmonische Wendungen sind zu finden, besondere Orchester- und Instrumentations-Effekte verblüffen den Hörer. Musikhistoriker sind sich einig, daß C.P.E. Bach mit seinem kompositorischen Wirken auf vielen Feldern den größten Einfluß auf die Klassiker Haydn, Mozart und Beethoven hatte. – Insofern gebühren heute Abend den C.P.E. Bachschen Vertonungen der Texte von A.L. Karsch als Aria, Accompagnement, Arioso, und Duett höchste Aufmerksamkeit, um die Veränderungen live mitzuerleben, zumal es sich für uns alle um eine ERSTAUFFÜHRUNG handelt.

Im aufgeklärten Berlin erscheinen um die Jahrhundertmitte eine Reihe von Lehrwerken: F.W. Marpurg, Die Kunst das Clavier zu spielen, 1750; J.J. Quantz, Versuch einer Anweisung die Flöte traversière zu spielen, 1752; C.P.E. Bach, Ver-such über die wahre Art, das Clavier zu spielen, 1753; J.F. Agricola, Anleitung zur Singekunst, 1757. Schon ein Jahr zuvor legt L. Mozart in Augsburg seinen Versucheiner gründlichen Violinschule vor. Es handelt sich nicht nur um Unterrichtswerke, sondern um bedeutsame Dokumente zur Aufführungspraxis und zum Musikdenken im 18. Jahrhundert, sie erscheinen deshalb erneut als Faksimile-Ausgaben.

Schließlich ist es des Nachdenkens wert, welchen außerordentlichen Rahmen der Eröffnungs- und Schlußsatz dieser Passions-Musik bilden. Der Choral Christus der uns selig macht eröffnet ursprünglich den zweiten Teil der Johannes-Passion des Vaters am Karfreitag 1724. Der Schlußchoral Christe, du Lamm Gottes beschließt die zweite Fassung der Johannes-Passion am Karfreitag 1725. Dieser Choralchorsatz ist jedoch älter, er stammt aus J.S. Bachs anderem ›Probestück‹, der Kantate BWV 23, mit der er sich in Leipzig am 2.7.1723 um das Thomaskantorat bewirbt. Die Sätze 1-3 bringt er aus Köthen mit und erst in Leipzig erweitert er das ›Probestück‹ um Satz 4, den genannten Choralchorsatz; nicht nur, um auf die bevorstehende Passionszeit 1723 zu verweisen, sondern um sich mit einem Beispiel besonderer kompositorischer Ge-lehrsamkeit zu präsentieren. Auch Philipp Emanuel präsentiert sich mit dieser seiner ersten Passions-Musik nach dem Evangelisten Matthäus dem Hamburger Bürgertum.

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Autographe Entwurfspartitur. Drei Akkoladen zu zwei Systemen: 5. Recitativ ,T. 28-29; Korrektur-einschub; 7. Recitativ, Takte 1-6; folgt Satz 8 (hier noch als No. 3 bezeichnet) Aria Tenore Mr. Wreden (Name des Sängers): Eine Akkolade zu vier Systemen (Takt 1-11) Andante grazioso und eine Akko-lade zu fünf Systemen (Takte 12-21) mit Tenor-Einsatz Takt 15 Wie ruhig bleibt dein Angesicht … Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv, SA 5155, S. 4. 8

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BLICK IN DIE KOMPOSITIONS-WERKSTATTC.P.E. Bach entlehnt nicht nur bei seinem Vater (Choräle und Volkschöre), sondern auch bei sich selbst, denn in Satz 2 ›Chor mit Choral‹ greift er auf Satz 4 seinesMagnificats H 772 von 1749 zurück: Der lateinische Text Et misericordia eius (Luk 1,50) wird eliminiert, dafür ein Jesaja-Text unterlegt (Jes 53, 4-6) Fürwahr,er trug unsere Krankheit – der von vielen namhaften Komponisten vertont vorliegt – sehr bekannt ist die Choralkantate von Dietrich Buxtehude. Die Gesamtanzahl der 126 Takte bleibt erhalten, es erfolgt eine Transposition von e-Moll nach d-Moll, die Besetzung ist verändert, statt zweier Oboen erklingen zwei Hörner, dazu zwei Flöten, Streicher und Continuo. Vokalsoli sind Sopran und Alt, der ursprünglich instrumentale cantus firmus im Tonus peregrinus erklingt jetzt im Soprano ripieno als Meine Seele erhebt den Herren (Luk 1,46-47) und vierstimmiger Chor (vgl. Faksimile S. 10).

Da der deutsche Text länger ist als der lateinische, kommt es zum Einbau weite-rer Töne, anderer Silbenverteilung und Rhythmen, aus ›Allegretto‹ wird ›Andantino‹. Es entsteht eine gut durchhörbare fünfteilige Bogenform A – B – A1 – B1 – A2 , die beiden B-Teile sind reduziert besetzt, dynamisch piano, die Hörner schweigen, eben-so der Continuo, Violinen I, II und Viola spielen unisono und bilden die Baßstimme (ein Bassetchen). Der Klang in enger Lage wird auffallend heller, beide Flöten unter-stützen oktavierend Solo-Sopran und -Alt, der c.f. tritt deutlich hervor. Gelegentlich muß bei den Flöten wegen der Ganztontransposition ein Stimmtausch in andere Ok-tavlagen erfolgen. Die A- und B-Teile sind verbunden durch ruhig liegende Achtel der Streicher, die in den A-Teilen weitgehend den Chor duplieren.

Solange die Volkschöre in der Matthäus-Passion des Vaters nur Chorus I oder II betreffen (oder beide zusammenwirken), entstehen bei der Übernahme in ein einchö-riges Werk keine Probleme. Wie löst Philipp Emanuel jedoch diese Tatsache in den Sätzen 31b und 31d, die beim Vater wirklich zweichörig beginnen? (BWV 58b Der du den Tempel und 58d Andern hat er geholfen). Ganz naheliegend, Chorus I wird instrumental (Flöten und Streicher), Chorus II vokal wiedergegeben.

