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Weiterdenken. Zukunftsideen für Oberösterreich

Projekt Freiraum - Das Buch

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1 Jahr, 5000 Ideen, 8 Expertendialoge, 1 Bericht zu den Visionen und Ideen für Oberösterreich - diesen gibt es hier zum Durchklicken und Downloaden.

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Page 1: Projekt Freiraum - Das Buch

Weiterdenken.

Zukunftsideen für Oberösterreich

Page 2: Projekt Freiraum - Das Buch
Page 3: Projekt Freiraum - Das Buch

3Weiterdenken. Ergebnisse – Projekt Freiraum

Freiraum der besten Ideen – alle Interessierten hat die Oberös-

terreichische Volkspartei mit dem Projekt Freiraum eingeladen,

beim größten Bürgerbeteiligungsprozess in ihrer mittlerweile

70-jährigen Geschichte mitzumachen.

Da wir mit dem Erreichten nie zufrieden sein können und bei al-

len gegenwärtigen Herausforderungen auch an die Zukunft den-

ken, haben wir uns auf die Suche nach dem Zukunfts-Know-how

für Oberösterreich gemacht. Vor-, Quer- und Nachdenker waren

und sind willkommen. Tausende Bürgerinnen und Bürger sowie

viele nationale und internationale Experten brachten mehr als

5.000 Ideen ein, die uns als Treibstoff für die Gestaltung Ober-

österreichs in den nächsten zehn bis 15 Jahren dienen werden.

Das Projekt Freiraum will der steigenden Bereitschaft, sich

unmittelbar mit den eigenen Ideen an der Gestaltung unseres

Landes zu beteiligen, entgegenkommen. Die Leute wollen

keine stillen Beobachter mehr sein. Dieses „selber Mitmachen“

er möglichen wir mit dem Projekt Freiraum.

Vom persönlichen Gespräch bis hin zum Onlinebereich haben

sich weit mehr Menschen eingebracht als erwartet. Wir wollen

mit der aus dem Projekt Freiraum entwickelten Vision Oberöster-

reichs Zukunft gestalten. Nicht alles wird mit unseren Grund-

werten vereinbar sein, aber das, was für uns umsetzbar ist, wird

unser Rezept, damit sich Oberösterreich in der Zukunft best-

möglich entwickeln wird.

Dr. Josef Pühringer, Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer, Projektleiter

Vorwort

Dafür werden wir uns mit aller Kraft einsetzen!

Page 4: Projekt Freiraum - Das Buch

4 Ergebnisse – Projekt Freiraum Weiterdenken.

Inhalt

Vorwort

Executive Summary

Ergebnisse – Projekt Freiraum

Arbeit weiter denkenJobs von morgen, Beschäftigung von morgen,

Arbeitswelten von morgen, Kompetenzen von morgen

Arbeit | Wirtschaft | Soziales | Bildung | Jugend

Standort weiter denkenWettbewerbsfähige Rahmenbedingungen am Standort,

Produktionsstandort der Zukunft, Vorsprung durch

Forschung und Innovation, Wachstumspotenziale von

KMU und Start-ups

Wirtschaft | Infrastruktur | Forschung

Innovation | Arbeit

Bildung weiter denkenStärken- und Chancenorientierung, Innovatives

Bildungssystem, Lebenschancen durch Qualifikation

und Bildung, Lebensbegleitendes Lernen

Bildung | Soziales | Jugend | Arbeit | Kultur | Sport

Gesundheit weiter denkenPrävention der Zukunft, Das Gesundheitswesen der

Zukunft, „Medical Valley“ Oberösterreich

Gesundheit | Prävention | Lebensqualität | Technologie

Wirtschaft | Versorgung

Oberösterreich weiter denken

24

18

03

06

12

44

62

84

Page 5: Projekt Freiraum - Das Buch

5Weiterdenken. Ergebnisse – Projekt Freiraum

Inhalt

Wohnen weiter denkenLeistbares Wohnen, Neue Wohnformen,

Smart Homes, Eigenheim und Eigentum

Wohnformen | Soziales | Lebensqualität | Technologie

Wirtschaft | Standards und Gesetze

Familie weiter denkenFamilie als Mittelpunkt der Gesellschaft, Optimale

Kinderbetreuungsstrukturen, Familienfreundliche

Arbeitswelt – arbeitsfreundliche Familienwelt,

Angebote und Perspektiven für Jugendliche

Familie | Jugend | Soziales | Arbeit | Kultur | Sport

Mobilität weiter denkenZukunftsweisende Verkehrsinfrastruktur,

Individualmobilität der Zukunft, Öffentlicher

Verkehr der Zukunft, Smart Mobility

Verkehr | Mobilitätsformen | Öffentliches Mobilitäts-

angebot | Lebensqualität | Technologie | Wirtschaft

Regionen weiter denken„Glokalisierung“ der Zukunft, Landwirtschaft der

Zukunft, Attraktiver Lebensraum der Zukunft,

Partizipation und Mitgestaltung im „Dorf der Zukunft“

Kultur | Arbeit | Landwirtschaft | Lebensqualität |

Wirtschaft | Partizipation

Staat und Politik weiter denkenFreiheit und Ordnung von morgen, Bürgerorientierung

von morgen, Gemeinden, Bezirke und Landesverwaltung

von morgen, E-Government von morgen

Gesetze | Kultur | Verwaltung | E-Government

Wirkungsorientierung | Partizipation

100

120

140

158

174

Selbstverständlich beziehen sich alle folgenden Themen immer auf Männer und Frauen. Allerdings wurde zugunsten des Lese flusses auf die detaillierte Unterscheidung (Gendern) verzichtet. Wir danken für Ihr Verständnis.

Page 6: Projekt Freiraum - Das Buch

6 Ergebnisse – Projekt Freiraum Weiterdenken.

Die Zukunft geht uns alle an, denn in ihr werden wir leben. Um

Oberösterreichs erfolgreiche Entwicklung auch in Zukunft weiter-

führen zu können, müssen neue Trends erkannt, Ziele definiert

und entsprechende Strategien erarbeitet werden.

Die Oberösterreichische Volkspartei hat daher das Projekt

Freiraum – Oberösterreich weiter denken ins Leben gerufen,

um gemeinsam mit der Bevölkerung, Fachleuten aus der Region

und internationalen Experten die wichtigsten Themenfelder, die

uns als Bundesland in den nächsten zehn bis 15 Jahren beschäf-

tigen werden, zu identifizieren. In zahlreichen Gesprächen,

Konferenzen und Workshops wurden Impulse für die Zukunft

Oberösterreichs erarbeitet.

Executive Summary

Den Kern der Handlungslinien bildet eine Vision für die Zukunft

unseres Landes. Oberösterreich soll auch künftig ein Land

sein, in dem Politik auf Basis klarer Werte und ambitionierter

Ziele gestaltet wird. Zudem muss es gelingen, unterschiedliche

Themenfelder miteinander in Einklang zu bringen – denn nur im

Zusammenspiel aus einer prosperierenden Wirtschaft, einem

dynamischen Arbeitsmarkt, der besten Bildung, attraktiven

Wohnmöglichkeiten, umfassender gesundheitlicher Versorgung

usw. lässt sich eine hohe Lebensqualität und ein optimaler

Lebensraum für die Bürger unseres Landes erreichen.

In kaum einem Bereich sind die Veränderungen und Umbrüche

unserer Zeit so deutlich sichtbar wie in der Arbeitswelt.

Page 7: Projekt Freiraum - Das Buch

7Weiterdenken. Ergebnisse – Projekt Freiraum

Um sich wieder der Vollbeschäftigung annähern zu können,

müssen neue Entwicklungen proaktiv aufgegriffen werden. Jobs

werden vermehrt in Zukunftsbranchen und durch innovative

Start-ups erstehen. Beschäftigungswachstum muss auf neu-

en Wegen unterstützt werden, etwa durch die Forcierung von

altersgerechten Arbeitsplätzen, damit die Menschen länger und

mit Freude im Erwerbsleben bleiben können. Die Arbeitswelten

verändern sich massiv, auch durch die sogenannten „atypischen

Beschäftigungsformen“. Technologische Veränderungen, fort-

schreitende Digitalisierung und Automatisierung machen neue

Kompetenzen und Qualifikationen erforderlich, worauf in der Aus-

und Weiterbildung ein Schwerpunkt gelegt werden muss.

Arbeitsplätze entstehen in erfolgreichen Unternehmen. Damit

die Wirtschaft wachsen kann, braucht sie bestmögliche Rahmen-

bedingungen am Standort. Die Wettbewerbsfähigkeit Ober-

österreichs muss mit jener der Top-Regionen in Europa Schritt

halten. Dafür braucht es die Bereitstellung einer modernen und

leistungsfähigen Infrastruktur. Der produzierende Sektor ist das

Rückgrat der oberösterreichischen Wirtschaft und muss durch

zukunftsweisende Initiativen, beispielsweise im Bereich „Indus-

trie 4.0“, weiter gestärkt werden. Analog dazu müssen Forschung

und Innovation weiter ausgebaut werden, denn schließlich sind

Know-how und Kreativität Fundamente für nachhaltigen Erfolg.

Gerade die zahlreichen kleinen und mittleren Unternehmen

sowie innovative Start-ups gilt es, in ihrem Wachstum und ihrer

Entwicklung optimal zu unterstützen, denn sie sind die Leit-

betriebe von morgen.

Junge Menschen haben das Recht, bestmöglich auf die Anfor-

derungen von morgen vorbereitet zu werden. Dafür braucht

es die konsequente Weiterentwicklung und Verbesserung des

Bildungssystems. Dazu zählt zunächst, die individuellen Stärken

und Talente der Kinder und Jugendlichen gezielt zu fördern.

Thematische Schwerpunkte sollen in jenen Bereichen gesetzt

werden, wo schon heute und morgen eine hohe Nachfrage auf

dem Arbeitsmarkt besteht. Ein modernes Bildungssystem muss

den Schulen des Landes verstärkt Autonomie und Flexibilität

ermöglichen. Qualifikation und Bildung sind essenziell für die

Vermittlung von Lebensperspektiven – nicht nur in Hinblick auf

die berufliche Karriere, sondern auch in Bezug auf Kultur, Musik,

Kunst, Sport etc. Auch lebensbegleitendes Lernen wird künftig

eine noch größere Rolle spielen, denn kaum ein Bereich ist mehr

von der Dynamik der Moderne und sich wandelnder gesellschaft-

licher Anforderungen betroffen als die Berufs- und Arbeitswelt.

Dafür müssen passfähige Angebote und Unterstützungsleistun-

gen bereitgestellt werden.

Oberösterreich durchlebt einen demografischen Wandel: Die

Menschen werden älter – eine positive Entwicklung für jeden Ein-

zelnen und gleichzeitig eine gesellschaftliche Herausforderung.

Mit steigender Lebenserwartung nehmen nicht nur sogenannte

Zivilisationskrankheiten und der Medikamentenverbrauch zu,

sondern auch die Sensibilisierung der Bevölkerung für gesund-

heitsbezogene Themen. Gesundheit bedeutet Lebensqualität,

zu der die Ausformung des Gesundheitssystems einen zent-

ralen Beitrag leistet. Dazu zählen sowohl das präventive, das

Page 8: Projekt Freiraum - Das Buch

8 Ergebnisse – Projekt Freiraum Weiterdenken.

medizinische als auch das pflegerische Angebot. Vor dem Hinter-

grund der Veränderungen im gesellschaftlichen, technologischen

und wirtschaftlichen Bereich ist das Gesundheitssystem in Ober-

österreich so weiterzuentwickeln, dass eine optimale Versorgung

bei gleichzeitiger Berücksichtigung von betriebswirtschaftlichen

und ethischen Grundsätzen gewährleistet werden kann. Nötig

ist dafür das Zusammenspiel aller Akteure. Politik, Forschung,

Gesundheitseinrichtungen, Aus- und Weiterbildungseinrichtun-

gen und die Bürger müssen ihre Angebote, Kompetenzen und

Verhaltensweisen so verändern, dass die Qualität des Gesund-

heitssystems gehalten und weiter verbessert werden kann.

Wohnen hat einen zentralen Einfluss auf unser Wohlbefinden.

Veränderte Ansprüche an den Wohnraum, technologische Erneu-

erungen genauso wie die zunehmende Sensibilisierung gegen-

über dem heimischen Bodenverbrauch machen es erforderlich,

die Rahmenbedingungen für Wohnen weiterzuentwickeln.

Besonders wichtig ist dabei die Sicherstellung eines leistbaren

Wohnens in einer anforderungsgerechten Umgebung. Die Mög-

lichkeit zur Schaffung von Eigenheim muss dabei auch in der

Zukunft gewährleistet sein. Die Veränderungen in den Familien-

strukturen und im Wertesystem der Menschen führen dazu, dass

es neue Formen des Zusammenlebens braucht. Diese gesell-

schaftlichen Bedürfnisse frühzeitig zu erkennen und geeignete

Flächen bzw. Räume zu schaffen, die innovative Wohnformen

erlauben, ist eine wesentliche Aufgabe der Politik.

Die Kinder und Jugendlichen von heute sind die Verantwortungs-

träger von morgen. Daher müssen im Bereich Familie und Kin-

derbetreuung attraktive Rahmenbedingungen geschaffen und

die Familie als Mittelpunkt der Gesellschaft gestärkt werden.

Optimale Kinderbetreuungsstrukturen ermöglichen nicht nur die

bestmögliche Betreuung und Förderung für jedes Kind, sondern

eine echte Wahlfreiheit für die Familien. Die Vereinbarkeit von

Familie und Beruf gilt es weiter zu forcieren, damit niemand vor

die Entscheidung „Kind oder Karriere“ gestellt werden muss. In

einer für den weiteren Lebensweg besonders prägenden Phase

sollten Jugendliche gezielt unterstützt werden. Zudem sollen

Jugendliche die Chance erhalten, mittels moderner Kommunika-

tionsmittel noch stärker in die Politik eingebunden zu werden.

Mobilität ist die Grundvoraussetzung für die Teilhabe am sozia-

len Leben und für die Ausübung von beruflichen Tätigkeiten. Das

Mobilitätsbedürfnis hat sich in den vergangenen Jahren deutlich

verstärkt, was zu einer Zunahme an Verkehrsmitteln, vor allem

Autos, führte. Es ist eine der zentralen Herausforderungen der

Zukunft, allen Bürgern eine größtmögliche Mobilität zu gewähr-

leisten, die den Ansprüchen an Leistbarkeit, Barrierefreiheit,

Komfort und ökologischer Verträglichkeit gerecht wird. Dafür

braucht es das Zusammenspiel von individuellem und öffentli-

chem Verkehr. Vor dem Hintergrund sich abzeichnender tech-

nologischer Entwicklungen (z. B. selbstfahrende Autos, intelli-

gente Verkehrssteuerung) und kulturbezogener Veränderungen

Page 9: Projekt Freiraum - Das Buch

9Weiterdenken. Ergebnisse – Projekt Freiraum

(z. B. Bereitschaft zum „Sharing“ von Verkehrsmitteln) braucht

es eine integrierte und den zukünftigen Anforderungen entspre-

chende Mobilitätsinfrastruktur und das darauf abgestimmte,

attraktive, öffentliche Mobilitätsangebot.

Der ländliche Raum und die Regionen spielen als Lebens-, Wirt-

schafts-, Natur-, Nahrungs- und Kulturraum eine wichtige Rolle.

Zumeist geografische oder infrastrukturelle Aspekte bedingen al-

lerdings oft eine Abwanderung in die Ballungsräume. Angesichts

der Bedeutung, die der ländliche Raum für Oberösterreich und

seine Menschen hat, braucht es Maßnahmen, die die Entwicklung

gesunder Gesellschafts-, Wirtschafts- und Landschaftsstruk-

turen sichern. Die politischen Ziele und die daraus resultieren-

den Maßnahmen sind daher so zu gestalten, dass unter aktiver

Einbindung der Bürger die Attraktivität der ländlichen Regionen

gesteigert wird.

Damit sich Oberösterreich als Lebens- und Wirtschaftsraum

weiter entfalten kann, braucht es das optimale Zusammenspiel

von Bürgern und den Gebietskörperschaften. Staat (Verwaltung)

und Politik schaffen jene Rahmenbedingungen, innerhalb derer

die einzelnen Verwaltungsebenen – Gemeinden, Bezirke und

Land – ihren Anforderungen bestmöglich gerecht werden können.

Staat und Politik schaffen außerdem Gesetze und Regeln des

Zusammenlebens, die das Fundament für die gesellschaftliche

Ordnung und die Freiheit des Einzelnen bilden. Sie stellen also

jene Rahmenbedingungen sicher, die es ermöglichen, dass

sich die unterschiedlichen Ebenen entsprechend ihrer Anfor-

derungen bestmöglich erhalten und weiterentwickeln können;

dies bei Gewährleistung einer größtmöglichen individuellen

Freiheit und einem Mindestmaß an Ordnung. Gesellschaftliche,

rechtliche, technologische und wirtschaftliche Veränderungen

stellen die Beständigkeit und Angemessenheit der bestehenden

Regeln allerdings kontinuierlich infrage und erfordern eine stete

Weiterentwicklung der politischen Instrumente und verwaltungs-

bezogenen Strukturen und Angebote. Eine bürgernahe Politik

und Verwaltung, die auf die Bedürfnisse der Einzelpersonen, aber

auch der Gesellschaft als Ganzes bestmöglich eingeht, ist das

Ziel. Dabei gehören alle Möglichkeiten, die die moderne Informa-

tions- und Kommunikationstechnologie bietet, ausgeschöpft.

Zu diesen Themenfeldern wurden viele Ideen und Anregungen

eingebracht, die im vorliegenden Bericht festgehalten sind.

Manche Aspekte zeichnen sich durch einen besonderen Inno-

vationsgehalt aus und werden wichtige Inputs für die weitere

Diskussion in Oberösterreich sein.

Page 10: Projekt Freiraum - Das Buch

10 Ergebnisse – Projekt Freiraum Weiterdenken.

Page 11: Projekt Freiraum - Das Buch

11Weiterdenken. Ergebnisse – Projekt Freiraum

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Ergebnisse – Projekt Freiraum

ErgebnisseProjektFreiraum

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Page 14: Projekt Freiraum - Das Buch

14 1.1. Ausgangssituation Ergebnisse – Projekt Freiraum

1. Einleitung

Ausgangssituation

1.1.

Die erfolgreiche Entwicklung, die Oberösterreich in den letzten

Jahren und Jahrzehnten erfahren hat, ging maßgeblich darauf

zurück, dass Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mit Verantwor-

tung und Weitsicht gehandelt haben und die Vielfalt an Lebens-

welten dabei berücksichtigt und miteinander verbunden haben.

Derzeit sind in vielen gesellschaftlichen Bereichen Umbrüche

und Veränderungen im Gang, die massive Auswirkungen auf

die Lebenswelt und Lebensgestaltung des Einzelnen sowie der

Gesellschaft haben. Damit sich unser Land weiterhin erfolg-

reich entwickeln kann, müssen rechtzeitig die richtigen Wei chen

gestellt werden. Relevante Entwicklungen müssen frühzeitig

erkannt und die erforderlichen Schritte gesetzt werden.

Oberösterreich mit seiner prosperierenden Wirtschaft, zukunfts-

orientierten Arbeitsplätzen, einem starken sozialen Zusam-

menhalt und einer hohen Lebensqualität hat zweifelsohne eine

gute Ausgangslage, um sich in Zukunft weiterhin erfolgreich zu

entwickeln. Der Vergleich zeigt allerdings, dass viele Regionen in

Europa mit hoher Geschwindigkeit aufholen. Gerade im Wettbe-

werb der Regionen dürfen wir uns nicht auf den Lorbeeren der

Vergangenheit ausruhen, sondern müssen Herausforderungen

mit Entschlossenheit begegnen und Chancen gezielt erschließen.

Obgleich der Blick in andere Regionen wertvolle Anregungen mit

sich bringen kann, so kann eine „Me too“-Strategie nicht ziel-

führend sein. Vielmehr müssen individuelle oberösterreichische

Strategien entwickelt werden, um die Stärken des Landes weiter

auszubauen und Potenzialfelder zu erschließen. Den erfolg­

reichen Weg in die Zukunft können wir nur gemeinsam finden

und gemeinsam gehen.

Daher hat die Oberösterreichische Volkspartei Mitte 2014 das

Projekt Freiraum – Oberösterreich weiter denken ins Leben

gerufen. Im Mittelpunkt des gesamten Projektes stehen die Ober-

österreicher, die im ersten Schritt um ihre Mitwirkung, ihre Ideen

und Verbesserungsvorschläge gebeten wurden. Mit über 5.000

Rückmeldungen war dies der größte Bürgerbeteiligungsprozess

in der Geschichte des Landes – das vorläufige Ergebnis liegt

nun vor und wird in den kommenden Jahren unter permanenter

Weiterentwicklung die politischen Debatten mitprägen.

Page 15: Projekt Freiraum - Das Buch

15Ergebnisse – Projekt Freiraum 1.2. Zielsetzung

1. Einleitung

Zielsetzung

1.2.

Ziel des Projektes Freiraum war die Erstellung eines Zukunfts­

programms für Oberösterreich unter aktiver Mitwirkung der

Bevölkerung sowie von zahlreichen Experten der regionalen,

nationalen und internationalen Ebene. Dabei wurde ein Rahmen

geschaffen, um strukturiert weiter in die Zukunft zu blicken,

relevante Trends und Entwicklungen, die Oberösterreich in unter-

schiedlichen Bereichen betreffen werden, zu identifizieren und

konkrete Handlungslinien zu entwickeln.

Oberösterreich hat eine gute Ausgangslage – aber nichts ist

so gut, dass es nicht noch besser werden könnte. Um in der

„Champions League“ europäischer Regionen mitspielen zu kön-

nen, müssen alle Stärken und Chancen im Land gezielt erschlos-

sen werden. Dies betrifft eine Vielzahl an Themenfeldern, in de-

nen Oberösterreich seine gute Position weiter verbessern muss.

Allen voran macht das Beispiel der Wirtschaftspolitik deutlich,

dass Innovation, Kreativität und konsequente Weiterentwicklung

erforderlich sind, um einen Spitzenplatz zu halten.

Auf diesem Weg muss Oberösterreich internationale Trends

und Entwicklungen frühzeitig erkennen und aktiv aufgreifen.

Der „Blick über den Tellerrand“ war daher eine zentrale Maxime

im Erstellungsprozess des Zukunftsprogramms. Neben einem

internationalen Trendscouting haben wir gezielt auch Experten

sowie Vertreter anderer Regionen eingebunden.

Neues zu wagen kann auch bedeuten, Altbewährtes zurückzu-

lassen. Die Erarbeitung einer Zukunftsperspektive muss ein

Weiter- und Neudenken in den Vordergrund rücken und über

bewährte Denkansätze hinausgehen. Dafür wurde beim Projekt

Freiraum bewusst ein Rahmen geschaffen.

Kurzfristiges Denken und Handeln in der Politik ist weder zu-

kunftsweisend noch verantwortungsvoll gegenüber nachfolgen-

den Generationen. Politisches Denken braucht klare Werte und

Grundsätze, politisches Handeln eine stete Anpassung an die

Anforderungen der Zeit. Eine Politik mit Weitblick und Verantwor-

tungsgefühl beinhaltet den Mut zu Reformen und innovativen

Maßnahmen. Im Mittelpunkt muss immer die Frage stehen, was

dem Wohl der Oberösterreicher langfristig dient.

Das vorliegende Programm „Oberösterreich weiter denken“

stellt das vorläufige Ergebnis dieses umfangreichen Prozesses

dar. Aus gehend von den Anliegen und Ideen der Bevölkerung

wurden dabei von zahlreichen Experten konkrete Handlungslinien

entwickelt, wie Oberösterreich in Zukunft noch erfolgreicher

und lebenswerter werden kann.

Page 16: Projekt Freiraum - Das Buch

16 1.3. Der Prozess Ergebnisse – Projekt Freiraum

Der Prozess

1.3.

Das Projekt Freiraum – Oberösterreich

weiter denken wurde in einem knapp ein-

jährigen Prozess erarbeitet, der in seinem

Umfang und seiner inhaltlichen Tiefe

einmalig war.

In einer ersten Phase wurden die Ober-

österreicher eingeladen, ihre Ideen und

Anregungen für die Zukunft des Landes

einzubringen. Fragen, wie Oberösterreich

in Zukunft aussehen soll, welche Heraus-

forderungen auf uns warten und welche

Rahmenbedingungen für eine positive Zu-

kunftsgestaltung geschaffen werden müs-

sen, standen dabei stets im Mittelpunkt.

Um möglichst viele Oberösterreicher in

den Prozess einbinden zu können, wurden

unterschiedliche Partizipationsmöglich-

keiten geschaffen:

Auf all diesen Kanälen wurden über 5.000

Ideen eingebracht. Die Themen Arbeit,

Bildung, Entbürokratisierung und Regio-

nalität wurden am häufigsten genannt.

Im Rahmen von 27 Zukunftsbrunches wurden die Oberösterreicher dazu

eingeladen, persönlich mit Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer, Projekt-

leiter und Klubobmann Mag. Thomas Stelzer, Landeshauptmann-Stell -

ver treter Franz Hiesl, Landesrätin Mag. Doris Hummer, Landesrat Max

Hiegelsberger, Landesrat Dr. Michael Strugl, Landtagspräsident KommR

Viktor Sigl, Landesgeschäftsführer Dr. Wolfgang Hattmannsdorfer sowie

weiteren Spitzenvertretern der OÖVP zu diskutieren. Insgesamt weit über

700 Bürger haben sich im Rahmen der Zukunftsbrunches aktiv eingebracht.

Eine gelbe Ape – ein dreirädriges Rollermobil – absolvierte eine Zukunfts­

tour durch ganz Oberösterreich. Bei 145 Einsätzen wurde ein anregender

Rahmen geschaffen, um einen Gedankenaustausch zu initiieren. Dabei

wurden rund 9.500 Becher Kaffee ausgeschenkt.

Für persönliche Gespräche mit der Bevölkerung waren die Projektmitar-

beiter über 2.100 Stunden unterwegs und legten 17.590 Kilometer zurück.

Daneben wurde das Internet genutzt und eine Web­2.0­Plattform eingerich-

tet. Auf der Projekt-Homepage wurde laufend über den Fortgang berichtet

und die Möglichkeit geschaffen, Beiträge als Text oder Video einzubringen.

Dem Trend zum mobilen Internet folgend wurde eigens eine App gestaltet.

Arbeitsplätze absichern und neue schaffen

Wirtschaftsstandort konkurrenzfähig gestalten

Bildung als Schlüssel für die Zukunft weiterentwickeln

Familien unterstützen sowie Kinderbetreuung ausbauen

Page 17: Projekt Freiraum - Das Buch

17Ergebnisse – Projekt Freiraum 1.3. Der Prozess

Miteinander der Generationen verbessern

Vielfalt in der Gesellschaft als Chance erkennen

Betreuung älterer Menschen sicherstellen

Leistbares Wohnen bereitstellen

Ländlichen Raum aufwerten, Abwanderung

entgegenwirken, Ortskerne beleben

Infrastruktur ausbauen (öffentlicher Verkehr,

Breitband, Straßen, Radwege)

Anfang 2015 wurde die zweite Projektphase eingeläutet. Die eingebrach-

ten Ideen wurden zunächst analysiert und verdichtet, um die prioritären

Themen felder zu identifizieren. Parallel wurde ein internationales Trend-

scouting durchgeführt, um Zukunftsentwicklungen mit Relevanz für Ober-

österreich zu erkennen und Anregungen für mögliche Handlungs strategien

abzuleiten.

Die prioritären Themenfelder wurden im Rahmen von acht Expertendialo­

gen diskutiert. Leitlinien für die Gestaltung einer zukunftsorientierten Politik

in Oberösterreich wurden entwickelt. Bei diesen hochkarätigen Konferenzen

wurden internationale und nationale Fachleute nach Oberösterreich geholt,

um deren wissenschaftliche Expertise und praktische Erfahrung in die Ge-

staltung einer zukunftsweisenden Politik einfließen zu lassen. Anschließend

wurden von Experten aus Oberösterreich an Thementischen die wesentli-

chen Chancen und Herausforderungen, Zieldimensionen für die Zukunft so-

wie mögliche politische Strategien und Maßnahmen diskutiert – insgesamt

haben sich so 270 Fachleute aktiv in die Erarbeitung von Zukunftsstrategien

für unser Land eingebracht.

Die regionale Dimension wurde im Rahmen von Bezirkskonferenzen erörtert.

Dabei wurden die Ideen und Anliegen der Bevölkerung auf Bezirksebene aus-

gewertet und zu den im Bezirk prioritären Themenfeldern mögliche Strategi-

en und Handlungslinien erarbeitet. Jeweils 30 bis 50 Schlüsselpersonen und

Meinungsbildner aus dem Bezirk haben daran teilgenommen, in Summe 900

Bürger und Entscheidungsträger aus den oberösterreichischen Regionen.

Page 18: Projekt Freiraum - Das Buch

Ergebnisse – Projekt Freiraum

Oberösterreich weiter denken

Page 19: Projekt Freiraum - Das Buch
Page 20: Projekt Freiraum - Das Buch

20 Ergebnisse – Projekt Freiraum Oberösterreich weiter denken – Vision

2. Oberösterreich weiter denken

Vision

Die Politik in Oberösterreich handelt auf Basis klarer Werte und

mit höchstem Verantwortungsgefühl für das langfristige Wohl

der gesamten Bevölkerung im Land.

Oberösterreich erlangt wieder Vollbeschäftigung

und bietet zukunftsfähige Jobs.

Oberösterreichs Standortattraktivität zählt zu den höchsten

unter den europäischen Regionen.

Das Bildungssystem umfasst eine ganzheitliche Persönlichkeits -

entwicklung und orientiert sich an den individuellen Stärken und

Chancen der jungen Menschen. Dabei werden sowohl Schlüssel-

qualifikationen wie auch persönliche und soziale Kompetenzen

entwickelt, um den Grundstein zu lebenslangem Lernen zu legen.

Ein flächendeckendes Präventions- und Gesundheitsangebot trägt zur

Lebensqualität in unserem Bundesland wesentlich bei. Die bestmögliche

medizinische Betreuung aller Oberösterreicher ist sichergestellt.

Leistbares, den jeweiligen Bedürfnissen entsprechendes

Wohnen ist in ganz Oberösterreich verfügbar.

Im Mittelpunkt von „Oberösterreich weiter

denken“ steht die Frage, wie Oberöster-

reich in zehn bis 15 Jahren aussehen soll.

Zusammenfassend haben sich dabei die

folgenden Visionen für die Zukunft unse-

res Landes herauskristallisiert:

Page 21: Projekt Freiraum - Das Buch

21Ergebnisse – Projekt Freiraum Oberösterreich weiter denken – Vision

Oberösterreich ist ein kinderfreundliches und familienorientiertes Land

mit umfangreichen Unterstützungsangeboten, aus denen die Familien

auswählen können.

In ganz Oberösterreich besteht eine moderne Mobilitätsinfrastruktur.

Innovative Konzepte und Technologien ermöglichen eine passende,

nachhaltige Mobilität für alle Oberösterreicher.

Die Lebensqualität ist in allen Regionen Ober österreichs, insbesondere dem

ländlichen Raum, auf höchstem Niveau.

Kulturangebote, ein aktives Vereinsleben, Sport- und Freizeitaktivitäten

unterstützen die Identifikation der Menschen in Oberösterreich mit ihrem

Heimatbundesland und stärken die lokale Gemeinschaft.

Die Verwaltung auf Landes-, Bezirks- und Gemeindeebene ist auf die

optimale Betreuung der Bürger ausgerichtet.

E-Government und ein regelmäßiges Leistungsbenchmarking erhöhen

kontinuierlich die Qualität und Effizienz der Verwaltung

Der Einbindung der Bürger in Gestaltungs- und Umsetzungsprozesse

kommt eine wichtige Bedeutung zu.

Page 22: Projekt Freiraum - Das Buch

Chancen und Herausforderungen,

Visionen, politische Zielsetzungen,

politische Maßnahmen

Arbeit Standort

Gesundheit

Mobilität

Jobs von morgen

Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen am Standort

Produktionsstandort der Zukunft

Vorsprung durch Forschung und Innovation

Wachstumspotenziale von KMU und Start­ups

Prävention der Zukunft

Das Gesundheitswesen der Zukunft

„Medical Valley“ Oberösterreich

Zukunftsweisende Verkehrsinfrastruktur

Individualmobilität der Zukunft

Öffentlicher Verkehr der Zukunft

Smart Mobility

Beschäftigung von morgen

Arbeitswelten von morgen

Kompetenzen von morgen

Inhaltlicher Überblick

Struktur

Themenfeld

Schwerpunkt Schwerpunkt Schwerpunkt Schwerpunkt

Chancen und Herausforderungen, Visionen, politische Zielsetzungen, politische Maßnahmen

22 Ergebnisse – Projekt Freiraum Oberösterreich weiter denken – Inhaltlicher Überblick

Page 23: Projekt Freiraum - Das Buch

Chancen und Herausforderungen,

Visionen, politische Zielsetzungen,

politische Maßnahmen

Bildung

Wohnen

Familie

RegionenStaat und Politik

Stärken­ und Chancenorientierung

Innovatives Bildungssystem

Lebenschancen durch Qualifikation und Bildung

Lebensbegleitendes Lernen

Leistbares Wohnen

Neue Wohnformen

Smart Homes

Eigenheim und Eigentum

Familie als Mittelpunkt der Gesellschaft

Optimale Kinder­betreuungsstrukturen

Familienfreundliche Arbeitswelt – arbeits­freundliche Familienwelt

Angebote und Perspek­tiven für Jugendliche

Freiheit und Ordnungvon morgen

Bürgerorientierungvon morgen

Gemeinden, Bezirke und Landesverwaltung von morgen

E­Governmentvon morgen

„Glokalisierung“ der Zukunft

Landwirtschaft der Zukunft

Attraktiver Lebensraum der Zukunft

Partizipation und Mitgestaltung im „Dorf der Zukunft“

23Ergebnisse – Projekt Freiraum Oberösterreich weiter denken – Inhaltlicher Überblick

Page 24: Projekt Freiraum - Das Buch

Ergebnisse – Projekt Freiraum

Arbeit weiter denken

Page 25: Projekt Freiraum - Das Buch
Page 26: Projekt Freiraum - Das Buch

26 Ergebnisse – Projekt Freiraum Arbeit weiter denken

Erwerbstätigenquoten Bundesländer 2013 (15–64 Jahre)

Quelle: Statistik Austria

62 %

64 %

66 %

68 %

70 %

72 %

74 %

76 %

Sbg. Tirol OÖ Vbg. NÖ Stm. Bgl. Ktn. Wien

75,875,2 75,0

74,3

73,3

72,3

70,669,9

67,8

Entwicklung der Arbeitslosenquote im Bundesländervergleich

Quelle: AMS

0 %

2 %

4 %

6 %

8 %

10 %

12 %

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Burgenl. Salzburg Tirol WienNÖ

OÖKärnten Steierm. Vorarlb. Österr.

Arbeitsplätze sind entscheidend für die wirtschaftliche

Prosperität und Dynamik einer Region, die persönlichen

Entwicklungsperspektiven der Menschen und die Han d-

lungsfähigkeit des Staates. Unter den rund 5.000 Ideen,

die im Rahmen von Projekt Freiraum aus der ober-

österreichischen Bevölkerung eingebracht wurden, war

das Thema „Arbeit“ eines der meistgenannten. Die

aktuelle globalwirtschaftliche Situation, der zunehmen-

de Standortwettbewerb sowie die fundamentalen Verän-

derungen in der Arbeitswelt unterstreichen die Relevanz

des Themas Arbeit für die Zukunft Oberösterreichs.

Oberösterreich war langjährig das Bundesland mit der

niedrigsten Arbeitslosenquote in Österreich und zählte

zu den diesbezüglichen Top-Regionen in Europa.

Mit 5,7 Prozent war die Arbeitslosenquote im Jahr 2014

zwar in Relation weiterhin sehr niedrig, dennoch waren

37.000 Menschen im Land ohne Job und 10.000 weitere

in Schulung.

Obgleich kein anderes Bundesland so viel in die Arbeits-

marktpolitik investiert wie Oberösterreich, so schlägt

sich doch die wirtschaftliche Entwicklung stark nieder,

weshalb auch 2015 mit einer steigenden Arbeits­

losigkeit zu rechnen ist. Die Schätzung geht von einer

Arbeitslosenquote in Höhe von 6,1 Prozent aus.

Darüber hinaus darf nicht übersehen werden, dass man

zugleich einen Beschäftigungsrekord feststellen kann.

Die Gründe dafür sind die demografische Entwicklung,

ein schwierigerer Zugang zu Pensionen und zusätzliche

Gruppen, die verstärkt am Arbeitsmarkt teilhaben –

so steigt erfreulicherweise z. B. die Erwerbsquote bei

Frauen. Die Erwerbstätigenquote liegt in Oberösterreich

bei 75 Prozent und ist damit eine der höchsten unter den

Bundesländern.

Bis zum Jahr 2020 werden vor allem aufgrund der demo-

grafischen Entwicklung mehr als 30.000 Fachkräfte in

Oberösterreich fehlen – diese Lücke muss geschlossen

werden, da sonst ein Ausweichverhalten von Unterneh-

men und im schlimmsten Fall deren Abwanderung droht.

„Kurzfristig entstehen Arbeitsplätze durch Wirt­schaftswachstum. Langfristig bestimmen Mega­trends, welche Branchen in Zukunft wachsen und wo neue Jobs entstehen werden.“ Landesrat Dr. Michael Strugl

3. Arbeit weiter denken

Page 27: Projekt Freiraum - Das Buch

27Arbeit weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

Ansatzpunkte und Maßnahmen, die seitens des Landes Ober-

österreich hierzu gesetzt werden, umfassen in erster Linie eine

aktive Arbeitsmarktpolitik gemäß der Strategie „Arbeitsplatz

Oberösterreich 2020“ mit den Potenzialgruppen Jugendliche,

Ältere, Frauen, Menschen mit Beeinträchtigung sowie Menschen

mit Migrationshintergrund. Weitere Maßnahmen betreffen u. a.

die Unterstützung von KMU im Wettbewerb um Fachkräfte

(z. B. „Employer Branding“-Programm), eine ständige Analyse

des Arbeitskräftebedarfs im „Oö. Fachkräfte-Monitor“ und

eine Steigerung der Standortattraktivität für ausländische

Fach- und Spitzenkräfte zur Erzielung eines „Brain Gain“.

„Drei Trends werden die Zukunft der Arbeit fundamental prägen: Der demografische Wandel, zunehmende Digitalisierung der Arbeit und Automatisierung.“ Prof. Dr. Bert RürupPräsident des Handelsblatt Research Institute

Mit diesen Trends geht einher, dass die Grenzen zwischen Arbeit ­

geber und Arbeitnehmer immer mehr verschwimmen und Men-

schen zunehmend unternehmerisch tätig werden. In der Zukunft

werden weiterhin Berufe verschwinden. Aber es werden auch

neue dazukommen. Entscheidend ist, dass wir diese Entwicklun-

gen erkennen und darauf reagieren – dann bietet die Zukunft für

alle viele Chancen.

Vor dem Hintergrund des drohenden Fachkräftemangels ist

es erforderlich, Wachstumsspielräume zu schaffen. Wachstum

lässt höhere Löhne für Facharbeiter zu, damit werden (hoch-)

qualifizierte Berufe attraktiver, was wiederum zu weiterem

Wachstum beitragen könnte.

Aus dem demografischen Wandel müsste Österreich die

Konsequenz ziehen und sich zu einer aktiven Zuwanderungs-

gesellschaft entwickeln, meint Prof. Rürup. Wichtig sei eine

gezielte Zuwanderungspolitik, um neuen Qualifikationsstruk-

turen gerecht zu werden. Auch müsste Österreich die Erwerbs -

Prof. Dr. Bert Rürup

1975 Professor für Volkswirtschaftslehre an der

Universität Essen

1976–2009 Leitung des Fachgebiets Wirtschafts-

und Finanzpolitik an der Technischen Universität

Darmstadt

2000–2009 Mitglied im Sachverständigenrat zur

Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen

Entwicklung

ab 2005 Vorsitzender des Sachverständigenrats,

Kuratoriumsvorsitzender des Deutschen Instituts

für Wirtschaftsforschung

Präsident des Handelsblatt Research Institute

Mitglied im Institut für die Zukunft der Arbeit

3. Arbeit weiter denken

Altersstruktur der Erwerbspersonen in OÖ: 2013, 2030, 2050

Quelle: Statistik Austria

0 %

20 %

40 %

60%

80 %

2013 2030 2050

100%

15–29 J.

45+ Jahre

30–44 J.

26,6

36,2

37,3

23,9

37,9

38,2

24,0

34,7

41,3

tätig keit von Frauen stärker unterstützen – zumal Frauen eine

höhere Bildungsbeteiligung aufweisen als Männer. Dieses

Potenzial darf man nicht ungenutzt lassen.

Ein Blick in die Arbeitslosenstatistik zeigt, dass die Arbeitslosen-

quote bei Hochqualifizierten in Österreich seit Jahren konstant

ist, erläutert der AMS-Vorstand Dr. Johannes Kopf. Bei Personen

mit Pflichtschulabschluss hat sie sich in den letzten 20 Jahren

jedoch mehr als verdoppelt. Bildung ist daher ein zentraler

Schlüssel zur Ergreifung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt

der Zukunft.

Page 28: Projekt Freiraum - Das Buch

28 Ergebnisse – Projekt Freiraum Arbeit weiter denken

Dr. Johannes Kopf LL.M.

Studium der Rechtswissenschaften,

Europarecht-Postgraduate-Lehrgang

1999–2003 Referent der Industriellenvereinigung,

Schwerpunkt Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik

2001–2002 Österreichs Arbeitgeber-Verhandler in

Brüssel im sozialen Dialog der EU zu den Themen

Leiharbeit und Telearbeit

2003–2006 Arbeitsmarktexperte im Kabinett von

Wirtschafts- und Arbeitsminister Dr. Martin Bartenstein;

Mitglied im Verwaltungsrat des Arbeitsmarktservice

seit 2006 Mitglied des Vorstands des Arbeitsmarkt-

service Österreich

Da sich die Anforderungen permanent ändern, wird lebensbe­

gleitendes Lernen in Zukunft eine noch größere Rolle spielen.

Es ist notwendig, ein fortschreitendes und konstantes Lernen in

der Bevölkerung zu verankern, sodass sich Beschäftigte laufend

an neue Bedarfe anpassen können.

Jungen Menschen ist der nutzenstiftende Aspekt der Arbeit

ein großes Anliegen, weshalb auch das Phänomen der „Social

Entrepreneurs“ an Bedeutung gewinnen wird. Die Arbeit wird

in Zukunft vermehrt projektbezogen und auch für mehrere

Arbeitgeber erfolgen.

„Die neuen Entwicklungen beein ­flussen unsere Arbeitswelt in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit. In dieser sich so stark verändernden Welt gilt es, neue Antworten, aber auch neue Regulierungen zum Schutz der arbeitenden Menschen zu finden. Für die öffentlichen Strukturen sind das auch große Herausforderungen.“ Dr. Johannes Kopf, Arbeitsmarktservice Österreich

Page 29: Projekt Freiraum - Das Buch

29Ergebnisse – Projekt Freiraum Arbeit weiter denken

Ziele und Leitlinien

Primäres Ziel im Bereich Arbeitsmarkt ist, wieder Vollbeschäf-

tigung in unserem Land zu erreichen. Wie der Begriff „Arbeits-

markt“ ausdrückt, braucht es dafür Angebot und Nachfrage.

„Angebot“ meint hier die Verfügbarkeit von erwerbsfähigen

Personen mit der erforderlichen Qualifikation.

Daher müssen im Bereich der Bildung und aktiven Arbeitsmarkt-

politik alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, Menschen für die

Arbeit zu befähigen. „Nachfrage“ beschreibt in diesem Kontext

das Jobangebot, welches in erster Linie durch Wirtschaftswachs-

tum und erfolgreiche Unternehmensentwicklung induziert wird.

Internationale Studien und Trendanalysen weisen auf enorme

Veränderungen in der Arbeitswelt hin. Oberösterreich muss

diese Entwicklungen aufgreifen, um das hohe Beschäftigungs-

niveau zu halten und langfristig das Ziel der Vollbeschäftigung

zu erreichen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung,

zukunftsweisende Strategien und Handlungslinien für die

„Arbeit von morgen“ zu entwickeln.

Auf Basis dieser Analysen, der Experten-Inputs sowie der

zahlreichen Ideen und Anregungen aus der Bevölkerung

haben sich vier Themenfelder herauskristallisiert, die die

„Arbeit von morgen“ beschreiben:

In welchen Branchen entstehen neue Jobs? Welche Berufe werden in Zukunft

gefragt sein? Was fördert oder hemmt die Entstehung neuer Arbeitsplätze?

Langfristig entstehen neue Jobs aufgrund von strukturellen Veränderungen in

wachsenden Branchen, Nischenbereichen und innovativen Betrieben. Die Dynamik

technologischer Entwicklungen wird daher in Zukunft eine maßgebliche Rolle bei

der Frage spielen, in welchen Bereichen neue Jobs entstehen.

Jobs von morgen

Wie können mehr Menschen in Beschäftigung gebracht und gehalten werden?

Wie kann der demografische Wandel am Arbeitsmarkt bewältigt werden?

Aufgrund eines zunehmenden internationalen Wettbewerbs werden die Anforderungen

seitens der Arbeitgeber immer komplexer und damit die Übereinstimmung zwischen

diesen und den Qualifikationen der potenziellen Arbeitnehmer diffiziler. Auf der einen

Seite steigen die Arbeitslosenzahlen und auf der anderen Seite berichten immer mehr

Betriebe von Problemen bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern. Um Beschäf ti-

gung für morgen zu sichern, müssen diese Diskrepanzen überwunden werden.

Beschäftigung von morgen

Wie sehen Arbeitsformen, Beschäftigungsmodelle, Arbeitszeiten etc. von morgen

aus? Welchen Stellenwert hat Arbeit in Zukunft (Work­Life­Balance)?

Offensichtlich sind die Veränderungen in den Arbeitswelten, die sich bereits abzeichnen:

Die sogenannten atypischen Beschäftigungsformen nehmen stetig zu, die Volatilität

der Beschäftigungsverhältnisse steigt. Leistungsorientierte Entlohnungsmodelle setzen

sich gegenüber den traditionellen zeitbasierten Arbeitsmodellen vermehrt durch, auch

wird zunehmend selbständiges Arbeiten gefordert. Die gesetzlichen Rahmenbedingun-

gen in Österreich bieten dafür bisher nur bedingt einen geeigneten Rahmen.