C.P.E. Bach hat die eigenen Sätze aus dieser Passions-Musik (unter Weglassung der Rezitative) und anderer Veränderungen zu einer Passions-Cantate H 776 umge-gearbeitet. Im neuen Werkverzeichnis von 2014 lesen wir (S. 79): »Während CPEB zur Komposition der Matthäuspassion aufgrund seiner neuen Stellung als Musikdirek-tor der fünf Hamburger Hautkirchen verpflichtet war, entsprang die Entstehung der Passions-Cantata vermutlich seinem Wunsch, ein großes Vokalwerk seiner Gönnerin, der Prinzessin Anna Amalia von Preußen, zu widmen, die ihm vor seiner Abreise aus Berlin den Ehrentitel eines Hofkapellmeisters verliehen hatte. Möglicherweise hatte CPEB bereits bei der in Berlin begonnenen Matthäus-Passion die spätere Umarbei-tung in ein Passionsoratorium im Blick. CPEB selbst gibt die Komposition der Passi-ons-Cantata mit 1769 an«.

›Stichwortanschlüsse‹ des Vaters übernimmt auch der Sohn, z.B. endet Satz 3 … dein Wille! Es folgt 4. Choral Was mein Gott will, Satz15f endet… wer ist’s, der dich schlug? Es folgt 16. Choral Wer hat dich so geschlagen oder Satz 29c … sein Haupt. Es folgt 30. Choral O Haupt voll Blut und Wunden.

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Titelblatt und Seite 1 des gedruckten Textbuchs, Hamburg 1769. Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv, T 2409 (10).

* * * Zur Unterscheidung der drei verschiedenen Textebenen werden im folgenden Libretto · Kirchenliedtexte fett dargestellt, der· Bibeltext ist durch Kursivschrift markiert (Matth 26, 36-75 und 27, 1-50;

in Satz 2 Jes 53, 4-6 sowie Luk 1, 46 und 47), während· freie Dichtung von Anna Louisa Karsch in Normalschrift gedruckt ist.Den Zahlen der Sätze sind des Öfteren kleine Buchstaben angefügt, z.B. 15a bis 15f, damit wird der Text einer Szene zusammengefasst, hier z.B. Vor dem Hohen Rat = Matth 26, 58-68. Nach jeder nummerierter Satzüberschrift folgt in eckiger Klammer und Kleindruck die jeweili-ge Besetzung, Taktart, Tonart, Ausdrucksbezeichnung sowie Anzahl der Takte. Die von J.S. Bach übernommenen Sätze sind jeweils mit BWV-Nr. hervorgehoben, die Textdichter der Kirchenlieder jeweils am Ende angegeben.

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C.P.E. Bach, Passions-Musik nach dem Evangelisten Matthäus [1769]

1. Choral [S, A, T, B + Instr, Bc; 4/4, d-Moll; T. 1–17] J.S. Bach, BWV 245, 15

Christus, der uns selig macht, [Ganzton tiefer transponiert]kein Bös’s hat begangen, der ward für uns in der Nacht als ein Dieb gefangen, geführt für gottlose Leut und fälschlich verklaget, verlacht, verhöhnt und verspeit, wie denn die Schrift saget. Michael Weiße, 1531, 1. Strophe

2. Chor mit Choral [S solo, A solo; S, A, T, B; Cor I, II; Fl I, II; Str, Bc; 3/4, d-Moll: T. 1–126]Parodie von C.P.E. Bachs Magnificat, Satz 4 (1749)

Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplaget und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Jes 53,4

Meine Seele erhebt den Herren. [Soprano ripieno] Luk 1,46 Aber er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe lieget auf ihm, auf dass wir Friede hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilet. Jes 53, 5

Und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes. [Soprano ripieno] Luk 1, 47Wir gingen alle in der Irre wie Schafe, ein jeglicher sahe auf seinen Weg; aber der Herr warf unser aller Sünde auf ihn. Jes 53, 6

3. Recitativ [secco, Bc; T. 1–38; JESUS: Adagio; EVANGELIST: Tempo ordinario] Matth 26, 36–42

EVANGELIST. Da kam Jesus mit ihnen zu einem Hofe, der hieß Gethsemane, und sprach zu seinen Jüngern: JESUS. Setzet euch hie, bis dass ich dorthin gehe und bete! EVANGELIST. Und nahm zu sich Petrum und die zween Söhne Zebedäi und fing an zu trauren und zu zagen. Da sprach Jesus zu ihnen. JESUS. Meine Seele ist betrübt bis an den Tod. Bleibet hie und wachet mit mir! EVANGELIST. Und ging hin ein wenig, fiel nieder auf sein Angesicht und betete und sprach: JESUS. Mein Vater ist’s möglich, so gehe dieser Kelch von mir. Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst. EVANGELIST. Und er kam zu seinen Jüngern und fand sie schlafend und sprach zu Petro:JESUS: Könnet ihr denn nicht eine Stunde mit wachen? Wachet und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallet! Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. EVANGELIST. Zum andern Mal ging er aber hin, betete und sprach: JESUS: Mein Vater, ist’s nicht möglich, dass dieser Kelch von mir gehe, ich trinke ihn denn, so geschehe dein Wille!

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4. Choral [S, A, T, B + Instr, Bc; 4/4, D-Dur; T. 1–16] J.S. Bach, BWV 244/25

Was mein Gott will, das g’scheh allzeit!Sein Will, der ist der beste. Zu helfen den’n er ist bereit, die an ihn gläuben feste. Er hilft aus Not, der fromme Gott, und züchtiget mit Maßen. Wer Gott vertraut, fest auf ihn baut, den wird er nicht verlassen. Herzog Albrecht von Preussen, 1547, 1. Strophe

5. Recitativ [secco, Bc; T. 1–30] Matth 26, 43–48

EVANGELIST. Und er kam und fand sie aber schlafend, und ihre Augen waren voll Schlafs. Und er ließ sie und ging abermal hin und betete zum dritten Mal und redete die selbigen Worte. Da kam er zu seinen Jüngern und sprach zu ihnen: JESUS. Ach! Wollet ihr nun schlafen und ruhen? Siehe, die Stunde ist hie, dass des Menschen Sohn in der Sünder Hände überantwortet wird. Stehet auf, lasset uns gehen! Siehe, er ist da, der mich verrät. EVANGELIST. Und als er noch redete, siehe, da kam Judas, der Zwölfen einer, und mit ihm eine große Schar mit Schwertern und mit Stangen von den Hohen-priestern und Ältesten des Volks. Und der Verräter hatte ihnen ein Zeichen gege-ben und gesagt: Welchen ich küssen werde, der ist’s, den greifet!