Arbeitswelten von morgen

Welche Qualifikationen und Kompetenzen brauchen die Arbeitnehmer von morgen

(z. B. durch Industrie 4.0)? Welches Know­how sollen internationale Spitzenkräfte/

Rückkehrer nach Oberösterreich bringen?

Die „Arbeit von morgen“ wird neue Kompetenzen und Qualifikationen erforderlich

machen. So ist beispielsweise in der Industrie ein deutlicher Trend zur verstärkten Auto -

matisierung und Vernetzung der Produktionskomponenten festzustellen, der unter Be-

gri ffen wie „Industrie 4.0“ oder „Internet der Dinge“ zusammengefasst wird. Das wird –

wie auch in vielen anderen Branchen – neue Anforderungsprofile an die Arbeitnehmer

zur Folge haben.

Kompetenzen von morgen

Page 30: Projekt Freiraum - Das Buch

30 Ergebnisse – Projekt Freiraum Arbeit weiter denken

Unter anderem wurden im Rahmen des Expertendialogs im

Diskurs der Fachleute aus Oberösterreich anhand dieser vier

Themenfelder die wesentlichen Entwicklungsperspektiven

und mögliche Handlungslinien erarbeitet. Die Diskussion

erfolgte in vier Dimensionen:

Chancen und Herausforderungen für die Zukunft

Vision für Oberösterreich

Vorschläge für politische Zielsetzungen und Strategien

Mögliche politische Maßnahmen

Die Ergebnisse des Expertendialogs wurden im Anschluss

aufbereitet und punktuell durch weitere Vorschläge ergänzt,

die im Rahmen von ähnlich gelagerten Zukunftsprozessen

sowie in internationalen Studien vorgeschlagen wurden.

Page 31: Projekt Freiraum - Das Buch

31Arbeit weiter denken 3.1. Jobs von morgen

Chancen und Herausforderungen für die Zukunft

Vision für Oberösterreich

Vorschläge für politische Zielsetzungen und Strategien

Mögliche politische Maßnahmen

Jobs von morgen

Neue Jobs entstehen durch Start-ups

Forcierung von Unternehmensgründungen in Zukunftsbranchen

Regulatorik muss abnehmen

Die Umsetzung guter Ideen sollte gefördert anstatt

durch Gewerberegulierungen erschwert werden.

Zuwachs an Jobs im Bereich persönlicher, nicht-automatisierbarer

Dienstleistungen (insbesondere Gesundheit, Pflege und Soziales)

Wachstumspotenziale in den Bereichen Leichtbau und Kunststoff

Beschäftigungsfaktor Internet gezielt erschließen

Zukunftsmarkt Training, Fortbildung, Lernen

Arbeitskräftebedarf im Bereich Tourismus- und Freizeitwirtschaft

Zukunftschancen im Bereich Energie/Umwelt/Nachhaltigkeit

Zunahme projektbezogener Jobs

Marketing und Vertrieb werden immer von Bedeutung sein

Bedarf an Kommunikationsberatern (betriebsintern und privat)

Chancen durch online-basierte geringfügige Arbeiten („Microjobs“)

Perspektiven durch Selbständigkeit und Unternehmertum

Neue Jobs werden in erster Linie in

Märkten entstehen, in denen in Zukunft

eine hohe Nachfrage bestehen wird.

Chancen und Herausforderungen für

Oberösterreich liegen insbesondere in

einer Erleichterung der Umsetzung inno-

vativer Ideen. Konkret wurden folgende

Punkte genannt:

Die Vision für Oberösterreich lautet klar,

die Chancen durch Zukunftsmärkte zu

erschließen, damit neue Arbeitsplätze

entstehen können. Beispiele für zukunfts-

weisende Branchen sind etwa personen-

bezogene Dienstleistungen, Gesundheits-

berufe, technische Berufe, Internet und IT,

Umwelt und Nachhaltigkeit etc.

3.1.

Page 32: Projekt Freiraum - Das Buch

32 3.1. Jobs von morgen Arbeit weiter denken

Eigenverantwortung fördern

Balance zwischen dem Bedarf an mehr Fachkräften und

zugleich mehr Generalisten im Bildungssystem berücksichtigen

Ausweitung der präventiven Arbeitsmarktpolitik

Trend zu mehr Selbständigkeit –

soziales Netz für Selbständige sicherstellen

Sinnstiftende, vollwertige Jobs für Schwächere schaffen,

um sie in die Gesellschaft zu integrieren

Begriff der „Arbeit“ weiter fassen und neu definieren

Arbeit soll Symbiose von Sinn, Freude und Leistung sein

Unterstützung von sozialen Innovationen und „Social Entrepreneurship“

Passfähige politische Strategien für

die „Jobs von morgen“ fokussieren die

Stärkung der Eigenverantwortung und

die Unterstützung bei der Umsetzung

von Ideen. Auch gilt es, den immateriellen

Wert der Arbeit als Quelle der Sinnstiftung

wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken.

Massive Entlastung des Faktors Arbeit, Senkung der Lohnnebenkosten

Erleichterung und Unterstützung von Unternehmensgründungen

Schwerpunktsetzung auf Zukunftsbranchen: Leichtbau/Kunststoff,

Green Jobs, Gesundheit/Soziales etc.

Beschäftigungs- und Innovationsmotor Internet erschließen (Ausbildung/

Fachkräfte, Breitbandausbau, neue Geschäftsmodelle …)

Steigerung der Internationalität in der Berufsausbildung (Englisch,

Förderung von Lehrlingsaustausch etc.)

Neue Berufsbilder kommunizieren (z. B. Life Sciences, Green Technologies,

Biotechnologien, Neue Energieformen …)

Neue Chancen durch digitale Arbeit, Cloud Computing etc. schaffen –

Arbeit ist vielfach nicht mehr an den Standort des Arbeitgebers gebunden

Eine Lehre in mehreren Firmen ermöglichen, da Klein- und

Kleinstbetriebe oft keinen Lehrling ganz beschäftigen können

Mögliche konkrete politische Maßnahmen

im Bereich „Jobs von morgen“ liegen

in einer Senkung der Lohnnebenkosten

zur Entlastung des Faktors Arbeit, der

Erleichterung und Unterstützung von

Unter nehmensgründungen im All ge mei-

nen sowie im Besonderen in Zukunfts-

branchen, auf die gezielte Schwerpunkte

gesetzt werden sollten.

Page 33: Projekt Freiraum - Das Buch

33Arbeit weiter denken 3.2. Beschäftigung von morgen

Demografischer Wandel führt zu mehr älteren

Arbeitnehmern und längerer Erwerbszeit

Adäquate Beschäftigungsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer schaffen

Ältere Arbeitnehmer geistig und körperlich „fit“ halten,

um eine längere Beschäftigung zu ermöglichen

Schnelllebigkeit der Ausbildung wird weiter zunehmen

Mangel an Technikern und Facharbeitern im Handwerk

Gruppe der „Schwächeren“ darf nicht vergessen werden

Weg vom „Kirchturmdenken“ in Oberösterreich – internationale

Mobilität von Arbeitskräften (Outgoings und Incomings)

Bindung von Mitarbeitern gewinnt an Bedeutung

Internationale Berufsausbildung ist nötig,

um global wettbewerbsfähig zu bleiben

Eine zentrale Herausforderung in Bezug

auf die „Beschäftigung von morgen“ ist

die Bereitstellung von adäquaten Beschäf-

tigungsmöglichkeiten für ältere Arbeit-

nehmer, denn durch die demografischen

Veränderungen wird ein längerer Verbleib

im Erwerbsleben erforderlich sein. Eine

weitere Herausforderung liegt im zuneh-

menden Fachkräftemangel – vice versa ist

es eine große Chance für Oberösterreich,

wenn junge Menschen für einen techni-

schen Beruf begeistert werden können.

Beschäftigung von morgen

3.2.

Page 34: Projekt Freiraum - Das Buch

34 3.2. Beschäftigung von morgen Arbeit weiter denken

Bewusstsein für häufigere Jobwechsel insbesondere auf der

Arbeitgeberseite schärfen

„Wertigkeit“ der Facharbeiter in der Gesellschaft erhöhen

Internationalisierung schreitet voran: Österreich muss sich auf dem Arbeits-

markt und in seinen Strukturen weiter öffnen und eine „Willkommenskultur“

für Hochqualifizierte („Brain Gain“) schaffen

Kooperative, sachbezogene Zusammenarbeit

in der Sozialpartnerschaft steigern

Deutlich weniger Bürokratie, damit unser Land

im internationalen Vergleich attraktiv bleibt

Höherer Stellenwert von Frauenarbeit: Frauen sollen länger im Berufsleben

bleiben und besser integriert werden

Allen Jugendlichen eine Perspektive und Einstiegsmöglichkeiten

ins Berufsleben bieten

Visionen und Perspektiven für die

„Beschäftigung von morgen“ adressieren

unterschiedliche Bereiche wie etwa ein

stärkeres Bewusstsein für häufigere

Jobwechsel, internationale Offenheit

und „Willkommenskultur“, Abbau büro-

kratischer Hürden etc. Ein wichtiger

Aspekt ist auch die Wertschätzung von

Facharbeitern, die gerade im industrie-

orientierten Oberösterreich eine wichtige

Säule darstellen.

Ausbildungssystem flexibler und durchlässiger gestalten,

Schwerpunktsetzung auf Bereiche mit steigendem Bedarf

Berufsbegleitende Aus- und Weiterbildungen bzw. Umschulungen forcieren

„Ausgleiten“ zum Ende der Erwerbstätigkeit ermöglichen

Abflachen der Gehaltskurve kombiniert mit höheren Einstiegsgehältern zur

Verringerung der Differenz in den Lohnkosten zwischen älteren und jüngeren

Arbeitnehmern

Individuelle, frühzeitige Entwicklung sozialer Kompetenzen ermöglichen

Forcierung eines internationalen und attraktiven kulturellen Umfelds in

Oberösterreich, um junge Hochqualifizierte anzuziehen („Urban Lifestyle“)

Die Erwerbsquote von Menschen mit Migrationshintergrund soll erhöht

werden, Deutschkurse für Zuwanderer ausweiten

Menschen mit gesundheitlich bedingten Vermittlungseinschränkungen

sollen verstärkt in den Arbeitsmarkt integriert werden

Gesunderhaltung ist für längeres Erwerbsleben notwendig

Damit diese Vision Realität wird, sind

politische Rahmenbedingungen erfor-

derlich, die mehr Flexibilität zulassen.

Dies betrifft etwa das Ausbildungssystem,

berufsbegleitende Weiterbildungen oder

eine Erleichterung des „Ausgleitens“

zum Ende der Erwerbstätigkeit.

Page 35: Projekt Freiraum - Das Buch

35Arbeit weiter denken 3.2. Beschäftigung von morgen

Aufwertung der Lehre und technisch-handwerklicher Berufe

und Ausbau der Berufsorientierung bei Jugendlichen

Bewusstseinsbildung bei allen Akteuren für Veränderungen der Arbeitswelt

Unternehmen für die spezifischen Bedürfnisse unterschiedlicher

Altersgruppen sensibilisieren

Unterstützung von Unternehmen, um sie „demografiefit“ zu machen

Nachhaltiges und demografiegerechtes Personalmanagement

Moderne Anreizsysteme statt starrer Fördersysteme –

z. B. Zuverdienst zur Pension bzw. bei Altersteilzeit

Forcierung der Altersteilzeit als Möglichkeit,

schrittweise vom Erwerbs- ins Pensionsleben überzutreten

Anreizsysteme für die Schaffung vollwertiger Arbeitsplätze

für Menschen mit schwierigem Einstieg einrichten

Forcierung altersgerechter Arbeitsplätze bzw. von Transfermodellen,

wenn eine körperlich anstrengende Arbeit nicht mehr möglich ist

Lebenszyklusorientierte Personalpolitik betriebsübergreifend umsetzen –

unterschiedliche Beschäftigungsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer

je nach Branche, Größe etc.

Reformierung des Pensionswesens, insbesondere um längeren Verbleib im

Erwerbsleben zu honorieren

„Brain Gain“: Schaffung einer „Willkommenskultur“, Steigerung der

Attraktivität Oberösterreichs für internationale Spitzenkräfte

Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitszufriedenheit: Lohnzufriedenheit,

gute Karrierechancen, Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitsanforderungen, die zu

den eigenen Fähigkeiten passen

Eigenverantwortung der Arbeitnehmer für die eigene

Arbeitsfähigkeit einfordern

Krankenstand: neue Modelle, wie z. B. Teilzeit-Krankenstand,

auf ihre Vor- und Nachteile prüfen

Konkrete politische Maßnahmen

fokussieren dementsprechend eine

Attraktivierung der Lehre und technisch-

handwerklicher Berufe sowie eine Aus -

weitung der Berufsorientierung. Auch

wären Maßnahmen sinnvoll, die auf die

Veränderungen der Arbeitswelt eingehen

wie beispiels weise Bewusstseinsbildung

bei den relevanten Akteuren, Forcierung

altersgerechter Arbeitsplätze und Trans-

fer modelle. Weiters muss Oberösterreich

attraktiver für internationale Spitzenkräf-

te werden, die mit ihrem Know-how zahl-

reiche Arbeitsplätze im Land sichern.

Page 36: Projekt Freiraum - Das Buch

36 3.3. Arbeitswelten von morgen Arbeit weiter denken

Arbeitswelten von morgen

3.3.

Zunahme atypischer Beschäftigungen

Höhere Flexibilität wird verlangt werden

Neue rechtliche Rahmenbedingungen werden erforderlich sein

Neue Arbeitswelten erfordern neue Offenheit und Flexibilität

sowohl auf Arbeitnehmer- als auch auf Arbeitgeberseite sowie

Anpassung innerbetrieblicher Strukturen und Entscheidungsprozesse

Schutz vor Selbstausbeutung bei steigenden Anforderungen

„Innerfamiliäre Arbeitswelten“, z. B. durch Kinderbetreuung

oder Pflege von Angehörigen, gewinnen an Bedeutung

Schere zwischen Top-Jobs und Arbeitsplätzen

für Geringqualifizierte wird weiter auseinandergehen

Internationales Denken und Handeln ist erforderlich,

um im Standortvergleich bestehen zu können

Rolle der Frau: komplexe Anforderungen an Frauen

als Arbeitnehmerin, Unternehmerin, Mutter …

„Generation Praktikum“ –

Berufseinstieg für junge Hochqualifizierte oftmals schwierig

Zunehmende Automatisierung des Dienstleistungssektors

als Chance für neue Jobs und Risiko, dass bestehende Jobs wegbrechen

Die Arbeitswelten sind massiven Ver -

änderungen unterworfen. Was derzeit

noch als atypisch gilt, kann schon bald

die Regel sein. Mit dem Tempo der Ver-

änderungen auf Seiten der rechtlichen

Rahmenbedingungen Schritt zu halten,

wird eine große Herausforderung für

die kommenden Jahre sein.

Page 37: Projekt Freiraum - Das Buch

37Arbeit weiter denken 3.3. Arbeitswelten von morgen

Hohe Flexibilität, aber zugleich Sicherheit in

den Rahmenbedingungen garantieren

Flexible Arbeitsplätze schaffen, die auf spezielle Bedürfnisse eingehen –

Anreize z. B. durch Körperschaftssteuer

Mehr Offenheit für neue Beschäftigungsformen ist notwendig

Selbständigkeit muss gefördert werden

Work-Life-Balance durch flexible Arbeitszeitgestaltung steigern:

Ergebnisorientierung statt Anwesenheitsorientierung

Zielgerichtete Sozialpolitik statt „Gießkannen-Prinzip“

Gezielte Zuwanderung und Integration zur Deckung des

zunehmenden Fachkräftebedarfs, offene Informationskultur

Ehrenamt ist ein Plus – auch für die Arbeitgeber

Gut erreichbare Arbeitsplätze

Die Visionen und Perspektiven für die

„Arbeitswelten von morgen“ sehen eine

stärkere Flexibilität in vielerlei Hinsicht

vor – zugleich müssen die Rahmenbe-

dingungen Sicherheiten, etwa in Bezug

auf Sozialsysteme, gewährleisten.

Bedarfsgerechte Arbeitszeiten, Überregulierung bekämpfen

und Transparenz schaffen

Verstärkte Ergebnisorientierung und Abkehr vom „Zeit-Denken“

durch „Vertrauensarbeitszeit“

Rahmen für Kreativität und Innovation schaffen – individuelle Arbeits-

modelle ermöglichen und individuelle Dienstleistungen forcieren

Abgaben-, Sozial- und Gesundheitssystem auf atypische Beschäftigungs-

verhältnisse abstimmen – soziales Netz sicherstellen

Offenheit für neue Beschäftigungsformen herstellen

Selbstständigkeit/Eigenverantwortung/Autonomie stärken

Verlagerung der Entscheidungsebenen zu individuellen

Vereinbarungen vor Ort

Arbeitsfreien Sonntag erhalten

Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen für Geringqualifizierte

Neue „Willkommenskultur“ schaffen

Ältere Arbeitnehmer: Längere Freizeitphasen ermöglichen

„Flexicurity“ – Ausgewogenheit zwischen Flexibilität und Sicherheit

in arbeits- und sozialrechtlichen Belangen

Mehr Flexibilität sollte auch eine Politik

für die „Arbeitswelten von morgen“

prägen. Regularien sollen mehr Raum für

Kreativität und Innovation ermöglichen,

realitätsnäher gestaltet werden und auf

atypische Beschäftigungsformen stärker

eingehen.

Page 38: Projekt Freiraum - Das Buch

38 3.3. Arbeitswelten von morgen Arbeit weiter denken

Konkrete Rahmenbedingungen im einzelnen Betrieb schaffen bzw.

Vereinbarungen auf Betriebsebene ermöglichen

Flexible Arbeitszeitmodelle schaffen (Teilzeit, Projektarbeit etc.)

Zeitgemäßes Arbeitsrecht gestalten (Zeitwertkonto, Angleichung

atypischer Beschäftigungsformen im Arbeits- und Sozialrecht etc.)

Erleichterung des zeitlich befristeten Wechsels von

Voll- zu Teilzeitarbeit, insbesondere bei Kinderbetreuungspflichten

Forcierung einer familienbewussten Personalpolitik als Kernelement der

Unternehmenskultur sowie als Positionierungselement der Arbeitgeber

Erhöhung der Erwerbstätigkeit von Frauen durch bessere Vereinbarkeit von

Familie und Beruf (flexible Arbeitszeiten, Kinderbetreuungseinrichtungen)

Zeitarbeit als Chance des Wiedereinstiegs von Langzeitarbeitslosen

„Workplace Innovation“ – Gleitzeit, Homeoffice-Arbeit, alternative Entloh-

nungssysteme, Mitwirkungsmöglichkeit von Beschäftigten, flache Hierar-

chien, Aufgabenrotation etc.

Prävention statt Reparation in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen

Gezielte, arbeitsmarktbezogene Zuwanderung –

Reform „Rot-Weiß-Rot“-Karte und „Blaue Karte“ der EU

Arbeitserlaubnis erleichtern: Wer legal im Inland ist,

sollte auch arbeiten dürfen

Steigerung der Attraktivität von Oberösterreich

für internationale Spitzenkräfte

Transparente und nachvollziehbare Einwanderungsregeln, strukturelle

Verankerung einer „Willkommens- und Anerkennungskultur“ und ein

gesetzlicher Rahmen für eine langfristige gesellschaftliche Beteiligung

Arbeitsplätze für Jugendliche mit Beeinträchtigung

oder Lernschwäche bereitstellen

Lebenseinkommensmodell: Aufzeigen, dass man mit einer dualen

Ausbildung über das ganze Berufsleben hinweg oftmals gut

verdienen kann

Analog zu den Visionen und Strategien

werden weitreichende Maßnahmen zur

Flexibilisierung im Arbeitsrecht angeregt,

welche neben der Arbeitszeit auch die so-

genannten atypischen Beschäftigungs-

formen adressieren. Ferner sollten

Erleichterungen in der Arbeitserlaubnis

vorgenommen werden, damit alle arbeits-

fähigen und -willigen Personen im Land

auch Zugang zum Arbeitsmarkt haben.

Page 39: Projekt Freiraum - Das Buch

39Arbeit weiter denken 3.4. Kompetenzen von morgen

Fähigkeit aufbauen, mit Wissen und Neugierde umzugehen –

Ausbildung ist nicht gleich Bildung

Attraktivierung der Lehre und handwerklicher Berufe,

breitere Berufsorientierung in den Schulen

Attraktivität des Lehrerberufs fördern (Vordienstzeiten fair anrechnen)

Stärkenorientierung im Bildungssystem: Menschen müssen sich mit Freude

in einem lebenslangen Lernprozess weiterentwickeln können

Hochbegabten die Möglichkeit bieten, sich an

betrieblichen Prozessen zu beteiligen

Mehr Fokus auf praktische Erfahrungen und praktisches Know-how

Durch die Vielfalt an Bildungsangeboten trägt man der Heterogenität der

Menschen Rechnung. Gleichzeitig ist es eine große Herausforderung, sich

für den richtigen Bildungsweg zu entscheiden

Universitäre Ausbildung: Fach- und Methodenkompetenz vermitteln

Bedarf an „Generalisten“ wird steigen

Aufgrund der enormen Veränderungen

in der Arbeitswelt werden in Zukunft die

„Kompetenzen von morgen“ gefragt sein.

Chancen und Herausforderungen für

Oberösterreich liegen hierbei darin, einen

Paradigmenwechsel zu vollziehen: Nicht

die formale Ausbildung ist entscheidend,

sondern die tatsächlichen Kompetenzen.

Kompetenzen von morgen

3.4.

Page 40: Projekt Freiraum - Das Buch

40 3.4. Kompetenzen von morgen Arbeit weiter denken

Fachliche Kompetenzen, soziale Kompetenzen, Grundkompetenzen,

praktische Kompetenzen – ein breites Spektrum wird vermittelt

Mehr Absolventen von in MINT-Fächern (Mathematik, Informatik,

Naturwissenschaft und Technik) und Vermittlung technischer

Kompetenzen in interdisziplinären Ausbildungen

Internationalisierung: Sprache, interkulturelle Kompetenz

Unternehmerisches Denken und erhöhte Veränderungsbereitschaft

Kompetenzen in Projekt- und Prozessmanagement

Kooperations- und Netzwerksfähigkeit

Ausbildung ist nicht nur Aufgabe der Eltern und Lehrer –

verstärkte Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft

Mehr Anerkennung für Lehrer und Pädagogen

Durchlässigkeit zwischen Lehrerberuf und anderen Jobs

Lernmotivation und Lernkompetenz – als Basis

für „lebensbegleitendes Lernen“

Innerbetriebliches Wissensnetzwerk – Flexibilität am Arbeitsmarkt

Hohe Führungskompetenz – positives Arbeitsklima, motivierte Mitarbeiter

Nachhaltigkeitsdenken (Gesundheit, Umwelt, längeres Arbeiten …)

Eigenverantwortung des Einzelnen

Die Visionen für die Zukunft im Themen-

bereich „Kompetenzen von morgen“ spie-

geln die Komplexität der Anforderungen

wider: Neben technischen Kompetenzen

sollen Sozialkompetenzen, interdiszipli-

näres Denken, sprachliche und inter kul-

turelle Fähigkeiten und unternehmersches

Handeln vermittelt werden. Dafür braucht

es ein besseres Zusammenspiel von

Schule, Wissenschaft, Wirtschaft und

Gesellschaft.

Praxisorientierung in die Ausbildung besser implementieren

Prüfung des Bedarfs an Schultypen

Konsequente Durchsetzung der Ausbildungspflicht

Stärkung des dualen Systems, Betonung des Stellenwerts der Lehre

Feststellung einer mittleren Reife nach Ende der Schulpflicht (9. Schuljahr)

Attraktivität des Lehrerberufs steigern, Reform der Lehrerausbildung,

stärkere Unterstützung von Personen mit Berufserfahrung

Aus- und Weiterbildung sind zentrale

Säulen, um die „Kompetenzen von

morgen“ vermitteln zu können. Entspre-

chende politische Strategien beinhal-

ten den Wunsch nach weitreichenden

Reformen im Bildungsbereich, welche

u. a. eine Stärkung der Schulautonomie

oder eine Reform der Lehrpläne umfas-

sen. Der zunehmenden Bedeutung des

lebens begleitenden Lernens sollte durch

entsprechende Anreize und breitere Ange-

bote stärker Rechnung getragen werden.

Page 41: Projekt Freiraum - Das Buch

41Arbeit weiter denken 3.4. Kompetenzen von morgen

Schwerpunkt Technik und Naturwissenschaft in der Ausbildung

zur Bekämpfung des Fachkräftemangels

Moderne Schulausbildung/technische Ausstattung an Schulen

Lehrpläne in Schulen adaptieren (Wirtschaft, soziale Kompetenz,

Internationalität und Bewegung)

„Soft Skills“ stärker vermitteln: Projekt- und Prozessmanagement,

Netzwerkdenken, Innovation, Entrepreneurship etc.

Kernkompetenzen/Grundfertigkeiten fördern

Neue Grundfertigkeiten und Schlüsselkompetenzen unter

besonderer Berücksichtigung der sozialen Kompetenz fördern

Durchlässigkeit des Bildungssystems erhöhen – Perspektiven schaffen

Lehrpläne der Kindergartenpädagogen-Ausbildung

permanent weiterentwickeln

Elternschule für mehr Verständnis und Verantwortung (Ausbildungspflicht)

Anerkennung von Ausbildungen im Ausland und im Inland verbessern

Der Anteil der Jugendlichen zwischen 20 und 24 Jahren mit Ausbildung

über Pflichtschulniveau muss deutlich erhöht werden

(Ausbildungsverpflichtung)

Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen älterer Personen

Zielführende Maßnahmen zur Vermittlung

der „Kompetenzen von morgen“ umfassen

zunächst eine weitere Schwerpunktset-

zung im Bereich Technik und Naturwissen-

schaften. Eine verbesserte Durchlässig keit

des Bildungssystems sowie eine Erleich-

terung der Anerkennung von im Ausland

erworbenen Bildungsabschlüssen würden

weiters dazu dienen, das Know-how der in

Oberösterreich lebenden Per sonen opti-

mal für den Arbeitsmarkt zu erschließen.

Anpassung der Lehrpläne

Leistungsorientierung im Lehrerberuf (Schulautonomie)

Lebenslanges, lustvolles Lernen – abgestimmte Module anbieten

Steuerliche Absetzbarkeit von Weiterbildung verbessern

Förderungen für Befähigungsausbildungen

Green Jobs sowie Gesundheitsberufe werden bedeutender –

Kompetenzen früh aufbauen

Page 42: Projekt Freiraum - Das Buch

42 Ableitungen und Impulse für Oberösterreich Mobilität weiter denken

Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Ziel des Projektes Freiraum war es,

ohne jegliche Einschränkung Ideen und

Anregungen für die Zukunft Oberöster­

reichs zu sammeln. Breite Diskussionen

mit zahlreichen Fachleuten brachten eine

Fülle an Themen und Anregungen, die

hier zusammengefasst sind. Unter den

Vorschlägen finden sich viele Aspekte,

die bereits im Rahmen anderer Diskurse

eingebracht wurden oder Gegenstand

der öffentlichen Debatte sind. Manche

Aspekte zeichnen sich jedoch durch

ihren Innovationsgehalt aus und werden

daher gesondert herausgearbeitet. Die

wichtigsten Ableitungen und Impulse für

die weitere Diskussion in Oberösterreich

werden zu jedem Themenfeld abschlie­

ßend auf den Punkt gebracht.

Modellprojekte für eine bedarfsgerechte Arbeitswelt

Um der zunehmenden Volatilität der Wirtschaft Rechnung zu tragen und

langfristig Modelle zu entwickeln, die für Arbeitgeber- und Arbeitnehmersei-

te vorteilhaft sind, könnten z. B. Modellprojekte zu flexiblen Arbeitszeiten im

Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ausgetestet werden.

„Initiative Traumjob“

Der demografische Wandel macht ein längeres Verbleiben im Erwerbs-

leben erforderlich. Viele Menschen im fortgeschrittenen Alter können oder

möchten aber nicht mehr im angestammten Beruf tätig sein. Eine aktive

Unterstützung und Erleichterung beim Jobwechsel in der Generation 50+

(z. B. Beratungsangebote, Jobplattform, Training on the Job, Finanzierung

von Umqualifizierungen etc.) könnte dazu motivieren, die letzten Jahre des

Berufslebens mit Begeisterung und neuer Energie zu verbringen.

„Endlich selbständig“

Die Selbständigkeit bildet gerade für erfahrene Personen viele Chancen,

wie das stetig steigende Durchschnittsalter der Gründer zeigt. Angeregt

wird eine Initiative für „Senior Entrepreneurs“, die endlich ihre eigenen Plä-

ne und Visionen realisieren wollen. Selbständigkeit auch im höheren Alter

soll als Chance verstanden werden, passende Beschäftigungsformen (z. B. in

Hinblick auf Arbeitszeit und Flexibilität) umzusetzen und die lang jährige

Erfahrung produktiv in die Gesellschaft einzubringen.

„Silver economy“

Senioren sind eine wachsende Gruppe und verfügen über eine hohe

Kaufkraft. Im Bereich Bildung und Unternehmensgründungen könnten

Schwerpunkte gesetzt werden, um besonders für diese Zielgruppe pas-

sende Produkte und Dienstleisungen anzubieten.

Initiative „Anders Arbeiten“

Wir erleben massive Veränderungen der Arbeitswelten. Dennoch besteht in

den Köpfen eine Trennung in „typische“ und „atypische“ Beschäftigung. Im

Rahmen einer attraktiven Informationsserie und durch bewusstseinsbilden-

de Maßnahmen kann ein Verständnis bei Unternehmen und Arbeitnehmern

für die damit verbundenen Chancen geschaffen werden.

Potenziale von sozialen Innovationen und „Social Entrepreneurs“

Technologische und wirtschaftliche Innovationen zielen in der Regel auf

Gewinnsteigerung ab. Daneben gibt es sogenannte „soziale Innovationen“,

bei denen die Lösung einer gesellschaftlichen Herausforderung im Mittel-

punkt steht. Gerade für junge Menschen hat Arbeit immer mehr auch mit

Selbstverwirklichung und Sinnstiftung für die Gesellschaft zu tun. Gesell-

schaftsrelevante Innovationen und sogenannte „Social Entrepreneurs“ könn-

ten vor diesem Hintergrund besser unterstützt und vor den Vorhang geholt

werden.

Page 43: Projekt Freiraum - Das Buch

43Mobilität weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Interdisziplinäre Ausbildungen forcieren

Die Arbeitswelten der Zukunft werden komplexere Kompetenzprofile ver-

langen, Chancen ergeben sich insbesondere an Schnittstellen unterschied-

licher Kompetenzen. Hierfür sind vermehrt interdisziplinäre Ausbildungen

im Schul- und Hochschulbereich zu entwickeln, wofür Oberösterreich

gute Rahmen bedingungen bietet (z. B. IT, Medizin und Sozialkompetenzen,

technische und sprachliche Kompetenzen, wirtschaftliche und kulturelle

Kompetenzen etc.)

Pilotaktion „Flexiwork“

Für jene Personen, die aufgrund von Pflege- oder Kinderbetreuungspflichten

oder körperlichen Beeinträchtigungen nicht mit dem Tempo und den An-

forderungen der modernen Arbeitswelt Schritt halten können, könnte man

besonders flexible Arbeitsplätze bereitstellen, die steuerlich begünstigt sind.

So lassen sich auch Personen, die große außerberufliche Herausforderun-

gen zu bewältigen haben, in die Arbeitswelt integrieren.

Schwerpunktaktion „Digitale Arbeit in Oberösterreich“

Automatisierung und Digitalisierung verändern Berufsbilder und Arbeits-

prozesse in allen Wirtschaftsbereichen von Grund auf – sowohl in der Indus-

trie wie auch im Handel, Gewerbe oder Dienstleistungssektor. Oberöster-

reich muss sich auf diese bevorstehenden Veränderungen aktiv vorbereiten

und beispielsweise neue Berufsbilder verbreiten, neue Kompetenzen vermit-

teln, Transformationsprozesse begleiten und Ähnliches mehr.

Digitalisierung als Chance für den ländlichen Raum

Die fortschreitende Digitalisierung – Stichwort „Industrie 4.0“ – hat zur

Folge, dass Arbeit immer weniger an den physischen Standort gebunden ist.

Das erhöht einerseits den Kreis der Mitbewerber, andererseits eröffnen sich

große Chancen für den ländlichen Raum. Der Breitbandausbau bietet hierfür

die notwendige Infrastruktur, die es nun gezielt zu nutzen gilt.

Living Lab „Future of Work“

Die Zukunft der Arbeit, insbesondere im Hinblick auf Produktion und Digita -

li sierung, könnte im Rahmen eines „Living Lab“ erprobt und aufgezeigt wer-

den. Dabei wird eine Test- und Experimentierumgebung geschaffen, wo unter

möglichst realen Bedingungen Innovationen entwickelt werden. Mögliche

Themen für Oberösterreich könnten ein Blick in die „Fabrik 2050“ oder die

Erprobung von Roboterunterstützung im Dienstleistungsbereich sein.

Internationalisierung Oberösterreichs

Oberösterreich braucht gezielten Zuzug, um das Beschäftigungsniveau und

den Wohlstand aufrechterhalten zu können. Hochqualifizierte Spitzenkräfte,

etwa in Forschung und Entwicklung, sichern Tausende Arbeitsplätze im Land

ab. Um für diese Zielgruppe, die oft aus vielen Angeboten auswählen kann,

attraktiv zu sein, braucht Oberösterreich eine viel stärkere Internationalisie-

rung und Positionierung als offene, dynamische und lebenswerte Region.

Page 44: Projekt Freiraum - Das Buch

Ergebnisse – Projekt Freiraum

Standort weiter denken

Page 45: Projekt Freiraum - Das Buch
Page 46: Projekt Freiraum - Das Buch

46 Ergebnisse – Projekt Freiraum Standort weiter denken

4. Standort weiter denken

Die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Oberösterreich ist nicht

nur den Wirtschaftstreibenden ein großes Anliegen, son dern

auch der breiten Bevölkerung. Zahlreiche Ideen und Anregungen,

die im Rahmen von Projekt Freiraum eingebracht wurden,

befassten sich mit der Frage, wie der Wirtschaftsstandort Ober-

österreich in Zukunft weiter an Attraktivität gewinnen kann. Das

unterstreicht das hohe Bewusstsein der Oberösterreicher für

diese Thematik und die Zusammenhänge zwischen Standort-

attraktivität, Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsmarkt und Lebens-

qualität.

Oberösterreich ist zweifelsohne ein starker Wirtschaftsraum

mit zahlreichen Unternehmen, die durch Engagement und Inno-

vation auf regionalen und internationalen Märkten reüssieren.

Mit rund 56 Milliarden Euro regionaler Wertschöpfung ist

Oberösterreich neben Wien der Wirtschaftsmotor des Landes.

In den letzten 20 Jahren sind rund 110.000 Arbeitsplätze neu

geschaffen und rund 25.000 Unternehmen in Oberösterreich ge-

gründet worden. Für ein Flächenbundesland ist die Infra struktur

leistungs fähig und die Arbeitslosigkeit war und ist im Bundes-

ländervergleich sehr niedrig.

Der Wettbewerb der Regionen wird sich jedoch weiter inten-

sivieren. Standortrankings belegen, dass andere Regionen in

den letzten Jahren deutlich an Attraktivität gewonnen haben.

Der „Regional Competitiveness Index 2013“ der Europäischen

Kommission zeigt, dass Oberösterreich im Mittelfeld der euro-

päischen Regionen liegt. Die politische Weichenstellung für die

Zukunft des Standortes Oberösterreich ist daher von großer

Bedeutung, um Oberösterreich in den nächsten Jahren auch im

internationalen Kontext noch wettbewerbsfähiger zu machen.

Denn nur wenn Unternehmen gerne in Oberösterreich inves-

tieren, sind auch künftig Arbeitsplätze, Wohlstand und soziale

Sicherheit gewährleistet.

Daher hat Landeshauptmann Dr. Josef

Pühringer das Ziel gesetzt, dass Ober­

österreich zu den Top­Regionen Europas

aufschließt. Die zentralen Ansatzpunkte,

damit Oberösterreich in der „Champions

League“ europäischer Regionen mitspielen

kann, liegen im Ausbau der Attraktivität

als Wirtschaftsstandort, in einem sicheren

und stabilen Arbeitsmarkt, in einer fort-

schrittlichen Bildung und Ausbildung

sowie in Wissenschaft und Forschung auf

Weltklasse-Niveau.

Der Wettbewerb der Regionen stellt für den

Standort Oberösterreich aber auch eine

große Chance dar, weil dadurch Zugänge zu

neuen Märkten eröffnet werden können.

„Wir dürfen uns mit dem Ist­Stand nicht zufrieden geben. Wir müssen zu den zehn besten Regionen Euro­pas aufsteigen. Dieser Aufstieg wird mit Sicherheit kein Spaziergang, sondern eine steile Bergpartie!“

Landeshauptmann Dr. Josef PühringerOÖ im Vergleich zum Median der Top­20­Industrieregionen

in den 11 Säulen des RCI 2013

Quelle: IV Oberösterreich

Institutions

Innovation

BusinessSophistication

TechnologicalReadiness

Labor Market Efficiency

Higher Education and Lifelong Learning

Market Size Basic Education

Health

Infrastructure

Macroeconomic Stability

Oberösterreich

Median Top-20

Page 47: Projekt Freiraum - Das Buch

47Standort weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

4. Standort weiter denken

Sander van Waveren, Utrecht

Studium der Geografie und Raumordnung

an der Universität Utrecht

Seit 2010 Mitglied im Stadtrat von

Utrecht (330.000 Einwohner)

Fraktionsvorsitzender und wirtschafts-

politischer Sprecher der „Christen

Democratisch Appèl“ (CDA)

Vorsitzender des Ausschusses für

Menschen und Gesellschaft

Im Standortranking der Europäischen Kommission wurde unter

262 Regionen als wettbewerbsfähigste Region Europas die Pro-

vinz Utrecht in den Niederlanden auf den ersten Rang gereiht.

Wesentliche Erfolgsfaktoren für den Wirtschaftsstandort Ut recht

sind laut Sander van Waveren, Mitglied des Utrechter Stadt rates,

zum einen die attraktiven Basisbedingungen vor Ort.

Dazu zählen etwa eine moderne Infrastruktur und ein investiti-

onsfreundliches Umfeld sowie die Bereitstellung von Entwick-

lungsflächen für Betriebserweiterungen und Neuansiedelungen

in der Raum planung.

Der wichtigste Standortfaktor sind jedoch die Menschen.

In Utrecht wurde die Zielgruppe junger, hochqualifizierter Per -

sonen besonders in den Fokus genommen – etwa Studierende

und Absolventen der Hochschulen. Durch ein dynamisches

Umfeld, attraktive Wohnmöglichkeiten und ein breites Kultur-

und Freizeitangebot möchten viele Utrecht zu ihrem Lebensmit-

telpunkt machen.

Obgleich Utrechts Wirtschaft vor allem auf Dienstleistungen

basiert, sind Forschung und Entwicklung absolut notwen-

dig, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Neben Universitäten,

Forschungseinrichtungen und Großunternehmen spielen

Start-ups dabei eine immer größere Rolle.

„Business won’t come, if you don’t have the right people. Business will come, if you do have the right people.“

Sander van Waveren

„Wissen ist unser einziger Rohstoff, und den müssen wir noch stärker entwickeln. Zusätzlich zu immer dringender benötigten Fachkräften brauchen wir auch Spitzen­kräfte in Wirtschaft und Wissenschaft – Oberösterreich muss noch viel attraktiver werden, damit wir Top­Leute zu uns holen und hier halten können.“

Landesrat Dr. Michael Strugl

So haben etwa viele oberösterreichische Unternehmen heute

schon Standorte im Ausland oder enge Exportbeziehungen,

sodass sie weniger auf den Heimmarkt und die Entwicklung in

Kerneuropa angewiesen sind als früher.

Um im globalen Standortwettbewerb erfolgreich zu sein, braucht

Oberösterreich hervorragende Rahmenbedingungen: Dazu

gehört zum einen die „Hardware“ – also eine perfekt ausge-

baute Infra struktur der Verkehrswege, Breitband-Internetzu-

gang, verlässliche Energieversorgung etc. Neben der Hardware

braucht der Standort Oberösterreich auch die „Software“ – also

kompetente und engagierte Menschen im Land.

Page 48: Projekt Freiraum - Das Buch

48 Ergebnisse – Projekt Freiraum Standort weiter denken

Stefan Albat,

Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft

Studium der Rechtswissenschaften an der

Ludwig-Maximilians-Universität in München

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

des Deutschen Bundestages

Seit 1987 wissenschaftlicher Mitarbeiter

im Landesverband der bayerischen Industrie

Seit 1997 stellvertretender Hauptgeschäfts führer

und Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik der

Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. –

der zentralen Interessenvertretung der bayerischen

Wirtschaft mit insgesamt 4,4 Millionen Beschäftigten

Während Utrecht eine dienstleistungsorientierte

Wirtschaftsstruktur aufweist, ist Bayern – ähnlich wie

Oberösterreich – stark von der Industrie geprägt. Unter

den europäischen Industrieregionen, mit denen sich

Oberösterreich realistischerweise vergleichen kann,

zählt Bayern zu den Top-Playern.

Auch hier haben engagierte und kompetente Mitarbeiter

zur Erfolgsgeschichte den größten Beitrag geleistet.

Weiters wurde die Infrastruktur massiv ausgebaut, was

zur Herausbildung starker Leitbetriebe und eines inno-

vativen Mittelstandes führte.

Als international orientierter Industriestandort sieht

sich Bayern jedoch einer zunehmenden Konkurrenz

aus Schwellenländern, insbesondere in Asien, konfron-

tiert – denn deren Tempo in der Forschung, Innovation

und Standortentwicklung übersteigt jenes von Bayern

deutlich.

Industriell geprägte Regionen in Europa müssen daher

noch stärker als bislang Schwerpunkte setzen und diese

konsequent in den Bereichen Bildung/Humanressour-

cen, Forschung und Innovation, Unternehmensgrün-

dungen, Infrastruktur etc. umsetzen, um eine ähnlich

gelagerte Wachstumsdynamik zu entwickeln. Nur in

ausgewählten Themenfeldern kann eine Hochlohnregion

eine Spitzenposition im internationalen Wettbewerb

erlangen und langfristig erhalten.

Ein weiterer Erfolgsfaktor Bayerns war und ist die Bil-

dung strategischer Allianzen mit anderen Regionen. Im

weltweiten Konzert der Wirtschaftsräume sind euro-

päische Regionen, zum Teil auch Nationalstaaten, nur

„kleine Fische“. Damit wir auf der globalen Bühne eine

entsprechende Sichtbarkeit und Stärke erhalten können,

braucht es einen Schulterschluss innerhalb Europas und

eine gemeinsame Standortentwicklung.

„Innovation statt Restriktion muss der Leitgedanke für den Standort Oberösterreich werden.“

Mag. Thomas StelzerProjektleiter

„Andere Regionen der Welt investieren massiv in Forschung und neue Technologien. Süd­korea hat in Bezug auf Glasfaser­Internetan­schlüsse etwa 25 Jahre Vorsprung. Wir müssen daher thematische Schwerpunkte bilden und mit Nachdruck forcieren, damit wir uns lang­fristig behaupten können.“

Stefan Albat

Page 49: Projekt Freiraum - Das Buch

49Standort weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

Ziele und Leitlinien

Vier Themenfelder beschreiben die maßgeblichen Ziele und Leitlinien für die

Weiterentwicklung der Standortattraktivität Oberösterreichs:

Wie können Wachstumshemmnisse abgebaut und Investitionsanreize gesetzt

werden? Welche Infrastrukturen braucht ein wettbewerbsfähiger Standort

Oberösterreich in Zukunft (Verkehr, Daten, Energie)?

Unternehmen brauchen wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen, damit sie sich erfolg-

reich entwickeln können und Investitionen am Standort tätigen. Das betrifft sowohl das

regulatorische Umfeld, wo Wachstumshemmnisse abgebaut werden müssen, wie auch

die Infrastrukturanbindung. Hierbei wird neben der Verkehrsinfrastruktur und einer

sicheren, verlässlichen und leistbaren Energieversorgung die Datenanbindung über

Breitband-Internetzugang immer wichtiger.

Was kann getan werden, um die Leitbetriebe als Zugpferde der regionalen Wirtschaft

im internationalen Wettbewerb zu unterstützen? Was braucht ein Industriestandort

der Zukunft, etwa in Verbindung mit „Industrie 4.0“?

Oberösterreichs Wirtschaft ist in hohem Maße industrie- und exportorientiert. Um auch

in Zukunft ein attraktiver Standort für produzierende Unternehmen sein zu können,

müssen die Leitbetriebe als „Zugpferde der regionalen Wirtschaft“ unterstützt, Zugänge

zu globalen Wachstumsmärkten erschlossen und relevante Zukunftsthemen wie insbe-

sondere „Industrie 4.0“ aufgegriffen werden.

Wie sieht das Zusammenspiel von Wissenschaft und Wirtschaft in Zukunft aus?

Welche Spezialisierungen und Schwerpunkte können in Bildung, Forschung und

Wirtschaft in Oberösterreich gesetzt werden?

Wissen ist unser einziger Rohstoff. Forschung und Innovation sind die wesentlichen

Strategien, um als Hochlohnregion im globalen Wettbewerb reüssieren zu können.

Da andere Regionen, insbesondere in Asien, massiv in Forschung und Innovation in-

vestieren, müssen die Strukturen, Kompetenzen und Kooperationen in Oberösterreich

laufend weiterentwickelt und fokussiert werden.

Wie können Klein­ und Mittelbetriebe in ihrer erfolgreichen Entwicklung bestmöglich

unterstützt werden? Was braucht die wachsende Start­up­Szene in Oberösterreich,

damit unternehmerische Ideen optimal umgesetzt werden können?

Knapp 45.000 Unternehmen mit 320.000 Beschäftigten in Oberösterreich zählen zu

den Klein- und Mittelbetrieben. Deren Wachstums- und Innovationspotenziale müssen

erschlossen werden, ebenso muss ein attraktives Umfeld für Investitionen geschaffen

werden – etwa durch geeignete Finanzierungsinstrumente. Zudem gilt es, wachstums-

orientierte Unternehmensgründungen zu unterstützen, denn die Start-ups von heute

sind die Leitbetriebe von morgen.

Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen am Standort:

Produktionsstandort der Zukunft:

Vorsprung durch Forschung und Innovation:

Wachstumspotenziale von KMU und Start-ups:

Page 50: Projekt Freiraum - Das Buch

50 4.1. Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen am Standort Standort weiter denken

Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen am Standort

Abbau von Wachstumshemmnissen und

Schaffung fördernder Rahmenbedingungen

Reduktion der überzogenen Auflagen und Regulierungen

Steigerung der Produktivität und Innovationskraft

zum Erhalt und Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit

Gewährleistung eines Arbeitnehmerschutzes und sozialer Sicherheiten in

Verbindung mit wettbewerbsfähigen Arbeitszeitgesetzen

Leistungsfähige Infrastruktur mit entsprechenden Verkehrsverbindungen

auf Straße, Schiene und Wasserwegen, attraktive Flugverbindungen vom

und zum Blue Danube Airport Linz sind nötig

Bewusstsein für Infrastrukturmaßnahmen auf breiter Ebene

Verfügbarkeit von aufgeschlossenen bzw. rasch aufschließbaren Betriebs-

flächen, insbesondere im Hinblick auf Neuansiedelungen und Betriebserwei-

terungen

Verlässliche und leistbare Energieversorgung,

insbesondere für die energieintensive Industrie in Oberösterreich

Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzeptes für Energiepolitik

in Oberösterreich

Um den Standort Oberösterreich wett-

bewerbsfähig zu halten, müssen die

Rahmenbedingungen angepasst und bei-

spielsweise Überregulierungen ab gebaut

werden. Weitere zentrale Herausforde­

rungen für Oberösterreich werden der

Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und die

Sicherstellung leistbarer und nachhaltiger

Energieversorgung darstellen.

4.1.

Page 51: Projekt Freiraum - Das Buch

51Standort weiter denken 4.1. Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen am Standort

Wachstum ist möglich und wird unterstützt

Das Miteinander steht im Vordergrund

(Mitarbeiter/Arbeitgeber, Mitbewerber)

Infrastruktur ist entsprechend den Anforderungen vorausschauend

als Gesamtkonzept geplant und wird ausgebaut

In Kindergärten und Schulen ist die technische und wirtschaftliche Bildung

sowie das Lernen von Fremdsprachen fest verankert

Quantensprung am Bildungs- und Hochschulsektor

Oberösterreich ist international: Verschiedene Kulturen und Sprachen

werden als Bereicherung und Chance gesehen

Oberösterreich ist eine Logistik-Drehscheibe und Musterland

für nachhaltige, innovative Logistik

Flächendeckende, moderne Infrastruktur im Bereich Informations-

und Kommunikationstechnik (IKT)

Oberösterreich ist eine Energie-Leitregion, die Nachhaltigkeit

mit wirtschaftlicher Prosperität verbindet

Die Energiekosten ermöglichen eine internationale

Wettbewerbsfähigkeit

Aufstieg Oberösterreichs in die Liga der Top-Wirtschaftsstandorte in Europa

Entbürokratisierung und Deregulierung konsequent fortsetzen

Mut zu Neuem, z. B. Vorzeigeprojekte mit flexiblen Arbeitsmodellen

Investitionsanreize schaffen, Signalisierung von Planungssicherheit durch

die Politik

Vermittlung von neuen Skills in der Aus- und Weiterbildung

Stellenwert der Lehre attraktivieren

Internationale Profilstärkung der Johannes Kepler Universität Linz

Universitäts- und Fachhochschulstandort durch mehr

Bildungskapazitäten und Lehrangebot aufwerten

Mehr Anreize, weniger Restriktionen

(z. B. in Bezug auf Umweltauflagen, Arbeitszeit, Denkmalschutz etc.)

Stärkere Vernetzung mit anderen Industrieregionen Mitteleuropas

Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Wirtschaft stärken

Hürde „vom Unternehmer zum Lehrenden“ verringern

In der Vision für Oberösterreich wird

wirtschaftliches Wachstum umfassend

unterstützt. Das Bildungssystem ist an

den Wirtschaftsstandort angepasst und

Oberösterreich ist offen für Internationali-

tät. Ferner wird die Infrastruktur entspre-

chend den Anforderungen ausgebaut.

Politische Zielsetzungen umfassen den

Aufstieg Oberösterreichs zu den wettbe-

werbsfähigsten Regionen Europas, eine

stärkere Vernetzung mit anderen indus-

triestarken Regionen, Entbürokratisierung

und einen Paradigmenwechsel hin zu

mehr Anreizen für Unternehmen.

Page 52: Projekt Freiraum - Das Buch

52 4.1. Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen am Standort Standort weiter denken

Veränderungen in der Wirtschafts- und Arbeitswelt frühzeitig erkennen

und proaktiv aufgreifen

Umfassender, langfristiger Standortentwicklungsplan für 2050 unter

Berücksichtigung von Themen wie Bildung, Energie, Infrastruktur etc.

Leichtere Finanzierung für risikobehaftete Start-ups

Konsequenter und flächendeckender Breitbandausbau

Transparente und effizientere Genehmigungsverfahren,

Verkürzung und Beschleunigung der Amtswege bei Umwidmungen

Sicherung von Industrieflächen in der Regionalplanung

Abbau der bürokratischen Anforderungen an Betriebe

Wirtschaftliches Know-how an den Schulen vermitteln

und wirtschaftliche Ausbildungen aufwerten

Grenzübergreifende Infrastrukturplanungen

Anbindung des Linzer Flughafens an mindestens drei internationale „Hubs“

Anbindung Oberösterreichs an den Großraum München ausbauen

Bessere Einbindung des Ennshafens ins Verkehrsnetz

„Willkommensagentur“ mit Mentoring zur Betreuung von

neu zugezogenen Personen (Herstellung von Kontakten,

Unterstützung beim Berufseinstieg …)

Konsequente Fortsetzung der Maßnahmen zur Bekämpfung

des Fachkräftemangels und Entwicklung innovativer Ansätze

Bedarfsgerechte Arbeitszeiten inkl. begleitender Rahmenbedingungen

(z. B. Ausweitung der Kinderbetreuungsplätze und -betreuungszeiten)

Weiterentwicklung der Energieinfrastruktur zur Sicherstellung

der Versorgung und Netzqualität

Ausbau der erneuerbaren Energien und nachwachsenden Rohstoffe

Besonderer Einsatz auf Bundes- und EU-Ebene im Bereich

der Energie- und Umweltpolitik

Unternehmen durch Anreizsysteme zu mehr Energie-

und Ressourceneffizienz motivieren

Infrastruktur auf Straße/Schiene sowie zu Wasser/in der Luft ausbauen

Forcierung von Energieeffizienz und erneuerbaren Energieträgern

Vorausschauende Planung und Ausbau der Energieinfrastruktur

Mögliche konkrete politische Maßnahmen

liegen im Breitbandausbau, in transparen-

ten und effizienteren Genehmigungs ver-

fahren, in einer Stärkung des wirtschaft-

lichen Know-hows im Bildungs bereich und

in einer „Willkommens agentur“ für inter-

nationale Arbeitskräfte. Oberösterreich

sollte verkehrstechnisch besser an inter-

nationale wirtschafts starke Regionen an-

gebunden werden, wobei über grenzüber-

schreitende Planungen nach zudenken ist.

Page 53: Projekt Freiraum - Das Buch

53Standort weiter denken 4.2. Produktionsstandort der Zukunft

Produktionsstandort der Zukunft

Schaffung eines Bewusstseins für die Bedeutung

der Industrie in der Bevölkerung

Balance zwischen Leistungs- und Verteilungsgerechtigkeit

Digitalisierung der Gesellschaft, Arbeitswelt und Wirtschaft

Bildung als Schlüssel für Wettbewerbsstärke und Innovationskraft

Technologie- und wirtschaftsbewusste Lehrer

Gesellschaftliche Anerkennung der dualen Berufsausbildung

Erschließung neuer Märkte

Fokus auf starke regionale Wertschöpfungsketten

(z. B. Cluster, Plattformen, Netzwerke)

Energieintensive Industrie kann in Oberösterreich

zu wettbewerbsfähigen Bedingungen arbeiten

Technikum für die Universität Linz

Höhere Technische Lehranstalten als zentraler Erfolgsfaktor

des Industriebundeslandes Oberösterreich

Junge Menschen werden frühzeitig in die Arbeitswelt eingebunden

Oberösterreich ist flexibler und produktiver als Deutschland

Eine zentrale Herausforderung, um

Oberösterreich als „Produktionsstandort

der Zukunft“ zu positionieren, ist, in der

Bevölkerung ein Bewusstsein für die

Industrie zu schaffen. Die Digitalisierung

von Gesell schaft und Arbeitswelt wird

sowohl Chancen als auch Herausforderun-

gen mit sich bringen.

In der Vision für die Zukunft verfügt Ober-

österreich über eine technische Univer-

sität und gestär kte HTLs. Der Fokus liegt

auf regionalen Wertschöpfungsketten, und

die energieintensive Industrie kann am

Standort gehalten werden.

4.2.

Page 54: Projekt Freiraum - Das Buch

54 4.2. Produktionsstandort der Zukunft Standort weiter denken

Erhalt und Forcierung der KMU durch Entbürokratisierung

und Vernetzungsinitiativen

Schaffung eines öffentlichen Bewusstseins für Leitbetriebe (Wertigkeit,

Chancen, Nutzen für Oberösterreich) und die produzierende Wirtschaft

Konsequente Steigerung des Industrieanteils in Oberösterreich

Stärkere Präsenz und Mitwirkung auf europäischer Ebene

in der Gestaltung der Industriepolitik

Stärkere Zusammenarbeit mit anderen Industrieregionen wie etwa Bayern

Informations- und Kommunikationstechnologie als zentrales Element der

Wirtschafts- und Industriepolitik betrachten – zunehmende Verschmelzung

von IKT und Produktion („Industrie 4.0“)

Erhalt und Ausbau des Headquarter-Standortes Oberösterreich

Stärkung der internationalen Vernetzung der oberösterreichischen Industrie

und der Position Oberösterreichs in globalen Wertschöpfungsketten

Stärkung der Technisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät an der JKU Linz

Interesse an Technik bereits in der Schule fördern und

Attraktivität technischer Berufe vermitteln

Stärkung der dualen Ausbildung

Anerkennung und gezielte Unterstützung von Leitbetrieben als „Zugpferde“

für Wachstum und Beschäftigung

Plattform „Industrie 4.0“ und weitere Zukunftsmaßnahmen

für Leitbetriebe (COMET-Zentrum im Bereich „Industrie 4.0“,

Dateninitiative) konsequent umsetzen

Nachhaltige Lebenswelten und regionale Produktions- und

Wertschöpfungsnetzwerke forcieren

„Willkommenskultur“ für Unternehmen und Mitarbeiter forcieren

Know-how der „Senior Experts“ integrieren

Zu den entsprechenden politischen

Strategien und Zielsetzungen zählen die

Schaffung eines öffentlichen Bewusst-

seins für die Bedeutung der Leitbetriebe

und Produktionsstandorte im Land sowie

eine verstärkte Präsenz und Mitarbeit

Oberösterreichs auf europäischer Ebene.

Potenzielle politische Maßnahmen

umfassen u. a. die Stärkung der

technisch- naturwissenschaftlichen

Fakultät an der JKU Linz, Initiativen

im Bereich „Industrie 4.0“ und eine

Stärkung der dualen Ausbildung.

Page 55: Projekt Freiraum - Das Buch

55Standort weiter denken 4.3. Vorsprung durch Forschung und Innovation

Vorsprung durch Forschung und Innovation

Ehrgeizige Forschungsziele erfordern eine massive Steigerung

der Investitionen, auch von öffentlicher Seite

Sichtbarmachung des Einsatzes von öffentlichen Geldern für Forschung und

Entwicklung und des Nutzens, den das Land daraus zieht

Ausweitung der Kooperationen Wissenschaft/Wirtschaft,

zugleich Stärkung der Grundlagenforschung als Basis für

angewandte Forschung und unternehmerische Innovation

Bedarf an doppelt so vielen MINT-Absolventen wie derzeit –

Ausbau der Technisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der JKU Linz

Erhalt und Ausbau der Attraktivität Oberösterreichs als Forschungsstandort

für Unternehmen, Gewinnung neuer Forschungszentren

Hochqualifizierte Techniker sollen in ausreichender Anzahl

zur Verfügung stehen, Steigerung der Anzahl an Forschern und

Ingenieuren um mindestens 5.000 Personen

Schwerpunktsetzung in spezifischen Forschungsfeldern und

konsequente Umsetzung in Bildung, Forschung und Wirtschaft

Der JKU-Campus und seine Umgebung werden attraktiviert,

z. B. nach dem Smart-City-Ansatz

Höhere Sichtbarkeit der Upper Austrian Research (UAR)

im internationalen Umfeld

Um Oberösterreich durch Forschung und

Innovation einen Vorsprung gegenüber

anderen Regionen zu sichern, müssen

folgende Herausforderungen bewältigt

werden: die Steigerung der Investitionen

in Forschung und Entwicklung, der weitere

Ausbau von Forschungsstrukturen und die

Sicherstellung von Fachkräften, insbeson-

dere im technisch-naturwissenschaftli-

chen Bereich.

Perspektiven für die Zukunft des Produk-

tionsstandortes Oberösterreich umfassen

in erster Linie eine Steigerung der Anzahl

von Studierenden in MINT-Fächern sowie

von Forschern und Ingenieuren. Weiters

werden Forschungsschwerpunkte gezielt

in Spezialisierungsfeldern gesetzt.

4.3.

Page 56: Projekt Freiraum - Das Buch

56 4.3. Vorsprung durch Forschung und Innovation Standort weiter denken

Steigerung der hochqualifizierten Techniker auf mindestens 1.000 pro Jahr

Ausbau des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Oberösterreich,

insbesondere der außeruniversitären Forschung und im Bereich Technik

und Naturwissenschaft

Laufendes Aufgreifen neuer Forschungs- und Innovationsthemen,

z. B. Dienstleistungsinnovationen

Langfristige Investitionen in Grundlagenforschung gewährleisten

Ausbau und Vernetzung der FH-Standorte (Linz, Wels, Steyr, Hagenberg),

insbesondere auch in Kooperation mit Bayern und Tschechien

Generierung von Benchmarks in Spezialisierungsfeldern und strukturelle

Vernetzung mit internationalen Top-Playern

Bewusstsein für den Stellenwert von Ingenieuren stärken

Zusammenarbeit von Wirtschaft und Forschung fördern

Forschungsergebnisse in das Bildungssystem integrieren

Attraktivierung Oberösterreichs als Einwanderungsland

für Forscher und Techniker

Ermöglichung von mindestens drei Stiftungsprofessuren

„Forscher auf Zeit“ anwerben

Erfolgreiches Modell „Softwarepark Hagenberg“ als Kombination

von einschlägiger Wirtschaft, Lehre und Forschung

auf mehr Regionen und Themenfelder ausrollen

F&E-Mittel des Landes deutlich erhöhen

Einrichtung eines Zentrums für Produktionsforschung

Attraktive Wohnungen bzw. Häuser für Wissenschafter, Forscher,

Assistenzprofessoren

Einrichtung einer Lobbying-Stelle für Oberösterreich in Wien und Brüssel zur

Vertretung der oberösterreichischen Interessen in den Bereichen Forschung

und Wissenschaft

Netzwerke für „Business Angels“ im Forschungsbereich

Kooperationen mit Joint Research Center fördern

Stipendien des European Research Council einwerben

PPP-Modelle zwischen Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft forcieren

Als politische Strategien und Ziele sind

eine signifikante Steigerung der Absolven-

ten der Technisch-Naturwissenschaftli-

chen Fakultät anzustreben, die FH-Stand-

orte und ebenso die außeruniversitäre

Forschung sind daher auszubauen. Die

Zusammenarbeit von Wirtschaft und

Forschung sollte gefördert werden und

Österreich für internationale Forscher

attraktiver werden.

Mögliche politische Maßnahmen be-

in halten u. a. die Übertragung des erfolg-

reichen Modells „Softwarepark Hagen-

berg“ auf andere Regionen und Themen-

felder, die Erhöhung der F&E-Mittel des

Landes und die Einrichtung einer EU-Lob-

bying-Stelle in Brüssel für Forschung und

Wissenschaft in Oberösterreich.

Page 57: Projekt Freiraum - Das Buch

57Standort weiter denken 4.3. Vorsprung durch Forschung und Innovation

Bündelung der Forschungsaktivitäten in der Upper Austrian Research (UAR)

Neue Netzwerkarchitektur für überregionale Fachhochschulen

Horizon 2020: Verantwortliche für bestimmte Themenfelder benennen

Anreizstrukturen für schnell wachsende Forschungsbetriebe

Nutzung der Chancen durch die Einrichtung der Medizinischen Fakultät an

der Johannes Kepler Universität Linz; Bildung eines „Medical Valley“

Big-Data-Medizin als möglicher Forschungsschwerpunkt der Medizinischen

Fakultät an der JKU Linz

Flächen und Budgetmittel für den JKU-Campus sichern

Forcierung der regionalen Innovationsstärke durch Zusammenarbeit

zwischen Hochschulen und Technologiezentren

Forschung und Innovation im Energiebereich ausbauen

Page 58: Projekt Freiraum - Das Buch

58 4.4. Wachstumspotenziale von KMU und Start-ups Standort weiter denken

Wachstumspotenziale von KMU und Start-ups

Rechtliche Stabilität und Rechtssicherheit (z. B. in Bezug auf

das Handelsabkommen TTIP)

Forcierung von unternehmerischem Denken (Entrepreneurship)

Schaffung einer „Akzeptanzkultur“, Steigerung der gesellschaftlichen

Akzeptanz für einen Neubeginn

Abbau von bürokratischen und administrativen Hürden

Mehr Start-ups als heute, insbesondere in enger Verbindung mit wissen-

schaftlichen Einrichtungen

Gute Stimmung in der und für die Wirtschaft

Funktionierende Nahversorgung in jeder Gemeinde durch

entsprechende Förderungen und rechtliche Rahmenbedingungen

Ausgebautes Clusterwesen in Oberösterreich

Wachstumsfreundliche Gesellschaft

(„Gewinn machen ist nicht unanständig“)

50 % der Start-ups im produzierenden Bereich

„Zeitfresser“ Bürokratie ist auf ein minimales Ausmaß reduziert

Eine der zentralen Herausforderungen,

um die „Wachstumspotenziale von KMU

und Start-ups“ freizusetzen, besteht da-

rin, ein um fassendes unternehmerisches

Denken in der Bevölkerung zu verankern.

Auch fehlt es KMU und Start-ups an

Rechts sicherheit bzw. rechtlicher

Stabilität.

In der Vision gibt es mehr Start-ups als

heute, wobei deutlich mehr Start-ups im

produzierenden Bereich tätig sind. Das

Clusterwesen in Oberösterreich ist weiter

ausgebaut und es herrscht eine positive

Grundstimmung in der Wirtschaft und

auch in der Gesellschaft gegenüber der

Wirtschaft.

4.4.

Page 59: Projekt Freiraum - Das Buch

59Standort weiter denken 4.4. Wachstumspotenziale von KMU und Start-ups

Klare Strategie für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich –

Bekenntnis zum Unternehmertum

Gezielte Förderung von wachsenden KMU („Gazellen“)

Förderung von technologie-intensiven Start-ups

Flexibilisierung, insbesondere in Hinblick auf Bedarfsgerechtigkeit

in der Arbeitswelt, Konsumentenschutz, Umweltschutz

Stärkung der dualen Ausbildung und der HTLs

Erschließung der Chancen im Dienstleistungsexport

Oberösterreich als Standort für IT-Unternehmen positionieren

Leichterer Zugang zu öffentlichen Datensätzen (Open Data)

und aktive Nutzung für neue Geschäftsmodelle

Forcierung von „Open Innovation“

als neuer Ansatz der Wissensgenerierung

Unternehmergeist in der Gesellschaft forcieren

Vermittlung unternehmerischer Kompetenzen in der Ausbildung,

insbesondere HTLs

Bei Auftragsvergabe von öffentlichen Aufträgen

besondere Berücksichtigung von Start-ups

Schaffung neuer Venture-Capital-Fonds und

Erleichterungen für Crowdfunding

Vereinfachungen bei Lohnverrechnung, Abführung an eine zentrale Stelle

Senkung der Lohnnebenkosten

Förderung spezieller „tech2b“-Gründungen im produzierenden Bereich

Förderung für Hochschulen und Leitbetriebe bei Spin-offs

Unterstützung von Social Entrepreneurship durch Inkubatoren

und Fördermaßnahmen

Kooperationen zwischen Industrie und Kreativwirtschaft fördern

Bereitstellung niederschwelliger Informationen für KMU

zu F&E-Förderungen

Kompetenzaufbau zur Verbreitung von „Open Innovation“

Um die Wachstumspotenziale von KMU

und Start-ups freizusetzen, ist eine klare

politische Strategie für den Wirtschafts-

standort Oberösterreich notwendig.

Schnell wachsende KMU und technologie-

intensive Start-ups sollten gezielt

gefördert und die rechtlichen Rahmen-

bedingungen flexibilisiert werden.

Zu den möglichen politischen Maß­

nahmen gehören insbesondere bessere

Finanzierungs möglichkeiten durch die

Schaffung von Venture-Capital-Fonds

und leichteren Zugang zu Crowdfunding.

Zudem erscheinen eine Senkung der

Lohnnebenkosten und Vereinfachungen

bei der Lohnverrechnung sinnvoll.

Page 60: Projekt Freiraum - Das Buch

60 Standort weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Aus den eingebrachten Ideen und An­

regungen haben sich folgende Aspekte

als zentrale Ableitungen und Impulse für

Oberösterreich herauskristallisiert:

Top­leistungsfähige Infrastruktur in allen Bereichen

Die Lage an wichtigen Verkehrsknotenpunkten war in der Geschichte ein

wichtiger Erfolgsfaktor für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich. Da-

mit Oberösterreich weiter an Attraktivität gewinnt, braucht das Land eine

attra ktive und im internationalen Vergleich top-leistungsfähige Infra struktur

(Verkehr, Breitband, Betriebsflächen), wofür man sich im Land und auf

Bundesebene nachdrücklich einsetzen muss.

Investitionsanreize in Oberösterreich

Damit Investitionen von ansässigen Betrieben getätigt und neue Betriebs-

ansiedelungen gewonnen werden, sind ehestmöglich Investitionsanreize zu

setzen. Dies inkludiert monetäre Anreize ebenso wie intermediäre Unter-

stützungsleistungen und ein investitionsfreundliches Klima im Land.

Unterstützung von produktionsorientierten Unternehmensgründungen

Nach dem Grundsatz „Die Unternehmensgründungen von heute sind die

Leitbetriebe von morgen“ müssen gerade wachstumsorientierte Gründer

und Jungunternehmen im Produktionsbereich unterstützt werden. Dazu

dienen Informations- und Motivierungs maß nahmen, spezifische Inkuba-

torenprogramme oder die aktive Unter stützung von Jungunternehmen bei

Pilotvorhaben und Demonstrations projekten (z. B. Erprobung neuer Techno-

logien bei Gebäuden, Fahrzeugen etc. des Landes Oberösterreich).

Oberösterreich in „Global Value Chains“

Die enge internationale Vernetzung war und ist ein wichtiger Baustein für

den Erfolg der oberösterreichischen Wirtschaft. Um von der zunehmenden

globalen Vernetzung zu profitieren, muss Oberösterreich seine Position in

internationalen Wertschöpfungsketten aktiv gestalten und sich strategisch

positionieren.

Initiative „Regionale Wertschöpfung“

Ein wirtschaftlicher Zukunftstrend besteht in der stärkeren Erschließung

regionaler Wertschöpfungspotenziale. Produktion in der Region steht für

Qualität, Nachhaltigkeit, Ressourcen- und Umweltschonung und nicht

zuletzt für eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber internationalen Ent-

wicklungen. Was beispielsweise im Lebensmittelbereich inzwischen zum

Erfolgsmodell wurde, kann auch auf das Handwerk, Gewerbe und fallweise

die Industrie im Rahmen von Modellprojekten ausgeweitet werden.

Ausbau der FH­Standorte in Oberösterreich

Die oberösterreichischen Fachhochschulen haben sich binnen weniger

Jahre zu renommierten Bildungs- und Forschungseinrichtungen mit hohem

Praxisbezug entwickelt und einen hervorragenden Ruf im In- und Ausland

erworben. Diese Erfolgsgeschichte gilt es durch einen deutlichen Ausbau der

bestehenden Standorte und eine stärkere überregionale Vernetzung mit Bil-

dungs- und Forschungseinrichtungen sowie Unternehmen fortzuschreiben.

Page 61: Projekt Freiraum - Das Buch

61Standort weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich 61

Technik­Offensive Oberösterreich

Als Industriestandort ist Oberösterreich auf starke Bildungs- und

Forschungsstrukturen im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich

angewiesen. Angeregt wird die Erarbeitung und Umsetzung einer ehr-

geizigen Strategie für den intensiven Ausbau der sekundären und tertiären

technischen Bildungs- und Forschungsstrukturen in OÖ (insb. HTL, JKU/

TNF, FH, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen) sowie die Stärkung

der internationalen Profilbildung der oberösterreichischen Einrichtungen.

„Hagenberg­Modell“ auf andere Themen und Regionen übertragen

Die räumliche Nähe und enge Verbindung von Forschung, Lehre und Wirt-

schaft im IT-Segment waren maßgeblich für das „Erfolgsmodell Hagenberg“.

Dieses Modell könnte gezielt auf andere Themen und Regionen ausgeweitet

werden, etwa im Zusammenhang mit der Medizin-Fakultät an der JKU Linz

(„Medical Valley Upper Austria“) oder in Bereichen wie Mechatronik, Werk-

stoffe/Leichtbau, Lebensmittel, Bauwirtschaft etc.

Standort­ und Forschungsbeauftragter in Brüssel

Wirtschafts- und Forschungspolitik wird zunehmend auf europäischer Ebene

gestaltet. Damit Oberösterreich Informationsvorsprünge sowie strategische

Einflussmöglichkeiten erschließen kann, wäre die Einsetzung eines „Stand-

ort- und Forschungsbeauftragten“ in Brüssel anzudenken. Dahinter steht

das konkrete Ziel, Oberösterreich mehr Sichtbarkeit auf EU-Ebene in den

Bereichen Wirtschaft und Forschung zu verschaffen und mehr EU-Förder-

mittel für Oberösterreich einzuwerben.

Mobilisierung von Forschungskapital

Die Finanzierung von Forschungsvorhaben wird für viele Forscher eine große

Herausforderung. Projekte, die nicht den aktuellen Richtlinien oder Aus-

schreibungsschwerpunkten der Förderstellen entsprechen, lassen sich oft

nicht finanzieren. Hierfür gilt es, nach amerikanischem Vorbild Forschungs-

kapital auf anderen Wegen zu mobilisieren (aktive Gewinnung von Mäzenen,

Anreize für private Stiftungen und „Business Angels“, Crowdfunding etc.)

Deregulierung und Bürokratieabbau

Ein großes Wachstumshemmnis sind die überbordende Regulierung und

Bürokratie. Oberösterreich geht in Bezug auf Deregulierung, Bürokratie-

abbau und administrative Erleichterungen für Unternehmen mit gutem

Beispiel voran. Erforderlich ist ein massiver Einsatz in Wien für ent-

sprechende Schritte auf Bundesebene.

Page 62: Projekt Freiraum - Das Buch

Ergebnisse – Projekt Freiraum

Bildung weiter denken

Page 63: Projekt Freiraum - Das Buch
Page 64: Projekt Freiraum - Das Buch

64 Ergebnisse – Projekt Freiraum Bildung weiter denken

5. Bildung weiter denken

Unter den meistgenannten Themenfeldern nimmt die Bildung

einen besonderen Stellenwert ein. Kaum ein anderes Thema

liegt den Oberösterreichern so sehr am Herzen wie die Bil-

dung. Umso wichtiger ist es, zukunfts weisende Strategien und

Handlungslinien für morgen und übermorgen zu entwickeln.

Bildung ist ein wesentlicher Schlüssel für den Zugang zum Ar-

beitsmarkt. Damit verbunden sind auch Lebens chancen und

Perspektiven, wie die Gründung einer Familie, ein attraktives

Wohnumfeld, eine sinnerfüllende Beschäftigung etc. Bildung

nur auf den ökono mischen Aspekt zu reduzieren, würde aber

ihrer tatsächlichen Bedeutung für den Menschen, die Persön-

lichkeitsentwicklung und Lebensqualität nicht gerecht werden.

Bildung bedeutet auch, die eigenen Fähigkeiten zu erkennen,

Freude an Neuem zu entwickeln, sich kritisch mit Dingen aus-

einandersetzen zu können und die Vielfalt von Kultur, Wissen-

schaft und Forschung zu begreifen.

Unser Bildungssystem hat daher maßgeblichen Einfluss auf

die Zukunft jedes Einzelnen und unserer Gesellschaft. In der

Schule wird ein wichtiger Grundstein gelegt, auf den die jun-

gen Menschen in ihrem weiteren Leben aufbauen können.

„Stärkenorientierter Unterricht schafft selbst­bewusste und motivierte junge Menschen – und genau die braucht unser Land!“ Landesrätin Mag. Doris Hummer

Bildungsstand der Bevölkerung zwischen 25 und 64 Jahren

Quelle: Statistik Austria

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

70 %

80 %

90 %

100 %

Allgemeinbildende Pflichtschule Lehre BMS

AHS BHS Tertiäre Bildung (inkl. Kolleg)

11,5

23,8

39,5

12,9

38,5

15,6

41,0

14,6

34,8

13,2

24,0

23,9

9,4 9,7 8,07,5 7,8

6,8

8,1

9,8

19,5

4,8

18,9

35,8

9,4

13,8

42,4

15,0

4,0

13,9

37,1

16,7

18,0

5,0

13,6

3,8

20,1

15,8

17,6

15,8

5,0

16,1

15,4

5,1

17,1

19,5

36,0

14,7

7,1

4,6

17,3

4,0

10,9

23,3

Bgl. Ktn. NÖ OÖ Sbg. Stm. Trl. Vbg. Wien

Österreich-Durchschnitt

„Der Lernerfolg junger Menschen hängt im Wesentlichen auch davon ab, ob es gelingt, Neugier und Wissensdurst zu wecken. Ist die Lernmotivation da, können sich Stärken und Talente vollends entfalten. Gelingt es, das ‚Lernen mit Freude‘ zu vermitteln, werden die Bildungsangebote auch in Anspruch genommen.“ Klubobmann Mag. Thomas Stelzer

Oberösterreich hat in den letzten Jahren maßgebliche Schritte

gesetzt, um im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten die indivi-

duellen Talente der Schüler zu fördern. Das bedeutet einen Para-

digmenwechsel – weg von der Fehlerorientierung im Unterricht,

hin zur Stärkung der Begabungen jedes Einzelnen. Ein weiterer

Schwerpunkt in der oberösterreichischen Bildungs politik liegt

in der Aktivierung von eigenverantwortlicher Qualitäts sicherung

und der standortbezogenen Schulentwicklung.

Page 65: Projekt Freiraum - Das Buch

65Bildung weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

5. Bildung weiter denken

Prof. Dr. Klaus Zierer

Universität Oldenburg

Tätigkeit als Grundschullehrer

2003 Promotion an der Ludwig-

Maximilians-Universität München

Visiting Research Fellow am Department

of Education der University of Oxford

Seit 2010 Associate Research Fellow am

dort angesiedelten ESRC Centre on Skills,

Knowledge and Organisational Per-

formance (SKOPE)

Seit 2011 Professor für Erziehungswissen-

schaft mit dem Schwerpunkt Allgemeine

Didaktik/Schulpädagogik an der Carl von

Ossietzky Universität Oldenburg

„Die formalen Bildungsstrukturen spielen eine untergeordnete Rolle für den Bildungserfolg. Entscheidend ist nicht, was außen auf dem Schild steht, sondern was im Klassenzimmer geschieht. Eine Gleichmacherei im Bildungswesen wird weder der Individualität des Menschen noch den Anforderungen für die Welt von morgen gerecht.“ Prof. Dr. Klaus ZiererErziehungswissenschafter

Die internationale Erziehungswissenschaft sieht ein Umdenken

in der Bildungspolitik als notwendig an, um junge Menschen

auf die Welt von morgen und übermorgen gut vorzubereiten. Die

Vermittlung von Fachwissen und Kompetenzen ist nur ein Teil für

ein erfolgreiches und glückliches Leben – ebenso wichtig ist die

Vermittlung von Werten, Einstellungen und Bewertungssystemen.

Ein tiefes Verständnis über Zusammenhänge geht über das

Oberflächenwissen, das mit PISA und ähnlichen Tests gemessen

wird, weit hinaus. In der heutigen Informationsgesellschaft ist

Wissen en masse verfügbar, etwa mit dem Smartphone. Kindern

und Jugendlichen muss auch die Fähigkeit vermittelt werden,

richtig damit umzugehen und Dinge kritisch zu hinterfragen. Die

Bedeutung der Bildung für die persönliche Entwicklung eines

Menschen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Bildung

ist der Schlüssel zur Erfüllung materieller und immaterieller Be-

dürfnisse des Menschen wie etwa des Gefühls, einen produktiven

Beitrag für die Gesellschaft leisten zu können und gebraucht zu

werden.

Lebenslanges Lernen in den Bundesländern 2014 (in Prozent)

Quelle: Statistik Austria

0%

5 %

10 %

15 %

20 %

25 %

Wien Vbg. NÖ Ktn. Trl. OÖ Stm. Sbg. Bgl.

Burgenl. Salzburg Tirol WienNÖ

OÖKärnten Steierm. Vorarlb. Österr.

14,519,7 14,0 13,7 13,6 13,5 13,5 10,412,7

Page 66: Projekt Freiraum - Das Buch

66 Ergebnisse – Projekt Freiraum Bildung weiter denken

„Wenn es gelingt, der nachwachsenden Generation nicht nur zu Kompetenzen, sondern auch zu entsprechenden Hal­tungen zu verhelfen, dann können die Herausforderungen der Zukunft zu Chancen werden.“ Univ.-Prof. DDr. Christiane SpielBildungspsychologin

Kompetenzerfordernisse verändern sich in einem immer höheren

Tempo. Lebensbegleitendes Lernen ist daher zentral für ein zu-

kunftsorientiertes Bildungswesen. Entscheidende Faktoren sind

hier die Bildungs- und Lernmotivation, für die bereits in jungen

Jahren das Fundament gelegt werden muss. Selbstvertrauen,

Ressourcenmanagement und Reflexionsfähigkeit sind weitere

Aspekte, die es in der Schule und auf dem weiteren Bildungsweg

zu vermitteln gilt. Denn Lernmotivation ist keine Eigenschaft,

sondern ein Prozess.

Univ.­Prof. DDr. Christiane Spiel

Universität Wien

Studium der Psychologie, Mathematik

und Geschichte

Gründungsprofessorin am neu eingerichteten

Arbeitsbereich Bildungspsychologie und

Evaluation an der Universität Wien

Mitbegründerin der Bildungspsychologie als

eigene wissenschaftliche Disziplin

2004 bis 2006 Gründungsdekanin der Fakultät

für Psychologie an der Universität Wien

Seit 2010 Präsidentin der Österreichischen

Gesellschaft für Psychologie

„Bildung bedeutet die Chance zur Weiter­entwicklung der Persönlichkeit und Erfüllung fundamentaler menschlicher Bedürfnisse wie etwa des Gefühls, gebraucht zu werden und einen nützlichen Beitrag für die Allgemeinheit leisten zu können. Je höher die Bildung, desto höher die Chance, dass sämtliche Grund­bedürfnisse befriedigt werden können.“ Univ.-Prof. DDr. Christiane SpielBildungspsychologin

Page 67: Projekt Freiraum - Das Buch

67Bildung weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

Ziele und Leitlinien

Das Bildungssystem von morgen, das junge Menschen auf die

Chancen und Herausforderungen der Zukunft optimal vorbe-

reitet, orientiert sich an folgenden vier Themenfeldern und

Zieldimensionen:

Wie können neue Lernprozesse und ­methoden zur stärkenorientierten Bildung

noch besser implementiert werden? Wie können junge Menschen für einen

technisch­naturwissenschaftlichen Beruf begeistert werden?

In einer Welt, die von zunehmender Heterogenisierung und Diversifikation geprägt ist,

ist es von entscheidender Bedeutung, die individuellen Stärken zu erkennen und gezielt

zu fördern. Daneben gilt es, verstärkt auf die Chancen der Arbeitswelt von morgen

einzugehen. So ist beispielsweise klar absehbar, dass Fachkräfte mit einer soliden

technisch-naturwissenschaftlichen Ausbildung im Industrieland Oberösterreich sicher

gebraucht werden.

Welche Rahmenbedingungen sind erforderlich, damit sich Bildungseinrichtungen

weiterentwickeln können? Wie können Lehrer als Schlüsselpersonen des Bildungs­

wesens motiviert und unterstützt werden?

Ebenso wie Innovationen in der Wirtschaft erforderlich sind, um am Puls der Zeit zu

bleiben, so muss auch das Bildungssystem offen für Innovationen sein. Dies betrifft

zum einen die Organisationsstrukturen und Governance des Bildungswesens und zum

anderen das „Bildungssystem vor Ort“. Schulen müssen sich gemäß ihrer individuellen

Stärken weiterentwickeln können. Die Lehrkräfte spielen dabei eine Schlüsselrolle –

sie können die Schüler motivieren, befähigen, begeistern und individuelle Förderan-

gebote organisieren.

Wie können für alle Kinder und Jugendlichen in Oberösterreich optimale

Bildungszugänge geschaffen werden? Wie kann die Durchlässigkeit in einem

vielfältigen Bildungssystem gesteigert werden?

Qualifikation und Bildung umfassen nicht nur die ökonomische Dimension –

das persönliche Lebensglück und die Lebensperspektiven junger Menschen

hängen wesentlich davon ab, inwieweit sie für die Herausforderungen der Zukunft

vorbereitet werden. Bildungszugänge für alle und ein durchlässiges, vielfältiges

Bildungswesen schaffen den Rahmen, damit junge Menschen optimale Start-

bedingungen für ihr weiteres Leben haben.

Was kann getan werden, damit lebensbegleitendes Lernen als Grundprinzip für alle

Oberösterreicher stärker verankert wird? Welche „Skills“ und Qualifikationen gilt es

in Zukunft vermehrt in der Weiterbildung zu vermitteln?

Experten sind sich einig, dass die Welt von morgen immer neue Anforderungen an die

Menschen stellen wird. Bildung ist daher nicht nur auf das Klassenzimmer begrenzt,

sondern muss weit darüber hinausgehen. Lebensbegleitendes Lernen wird in Zukunft

einen noch größeren Stellenwert einnehmen, worauf bei der Gestaltung der politischen

Rahmenbedingungen entsprechend zu achten ist.

Stärken- und Chancen- orientierung:

Innovatives Bildungssystem:

Lebenschancen durch Qualifikation und Bildung:

Lebensbegleitendes Lernen:

Page 68: Projekt Freiraum - Das Buch

68 5.1. Stärken- und Chancenorientierung Bildung weiter denken

Stärken- und Chancenorientierung

Abkehr von der Defizitorientierung („Rotstift-Mentalität“)

hin zur Chancenorientierung; das Bildungssystem muss sich auf

jeweilige Stärken der Kinder konzentrieren und nicht auf ihre Schwächen

Die individuellen Begabungen jedes Menschen müssen erkannt

und in ihrer ganzen Vielfalt in den Schulen gefördert werden

Das Bildungssystem muss praxisnäher gestaltet werden

Jugendlichen müssen jene Qualifikationen vermittelt werden,

die sie später am Arbeitsmarkt benötigen

Hoher Bedarf im Bereich Technik/Naturwissenschaften

Hebung der Attraktivität der MINT-Fächer

(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik)

Verschiedene Berufsbilder müssen aufgewertet und

aktualisiert werden, um Fachkräfte zu gewinnen

Leistungsorientierung wird künftig notwendig sein

Im Bereich der Bildung muss ein Para-

digmenwechsel von der Defizitorientie-

rung hin zu einer Chancenorientierung

stattfinden. Individuelle Begabungen und

Stärken sollen in den Fokus gerückt wer-

den. Weitere Herausforderungen für das

Bildungssystem liegen in der praxisnahen

Ausgestaltung und der Anpassung an die

Bedarfe der Arbeitswelt.

5.1.

Page 69: Projekt Freiraum - Das Buch

69Bildung weiter denken 5.1. Stärken- und Chancenorientierung

Bedarfsgerechte Ausbildung (Technik, Sprachen etc.) unter

Berücksichtigung möglicher Unterschiede zwischen Buben und Mädchen

Der Fokus liegt klar auf den Stärken der Schüler, nicht auf deren Schwächen

Im Mittelpunkt stehen die persönlichen Interessen und Stärken

und die sich daraus ergebenden Chancen

Den Schülern wird mehr Eigenverantwortung zugestanden

Der Lehre wird ein höherer Stellenwert eingeräumt

Die Gesundheitskompetenz wird gefördert

Aktivierung von Fähigkeiten und Interessen in Bildungseinrichtungen

Kindern die Chance geben, im Bildungssystem ihre Talente zu entdecken

Bewusstsein über Kompetenzen von Kindheit an schaffen

Vielfalt an Begabungen in den Schulen fördern

Förderung von Individualität, wenngleich nicht alle

Kinder zwingend davon profitieren

Freiräume schaffen, um Forschergeist und Kreativität zu fördern

Employability-Fokus in der Aus- und Weiterbildung

Abbau bürokratischer Hürden

Forcierung von Schwerpunkten im Bildungssystem

Förderung und Attraktivierung des technisch-

naturwissenschaftlichen Bereichs (MINT-Fächer)

Aufwertung des Lehrerberufs durch ein effizientes Anreizsystem

Gleichwertigkeit von praktischer und theoretischer Bildung

(Lehrabschluss vs. Matura) betonen

Differenzierung schafft Orientierung – Stärken durch Praxis ausbauen

Verbesserung des Images von Lehrlingen und Fachkräften

Das Schulsystem der Zukunft soll eine

bedarfsgerechte Ausbildung mit klarem

Fokus auf die Ressourcen der Schüler

bieten, um die „Stärken- und Chancen-

orientierung“ in der Bildung sicherzu-

stellen. Mit besonderem Augenmerk auf

individuelle Interessen und Fähigkeiten

wird auch der Lehre ein höherer Stellen-

wert eingeräumt.

Politische Strategien, die der „Stärken-

und Chancenorientierung“ im Bildungs-

wesen Rechnung tragen, haben die Akti-

vierung von Fähigkeiten und Interessen

als auch die Verwertbarkeit (Employ-

ability) der Aus- und Weiterbildung zum

Ziel. Dabei werden Schwerpunkte forciert,

insbesondere im technisch-naturwissen-

schaftlichen Bereich, aber auch die Indivi-

dualität der Schüler berücksichtigt.

Page 70: Projekt Freiraum - Das Buch

70 5.1. Stärken- und Chancenorientierung Bildung weiter denken

Stärken- und Begabtenförderung ausweiten und Kinder, Eltern

sowie Lehrer über entsprechende Angebote informieren

bzw. Information bezüglich bestehender Begabungsförderungen ausbauen

Individuelle Stärken- und Talenteförderung, insbesondere auch mittels Dia-

gnosen durch Fachpersonal

Konsequente Anwendung von modernen Unterrichtsformen und

neuen pädagogischen Konzepten, die auf die individuelle Förderung

der Potenziale und Begabungen abzielen

Förderprogramme für geistig/psychisch beeinträchtigte Schüler ausbauen

Leistungsbeurteilung kompetenzorientiert gestalten

Flexibilisierung bei Schwerpunkten in der Ausbildung

Matura mit Lehre sowie Lehre mit Matura ausbauen und forcieren

Schulische Projekte im Handwerksbereich fördern

Top-Lehrlingsbetriebe in OÖ identifizieren und branchenspezifisch fördern

Förderung der Kooperation zwischen Bildungseinrichtungen

und Privatwirtschaft

Effektivere Berufsorientierung, um Dropout-Raten zu verringern

Stärkere Förderung von kreativen Fächern

Konkrete Umsetzungsschritte dazu um-

fassen die Ausweitung der Stärken- und

Begabungsförderung mit entsprechender

Information über weiterführende Angebo-

te. Die Leistungsbeurteilung sollte kompe-

tenzorientiert erfolgen, Schwerpunkte in

der Ausbildung flexibler gestaltet werden.

Page 71: Projekt Freiraum - Das Buch

71Bildung weiter denken 5.2. Innovatives Bildungssystem

Innovatives Bildungssystem

Komplexes Kompetenzprofil des Lehrerberufes: Lehrer müssen

Motivation und Begeisterung wecken, als Erzieher fungieren und

die Persönlichkeitsbildung ihrer Schüler vorantreiben können

Professionelle Unterstützung für Pädagogen ist erforderlich,

Kompetenzbildung bei Lehrern und Kindergärtnern muss gefördert werden

An den Schulen ist mehr Unterstützungspersonal notwendig

Lehrer brauchen einen Arbeitsplatz und die nötigen Ressourcen

Wertschätzung und Anerkennung für alle Pädagogen

muss gesteigert werden

Stärkung der Schulautonomie und

der Gestaltungsspielräume der Lehrkräfte

Neuorientierung der Lehrinhalte im Hinblick auf wesentliche Zukunfts-

kompetenzen (Lernfähigkeit, Kreativität, Sprachen, Naturwissenschaften,

Technik, IKT- und Medienkompetenzen)

Erhalt eines differenzierten Bildungsangebotes

Integration der Eltern in die Bildung, z. B. durch Schulpartnerschaften,

muss vorangetrieben werden

Die Chancen und Herausforderungen auf

dem Weg zu einem innovativen, zukunfts-

orientierten Bildungssystem sind essen-

ziell mit dem Lehrpersonal verbunden,

da sie die Schlüsselrolle im Schulwesen

einnehmen. Lehrkräfte müssen in ihrer

Kompetenzbildung professionell unter-

stützt und die Wertschätzung des Berufes

muss gesteigert werden. Weiters bedarf es

einer zukunftsorientierten Überarbeitung

der Lehrinhalte.

5.2.

Page 72: Projekt Freiraum - Das Buch

72 5.2. Innovatives Bildungssystem Bildung weiter denken

Schulalltag soll lebenswert gestaltet werden

Schulen benötigen eine angemessene Ausstattung und Infrastruktur

Kosteneffizienz muss auch im Bildungssystem berücksichtigt werden

Vermittlung von Standards und Grundfähigkeiten

in Verbindung mit flexiblen Auswahlschwerpunkten

Lösungs- statt problemorientiertes Bildungssystem

Lernen orientiert sich auch an den Interessen der Schüler

und thematischen Schwerpunkten

Medien sind im Bildungssystem integriert, im Lehrplan findet sich Digitali-

sierung wieder und Projekte mit neuen Medien werden gefördert

Ein „echtes“ modulares Schulsystem, insbesondere in der Oberstufe

Schulen haben eine moderne und attraktive Ausstattung, z. B. im IT-Bereich

Alternative Schul- und Unterrichtsformen unter Wahrung der Wahlfreiheit

werden entwickelt und etwa in Form von Pilotprojekten getestet

Schule als Institution unterstützt Eltern in Erziehungsfragen

Verbale Beurteilung von Schülern gewinnt an Bedeutung

Schulen öffnen sich für Öffentlichkeit, Wirtschaft etc.