6. Accompagnement [Baß, Str, Bc.; Presto – Largo – Presto; T. 1–27]

Den Menschenfreund willst du verraten, den Heiligen, den dein Gewissen kennt? Die Rache wacht; sie sieht die Tücke in deinem finstern, tiefen Blicke, sie sieht die Hölle ganz in dir. Es bebet die Natur bei deinen Missetaten; die schrecklichste wird klein dafür. Anna Louisa Karsch

7. Recitativ [secco, Bc; T. 1–6] Matth 26, 49–50a

EVANGELIST. Und alsobald trat er zu Jesu und sprach: JUDAS. Gegrüßet seist du, Rabbi! EVANGELIST. Und küssete ihn. Jesus aber sprach zu ihm: JESUS. Mein Freund, warum bist du kommen?

8. Aria [Tenor, Str, Bc; 2/4, C-Dur; Andante grazioso T. 1–87; Mittelteil: Allegretto T. 88–104, d.C.]

Wie ruhig bleibt dein Angesicht bei deines Jüngers Freveltaten!

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Er kommt, dein Freund, dich zu verraten, der Tod mit ihm. Du wankest nicht.

Sei wie er gelassen, Seele, wanke nicht! Wenn dich Stürme fassen, sei voll Zuversicht! A.L. Karsch

9. Recitativ [secco, Bc; T. 1–22] Matth 26, 50b–54

EVANGELIST. Da traten sie hinzu und legten die Hände an Jesum und griffen ihn. Und siehe, einer aus denen, die mit Jesu waren, reckete die Hand aus und zog sein Schwert aus und schlug des Hohenpriesters Knecht und hieb ihm ein Ohr ab. Da sprach Jesus zu ihm: JESUS. Stecke dein Schwert an seinen Ort; denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen. Oder meinest du, dass ich nicht könnte meinen Vater bitten, dass er mir zuschickte mehr denn zwölf Legionen Engel? Wie würde aber die Schrift erfüllet? Es muss also gehen. 10. Arioso [Alt, Str, Bc; 4/4, F-Dur; Largo T. 1–15]

Du, dem sich Engel neigen, dem alle Schöpfung singt, wenn dich, vom Thron zu steigen, die Menschenliebe zwingt, du kommst, zum Tod entschlossen; ein Kelch erwartet dich, vom Zorne voll gegossen; du trinkst ihn aus für mich. A.L. Karsch 11. Recitativ [secco, Bc; T. 1–14] Matth 26, 55–56

EVANGELIST. Zu der Stunde sprach Jesus zu den Scharen: JESUS. Ihr seid ausgegangen als zu einem Mörder mit Schwerten und mit Stan-gen, mich zu fahen. Bin ich doch täglich gesessen bei euch und habe gelehret im Tempel, und ihr habt mich nicht gegriffen. Aber das ist alles geschehen, dass erfüllet würden die Schriften der Propheten. EVANGELIST. Da verließen ihn alle Jünger und flohen. 12. Choral [S, A, T, B + Instr, Bc; 4/4, g-Moll; Takt 1–12] J.S. Bach, BWV 153/5

Ich will hier bei dir stehen, [Quarte höher transponiert] verachte mich doch nicht! Von dir will ich nicht gehen, wenn dir dein Herze bricht. Wenn dein Haupt wird erblassen im letzten Todesstoß,

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alsdenn will ich dich fassen in meinen Arm und Schoß. Paul Gerhardt, 1656, 6. Strophe von O Haupt voll Blut 13. Recitativ [secco, Bc; T. 1–7] Matth 26, 57–58a

EVANGELIST. Die aber Jesum gegriffen hatten, führeten ihn zu dem Hohenpries-ter Kaiphas, dahin die Schriftgelehrten und Ältesten sich versammlet hatten. Petrus aber folgete — 14. Arioso [Sopran, Str, Bc; 6/8, B-Dur; Presto T. 1–30; 2/4, Larghetto T.31–36]

O Petrus, folge nicht! Die Jünger flohen, fliehe mit! Gedanken, wachet auf und warnet ihn! O du, sein Engel, hindre seinen Schritt! Umsonst! — A.L. Karsch 15a. Recitativ [secco, Bc; T. 1–17a] Matth 26, 58–68

EVANGELIST. Petrus folgte ihm nach von ferne bis in den Palast des Hohenpries-ters und ging hinein und satzte sich bei die Knechte, auf dass er sähe, wo es hin-aus wollte. Die Hohenpriester aber und Ältesten und der ganze Rat sucheten falsch Zeugnis wider Jesum, auf dass sie ihn töteten, und funden keines. Und wiewohl viel falscher Zeugen herzu traten, funden sie doch keins. Zuletzt traten hinzu zween falsche Zeugen und sprachen:

15b. FALSCHE ZEUGEN [Alt, Tenor, Bc; 4/4, F-Dur; Andante T. 17b–24a] J.S. Bach, BWV 244/33

Er hat gesagt: Ich kann den Tempel Gottes abbrechen und in dreien Tagen den-selben bauen.

15c. Recitativ [secco, Bc; T. 24b–51]

EVANGELIST. Und der Hohepriester stund auf und sprach zu ihm: HOHERPRIESTER. Antwortest du nichts zu dem, das diese wider dich zeugen? EVANGELIST. Aber Jesus schwieg stille. Und der Hohepriester antwortete und sprach zu ihm: HOHERPRIESTER. Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sa-gest, ob du seist Christus, der Sohn Gottes. EVANGELIST. Jesus sprach zu ihm: JESUS. Du sagest’s. Doch sage ich euch: Von nun an wird’s geschehen, dass ihr sehen werdet des Menschen Sohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen in den Wolken des Himmels. EVANGELIST. Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und sprach: HOHERPRIESTER. Er hat Gott gelästert; was dürfen wir weiter Zeugnis? Siehe, jetzt habt ihr seine Gotteslästerung gehöret. Was dünket euch? EVANGELIST. Sie antworteten und sprachen: 14

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15d. CHOR [S, A, T, B Instr, Bc; 4/4; f-Moll; Poco allegro T. 52–57a] Quelle unbekannt

Er ist des Todes schuldig. 15e. Recitativ [secco, Bc; T. 57b–61]

EVANGELIST. Da speieten sie aus in sein Angesicht und schlugen ihn mit Fäusten. Etliche aber schlugen ihn ins Angesicht und sprachen: 15f. CHOR [S, A, T, B + Instr, Bc; 4/4, F-Dur; Allegretto T. 62–65] A. Homilius, Markus-Passion

Weissage uns, Christe, wer ist’s, der dich schlug?