Den Schulen mehr Autonomie zugestehen – Schulleiter sollen auch

„Manager“ sein, Lehrkräfte größeren Gestaltungsspielraum haben

Stärkere Spezialisierung von Bildungseinrichtungen ermöglichen

Anpassung der Schulen an den Schulstandort

bzw. an regionale Bedarfe und Gegebenheiten

Zentrale Bildungsvorgaben: Mindeststandards und Kernaufgaben von

Schulen vorgeben und dementsprechend die Lehrerverteilung gestalten

Weiterentwicklung, Modernisierung und Effizienzsteigerung

der Governance-Strukturen im Schulbereich

Über den Pflichtschulbereich hinaus Bildung vermitteln

(z. B. Lehre mit Matura – Matura mit Lehre)

Vernetzung im System Eltern-Lehrende-Schüler vertiefen

Das Bildungssystem von morgen ver-

mittelt Standards und Grundfähigkeiten

in Verbindung mit flexiblen Ausbildungs-

schwerpunkten. Der Unterricht orientiert

sich auch an den Eigen interessen der

Schüler und unterstützt Eltern in Erzie-

hungsfragen. Auch moderne Medien und

Digitalisierung sind Teil des Unterrichts.

Die zentrale politische Strategie zur

Erreichung dieser Visionen liegt in der

Stärkung der Schulautonomie. Bildungs-

einrichtungen sollten sich stärker spezi-

alisieren und an ihren Standort anpassen

können. Jedoch sollten für die Schulen

auch zentrale Bildungsstandards gelten,

um die Verlässlichkeit des Systems Schule

zu erhöhen.

Page 73: Projekt Freiraum - Das Buch

73Bildung weiter denken 5.2. Innovatives Bildungssystem

Abbau von Regularien im Bildungssystem

Betreuungsqualität durch Gruppenorientierung und

homogene Schulgruppen sicherstellen

Ausweitung des Unterrichts in Kleingruppen

Flexiblere Formen des Klassenverbandes und

der Unterrichtseinheiten andenken

Einführung eines Auswahlsystems für den Lehrberuf

Leistungsgerechte Komponente bei der Bezahlung

und Ergebnisverantwortlichkeit von Lehrern

Indikatoren für und in der Lehrerbewertung implementieren

Hochqualitative Aus- und Weiterbildung der Lehrenden forcieren

Image des Lehrerberufs in der Öffentlichkeit steigern

Stärkere Anerkennung des Lehrerberufs als Anreiz zur

Vermittlung von Neugier und Freude am Lernen

Flexibleres Dienstrecht für Lehrer und Erleichterung

des Wechsels zwischen Lehrtätigkeit und anderen Berufen

Änderung von Schultypen und Lehrplänen als Anpassung

an eine sich rasch verändernde Welt

Grundausbildung breit verstehen: Grundkompetenzen,

soziale Kompetenzen und digitale Kompetenzen fördern

Mit neuen Medien verstärkt in Schulen unterrichten

Transparenz im Bildungssystem schaffen, z. B. durch Definition

von Standards, Grundfertigkeiten und Vertiefungsgebieten

Intensivierung der Kooperationen zwischen Schulen und externen

Partnern (z. B. Sportvereinen, Kultureinrichtungen, Unternehmen,

Ärzten, Therapeuten, Bauernhöfen etc.)

Als politische Maßnahmen für ein inno-

vatives Bildungssystem schlagen die

Experten u. a. den Abbau von Regularien

und die Sicherstellung der Betreuungs-

qualität vor. Weiters sollten moderne Un-

terrichtsformen konsequent angewendet

und Kooperationen zwischen Schulen und

externen Partnern intensiviert werden.

Weiterentwicklung der Bildungsplanung und -steuerung in Kindergarten

und Schule insbesondere bezüglich Anzahl der Plätze, thematischer und

Kompetenzschwerpunkte

Unterstützung von schulübergreifenden Kooperationen

Polytechnische Schule als Berufsvorbereitung aufwerten

Page 74: Projekt Freiraum - Das Buch

74 5.2. Innovatives Bildungssystem Bildung weiter denken

Page 75: Projekt Freiraum - Das Buch

75Bildung weiter denken 5.3. Lebenschancen durch Qualifikation und Bildung

Lebenschancen durch Qualifikation und Bildung

Die Distanz zwischen Hoch- und Niedrigqualifizierten vergrößert sich

Vermittlung von Basisqualifikationen ist notwendig,

insbesondere „lernen lernen“

Migranten nützen derzeit nicht alle Möglichkeiten des Bildungssystems,

Integration und Inklusion müssen verbessert werden

Internationale, leistungsstarke Schüler müssen

besser ins Bildungssystem integriert werden

Nostrifizierung von im Ausland erworbenen Abschlüssen

Persönliches Umfeld – insbesondere Familie und Freunde –

ist für den Bildungserfolg von zentraler Bedeutung

Eltern müssen stärker in die Bildung eingebunden werden,

insbesondere jene mit Migrationshintergrund

In manchen Fällen fehlen den Eltern die zeitlichen Ressourcen,

um ihre Kinder entsprechend fördern zu können

Bildung vermittelt Wissen, schafft Orientierung und

unterstützt die individuelle Persönlichkeitsentwicklung

Die Schule bereitet auf die Arbeitswelt vor, vermittelt aber auch

Begeisterung für Kunst und Kultur und erweitert den persönlichen Horizont

Das soziale Umfeld spielt keine Rolle für Qualifikation und Bildung –

ein Aufstieg durch Bildung ist für alle möglich

Durch einen höheren Bildungsabschluss

steigen auch die Chancen im späteren

Leben, vor allem auf dem Arbeitsmarkt.

Allerdings geht die Schere zwischen Hoch-

und Niedrigqualifizierten weiter ausein-

ander, was zu verstärkten Ungleichheiten

in der Bevölkerung führt. Um gleiche

„Lebens chancen durch Qualifikation und

Bildung“ für alle zu ermöglichen, liegt eine

weitere Herausforderung in der besseren

Integration von Schülern mit Migrations-

hintergrund in das Schulsystem.

Zukunftsperspektiven ergeben sich nach

Meinung der Experten durch ein durchläs-

siges Bildungssystem, in dem das soziale

Umfeld bzw. die Herkunft keine Rolle für

den Bildungserfolg spielen. Integrations-

klassen sind der Standard, Schüler und

Eltern wissen um die Notwendigkeit der

Bildung, aber auch um ihre Möglichkeiten

nach Abschluss der Schule.

5.3.

Page 76: Projekt Freiraum - Das Buch

76 5.3. Lebenschancen durch Qualifikation und Bildung Bildung weiter denken

Integrationsklassen sind der Standard

Schüler wissen um die Notwendigkeit von Bildung

und sind motiviert, sich Bildung anzueignen

Eltern wissen um die Notwendigkeit der Schule für das Leben

von Beginn an und nehmen Bildungsverantwortung wahr

Schulabsolventen wissen um ihre erworbenen Qualifikationen

und eigenen Fähigkeiten

Bildung weckt Neugier, motiviert zu Leistung und Weiterbildung

Erhöhung der Abschlussquoten auf allen Ebenen und

Senkung der Schulabbrecherquote

Stärkere Durchlässigkeit im Schulsystem zwischen Schule und Schule,

Lehre und Schule, Schule und Meisterausbildung und dem Hochschulbereich

sowie erleichterte Nostrifizierung

Engere Verschränkung zwischen schulischer und beruflicher Bildung

Erschließung des Potenzials von Kindern mit Migrationshintergrund

Stärkung der Elementarpädagogik

Kindergarten als erste Bildungseinrichtung:

Frühförderung neu denken und dementsprechend gestalten

Bildung UND Qualifikation betonen

nach dem Motto „Nicht nur wissen, auch können“

Höhere Investitionen in Elementarpädagogik –

z. B. für ausreichende Deutschkenntnisse vor dem Schuleintritt

Verstärkung der frühkindlichen Bildung und

Förderung ab drei Jahren sowie sprachliche Frühförderung

Ausbildung der Kindergartenpädagogen stärker so gestalten,

dass sie Erziehungskompetenz auch an die Eltern vermitteln

und Kinder zum Lernen motivieren können

Ausweitung der individuellen Förderung für benachteiligte

Kinder und Jugendliche

Einführung von Orientierungstests als Möglichkeit für alle Schüler,

den für sie richtigen Bildungsweg zu finden

Weiterführung und Intensivierung aller Maßnahmen, die die Durchlässigkeit

des Bildungssystems unterstützen (Nachholen von Bildungsabschlüssen,

Eines der vorrangigen Ziele der Politik

im Bereich „Lebenschancen durch

Qualifikation und Bildung“ sollte sein,

auf allen Ebenen die Abschlussquoten

zu erhöhen und die Durchlässigkeit des

Bildungs systems zu verbessern. Um für

alle die selben Chancen von Beginn an zu

schaffen, sollte die Elementarpädagogik

gestärkt werden.

Um „Lebenschancen durch Qualifikation

und Bildung“ zu erhöhen, sind als politi­

sche Strategien insbesondere verstärkte

Investitionen in die Elementarpädagogik

bzw. die frühkindliche Förderung erforder-

lich. Weiters sollen Orientierungstests den

Schülern die Möglichkeit geben, den für

sie richtigen Bildungsweg zu finden.

Page 77: Projekt Freiraum - Das Buch

77Bildung weiter denken 5.3. Lebenschancen durch Qualifikation und Bildung

Lehre mit Matura, kostenlose Berufsreifeprüfungen etc.

Niederschwellige Angebote für das Nachholen von Bildungs- und

Berufsabschlüssen sowie die Anrechnung von im Ausland und

informell erworbenem Wissen

Durchlässigkeit im System durch die Möglichkeit

zur Ergreifung eines Lehramtes für Quereinsteiger forcieren

Bessere Anerkennung von Vorwissen, z. B. bei Beginn eines Studiums

Informationen bezüglich der konkreten Situation und Chancen

am Arbeitsmarkt ausweiten

Fachschulen für Jugendliche mit Pflichtschulabschluss attraktiver machen,

insbesondere Förderungen im ländlichen Raum forcieren

Internationales Schulsystem vom Kindergarten bis zur Matura implemen-

tieren, international akkreditierte Schulen in Oberösterreich forcieren

Bildungsbewusstsein bei Eltern mit Migrationshintergrund stärken

Verstärkte Maßnahmen in der Elternbildung, z. B. durch

eine Elternschule oder einen „Elternführerschein“

Förderung der psychosozialen und physischen Gesundheit von Schülern

Vereine von Migranten als Multiplikatoren stärker

in Bildung integrieren, z. B. Feste gemeinsam feiern

Page 78: Projekt Freiraum - Das Buch

78 5.4. Lebensbegleitendes Lernen Bildung weiter denken

Lebensbegleitendes Lernen

Zukünftig mehr Abwechslung zwischen Arbeits- und

Lernphasen im Verlauf eines Lebens

Lebenslanges Lernen muss als zentrales Prinzip

des Erwerbslebens verankert werden

Lebenslanges Lernen wird ab einem gewissen Alter nicht mehr „honoriert“,

daher muss ein Anreizsystem für Motivierte geschaffen werden

Lebenslanges Lernen verlangt, Selbstverantwortung zu übernehmen

Die Kluft zwischen Hoch- und Niedrigqualifizierten weitet sich auch durch

das unterschiedliche Maß an Eigenverantwortung immer weiter aus

Bildungswillige Menschen bleiben ein Leben lang bildungswillig

Lernen soll im sozialen Umfeld „weiterleben“

Wunsch der Menschen, Neues zu lernen, muss geweckt werden

Schwellenangst zur Erwachsenenbildung muss genommen werden –

Schülern aufzeigen, wo sie sich später weiterbilden können

Begeisterung für Kunst und Kultur wecken

Verständnis für verschiedene Kulturen im Schulumfeld vermitteln

Freude an Sport und Bewegung im Kindesalter vermitteln

Vermittlung der Bedeutung der Politik für den Einzelnen –

Betroffenheit und Bezugspunkte herstellen

Zukünftig werden sich die Lern- und

Arbeitsphasen im Verlauf eines Lebens

häufiger abwechseln – Bildung erfolgt

nicht nur in der Schule, sondern ein Leben

lang. Daher muss lebenslanges Lernen

als zentrales Prinzip im Erwerbsleben

verankert werden. Eine Herausforderung

im Bereich „Lebensbegleitendes Lernen“

stellt sicherlich die Bildungsbereitschaft

von Erwachsenen dar. Diese nimmt im

Allgemeinen mit zunehmendem Alter ab

bzw. wird weniger „honoriert“.

5.4.

Page 79: Projekt Freiraum - Das Buch

79Bildung weiter denken 5.4. Lebensbegleitendes Lernen

Ältere sind in der Erwachsenenbildung adäquat vertreten, weil die

Bildungsneugierde rechtzeitig geweckt und aufrecht erhalten wurde

Lebensphasenorientierung im lebensbegleitenden Lernen

Lernen stellt für die Menschen eine Bereicherung und ein Sicherheitssystem

für die Zukunft dar

Lernen erfolgt mit hoher Eigenverantwortlichkeit und Selbstbewusstsein

Arbeitgeber unterstützen das lebenslange Lernen

Menschen erkennen, dass Lernen auch Freude bereiten kann und den

Charakter bildet, und sehen nicht nur den finanziellen Nutzen des Lernens

Lernen ist für die Menschen nicht nur „einen Kurs besuchen“,

sondern Zugang zu Kultur, Sport, Gesellschaft etc.

Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft

nimmt einen zentralen Stellenwert ein

Nutzen von lebenslangem Lernen bewusst machen – von Kindheit an

Bewusstsein für die Verbindung zwischen Lebensqualität

und Lernen schaffen

Rahmenbedingungen schaffen für Arbeitnehmer, die ein Studium,

eine Ausbildung etc. beginnen wollen, z. B. durch die Anrechnung von

Vordienstzeiten und Vorausbildungen

Kompetenzorientierung im lebensbegleitenden Lernen

Thematische Vielfalt für Gesellschaftspolitik muss gegeben sein –

Bereitstellung einer breiten „Bildungspalette“

Bewusstsein schaffen, dass Bildung nicht gratis ist

(erst für Erwachsenenbildung kommen die Lernenden selbst auf)

Vermittlung von Kommunikation und Selbsterfahrung in Ausbildungen

Förderung von Alltagskompetenzen

Vermittlung interkultureller Kompetenzen auf kreativem Weg

Schulen bieten vielfältigen Zugang zu kulturellen Veranstaltungen,

dies vermittelt Werte und bleibt nachhaltig in Erinnerung

Als Vision für „Lebensbegleitendes

Lernen“ in zehn bis 15 Jahren sehen die

Experten, dass Ältere in der Erwachsenen-

bildung adäquat vertreten sind, da deren

Bildungsneugierde rechtzeitig geweckt

und aufrecht erhalten wurde und als Ver-

sicherung für die Zukunft angesehen wird.

Lernen erfolgt mit hoher Eigenverantwort-

lichkeit, aber auch unterstützt durch den

Arbeitgeber.

Um „Lebensbegleitendes Lernen“ als

zentrales Prinzip des Erwerbslebens in

der Gesellschaft zu verankern, muss

im Rahmen der Politikgestaltung der

Nutzen effekt stärker in der Öffentlichkeit

kommuniziert werden. Für Arbeit nehmer,

die ein Studium bzw. eine Aus- oder

Weiterbildung beginnen wollen, müssen

adäquate Rahmenbedingungen geschaf-

fen werden.

Page 80: Projekt Freiraum - Das Buch

80 5.4. Lebensbegleitendes Lernen Bildung weiter denken

Ausbau der Aus- und Weiterbildungsangebote

insbesondere für 30- bis 45-Jährige, z. B. durch Minikurse zum Einstieg

Bildungs- und Berufsberatung nicht nur für Jugendliche –

auch im Erwachsenenalter

Stärkung der Bildungsangebote im ländlichen Raum

Bildungsmarketing: passfähige Zugänge zu bestimmten

Zielgruppen eröffnen, z. B. ethnische Communities

Angebot von „Packages“ aus Weiterbildung und

Freizeit, Kinderbetreuung etc.

Engere Verzahnung von Aus- und Weiterbildung

Eingehen auf die spezifischen Bedarfe der Zielgruppen (z. B. Kurszeiten)

Regionale Lerngruppen via E-Learning implementieren

Weiterbildungscoaches, die in Firmen über relevante Angebote institutions-

übergreifend informieren

Bildungskonto als wichtiges Instrument für Weiterbildung ausbauen und

verbreiten, vor allem für Personen in mittlerem und höherem Alter

Weiterbildungsangebote für atypisch Beschäftigte und EPU gezielt

anbieten und unterstützen (Verdienstentgang in der Zeit der Weiterbildung)

Pilotprojekt zum „dualen Studium“ an FH OÖ/JKU in Kooperation mit ausge-

wählten Unternehmen; bewährte duale Ausbildung auf tertiärem Niveau

Lehre mit Matura an HTLs ausweiten (Bsp. Kremstaler Technische

Lehr akademie) und längere Zeitspanne dafür vorsehen, um die

Doppelbelastung von Schule und Arbeit zu verringern

Lehre mit Matura in die Regionen bringen, da die Kurse derzeit meist im Zen-

tralraum angeboten werden bzw. am Abend zu lange dauern

Erfolgreiches Projekt „Du kannst was!“ (einfache Anerkennung von infor-

mell und im Ausland erworbenem Wissen für Berufsabschlüsse) als Best-

Practice-Beispiel auf mögliche übernehmbare Maßnahmen hin überprüfen

Projektbezogenes Lernen stärken, z. B. indem Senioren

von Schülern den Umgang mit dem PC lernen

Zusammenarbeit zwischen Schulen und Vereinen ausbauen

(insbesondere Sport, Musik, Kultur …)

Kunst- und Kulturprojekte von Schülern im öffentlichen Raum

Um den Bereich „Lebensbegleitendes

Lernen“ zu stärken, liegt eine konkrete

politische Maßnahme im Ausbau des

Kursangebotes, insbesondere im länd-

lichen Raum. Dazu könnten moderierte

regionale Lerngruppen via E-Learning ein-

geführt werden. Weiters sollten besonders

atypisch Beschäftigte und Ein-Personen-

Unternehmen (EPU) durch gezielte Wei-

terbildungsangebote unterstützt werden.

Page 81: Projekt Freiraum - Das Buch

81Bildung weiter denken 5.4. Lebensbegleitendes Lernen

Ausweitung der Schulsportangebote – Angebot einer täglichen Bewegungs-

stunde im Zusammenspiel zwischen Schule und Vereinen

Internationale und grenzüberschreitende Kulturprojekte

(z. B. mit Schulen in Tschechien)

Ausbau der Gesundheitsförderung in Schulen und Vermittlung von

Gesundheitskompetenzen (z. B. Bewegung, Ernährung, Suchtprävention)

Ausweitung der politischen Bildung unter Nutzung innovativer

Elemente und Kennenlernen der politischen Strukturen und

Entscheidungsträger vor Ort

Page 82: Projekt Freiraum - Das Buch

82 Ableitungen und Impulse für Oberösterreich Mobilität weiter denken

Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Die nachfolgenden Aspekte haben sich

als Quintessenz des Diskurses heraus­

kristallisiert und dienen als Grundlage

für eine vertiefende Diskussion mit Fach­

leuten und Entscheidungsträgern.

Zukunftsticket „fit4life“

Für die Herausforderungen der Welt von morgen muss bereits in frühen

Jahren der Grundstein gelegt werden. Anzudenken ist das Angebot eines

erlebnisorientierten Bildungspasses für Kinder, bei dem diese über mehrere

Jahre außerschulische Bildungsmaßnahmen für Zukunftskompetenzen

absolvieren (digitale Technologien, Medienkompetenz, Fremdsprachen,

Kreativitätstechniken, Entrepreneurship, vernetztes Denken, Naturwissen-

schaften) und so fit für eine erfolgreiche Zukunft werden.

Stärken­ und Chancenorientierung im Bildungswesen

Ein zukunftsweisendes Bildungswesen zeichnet sich einerseits durch

Stärkenorientierung aus, die eine Abkehr von der derzeitigen Schwächen-

orientierung zugunsten einer Talenteförderung und Unterstützung indivi-

dueller Entfaltungsmöglichkeiten umfasst. Andererseits braucht es eine

Chancenorientierung im Sinne einer Schwerpunktsetzung auf Bereiche mit

hohem Beschäftigungspotenzial („Employabilty“) und Karriereperspektiven

in Oberösterreich.

Themen­ und kompetenzorientierter Unterricht

Die klassische Fächereinteilung und die Form der Unterrichtseinheiten sind

zugunsten eines themen- und kompetenzorientierten Unterrichts perma-

nent zu überprüfen. Im Rahmen von Modellversuchen und Pilotprojekten

können stattdessen Projektunterricht forciert oder die Lerninhalte an

Themenfeldern (z. B. „Europa“ mit Sprachen, Wirtschaft, Geschichte, Politik)

oder an Zukunftskompetenzen (z. B. IT- und Medienkompetenzen, Entrepre-

neurship) ausgerichtet werden.

Durchlässigkeit des Bildungssystems stärken

Bildung ist eng mit der Chance zum wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg

verbunden. Dafür müssen Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, damit

jeder Mensch die besten Chancen im Leben hat. Fortzusetzen und auszuwei-

ten sind vor diesem Hintergrund das Nachholen von Bildungsabschlüssen,

die Anerkennung von im Ausland erworbenem Wissen, das kostenlose An-

gebot von Berufsreifeprüfungen und die Forcierung von Lehre mit Matura/

Matura mit Lehre etc.

Berufs­ und Bildungsorientierung

Die Vielfalt an Berufs- und Bildungsangeboten hat enorm zugenommen,

was der Heterogenität der Berufsbilder und Tätigkeitsprofile der modernen

Arbeitswelt entspricht. Für Jugendliche ist es aber nicht einfach, dabei den

richtigen Weg für die persönliche Entwicklung zu finden. Ein Ausbau und

eine Neustrukturierung der individuellen Bildungsberatung und Berufsorien-

tierung für alle Jugendlichen liegt daher nahe.

Weitere Stärkung der Schulautonomie

Die Schulautonomie ist weiter zu stärken, damit sich die einzelnen Schul-

standorte gemäß ihren Schwerpunkten und Möglichkeiten weiterentwickeln

können. Dafür bedarf es eines Managements der Schulen nach modernen

Führungskriterien, insbesondere in Hinblick auf Ressourcen, Methoden und

Personal.

Page 83: Projekt Freiraum - Das Buch

83Mobilität weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Erleichterung des Wechsels zwischen Lehrtätigkeit und anderen Berufen

In kaum einem Job gibt es so wenige echte berufliche Alternativen wie bei

Lehrern. Die Ausbildung, das Dienstrecht und das Gehaltsschema machen

einen – wenn auch nur temporären – Wechsel in einen anderen Beruf sehr

unattraktiv bzw. unmöglich. Gerade für die Vermittlung unternehmerischer

Kompetenzen ist jedoch das Wissen um die Anforderungen, Prozesse und

Strukturen der Privatwirtschaft essenziell. Anzudenken ist daher die Ermög-

lichung einer „Wirtschaftskarenz“, bei der Lehrer zeitweise in die Privatwirt-

schaft wechseln, ohne dabei Einbußen zu haben. Die Umsetzung könnte in

Kooperation mit ausgewählten Betrieben erfolgen, die entsprechende Jobs

anbieten.

Unternehmer als Lehrkräfte an AHS

Um unternehmerisches Denken und Handeln in der Ausbildung zu vermit-

teln, könnte im Zuge eines Pilotprojektes versucht werden, Unternehmer als

Lehrkräfte für Schulen zu gewinnen – nach dem Vorbild der HTLs oder der

Berufsschulen, wo die Verbindung von Unterricht und Praxis als wesentli-

cher Erfolgsfaktor für die Ausbildung gilt.

Stärkere Praxisorientierung an AHS

Die Allgemeinbildung, die an AHS vermittelt wird, stärkt die Persönlichkeit

und den intellektuellen Horizont junger Menschen. Vor dem Hintergrund der

Beschäftigungsfähigkeit wäre – zumindest in ausgewählten AHS – eine stär-

kere Praxisorientierung ins Visier zu nehmen. Konkret bedeutet das einen

schrittweisen Ausbau von Maßnahmen wie Matura mit Lehre und „Theo-

Prax“, um den Spagat zwischen Allgemeinbildung und praktischer Berufs-

befähigung zu bewältigen.

Lebenslanges Lernen als Prinzip verankern

Lebensbegleitendes Lernen nimmt an Bedeutung stetig zu. Damit

lebenslanges Lernen als Grundprinzip in der breiten Bevölkerung stärker

verankert werden kann, wird eine Initiative für Bewusstseinsbildung und

Motivation vorgeschlagen. Dabei stehen die Vermittlung von Bildungsfreu-

de in allen Altersgruppen, die Ausweitung der aktiven Ansprache und die

Vermittlung passender Angebote in Unternehmen (insbesondere KMU) im

Mittelpunkt.

Oberösterreich als modernsten „Bildungshub“ Österreichs positionieren

Oberösterreich verfügt über enorme Kompetenzen und Leuchttürme in

Bezug auf moderne Bildungstechnologien wie Fernstudien, E-Learning, Blen-

ded Learning, Open Online Courses etc. Beispiele sind etwa die FH Hagen-

berg, Multimediale Linzer Rechtsstudien, Fernstudienzentrum an der JKU

Linz, Education Group und Ähnliches mehr. Diese Angebote gilt es einerseits

auszubauen und zu forcieren, andererseits könnte Oberösterreich die Kräfte

in diesem zukunftsweisenden Bereich bündeln und sich als modernster

„Bildungshub“ Österreichs positionieren.

Page 84: Projekt Freiraum - Das Buch

Ergebnisse – Projekt Freiraum

Gesundheit weiter denken

Page 85: Projekt Freiraum - Das Buch
Page 86: Projekt Freiraum - Das Buch

86 Ergebnisse – Projekt Freiraum Gesundheit weiter denken

Lebenserwartung ohne chronische Krankheiten (Lebensjahre)

Quelle: Statistik Austria

74 J.

76 J.

78 J.

80 J.

82 J.

84 J.

2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

Männer ohne chronische Krankheiten

Frauen ohne chronische Krankheiten

82,1 82,282,7 82,8 83,0 82,8 83,1 83,4 83,3 83,4

76,4 76,7 77,0 77,3 77,6 77,4 77,778,1 78,5 78,5

6. Gesundheit weiter denken

Gesundheit rückt immer mehr ins Bewusstsein der Gesellschaft:

Die Zahl der unter dem Begriff „Zivilisationskrank heiten“ sub-

sumierten Krankheiten nimmt kontinuierlich zu, die Lebenser-

wartung der Menschen steigt und allgemein erfolgt eine zuneh-

mende Sensibilisierung für Gesundheitsthemen. Was Menschen

und Regierung gleichermaßen betrifft, ist die Frage, inwieweit

die Erwartungen und Bedürfnisse erfüllt und finanziert werden

können und wie der Gesundheitsbereich organisiert werden kann,

um nachhaltig und zukunftsfähig zu sein.

Bei allen Maßnahmen sollte der Leitgedanke Gesundheits för-

derung und Prävention sein. Durch Information, Auf klärung

und Wissen kann frühzeitig und flächendeckend den durch

die Lebensweise stark beeinflussten Erkrankungen wirksam

vorgebeugt werden. Investitionen in die Prävention – und das

möglichst in jungen Jahren – sollen hier der Schlüssel sein.

Mehr als 97 Prozent der oberösterreichischen Städte und

Gemeinden beteiligen sich am oberösterreichischen Netzwerk

„Gesunde Gemeinde“. Sie unterstützen das Gesundheits-

bewusstsein ihrer Bevölkerung und bemühen sich um gesund -

heits fördernde Lebensbedingungen.

Investieren spielt übrigens auch bei den oberösterreichischen

Spitälern eine gewichtige Rolle. So sind alleine im Jahr 2015

Investitionen in Höhe von 151,2 Millionen Euro in die Kranken-

anstalten geplant.

Der Themenkomplex „Gesundheit und alternde Gesellschaft“

spielt als Wirtschaftszweig in Oberösterreich eine immer größere

Rolle. Dieser Bereich ist auch eine der zentralen Säulen des stra-

tegischen Wirtschafts- und Forschungsprogrammes „Inno vation

Oberösterreich 2020“. Erst kürzlich erfolgte eine 2 Millionen

Euro schwere Ausschreibung aus dem oberösterreichischen

Forschungsressorts im Bereich Medizintechnik.

Neben dem bestehenden vielseitigen Bildungsangebot im

Gesundheitsbereich wird nun auch die Medizinische Fakultät

in Linz Wachstumsimpulse im medizinnahen Bereich für den

Standort Oberösterreich bringen. Viele neue Jobs in beson ders

inno vativen Bereichen werden entstehen.

Ziel muss es stets sein, die Bürger bestmöglich versorgen

zu können. Das Gesundheitssystem der Zukunft ist ein Ziel-

steuerungssystem für eine raschere Abstimmung und eine

patientenorientierte Versorgung:

Best Point of Service: Es gilt, die Patienten zum richtigen Zeit-

punkt, am richtigen Ort, mit optimaler medizinischer Qualität

sowie gesamtwirtschaftlich sinnvoll zu versorgen.

Primary Health Care (PHC): Für Patienten wird der unkompli-

zierte Zugang zur bedarfsgerechten Gesundheitsversorgung

und deren hohe Qualität langfristig gesichert und ausgebaut.

Die erste Kontaktstelle (z. B. Hausarzt) soll den Versorgungs -

prozess für die Patienten koordinieren und eine kontinuierliche

Betreuung unter der Berücksichtigung von gesellschaftlichen

Bedingungen gewährleisten.

Interdisziplinäre Versorgungsmodelle: Forcierung der Einrich-

tung von multi-professionellen und integrativen Versorgungs-

formen auf allen Versorgungsebenen. Gefördert wird die Zusam-

menarbeit von Ärzten unterschiedlicher Fachbereiche sowie von

nicht ärztlichen Gesundheitsanbietern (z. B. Physiotherapeuten)

in Gruppenpraxen oder selbständigen Ambulatorien.

Integrierte Versorgung: Verbessert werden soll die patienten-

orientierte, gemeinsame und abgestimmte sektorenübergreifen-

de Gesundheitsversorgung, insbesondere durch die Optimierung

von Organisationsabläufen und der Kommunikation an den

Nahtstellen (z. B. Rehabilitation, Pflegebereich etc.).

Page 87: Projekt Freiraum - Das Buch

87Gesundheit weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

Berufsausübende Ärzte pro 100.000 Einwohner

Quelle: Statistik Austria

50

100

150

200

250

300

1960 1970 1980 1990 2000 2005 2010 2011 2012 2013

Ärzte für Allgemeinmedizin

Fachärzte

Ärzte in Ausbildung

23,0 30,7 54,7

49,3 65,2 78,8

87,0 70,8 90,2 78,5

108,3

114,0

69,7

136,5

179,1

77,2

146,5

207,7

84,2

157,6

236,4

82,6

158,7

239,9

80,2

161,6

246,5

75,9

163,7

257,6

6. Gesundheit weiter denken

Eine besondere Rolle kommt der Prävention von Krankheiten zu:

Da viele der heutigen Krankheiten durch die individuelle Lebens-

weise hervorgerufen bzw. stark beeinflusst werden, sind eine

umfassende Information, Aufklärung und Sensibilisierung der

Bevölkerung – bereits in der Kindheit – erforderlich und förder-

lich. Einen wesentlichen Beitrag zur verstärkten Fokussierung

auf den Präventionsgedanken im Gesundheitswesen können

innovative Technologien (z. B. Blutstrom-Sensoren, Telemedizin,

Bio-Gerontologie, mobile und internetbasierte Anwendungen)

leisten, da sie neue Lösungen anbieten und, je nach Technologie

unterschiedlich, ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis mit sich

bringen können.

Prof. Dr. med. univ. Ferdinand Hofstädter

Vizerektor für den Medizinischen Bereich an der

Johannes Kepler Universität Linz

1984 Professor und Oberarzt am Institut für

Pathologie der RWTH Aachen

1989 Direktor am Institut für Pathologie der

Universität Regensburg

Wissenschaftliche Schwerpunkte: Tumorzentrum,

Kolorektale Tumoren, Urogenitale Tumoren

„Um Netzwerke zu etablieren, die es ermöglichen, den Patienten in den Mittelpunkt zu stellen, sind sektoren­übergreifende Konzepte notwendig.“ Prof. Dr. med. univ. Ferdinand Hofstädter

Sowohl Prof. Ferdinand Hofstädter, Vizerektor für den Medizini-

schen Bereich an der JKU, als auch Erich R. Reinhardt, Chef des

Medical Valley EMN, sind der Ansicht, dass die Grundsätze der

Prävention weitgehend bekannt sind und die große Herausforde-

rung darin besteht, die Menschen zu entsprechendem Handeln

zu bewegen. Notwendig ist hierzu die Identifikation neuer Wege,

um die Bürger, vor allem Nicht-Betroffene, sowohl kommunikativ

als auch aktivierend zu erreichen.

Die enorme Wissensexplosion im medizinischen Bereich hin-

sichtlich der molekularen Gesetzmäßigkeiten von Krankheiten

und Gesundheit ermöglicht zunehmend gezielte, individuelle

Therapieformen (Präzisionsmedizin). Die Vernetzung von ver-

schiedenen Kompetenzen (z. B. in Form von Gesundheitszentren)

wird in Zukunft den Patienten in den Mittelpunkt stellen.

Page 88: Projekt Freiraum - Das Buch

88 Ergebnisse – Projekt Freiraum Gesundheit weiter denken

Das Thema „Big Data“ hat schon lange Einzug in den

medizinischen Bereich gehalten: Anhand von Daten-

banken, die in empirischer Form viele Informationen

über Gesundheit und zeitliche Verläufe von Krankheiten

enthalten, kann Wissen gesammelt und ausgewertet

werden, das für die Behandlung von Patienten ent-

scheidend sein kann. Es gibt jedoch zurzeit noch starke

Ressentiments gegen die Verwendung von Big Data,

ebenso gegenüber anderen fortschrittlichen Methoden

wie etwa der Genmedizin. Dem Schaffen von Akzeptanz

für derartige Entwicklungen bei der Bevölkerung kommt

eine gewichtige Rolle zu. Die gleichzeitige Implementie-

rung eines gesellschaftlich akzeptierten und legistisch

normierten Rahmens muss mit dieser Entwicklung

einhergehen.

Prof. Reinhardt nennt zwei wesentliche Fähigkeiten, die

not wendig sind, um Oberösterreich stärker als Gesund-

heitsbundesland zu etablieren:

Fähigkeit zur transdisziplinären Zusammenarbeit:

Bildung von Clustern, die sich aus unterschiedlichen

Disziplinen zusammensetzen und eine effiziente Zusam-

menarbeit ermöglichen bzw. erleichtern.

Fähigkeit zur Kommerzialisierung: Von all den hervor-

ragenden Forschungsergebnissen profitieren die Bürger

nur, wenn daraus Produkte und Dienstleistungen entste-

hen. Die Kompetenz zu kommerzialisieren ist daher von

großer Bedeutung.

Prof. Dr. Ing. Erich R. Reinhardt

Vorsitzender des Vorstandes von Medical Valley EMN,

Mitglied der Board of Directors of Varian Medical

Systems sowie des Unternehmens IMED

Aufsichtsratsmitglied des Universitätsklinikums

Erlangen, Mitglied des Kuratoriums des Deutschen

Krebsforschungszentrums und Kuratoriumsmitglied

der Max-Planck-Institute für Biochemie und Neuro-

biologie in München und für Physik des Lichtes in

Erlangen

„Die wesentlichen Fähigkeiten für die Etablierung als Gesundheitsbundes­land sind einerseits die Fähigkeit zur transdisziplinären Zusammenarbeit und andererseits die Fähigkeit zur Kommerzialisierung.“ Prof. Dr. Ing. Erich R. Reinhardt

„Es geht uns darum, die Patientinnen und Patienten und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt unserer Gesundheits­politik zu stellen.“ Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer

Als politische Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels nennt

Prof. Hofstätter:

Implementierung und Förderung sektorenüber-

greifender krankheitsspezifischer Programme

und Strukturen (Beispiel: Nationaler Krebsplan)

Entwicklung qualitätsorientierter Strukturen

(Beispiel: zertifizierte Zentren und ihre Netzwerke)

Förderung von hochwertigen, interdisziplinären

evidenzbasierten Leitlinien

Förderung von neutralen, bevölkerungsbezogenen

klinischen Registern zur Qualitätsbewertung

Förderung von neutralen und unabhängigen

Instrumenten zur Bewertung und zielgerechten

Verbreitung von medizinischem Wissen

(Studien, Register, Leitlinien)

Instrumente zur raschen, bewerteten

Umsetzung von Ergebnissen der

transnationalen Forschung

Page 89: Projekt Freiraum - Das Buch

89Gesundheit weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

Das übergeordnete Ziel ist die bestmögliche medizinische Ver-

sorgung sowie die größtmögliche Lebensqualität der Bürger in

Stadt und Land unter Berücksichtigung von finanziell vertret-

baren und ethischen Aspekten. Wesentlich hierfür ist ein funk-

tionierendes Gesundheitssystem, das eine patientenorientierte

Basis- und Spezialversorgung ermöglicht, sowie Maßnahmen,

die die individuelle Prävention der Menschen fördern.

Auf Basis von Trendstudien, der Experten-Inputs sowie der zahl-

reichen Ideen und Anregungen aus der Bevölkerung haben sich

drei Themenfelder herauskristallisiert, welche die Kernaspekte

der Gesundheit von morgen darstellen und in welchen die Politik

bzw. die Verwaltung lenkend und gestaltend tätig sein werden:

Wie können das Bewusstsein für ganzheitliche Gesundheit und das Bewusstsein für

Prävention gefördert werden?

Viele der heutigen Krankheiten werden durch die individuelle Lebensweise hervor-

ge rufen bzw. beeinflusst. Information und Sensibilisierung sowie die Motivation der

Bürger hin zu aktiver Prävention sind daher eine große Herausforderung.

Was kann getan werden, um die Entwicklung des Gesundheitswesens (Basis­

und Spezialversorgung) vor dem Hintergrund sich abzeichnender Innovationen

bestmöglich voranzutreiben?

Innovationen im wissenschaftlichen und im technischen Bereich haben starke

Aus wirkungen auf das zukünftige Gesundheitswesen. Neue Erkenntnisse in vielen

medizinischen und medizinnahen Bereichen bieten neue Chancen und Möglichkeiten

für die Ausgestaltung des Gesundheitssystems.

Welche Rahmenbedingungen sind zu schaffen, um aus dem Impuls der Medizinischen

Fakultät die Weiterentwicklung Oberösterreichs hin zu einem „Medical Valley“

Österreichs zu ermöglichen?

Oberösterreich hat derzeit ein Gesundheitscluster mit 228 Unternehmen und eine Viel-

zahl an Unternehmen, die sich mit medizinischen Themen beschäftigen. Gemeinsam

mit der neuen Medizinischen Fakultät besteht daher eine gute Basis, um sich zu einem

„Medical Valley“ Österreichs zu entwickeln.

Prävention der Zukunft:

Das Gesundheitswesen der Zukunft:

„Medical Valley“ Oberösterreich:

Ziele und Leitlinien

Page 90: Projekt Freiraum - Das Buch

90 Gesundheit weiter denken 6.1. Prävention der Zukunft

Prävention der Zukunft

Vermittlung von Präventionskompetenzen in der medizinischen Ausbildung

„Primärprävention“ – bevor eine Erkrankung entsteht, z. B. Screening

„Sekundärprävention“ – bei bestehender Erkrankung

Aufgabenverteilung in der Präventionsarbeit: Was können Ärzte,

Therapeuten, Pfleger etc. tun?

Kostenthema zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen

Prävention ist unzureichend in den relevanten Berufsgruppen verankert

Prävention hat „negativen“ Touch

Breite Aufklärung der Bevölkerung bezüglich Prävention,

unabhängig von Alter, Kultur, Einkommen etc.

Präventionsforschung: Was braucht Prävention (in der Zukunft),

was wir heute noch gar nicht wissen? (Haltungsschäden etc.)

Für effektive Prävention ist es unabding-

bar, dass ein Bewusstsein für den Nutzen

von Vorsorgemaßnahmen in der Bevölke-

rung geschaffen wird. Darauf aufbauend

sollten diese Maßnahmen in Zukunft auch

selbständig umgesetzt werden. Die Ent-

wicklung geeigneter Präventionsangebote

und die Sicherstellung einer entsprechen-

den öffentlichen Finanzierung werden

als weitere Herausforderungen für die

kommenden Jahre erachtet.

6.1.

Page 91: Projekt Freiraum - Das Buch

91Gesundheit weiter denken 6.1. Prävention der Zukunft

Prävention ist fix in der Bildung (ab Kindergarten) verankert

Best-Practice-Beispiele werden in Oberösterreich umgesetzt

Wichtigste Prävention ist Bewegung bzw. die Erziehung zur Prävention –

begonnen wird in der Kindheit

Vereine bieten „Präventionsangebote“

Fokus auch auf psychische Gesundheit

Ehrenamt leistet wichtigen Beitrag im Bereich Prävention

Oberösterreichs Gesundheitsziele sind umgesetzt: tägliche Bewegungsein-

heit, „Gesunde Schule“, präventive Maßnahmen in den Betrieben

An öffentlichen Plätzen wird nicht geraucht

Alkohol und Nikotin gelten nicht mehr als cool

Die Zahl der Alkoholkranken ist deutlich gesunken

Gesundheitskompetenz wird gefördert

Einführung eines „Präventions- bzw. Gesundheitspasses“

(Maßnahmen werden bereits beim Mutter-Kind-Pass berücksichtigt)

Verschiedenste Kommunikationskanäle und Medien

für Prävention funktionieren

Bekanntheit von Zielen und Maßnahmen der Prävention steigern

Lebensqualität der Bürger erhöhen

Gesundheitsparameter als Ziele festlegen

Lehrinhalte bauen auf Forschungsergebnissen auf (angereichert

durch evidenzbasierte Vorschläge von Bürgern)

Politik ist Erstverantwortliche für den Bereich Prävention

In der Vision von „Prävention der Zu-

kunft“ wird diese in der Bevölkerung

als wichtig und notwendig gesehen und

selbständig umgesetzt. Kompetenzen zur

Prävention werden bereits ab den frühen

Kindheitstagen sowohl von Eltern als auch

in Bildungseinrichtungen (Kindergärten,

Schulen, Betrieben etc.) vermittelt. Die

Politik schafft Rahmenbedingungen für

Prävention, die zu einer hohen Lebens-

qualität und langer Gesundheit beitragen

und dabei nachhaltig finanzierbar sind.

Eine hohe Sensibilisierung für die Bedeu-

tung von Prävention sowie die konkrete

Umsetzung von präventiven Maßnahmen

in der Bevölkerung sollten wesentliche

politische Zielsetzungen sein.

Daneben sollten auch konkrete Gesund-

heitsparameter der Bevölkerung als Ziele

anvisiert werden.

Page 92: Projekt Freiraum - Das Buch

92 Gesundheit weiter denken 6.1. Prävention der Zukunft

Anreizsysteme für Prävention schaffen: Gesundheits pass,

Mutter-Kind-Pass und Ähnliches

Präventionsstrategie auf Basis der gegenwärtigen und zukünftigen

gesundheitlichen Herausforderungen der Oberösterreicher

Aufklärung von Eltern

Nutzen-Vermittlung: „Was bringt Prävention?“

(über Rauchen, Alkohol, Impfen etc. hinaus)

Prävention im Bereich Demenz stärker berücksichtigen

Ambulatorien für präventive Angebote einrichten

Förderung aller Angebote der Schulen mit präventivem Hintergrund

Präventionsmaßnahmen sollten so einfach wie möglich gestaltet sein

Tägliche Turnstunde bzw. tägliches Bewegungsangebot einführen

Interdisziplinäre Betrachtung von relevanten Themen

bereits zu Beginn der fachärztlichen Ausbildung (auch

aus pflegerischer und präventiver Sicht) – regelmäßige

Workshops unterschiedlicher Berufsgruppen

Bildung ist der erste Schritt für mehr Gesundheit

Die Schaffung von Anreizsystemen für

Prävention sowie die Gestaltung und

Durchführung von Informations- und

Auf klärungsprogrammen sollten zentrale

Maßnahmenbereiche für die Politik

in den kommenden Jahren sein. Diese

Maßnahmen sollen z. B. auf Basis einer

zwischen den Akteuren im Präventions-

system akkordierten Strategie erfolgen.

Page 93: Projekt Freiraum - Das Buch

93Gesundheit weiter denken 6.2. Das Gesundheitswesen der Zukunft

Das Gesundheitswesen der Zukunft

Rechtliche Regulierungen

Vernetzung auf allen Ebenen

Primärversorgung optimal gestalten

Indikationsstellung erfordert Einschränkung/Kontrollmechanismen

Gestaltung gesamter Gesundheitsketten

Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitsplätze

im Gesundheitsbereich

Bildung: Vermittlung von Wissen in Schulen

und Kindergärten (Ernährung etc.)

Prävention statt reparieren, insbesondere psychische Vorsorge

Bürger als Verbündete gewinnen

Zugangsbestimmungen zu Gesundheitsberufen

(z. B. Pflege) evaluieren/adaptieren

Entwicklung der Ansprüche der Bürger

Mehr Zeit für Patienten

Klare Aufgabenzuordnungen zu ärztlichen und pflegerischen Leistungen

Gestaltung und Umsetzung einer Gesundheitsreform

Als wesentliche Herausforderung für das

„Gesundheitswesen der Zukunft“ wird die

Gestaltung der rechtlichen, finanziellen

und ethischen Rahmenbedingungen

gesehen. Die Gestaltung der Primary

Health Care (erste Kontaktstelle für

bedarfs gerechte Gesundheitsversorgung),

der Best Points of Service (optimale

medizinische Versorgung von Patienten

zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort)

sowie die Vernetzung von unterschiedli-

chen Disziplinen (Medizin, Technik etc.)

sind weitere Aufgaben und Chancen für

für das Gesundheitswesen der Zukunft.

6.2.