16. Choral [S, A, T, B + Instr, Bc; 4/4, F-Dur; T. 1–12] J.S. Bach, BWV 244/37

Wer hat dich so geschlagen,mein Heil, und dich mit Plagen so übel zugericht’t? Du bist ja nicht ein Sünder wie wir und unsre Kinder, von Missetaten weißt du nicht. Paul Gerhardt, 1647, 3. Str. von O Welt, sieh hier die Leben

17a. Recitativ [secco, Bc; T. 1–19] Matth 26, 69–75

EVANGELIST. Petrus aber saß draußen im Palast, und es trat zu ihm eine Magd und sprach: 1. MAGD. Und du warest auch mit dem Jesu aus Galiläa.EVANGELIST. Er leugnete aber vor ihnen allen und sprach: PETRUS. Ich weiß nicht, was du sagest. EVANGELIST. Als er aber zur Tür hinaus ging, sahe ihn eine andere und sprach zu denen, die da waren: 2. MAGD. Dieser war auch mit dem Jesu von Nazareth.EVANGELIST. Und er leugnete abermal und schwur dazu: PETRUS. Ich kenne des Menschen nicht. EVANGELIST. Und über eine kleine Weile traten hinzu, die da stunden, und spra-chen zu Petro: 17b. CHOR [S, A, T, B; Fl I, II, Str, Bc; 4/4, D-Dur/A-Dur; T. 20–23a] J.S. Bach, BWV 244/38b

Wahrlich, du bist auch einer von denen, denn deine Sprache verrät dich. 17c. Recitativ [secco, Bc; T. 23b–35]

EVANGELIST. Da hub er an sich zu verfluchen und zu schwören: PETRUS. Ich kenne des Menschen nicht. EVANGELIST. Und alsobald krähete der Hahn. Da dachte Petrus an die Worte Jesu, da er zu ihm sagte: Ehe der Hahn krähen wird, wirst du mich drei Mal verleugnen. Und ging hinaus und weinete bitterlich.

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18. Aria [Tenor, Str (con sordino), Bc; 4/4, h-Moll; Adagio T. 1–60, dal Segno T. 7–46]

Wende dich zu meinem Schmerze, [vgl. BWV 244/39] Gott der Huld! sieh mein zerschlagnes Herze, nimm es dir zum Opfer an!

Ach, ich sinke, wirst du mich nicht heben, Gütigster, der schonen und vergeben, Vater, der nicht ewig zürnen kann. Johann Joachim Eschenburg

19a. Recitativ [secco, Bc; T. 1–19] Matth 27, 1– 5

EVANGELIST. Des Morgens aber hielten alle Hohenpriester und die Ältesten des Volks einen Rat über Jesum, dass sie ihn töteten. Und bunden ihn, führeten ihn hin und überantworteten ihn dem Landpfleger Pontio Pilato. Da das sahe Judas, der ihn verraten hatte, dass er verdammet war zum Tode, gereuete es ihn und brachte herwieder die dreißig Silberlinge den Hohenpriestern und Ältesten und sprach: JUDAS. Ich habe Übel getan, dass ich unschuldig Blut verraten habe. Evangelist. Sie sprachen: 19b. CHOR [S, A, T, B; Fl I, II,; Str, Bc; 4/4, A-Dur; T. 20–23] Quelle unbekannt

Was gehet uns das an? Da siehe du zu. 19c. Recitativ [secco, Bc; T. 24–28]

EVANGELIST. Und er warf die Silberlinge in den Tempel, hub sich davon, ging hin und erhängte sich selbst.

20. Aria Tenor, Str, Bc; 4/4, F-Dur; Allegro e con spirito T. 1–67, da Capo T. 1–52]

Verstockte Sünder! solche Werke begehet ihr und fühlt es nicht. Ein Herz voll Bosheit nennt ihr Stärke und das Gewissen ein Gedicht.

Am Ende wacht ihr auf, zu spät. Voll Schrecken stürzet ihr hinunter zum Abgrund, den ihr offen seht. A.L. Karsch

21. Choral [S, A, T, B + Instr, Bc; 4/4, F-Dur; T. 1–17] J.S. Bach, BWV 39/7

Gott, groß über alle Götter! [Quarte tiefer transponiert] heilige Dreieinigkeit! außer dir ist kein Erretter. Tritt mir selbst zur rechten Seit, wenn der Feind die Pfeil abdrückt, meine Schwachheit mir aufrückt,

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will mir allen Trost verschlingen und mich in Verzweiflung bringen. David Dernicke, 1648, 6. Str. von Kommt, lasst euch

22a. Recitativ [secco, Bc; T. 1–3a] Matth 27, 6–14

EVANGELIST. Aber die Hohenpriester nahmen die Silberlinge und sprachen: 22b. HOHEPRIESTER [Baß I, Baß II; Bc; Andante T. 3b–10] J.S. Bach, BWV 244/41c Es taugt nicht, dass wir sie in den Gotteskasten legen; denn es ist Blutgeld. 22c. Recitativ [secco; Bc; T. 11–44; im Zitat ›Sie haben genommen…‹ T. 20–27 poco adagio]

EVANGELIST. Sie hielten aber einen Rat und kauften einen Töpfersacker darum zum Begräbnis der Pilger. Daher ist derselbe Acker genennet der Blutacker bis auf den heut’gen Tag. Da ist erfüllet, das gesagt ist durch den Propheten Jeremi-as, der da spricht: Sie haben genommen dreißig Silberlinge, damit bezahlet ward der Verkaufte, welchen sie kauften von den Kindern Israel, und haben sie gege-ben um einen Töpfersacker, als mir der Herr befohlen hat. Jesus aber stund vor dem Landpfleger, und der Landpfleger fragte ihn und sprach: PILATUS. Bist du der Juden König? EVANGELIST. Jesus aber sprach zu ihm: JESUS. Du sagest’s. EVANGELIST. Und da er verklaget ward von den Hohenpriestern und Ältesten, antwortete er nichts. Da sprach Pilatus zu ihm: PILATUS. Hörest du nicht, wie hart sie dich verklagen? EVANGELIST. Und er antwortete ihm nicht auf ein Wort, also, dass sich auch der Landpfleger sehr verwunderte.

23. Aria [Baß; Cor I, II; Ob I, II; Str, Bc; 2/4 u. 3/4, D-Dur; Wechsel von Allegro u. Largo T. 1–286]

Donnre nur ein Wort der Macht, Herr, so muss die Frechheit zagen.