Page 94: Projekt Freiraum - Das Buch

94 Gesundheit weiter denken 6.2. Das Gesundheitswesen der Zukunft

Steuerung und Versorgungsauftrag des Systems –

Standorte von Primary Health Care Centern (erste Kontakt-

stellen für bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung)

Berufsbilder von Ärzten, Pflegern etc. weiterentwickeln und abstimmen

Eingehen auf alternde Gesellschaft

Evaluierung der gesetzten Maßnahmen

Tageskliniken leisten einen kosteneffizienten

Beitrag zur Gesundheitsversorgung

Optimierte Vorgangsweise im Bereich Finanzierung

des Gesundheitswesens (Schnittstellenproblematik)

Alle Ebenen sind vernetzt

Zugang zur Ambulanz ist geregelt

Gruppenpraxen können am Land Versorgung abdecken

Gezielte Vernetzung von Berufsgruppen im

medizinischen Bereich (Ärzte, Pfleger, Techniker, Studenten,

Lehrende treten in einen „Gesundheitsdialog“)

Finanzielle, rechtliche und inhaltliche Rahmenvorgaben mit Freiraum

Innovative Versorgungsmodelle in Spitälern und in Spitalsnähe

Best Point of Service: Die medizinischen Leistungen werden dort erbracht,

wo sie für den Patienten qualitätvoll und am effizientesten durchgeführt

werden können

Nicht-ärztliche Partner (Pfleger, Betreuer) in medizinische

Versorgung effektiver einbinden

Eine elektronisch dokumentierte Behandlungskette einrichten

Standardisiertes und laufend verbessertes Qualitätsmanagement

für medizinische, pflegerische und präventive Leistungen

Bürger mit einbinden

Optimale Zuordnung inner- und außerspitalischer Bereich

Ressourcen zur Vernetzung bereitstellen

Als Vision wird ein integriertes, ethisches

und leistbares Gesundheitswesen gese-

hen, in welchem die unterschiedlichsten

Disziplinen und Einrichtungen optimal

aufeinander abgestimmt sind und das

die Bürger anforderungsgerecht nutzen.

Darüber hinaus gibt es eine ausreichende

Anzahl an Fach- und Pflegepersonal, um

präventiven und medizinischen Bedarfen

bestmöglich gerecht werden zu können.

Als wesentliche politische Zielsetzung

für das „Gesundheitswesen der Zukunft“

wird – dem Versorgungsauftrag entspre-

chend – eine bestmögliche präventions-

bezogene und medizinische Versorgung

aller Oberösterreicher gesehen. Betriebs-

wirtschaftliche und ethische Aspekte

werden mitberücksichtigt.

Auch gehören alle Akteure des Gesund-

heitssystems miteinander vernetzt. In

der Bevölkerung sollte die Kompetenz

zur anforderungsgerechten Nutzung der

Gesundheitsangebote aufgebaut bzw.

die Möglichkeiten zur Selbsthilfe aufge-

zeigt werden.

Page 95: Projekt Freiraum - Das Buch

95Gesundheit weiter denken 6.2. Das Gesundheitswesen der Zukunft

Medizinische Versorgungszentren mit Beratung, vor allem im Bereich

der fachärztlichen Betreuung. Neben Ärzten sind alle relevanten Partner

(Apotheken etc.) in diese Zentren eingebunden.

Nicht-ärztliches Personal (z. B. Pfleger) besser einbinden

Effizienzkontrolle der Maßnahmen

Nachvollziehbare und klare Vergütungsregeln erstellen

Gesundheitskompetenz der Bevölkerung fördern (Health Literacy)

Gesetzliche/berufsrechtliche Anpassungen –

mehr Freiraum, weniger Bürokratie

Strukturen in der Ausbildung entsprechend den

neuen Anforderungen weiterentwickeln

Zusammenarbeit des inner- und außerspitalischen Bereichs verbessern

Elektronische Datenvernetzung forcieren

(Krankenhaus – niedergelassener Bereich)

Zur Erreichung dieser Ziele sind folgen-

de Maßnahmen wichtig: die Einrichtung

eines integrierten und effizienten Ge-

sundheitssystems (optimale IT-gestützte

Prozesse, Gesundheitscontrolling etc.),

die Schaffung von medizinischen Ver-

sorgungszentren, die Aktualisierung

von Berufsbildern sowie die kontinuier-

liche Durchführung von Dialogen zum

Gesund heitssystem unter Einbindung

aller relevanten Akteure. Eine konstante

Information und Sensibilisierung für das

Gesundheitssystem sollte ebenfalls eine

wichtige Rolle in den Maßnahmen spielen.

Page 96: Projekt Freiraum - Das Buch

96 Gesundheit weiter denken 6.3. „Medical Valley“ Oberösterreich

„Medical Valley“ Oberösterreich

Medizinische Forschung

Ausbildung vs. Spitzenforschung

Forschung als „Freizeitaktivität“ attraktivieren –

zeitliche Ressourcen für Forschung

Ethische Aspekte vs. technische Entwicklung

Personalauswahl an Medizinischer Fakultät (Vernetzung aller „Mitspieler“)

Vernetzung der Akteure in der Gesundheitsforschung und -wirtschaft

„Health Valley Upper Austria“

Schwerpunkte setzen – Kernkompetenzen aufbauen (Altersmedizin,

Demenz, Medizintechnik)

Pharmakogenetik als Alleinstellungsmerkmal (USP) für Oberösterreich

Versorgungsforschung

Medizinische Informationstechnologie

Als Herausforderung für die Entwicklung

eines starken „Medical Valley“ Ober-

österreich wird die Qualität der techni-

schen Forschung und Entwicklung sowie

der Ausbildung von Spezialisten im

gesundheitlichen und medizintechnischen

Bereich gesehen. Damit verbunden ist der

Aufbau einer entsprechenden Personal-

quantität und -qualität in Oberösterreich

sowie die Vernetzung aller relevanten

Akteure in der Wertschöpfungskette.

Die Vision ist ein „Medical Valley“ Ober-

österreich, das in seinen Schwerpunkt-

bereichen im europäischen Spitzenfeld

liegt, was Forschung, Entwicklung, Ausbil-

dung und Produkte bzw. Dienstleistungen

anbelangt. Dies schlägt sich auch in der

Lebensqualität der Oberösterreicher

nieder. Darüber hinaus ist Oberösterreich

das Gesundheitsbundesland Nr. 1 in

Österreich.

6.3.

Page 97: Projekt Freiraum - Das Buch

97Gesundheit weiter denken 6.3. „Medical Valley“ Oberösterreich

Europäische Relevanz von „Medical Valley Upper Austria“

Mittelverteilung stärker nach Ergebnisqualität steuern

Qualitätssicherung bei Versorgungsmedizin

nach klar definierten Parametern

Medizinische „Auftragsforschung“ für Wirtschaft attraktivieren –

von Unternehmen bezahlte Forschung als wichtiges

Standbein für Hochschulen

Cluster – Vernetzung Wissenschaft – Disziplinen

(z. B. Photovoltaik und Augenheilkunde)

Vermittlungsstelle schafft Technologietransfer

Grundlagenforschung mit medizinisch angewandter Forschung vernetzen –

Sockelförderung mit Projektförderung koppeln

Vernetzung der Forschung: JKU/FH/Wirtschaft/Technik

Zentrale Schnittstelle koordiniert und unterstützt alle medizinischen Abtei-

lungen/Institute (z. B. Förderungen, Finanzkompetenz)

Cluster für Forschungsförderungen schaffen

Bessere Vernetzung medizinischer Daten

Zusammenarbeit auf Augenhöhe um „Medical Valley“ voranzubringen

(Forschung, Wirtschaft, Technik)

Finanzierung sicherstellen

Wesentliche politische Zielsetzung im

Hinblick auf ein „Medical Valley“ sollte

die anhand messbarer Kriterien definier-

te Spitzenposition in Europa sein. Diese

schlägt sich etwa in Patenten, kompetenz-

bezogenen Personalzahlen, Forschung und

Entwicklung in Unternehmen etc. nieder.

Bei der Erreichung dieser Ziele spielt die

Weiterentwicklung des Gesundheitsclus-

ters eine wichtige Rolle. Die Vernetzung

von relevanten Disziplinen ermöglicht

Synergie effekte.

Page 98: Projekt Freiraum - Das Buch

98 Ableitungen und Impulse für Oberösterreich Mobilität weiter denken

Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Oberösterreichische Präventionsstrategie

Da Prävention als integrativer Bestandteil des Gesundheitssystems einen

immer wichtigeren Stellenwert einnimmt, ist die Formulierung einer Prä-

ventionsstrategie für das Land Oberösterreich anzustreben. Diese soll unter

Einbindung aller relevanten Akteure entwickelt werden und alle wichtigen

Themenbereiche (Bildung, Schaffung von Anreizsystemen, Aspekte der

Primär- und Sekundärprävention, Aufklärung der Bevölkerung etc.) glei-

ch ermaßen umfassen.

Maßnahmenplan „Gesundheit am Land“

Um weiterhin eine hochqualitative, flächendeckende Basisversorgung zu ge-

währleisten, ist es einerseits notwendig, den Arztberuf im ländlichen Raum

zu attraktivieren. Andererseits können Innovationen im technischen Bereich

in Form von „Mobile Health“ eine bedarfsgerechte medizinische Versorgung

vor Ort unterstützen.

Erstversorgung in Stadt und Land

Die Gründung von regionalen Ambulanzen (Primary Health Care Centers),

in welchen alle relevanten Berufsgruppen (Ärzte, Apotheker, Pflegepersonal

etc.) vor Ort tätig sind, tragen zu einer attraktiven medizinischen Erstversor-

gung bei.

Gesundheits­ und Präventionsportal

Entwicklung einer Gesundheits- und Präventionsplattform, auf welcher Bür-

ger online alle Informationen erhalten, die sie zum Thema Gesundheit bzw.

Prävention in der jeweiligen Situation benötigen. Über diese Homepage ist

auf Wunsch auch die eigene Gesundheitsakte aufrufbar.

Präventions­ und Gesundheitsinnovationszentrum

Im Präventions- und Gesundheitsinnovationszentrum werden unter Einbin-

dung von Personen aus den unterschiedlichsten medizinischen, technischen

und pflegerischen Bereichen innovative Präventions- und Gesundheitsver-

fahren sowie -technologien interdisziplinär entwickelt. Durch die gezielte

Einbindung von interessierten Bürgern können eine hohe Wirksamkeit und

Patientenfreundlichkeit gewährleistet werden. Ein Aspekt des Präventions-

und Gesundheitsinnovationszentrums ist auch die Vermittlung der neuesten

Erkenntnisse in der Aus- und Weiterbildung von oberösterreichischen Ärz-

ten, Pflegern und der Bevölkerung. Diese Bildungsinhalte können auch via

Videoportal und Onlinetesting in Anspruch genommen werden.

Page 99: Projekt Freiraum - Das Buch

99Mobilität weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Aktion „Prävention ist uns wichtig“

Im Rahmen der Aktion „Prävention ist uns wichtig“ wird ein Kursbuch mit

Seminaren und Workshops zum Thema Prävention im physischen und

psychosozialen Bereich erstellt. Mit dem Besuch einzelner Kurse und

Workshops sind Sammelpunkte verbunden, die in weiterer Folge für andere

Aus- und Weiterbildungsangebote im Präventions- und Gesundheitsbereich

genutzt werden können.

Stärkere Einbindung von Nicht­Ärzten in den medizinischen Bereich

Die Einbindung von nicht-ärztlichem Personal in medizinische Frage-

stellungen gewährleistet, dass viele Perspektiven in die Ausarbeitung von

Behandlungskonzepten und dergleichen einfließen. Vor allem hinsichtlich

der Weiterentwicklung des Landes Oberösterreich hin zu einem österrei-

chischen „Gesundheitsbundesland“ ist die Fähigkeit der intradisziplinären

Zusammenarbeit – auch in Bezug auf die Entwicklung und Kommerzialisie-

rung von Produkten und Dienstleistungen – notwendig.

Verantwortung – mündige Bürger

Da die individuelle Lebensweise der Bürger einen großen Einfluss auf

den langfristigen Gesundheitszustand hat, sollte die Entscheidung, „gesund“

zu leben, honoriert werden.

Schwerpunkt Produkt­ und Dienstleistungsinnovation

im Bereich Gesundheit und Prävention

Der Medizintechnikcluster legt einen Schwerpunkt auf die Produkt- und

Dienstleistungsinnovation im Gesundheits- und Präventionsbereich. Er trägt

somit zur Gründung von neuen Unternehmen und zur Schaffung bzw. dem

Erhalt von Arbeitsplätzen in diesen Bereichen bei.

Page 100: Projekt Freiraum - Das Buch

Ergebnisse – Projekt Freiraum

Wohnen weiter denken

Page 101: Projekt Freiraum - Das Buch
Page 102: Projekt Freiraum - Das Buch

102 Ergebnisse – Projekt Freiraum Wohnen weiter denken

7. Wohnen weiter denken

Wohnqualität bedeutet Lebens- und Standortattrakti-

vität. Darüber hinaus ist dieser Bereich ein wichtiger

Wirtschafts- und Beschäftigungsfaktor für Oberöster-

reich. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass

dieses Thema vielen Oberösterreichern, die am Projekt

Freiraum teilgenommen haben, ein großes Anliegen ist.

Oberösterreich ist bereits jetzt ein Vorzeigebundesland

für hohe Lebensqualität und attraktive Wohnräume, wo-

bei der Begriff der Wohnräume sowohl die eigenen vier

Wände als auch das umschließende Umfeld beinhaltet.

Die hohe Wohnqualität in Oberösterreich drückt sich

beispielsweise in dem im nationalen Vergleich höchsten

Anteil an Kategorie-A-Wohnungen aus, der in den letzten

Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Dieser hohe Wohn-

standard konnte nicht zuletzt aufgrund der umfangrei-

chen Wohnbau- und Wohnraumsanierungsförderung

erzielt werden.

Oberösterreich ist ein Vorzeigebundesland in Sachen

„soziales Wohnen“. Die Wohnungspreise entwickeln sich

dank einer seit Jahren hohen und konstanten Bautätig-

keit stabil. Gezielte Förderungen des Landes trugen

dazu bei, dass sich die Wohnqualität ständig verbesserte.

Mehr als jeder zweite Hauptwohnsitz (53 Prozent) in

Oberösterreich befindet sich im Eigentum. Damit liegt

unser Bundesland über dem Österreichdurchschnitt von

50 Prozent.

Investitionen in den Wohnbau generieren eine Brutto-

wertschöpfung mit einem Faktor von 1,7 und setzen

somit wichtige Wirtschafts- und Beschäftigungsimpulse

in unserem Bundesland.

Einflüsse auf die zukünftige Gestaltung von Wohnräu-

men hat die kontinuierlich steigende Anzahl an Ein­

personenhaushalten, was in erster Linie auf die hohe

Zunahme Alleinlebender im jüngeren und mittleren

Erwachsenenalter zurückzuführen ist. Aber auch die

steigende durchschnittliche Lebenserwartung der Ober-

österreicher hat Auswirkungen auf den Wohnbedarf. Für

die ältere Generation ist mit einem vermehrten Bedarf

an Heimplätzen sowie altersgerechten Wohnungen zu

rechnen. Nach neuesten Haushaltsprognosen wird bis zum Jahr

2020 der Neubaubedarf auf ca. 7.600 jährlich neu zu errichtende

Wohnungen geschätzt, wobei 2.600 Wohnungen freifinanziert

errichtet werden. Der Rest entfällt auf den mehrgeschossigen

Wohnbau mit ca. 2.000 Wohneinheiten sowie auf Eigenheime.

(vgl. Wohnbaubericht des Landes OÖ, 2013)

„Die Gestaltung eines lebensphasen­ und lebensstilgerechten sowie leistbaren Wohnungs angebotes – sowohl im urbanen als auch im ländlichen Raum – ist die zentrale Herausforderung für die Politik in den kommenden Jahren.“ FH-Doz. Dr. Wolfgang AmannGeschäftsführer des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen

Anteil der Kategorie­A­Wohnungen in Prozent (Bundesländer)

Quelle: Statistik Austria

83 %

85 %

87 %

89 %

91 %

93 %

95 %

97 %

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Burgenl. Salzburg Tirol WienNÖ

OÖKärnten Steierm. Vorarlb.

Page 103: Projekt Freiraum - Das Buch

103Wohnen weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

7. Wohnen weiter denken

Um der Abwanderungstendenz, v. a. in ländlichen Regionen,

entgegenzuwirken, braucht es ein attraktives Wohnangebot.

Menschen soll es weiterhin möglich sein, dort, wo sie aufge-

wachsen sind, auch dauerhaft und eigenständig wohnhaft zu

bleiben. Dazu ist es erforderlich, dass das Wohnungsangebot

entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen der Bürger, die sich

aus der finanziellen Situation, der Lebensphase, dem Anspruch

an Wohnkomfort sowie den umweltbezogenen und infrastruktu-

rellen Rahmenbedingungen ergeben, gestaltet wird.

Abgeleitet von den thematisierten Bedürfnissen formuliert

FH-Doz. Dr. Wolfgang Amann Empfehlungen für notwendige

politische Maßnahmen. Diese umfassen u. a. eine Kontinuität

der bedarfsorientierten Wohnungsproduktion (regional, sek-

toral), leistbare Angebote bezogen auf Miete und Eigentum,

Stabilisierung der Marktpreise und -mieten, Vertrauensbildung

in den relevanten Markt, Beiträge zur Nachhaltigkeit, Schutz der

Siedlungsstrukturen gegen Zersiedelung sowie Förderung von

Innovationen in allen Bereichen von Wohnbau und Sanierung.

FH­Doz. Dr. Wolfgang Amann

Geschäftsführender Gesellschafter des

Instituts für Immobilien, Bauen und

Wohnen; Parlamentarischer Berater

in wohnwirtschaftlichen Fragen

Lehrtätigkeit an der Technischen Uni-

versität Wien, den Fachhochschulen

Wien (FHW) und Wiener Neustadt sowie

an der Donau-Universität Krems

Mitglied des UNO-Beratungsgremiums

„Real Estate Market Advisory Group“

(REM), des European Network for

Housing Research (ENHR), der Nach-

haltigkeitsinitiative „Umwelt + Bauen“

und des Wissenschaftlichen Beirats

„Sanierung und Revitalisierung“ an der

Donau-Universität Krems

„Das Wohnungsangebot muss lebensphasen­ und lebensstilgerecht sowie leistbar sein – und zwar in der Stadt und auf dem Land!“ FH-Doz. Dr. Wolfgang Amann, Geschäftsführer des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen

Für Dipl.­Ökonom Michael Neitzel sind Nachhaltigkeit sowie

Migration und Integration die Hauptwohnungstrends der Zukunft.

Nachhaltigkeit bezieht sich auf den Einsatz von ökologisch unbe-

denklichen Baumaterialien und Konzepten zur Energieeffizienz

sowie die Nutzbarmachung erneuerbarer Energien. Globale Migra-

tionsbewegungen und die daraus resultierende Zuwanderung

stellen auch den Wohnungsmarkt vor große Herausforderungen.

Page 104: Projekt Freiraum - Das Buch

104 Ergebnisse – Projekt Freiraum Wohnen weiter denken

Dipl.­Ökonom Michael Neitzel

Seit 2001 Geschäftsführer der InWIS

Forschung & Beratung GmbH

Seit 2008 Geschäftsführer des InWIS-For-

schungsinstituts

Mitglied des wissenschaftlichen Beirats

des Zentralverbandes Sanitär, Heizung,

Klima (ZVSHK)

Mitglied des Forschungsausschusses

des Europäischen Bildungszentrums der

Wohnungs- und Immobilienwirtschaft EBZ

Stv. Vorsitzender des Aufsichtsrates der

hwg eG, Hattingen

Projektleiter der wissenschaftlichen und

technischen Begleitung der Baukosten-

senkungskommission des Bundesminis-

teriums für Umwelt, Naturschutz, Bau

und Reaktorsicherheit (BMUB) sowie der

Evaluation der Stadtumbauprogramme

Ost und West

Damit einher geht der Trend der Individualisierung der Gesell-

schaft. Dieser Trend drückt sich auch in einem Wunsch zur

erhöhten Individualität im Wohnbereich aus, etwa durch die

Einrichtungsgestaltung.

Hinsichtlich der Frage, ob Eigentum oder Miete bevorzugt wird,

wird erwartet, dass der Wunsch nach Eigentum weiterhin sehr

stark ausgeprägt bleibt. Bei der Gruppe derjenigen, die ein über-

durchschnittliches Einkommen haben und beruflich viel unter-

wegs sind, sind gut ausgestattete Mietwohnungen die Präferenz.

„Die technologischen Entwicklungen, die Zunahme an Sharing­Modellen im Bereich des Wohnens, das steigende Gesundheits­bewusstsein sowie der demografische Wandel werden massive Auswirkungen auf den Wohnraumbau haben.“ Dipl.-Ökonom Michael NeitzelGeschäftsführer der InWIS Forschung & Beratung GmbH

Page 105: Projekt Freiraum - Das Buch

105Wohnen weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

Ziele und Leitlinien

Das Hauptziel im Bereich Wohnen muss es sein, jedem Bürger

ein adäquates, leistbares und attraktives Wohnangebot zur

Deckung der jeweils individuellen Wohnbedürfnisse zu bieten

und damit einen Beitrag zu einer hohen Lebens- und Standort-

qualität zu leisten. Eine Vielzahl von Entwicklungen (z. B. ver-

fügbares Platzangebot, Kosten-, Technologie- und Produktent-

wicklungen) und die Veränderungen in den Bedürfnissen und

Werten der Menschen erfordern eine Weiterentwicklung der

Rahmen bedingungen für die Schaffung, die Adaption und den

Erhalt eines bedarfsgerechten individuellen Wohnraums.

Auf Basis von Trendstudien, der Experten-Inputs sowie der

zahlreichen Ideen und Anregungen aus der Bevölkerung haben

sich vier zentrale Themenfelder rund um das Thema „Wohnen“

herauskristallisiert:

Was kann getan werden, um Wohnen im urbanen bzw. ländlichen Raum leistbar

und attraktiv zu machen?

Ein lebenswertes und vor allem erschwingliches Wohnumfeld, das den Bedürfnissen von

Kindern und Eltern für ein erfülltes Familienleben gerecht wird, ist eine Grundvorausset-

zung. Aber auch für ältere Personen braucht es leistbare Wohnräume, die ein Altern in

Würde und Wohlbefinden erlauben.

Welche Wohnformen sollen vor dem Hintergrund demografischer und sozialer

Veränderungen und der Urbanisierung in ihrer Entwicklung unterstützt werden?

Der demografische Wandel, die fortschreitende Urbanisierung und soziale Veränderun-

gen tragen zur Entstehung neuer Wohnformen, wie beispielsweise Wohngemeinschaften

unterschiedlicher Ausprägung („Sharing Community“), bei. Es müssen entsprechende

Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die nachhaltige gesellschaftliche Vernet-

zung und wechselseitige Unterstützung zu gewährleisten.

Welche Technologien im Kontext von „Smart Homes“ sollen in ihrer Entwicklung

unterstützt werden bzw. im zukünftigen privaten und sozialen Wohnbau

Berücksichtigung finden?

Technologisierung und Digitalisierung schaffen neue Möglichkeiten, die Wohnquali-

tät und damit die Lebensqualität in den eigenen vier Wänden noch individueller und

besser zu gestalten. Entsprechende Rahmenbedingungen sollen eine Nutzung dieser

Fortschritte im Interesse der Bürgerinnen und Bürger möglich machen und zugleich

Impulse für die heimische Wirtschaft setzen.

Welche Rahmenbedingungen sind zu schaffen, damit Eigenheim und

Eigentum auch weiterhin möglich sind?

Eigenheim und Eigentum auch weiterhin bzw. wieder leistbar und somit möglich zu

machen sind wesentliche gesellschaftspolitische Herausforderungen. Vor allem auch

jungen Menschen soll der Weg zu ihren eigenen vier Wänden offen stehen.

Leistbares Wohnen:

Neue Wohnformen:

Smart Homes:

Eigenheim und Eigentum:

Page 106: Projekt Freiraum - Das Buch

106 7.1. Leistbares Wohnen Wohnen weiter denken

Leistbares Wohnen

Hoher technischer Standard bei Wohnraumschaffung

Hohe laufende Kosten aufgrund von

Vorschriften und Normen („Preistreiber“)

Finanzierung: Mittel schwer zu bekommen (Besicherung für Private)

Hoher Grundpreis

Anpassbares Bauen ermöglichen

Steigender Flächenbedarf aufgrund der persönlichen Ansprüche

Niedriges Zinsniveau

Verbunden mit einer begrenzten Fläche für Wohnräume besteht die Gefahr,

dass die Preise für Mieten, Immobilien und Grundstücke steigen

Im städtischen Bereich ist Wohnen teurer als am Land –

verbunden mit einem geringeren Anteil an Wohneigentum

Wohnraum in Bauernhöfen adaptieren

Die Leistbarkeit des Wohnens hängt von

mehreren Faktoren ab: von individuellen

(Vermögensentwicklung, Finanzierungs-

kosten) und öffentlichen (Wohnbau-

förderung) Rahmenbedingungen, von

rechtlichen Vorgaben sowie von den zur

Verfügung stehenden Flächen und den

Lebensgewohnheiten. Diese Aspekte

stellen wichtige Chancen und Heraus­

forderungen für die Zukunft dar.

7.1.

Page 107: Projekt Freiraum - Das Buch

107Wohnen weiter denken 7.1. Leistbares Wohnen

Startwohnungen für junge Bürger und Familien

Zusammenschlüsse beim Kauf von Wohnungen und Liegenschaften

(„Shared Living Spaces“)

Transparente Information über Finanzierungsformen, -kosten

und -förderungen

Zusammenschlüsse für den Kauf von Produkten und Dienstleistungen

Bessere Nutzbarmachung von freistehenden Flächen durch Transparenz

Neue Geschäftsmodelle für Miete und Eigentum – neben Geldleistungen

auch Sach- bzw. Arbeitsleistungen (Pflege, Einkauf etc.)

Neue PPP (Public-Private-Partnership)-Modelle (Unternehmen/Banken/

öffentliche Hand) zur Unterbringung von Mitarbeitern in nahe gelegenen

Wohnungen (Pendlerwohnungen)

Unterstützung von privaten Errichtern/Sanierern durch

gezielte Schulungen und Coaching

Freistehende Flächen in öffentlichen Einrichtungen (z. B. Ämter, Schulen

und Krankenhäuser) und privaten Unternehmen (z. B. Hotels) können

rasch in Wohnflächen transformiert werden

Produktion von Einrichtungsgegenständen über 3-D-Drucker –

Druckmaterialien können billiger durch Massenbezug erworben werden

Wohnkosten werden durch eigene Produktion bzw. optimierte Nutzung von

Strom, Wasser, Lebensmitteln etc. teilweise reduziert

Betriebskosten werden durch die Übernahme von Aufgaben

(z. B. Raumpflege) reduziert

Neue Baumaterialien führen zu geringeren Errichtungskosten

An unterschiedliche Gehaltsniveaus angepasste

Wohnungsangebote, auch innerhalb eines Hauses

Weniger Normvorgaben bei Technologie,

hin zu Ergebnisvorgaben (Energieeffizienz)

Kostensicht statt Effizienzsicht (z. B. Energieeffizienz) bei Betriebskosten

Mehr Fokus auf Bestandsimmobilien, vor allem auch für junge Bürger

Empfehlungen der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK)

„leistbares Wohnen“ umsetzen

Die Zukunftsvision ist, dass für alle Bür-

ger – unabhängig von Alter, Einkommen

und sozialer Stellung – in Oberösterreich

jener Wohnraum zu leistbaren Bedingun-

gen zur Verfügung steht, der es erlaubt,

die Wohnbedürfnisse zu befriedigen.

Durch Erbringung von Eigenleistungen

bzw. durch gemeinsame Nutzung von Ein-

richtungen können die Kosten für Wohnen

reduziert werden.

Als zukünftige politische Ziele im Bereich

„Leistbares Wohnen“ sollten vorder gründig

geringere Baukosten und niedrigere

Grundpreise angestrebt werden.

Folgende weitere Punkte für politische

Ziel setzungen wurden eingebracht:

Page 108: Projekt Freiraum - Das Buch

108 7.1. Leistbares Wohnen Wohnen weiter denken

Soziale Komponente bei Vergabe ausfinanzierter

Wohnungen berücksichtigen

Wohnbauförderung mit Funktion als Mezzaninkapital (nachrangig)

Mut bei Bebauungsplanfragen (z. B. Höhe)

Normen bei Warmwasseraufbereitung weiterentwickeln

Barrierefreiheit im Bedarfsfall (Anpassbarkeit)

Verpflichtungen überdenken (z. B. Architektenwettbewerb, Tiefgarage)

Standardanforderungen für „junges Wohnen“ überdenken

Weiterentwicklung der Informationsplattform zur Kostenoptimierung

bei Wohnraumbeschaffung und -sanierung

Gezielte Förderung von PPP-Modellen (Unternehmen/Banken/öffentliche

Hand) für Arbeitnehmerwohnungen

Revision der Wohnstandards im sozialen Wohnbau

Schaffung von Anreizen für die Zurverfügungstellung von freistehenden

Flächen in privaten und öffentlichen Gebäuden („Wohnfamilien“)

Mögliche politische Maßnahmen, um

„leistbares Wohnen“ zu fördern, wären

die Bereitstellung von Bauflächen für ge-

förderten Wohnbau durch die Gemeinden

(unter bestimmten Bedingungen auch für

private Nutzer). Eine Vereinfachung der

Normen (Gesetze und Auflagen) wird als

sinnvoll erachtet. Weitere Vorschläge für

politische Maßnahmen:

Page 109: Projekt Freiraum - Das Buch

109Wohnen weiter denken 7.2. Neue Wohnformen

Neue Wohnformen

Integration von und Verlinkung mit der medizinischen Entwicklung

Generationenwohnen: langfristige Regelung über den Preis

Kommunikation (z. B. Generationen) im Wohnbau als Herausforderung

Attraktivität von Mietkauf

Definition, wofür neue Wohnformen benötigt werden (z. B. Unterstützung

von alleinstehenden alten Menschen durch junge Familien)

Parkplätze für neue Wohnformen

Wohnflächenbedarf sinkt, Wohnungsbedarf steigt

Steigender Anteil von Einpersonenhaushalten

Wohnheime, altersgerechtes Wohnen und Wohnungen

für Menschen mit Beeinträchtigung

Anforderungen unterschiedlicher Generationen

Wohnen nicht solitär betrachten – es geht auch um Umfeld, Mobilität,

Energieversorgung, Arbeits- und Freizeitverhalten, Kinderbetreuung etc.

Trend: wandelbare Möbel

Der Anteil an Singles in der Bevölkerung

nimmt sowohl bei jungen als auch bei

älteren Menschen zu. Parallel dazu führt

der demografische Wandel zu einer Al-

terung der Gesellschaft. Vor dem Hinter-

grund dieser und weiterer Entwicklungen

(Einkommensentwicklung, Migration etc.)

werden „Neue Wohnformen“ als Chance

und als Herausforderung erachtet, wobei

kultur- und generationsübergreifende

Lösungen im Vordergrund stehen.

7.2.

Page 110: Projekt Freiraum - Das Buch

110 7.2. Neue Wohnformen Wohnen weiter denken

Denken in Quartieren – kleinräumige Konzepte, die das Wohnumfeld

einbeziehen – und das Angebot unterschiedlicher Akteure abstimmen

„XS-Wohnen“ (kleine, qualitativ hochwertige Wohnflächen) etabliert sich

ohne Qualitätsverlust, da neue Services und kollaborative Räume den

Wohnraum „on demand“, also auf Anforderung, ergänzen

„Neue Wohnformen“: Wohngemeinschaften für junge und alte Menschen (fixe

Rückzugsflächen, aber auch Gemeinschaftsflächen)

Kleinere Wohneinheiten, um die Anonymität zu verringern

Im geförderten Wohnbau entsteht Gemeinwesen – man

hilft einander, soziale Dienste werden freiwillig erbracht

Flexibilität neuer Wohnformen –

Auflösung von Raumkonzepten hin zu Funktionsbereichen

Multifunktionale Gemeinschaftsflächen für Sport, Freizeit und Geselligkeit

steigern die Lebensqualität für Jung und Alt

Gemeinsame Nutzung der Infrastruktur im Wohn-,

Freizeit- und Mobilitätsbereich

Generationenwohnen gleicht Defizite in familiären Strukturen aus

Neue Wohnformen unterstützen Integration von Generationen,

Kulturen und sozialen Schichten

Wohnen wird wieder verstärkt zum gemeinschaftsprägenden Element

Neue Wohnformen führen zu neuen Dienstleistungen,

Berufen und Finanzierungsmodellen für Wohnraum/Lebensqualität

Neudefinition des sozialen Wohnbaus:

Was ist Sozialleistung? Was ist Mietleistung?

Anreize schaffen, dass ältere Personen freistehenden

Wohnraum zur Verfügung stellen

Strenge Widmungen überdenken

Mehrfachnutzung ermöglichen (Arbeiten/Wohnen)

Steuerliche Anreize für Wohnraumschaffung

Schaffung von Anreizen für Modulbauweise

Zu den Visionen für das Wohnen von

morgen zählen neue Wohnformen wie

etwa generationenübergreifende Wohn-

gemeinschaften. Als Ausdruck einer

„Sharing Community“ soll innerhalb dieser

Wohngemeinschaften eine Arbeitsteilung

bzw. ein gemeinsames Nutzen, Geben und

Nehmen stattfinden.

Um neue Wohnformen zu ermöglichen,

ist vor allem die Schaffung von entspre-

chenden Rahmenbedingungen erforder-

lich. Diese können beispielsweise ein

Bonus- bzw. Anreizsystem für die Errich-

tung bzw. den Einzug in neue Wohnformen

(z. B. Seniorenresidenz) oder die Formulie-

rung neuer Rechtsformen (z. B. neue

Genossenschaftsmodelle, Baurechts-

liegenschaften) umfassen. Folgende

Punkte für politische Zielsetzungen

wurden von den Fachleuten eingebracht:

Page 111: Projekt Freiraum - Das Buch

111Wohnen weiter denken 7.2. Neue Wohnformen

Anreizsystem für Generationenwohnen (Familien und Senioren profitieren

von Arbeitsteilung)

Neuregelung der Parkplatzbewirtschaftung

Identifikation von nationalen und internationalen Best-Practice-Beispielen

Erarbeitung von innovativen Konzepten für neue Wohnformen

durch Einbindung von Stakeholdern

Breit angelegte Informationskampagnen zu den Vorteilen, Angeboten etc.

für neue Wohnformen

Entwicklung von Ausbildungsplänen für „Wohncoaches“ (Mögliche Themen:

Zusammenleben gestalten, gemeinsames Wohnen hilft sparen etc.)

Aus- und Weiterbildungsangebote im Bereich der Entwicklung und

Servicierung von Quartieren optimieren

Politische Maßnahmen im Bereich der

„Neuen Wohnformen“ umfassen die

Schaffung von Anreizsystemen, etwa für

das sogenannte Generationenwohnen,

im Rahmen dessen beispielsweise die

Jungen den Einkauf und die Älteren die

Kinder betreuung übernehmen. Weitere

Vor schläge für politische Maßnahmen:

Page 112: Projekt Freiraum - Das Buch

112 7.3. Smart Homes Wohnen weiter denken

Smart Homes

„Spieltrieb“ und somit Offenheit für technische Lösungen im Wohnbereich

Versorgungssicherheit in puncto Energie, wenn diese gebraucht wird

Leistbarkeit von Energie und Reduktion von Lebenserhaltungskosten

Effizienter Umgang mit Energie durch Kostentransparenz

Wissen über die Nutzung der neuen Technologien

Berührungsängste mit neuen Produkten/Technologien

Menschen möchten länger in ihrer Wohnung bleiben

Bürger wollen sich physisch und psychisch sicher fühlen

Bürger wollen Raumklima, Temperatur, Feuchtigkeit, Licht, Luftqualität

und die Rauminfrastruktur (Energie, Medien) optimal steuern

Bürger wollen in ihren haushaltsbezogenen Aufgaben

bestmöglich unterstützt bzw. entlastet werden

Unterstützungsleistungen zur optimalen Installation,

Nutzung und Reparatur von Geräten und Systemen

Neue Anforderungen an Wohnraumgestaltung durch die Zunahme

von Einpersonenhaushalten und individuellen Lebensstilen

Grundsätzlich sind Komfort, Kosten-

effizienz, Sicherheit sowie lebensphasen-

gerechte Infrastruktur (z. B. Barrierefrei-

heit und Vernetzung etwa mit Ärzten) jene

Herausforderungen, die es in der Zukunft

zu meistern gilt. Unter der Bezeichnung

„Smart Homes“ ziehen Technik und

Digitalisierung in den Wohnbereich ein.

Die aktuellen und absehbaren techno-

logischen Entwicklungen können hier

einen Beitrag zur Hebung der Wohnquali-

tät leisten. Der Grad der Technologisie-

rung hängt einerseits von den baulichen

Rahmen bedingungen (Neubau vs. Altbau)

sowie der Bereitschaft jedes Einzelnen, in

diese Services zu investieren, ab. Weitere

Chancen und Herausforderungen:

7.3.

Page 113: Projekt Freiraum - Das Buch

113Wohnen weiter denken 7.3. Smart Homes

Technologie ist in Zukunft Bestandteil des Alltags und

führt zu einem wachsenden Markt alltagserleichternder Technologie

Bedürfnisse nach gesundem Wohnraum und Wellness erfordern neue

Materialien und Services

Datensicherheit und Schutz der Privatsphäre

„Systemintelligenz“ durch „Smart Metering“ – die zeitliche und intensitäts-

bezogene Nutzung von elektronischen Geräten erfolgt auf Basis der im

Tagesverlauf schwankenden Strompreise

Barrierefreiheit – jeder hat Zugang zu vernetzten Technologien (u. a. web-

basiert) und kann diese Technologien in Konsum- und Investitionsgütern

einfach und verständlich nutzen

Servicierung der Produkte mit neuen Technologien

erfolgt über Fernwartung oder ist intuitiv möglich

Die in den Produkten integrierten Softwaresysteme laufen stabil

Produkte mit vernetzten Technologien verfügen

über standardisierte Kommunikationsschnittstellen –

„Plug and Play“, also „anschließen und loslegen“

Im Energiebereich werden erhöhte Bedarfe durch

im Vorfeld gespeicherte Energie abgedeckt

Intelligente Wände, Böden, Türen, Stiegen, Möbel, Fenster etc.

Roboter unterstützen uns im täglichen Leben

(kochen, waschen, bügeln, einräumen etc.)

Wir kommunizieren mit unseren Geräten und Komponenten

über Mimik, Gestik und Sprache

Die Komponenten und Geräte machen uns Vorschläge, wie wir

unsere Wohnumgebung nach unseren Vorstellungen optimieren können

Eine Vielzahl von Dienstleistungen (medizinische und pflegerische Beratung,

Einkauf, Verkauf etc.) können von zuhause aus in Anspruch genommen bzw.

vor Ort erbracht werden

In der Vision für das Wohnen von morgen

werden technische Innovationen, Wohn-

räume und Haustechnik „smart“ und

somit individuell steuerbar. Die Systeme

sind so integriert, dass Wohnen entspre-

chend den individuellen Anforderungen

optimiert werden kann. Information und

Kommunikation laufen IT-gestützt bei

Bedarf ab (z. B. Essensbestellung, Arzt-

besuch). Die Steuerung erfolgt durch

mobile Controller (z. B. Handy, Tablet).

Es wurden folgende Aspekte eingebracht:

Page 114: Projekt Freiraum - Das Buch

114 7.3. Smart Homes Wohnen weiter denken

Zufriedenheit der Bürger mit ihrer Wohnsituation

„Sicherheit“ im Wohnen

Bedarf/Wunsch: Miete muss konstant bleiben

Ressourceneffizienz

Aktualisierte Standards, wo sinnvoll

(Berücksichtigung bei Ausschreibungen)

Bevölkerung ist über die technischen Möglichkeiten informiert

Neue Technologien sollen nutzbar gemacht werden

Deregulierung

Kunden-/Bürgernutzen im Vordergrund bei Entscheidungen

Politik informiert objektiv (Beratungsqualität) –

keine Vorgaben – „Offenes System“

Technologiestandards definieren

Lebensdauer der Immobilien optimieren

Breitbandoffensive fortsetzen

Standards für Neubau und Sanierungen vor

dem Hintergrund der neuen Technologien adaptieren

Entwicklung von neuen Berufsbildern/Dienstleistungsangeboten rund um

das Thema „Smart Homes“ (Systemarchitekten, Gesamtsystemerrichter/

-optimierer, -betreuer, Finanzierungs-, Förderberater, Trainer, Plattform-

provider, Verrechnungsdienstleister etc.)

Informationskampagnen zum Thema „Smart Homes“

Gütesiegel für integrierbare Produkte (certified intelligent „power“ device)

und qualitativ hochwertige Dienstleistungen

Forschungsförderungen und Erfahrungsaustausch

im Bereich „Smart Homes“

Entwicklung von Sicherheitszertifikaten für die Erfassung von

privaten Daten bezüglich Wohn- und Lebensgewohnheiten

Als politische Ziele für den Bereich

„Smart Homes“ werden eine hohe Bürger-

zufriedenheit , Wissen über die Gestal-

tungsmöglichkeiten sowie eine optimale

Ressourcenverwendung gesehen.

Die Wohnstandards sind an die neuen

technologischen Möglichkeiten, wo sinn-

voll, anzupassen. Aber auch die Produkt-

standards erlauben Sicherheit, Stabilität,

Ressourcen effizienz, Integrierbarkeit etc.

Folgende Aspekte wurden eingebracht:

Analog zur Formulierung der politischen

Zielsetzungen muss als eine Maßnahme

zur Etablierung von „Smart Homes“ die

Nutzbarmachung der neuen Technologien

erfolgen. Des Weiteren wurde eine umfas-

sende Deregulierung empfohlen. Weitere

Vorschläge für politische Maßnahmen:

Page 115: Projekt Freiraum - Das Buch

115Wohnen weiter denken 7.4. Eigenheim und Eigentum

Eigenheim und Eigentum

Leistbarkeit des Eigentums

Förderungen nur für Baukosten

Eigentum wird durch Regelungen schlechter gestellt

Baustandards hemmen Innovation im Bau

Bauherren brauchen zunehmend Entwickler, z. B. von Bauland

Steuerliche Berücksichtigung von Sanierungsmaßnahmen

Reduktion auf soziale Förderung

Substanz- vs. Finanzbesteuerung

Finanzierung erschwert Eigentumsbildung (Eigenmittelersatzfinanzierung)

Baukostensteigerung v. a. bei den Grundkosten

höher als Einkommenszuwachs

Standards erschweren Leistbarkeit

Subjekt- vs. Objektförderung

Anlegermarkt hemmt Angebote

Der Erwerb und Erhalt von Eigenheim

und Eigentum wird aufgrund der Finanzie-

rungs möglichkeiten und der Einkommens-

entwicklung auch in der Zukunft als

Herausforderung betrachtet.

Für junge Menschen wird es zunehmend

schwieriger, Eigentum zu schaffen. Die

aktuelle Einkommensentwicklung und der

Umfang der steuerlichen Abgaben (u. a.

Immobilien ertragsteuer) erschweren den

Erwerb, Erhalt oder Wechsel von Eigen-

tum. Die Nutzung als Pensionsanlage bzw.

Vermietung als zusätzliches Einkommen

ist teilweise zu stark belastet. Weitere

Chancen und Herausforderungen:

7.4.

Page 116: Projekt Freiraum - Das Buch

116 7.4. Eigenheim und Eigentum Wohnen weiter denken

Individualität wird im Bau berücksichtigt

Kauf spielt größere Rolle als Bau von Eigenheimen

Bestehende Substanz wird erhalten/verbessert (v. a. im ländlichen Raum)

Eigentum wird als Pensionsanlage im Steuersystem positiv berücksichtigt

(Pflegeversicherung)

Friedliche, einvernehmliche Auflösung von Eigentümergemeinschaften

Erhalt von Bausubstanz im städtischen Raum

Förderungen werden gezielt, wirkungs - und bedarfsorientiert vergeben

Nutzung des Potenzials von bestehenden Gebäuden/Leerständen

Verdichtung/Sanierung in Städten

Ortszentren sind wieder belebt

Mehr Subjektförderung für Eigenheime

Energiesparen durch Sanierung

Attraktivierung des Mietkaufmodells: Schaffung von Eigentum für Junge

Anpassung der Wohnbauförderung auf Grundstückskosten

Lockerung der Wohnbaustandards überdenken,

damit mehr individuell gestaltet werden kann

Wirtschaftlichkeitskatalog für Miet- und Eigentumswohnungen

Heimische Wertschöpfung (Produkte und Dienstleistungen) mehr fördern

Förderung von Nebenkosten – Erlässe v. a. für Junge

(z. B. Grunderwerbssteuer)

Maßnahmen für geringen Flächenverbrauch – Verdichtung:

gestaffelte Förderungen

Wohnen nicht solitär betrachten – es geht auch um Umfeld, Mobilität,

Energieversorgung, Arbeits- und Freizeitverhalten, Kinderbetreuung etc.

Öffnung des EFRE-Fonds (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung)

für private Hauseigentümer

Die Vision ist, dass man in Zukunft

leichter Eigenheime erwerben kann.

Der Kauf spielt eine größere Rolle als

der Bau. Konkret wurden folgende

Aspekte eingebracht:

Um Eigenheim und Eigentum leistbar zu

machen, können als politisches Ziel unter-

schiedliche Fördermodelle zur Anwendung

gebracht werden. Des Weiteren wären

Steuerbegünstigungen (z. B. auf die Mehr-

wertsteuer) für private Eigenheimerrichter

und private Investoren denkbar. Folgende

Punkte für politische Zielsetzungen wur-

den von den Experten eingebracht bzw. im

Rahmen von Studien erarbeitet:

Page 117: Projekt Freiraum - Das Buch

117Wohnen weiter denken 7.4. Eigenheim und Eigentum

Flächenwidmungsplanung für Innenverdichtung

Zwei Fördermodelle (Miete, Eigentum)

Grundkostenförderung

Reduktion bzw. Abschaffung von Umwidmungsabgaben

Erwerb und Erhalt von Eigentum erleichtern durch allgemeine

Senkung der Steuerbelastung der Bürgerinnen und Bürger

Förderung von Kauf oder Bau eines selbst genutzten Eigenheims oder

einer selbst genutzten Eigentumswohnung mit zinsgünstigen Darlehen

Eintreten für die Wahrung des Grundrechts auf Eigentum

Für die Erreichung der politischen Ziel-

setzungen im Bereich „Eigenheim und

Eigentum“ spielt die Flächenwidmung eine

bedeutende Rolle – sie unterstützt eine

soziale Durchmischung. Neben dem

sozialen Wohnbau soll es auch Anreize

für frei finanzierte Eigentumswohnungen

geben. Mögliche politische Maßnahmen:

Page 118: Projekt Freiraum - Das Buch

118 Ableitungen und Impulse für Oberösterreich Mobilität weiter denken

Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Vereinfachte und ganzheitliche

Wohnbaustandards am Puls der Zeit

Um den sozialen, gesellschaftlichen, ökonomischen,

ökologischen und technologischen Anforderungen

gerecht zu werden und leistbares Wohnen sowie eine

hohe Lebensqualität zu gewährleisten, sind Wohn-

standards und Förderrichtlinien zu überarbeiten

bzw. zu vereinfachen.