Aber, ohn ein Wort zu sagen, lässt die Unschuld sich verklagen und ist nur auf mich bedacht. A.L. Karsch

24a. Recitativ [secco, Bc; T. 1–32] Matth 27, 15–23a

EVANGELIST. Auf das Fest aber hatte der Landpfleger Gewohnheit, dem Volk einen Gefangenen los zu geben, welchen sie wollten. Er hatte aber zu der Zeit einen Gefangenen, einen sonderlichen vor andern, der hieß Barrabas. Und da sie versammlet waren, sprach Pilatus zu ihnen: PILATUS. Welchen wollt ihr, dass ich euch los gebe: Barrabam oder Jesum, von dem gesagt wird, er sei Christus? EVANGELIST. Denn er wusste wohl, dass sie ihn aus Neid überantwortet hatten. Und da er auf dem Richtstuhl saß, schickete sein Weib zu ihm und ließ ihm sagen:

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Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten! Ich habe heute viel erlitten im Traume von seinetwegen. Aber die Hohenpriester und die Ältesten des Volks überredeten das Volk, dass sie um Barrabas bitten sollten und Jesum umbräch-ten. Da antwortete nun der Landpfleger und sprach zu ihnen: PILATUS. Welchen wollt ihr unter diesen zweenen, den ich euch soll los geben? EVANGELIST. Sie sprachen: 24b. CHOR [S, A, T, B + Instr, Bc; 4/4; T. 33] J.S. Bach, BWV 244/45a

Barrabam! 24c. Recitativ [secco, Bc; T. 34–38a]

EVANGELIST. Pilatus sprach zu ihnen: PILATUS. Was soll ich denn machen mit Jesu, von dem gesagt wird, er sei Christus? EVANGELIST. Sie sprachen alle: 24d. CHOR [S, A, T, B; Ob I, II; Str, Bc; 4/4; a-Moll/H-Dur; T. 38b–46] J.S. Bach, BWV 244/45b Lass ihn kreuzigen!24e. Recitativ [secco, Bc; T. 47–49]

EVANGELIST. Der Landpfleger sagte: PILATUS. Was hat er denn Übels getan?

25. Choral [S, A, T, B + Instr, Bc; 4/4, h-Moll; T. 1-11] J.S. Bach, BWV 244/3

Was ist doch wohl die Ursach solcher Plagen?Ach, meine Sünden haben dich geschlagen. Ach, ich, Herr Jesu, habe dies verschuldet, was du erduldet. Johann Heermann, 1630, 3. Strophe von Herzliebster Jesu,

26a. Recitativ [secco, Bc; T. 1–2a] Matth 27, 23b–26

EVANGELIST. Sie schrieen aber noch mehr und sprachen: 26b. CHOR [S, A, T, B; Ob I, II; Str, Bc; 4/4, h-Moll/Cis-Dur; T. 2b–10a] J.S. Bach, BWV 244/50b

Lass ihn kreuzigen! 26c. Recitativ [secco, Bc; T. 10b–18]

EVANGELIST. Da aber Pilatus sahe, dass er nichts schaffete, sondern dass viel ein größer Getümmel ward, nahm er Wasser und wusch die Hände vor dem Volk und sprach: PILATUS. Ich bin unschuldig an dem Blut dieses Gerechten. Sehet ihr zu! EVANGELIST. Da antwortete das ganze Volk und sprach: 26d. CHOR [S, A, T, B; Fl I, II; Str, Bc; 4/4, h-Moll/D-Dur; T.19–30a] J.S. Bach, BWV 244/50d

Sein Blut komme über uns und über unsre Kinder!

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26e. Recitativ [secco, Bc; T. 36b–40]

EVANGELIST. Da gab er ihnen Barrabam los; aber Jesum ließ er geißeln und überantwortete ihn, dass er gekreuziget würde. 27a. Accompagnement [Sopran, Str, Bc; 4/4; D-Dur/d-Moll u.a.; Presto – adagio T. 1–24]

Wie tobt das wilde Volk! es schäumt vor Wut! [vgl. BWV 244/51 und C.H. Graun, und fordert unverschuldet Blut Der Tod Jesu 1755, Nr. 12] und hebet Geißeln auf! O Schmerz! Sein ganzer Leib ist eine Wunde! Und doch— A.L. Karsch 27b. Arioso [Sopran, Str con sordino, Bc; 3/4, Es-Dur; T. 24–34]

Welch Beispiel der Geduld! Es geht kein Wort aus seinem Munde. A.L. Karsch 28. Duett [Sopran I, II; Fl I, II, Fg I, II; Str con sordino; 2/4, B-Dur; T. 1–223, d.S. T. 19–177]

I. Muster der Geduld und Liebe, [vgl. C.H. Graun, Der Tod Jesu, Nr. 17] mögten wir dir ähnlich sein! II. Flöß uns sanfte, sanfte Triebe deines guten Geistes ein! I, II. Lass sie unsern Geist beleben! I. Deine Langmut und Geduld schont den Sünder. II. Du vergibest gern die Schuld deiner Kinder. I, II. Lass uns auch vergeben! A.L. Karsch 29a. Recitativ [secco, Bc; T. 1– 12a] Matth 27, 27–30

EVANGELIST. Da nahmen die Kriegsknechte des Landpflegers Jesum zu sich in das Richthaus und sammleten über ihn die ganze Schar und zogen ihn aus und legten ihm einen Purpurmantel an und flochten eine Dornenkrone und satzten sie auf sein Haupt und ein Rohr in seine rechte Hand und beugeten die Knie vor ihm und spotteten ihn und sprachen:

29b. CHOR [S, A, T, B + Instr, Bc; 4/4, C-Dur; T.12b–17] Quelle unbekannt

Gegrüßet seist du, der Juden König!

29c. Recitativ [secco, Bc; T. 18–21]

EVANGELIST. Und speieten ihn an und nahmen das Rohr und schlugen damit sein Haupt.