Wohnkultur breiter fassen

Von der Objekt- zur Quartierentwicklung. Vor allem

im städtischen Raum gilt es, durch das Engagement

der Bürger Impulse zur Weiterentwicklung eines at-

traktiven öffentlichen Lebensraumes zu schaffen, in

dem ein friedliches und die Lebensqualität förderli-

ches Miteinander gewährleistet wird. Grundvoraus-

setzung dafür ist einerseits eine gezielte Flächen-

widmung und andererseits die Entwicklung einer

Partizipations- und Gemeinschaftskultur, in welcher

Bürger sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten einbrin-

gen. Eine enge Zusammenarbeit mit Verwaltung und

Politik spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Kompass generationsübergreifendes Wohnen

Erstellung einer Informationsplattform für die Ent-

wicklung, Umsetzung und Evaluierung von generati-

onsübergreifenden Wohnräumen: Von Förderanträgen

über eine integrierte Darstellung des Unterstützungs-

angebotes der öffentlichen Hand, der Interessen-

vertretungen, der Vereine und der Privatwirtschaft

bis hin zur Vorstellung von Best-Practice-Beispielen

finden hier Interessierte alle Informationen, die erfor-

derlich sind, um Ideen für ein generationsübergrei-

fendes Wohnen in Wohnhäusern bzw. Wohnanlagen zu

realisieren.

Förderung für generationsübergreifendes Wohnen

Die Förderung zur Adaptierung von Wohnräumen

für generationsübergreifendes Wohnen zielt auf die

Schaffung von Wohnraum sowohl für junge Men-

schen und Familien als auch für ältere Menschen ab.

Diese Förderung kann darüber hinaus auch für die

generationsübergreifende Wohnraumbeschaffung

für „im Eigentum stehende“ Eigenheime in Anspruch

genommen werden.

Zertifikat altersgerechtes Wohnen

Auf Basis von Bedürfnissen älterer Personen und

sich abzeichnenden gesellschaftlichen und techno-

logischen Entwicklungen wird ein Standard für alters-

gerechtes Wohnen erarbeitet. Wohnungen, welche

diese Anforderungen erfüllen, erhalten ein Zertifikat.

Oberösterreichischer Think Tank zum

Thema lebensphasengerechtes Wohnen

Gestaltung von anforderungsgerechten Wohnräumen

der Zukunft. Initiierung eines offenen interdiszi pli-

nären und sich über das gesamte Wohnsystem zie-

henden Dialogforums, welches sich mit der zukünf-

tigen Gestaltung von lebensphasengerechten (Kind

– Schüler – Student – Berufstätiger – Pensionist)

Wohnräumen (Wohnung – Haus – Quartier) beschäf-

tigt. In diesem Think Tank werden innovative Konzep-

te für lebensphasengerechtes Wohnen entwickelt und

Impulse für Pilotprojekte und -anwendungen gesetzt.

Landeswettbewerb generationsübergreifendes

Wohnen (Nachhaltige Nachbarschaften)

Um auf die Möglichkeiten für ein generationsüber-

greifendes Wohnen hinzuweisen und den Nutzen von

innovativen Wohnkonzepten darzustellen, könnte ein

Bewerb mit einer entsprechenden medial wirksamen

Präsentation der Siegerprojekte durchgeführt werden.

„Der oö. Jugend gewidmet“

Raum- und Wohnflächen werden für das Eigentum

von Jungfamilien freigehalten, die zu definierende

Voraus setzungen erfüllen (z. B. Familien größe,

Staatsbürgerschaft, Einkommen). Förder mecha-

nismen werden entsprechend definierter Kriterien

adaptiert.

Beratung für „Flatsharing“ im

Miet­ und Eigentumsbereich

Gerade großflächige Wohnungen oder Häuser

(z. B. Bauernhöfe) können für Eigentümer- bzw.

Mieter gemeinschaften („Flatsharing“) finanziell

attraktiv sein. Für die Beratung vor, während und

nach dem Kauf bzw. dem Mietverhältnis wird ein

spezielles Beratungsangebot, welches online und

offline verfügbar ist, aufgebaut.

Page 119: Projekt Freiraum - Das Buch

119Mobilität weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Gemeinschaftsleistungen als

Möglichkeit zur Mietreduktion

Die Leistbarkeit von attraktivem Wohnraum soll in

geförderten Wohnanlagen auch dadurch unterstützt

werden, dass Mieter bzw. Eigentümer ihren Mietauf-

wand durch (messbare) Leistungen reduzieren kön-

nen. Von der Pflege des Gartens bis hin zur Versor-

gung der Nachbarn mit Lebensmitteln oder anderen

Dienstleistungen kann hier ein Wert erzielt werden,

der zur Reduktion von Wohnkosten, aber auch zu

einer Steigerung der Attraktivität von Wohnhäusern

bzw. Wohnanlagen führt. Auf Basis eines Leistungs-

kataloges kann von der Wohnungsgemeinschaft die

Erbringung einer Leistung beschlossen und die damit

verbundene Leistungsabgeltung vereinbart werden.

Pilotprojekte dazu sollen initiiert werden.

Oberösterreichische Fachmesse

zum Thema „Smart Living Upper Austria“

Situationsgerecht, modular, attraktiv, ressourcen-

schonend, technologisch: Oberösterreichs Unter-

nehmen haben im Bereich „Smart Living“ viel zu

bieten. Von Energielösungen bis hin zum Mobiliar,

vom Recycling bis zu App-Lösungen gibt es eine

Vielzahl von Unternehmen, die Lösungen für ein

kosteneffizientes, komfortables und ressourcen-

schonendes Wohnen entwickeln. Anlässlich einer

Leistungsschau sollen Produkte und Dienst -

leis tungen aus Oberösterreich in diesem Bereich

vor den Vorhang geholt werden.

Initiierung eines oberösterreichischen

Netzwerks „Smart Living 4.0“

Oberösterreich hat eine Vielzahl von Unternehmen,

die im Bereich „Smart Living“ aktiv sind. Um für den

Endanwender attraktiv zu sein, braucht es innovative

und integrierte Leistungen/Produkte der Netzwerk-

partner. Im Rahmen des Netzwerkes sollen alle

Akteure die Möglichkeit bekommen, sich über Trends

und Erfahrungen auszutauschen, gemein same

Forschungsprojekte abzuwickeln sowie an einer

ober österreichischen Smart-Living-Systemlösung

(virtuelles Unternehmen) zu arbeiten.

Ideenwettbewerb –

„Zukunft. Smart Living. Weiter denken“

Ausgeschrieben würde ein Preis für interdiszip linäre

Teams, die sich mit dem Wohnen der Zukunft

beschäftigen. Konkrete Fragestellungen zu Heraus-

forderungen im Bereich „Smart Living“ (Wohnformen,

Technologien etc.) stehen dabei im Mittelpunkt.

Label „Smart Living Component Upper Austria“

Ein wichtiger Aspekt für die Akzeptanz von Smart-

Living-Konzepten ist der zu erzielende Mehrwert

durch Kostenreduktion, Komfortsteigerung, Ressour-

ceneffizienz oder die Gewährleistung der Integrier-

barkeit von Komponenten. Dazu braucht es definierte

Standards. Im Rahmen der Initiative soll ein Label

entwickelt werden, mit welchem Produkte aus Ober-

österreich versehen werden, die diesen Kriterien

entsprechen.

Novellierung von Normvorgaben für Förderungen/

Neubauten/Sanierungen zu Ergebnisparametern

In der Zukunft sollen bei Normvorgaben primär die

Zielwerte (z. B. Gesamtenergieverbrauch) im Vorder-

grund stehen. Die Lösungen, wie konkret diese Norm-

vorgaben erzielt werden, bleiben dabei dem Errichter

überlassen.

Page 120: Projekt Freiraum - Das Buch

Ergebnisse – Projekt Freiraum

Familie weiter denken

Page 121: Projekt Freiraum - Das Buch
Page 122: Projekt Freiraum - Das Buch

122 Ergebnisse – Projekt Freiraum Familie weiter denken

8. Familie weiter denken

Im Kern des Prozesses „Projekt Freiraum – Oberösterreich wei­

ter denken“ geht es um die Frage, wie Oberösterreich in Zukunft

gestaltet sein soll und welche Weichenstellungen dafür schon

heute erforderlich sind. Die „Oberösterreicher von morgen“ spie-

len dabei selbstverständlich eine zentrale Rolle, denn die Kinder

und Jugendlichen von heute sind die Verantwortungsträger und

die gestaltenden Kräfte der Zukunft.

Die oberösterreichische Politik ist sich der hohen Bedeutung

der Familien und der jungen Generation bewusst. Dementspre-

chend wurde in Oberösterreich beispielsweise noch nie so viel

in Kinderbetreuung investiert wie heute: Lagen die Ausgaben

für Kinderbetreuung vor zehn Jahren noch bei 90 Mio. Euro pro

Jahr, sind es mittlerweile 218 Mio. Euro pro Jahr. Das Angebot an

Kinderbetreuungsstrukturen in Oberösterreich ist grundsätzlich

gut, allerdings müssen mehr Möglichkeiten zur Flexibilisierung

geschaffen werden.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind weitreichende

Umbrüche in den Familienkonstellationen festzustellen: Die

Zahl der Ehescheidungen hat zugenommen, mittlerweile wird

rund jede zweite Ehe geschieden. Auch die Anzahl der gleich-

geschlechtlichen Partnerschaften oder die der Alleinerziehen­

den nimmt zu. Es gibt immer mehr Menschen, die das „Risiko

Familie“ nicht mehr eingehen wollen, insbesondere im Zusam-

menhang mit der Karriereplanung von Frauen.

In Oberösterreich wurden im letzten Jahr so viele Geburten wie

seit Jahren nicht mehr verzeichnet. Doch die Familiengründung

geschieht in einer späteren Lebensphase als früher – oft im Alter

zwischen 30 und 40 Jahren. Damit fällt sie zeitlich zusammen

mit anderen Vorhaben wie Hausbau, Engagement im Beruf etc. –

diese Phase stellt die „Rushhour“ des Lebens dar. Auf solche

Entwicklungen muss reagiert werden, die damit verbundenen

He rausforderungen sind zu berücksichtigen.

Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist auch die

Jugend, denn die Lebensphase zwischen Kindheit und Erwach-

senenalter ist besonders prägend für den weiteren Lebensweg.

Kennzeichnend für das Jugendalter ist, dass man sich kritisch

mit seinem Umfeld auseinandersetzt und Wege und Perspektiven

„Politik soll nicht in die Familien eingreifen und bevormundend wirken, sondern hat die Rahmen­bedingungen für ein gutes Familienleben zu schaffen.“

Klubobmann Mag. Thomas Stelzer

„Die Familienstrukturen und der Stellen­wert der Familie haben sich im Lauf der Zeit stets verändert. Unser Bild der Familie ist stark von dem Modell ‚Vater, Mutter und zwei Kinder‘ geprägt, es umfasst de facto aber viel mehr For­men und Facetten.“

Prof. Dr. Corinna OnnenFamiliensoziologin Universität Vechta

für das weitere eigene Leben findet. Hierbei ist die ganze Gesell-

schaft gefordert, den jungen Menschen Orientierung zu geben,

ihnen ihre Chancen und Möglichkeiten aufzuzeigen und sie zu

unterstützen.

Familien nach Familientypen in Oberösterreich ab 1971

Quelle: Land Oberösterreich, Abteilung Statistik

0

50.000

100.000

150.000

200.000

Ehepaare mit Kind(ern)

Lebensgemeinschaften mit Kind(ern)

Lebensgemeinschaften ohne Kind(er)

Elternteile mit Kind(ern)

Ehepaare ohne Kind(er)

1991 2011 201220011971 1981

Page 123: Projekt Freiraum - Das Buch

123Familie weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

8. Familie weiter denken

Prof. Dr. Corinna Onnen

Seit 2008 Universitätsprofessorin für

Soziologie an der Universität Vechta in

Niedersachsen

Mitglied im Sprecherrat der Sektion Familien-

soziologie der Deutschen Gesellschaft für

Soziologie

Direktorin des Instituts für Sozialwissenschaften

und Philosophie der Universität Vechta;

Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft für

Frauen- und Geschlechterforschung Niedersachen

Studium der Sozialwissenschaften in Oldenburg,

Tätigkeit an verschiedenen Universitäten in

Deutschland

Die Politik kann primär durch zwei Bereiche unterstützend

einwirken. Zum einen durch flexible Kinderbetreuungsein­

richtungen, zum anderen dadurch, dass sie anregt, die Auf ­

gabe der Kinderbetreuung auf die Väter und andere Partner,

außerhalb der Kernfamilie, auszuweiten.

„Unter Jugendlichen herrscht oft eine große Unsicherheit über die Zukunft. Mitunter müssen sie sich bereits in sehr frühem Alter an Umbrüche in ihrem Leben gewöhnen. Und sie spüren, dass die soziale Kluft in unserer Gesell­schaft eher zunimmt.“

Prof. Dr. Corinna OnnenFamiliensoziologin Universität Vechta

Als Beispiel für ein gut funktionierendes Modell kann Schweden

angesehen werden. Kernpunkte der schwedischen Familien-

politik sind eine absolute Flexibilität in der Kinderbetreuung und

eine Freistellung bei laufendem Gehalt nach der Geburt. Diese

gilt auch für Männer, daher stellt die Geburt eines Kindes keine

finanziellen Einbußen für die Familie dar. Schweden verfügt über

ein sehr gut ausgebautes Schulsystem, auch Kinderbetreuung

wird hierbei als Bildung angesehen. Durch dieses Label wird

Kinderbetreuung mehr Beachtung geschenkt und die Betreuer

sind sehr gut ausgebildet. Zudem verfügt Schweden über eine

gut ausgebaute Vorschule, eine Ganztagsschule und trotz der

Weitläufigkeit des Landes über ein kleinräumiges Kinderbetreu-

ungsangebot mit kurzen Fahrtstrecken.

Aus soziologischer Sicht ist die Jugendphase besonders prä-

gend. Jugendliche müssen sich direkter mit einer sich ständig

wandelnden Gesellschaft auseinandersetzen als Erwachsene.

Prognose der Familienstrukturen in Oberösterreich

Quelle: Statistik Austria

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

70 %

80 %

90 %

100 %

2001 2011 2020 2030 2050 2060

Elternteile

mit Kind(ern)

Ehepaare mit Kind(ern)

Lebensgem. mit Kind(ern)Lebensgem. o. Kind(er)

Ehepaare ohne Kind(er)

31,2

38,2

8,3

15,1

7,2

41,5

7,3

31,3

6,4

13,4

32,7

37,6

8,4

13,9

7,5

31,1

38,6

8,3

14,8

7,2

5,4

48,3

13,3

4,7

28,3

35,3

34,6

8,5

13,7

8,07,8

Page 124: Projekt Freiraum - Das Buch

124 Ergebnisse – Projekt Freiraum Familie weiter denken

„Die Geburtenraten in Österreich sind seit vielen Jahren konstant – konstant niedrig.“

DI Mag. Dr. Isabella Buber-EnnserVienna Institute of Demography

„In unserer Zeit ist es für Mütter schwierig, eine gesellschaftlich ak­zeptierte Entscheidung in Bezug auf Kinderbetreuung zu treffen: Geben sie das Kind mit zwei Jahren in eine Betreuungseinrichtung, wird dies als zu früh gesehen. Geben sie es später ab, wird dies ebenso kritisiert, weil sie klammert und sich nicht ihrem Berufsleben widmen kann.“

DI Mag. Dr. Isabella Buber-EnnserVienna Institute of Demography

DI Mag. Dr. Isabella Buber­Ennser

Lehrerin für Mathematik und Französisch

2002 Promotion in Technischer Mathematik

an der TU Wien

Seit 1996 am Vienna Institute of Demography

an der Österreichischen Akademie der

Wissenschaften

Stellvertretende Gruppenleiterin der

Forschungsgruppe „Demography of Austria“

mit den Schwerpunkten Fertilität und Alterung,

Mitwirkung an internationalen Forschungs-

projekten

In Skandinavien wird Kinderbetreuung grundsätzlich als Aufgabe

von Müttern und Vätern verstanden. In Frankreich werden finan-

zielle Anreize für die Familiengründung gesetzt: Menschen aus

niedrigen Einkommensschichten werden durch finanzielle Zu-

schüsse unterstützt, jene mit höheren Einkommen werden über

steuerliche Begünstigungen zur Familiengründung motiviert.

Studien zeigen, dass vor allem die Betreuung von unter Drei­

jährigen einen Einfluss auf die Vereinbarkeit von Familie und

Beruf und damit auf die Familien insgesamt hat. In den letzten

Jahren wurde hierzulande viel in diesen Bereich investiert und

die Betreuungsquote ist seitdem deutlich angestiegen. Allerdings

liegt Österreich im internationalen Vergleich diesbezüglich noch

hinter anderen Ländern zurück – der Aufholprozess wird noch

einige Zeit in Anspruch nehmen.

Obgleich Instrumente wie Kinderbetreuungsangebote und finan-

zielle Anreize relevant sind, so spielen doch Werte und Normen

eine große Rolle. Letztendlich ist nicht nur die Möglichkeit zur

Unterbringung des Kindes in einer Betreuungsstätte von Bedeu-

Insbesondere über die Zukunft am Arbeitsmarkt herrscht oft-

mals große Unsicherheit. Hier ist allerdings eine Unterscheidung

zu treffen: Jugendliche aus einer höheren sozialen Schicht haben

meist eine positive Grundeinstellung.

Eine steigende Zahl an Jugendlichen kommt aber nicht aus

diesen sozialen Schichten, sie schätzen die eigenen Chancen als

deutlich geringer ein. Man spricht von der „4/5­Gesellschaft“,

wonach bei einem Fünftel die sozialen Ungleichheiten und

negativen Zukunftsperspektiven im Vordergrund stehen. Hinzu

kommt, dass religiöse oder ethische Orientierungen zunehmend

verloren gehen.

Ein internationaler demografischer Vergleich zeigt, dass die

Geburtenraten in Österreich niedrig sind – und das konstant

seit 30 Jahren. Der Anteil an Kinderlosen ist im internationalen

Vergleich sehr hoch, rund 20 Prozent der Frauen über 40 Jahre

bleiben hierzulande kinderlos. Dabei gibt es große Unterschiede

zwischen den einzelnen Bildungsgruppen: Bei Frauen mit aka-

demischer Ausbildung liegt der Anteil der Kinderlosen bei 30

Prozent. In den skandinavischen Ländern, Frankreich und Nord-

irland sind die Geburtenraten hingegen hoch, was nicht zuletzt

auf die stark ausgebauten Kinderbetreuungsstrukturen in diesen

Ländern zurückzuführen ist.

tung, sondern auch, wie Kinderbetreuung in der Gesellschaft

gesehen wird, damit eine echte Wahlfreiheit für alle Familien

bestehen kann.

Page 125: Projekt Freiraum - Das Buch

125Familie weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

Ziele und Leitlinien

Erklärtes Ziel ist, den „Oberösterreichern von morgen“ ein

optimales Umfeld zu bieten und sie in der Frühphase des Lebens

bestmöglich zu unterstützen. Dazu dienen die folgenden vier

thematischen Leitlinien:

Wie kann der Stellenwert von Familie in der Gesellschaft gestärkt werden? Wie kön­

nen junge Menschen zur Familiengründung motiviert werden und welche Unterstüt­

zung brauchen Jungfamilien in Zukunft?

Die Bedeutung der Familie für die ganze Gesellschaft kann nicht hoch genug ein-

geschätzt werden. Daher steht Familien ein hoher Stellenwert in der Politik, in der

öffentlichen Wahrnehmung und in der Gestaltung der Rahmenbedingungen zu.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist es notwendig, Motivation

zur Familiengründung zu schaffen und entsprechende Anreize und Unterstützungs -

systeme in der Familienpolitik bereitzustellen.

Wie kann für alle Familien in Oberösterreich eine passende Kinderbetreuung ange­

boten werden? Wodurch kann Elementarpädagogik als erste Bildungseinrichtung die

Kinder in ihrer Entwicklung unterstützen?

Eine optimale Betreuung von Kindern aller Altersgruppen ist nicht nur Aufgabe von

Müttern und Vätern, sondern liegt im Interesse aller. Die Elementarpädagogik muss

daher auf höchstem Niveau ausgestaltet sein und als erste Form der Bildung verstanden

werden. Das Betreuungsangebot muss breit, flexibel und bedarfsgerecht angelegt sein,

damit Familien eine echte Wahlfreiheit in Bezug auf die Kinderbetreuung vorfinden. Zu

berücksichtigen ist dabei auch die Form der Kinderbetreuung zu Hause durch entspre-

chende Unterstützungsmodelle.

Welche Rahmenbedingungen sind erforderlich, damit die Vereinbarkeit von Familie

und Beruf gewährleistet wird? Wodurch können Väter stärker in die Kinderbetreuung

eingebunden werden?

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für viele Eltern, insbesondere für die Mütter,

eine große Herausforderung. Hier braucht es einerseits Maßnahmen für familienfreund-

liche Arbeitsplätze auf Seiten der Arbeitgeber. Andererseits muss die Gestaltung des

Familienlebens mit den Anfordernissen der modernen Arbeitswelt in Einklang gebracht

werden.

Welche Werte und Perspektiven sollen den Jugendlichen vermittelt werden? Wie kann

die politische Partizipation der jungen Generation gefördert werden?

Gerade in turbulenten und schwierigen Zeiten braucht die junge Generation Werte

und Perspektiven. Hierbei ist die ganze Gesellschaft gefordert, als Vorbild zu fungie-

ren und die Jugend zu motivieren, ihre Chancen im Leben zu ergreifen. Ein wichtiger

Ansatzpunkt sind hierbei zielgerichtete Freizeitangebote für Jugendliche. Die politische

Par tizipation von Jugendlichen muss ebenso gefördert werden – denn die Jungen von

heute sind die Leistungs- und Entscheidungsträger von morgen.

Familie als Mittelpunkt der Gesellschaft:

Optimale Kinder- betreuungsstrukturen:

Familienfreundliche Arbeitswelt – arbeits-freundliche Familienwelt:

Angebote und Perspek-tiven für Jugendliche:

Page 126: Projekt Freiraum - Das Buch

126 Familie weiter denken Mobilität weiter denken

Page 127: Projekt Freiraum - Das Buch

127Mobilität weiter denken 8.1. Familie als Mittelpunkt der Gesellschaft

Familie als Mittelpunkt der Gesellschaft

Eltern stehen in der „Rushhour“ ihres Lebens unter Druck – sie sind oftmals

verunsichert, die eigene Intuition droht in den Hintergrund zu rücken

Der Begriff „Familie“ muss im Sinne eines breiten und heterogenen

Bildes weiterentwickelt werden, um den Änderungen in den

Familienstrukturen gerecht zu werden

Steht das eigene Bedürfnis vor den Bedürfnissen der Kinder?

(Selbstverwirklichung)

Stark belastete Familien haben Unterstützungsbedarf

Heikles soziales Gefüge: „Wir sperren alle auseinander –

Kinder in den Kindergarten und Alte ins Pflegeheim“

Demografische Unterschiede zwischen Stadt und Land

Freiraum der Kinder wird weniger (z. B. alleine hinausgehen) –

Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit

Kinderbetreuung und -erziehung ist Aufgabe der ganzen Gesellschaft

Traditionelle Rollenbilder sind aufgebrochen

Die Familie nimmt einen positiveren Stellenwert in der Gesellschaft ein

Kinder sind in allen Bereichen – privat und im Beruf – sichtbar

Ein Kind hat mehr als nur eine Bezugsperson, auch Personen

außerhalb der Kernfamilie sind in die Erziehung involviert

In den letzten Jahrzehnten haben weit-

reichende Umbrüche in den Familien-

strukturen stattgefunden. Diese stellen

die Familienpolitik vor die Heraus­

forderung, Familie breiter zu verstehen

und auf die aktuellen Anforderungen und

Bedürfnisse von Familien einzugehen.

Als Vision für die Zukunft wird eine Fami-

lie gesehen, die Zeit füreinander hat, die

von modernen Rollenbildern geprägt ist

und in der Kinder mehr als eine Bezugs-

person haben. Der Begriff „Familie“ ist in

der Gesellschaft positiv besetzt.

8.1.

Page 128: Projekt Freiraum - Das Buch

128 8.1. Familie als Mittelpunkt der Gesellschaft Mobilität weiter denken

Eigenverantwortung der Eltern bzw. Familien stärken

Steuerliche und versicherungstechnische Anreize für Familien,

z. B. durch Familiensplitting, schaffen

Auf die Bedürfnisse von Kindern fokussieren – finanzielle

Aspekte dürfen nicht zu Einschränkungen in der Bereitstellung

optimaler Unterstützungsstrukturen führen

Politische Rahmenbedingungen an die neuen Familienstrukturen anpassen

Kinder- und familienfreundliche Grundstimmung in der Gesellschaft fördern

Miteinander der Generationen verbessern

Familie als Mittelpunkt zwischen „Jung“ (Karenz, Kinderbetreuung …)

und „Alt“ (Austausch, Unterstützung, Pflege …) sehen

Unterstützung der Erwerbstätigkeit von Müttern und Angleichung

der Einkommen von Männern und Frauen

Politische Initiativen im Bereich „Imagebildung von Vätern in der Familie“

bzw. „Vater beim Kind“ starten

Phasen der Kinderbetreuung und der familienbedingten Teilzeitarbeit in

der Pensionsberechnung und bei Gehaltsvorrückungen besser bewerten

Familienfreundliches Steuer- und Sozialsystem,

z. B. Steuer- und Pensionssplitting, Steuerfreibeträge etc.

Familie als „Ausbildungsstätte“ anerkennen sowie

Pflege finanziell und ideell anerkennen

Rahmenbedingungen (Karenz, Kinderbetreuung etc.)

an die tatsächlichen „neuen“ Familienstrukturen anpassen

Familienberatung für Familien mit beeinträchtigten Kindern bereitstellen

In Dörfern, „Grätzeln“ etc. Räume für Kinder schaffen

Vater und Mutter werden als Berufe anerkannt und

nicht als „Heimchen am Herd“ wahrgenommen

Familien verfügen über ein attraktives Wohnumfeld,

das den Bedürfnissen von Eltern und Kindern gerecht wird

Die Stärkung der Eigenverantwortung

der Eltern ist nach Ansicht von Experten

eine wesentliche politische Strategie in

diesem Kontext. Auch steuerliche und

versicherungstechnische Anreize sind von

der Politik zu schaffen, um die Gründung

von Familien zu fördern und diese zu

entlasten. Die Bedürfnisse von Kindern

müssen unabhängig von der finanziellen

Lage der Eltern erfüllt werden.

Um die „Familie als Mittelpunkt der

Gesellschaft“ zu unterstützen und Väter

verstärkt in das Familienleben mit einzu-

binden, muss vor allem die Erwerbstätig-

keit von Müttern unterstützt werden. Auch

steuerliche Entlastungen bzw. Anreize zur

Familiengründung sind als konkrete politi­

sche Maßnahmen anzudenken.

Page 129: Projekt Freiraum - Das Buch

129Mobilität weiter denken 8.2. Optimale Kinderbetreuungsstrukturen

Optimale Kinderbetreuungsstrukturen

Mehr ganztägige, flexible und „inklusive“ Kinderbetreuungseinrichtungen

Schulische Nachmittagsbetreuung ist derzeit zu unflexibel

Gute Angebote außerschulischer Betreuung (z. B. im Sportverein)

Kinderbetreuungseinrichtungen werden zu oft als „Aufbewahrungsstätten“

denn als Bildungseinrichtungen gesehen

Definition von „Bildung“ und „Erziehung“ –

derzeit gibt es wenig Expertise im Bereich „soziale Bildung“

Erziehung ist wichtig – nicht nur Bildung muss wahrgenommen werden

Mangel an Ausbildungen und rechtliche Unsicherheiten in der

außerschulischen Jugendarbeit (z. B. Jungschar)

Tageseltern sind derzeit zu schlecht aufgestellt,

eine Aufwertung ist notwendig

Kinderbetreuung betrifft nicht nur Kleinkinder,

sondern ist auch in höherem Alter wichtig

Jedes Kind hat unterschiedliche Bedürfnisse

Sport und Bewegungsmöglichkeiten sind für Kinder wichtig

Die Ansprüche der Eltern steigen

Eine zentrale Herausforderung für Fami-

lien stellt die Betreuung der Kinder dar.

Für optimale Kinderbetreuungsstrukturen

braucht es mehr ganztägige und flexiblere

Angebote, insbesondere im ländlichen

Raum. Unter dem Motto „Kinderbetreuung

ist Bildung“ ist das öffentliche Bewusst-

sein für den Mehrwert von professioneller

Kinderbetreuung zu schärfen.

8.2.

Page 130: Projekt Freiraum - Das Buch

130 8.2. Optimale Kinderbetreuungsstrukturen Mobilität weiter denken

Breites Angebot mit Alternativen schafft eine echte Wahlfreiheit

Flexible und vielfältige ganztägige Kinderbetreuungseinrichtungen

(örtlich, zeitlich, mehrsprachig) auch in kleineren Gemeinden

In Netzwerken organisiert, bieten Kindergärten von mehreren

Gemeinden gemeinsam mehr Möglichkeiten

Männer sind stärker in Kinderbetreuung engagiert,

z. B. als Kindergartenpädagogen

Alle Formen der Kinderbetreuung (insbesondere auch Tageseltern und

Leihomas/-opas) werden als gleichwertige Alternativen geschätzt und

persönliche Entscheidungen akzeptiert

In der Bevölkerung ist das Bewusstsein verankert, dass Kinderbetreuungs-

einrichtungen einen positiven Effekt auf die Kinder haben, insbesondere auf

jene aus benachteiligten Familien

Krabbelstuben und Kindergärten als altersgerechte,

frühkindliche Bildungseinrichtungen sehen

Kinderbetreuung neu denken und an den

Wandel der Herausforderungen anpassen

Imagewandel bzw. Umdenken in der Ganztagesbetreuung forcieren

Öffnen von Strukturen (z. B. Sportvereine etc.)

insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund

Gegenseitige Unterstützung der Betreuungseinrichtungen erleichtern

Alternativen zu klassischen Institutionen andenken

(Leihomas, Tagesmütter etc.)

Aufwertung des Berufes „Tageseltern“ sowie Einrichtung

und Förderung von Betriebs-Tageseltern

Die Wahlmöglichkeit zwischen Fremd- oder

Selbstbetreuung muss gewährleistet sein

Image von Kindergartenpädagogen heben

Sprengelzugehörigkeit abschaffen

In der Vision für die Zukunft sind optimale

Kinderbetreuungsstrukturen flexibel,

flächen deckend und miteinander vernetzt.

Auch Männer sind stärker in die Kinderbe-

treuung involviert, z. B. als Kindergarten-

pädagogen. Alternative Betreuungsformen

wie z. B. Tageseltern erfahren eine höhere

Wertschätzung als bisher.

Kinderbetreuungsstrukturen müssen nach

Ansicht der Experten als frühkindliche

Bildungseinrichtungen verstanden wer-

den. Darin besteht eine zentrale politische

Strategie für die Zukunft. Die Öffnung der

bestehenden Strukturen soll weiter voran-

getrieben, die gegenseitige Unterstützung

der Betreuungseinrichtungen forciert

werden. Auch die Implementierung alter-

nativer Betreuungsformen soll angedacht

und diese aufgewertet werden.

Page 131: Projekt Freiraum - Das Buch

131Mobilität weiter denken 8.2. Optimale Kinderbetreuungsstrukturen

Flächendeckender Ausbau der Kinderbetreuung auch für unter Dreijährige

Ausweitung und Flexibilisierung der Öffnungszeiten von Kinder-

betreuungseinrichtungen (stundenweise, Halb- und Ganztags -

betreuung, Nachtbetreuung) und des Angebotes an Ferienbetreuung

Intensivere Kooperation von Betreuungseinrichtungen

und anderen Organisationen (z. B. Sportvereine)

Angebote zur Kinderbetreuung auch am Arbeitsort bereitstellen

Imagekampagne für Kinderbetreuung von unter Dreijährigen

Finanzielle Anreize für Aus- bzw. Weiterbildung der Pädagogen schaffen

Prüfung der Vor- und Nachteile einer tertiären Ausbildung

für Kindergartenpädagogen

Ausbau der Vollzeitbeschäftigung für Kindergartenpädagogen,

um mehr Männer für den Beruf zu begeistern

Männer als Bezugspersonen stärken: mehr männliche Volksschullehrer

und Kindergartenpädagogen

Ältere Männer und Frauen (50+) in die Kinderbetreuung einbeziehen

(z. B. Handwerker) – Vorbilder und Bezugspersonen, Vermittlung

praktischer Fertigkeiten

Anpassung der Kindergartenpädagogen-Ausbildung

an die komplexen Anforderungen des Berufes

Rechtliche Absicherung bei freiwilligen Betreuungsangeboten

(z. B. Jungschar)

Zu den konkreten Maßnahmen, um

Kinderbe treuungsstrukturen zu ver-

bessern, gehört zunächst ein flächen-

deckender Ausbau der Angebote, auch

für Kinder unter drei Jahren. Flexiblere

Betreuungszeiten schaffen mehr Möglich-

keiten für Eltern. Männer sollten durch

gezielte Initiativen für die Arbeit in der

Kinder betreuung begeistert werden.

Page 132: Projekt Freiraum - Das Buch

132 8.3. Familienfreundliche Arbeitswelt – arbeitsfreundliche Familienwelt Mobilität weiter denken

Familienfreundliche Arbeitswelt – arbeitsfreundliche Familienwelt

Karriereknick durch Kinder? Derzeit stehen insbesondere Frauen

oft vor der Entscheidung zwischen Karriere oder Mutterschaft

Um Väter „ins Boot der Familie zu holen“, ist es Voraussetzung,

Frauen „ins Boot der Arbeitswelt zu holen“. Insbesondere die

Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen behindert dies oftmals

Das Klima für Väter in Karenz und deren Stellenwert müssen verbessert

werden. Noch herrscht ein traditionelles Bild vom Vater als Familienerhalter

Eltern müssen den Spagat zwischen Eigenverantwortung, den Notwendig-

keiten der Arbeitswelt (Anwesenheiten, Urlaub …) und den Erfordernissen

der Kinder meistern

Teilweise besteht die Erwartung, dass Überstunden

in erheblichem Ausmaß geleistet werden

Lebenslanges Lernen/Fortbildungsmaßnahmen müssen

mit Familienleben vereinbar sein – Schaffung passender

Kinder betreuungsangebote am Abend und am Wochenende

Familie und Karriere sollten nicht in

Konkurrenz zueinander stehen und

müssen daher besser in Einklang gebracht

werden. Für viele ist der Spagat zwischen

beruflichen Anforderungen und den

Bedürfnissen der Kinder nur schwer zu

meistern. Konkret wurden zum Thema

„Familienfreundliche Arbeitswelt – arbeits-

freundliche Familienwelt“ folgende

Herausforderungen genannt:

8.3.

Page 133: Projekt Freiraum - Das Buch

133Mobilität weiter denken 8.3. Familienfreundliche Arbeitswelt – arbeitsfreundliche Familienwelt

Bedarfsgerechte und an die Arbeitswelt angepasste Betreuungsangebote

sowie kindergerechte und an Familien angepasste Arbeitsangebote

Rahmenbedingungen sind so flexibel, dass institutionelle

Kinderbetreuung sowohl für Betriebe als auch für Eltern möglich ist

Familie und Beruf sind so gut vereinbar, dass kein Verzicht

auf das eine oder andere nötig ist

Randzeiten in der Kinderbetreuung werden berücksichtigt

Der Sonntag bleibt auch in Zukunft grundsätzlich arbeitsfrei

Flexible Arbeitszeitmodelle für Männer und Frauen

mit Betreuungspflichten schaffen

Berücksichtigung der Kinderrechte in der Arbeitswelt, z. B. in Hinblick auf

Arbeitszeit und „Arbeit auf Abruf“

Schutz für Teilzeitkräfte stärken

Stärkung der sogenannten Work-Life-Balance

(Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Privatleben)

Bessere Übereinstimmung zwischen dem Angebot an Kinderbetreuung

und den Erfordernissen der Arbeitswelt (z. B. Flexibilität, Nachmittags-

und Ferienbetreuung, Nachtbetreuung) forcieren

Bildungsteilzeit und -karenz ausbauen

Lebenslanges Lernen/Fortbildungsmaßnahmen berücksichtigen

Wertediskussion „System für die Menschen –

nicht Menschen für das System“ führen

Förderung familienfreundlicher Arbeitsplätze, z. B. durch die Schaffung von

finanziellen Anreizen für Unternehmen

Best-Practice-Beispiele für familienfreundliche Arbeitgeber, insbesondere

aus dem Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen

Schwerpunkt für familienbewusste Personalpolitik setzen (z. B. in

Zusammenarbeit mit WKO, Netzwerk Humanressourcen etc.)

Rahmenbedingungen für Homeoffice-Arbeit schaffen

Reduktion der Einkommensschere zwischen Frauen und Männern

Schwedisches Modell als Alternative andenken: Mann und Frau sind

abwechselnd in Karenz und dadurch weniger lang weg vom Beruf

Eine „familienfreundliche Arbeitswelt

und arbeitsfreundliche Familienwelt“ als

Vision der Zukunft sollte Folgendes bein-

halten: bedarfsgerechte und an die Arbeits-

welt angepasste Betreuungs angebote und

gleich zeitig kindergerechte und an Familien

angepasste Arbeitsan gebote. Es muss

weder auf das Familien- noch auf das

Berufsleben verzichtet werden.

Um eine „familienfreundliche Arbeitswelt“

und gleichzeitig eine „arbeitsfreundliche

Familienwelt“ zu schaffen, sind flexible

Arbeitszeitmodelle nötig. Die sogenannte

Work-Life-Balance, also das Gleichgewicht

zwischen Arbeits- und Privatleben, gilt es

dabei zu berücksichtigen. Konkrete Vor-

schläge für politische Strategien waren:

Vorgeschlagene Maßnahmen hierfür

waren u. a. eine Arbeitszeitflexibilisie-

rung, bessere Rahmenbedingungen für

die Heimarbeit oder eine Forcierung der

Väterkarenz.

Page 134: Projekt Freiraum - Das Buch

134 8.3. Familienfreundliche Arbeitswelt – arbeitsfreundliche Familienwelt Mobilität weiter denken

Väterkarenz forcieren

Karenzmöglichkeit für Pflegeeltern

Familienhospiz einführen

Schulautonome Tage vereinheitlichen

Kürzere Sommerferien zugunsten von Herbstferien und kürzere

Schließzeiten bei Kinderbetreuungseinrichtungen andenken

Keine weitere Ausdehnung der Öffnungszeiten im Handel,

Erhalt des arbeitsfreien Sonntags als Tag für die Familie

Page 135: Projekt Freiraum - Das Buch

135Mobilität weiter denken 8.4. Angebote und Perspektiven für Jugendliche

Angebote und Perspektiven für Jugendliche

Der Start in eine selbständige Zukunft ist eine Herausforderung für

Jugendliche. Zwischen Ende der Schule und Anfang der Arbeit findet

ein einschneidender Umbruch statt

Jugendliche müssen Gestaltungsmöglichkeiten

in ihrem Lebensumfeld entwickeln können

Individuelle Stärken, Begabungen und Qualitäten von Jugendlichen

müssen besser hervorgehoben und gefördert werden, insbesondere

im Bildungssystem

Jugendliche bedürfen Wertschätzung

Jugendliche brauchen Aussicht auf einen Arbeitsplatz

Das Bildungsniveau muss weiter erhöht werden

Geringes politisches Gewicht der Jugend

Zum Teil haben Jugendliche mit Migrationshintergrund Probleme,

sich in die Gesellschaft zu integrieren

Insbesondere Jugendlichen im ländlichen Raum mangelt es

oftmals an entsprechenden Angeboten und Perspektiven

Oberösterreich muss Angebote und Per-

spektiven für Jugendliche bereitstellen,

damit diese den Sprung in eine selbstän-

dige Zukunft meistern können. Junge

Menschen bei der Entwicklung ihrer indivi-

duellen Stärken und ihrer eigenen Gestal-

tungsmöglichkeiten zu unterstützen, darin

liegt eine besondere Herausforderung.

Weiters müssen Jugendliche stärker und

auf neuen Wegen für die politische Mitwir-

kung gewonnen werden.

8.4.

Page 136: Projekt Freiraum - Das Buch

136 8.4. Angebote und Perspektiven für Jugendliche Mobilität weiter denken

Jugendlichen bieten sich mehr Entfaltungsmöglichkeiten

und Lebensperspektiven

Jugendliche verfügen über größere politische Mitbestimmung

und bringen sich aktiv in die politischen Prozesse ein

Offenheit und Einbindung anderer Kulturen: Potenziale

werden genutzt, Integration wird beidseitig gelebt

Aktive Zusammenarbeit von Schule und Wirtschaft ist die Regel

Technik-Begeisterung im Industrieland Oberösterreich

Die Lehre kann mit Matura abgeschlossen werden

Das Handwerk wird als Chance wahrgenommen

Weiterentwicklung des Bildungssystems und Wahrnehmung

der Bildung als Schlüssel für Perspektiven im Leben

Eine stärkenorientierte Pädagogik gestalten und individuelle Talente

der Jugendlichen fördern, z. B. durch ein modulares System

Bessere Durchlässigkeit im Bildungssystem sicherstellen

Unterstützung von Jugendlichen bei Weichenstellungen

auf dem Bildungsweg und Steigerung der Flexibilität

Mehr Eigenverantwortung und Freiräume für Jugendliche schaffen

Gleiche Chancen für verschiedene Bildungsschichten sicherstellen

Mädchen in die Technik bringen

Höhere Attraktivität der Lehre – auch für junge Erwachsene

über 18 – schaffen und Wertschätzung steigern

Verbesserung der Berufsschule

Jugendlichen mit Beeinträchtigung einen

besseren Zugang zum Arbeitsmarkt bieten

Jugendliche sollen sich in Zukunft indivi-

duell entfalten sowie Perspektiven für ihr

eigenes Leben entwickeln und umsetzen

können. Anderen Kulturen wird offener

begegnet und Integration beidseitig

gelebt. Schule und Wirtschaft arbeiten

aktiv zusammen, Jugendliche ergreifen

ihre Chancen vermehrt in Technik und

Handwerk. Als Visionen für die Zukunft

wurden genannt:

Die Vorschläge für politische Strategien

umfassen u.a. eine stärkenorientierte

Pädagogik, eine bessere Durchlässigkeit

im Bildungssystem, mehr Eigenverant-

wortung von Jugendli chen sowie die

Förderung der politi schen Partizipation.

Unterschiedliche Bildungsschichten sollen

zudem mit den gleichen Chancen auf Er-

folg ausgestattet sein und Mädchen stär-

ker für die Technik interessiert werden:

Page 137: Projekt Freiraum - Das Buch

137Mobilität weiter denken 8.4. Angebote und Perspektiven für Jugendliche

Unterstützung bei Job- und Bildungswahl der Jugendlichen

und Berücksichtigung von individuellen Talenten

Mentoringsystem zur Begleitung an Weichenstellungen

im Bildungs- und Berufsbereich implementieren

Flexiblere und mehr Angebote für die

berufsbegleitende Ausbildung schaffen

Förderung von technischen und handwerklichen Fähigkeiten

z. B. auch durch den Ausbau der Werkerziehung

Stärkung der wirtschaftlichen Bildung

Mehr Praktika in verschiedenen Bereichen insbesondere

auch für Studierende forcieren

Verbindliche Berufsorientierung in der Unterstufe

(eventuell in Verbindung mit Universitäten) einführen

Politische Bildung als Schulfach ausweiten

Ausbau der politischen Mitwirkungsmöglichkeiten von Jugendlichen

Gratis Museen-Eintritt zur kulturellen Bildung

für Jugendliche in Oberösterreich einführen

Ganztagesschule mit individuellen Angeboten (Musik,

Kunst, Handwerk, Sport etc.) einführen

Pro und Contra von geringerer Differenzierung im Schulsystem abwägen

Verbesserte Lehrerauswahl und -ausbildung

Politische Maßnahmen sollten nach

Meinung der Experten etwa eine Unter-

stützung bei der Berufs- und Bildungs-

wahl, flexiblere Angebote für die berufs-

begleitende Ausbildung und die Förderung

von technischen und handwerklichen

Fähigkeiten beinhalten.

Page 138: Projekt Freiraum - Das Buch

138 Ableitungen und Impulse für Oberösterreich Mobilität weiter denken

Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Echte Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung

Voraussetzung für echte Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung ist ein

breites Angebot an unterschiedlichen, passfähigen Alternativen. Dafür

braucht es einen weiteren Ausbau des leistbaren Angebotes an Kinder-

betreuungseinrichtungen für unter Dreijährige. Hierbei gilt es, auch alter-

native Betreuungsangebote wie Leih omas oder Tageseltern zu mobilisieren,

was wiederum eine Auf wertung der entsprechenden Berufsbilder erfordert.

Besseres Matching zwischen Angeboten und Bedarfen

Damit „Kind und Karriere“ vereinbar sind, braucht es ein besseres Matching

zwischen dem Angebot an Kinderbetreuung und den Erfordernissen der

Arbeitswelt. Dies betrifft insbesondere die Flexibilität der Inanspruchnahme,

wie Nachmittags- und Ferienbetreuung sowie ggf. auch eine Betreuung in

der Nacht (Nachtdienste etc.).

Kampagne „Kinderbetreuung ist Bildung“

Sinnvoll wäre eine Kampagne zur Bewusstseinsbildung für den Mehrwert

von professioneller Kinderbetreuung. Sie ist die erste Form der Bildung,

weshalb Kinder – gerade aus sozial schwächeren Familien – davon enorm

profitieren können. Um den Stellenwert der Elementarpädagogik zu unter-

streichen, ist das Berufsbild der Kindergartenpädagogen aufzuwerten.

Stärkere Einbeziehung von Vätern in die Kinderbetreuung

Junge Väter möchten sich verstärkt in die Kinderbetreuung einbringen,

junge Mütter möchten verstärkt Beruf und Familie vereinbaren. Dafür

braucht es eine Unterstützung der Erwerbstätigkeit von Müttern, Bewusst-

seinsbildung für die Wichtigkeit von Vätern in der Kindererziehung und eine

stärkere Abwechslung von Mann und Frau in der Kinderbetreuung zuhause,

um längere Abwesenheiten vom Arbeitsplatz zu vermeiden.

Einbindung von Vereinen und Initiativen

Die zunehmende ganztägige Kinderbetreuung bzw. Nachmittagsbetreuung

eröffnet große Chancen für die Zusammenarbeit mit lokalen Vereinen und

Initiativen, z. B. in den Bereichen Sport, Kultur, Musik oder Handwerk. Kinder

und Jugendliche können die Breite an Möglichkeiten und Angeboten kennen-

lernen – Vereine können vice versa auf diesem Weg eine aktive Nachwuchs-

arbeit betreiben. Konkret braucht es dafür eine entsprechende Vernetzung

und Unterstützung von Vereinen bei ihrem Beitrag in der Kinderbetreuung.

„Kiga­Grannies“

Ältere Männer und Frauen (50+) könnten durch entsprechende Modelle für

die Mitarbeit in der Kinderbetreuung gewonnen werden. Sie können Kindern

praktische Fähigkeiten vermitteln (z. B. Handwerk, Kochen) und so als

„Kindergarten-Omas und -Opas“ die Pädagogen unterstützen. Ferner kann so

älteren Menschen eine neue berufliche Perspektive mit hoher Sinnstiftung

geboten werden.

Folgende Impulse für Oberösterreich

lassen sich aus den genannten Ideen

und Anregungen ableiten:

Page 139: Projekt Freiraum - Das Buch

139Mobilität weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Unternehmensübergreifende Kinderbetreuung für KMU

Um hochqualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen, setzen vor allem Groß-

betriebe auf die Einrichtung von betrieblicher Kinderbetreuung wie etwa

Krabbelstuben. Damit auch Klein- und Mittelbetriebe einen solchen Mehr-

wert anbieten können, wären Pilotprojekte von KMU-Verbünden in Koo-

peration mit lokalen Einrichtungen sinnvoll und bei Erfolg auszuweiten.

Ausweitung der Elternbildungsgutscheine

Die Elternschaft erfordert viele Kompetenzen und stellt oft eine große

persönliche Herausforderung dar. Das Land Oberösterreich hat mit den

Elternbildungsgutscheinen ein anreizbasiertes System der Elternbildung

installiert, welches in Hinblick auf den Umfang und das Themenspektrum

von Elternbildungsveranstaltungen ausgeweitet werden könnte.

Vollständige Anerkennung von Kinderbetreuungszeiten

Angeregt wird ein nachdrücklicher Einsatz auf Bundesebene bzw. bei

Kollektiv vertragsverhandlungen, damit Kinderbetreuungszeiten voll -

ständig für Pensionen angerechnet, aber auch bei Gehaltsvorrückungen

und Stichtagen berücksichtigt werden.

Lebenscoaching für Jugendliche

Jugendliche stehen oft vor der Frage, welche berufliche Laufbahn sie

einschlagen sollen. Damit eng verbunden ist die Frage nach den generellen

Lebenszielen und -perspektiven. Vorgeschlagen wird daher eine Auswei-

tung der Bildungs- und Berufsberatung in Hinblick auf ein ganzheitliches

Coaching von Jugendlichen durch Professionisten, die sie bei der Entwick-

lung von Lebensperspektiven und den konkreten Schritten zur Umsetzung

unterstützen.

Gratis­Eintritt in Museen

Damit Jugendliche für Kunst, Kultur, Tradition und Geschichte begeistert

werden können, wäre ein kostenloser Eintritt in Museen in Oberösterreich

ein wertvolles Signal.

Stärkere Einbindung Jugendlicher in die Politik – Jugendparlament

Jugendliche brauchen eine starke Stimme in der Politik, denn sie sind die

Zukunft unseres Landes. Es liegt im Wesen der Jugend, neue Formen der

Kommunikation und Interaktion zu entwickeln. Damit Jugendliche heute in

die Politik eingebunden werden können, braucht es zeitgemäße Partizipa-

tions- und Kommunikationsmittel wie Social Media. Auch könnte man ein

virtuelles Jugendparlament oder einen digitalen Jugendlandtag andenken,

bei dem zu tagespolitischen Themen diskutiert werden kann. „Beschlüsse“

solcher Partizipationsformen dem tatsächlichen Landtag vorzulegen, wäre

ein deutliches Signal dafür, dass die Stimme der Jugend ernst genommen

wird.

Page 140: Projekt Freiraum - Das Buch

Ergebnisse – Projekt Freiraum

Mobilität weiter denken

Page 141: Projekt Freiraum - Das Buch
Page 142: Projekt Freiraum - Das Buch

142 Ergebnisse – Projekt Freiraum Mobilität weiter denken

9. Mobilität weiter denken

Um am beruflichen und sozialen Leben teilnehmen zu können,

sind individuelle und öffentliche Mobilitätslösungen von großer

Bedeutung – beinahe jeder Oberösterreicher ist täglich unter-

wegs. Das Mobilitätsangebot und die damit verbundene Infra-

struktur sind für die Lebens- und Standortqualität in unserem

Bundesland von hoher Relevanz. Da es im Rahmen von „Projekt

Freiraum“ sehr viele Beiträge zum Thema Mobilität gab, wurde

dem Bereich ein eigenes Kapitel gewidmet. Mobilität umfasst die

Fortbewegung von Menschen und Gütern mit unterschiedlichs-

ten Mitteln (Auto, Zug, Schiff, Scooter, Rad etc.), bei der private

und öffentliche Infrastruktur auf dem Boden, am Wasser und in

der Luft genutzt wird. Aspekte wie Verkehrsmittel, Verkehrsinfra-

struktur, Verkehrsplanung und -steuerung sind diesem Bereich

zuzuordnen.

Mobilität bewegt. Die Verkehrserhebung 2012 zeigt, dass Ober-

österreichs Bürger immer mobiler werden. 86,8 Prozent aller

Bürger werden als „mobil“ bezeichnet, was einer Zunahme im

Vergleich zu 2001 von 5,3 Prozent entspricht. Vor allem der An-

teil an Pendlern ist dabei kontinuierlich im Steigen begriffen.

Auch ist der Bereich Mobilität ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in

unserem Bundesland. Oberösterreich liegt bei der Fahrzeug-

industrie und im gesamten Automotive-Sektor österreichweit an

der Spitze. Rund 4.000 Betriebe, die zusammen 32.000 Mitar-

beiter beschäftigen, erzielen derzeit ein Umsatzvolumen von

rund zwölf Milliarden Euro und eine Wertschöpfung von mehr als

drei Milliarden Euro. Rund die Hälfte der österreichweiten Pro-

duktion in der Fahrzeugindustrie findet in Oberösterreich statt.

Erhöhte Mobilität bringt aber auch Effekte wie stärkeren Verkehr,

Umweltbelastung durch Abgase und Lärm, Kosten, Zeitdruck

beim Erreichen des Arbeitsplatzes, Staus oder Unfälle mit sich.

Damit „bewegt“ Mobilität auch auf emotionaler Ebene.

„In Oberösterreich wurden in den vergangenen Jahren viele Infrastruktur­Projekte erfolgreich umgesetzt. Deshalb haben wir eine hohe Qualität im Bereich Mobilität.“ LH-Stv. Franz Hiesl

Die meisten Wege, nämlich rund 66 Prozent, werden mit dem

privaten Fahrzeug zurückgelegt. Demgegenüber entfallen nur

rund zehn Prozent auf den öffentlichen Verkehr. Jeder Fünfte ist

mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs, rund zwei Prozent

benützen sowohl private als auch öffentliche Verkehrsmittel.

Während der Verkehrsmittelanteil des Autos seit 2001 von 62,2

auf 66,3 Prozent stieg, fiel der Anteil des öffentlichen Verkehrs

von 12,4 auf 10,1 Prozent.

Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Der hohe Stan-

dard und das vorhandene breite Angebot müssen daher kontinu-

ierlich weiterentwickelt und verbessert werden – vor allem vor

dem Hintergrund der Anforderungen, die sich durch die neuen

Lebensgewohn heiten und Möglichkeiten verändert haben.

Pendler in Oberösterreich

Quelle: Statistik Austria

400 T

410 T

420 T

430 T

440 T

450 T

2011 20122009 2010

T = Tausend

437.780 447.759422.250 443.376

Page 143: Projekt Freiraum - Das Buch

143Mobilität weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

9. Mobilität weiter denken

Eine große Herausforderung kommt hierbei auf die Verkehrspla-

nung und die öffentliche Hand zu, die aktuelle Entwicklungen,

wie etwa den demografischen Wandel oder die fortschreitende

Urbanisierung in besonderem Maße berücksichtigen muss.

Damit einhergehend muss auch der Zunahme des städtischen

Verkehrsaufkommens sowie den technischen Möglichkeiten in

Form von „Smart Mobility“ Rechnung getragen werden. Laut der

Verkehrsprognose „Oberösterreich 2020+“ wird der Motorisie-

rungsgrad im Zeitraum 2010 bis 2021 von 577 Pkw pro 1.000 Ein-

wohner auf rund 680 Pkw ansteigen (plus 18 Prozent), die Zahl

der Wege (pro Werktag) bis 2021 wird auf rund vier Mio. anwach-

sen (Erhebung 2001: 3,4 Mio.). Der Personenverkehr auf Oberös-

terreichs Straßen wird im Zeitraum von 2005 bis 2030 um 40 bis

50 Prozent (in Pkw-Kilo meter pro Jahr) ansteigen, der Güter-

verkehr (in Tonnen pro Jahr) ebenfalls um rund 50 Prozent. Die

Belastung der Straßen (gemessen in gefahrenen Lkw- Kilometern

pro Jahr) wird mit 70 bis 80 Prozent noch deutlicher zunehmen.

Univ.­Prof. Dipl.­Ing. Dr. techn.

Ronald Blab

Vorstand am Institut für Straßenbau

und Straßenerhaltung, Technische

Universität Wien

2001 Studium der Kulturtechnik und

Wasserwirtschaft, Universität für

Bodenkultur Wien

Doktor der technischen Wissenschaften

Ziviltechniker und Konzession

Technisches Büro

Verleihung der Venia Docendi für das

Fachgebiet „Straßenbau und Straßen-

erhaltung“ an der Technischen Universität

Wien

„Die demografischen Verände­ rungen, die zunehmende Urbani­ sierung, das steigende Umwelt­ bewusstsein sowie die technolo­gischen Entwicklungen werden die Mobilitätsbedürfnisse und das Mobilitätsverhalten der Menschen ändern.“ Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Ronald BlabVorstand am Institut für Straßenbau und Straßenerhaltung an der Technischen Universität Wien

Modal Split: Verkehrsmittelanteile der oö. Wohnbevölkerung

Quelle: Land Oberösterreich

0 %

20 %

40 %

60%

80 %

2001 2012

100%

zu Fuß

Fahrrad

öff. Verkehr (ÖV)

motorisierter IV

Mischformen IV-ÖV

keine Angabe

16,5

6,5

0,4

62,2

12,42,0

14,8

5,1

2,0

66,3

10,11,7

Page 144: Projekt Freiraum - Das Buch

144 Ergebnisse – Projekt Freiraum Mobilität weiter denken

Der Ausbau von intermodalen und sicheren Verkehrssystemen

unter Einbeziehung von erneuerbaren Energien und innovativen

Technologien ist eine wichtige Aufgabe der Politik. Darüber hin-

aus gilt es, eine auf die unterschiedlichen Lebenswelten – Stadt,

Region und Land – angepasste Raumgestaltung bzw. -nutzung

umzusetzen, meint Professor Ronald Blab, Vorstand des Insti-

tuts für Straßenbau und Straßenerhaltung an der TU Wien. Eine

Adaption der Verkehrsinfrastruktur auf regionale Energie- und

Versorgungseinheiten sowie die Förderung von Forschung und

Entwicklung werden von Blab als eine weitere Herausforderung

für die Politik in den kommenden Jahren gesehen. Als wesentli-

che politische Maßnahmen nennt der Experte beispielsweise den

umweltgerechten Ausbau und Betrieb von Hochleistungsnetzen

für die Verbindung der (über)regionalen Zentren. Weiters sei die

Förderung alternativer Mobilitätsformen und die des öffentlichen

Verkehrs wichtig. Laut Blab müsse man auch ein „Miteinander“

von nicht-, teil- und vollmoto risiertem Individualverkehr in

Städten etablieren und innovative Technologien zur Effizienz -

stei gerung fördern.

Dr. Jörg Beckmann

Direktor der Schweizer

Mobilitätsakademie

Geschäftsführer des Verbandes

Swiss eMobility

Promovierter Verkehrssoziologie und

Diplom-Ingenieur für Raumplanung

„Dekarbonisierung, Deprivatisie­rung, Demotorisierung, Demateri­alisierung sowie Deglobalisierung sollten die zentralen politischen Ziele im Bereich der Mobilität für die Zukunft sein.“ Dr. Jörg BeckmannDirektor der Schweizer Mobilitätsakademie

Ausschlaggebend für Mobilität ist heute nicht mehr die räumliche

Distanz, die Gesellschaften und Orte voneinander trennt, sondern

die Geschwindigkeit, mit welcher diese Distanz überwunden werden

kann. Niemals zuvor in der Menschheitsgeschichte wurde ein derart

hoher Grad an Dynamik und Vernetzung erreicht. Mobilität und Ver-

kehr nehmen daher einen entsprechend wichtigen Stellenwert ein.

Deren Ausgestaltung orientiert sich zunehmend an ökologischen

Gesichtspunkten (nachhaltiger Umgang mit Ressourcen und der

Umwelt) und mündet in eine neue, reflexive Individualmobilität.

Page 145: Projekt Freiraum - Das Buch

145Mobilität weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

Ziele und Leitlinien

Oberstes Ziel im Bereich der Mobilitätspolitik ist die volkswirt-

schaftlich vertretbare optimale Befriedigung der individuellen

Mobilitätsbedürfnisse der Bürger. Darüber hinaus muss die Inf-

rastruktur für den Transport von Gütern und Daten den Anforde-

rungen der Wirtschaft, aber auch der Bevölkerung bestmöglich

entsprechen. Daher sind sowohl die Mobilitätsange bote als auch

die Mobilitätsinfrastruktur in diesen Bereichen bei gleichzeitiger

Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierbarkeit auszubauen.

Heimische Pro dukt- und Dienstleistungsinnovationen werden

sowohl zu Qualitäts- als auch zu Wirtschaftsimpulsen führen.

Folgende vier Themenfelder stehen im Zentrum der Debatte:

Welche mobilitäts­ und verkehrsinfrastrukturellen Rahmenbedingungen sind

erforderlich, um dem zukünftigen Mobilitätsaufkommen gerecht zu werden?

Die Entwicklung der Mobilitätsbedürfnisse sowie jene der Mobilitätsformen (Stichwort

alternative Antriebe) erfordern die Weiterentwicklung von mobilitäts- und verkehrs-

infrastrukturellen Rahmenbedingungen. Eine bestmögliche Lebens- und Standortquali-

tät sind dabei die wesentlichen Orientierungspunkte für die zukünftige Gestaltung.

Was kann getan werden, um vor dem Hintergrund der zukünftigen Bedürfnisse

der Bürger und der technologischen Entwicklungen die Rahmenbedingungen

für Individualmobilität möglichst attraktiv zu gestalten?

Bürger wollen in ihrer Mobilität möglichst autonom sein. Die zukünftigen Bedürfnisse

sowie die technologischen Entwicklungen werden einen Einfluss auf die Gestaltung der

Mobilität haben. Das Schaffen von adäquaten Rahmenbedingungen wird für Politik und

Verwaltung herausfordernd.

Welche Aktivitäten und Rahmenbedingungen sind erforderlich, um den

öffentlichen Verkehr in der Zukunft noch attraktiver zu machen?

Viele Bürger nutzen bereits die Angebote des öffentlichen Verkehrs aus unterschied-

lichsten Gründen, beispielsweise aufgrund von Kosten- und Zeitvorteilen, im Hinblick

auf Umweltschutz oder soziale Aspekte. Auch viele andere wären bereit, den öffentli-

chen Verkehr zu nutzen, sofern das Angebot noch besser ihren Bedürfnissen entspre-

chen würde. Deshalb ist es wichtig, sich darüber Gedanken zu machen, wie im Sinne

der gesamten Gesellschaft das Angebot im Bereich des öffentlichen Verkehrs weiter-

ent wickelt werden kann.

Welche Rahmenbedingungen sind erforderlich, um

den Verkehr in Oberösterreich „smarter“ zu machen?

Die technologische Weiterentwicklung von Antrieben, künstlicher Intelligenz in

Mobilitätsformen, im Bereich der Verkehrsplanung und -steuerung sowie der

Benutzer schnittstellen führt zu einer neuen Qualität auf dem Gebiet der Mobilität,

die in Oberösterreich erkannt, von den Menschen erlernt und auch laufend weiter-

entwickelt werden muss.

Zukunftsweisende Verkehrsinfrastruktur:

Individualmobilität der Zukunft:

Öffentlicher Verkehr der Zukunft:

Smart Mobility:

Page 146: Projekt Freiraum - Das Buch

146 9.1. Zukunftsweisende Verkehrsinfrastruktur Mobilität weiter denken

Zukunftsweisende Verkehrsinfrastruktur

Lokale „Einzelinteressen“ machen es schwierig,

wichtige Projekte umzusetzen

Staus durch massive Zunahme von Fahrzeugen

Flexibilisierung von Arbeits- und Unterrichtszeiten, um Stoßzeiten

zu entschärfen

Effizienz der bestehenden Straßen und des öffentlichen Verkehrs steigern

Ausbau der Infrastruktur im alternativen Mobilitätsbereich

(z. B. Elektromobilität)

Mobilitätskomfort und Sicherheit auf den Verkehrswegen gewährleisten

Infrastruktur zur bestmöglichen Nutzung der Antriebskapazitäten

Kosten-Nutzen-Aspekt einer optimalen Verkehrsinfrastruktur

Finanzierung einer zukunftsweisenden Verkehrsinfrastruktur

Optimale Verknüpfung der Infrastruktur für

unterschiedlichste Mobilitätsformen

Als Herausforderung bzw. Chance im

Bereich der Infrastruktur werden das

Mobilitätsverhalten der Bürger sowie die

finanzielle Entwicklung der öffentlichen

Hand gesehen. Darüber hinaus gilt auch

die Einflussmöglichkeit der unterschiedli-

chen Interessengruppen auf neue und in-

novative Mobilitätskonzepte als wichtiger

Faktor. Konkret wurden als Chancen und

Herausforderungen genannt:

9.1.

Page 147: Projekt Freiraum - Das Buch

147Mobilität weiter denken 9.1. Zukunftsweisende Verkehrsinfrastruktur

Effizient ausgebaute Infrastruktur schafft Arbeitsplätze

und somit Wohlstand und Lebensqualität

Verbesserte Park-and-Ride-Systeme sowie

Bike-and-Ride-Systeme funktionieren einwandfrei

Staus können erfolgreich vermieden werden

Korridore für zukünftige Verkehrsprojekte werden freigehalten

(vorausschauende Raumplanung)

„Kollaborative Mobilität“ (Mitfahrzentralen, Auto-Gemeinschaften etc.)

ist fest in der Gesellschaft verankert

Bestehende Infrastruktur ist an moderne

Informationstechnologien angepasst

Preispolitik wird von der Bevölkerung angenommen und geschätzt:

„Ich leiste mir Öffis“

Öffentlicher Wohnbau ist mit Infrastruktur für Elektromobilität ausgestattet

Daten aus „smarten“ Lösungen werden für die

Verkehrssteuerung effizient genutzt

Menschen fühlen sich durch die neue Verkehrsinfrastruktur

mobil, sicher und schätzen den Komfort

Bürger haben Zugang zu allen relevanten Informationen,

um möglichst mobil zu sein

Die grundlegende Verkehrsinfrastruktur ist für alle leistbar

Wirtschaftliche Entwicklung in ländlichen Regionen stärken –

Arbeit, wenn möglich, näher an die Bürger bringen

Effizienzsteigerung durch Einsatz von innovativen Technologien

Bei der Verbindung Linz–Wels–Steyr den öffentlichen Verkehr stärken

Den Individualverkehr in den Regionen stärken

Mehr Kommunikation zwischen Politik, Bürgern und Wirtschaft

Gerechte und faire Preispolitik schaffen

Förderungen im Bereich der alternativen Mobilität

Bei neuen Verkehrsprojekten gehört vielfältige Nutzung mit eingeplant,

auch wenn sie erst später realisiert wird (z. B. Radverkehr und

Fußgänger bei Flussquerungen)

Als Vision ist Mobilität in der Zukunft für

alle leistbar. Dazu gibt es ein breites und

für alle Bevölkerungsgruppen passendes

Mobilitätsangebot. Durch die Zunahme

der Verkehrsfrequenz werden neue Mobi-

litätskonzepte implementiert, beispiels-

weise verbesserte Park-and-Ride-Systeme

oder intelligente Verkehrssteuerungen.

Durch effizient ausgebaute Infrastruktur

werden auch Arbeitsplätze geschaffen,

was sich wiederum positiv auf Wohlstand

und Lebensqualität auswirkt.

Für die Umsetzung einer „zukunfts-

weisenden Verkehrsinfrastruktur“ sind

Konzepte zu entwickeln, die einerseits

regionsspezifisch sind und andererseits

gleich mehrere Verkehrsträger kombi-

nieren (Intermodalität). Gleichzeitig gilt

es, die unterschiedlichen Mobilitäts- und

Energieformen effizient zu verknüpfen.

Als Vorschläge für politische Zielsetzun­

gen wurden genannt:

Page 148: Projekt Freiraum - Das Buch

148 9.1. Zukunftsweisende Verkehrsinfrastruktur Mobilität weiter denken

Reduktion der Verkehrsemissionen

Erhöhung des Anteils von regenerativen Energieträgern

Möglichst viele Orte in das Verkehrsnetz einbinden

Einführung eines „Erreichbarkeitsindexes“ (Entfernung, Zeit, Kosten)

Reduktion von Stauzeiten (Kapazitätsauslastung)

Vorbildwirkung der öffentlichen Hand bei alternativen Projekten

Ausbau des schienengebundenen Nah- und Regionalverkehrs in und um Linz

Verstärkte Förderung des Fußgänger- und Fahrradverkehrs

als umweltfreundlichste Verkehrsform durch Ausbau des

Wegenetzes und eines Leitsystems

Ausbau der übergeordneten Straßenverkehrs -

infrastruktur (Umfahrung von Linz)

Verkehrsberuhigende Maßnahmen für den Kfz-Verkehr in der Innenstadt

Installierung eines Verkehrsmanagementsystems und

sinnvolle Parkraumbewirtschaftung in der Linzer Innenstadt

Verbesserte Abstimmung und Koordination zwischen Raum- und Verkehrs-

planung. Vermeidung von Zersiedelung im Umland von Linz und Vermeidung

von Konzentrationen der Handels- und Gewerbeflächen außerhalb

der Ortszentren

Stärkung der Ortszentren und Siedlungsverdichtung

entlang der Hauptachsen des öffentlichen Verkehrs

Verstärkte Kooperation zwischen den Gebietskörperschaften und

den Verantwortlichen für die Verkehrsträger, z. B. durch übergreifende

Planungsgemeinschaften.

Finanzierung „traditioneller“ Verkehrsinfrastruktur: mittelfristige Erhöhung

des Kostendeckungsgrades im Verkehr inkl. erster Ansätze einer preislichen

Differenzierung zwischen unterschiedlichen Zeiten

Langfristig: Einführung eines „Mobility Pricing“ (nutzungsabhängige Preise,

stärkere Preisdifferenzierung auf Schiene und Straße); eventuell könnte

man den Bau und das Betreiben von Verkehrsinfrastruktur vermehrt mit

Privatinvestoren durchführen

Verwirklichung diverser Infrastrukturmaßnahmen, wie z. B. Bau der

neuen Donaubrücke in Mauthausen, Anbindung der S10 an das

tschechische Straßennetz oder Anbindung von Steyr an die A9

Politische Maßnahmen im Bereich einer

„zukunftsweisenden Verkehrsinfrastruktur“

sind konkret die Linzer Ostumfahrung,

eine Regio-Tram für den Großraum Linz,

eine Regio-Tram nach Gallneukirchen

sowie eine selektive Förderung von

Pilotprojekten und multimodalen Mobili-

tätslösungen. Auch sollte die Infrastruktur

im Innviertel ausgebaut werden. Weitere

Vorschläge für politische Maßnahmen:

Page 149: Projekt Freiraum - Das Buch

149Mobilität weiter denken 9.2. Individualmobilität der Zukunft

Individualmobilität der Zukunft

Anpassungen über Raumordnung

Ökologisierung der Autoproduktion

„Wann sind Menschen hinsichtlich ihrer Mobilität bereit,

Individualität aufzugeben?“

Infrastruktur für die Individualmobilität der Zukunft

(Energieaufnahme, Fahrzeugsteuerung etc.)

Vermittlung der Kompetenzen für ein optimales

individuelles Mobilitätsmanagement

Leistbarkeit von Individualmobilität

Bereitstellung innovativer Mobilitätsformen

Lebensphasenbezogene Bedürfnisse und Lifestyle

Eine große Herausforderung für die

„Individualmobilität der Zukunft“ birgt die

Bewusstseinsbildung bei der Bevölkerung

hinsichtlich der möglichen Alternativen

wie Fahrgemeinschaften, E-Mobilität,

Auto-Teilen oder öffentliche Verkehrsmit-

tel. Eine besondere Aufgabe wird es vor

allem sein, ältere Menschen in „moderne“

Mobilitätsformen zu integrieren. Weitere

Chancen und Herausforderungen:

9.2.

Für die „Individualmobilität der Zukunft“

wurden Aspekte wie die soziale Verträg-

lichkeit von individueller Mobilität und die

Attraktivierung von Alternativen (Öffent-

licher Verkehr, Carsharing) genannt. Als

Vision wird es im Rahmen von integrierten

Verkehrskonzepten – sowohl öffentlich als

auch individuell – Umsteigemöglichkeiten

etwa an den Stadträndern geben. Darüber

hinaus wurden folgende Aspekte einge-

bracht:

Im städtischen Bereich wird der öffentliche Verkehr breit angenommen

Im ländlichen Raum existieren attraktive, gut erreichbare Zentren

Vor allem für Kurzfahrten besteht ein hoher Fahrradanteil

Gesetzliche Regelungen sind den zeitgemäßen Anforderungen

angepasst (v. a. Infrastruktur)

Bürger nutzen unterschiedliche Fortbewegungsmittel

bewusst und zielgerichtet

Page 150: Projekt Freiraum - Das Buch

150 9.2. Individualmobilität der Zukunft Mobilität weiter denken

Schrittweiser Rückzug aus nicht zukunftsfähigen Technologien

Pilotprojekte für selbststeuernde Fahrzeuge starten

Allgemeine Mobilitätszufriedenheit bei den Bürgern erreichen

Effiziente Versorgungsstruktur und Kapazitätsauslastung

Kapazitätsauslastung optimieren

Infrastruktur für E-Mobilität: flächendeckendes Angebot

an Stromtankstellen

Car- und Bikesharing-Angebote verbessern und in Wohnanlagen etablieren

Gut geplante Radrouten, Mitnahmemöglichkeit von Fahrrädern

in öffentlichen Verkehrsmitteln

Ausgewogene Ausgabenquote für Individualverkehr

Um die „Individualmobilität der Zukunft“

bestmöglich zu gestalten, ist die Sensi-

bilisierung der Bevölkerung für E-Mobi-

lität und alternative Mobilitätsformen

anzustreben. Ein weiteres Ziel muss die

multimodale Vernetzung aller Verkehrs-

teilnehmer sein sowie ein integriertes

Verkehrskonzept, welches unterschied-

liche Mobilitätsformen umfasst (inkl.

Mobilitätshubs, v. a. im ländlichen Raum).

Folgende Punkte für politische Zielset­

zungen wurden eingebracht:

Informationsplattform einrichten

Aus- und Weiterbildungsangebot ausweiten und neu gestalten

Entwicklungspartnerschaften mit Forschung und Industrie intensivieren

Die Landespolitik und die Landesverwaltung sollen Vorbild für

neue Mobilitätsformen und innovatives Mobilitätsverhalten sein

Politische Maßnahmen bei der „Indivi-

dualmobilität der Zukunft“ umfassen die

frühzeitige Berücksichtigung von bedarfs-

bezogenen und technologischen Entwick-

lungen bei der Infrastrukturgestaltung

(z. B. Magnetstreifen in den Fahrbahnen

zur Steuerung der Fahrzeuge), eine effi-

zientere Gestaltung der Förderlandschaft,

eine Anpassung des Kraftfahrgesetzes in

der StVO sowie eine Bewusstseinsbildung

bei der Bevölkerung.

Die „virtuelle“ Mobilität wird die „physische“ Mobilität ersetzen

Benzin- und dieselbetriebene Fahrzeuge werden weitgehend von kleineren,

für den städtischen Gebrauch konzipierten (mitunter auch selbstfahren-

den) E-Mobilen ersetzt, welche durch „Smart Apps“ mit dem Verkehrsnetz

verbunden sind

Car- und Bikesharing-Angebote werden von der Bevölkerung breit angenom-

men. Gemeinsame Nutzung ergibt sich dabei oftmals spontan, aufgrund von

physischen und virtuellen „sozialen Netzwerken“

Zur Aufklärung und Schulung über neue Mobilitätsformen

werden virtuelle und physische Lernräume genutzt

(Das Training erfolgt in multidimensionalen Simulatoren)

Page 151: Projekt Freiraum - Das Buch

151Mobilität weiter denken 9.3. Öffentlicher Verkehr der Zukunft

Öffentlicher Verkehr der Zukunft

Integration umliegender Gemeinden in Verkehrskonzepte

bzw. Taktpläne der Großräume (z. B. Steyr–Linz)

Leistbarkeit des öffentlichen Verkehrs

Barrierefreiheit des öffentlichen Verkehrs

„Infotainment“ und attraktive Gestaltung der öffentlichen Verkehrsmittel

Hervorhebung der Vorzüge des öffentlichen Verkehrs

Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln

Finanzierung von öffentlichen Verkehrsmitteln

Trassenführung im öffentlichen Verkehr

Planung und Steuerung von Kapazitäten

im öffentlichen Verkehr (Verkehrsmittel)

Dem öffentlichen Verkehr der Zukunft

wird, vor dem Hintergrund der Energie-

und Umweltentwicklung, eine immer

größere Bedeutung zukommen, vor allem

im urbanen Bereich. Als Herausforderung

wird die Bereitschaft der Bevölkerung

erachtet, die Angebote des öffentlichen

Verkehrs verstärkt zu nutzen. Darüber hin-

aus muss ein integriertes, attraktives und

barrierefreies Verkehrskonzept geschaf-

fen werden. Weitere Chancen und Heraus-

forderungen:

9.3.

Mit einer Karte kann jede öffentliche Verkehrsform jederzeit genutzt werden

Die Preisgestaltung ist dynamisch und abhängig von Zeit, Lebenssituation

und anderen Merkmalen (z. B. Umweltbelastung)

Das öffentliche Verkehrsangebot zeichnet sich durch einen optimalen Inter-

netzugang, „Infotainment“ und individuelle Räume (z. B. Arbeitsbereich) aus

Die Information bezüglich des öffentlichen Verkehrsangebots

ist strukturiert, integriert und einfach zugänglich

Die Wünsche und Anregungen der Kunden werden laufend in

Weiterentwicklungsprozessen berücksichtigt

Der öffentliche Verkehr der Zukunft ist

als Vision durch ein (österreichweit)

einheitliches, integriertes Konzept und

Angebot gekennzeichnet. Dieses umfasst

unterschiedliche Mobilitätsformen wie

Bus, Bahn, aber auch Car- und Bike-

sharing oder private Angebote (Gemein-

schaftsfahrten, Mitfahrzentralen). Das

Verkehrskonzept wird laufend weiterent-

wickelt. Für den Großraum Linz wird ein

Regio-Tram-Konzept angedacht.

Page 152: Projekt Freiraum - Das Buch

152 9.3. Öffentlicher Verkehr der Zukunft Mobilität weiter denken

Installierung eines „Pendlergipfels“

Günstigere Tarife im öffentlichen Verkehr

Barrierefreiheit

Effiziente Taktung

Dotierung öffentlicher Verkehr/Straßenbau permanent überprüfen

Möglichkeit schaffen, dass das Fahrrad im öffentlichen Verkehr

mitgenommen werden kann

Bereitstellung eines Mobilitätskostenrechners für Haushalte

Fahrgasttraining für Bus und Bahn

Ausarbeitung von Planungskonzepten zur Verbesserung der Nahmobilität

Nutzerfreundliche Gestaltung von intermodalen Schnittstellen im Verkehr

Schaffung von Infrastruktur für innovative Bussysteme

Einrichtung von Verkehrsmanagementzentralen

Mobile Verkehrsinformationen für den Endnutzer

Nutzung von Daten zu Luftschadstoffen im Verkehrsmanagement

Automatisierte und raumsparende Verkehrskonzepte

„Group Rapid Transit“ (GRT) – selbststeuerndes,

elektrisch betriebenes Shuttlefahrzeug für Gruppen

„Personal Rapid Transit“ (PRT) – selbststeuerndes,

elektrisch betriebenes Shuttlefahrzeug für Einzelpersonen

Elektrofahrzeuge im Carsharing

Die politischen Zielsetzungen für den

öffentlichen Verkehr der Zukunft um-

fassen eine Bewusstseinsbildung in der

Bevölkerung und attraktive Angebote.

Während der öffentliche Verkehr vor allem

im urbanen Bereich immer mehr an Be-

deutung gewinnt, ist das Auto als Instru-

ment des Individualverkehrs im ländlichen

Raum weitgehend unverzichtbar. Dies gilt

es beim Ausbau der Infrastruktur zu be-

rücksichtigen. Ein allgemeines Bekenntnis

zum öffentlichen Verkehr ist aber notwen-

dig, ebenso wird eine gemeinsame poli-

tische Steuerung für Themen des öffent-

lichen Verkehrs und des Straßenbaus zu

diskutieren sein. Folgende weitere Punkte

für politische Zielsetzungen wurden von

den Experten eingebracht:

Als politische Maßnahmen zur Steigerung

der Attraktivität des öffentlichen Verkehrs

werden die Kombinierbarkeit mit privaten

Fortbewegungsmitteln (z. B. Fahrradmit-

nahme) oder die Empfehlungen des von

der EU geförderten Projektes „Niches+“

gesehen. Konkret fallen darunter:

Page 153: Projekt Freiraum - Das Buch

153Mobilität weiter denken 9.4. Smart Mobility

Smart Mobility

Bequemlichkeit

Taktung von Verkehrsmitteln

Demografische Entwicklung

Stabilität der Systeme

Wissen über die Nutzung von „smarten“ Mobilitätssystemen

Bedienung, Wartung und Reparatur

Unterstützungsdienstleistungen für die optimale Nutzung

Leistbarkeit von Smart Mobility

Objektive und subjektive Sicherheit bei der Nutzung

Schaffung eines geordneten Übergangs im Sinne von

„from hype to standard“

Wesentliche Herausforderungen und

Chancen im Bereich „Smart Mobility“

bestehen in der Verknüpfung von bereits

teilweise vorhandenen Informationen

über Verkehrsmittel, Preise, Wege oder

Zeiten. Die Bürger müssen wissen, wie sie

intelligente Technologien optimal nutzen

können. Grundvoraussetzung ist natürlich

die Bereitschaft, diese Mobilitätslösungen

auch in Gebrauch zu nehmen. Aber auch

die Leistbarkeit ist ein Thema.

9.4.

Page 154: Projekt Freiraum - Das Buch

154 9.4. Smart Mobility Mobilität weiter denken

Die Verkehrsmittel kommunizieren miteinander und erlauben so

einen besseren Verkehrsfluss sowie eine erhöhte Verkehrssicherheit

Die durch „Smart Mobility“ erhobenen Daten werden integriert

und für die Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur sowie der

Mobilitätstechnologien verwendet

„Smart Mobility“ erlaubt Transparenz über Mobilitätsangebote

und -nachfrage sowie über Verkehrssituationen, unabhängig

von Zeit, Ort und Destination

Durch selbstlernende Systeme wird die Lenkung

der Verkehrsflüsse kontinuierlich optimiert

Durch eine weitere Standardisierung von Schnittstellen können

neue Verkehrsmittel mittels „Plug and Play“ problemlos in das

Gesamtverkehrssystem eingekoppelt werden

Das visuelle, auditive oder haptische Feedback von Mobilitätsnutzern führt

zu einer Anreicherung der Informationen bezüglich der Verkehrssituation

und ihrer Entwicklung

Die Information für Verkehrsteilnehmer ist „live“

Ökologische und nachhaltige Energieformen werden weitestgehend genutzt

„Smart Mobility“ wird in Oberösterreich entwickelt

Ein oberösterreichisches „Mobilitätsmanagement“ sollte installiert

werden, um die optimale integrierte Entwicklung und Steuerung der

Verkehrsinfrastruktur zu ermöglichen

Aus dem Benutzerverhalten gewonnene Erkenntnisse als Basis

für eine hohe Mobilitätsqualität in Oberösterreich nutzen

Schaffung von Infrastruktur für „smarte“ Fahrzeuge,

E-Fahrzeuge oder Carsharing

Einsatz für Standardisierung auf Bundesebene

Sicherstellung einer guten Taktung von Verkehrsmitteln

Anreize für die Nutzung von Verkehrsmitteln außerhalb der Stoßzeiten

Homeoffice-Arbeit ausbauen

Gesetzliche Rahmenbedingungen für Antriebsformen

(Diesel/Benzin/Strom) überdenken

Qualität und Normenkonformität von Mobilitätslösungen evaluieren

Datensicherheit, Datenschutz und Datenverfügbarkeit gewährleisten

„Smart Mobility“ wird in der Zukunft ein

leistbarer und für sämtliche Verkehrsnut-

zer zugänglicher, integrierter Bestandteil

von Mobilität und Verkehr sein. Durch

standardisierte Kommunikationsschnitt-

stellen werden die Verkehrs teilnehmer mit

wesentlichen Informationen über die aktu-

elle Verkehrsentwicklung versorgt. Die

sozialen Netzwerke ermöglichen Fahrten-

bündelungen wie etwa sogenannte „Bür-

gertaxis“ oder „Bürgerbusse“. Fahrzeuge

verfügen standardisiert über Autopiloten.

Weitere Visionen:

Um „Smart Mobility“ nachhaltig in das

Verkehrswesen einzufügen, ist eine

integrierte, einheitliche und einfache

Gestaltung (und Digitalisierung) von

Informationsplattformen erforderlich.

Jedem Menschen einen optimalen Zugang

zu individuellen Mobilitätslösungen zu

ermöglichen, sollte ein zentrales politi­

sches Ziel in diesem Bereich sein. „Smart

Mobility“ sollte bereits bei der Verkehrs-

planung berücksichtigt werden.

Folgende weitere Punkte für politische

Zielsetzungen wurden von den Experten

eingebracht:

Page 155: Projekt Freiraum - Das Buch

155Mobilität weiter denken 9.4. Smart Mobility

Förderung von Forschungs- und Pilotprojekten

Einführung einer digitalen Punktekarte beim Oberösterreichischen

Verkehrsverbund (OÖVV)

Bereitstellen von mehr Ressourcen für den öffentlichen Verkehr

Angebote fördern/finanzieren

Flächendeckender Breitbandausbau für Kommunikation

Ausbildungsangebote und Bewusstseinsbildung für „Smart Mobility“

Für die Erreichung der politischen Ziel-

setzungen im Bereich „Smart Mobility“

ist ein flächendeckender Breitbandaus-

bau, der den Austausch von Informatio-

nen gewährleistet, notwendig. Auch via

Straßenanzeigen sollten Ad-hoc-Infos

kommuniziert werden. Weiters ist eine

Bewusstseinsbildung (inklusive Ausbil-

dungsangebot) erforderlich, und zwar

hinsichtlich der durch „Smart Mobility“

eröffneten Möglichkeiten und Kosten.

Weitere politische Maßnahmen:

Ausbildungs- und Informationsangebot bereitstellen

„Smart Mobility“ in Führerscheinprüfungen und -lehrinhalte integrieren

Page 156: Projekt Freiraum - Das Buch

156 Ableitungen und Impulse für Oberösterreich Mobilität weiter denken

Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Kompetenzzentrum „Mobilität“ Oberösterreich

Einrichtung eines Kompetenzzentrums „Mobilität“ Oberösterreich. Dieses

koordiniert alle Aktivitäten rund um das Thema Mobilität wie etwa Fußwege,

Radwege, Pkw-, Lkw-, Bus-, Bahn- und Schiffsverkehr sowie deren Verkehrs-

steuerung. Darüber hinaus ist das Zentrum für die laufende Weiterentwick-

lung von Mobilitätslösungen zuständig.

„Mobilitätsweb“ Oberösterreich

Das Thema Mobilität betrifft jeden Menschen. Aber nur wenige wissen

wirklich über alle Möglichkeiten und Angebote, die es in Oberösterreich

gibt, Bescheid. Das „Mobilitätsweb Oberösterreich“ integriert alle Produkte

und Dienstleistungen, aber auch Erfahrungen und Planungen. Die Plattform

sollte zu einem „One-Stop-Shop“ (alle Services an einen Punkt) für Mobilität

ausgebaut werden.

„Smart Mobility“­Gemeinde

Ausgewählte Gemeinden setzen einen „Smart Mobility“-Schwerpunkt, um

innovative Mobilitätsmittel und -konzepte zu testen und somit Erfahrungen

für unser gesamtes Bundesland zu sammeln. Ein PPP-Mobilitätsfonds

fördert die Finanzierung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben oder

von neuen Technologien, die zum Einsatz kommen. Weiters können durch

den Fonds Mittel für eine innovative Mobiltätsinfrastruktur (E-Mobility-Tank-

stellen, Glasfasernetz, Wasserstofftankstelle, Bio-CNG-Tankstelle, Mobili-

tätshub etc.) lukriert werden.

Testflotte im Bereich „Smart Mobility“

Fahrzeuge der öffentlichen Hand (oder gesponsert von Unternehmen)

können von Bürgern zu Testzwecken bzw. für private Erledigungen be -

nutzt werden. Mieten, testen und erleben ist der Tenor dieser Initiative.

Die Staffelung der Preise könnte nach sozialen Gesichtspunkten erfolgen.

Page 157: Projekt Freiraum - Das Buch

157Mobilität weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

„Smart Mobility Card“ Oberösterreich

Kundenkarte für oberösterreichische Bürger, mit der die Mobilitätsleistun-

gen des Landes (Zug, Bus, Auto, Rad, Schiff sowie Information, Schulungen

oder Sharing-Systeme etc.) in Anspruch genommen werden können. Am

Ende des Monats werden die Leistungen abgerechnet und Bonuspunkte für

beispielsweise umweltfreundliche Nutzungen verbucht, die in weiterer Folge

in Anspruch genommen werden können.

„Open Innovation Platform“ für „Smart Mobility“

Um Produkt-, Prozess- und Sozialinnovationen im Bereich „Smart Mobility“

zu fördern, wird eine „Open Innovation Platform“ installiert, auf welcher zu

konkreten Fragestellungen Ideenwettbewerbe veranstaltet werden können.

Die Ideen werden von einer Fachjury und/oder von der breiten Öffentlichkeit

beurteilt. Die erfolgreichsten Ideen erhalten Preise wie etwa eine unterstütz-

te Crowdfunding-Initiative oder Förderungen der öffentlichen Hand.

Freier WLAN­Zugriff in öffentlichen Verkehrsmitteln des Landes

Um die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs zu erhöhen, sollten Züge,

Busse und andere Verkehrsmittel mit WLAN und komfortfördernden Kom-

ponenten (z. B. Steckdosen, Bildschirmen etc.) ausgestattet werden. Damit

kann die Fahrtzeit produktiver und kommunikativer gestaltet werden.

„Smart Mobility“ – Promotoren und Trainer

Um über „Smart Mobility“-Lösungen und -Angebote in Oberösterreich zu

informieren, wird ein Zertifikatslehrgang für Promotoren und Trainer ange-

boten. Diese führen in Schulen, Fahrschulen oder auch in Vereinen Infor-

mationsveranstaltungen und Trainings (z. B. Simulationen etc.) durch.

Page 158: Projekt Freiraum - Das Buch

Ergebnisse – Projekt Freiraum

Regionen weiter denken

Page 159: Projekt Freiraum - Das Buch
Page 160: Projekt Freiraum - Das Buch

160 Ergebnisse – Projekt Freiraum Regionen weiter denken

10. Regionen weiter denken

Rund zwei Drittel der Oberösterreicher leben in ländlich

geprägten Regionen. Sie sind ein entscheidender Impulsgeber

für das Bundesland. Deshalb sind entsprechende Weiterentwick-

lungsmaßnahmen auch für den ländlichen Raum wichtig. Beide

Bereiche – Stadt und Land – stimulieren sich gegenseitig und

existieren als ein integriertes Ganzes.

Landflucht und Urbanisierung zählen zu den großen Heraus-

forderungen der heutigen Zeit. Die Zahl jener Menschen, die in

Städten leben, nimmt seit den 1950er-Jahren auf der ganzen

Welt kontinuierlich zu. 2050 werden rund zwei Drittel der Welt-

bevölkerung in Städten leben. Die Entwicklung in Oberösterreich

zeigt vor allem eine massive Bevölkerungszunahme im Zentral-

raum, also in der Region Linz/Wels/Steyr.

Diese Entwicklung und auch das Entstehen neuer Formen von

regionalen Wertschöpfungsketten (Tourismus, Nahversorgung,

Energieproduktion, Naherholung für Städter) machen den länd-

lichen Raum zu einem äußerst zukunftsrelevanten Thema.

Demografische und migrationsbedingte kulturelle Veränderungen beeinflussen die Entwicklung des ländlichen Raumes nachhaltig.

Bevölkerungsveränderung in den Gemeinden in OÖ, 2007—2013

Quelle: Land Oberösterreich, Abt. Statistik

2.000 EW

800 EW

200 EW

Zunahme

Abnahme

Die Identifikation mit der eigenen Gemeinde ist ein wichtiger Fak-

tor für die Ansiedelung. Nur wer sich mit seiner Gemeinde identi-

fiziert, ist darüber hinaus bereit, sich in dieser auch ehrenamtlich

und sozial zu engagieren (Freiwillige Feuerwehr, Musikkapelle

etc.). Ohne dieses Engagement würden das Zusammenleben

und der Zusammenhalt im ländlichen Raum nicht funktionieren.

Bürgerengagement ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass

keine sogenannten „Schlafgemeinden“ entstehen.