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30. Choral [S, A, T, B + Instr, Bc; 4/4, F-Dur; T. 1–16] J.S. Bach, BWV 244/54

O Haupt voll Blut und Wunden, voll Schmerz und voller Hohn! O Haupt, zu Spott gebunden mit einer Dornenkron! O Haupt, sonst schön gezieret mit höchster Ehr und Zier, jetzt aber hoch schimpfieret, gegrüßet seist du mir! Paul Gerhardt, 1656, 1. Strophe 31a. Recitativ [secco, Bc; T. 1–40] Matth 27, 31–46

EVANGELIST. Und da sie ihn verspottet hatten, zogen sie ihm den Mantel aus und zogen ihm seine Kleider an und führeten ihn hin, dass sie ihn kreuzigten. Und indem sie hinaus gingen, funden sie einen Menschen von Cyrene mit Namen Si-mon, den zwungen sie, dass er ihm sein Kreuz trüge. Und da sie an die Stätte kamen mit Namen Golgatha, das ist verdeutschet: Schädelstätt, gaben sie ihm Essig zu trinken mit Gallen vermischet; und da er’s schmeckete, wollte er’s nicht trinken. Da sie ihn aber gekreuziget hatten, teilten sie seine Kleider und wurfen das Los darum, auf dass erfüllet würde, das gesagt ist durch den Propheten: Sie haben meine Kleider unter sich geteilet, und über mein Gewand haben sie das Los geworfen. Und sie saßen allda und hüteten sein. Und oben zu seinem Haupte hefteten sie die Ursache seines Todes beschrieben, nämlich: Dies ist Jesus, der Juden König. Und da wurden zween Mörder mit ihm gekreuziget, einer zur Rech-ten und einer zur Linken. Die aber vorüber gingen, lästerten ihn und schüttelten ihre Köpfe und sprachen:

31b. CHOR [S, A, T, B; Fl I, II; Str, Bc; 4/4; h-Moll; T.41–53a] J.S. Bach, BWV 244/58b

Der du den Tempel Gottes zerbrichst und bauest ihn in dreien Tagen, hilf dir sel-ber! Bist du Gottes Sohn, so steig herab vom Kreuz!

31c. Recitativ [secco, Bc; T. 53b–56]

EVANGELIST. Des Gleichen auch die Hohenpriester spotteten sein, samt den Schriftgelehrten und Ältesten, und sprachen:

31d. Chor [S, A, T, B; Fl I, II; Str, Bc; 4/4, e-Moll; T. 57–76] J.S. Bach, BWV 244/58d

Andern hat er geholfen und kann ihm selber nicht helfen. Ist er der König in Isra-el, so steige er nun vom Kreuz; so wollen wir ihm glauben. Er hat Gott vertrauet, der erlöse ihn nun, lüstet’s ihn. Denn er hat gesagt: Ich bin Gottes Sohn. 31e. Recitativ [secco, Bc; T. 77–90] EVANGELIST. Des Gleichen schmäheten ihn auch die Mörder, die mit ihm gekreuziget waren. Und von der sechsten Stunde an ward eine Finsternis über das ganze Land 20

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bis zu der neunten Stunde. Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut und sprach: JESUS. Eli, Eli, lama asabthani? EVANGELIST. Das ist: Mein Gott! mein Gott! Warum hast du mich verlassen?

32. Accompagnement [Tenor; Str, Bc; 4/4, E-Dur/C-Dur; T. 1–24]

Von Gott verlassen klagst du dich? Geliebter Sohn, kann dich dein Vater lassen? Nein, mich, mich muss sein heil’ges Auge hassen. Von Sündern wendet Gott sein Angesicht; dich lässt er nicht. Dich stürzet meine Schuld in tiefe Mitternacht. Du siehst den Vater nicht, der um dich wacht. Doch — bald ist es vollbracht. — Dann glänzt in deinem Reiche ein neuer Tag und Wahrheit, Recht und Licht. A.L. Karsch

33a. Aria [Baß; Str, Bc; 3/4, G-Dur; Allegro spirituoso T. 1–74]

Der Menschen Missetat verbirget dir deines Vaters Angesicht. Doch zittert, die ihr ihn erwürget, er kommt wahrhaftig zum Gericht. A.L. Karsch

33b. Chor [S, A, T, B; Cor I, II; Ob I, II; Str, Bc; 4/4, C-Dur; Allegro assai T. 75–128]

Dann strahlet Licht und Majestät vom Throne, der auf Wolken steht. Sein Auge flammt; die Frechen beben. A.L. Karsch

33c. Aria [Baß; Fg I, II; Str, Bc; 3/4, G-Dur; Andante T. 129–191]

Wie froh wird mir der Anblick sein! Er wird mir seine Rechte geben und sagen: Du bist mein! A.L. Karsch

34a. Recitativ [secco, Bc; T. 1–3a] Matth 27, 47–50

EVANGELIST. Etliche aber, die da stunden, da sie das höreten, sprachen sie: 34b. CHOR [S, A, T, B; Ob I, II; Str, Bc; 4/4, c-Moll/F-Dur; T. 3b–4] J.S. Bach, BWV 244/61b

Der rufet den Elias. 34c. Recitativ [secco, Bc; T. 5–10a]

EVANGELIST. Und bald lief einer unter ihnen, nahm einen Schwamm und füllete ihn mit Essig und steckete ihn auf ein Rohr und tränkete ihn. Die andern aber sprachen:

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34d. CHOR [S, A, T, B; Fl I, II; Str, Bc; 4/4, D-Dur/d-Moll; T. 10b–13a] J.S. Bach, BWV 244/61d

Halt! lass sehen, ob Elias komme und ihm helfe.

34e. Recitativ [secco, Bc; T. 13b–16a]

EVANGELIST. Aber Jesus schriee abermal laut und verschied.

34f. Accompagnement [Tenor; Fl I, II, Fg I, II; Str con sord. Bc; 4/4, g-Moll; Largo T. 16b–24]

EVANGELIST. Er verschied. 35a. Accompagnement [Basso; Cor I, II, Timp; Fl I, II, Fg I, II, Str, Bc; 4/4, c-Moll/Es-Dur; T. 1–47]

Die Allmacht feiert den Tod. — Die Sonne scheut den Blick und hüllt ihr Angesicht in tiefe Nacht. — Die Erde bebt zurück! Ihr Eingeweide zittert. Der Felsen tiefe Wurzel wird erschüttert, die steile Höhe kracht und stürzt herab. —

Dort hebet sich ein Grab und stößet seinen Raub ans Licht. — Der Römer staunt, sieht die Natur empört. Er betet an und schwöret: Fürwahr, der Sterbende ist Gottes Sohn gewesen! A.L. Karsch 35b. Arioso [Sopran; 4/4; c-Moll/B-Dur; T. 48–58]

Mein tief gebeugtes Herz wirft sich auf Golgatha, sein Blut ganz aufzufassen. O, mögt ich hier bei seinem Kreuz erblassen! Er starb für mich. A.L. Karsch 36. Choral [S, A, T, B; Ob I, II; Str, Bc; 4/4, g-Moll/c-Moll; T. 1–58] J.S. Bach, BWV 245/40II

Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünde der Welt, erbarm dich unser! Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünde der Welt, erbarm dich unser! Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünde der Welt, gib uns deinen Frieden! Amen. Agnus Dei, Martin Luther, 1528 22

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Sonnhild Beyer – Sopran

Die 1997 in Filderstadt geborene junge Sopranistin Sonnhild Beyer genoss schon in früher Kindheit eine musikalische Ausbildung an der Musikschule Kön-gen/Wendlingen mit verschiedenen Instrumenten. Neben Querflöte und Klavier begann sie im Alter von 12 Jahren mit klassischem Gesang bei Ingeburg Dobmeier und erhielt mehrfach erste Bundespreise beim Wettbewerb Jugend musiziert. Ergänzend besuchte sie Meisterkurse bei Silvana Bazzoni-Bartoli (Gstaad Vocal Academy), Marlis Petersen und Prof. Katharina Kutsch. Vielfach sang sie bei

Aufführungen der Musikschule Köngen/Wendlingen mit, darunter auch Solopar-tien in Oratorien, Konzerten und Musicals. 2016 war Sonnhild Beyer als Sopran-Solistin im Abschlusskonzert des »Esslinger Forums für junge Solisten« zusam-men mit dem Oratorien-Verein in Haydns Schöpfung zu hören. Seit 2017 studiert sie das Konzertfach Gesang an der Universität Mozarteum Salzburg bei Prof. Christoph Strehl.

Emily Sedlacek – Sopran

ist 16 Jahre alt und wird seit Jahren von Ingeburg Dobmeier an der Musikschule Köngen/Wendlingen im Fach Gesang unterrichtet. Dort singt sie außerdem im Vokal-Ensemble Allegria. Mehrere erste solistische Auftritte bei verschiedenen Veranstaltungen der Musikschule begleiten ihren Ausbildungsweg. Im Jahr 2017 erhielt Emily Sedlacek einen ersten Preis mit Höchstpunktzahl beim Bundeswettbewerb Jugend musiziert in Paderborn.

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Christian Bauer – Tenor

Christian Bauer, in Wien geboren, war Mitglied und Sopransolist der Wiener Sängerknaben. Nach einem Studium der Querflöte an der Wiener Musikhochschule, absolvierte er ein Gesangsstudium an den Musikhoch-schulen in Wien und Graz, sowie ein Studium für Lied und Oratorium bei Kurt Equiluz und weitere Gesangs-studien bei Horst Laubenthal, später bei Dietrich Schneider, sowie Meisterkurse bei Kurt Widmer, James King und Sena Jurinac. Anschließend folgten feste Engagements am Staatstheater am Gärtnerplatz in München und an der Wiener Volks- und Staatsoper. Gastauftritte hatte er an verschiedenen deutschen Bühnen. Christian Bauer verfügt über ein umfangreiches Opern-, Konzert- und Oratorien-repertoire. Er wirkte bei diversen Festivals, wie den Wiener Festwochen, dem Carinthischen Sommer, der Styriarte Graz, den Ludwigsburger Schlossfestspie-len, sowie bei Konzerten mit (u.a. Wiener Musikverein, Philharmonie am Gasteig München, Gewandhaus Leipzig, Liederhalle in Stuttgart, Avery Fisher Hall New York, St. Johns Smith Square London, Palao de la Musica Barcelona).

Simon Amend – Bariton/Bass

Der Bariton begann seine musikalische Ausbildung schon früh mit Violinunterricht und im Stuttgarter Knabenchor collegium iuvenum. Von 2011 - 2017 studierte Simon Amend an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart Schulmusik, wobei er sein Hauptfach Gesang von 2011 - 2014 bei Prof. Thomas Pfeiffer und anschließend bei Sylvia Koncza belegte. Seit 2016 studiert er den Studiengang Bachelor Gesang in der Gesangsklasse von Sylvia Koncza. Als Konzert- und

Liedsänger hat sich Simon Amend bereits einen Namen gemacht. Sein Repertoire reicht von frühbarocker Vokalmusik bis hin zu Uraufführungen. Als Ensemble-sänger gewann Simon Amend diverse Preise, wie den 1. Preis des Internationalen Wettbewerbs für Kammerchöre Mosbach. Konzertreisen mit dem Kammerchor Stuttgart (Frieder Bernius), dem Kammerchor der Musikhochschule (Prof. Denis Rouger), dem Kammerchor figure humaine (Denis Rouger), dem jungen Chor der Bachakademie Stuttgart (Helmut Rilling / Stefan Weiler) führten ihn bereits in zahlreiche Städte im In- und Ausland.

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Michael Roman – Bariton/Bass

wurde in Gießen geboren. Seine musikalische Ausbildung erhielt er zunächst auf der Violine, wechselte später zum Gesang. Michael Roman begann sein Gesangsstudium an der Hochschule für Musik in Heidelberg- Mannheim, und führte seine Studien an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden bei Prof. Christiane Junghanns, Prof. Gertraud Geißler und Prof. Ludger Rémy fort, die er nach einem Aufbaustudium mit dem Konzertexamen abschloss. Neben Meisterkursen bei Barbara Schlick und Brigitte Fassbaender waren vor allem die Meisterkurse bei Kurt

Widmer für seine künstlerische Tätigkeit prägend. Die Aufführungen großer Oratorien des Barock, der Klassik und der Romantik sowie zeitgenössischer Werke führten ihn nach Europa und Südamerika. Michael Roman war Stipendiat der Internationalen Händel-Akademie Karlsruhe und der Internationalen Ferien-kurse für Neue Musik Darmstadt. An der Justus- Liebig-Universität in Gießen unterrichtete Michael Roman Gesang. Seine musikalische Arbeit ist in Rund-funkübertragungen und CD- Aufnahmen dokumentiert.

Jörg Dobmeier –Leitung

studierte Schulmusik und Germanistik an der Musikhoch-schule und der Universität Stuttgart mit Haupt- und Leis-tungsfach Klavier bei Prof. Paul Buck und Prof. Gerd Lohmeyer. Nach dem Abschluss des ersten und zweiten Staatsexamens für das Lehramt an Gymnasien wurde er Schulleiter der Musikschule Köngen/Wendlingen. Bis 1982 war er Leiter des Kirchenchors Ohmden, bis 1985 Leiter des Studentenchors »Kurrende« der EKG Tübingen. Von 1984 bis 2011 war er Dozent für Chordirigieren an der Musik-hochschule Stuttgart, seit 1985 künstlerischer Leiter von Chor und Orchester des Oratorien-Vereins Esslingen. In dieser Funktion leitet er seit 1986 das »Esslinger Forum für junge Solisten«. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Musikschulleiter hat Jörg Dobmeier zahlreiche große Bühnenprojekte im Musiktheaterbereich realisiert. Er ist überdies als Komponist von Musiktheaterwerken für den Schul- und Mu-sikschulbereich tätig (DIE KISTE, DIE WÜNSCHELRUTE, ZEIT FÜR CLOWNS, DER ZAUBERVOGEL, DER SPEGELSEE, DAS PRINZIP GLÜCK). Im Jahr 2004 wurde ihm der »Daniel-Pfisterer-Preis« durch den Geschichts- und Kultur-Verein Köngen verliehen.

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LITERATUREMPFEHLUNGEN:

Erscheinungsjahr nach der Rückkehr der Bestände der Berliner Singakademie aus Kiew im Jahr 2001 bzw. aus dem Jubiläumsjahr 2014 (300 Jahre Carl Philipp Emanuel Bach).

Bach-Quellen der Singakademie zu Berlin, bearbeitet von Wolfram Enßlin. Band 1, Katalog; Band 2, Historischer Überblick, Abbildungen, Register. Leipziger Beiträge zur Bachfor-schung · 8, hrsg. vom Bach-Archiv Leipzig. Verlag Olms Hildesheim u.a. 2006.

Siegbert Rampe, Carl Philipp Emanuel Bach und seine Zeit. Große Komponisten und ihre Zeit. Laaber Verlag Laaber 2014, 669 S.

Carl Philipp Emanuel Bach, Thematisch-systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke. Teil 2: Vokalwerke (BR – CPEB). Bearbeitet von Wolfram Enßlin, Uwe Wolf unter Mitarbeit von Christine Blanken. Bach-Repertorium. Werkverzeichnisse zur Musi-kerfamilie Bach, hrsg. vom Bach-Archiv Leipzig, Bd. III/2. Carus Verlag Stuttgart 2014, CV 24.203/20.

Carl Philipp Emanuel Bach im Spannungsfeld zwischen Tradition und Aufbruch. Beiträge der interdisziplinären Tagung anlässlich des 300. Geburtstages von Carl Philipp Emanuel Bach vom 6. bis 8. März 2014 in Leipzig, hrsg. von Christine Blanken und Wolfram Enß-lin. Leipziger Beiträge zur Bachforschung · 12, hrsg. vom Bach-Archiv Leipzig. Verlag Olms Hildesheim 2016.

* * *

Der Oratorien-Verein Esslingen e.V. musiziert Carl Philipp Emanuel Bach, Passions-Musik nach dem Evangelisten Matthäus (1769) aus Aufführungs- material des Carus-Verlages, 70771 Leinfelden-Echterdingen CV 33.503

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Nachtrag zum Konzert am Sonntag 17. Dezember 2017, 19 Uhr in St. Dionys: Die große Orgel spielte in unserer Aufführung Heinrich von Herzogenberg Die Geburt Christi dankenswerter Weise als »Einspringer« Johannes Zimmermann.

Biographische Notizen?

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VERANSTALTUNGSVORSCHAU 2018

9.-18. Nov. 2018 18. Esslinger Forum für Junge Solisten »Leonard Bernstein zum 100. Geburtstag«

Samstag 9.11. 19:30 Uhr Eröffnungskonzert Stadtkirche Esslingen Leonard Bernstein, Chichester Psalms (1965) Im Rahmen der Stunde der Kirchenmusik

Montag 12.11. 19:30 Uhr Bürgersaal, Altes Rathaus Bernstein & Co. Konzert mit jungen Solisten der

Musikschule Esslingen. Moderation Jörg Dobmeier

Mittwoch 14.11. Uhrzeit und Ort in Planung Sonderkonzert mit Solisten des Forums

Donnerstag 15.11. 19:30 Uhr Ev. Gemeindehaus am Blarerplatz Werkeinführung zur MASS mit (Live) Musik-

Beispielen, Jörg Dobmeier

Sonntag 18.11. 19:00 Uhr Abschlußkonzert Stadtkirche Esslingen Leonard Bernstein, Mass (1971) Künstlerische Gesamtleitung: Jörg Dobmeier

Veranstalter Stadt Esslingen und Oratorien-Verein Esslingen e.V.

VERANSTALTUNGSVORSCHAU 2019

Sonntag 25.5. 19:00 Uhr Stadtkirche St. Dionys Esslingen Felix Mendelssohn Bartholdy

Lobgesang. Eine Symphonie-Cantate nach Worten der Heiligen Schrift

Sonntag 15.12. 19:00 Uhr Stadtkirche St. Dionys Esslingen Johann Sebastian Bach, Weihnachts-Oratorium

Programmänderungen vorbehalten

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Oratorien–Verein Esslingen am Neckar e.V.__________________________________________________________________________________

EinladungSängerinnen und Sänger sowie Instrumentalisten, die an regelmäßiger und intensiver musikalischer Arbeit interessiert sind und Lust zum Programm der kommenden Projekte haben, sind herzlich willkommen und melden sich bitte beim künstlerischen Leiter, Herrn Jörg Dobmeier (s.u.). Chorproben finden wöchentlich dienstags von 19:45-22 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus am Blarerplatz, Orchesterproben projektweise montags von 20-22 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus der Martinskirche Oberesslingen statt.

Mitgliedim Oratorien-Verein Esslingen e.V. können auch solche Personen (Körperschaften, Firmen) werden, die die kulturellen Ziele des Vereins nicht (mehr) durch ihre eigene aktive musikalische Ausübung, sondern durch ideelle und finanzielle Unterstützung fördern möchten.

1. VorsitzenderStefan Beck, Pliensaustraße 23, 73728 Esslingen Tel. 07 11 / 540 32 03, E-Mail: [email protected]

Künstlerischer Leiter Jörg Dobmeier, Im Bitterling 1, 73230 Kirchheim/Teck Telefon/Fax 0 70 21 / 5 89 95, E-Mail: [email protected]

BankverbindungenKreissparkasse Esslingen-Nürtingen: IBAN DE11 6115 0020 0000 9943 81 BIC ESSLDE66XXX Volksbank Esslingen: IBAN DE56 6119 0110 0151 7350 00 BIC GENODES1ESS

Internet: www.oratorien-verein-es.de E-Mail: [email protected]

Redaktion und Inhalt: Jörg Dobmeier und Prof. Dr. Ulrich Prinz