Ein zweiter wichtiger Faktor für die Ansiedelung ist das Vor-

handensein von genügend Arbeitsplätzen vor Ort. Zwar sind

Arbeitnehmer bereit, jeden Tag rund 30 bis 40 Minuten zwi-

schen Wohnort und Arbeitsplatz zu pendeln. Dennoch ist es

für die Lebensqualität von hoher Bedeutung, dass ausreichend

Arbeits plätze in den Regionen zur Verfügung stehen. Am Land

ist übrigens ein großer Teil der Menschen in der Landwirtschaft

beschäftigt. Nimmt man zur Landwirtschaft die Lebensmittel-

branche hinzu, ist jeder sechste Beschäftigte in diesem Bereich

tätig. Das sind in Oberösterreich rund 100.000 Arbeitsplätze.

Die hiesige Land- und Forstwirtschaft ist sozusagen das Rückgrat

der regionalen Wirtschaft. Sie stellt die Grundlage für die Pro-

duktion von Qualitätslebensmitteln dar und fungiert als Energie-

lieferant und Gestalter der Kulturlandschaft. Zwar ist die Zahl

der Bauern immer noch rückläufig, dafür wächst die Anzahl der

Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich. In den Jahren

2007–2013 haben Oberösterreichs Bauern mehr als 1,2 Mrd.

Euro in die Erhaltung und den Ausbau ihrer Höfe investiert, was

sich stärkend auf die regionale Wirtschaft und somit den Stand-

ort Oberösterreich auswirkt.

Wesentliche Auswirkungen auf die Entwicklung von Regionen

hat die Infrastruktur. Eine entsprechend ausgebaute Infrastruk-

tur fördert die Ansiedelung von Betrieben. Dadurch entstehen

Arbeitsplätze und diese ziehen wiederum Menschen an, die

sich niederlassen, sofern ein passendes Wohnangebot vorhan-

den ist. Bei Infrastrukturmaßnahmen muss daher immer ein

spezielles Augenmerk auf die Stärkung des ländlichen Raumes

gelegt werden, um eine weitgehend ausbalancierte Entwicklung

von Stadt und Land zu gewährleisten. Auch Vereine üben einen

entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung von Regionen aus.

Nirgendwo blüht das Vereinswesen mehr als im ländlichen Raum.

Vereine sind Träger von Brauchtum und Kultur und leisten einen

wertvollen Beitrag zur gesellschaft lichen Beständigkeit.

Page 161: Projekt Freiraum - Das Buch

161Regionen weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

10. Regionen weiter denken

Rund die Hälfte der Oberösterreicher ist ehrenamtlich in Verei-

nen engagiert. Darin manifestieren sich der Zusammenhalt und

die Verbundenheit in bzw. mit der Region.

Die zentrale Erwartung der Bürger im ländlichen Raum ist laut

Jens S. Dangschat, Professor für Siedlungssoziologie und Demo-

grafie an der Technischen Universität Wien, die Erfüllung von be-

stimmten Grundbedürfnissen wie Nahversorgung und Infrastruk-

tur. Dies ist jedoch unter den gegenwärtigen Budget bedingungen

für Gemeinden immer schwieriger zu bewerkstelligen. Das Fehlen

liquider Mittel führt tendenziell zur Schwächung des ländlichen

Raumes.

o. Univ.­Prof. Mag. rer. soc. oec. Dr. phil.

Jens S. Dangschat

Professor für Siedlungssoziologie und

Demografie an der Technischen

Universität Wien

1990–1998 Leiter der Forschungsstelle

Vergleichende Stadtforschung an der

Universität Hamburg

1992–1998 Professor für Allgemeine

Soziologie sowie Stadt- und

Regionalsoziologie

Forschungsschwerpunkte: Stadt- und

Raumsoziologie, Soziale Ungleichheit

und Segregation, Migration & Integration,

Handlungstheorie, Demografie, Raum- und

Planungstheorie, Wohn(bau)forschung,

Mobilitätsforschung, nachhaltige

Regionalentwicklung und Energiekonsum

„Die große Herausforderung ist es, die Balance zwischen Stadt und Land zu schaffen bzw. zu halten. Treiber hinter diesen Prozessen sind Anreizsysteme, die Ausnutzung von regionalen bzw. lokalen Stärken und die Förderung von

‚sozialem Kapital‘.“ Univ.-Prof. Mag. Dr.Jens S. Dangschat

Prognosen zeigen eine deutliche Zunahme der Bevölkerung im urbanen und eine Bevölkerungsreduktion im ländlichen Raum.

Zu­ bzw. Abnahme der oö. Bevölkerung von 2001 bis 2013

Quelle: Land Oberösterreich, Abt. Statistik

−4,0 % bis 0,0 %

0,0 % bis 3,0 %

3,0 % bis 6,0 %

über 6,0 %

Page 162: Projekt Freiraum - Das Buch

162 Ergebnisse – Projekt Freiraum Regionen weiter denken

„Besonders sinnvoll und effizient ist im Sinne einer ‚sozialen Bürger­ gesellschaft‘ die Einbindung von Bürgern in Gemeindeentwicklungs­prozesse mittels Aktivierungs­ und Beteiligungsverfahren. Das heißt, die Zukunft wird gemeinsam mit den Bürgern entwickelt.“ Bürgermeister a. D. Michael Pelzer

Um passende politische Ziele zu definieren, ist es als erster

Schritt notwendig, die Bedürfnisse der betroffenen Bevölkerung

sowie die regionalen Stärken zu kennen. Die sich verändernde

Bevölkerungsstruktur bedeutet auch unterschiedliche Erwar-

tungshaltungen (aktives Dorfleben vs. Ruhe- und Rückzugsraum,

Selbstverwirklichungsanspruch etc.) und den Wunsch nach akti-

ver Einbindung der Bürger in politische Prozesse und Entschei-

dungen. Gemeinsam Ziele definieren, bewerten, priorisieren und

umsetzen: Das schafft Identität und Loyalität zur Gemeinde. Es

empfiehlt sich – soweit möglich – technologische Hilfsmittel wie

soziale Netze und Apps, welche die Selbstorganisation fördern

(hinsichtlich Mobilität, Teilen von Konsumgütern, wirtschaftliche

Kooperationen etc.), zu verwenden.

Inhaltlich fokussieren sich die politischen Ziele derzeit auf

ortsnahe Arbeitsplätze, Bildungsmöglichkeiten und Chancen-

gleichheit in Bezug auf die Infrastruktur. Weitere wesentliche

Themen sind die regionale Identität, adäquate Mobilitätsange-

bote und eine raumspezifische Widmungs- und Baukultur. Als

politische Ziele für ländliche Regionen nennt Experte Michael

Pelzer von der „Bayerischen Akademie Ländlicher Raum“ den

Zugang zu vernetzten Informationen, attraktive interkommunale

Arbeitsmarktpolitik, bedarfsgerechte Wohnungs- und Baupolitik,

Schaffen von Plattformen für bürgerschaftliches Engagement,

Organisation von Information und Transparenz.

Bürgermeister a. D. Michael Pelzer

1990–2014

Bürgermeister von Weyarn

1990–2008

Stellvertretender Landrat

Mitglied der Bayerischen Akademie

Ländlicher Raum, der Deutschen

Akademie für Städtebau und

Landesplanung, des Fachbeirats der

Schule für Dorf- und Landentwicklung und

Stiftungsrat der Wittigschen Stiftung

Seit 2001 Vorsitzender der Bundes-

bewertungskommission im deutschland-

weiten Wettbewerb „Unser Dorf hat

Zukunft“

Dozent an der Bayerischen Beamten-

fachhochschule und Lektor an der

Technischen Universität München

Bevölkerungsveränderung Gemeinden OÖ, Prognose 2008–2050

Quelle: Land Oberösterreich, Abt. Statistik

−40 bis −10 Prozent

−10 bis 0 Prozent

0 bis +10 Prozent

+10 bis +20 Prozent

+20 bis +60 Prozent

Page 163: Projekt Freiraum - Das Buch

163Regionen weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

Ziele und Leitlinien

Ziel muss die Stärkung des ländlichen Raumes durch ein ausge-

wogenes Wachstum sowie die nachhaltige Sicherung der Lebens-

und Naturqualität sein. Das Kernelement ist eine multifunktiona-

le, nachhaltige und wettbewerbsfähige Land- und Forstwirtschaft.

Was kann getan werden, um regionale Identität und Stärken sowie globale

Vernetzung für die Gesellschaft wertvoll miteinander zu verbinden?

Ländliche Räume stehen in einem Spannungsfeld zwischen Regionalität und Inter-

nationalität. Im Zeitalter der globalen Vernetzung braucht es lokale Wurzeln, regionale

Stärken sowie eine Verbindung mit der weiten Welt, um nachhaltig Arbeits- und Wirt-

schaftsstandorte abzusichern. Man spricht auch von „Glokalisierung“, der Synthese

von Globalisierung und Lokalisierung.

Welche Rahmenbedingungen sind zu schaffen, um die Landwirtschaft

von morgen in ihrer Entwicklung bestmöglich zu unterstützen?

Die Landwirtschaft stellt die Versorgung mit Lebensmitteln und den Erhalt von

Kultur räumen im ländlichen Bereich sicher. Sie ist aber mit einer Vielzahl von

Heraus forderungen konfrontiert, wie etwa technologischen sowie wirtschaftlichen

Entwick lungen, die ihre Weiterentwicklung maßgeblich beeinflussen.

Was muss getan werden, um die Attraktivität des ländlichen Raumes

vor allem für junge Menschen zu erhöhen?

Ländliche Gebiete stehen im Wettbewerb mit urbanen Regionen. Beide bieten den Men-

schen unterschiedliche Lebens- und Arbeitsräume. Dieser Wettbewerb kann als Chance

gesehen werden, sich auf qualitative Lebensräume zu spezialisieren, die den Wünschen

und Neigungen unterschiedlicher Bürger entsprechen.

Welche Rahmenbedingungen sind zu schaffen, um Partizipation

und Mitgestaltung der Bürger auf lokaler Ebene zu fördern?

Dörfer leben von der Gemeinschaft. Gemeinschaft kann aber nur dann entstehen,

wenn es zur Zusammenarbeit bzw. zu einem „Zusammenleben“ kommt. Dazu braucht

es den Austausch in der Bevölkerung sowie die aktive Einbindung in die Entwicklung

ihres Lebensraumes.

„Glokalisierung“ der Zukunft:

Landwirtschaft der Zukunft

Attraktiver Lebensraum der Zukunft:

Partizipation und Mitgestaltung im

„Dorf der Zukunft“:

Auf Basis von Trendstudien, der Experten-Inputs sowie der zahl-

reichen Ideen und Anregungen aus der Bevölkerung haben sich

vier Themenfelder herauskristallisiert, welche die Kernaspekte

des Lebens in den Regionen von morgen darstellen:

Page 164: Projekt Freiraum - Das Buch

164 10.1. „Glokalisierung“ der Zukunft Mobilität weiter denken

Digitalisierung der Regionen

Synergien durch regionale Produzenten

Start-ups auch in ländlichen Regionen

Wandel der Gesellschaft: Ethik, mehr Mitbestimmung etc.

Arbeitsplätze nah am Wohnort

„Brain Drain“

Wertschätzung dem regionalen Produkt gegenüber

Breitbandausbau, ohne die Gemeinden zu belasten

Infrastruktur ist in den Regionen gut ausgebaut (Daten-Autobahnen etc.)

Örtliche Produzenten vermarkten sich erfolgreich, auch online

Es herrscht eine „Willkommenskultur“ sowohl am Land als auch in der Stadt

Jobentwürfe sind lokal angepasst

Durch die digitale Infrastruktur ist Pendeln minimiert worden –

Familie und Beruf sind dadurch besser vereinbar

Durch ausreichend Arbeitsplätze vor Ort siedeln sich junge Menschen

und Familien an; es herrscht ein geordneter Flächenverbau

Der Fortschritt in der technischen Infra-

struktur, der gesellschaftliche Wandel

sowie die Attraktivität des ländlichen

Raumes als Arbeitsort beeinflussen die

zukünftige Entwicklung Oberösterreichs

maßgeblich. Als Chancen bzw. Heraus­

forderungen sahen die Experten:

In der Vision ist der ländliche Raum digital

vernetzt und bietet attraktive Wohn- und

Arbeitsangebote für alle Menschen.

„Glokalisierung“ der Zukunft

10.1.

Page 165: Projekt Freiraum - Das Buch

165Mobilität weiter denken 10.1. „Glokalisierung“ der Zukunft

Aufgaben des Zentralraums regionalisieren

Grenzregionen nutzen

Lokale Jobs durch Globalisierung fördern (Co-Working-Spaces)

Teleworking-Center nutzen

Breitband für KMU zu guten Konditionen

Kulturunterschiede als Chance begreifen

Online-Vermarktung für örtliche Produzenten ankurbeln

Kleinere Nischenbetriebe ansprechen und

Vorteile der Region kommunizieren

Gemeinschaften, Vereine und Gruppierungen fördern

Die Weiterentwicklung der regionalen Infra-

struktur sowie die Unterstützung in der

Entwicklung einer lebenswerten regionalen

Kultur sollten die zentralen Ziele der Politik

in den kommenden Jahren sein.

Die Schaffung innovativer Wirtschafts-,

Kommunikations- und Lebensräume ist

ein zentraler Maßnahmenbereich für die

Politik in den kommenden Jahren.

Page 166: Projekt Freiraum - Das Buch

166 10.2. Landwirtschaft der Zukunft Mobilität weiter denken

Flächendeckende Bewirtschaftung und die damit verbundene Besiedelung

Sorgsamer Umgang mit Bodenverbrauch/Verbau

Spannungsfeld zwischen Betriebsbaugebieten und

Agrar- sowie Erholungsflächen

Hofnachfolge

Weiterentwicklung der Landwirtschaft

Bauern mit wirtschaftlichen Partnern vernetzen

Durch gerechte Produktpreise ist landwirtschaftliche Arbeit lohnenswert

Die Landwirtschaft ist diversifiziert –

mutig werden neue Wege eingeschlagen und Chancen genutzt

Urlaub am Bauernhof ist eine wichtige Einnahmequelle für Landwirte

Landwirtschaft und Verarbeiter pflegen Partnerschaft auf Augenhöhe

Die heimische Landwirtschaft genießt breite Anerkennung

Die Entwicklung der bäuerlichen Sozial-

strukturen, die Schaffung von zusätzli-

chen Einnahmequellen sowie eine sorg-

same Flächenwidmung charakteri sieren

die Chancen und Herausforderungen

der Landwirtschaft vor dem Hintergrund

sich abzeichnender gesellschaftlicher und

technologischer Entwicklungen.

Die Vision der Landwirtschaft im Ober-

österreich der Zukunft ist diversifiziert,

innovativ, wirtschaftlich, fair und mit

einem positiven Image behaftet.

Landwirtschaft der Zukunft

10.2.

Page 167: Projekt Freiraum - Das Buch

167Mobilität weiter denken 10.2. Landwirtschaft der Zukunft

Erschließung neuer Nutzungsmöglichkeiten von

Substanzen wie Gebäude, Boden etc.

Deregulierung im Bereich Landwirtschaft und Gewerbe

(Jede neue Auflage begünstigt den Strukturwandel)

Leistungen der Landwirtschaft in gerechter Weise abgelten

Erhaltung einer umfassenden Infrastruktur im ländlichen Raum

(Straße, Arzt, Pflege etc.)

Raumordnung und Flächenwidmung optimal gestalten

Spielregeln für Bodenverbrauch überdenken

Einführung eines Bilanzsystems

Reaktivierung von ungenutzten Gebäuden/Flächen;

Maßnahmen bzw. Rückhalt zur Erhaltung kleiner Strukturen

Schaffung von gesellschaftspolitischer Akzeptanz:

Welche Art von Landwirtschaft will die Bevölkerung?

Speicherung von landwirtschaftlichem Wissen

Bewusstseinsbildung hinsichtlich des Ursprungs von Produkten:

Woher kommen unsere Lebensmittel?

Förderungen für Vereine, Organisationen etc.,

die einen Beitrag zur Bewusstseinsbildung schaffen

Die Achse „Produzent–Konsument“ als Genossenschaften verankern

Unterstützung für Menschen, die in die Landwirtschaft

einsteigen wollen und keinen Hof haben

Fokus auf nachwachsende Rohstoffe

Deregulierung, Nachnutzung sowie Unter-

stützung in der Entwicklung als attraktiver

Wirtschaftszweig sind die wesentlichen

politischen Zielsetzungen für die Zukunft

der Landwirtschaft.

Die Bedeutung und die Leistungen der

Landwirtschaft im Bewusstsein der Be-

völkerung positiv zu verankern ist ein

wichtiges politisches Handlungsfeld.

Darüber hinaus ist auch die Gestaltung

des landwirtschaftlichen Systems per se

ein notwendiger Maß nahmenbereich.

Page 168: Projekt Freiraum - Das Buch

168 10.3. Attraktiver Lebensraum der Zukunft Mobilität weiter denken

Demografische Entwicklung beeinflusst Infrastruktur,

Infrastruktur beeinflusst Abwanderung

Integration von Ehrenamt in die Mobilität

„Kirchturmdenken“ in vielen Gemeinden bezüglich

der Verwaltungs- und Versorgungsstrukturen

Schaffung von geeignetem Wohnraum

Ausdehnung der Wohnräume in Grünflächen kontrollieren

In den Regionen herrschen gemeindeübergreifendes

Denken und Synergienutzung

In den Regionen ist der Wertschöpfungsgedanke fest verankert

Menschen identifizieren sich mit dem ländlichen Raum,

es herrscht ein „Heimatgefühl“

Im Sinne von „Sharing“ werden Dörfer neu gedacht

Gemeinden haben ausformulierte Ziele, Vorbilder und Ergebniskontrollen

Demografische, soziologische sowie tech-

nologische Entwicklungen im Bereich der

Infrastruktur werden den ländlichen Raum

in den nächsten Jahren massiv prägen. Als

Herausforderungen und Chancen zum

Lebensraum der Zukunft haben Fachleute

Folgendes ins Treffen geführt:

Zur Vision vom ländlichen Raum der Zu-

kunft gehören Kooperationen und Allian-

zen zwischen Wirtschaft und Gesellschaft.

Der Lebens raum erhält auf lokaler Ebene

eine eigene, attraktive Identität.

Attraktiver Lebensraum der Zukunft

10.3.

Page 169: Projekt Freiraum - Das Buch

169Mobilität weiter denken 10.3. Attraktiver Lebensraum der Zukunft

Anreize für Ansiedelungen schaffen

Dezentralisierungsmaßnahmen erarbeiten –

mehr Kompetenz in die Kommunen

Regionale Kompetenzzentren und soziale Treffpunkte schaffen

Klare Regeln für den Bau von Auszugshäusern

(bei landwirtschaftlichen Betrieben)

Rahmenbedingungen für neue Formen der Mobilität schaffen

Einführung eines „Lebensqualitätsindex“ für den ländlichen Raum

Förderrichtlinien bei neuen Wohnungen überdenken

Flexiblen Wohnraum schaffen, beispielsweise maßgeschneiderte

ländliche Wohngemeinschaften (klein, ohne Lift und ohne Tiefgarage)

Eine politische Zielsetzung, um Ab-

wanderung aus dem ländlichen Raum

zu verhindern, besteht in der Stärkung

des „regionalen“ Selbstbewusstseins.

Darüber hinaus sollten die Infrastruktur

bestmöglich ausgebaut und optimale

Voraussetzungen für qualitative Wohn-

räume geschaffen werden.

Die Entwicklung der Infrastruktur für neue

Mobilitätsformen, moderne soziale Treff-

punkte sowie die Bewusstmachung der

Vorzüge des Lebens im ländlichen Raum

sollten wesentliche Maßnahmenbereiche

der Politik sein.

Page 170: Projekt Freiraum - Das Buch

170 10.4. Partizipation und Mitgestaltung im „Dorf der Zukunft“ Mobilität weiter denken

Wertschätzung der lokalen Ebene – „Bottom-up“ statt „Top-down“

Ehrenamt als Belastung

Projektorientierung statt Funktionsorientierung

Jugendliche sollen früh Verantwortung übernehmen

Oberösterreich ist ein kritikerfreundliches Bundesland

Oberösterreich ist ein gestalterfreundliches Bundesland

Eigenverantwortliche Oberösterreicher engagieren sich auf allen Ebenen

Bürger stimmen über diverse Schwerpunktsetzungen ab

Integration des Ehrenamts in die Arbeitswelt –

rechtliche Absicherung

Rechtliche Rahmenbedingungen für Vereine/Organisationen verbessern

(Finanzprüfungen); Veranstaltungssicherheitsgesetz entrümpeln

Schaffung einer steuerbegünstigten Bürgerstiftung (Bsp.: Deutschland)

Die Entwicklung einer breiten Kultur

der Beteiligung und Mitgestaltung von

Bürgern des ländlichen Raumes gehört zu

den wesentlichen Herausforderungen und

Chancen. Mithilfe von Bürgerpartizipa-

tion kann das „Dorf der Zukunft“ kreativ

organisiert werden.

Oberösterreich ist in der Vision der

Zukunft ein offenes, partizipatives

Bundesland, in welchem bürgerliches

Engagement auch honoriert wird.

Die Schaffung von attraktiven und recht-

lich abgesicherten Rahmenbedingungen

für Bürgerbeteiligung sollte die zentrale

Zielsetzung der Politik sein.

Partizipation und Mitgestaltung im „Dorf der Zukunft“

10.4.

Page 171: Projekt Freiraum - Das Buch

171Mobilität weiter denken 10.4. Partizipation und Mitgestaltung im „Dorf der Zukunft“

Wissenstransfer der „Best Ager“ (Generation 50+) im Ehrenamt

Rahmenbedingungen für Gemeinden schaffen, damit

Kooperation oder Konkurrenz zwischen Gemeinden möglich ist

Aufbau einer genossenschaftlichen Struktur bei Bürgerprojekten

„Bürgerräte-Modell“ als Vorbild: Dabei werden Personen per Zufall

aus gewählt, angeschrieben und zum Mitmachen aufgefordert.

Die Teilnehmer treffen sich dann in sogenannten „Bürgercafés“,

wo sie Probleme diskutieren und Lösungen vorschlagen

Vernetzung von Ehrenamtlichen ermöglichen

Bürgern bei Gemeindeprojekten Mitarbeit ermöglichen –

Partizipation erlauben

Die gesetzliche Verankerung der Partizipa-

tion ähnlich dem Vorarlberger Modell kann

ein wesentlicher Maßnahmenbereich sein.

Page 172: Projekt Freiraum - Das Buch

172 Ableitungen und Impulse für Oberösterreich Mobilität weiter denken

Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Mein Leben – mein Dorf:

Stärkung der Regionsmarken als Lebens­ und Wirtschaftsstandort

Jede Gemeinde und jede Region hat ihre individuellen Ausprägungen und

Standortfaktoren, die sie zu einer lebenswerten Wohn- und Arbeitsum-

gebung machen. Durch Partizipationsprozesse mit anschließender

Bewerbung kann das gemeinsame Bewusstsein für die Stärken des Lebens-

raumes identifiziert und im Sinne aller Bürger weiterentwickelt werden.

Audit „Attraktive Gemeinde“ – hier lebt und arbeitet es sich gut

Es gibt qualitative und quantitative Indikatoren, welche die Lebens qualität

und die finanzielle Stabilität einer Gemeinde beschreiben. Durch die Auditie-

rung der Gemeinden werden diese für Bürger transparenter. Dieses Wissen

um die Situation der Gemeinde und die damit verbundenen Handlungs-

bedarfe schafft Sensibilität im Umgang mit öffentlichen Budgets. Bürger

können durch Partizipations verfahren bei der zukünftigen Allokation ihrer

Steuergelder mitbestim men und in Um setzungsprojekten aktiv mitwirken.

Unsere Heimat – unsere Wurzeln:

Gemeinde­ und Regionsnetzwerke stärken

Bei Partizipationsprozessen sollten auch ehemalige Bürger eingeladen wer-

den, die oftmals eine hohe Affinität zum Geburts- bzw. Herkunftsort haben.

Auch sie sollen in die Entwicklungen mit einbezogen werden, da sie zu wichti-

gen Promotoren und Förderern der Gemeindeentwicklung werden können.

„Unser Hof“ – gemeinsame Bewirtschaftung

von landwirtschaftlichen Flächen

Immer mehr Städter suchen einen Ausgleich zu ihrer Arbeit in Verbindung

mit landwirtschaftlichen Tätigkeiten. Andererseits sind Bauern auf der

Suche nach Übernehmern bzw. Unterstützern für ihre Landwirtschaften.

Auf Basis eines spezifischen Aus- und Weiterbildungsangebotes (modula-

rer Aufbau – Möglichkeit zur Fernlehre mit Praxisteilen und Lehrstunden

vor Ort) können die „Helfer“ auf den Höfen aktiv werden. Als Dankeschön

für ihre erbrachten Leistungen können sie Wertpunkte sammeln, die

dann in Kursen, z. B. im Bereich Ernährung, Besuch von Musterbetrieben

(z. B. Schnaps brennereien, Brauereien, Käsereien etc.) investiert werden

können.

Page 173: Projekt Freiraum - Das Buch

173Mobilität weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Ganzheitlicher Lebensraum als integriertes Konzept von

Raum­, Verkehrs­, Bevölkerungs­ und Wirtschaftsplanung

Bestehende Planungsaktivitäten werden vor dem Hintergrund der Bedürf-

nisse der Bürger sowie der sich abzeichnenden Trends integriert vorgenom-

men. Vernetztes Denken mit dem Bewusstsein für wechselseitige Abhängig-

keiten spielt dabei eine wichtige Rolle.

Bürger­Plattform für Projekte in der Gemeinde

Dazu braucht es eine eigene Ideenplattform. Auf dieser Plattform können

Ideen für Projekte platziert, ein Voting für die Projekte durchgeführt und

Leistungsanteile in Form von Geld oder Arbeit eingetragen werden.

Bürgerbudget forcieren – Abgabenautonomie

von Gemeinden und Regionen erhöhen

Bürger können bei Schwerpunktsetzungen

(konkrete Projekte) mitentscheiden.

Online­Shop und Lieferung von „Genussland Oberösterreich“­Produkten

Etablierung einer Plattform für die zentrale Vermarktung regionaler Pro-

dukte der Marke „Genussland Oberösterreich“. Darüber hinaus werden

in Super märkten regionale Ecken erweitert bzw. so gestaltet, dass dort

Produkte aus der Heimat frisch abgeholt werden können. Der Bekannt-

heitsgrad von Lieferdiensten wird gesteigert.

„Mynet – I do it Highway“: Förderung von privaten Initiativen für den

Ausbau des Breitbandnetzes (Anschlussförderung – BMVIT Access 2020)

Förderung von privaten Initiativen zum Ausbau des Glasfasernetzes in

peripheren Gebieten zur Sicherstellung der regionalen Lebensqualität und

Wettbewerbsfähigkeit.

„MyOffice@Gemeinde“: Mobile Arbeitsplätze

in Gemeindegebäuden für externe Personen (Pilotprojekte)

In Gemeindezentren werden Computerarbeitsbereiche eingerichtet, die von

externen Personen kostengünstig genutzt werden können.

Page 174: Projekt Freiraum - Das Buch

Ergebnisse – Projekt Freiraum

Staat undPolitik weiter denken

Page 175: Projekt Freiraum - Das Buch
Page 176: Projekt Freiraum - Das Buch

176 Ergebnisse – Projekt Freiraum Staat und Politik weiter denken

11. Staat und Politik weiter denken

Staat und Politik schaffen jene Rahmenbedingungen, die ihren

Bürgern und ihren Unternehmen ein nachhaltiges Leben und

Wirtschaften ermöglichen.

In Verantwortung gegenüber allen Bürgern arbeiten die politi-

schen Vertreter und Beamten des Landes Oberösterreich dafür,

eine im Sinne der ökosozialen Marktwirtschaft bestmögliche

Erbringung von öffentlichen Leistungen zu gewährleisten. Das

geschieht im Rahmen der föderalen Kompetenzbereiche sowie

vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen

Rahmenbedingungen. Die Vielzahl von Beiträgen, die im Rahmen

des Projektes Freiraum eingebracht wurden, zeigt deutlich, dass

die Weiterentwicklung der Lebens- und Standortqualität unseres

Bundeslandes ein wichtiges Anliegen der Oberösterreicher ist.

Als eines der ersten Bundesländer Österreichs verschrieb

sich das Land Oberösterreich der Schaffung einer effizienten

Verwaltung. Unter dem Programmnamen „WOV 2021 – Manage-

ment- und Unternehmenskonzept des Landes Oberösterreich

für eine wirkungsorientierte Landesverwaltung“ durchlief die

Verwaltungsstruktur in den vergangenen Jahren vielschichtige

Weiterentwicklungsphasen und Optimierungsmaßnahmen.

Diese Maßnahmen führten zu einer Vielzahl von positiven Ent-

wicklungen mit bemerkenswerten Auswirkungen auf die Perso-

nal- und Kosteneffizienz sowie die Leistungsqualität.

Beispielsweise wurde seit 1993 die Zahl der vergleichbaren

Dienstposten um rund 1.541 Stellen reduziert. Darüber hinaus

wurde das Landesdienstleistungszentrum realisiert, in dem

Bürger auf kurzen Wegen serviciert werden können.

In den Regionen wurden die Bezirkshauptmannschaften zu

dezentralen Servicestellen, die gute und professionelle Arbeit

für die Bürger vor Ort leisten. Politik und Verwaltung arbeiten in

enger Abstimmung noch intensiver an einer laufenden Weiter-

entwicklung der bürgernahen und wirtschaftlichkeitsorientierten

Landesverwaltung.

Quelle: Land Oberösterreich, Geoinformation; ©DORIS BEV

Oberösterreich: Gemeinden und Bezirke

Page 177: Projekt Freiraum - Das Buch

177Staat und Politik weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum

Ziele und Leitlinien

Oberstes Ziel der oberösterreichischen Landesverwaltung ist die

wirkungsorientierte und auf klar definierten Werten beruhende

Weiterentwicklung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Dazu

zählen beispielsweise die Prinzipien der ökologischen, sozialen

und wirtschaftlichen Verträglichkeit, der Nachhaltigkeit, Zweck-

mäßigkeit und Finanzierbarkeit.

So sollen jene Leistungen zur Verfügung gestellt werden, die der

Markt den Bürgern nicht gesichert anbieten kann. Dabei berück-

sichtigt die öffentliche Verwaltung verstärkt die Prinzipien der

Bedarfs-, Wirkungs- sowie Wirtschaftlichkeitsorientierung.

Auf Basis von Trendstudien, von Experten-Inputs sowie der zahl-

reichen Ideen und Anregungen aus der Bevölkerung haben sich

vier Themenfelder herauskristallisiert, welche die Kernaspekte

von „Staat und Politik“ von morgen darstellen. In diesen Themen-

feldern gilt es für die Politik, lenkend und gestalterisch aktiv zu

werden.

Welche Gesetze braucht Oberösterreich?

Angesichts des gesellschaftlichen Wandels mit zunehmend vielfältigen Bedürfnissen

und Vorstellungen braucht es eine gemeinsame Wertebasis und angemessene Rechte

und Pflichten. Die gesellschaftliche Ordnung sichert nicht nur das Zusammenleben,

sondern auch die Freiheit des Einzelnen. Die Grundlage dafür bildet die Schaffung ein-

facher und verständlicher Regeln sowie ihrer Umsetzbarkeit.

Wie kann eine bürgerorientierte Politik und Verwaltung in Zukunft gestaltet sein?

Um im Sinne der Bürger handeln bzw. entwickeln zu können, braucht es deren aktive

Einbeziehung in die Bedarfsermittlung, die Definition von politischen Zielen bzw. Zielen

der Verwaltung und schließlich in die Bewertung der jeweiligen Leistungserbringung.

Wie ist die Aufgabenteilung und Zusammenarbeit zwischen Gemeinden,

Bezirken und Landesverwaltung in der Zukunft gestaltet?

Um eine optimale Wahrnehmung der öffentlichen Leistungen im Sinne der gesamtge-

sellschaftlichen Erfordernisse gewährleisten zu können, bedarf es effektiv gestalteter

und an Wirksamkeit und Finanzierbarkeit orientierter Verwaltungsstrukturen. Gerade

in Hinblick auf sich abzeichnende wirtschaftliche und demografische Entwicklungen

wird eine optimierte Aufgabenverteilung zwischen Gemeinde-, Bezirks-, Landes- und

Bundesebene immer wichtiger.

Wie kann die Informations­ und Kommunikationstechnologie die

Verwaltung und Bürgerbeteiligung in der Zukunft unterstützen?

Die Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie schafft Rah-

menbedingungen für eine einfachere Bürgerbeteiligung und eine noch effizientere und

effektivere Erbringung von verwaltungsbezogenen Leistungen. Datensicherheit, eine

rasche Abwicklung von behördlichen Verfahren und persönlicher Kontakt sind vielen

Bürgern wichtige Anliegen. Zwischen den Möglichkeiten der modernen Technologien

und der Notwendigkeit des persönlichen Kontaktes bzw. Leistungserbringens entsteht

ein Spannungsfeld, welches in den nächsten Jahren noch stärker wird.

Freiheit und Ordnung von morgen

Bürgerorientierung von morgen

Gemeinden, Bezirke und Landes- verwaltung von morgen

E-Government von morgen

Page 178: Projekt Freiraum - Das Buch

178 11.1. Freiheit und Ordnung von morgen Mobilität weiter denken

Freiheit und Ordnung von morgen

Veränderungen in der Gesellschaft erfordern

situationsadäquate Gesetze und Verordnungen

Gefahr von Parallelgesellschaften

Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit von Gesetzen

Vollziehung von Gesetzen

Unzweckmäßige Regulierung

Handlungsfreiheit des Einzelnen wird verringert

Zeitgemäße und angepasste Steuerung von gesamtgesellschaftlichen

Bedürfnissen und Anforderungen

Inhaltliche Zuständigkeiten für die Gesetzgebungen

Unterschiedliche Wertvorstellungen

Individualismus vs. Kollektivismus

Ehrenamtliches Engagement für die Gesellschaft

Die gesellschaftliche Vielfalt wird in den

kommenden Jahren zunehmen. Damit

verbunden sind unterschiedlichste

Bedürfnisse und Vorstellungen in Bezug

auf das private und wirtschaftliche Leben.

Um ein gutes Miteinander in unserem

Bundesland zu gewährleisten, wird ein

gelebtes gemeinsames Wertegerüst

immer wichtiger. Die Verständlichkeit von

gesetzlichen Rahmenbedingungen stellt

für viele Menschen eine Herausforderung

dar. Die Vollziehung von Gesetzen und

Verordnungen ist Grund voraussetzung für

ein friedliches Miteinander. Konkret

wurden folgende Chancen und Heraus­

forderungen thematisiert:

11.1.

Page 179: Projekt Freiraum - Das Buch

179Mobilität weiter denken 11.1. Freiheit und Ordnung von morgen

Die Landesgesetze geben genug Freiraum für individuelles Handeln bei

gleichzeitiger Sicherstellung von gesamtgesellschaftlichen Bedürfnissen

Bei der Erarbeitung von neuen Gesetzen wird regelmäßig

die Frage nach Zweckmäßigkeit, Wirksamkeit und möglicher

legistischer Reduzierbarkeit gestellt

Jedes Gesetz hat eine klare Wirkungsdimension

Die Gesetze sind für alle Bürger verständlich

Ein gemeinsames Wertegerüst und -verständnis

prägt das tagtägliche Miteinander

Sozialer Friede

Zweckmäßige Gesetze

Verständliche Gesetze

Vollziehbare Gesetze

Höhere Eigenverantwortung

Aktualisierung und Vereinfachung von Gesetzen

Reduktion von Gesetzen

Weiterentwicklung des oberösterreichischen Wertesystems

Förderung von kulturprägenden Maßnahmen (Vereine als Kulturbotschafter)

Die Zukunftsvision: Oberösterreich baut

auch zukünftig auf einem gemeinsamen

Wertegerüst auf. Dieses bildet die Basis

für ein friedliches und wertvolles Mitei-

nander, in dem jeder seinen Platz finden

und sein Entwicklungspotenzial entfalten

kann. In der Zukunft ist die Gesetzgebung

in Oberösterreich (im unmittelbaren

Einflussbereich des Landes) integriert,

verständlich und zweckgerichtet. Dabei

werden die gesetzlichen Regelungen in

regelmäßigen Abständen auf ihre Ange-

messenheit hinterfragt.

Politische Zielsetzungen sind der soziale

Friede und die Vereinfachung der Gesetze

sowie deren größtmögliche Wirksamkeit

vor dem Hintergrund der individuellen

Freiheit.

Bei den politischen Maßnahmen stehen

die Entwicklung eines gemeinsamen

Wertegefüges und die Optimierung der

Gesetzeslandschaft im Vordergrund.

Page 180: Projekt Freiraum - Das Buch

180 11.2. Bürgerorientierung von morgen Mobilität weiter denken

Bürgerorientierung von morgen

Zunehmende Vielfalt von gesellschaftlichen Bedürfnissen

Bereitschaft, sich in gesellschaftliche Gestaltungsprozesse einzubinden

Schaffung vielfältiger Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Beteiligung

Herstellung bzw. Vertiefung des gesellschaftlichen Konsenses

Hohe Bereitschaft zur Beteiligung von Menschen aller Bevölkerungsgruppen

unabhängig von ihrem ethnischen oder sozialökonomischen Hintergrund

oder ihrem Alter

Die zahlreichen Möglichkeiten der Partizipation werden rege in Anspruch

genommen (offline und online)

Die Möglichkeiten der Partizipation sind transparent und die Beteiligungs-

regeln klar definiert

Zentrale Entscheidungen werden durch den Landtag auf

Basis von Konsultationen von Bürgern und Experten getroffen

Direktdemokratische Mittel nehmen einen höheren Stellenwert ein

Um die Bedürfnisse der Gesellschaft

bestmöglich durch verwaltungsbezogene

Leistungen abdecken zu können, spielt

die gezielte Einbindung von Bürgern eine

bedeutende Rolle. Weitere Chancen und

Herausforderungen:

In der Zukunftsvision ist Oberösterreich

durch ein ausgeprägtes Engagement der

Bürger bei politischen und verwaltungs-

bezogenen Entscheidungsprozessen

gekennzeichnet. Es gibt eine Vielfalt an

Möglichkeiten und hohe Bereitschaft zur

Partizipation, die auch über neue Medien

gelebt wird.

11.2.

Page 181: Projekt Freiraum - Das Buch

181Mobilität weiter denken 11.2. Bürgerorientierung von morgen

Rechtlich klar definierte situationsbedingte Beteiligungsmodelle

Stärkerer Einsatz von Volksabstimmungen und Volksbefragungen

Erhöhung des Beteiligungsanteils

Umsetzung der Beteiligungsmodelle und deren Ergebnisse

Gesetzliche Weiterentwicklung der Bürgerbeteiligung

Durchführung von Bürgerräten und Bürgercafés

Wertschätzung des ehrenamtlichen Engagements für die Gemeinschaft

Bewerbung des Ehrenamtes

Einführung einer Veto-Volksabstimmung

auf Bundes-, und auf Landesebene

Das zentrale Ziel der Politik soll neben der

rechtlichen Verankerung der Bürgerbetei-

ligung in unterschiedlichsten Situationen

und Bereichen auch die Schaffung einer

Kultur der Beteiligung sein.

Um diese Ziele erreichen zu können, wer-

den gesetzliche sowie kulturförderliche

Maßnahmen als vordringlich erachtet.

Dazu gehören sowohl verbesserte Beteili-

gungsmöglichkeiten bei Gesetzesverfah-

ren als auch die verstärkte Anreizsetzung

für zivilgesellschaftliches Engagement.

Page 182: Projekt Freiraum - Das Buch

182 11.3. Gemeinden, Bezirke und Landesverwaltung von morgen Mobilität weiter denken

Gemeinden, Bezirke und Landes-verwaltung von morgen

Veränderungen in den Bedürfnissen und Erwartungen

der Bürger hinsichtlich der Leistungen der öffentlichen Hand

Individuelle Herausforderungen von Bezirken und Gemeinden

Klare Aufgabenzuordnungen zu Gemeinden, Bezirken und Land

Quantität und Qualifikation des Verwaltungspersonals

Knappheit der zur Verfügung stehenden öffentlichen Mittel

Laufende Weiterentwicklung der Leistungen der öffentlichen Hand

Nutzung von Synergien zwischen Gemeinden, Bezirken und Land

Bedeutung des Engagements für Bürger in der Gesellschaft

Leistungsgerechtigkeit und Leistungstransparenz

Wettbewerb zwischen Gemeinden, Bezirken und Ländern

Handlungsspielraum von Gemeinden, Bezirken und Ländern

Als wichtige Herausforderung für die

Gemeinden, Bezirke und das Land Ober-

österreich wird in den kommenden Jahren

die Aufrechterhaltung bzw. Weiterentwick-

lung von öffentlichen Leistungen vor dem

Hintergrund sich ändernder gesellschaft-

licher und wirtschaftlicher Rahmenbedin-

gungen gesehen.

11.3.

Page 183: Projekt Freiraum - Das Buch

183Mobilität weiter denken 11.3. Gemeinden, Bezirke und Landesverwaltung von morgen

Klare Aufgabenteilung zwischen Gemeinden, Bezirken, Land und Bund

nach den Prinzipien der Subsidiarität sowie der gesellschaftlichen und

wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit

Die einzelnen Verwaltungskörper handeln weitgehend autonom im

Rahmen der definierten Aufgaben und Kompetenzen

Die Leistungen der öffentlichen Verwaltung sind geprägt von einem

hohen Grad an Bürger- und Wirkungsorientierung

Leistungstransparenz und -fairness

Mehr Wahlfreiheit der Bürger bezüglich der erbrachten Leistungen

Land, Bezirke und Gemeinden kooperieren schnell, gerne, friktionsfrei

und effizient miteinander

Geringerer Verschuldungsgrad des Landes und der Gemeinden

Definierter und klar abgegrenzter Aufgabenkatalog

zwischen Land, Bezirken und Gemeinden

Erfüllung gesellschaftlicher Erwartungen durch Leistungen von

Land, Bezirken und Gemeinden

Leistungstransparenz

Wirtschaftlichkeit der erbrachten öffentlichen Leistungen

Abgabenquote für Bürger reduzieren

Optimale Leistungen der Gemeinden durch eine bestmögliche Servicierung

zur Weiterentwicklung kommunaler Leistungen

Aufgabenreform Land, Bezirke, Gemeinde

Entwicklung eines Leistungskatalogs

Entwicklung und Implementierung von

Individualisierungsmöglichkeiten in den Produktkatalogen

Weiterentwicklung der Beratungs- und Servicefunktionen

für Bürger auf Gemeinde-, Bezirks- und Landesebene

Weiterentwicklung des Anreizsystems bei Gemeindekooperationen

Die Zukunftsvision der öffentlichen

Verwaltung in Oberösterreich ist geprägt

von klaren, nach definierten Prinzipien er-

folgten Aufgabenzuteilungen. Die Verwal-

tungsleistungen werden effizient im Sinne

der Bedürfnisse der Bürger erbracht, wo-

bei Klarheit darüber besteht, was Aufgabe

der öffentlichen Hand ist und was nicht.

Es gibt eine Vielzahl von Leistungen, die

individuell bezogen werden können.

Aus der Vision leiten sich klare politische

Zielsetzungen für die öffentliche Hand ab.

Im Vordergrund stehen eine nachhaltig

stabile Finanzsicherheit und die Befriedi-

gung gesellschaftlicher Bedürfnisse durch

einen transparenten Aufgabenkatalog so-

wie eine optimierte Leistungserbringung.

Die Maßnahmen der Politik in den kom-

menden Jahren sollten in einer Reform

der Aufgabenverteilung zwischen Land,

Bezirken und Gemeinden liegen sowie

in einer verstärkten Individualisierung

von öffentlich zu erbringenden Dienst-

leistungen.

Page 184: Projekt Freiraum - Das Buch

184 11.4. E-Government von morgen Mobilität weiter denken

E-Government von morgen

Erwartungen der Bürger bezüglich Erreichbarkeit der

Verwaltung und Geschwindigkeit der Leistungserstellung

Datensicherheit

Benutzerfreundlichkeit

Vernetzung von Daten unterschiedlicher Verwaltungsorgane

Dauer von Verwaltungsverfahren

Kosten von Verwaltungsverfahren

Information und Kommunikation mit Behörden

Persönlicher Kontakt mit Verwaltungsmitarbeitern und

individuelle persönliche Information

Wunsch der Bürger nach Leistungstransparenz und Beteiligung

Der vermehrte Einsatz von stabiler, sicherer

und benutzerfreundlicher Info rmations-

und Kommunikations technologie (IKT)

erlaubt eine Steigerung der Effizienz und

Qualität von Verwaltungsdienstleistungen.

Darüber hinaus ermöglicht die IKT auch

neue Formen der Bürger beteiligung und

Zusammenarbeit zwischen Verwaltungsor-

ganen. Chancen und Heraus forderungen

im Bereich E-Government sind:

11.4.

Page 185: Projekt Freiraum - Das Buch

185Mobilität weiter denken 11.4. E-Government von morgen

Individuelle Leistungserbringung

Vernetzte Systeme

Datensicherheit

Workflow-Unterstützung

Beitrag zur gerechten Leistungserbringung

Vielfältige individualisierte Möglichkeiten der Information und

Kommunikation

Optimale softwaretechnische Unterstützung von

Verwaltungsprozessen (z. B. elektronischer Akt)

Funktionierende Vernetzung von Informationen, um rasche

und gerechte Verwaltungsprozesse zu gewährleisten

Hoher Servicierungsgrad der Bürger

Hohe Stabilität und Verfügbarkeit von Services

Benutzerfreundlichkeit der Informations- und

Kommunikationsschnittstellen mit der öffentlichen Verwaltung

Weiterentwicklung des rechtlichen Rahmens für

Datenintegration und Datenmanagement

Schaffung des rechtlichen Rahmens zur Datensicherheit

Evaluierung und laufende Weiterentwicklung der bürgerbezogenen

Informations- und Kommunikationsplattformen sowie -schnittstellen

Reduktion der Verfahrensdauern und der Verfahrenskosten durch kontinu-

ierliche Verbesserung der softwaretechnischen Unterstützung

Informations- und Kommunikationsmaßnahmen

zum Thema E-Government in Oberösterreich

In der Vision orientiert sich die Verwal-

tung der Zukunft an den individuellen

Bedürfnissen der Bürger. Daten sind

sicher und vernetzt und müssen nicht

mehrfach eingegeben werden. Verfahren

wurden verkürzt und sind somit günstiger

geworden. Klar definierte Workflows und

Geschäftsregeln über Verwaltungsgren-

zen hinweg erlauben die Vermeidung von

Redundanzen sowie eine rasche, gerechte

und transparente Erbringung von öffen-

tlichen Leistungen.

Die sich daraus ableitenden politi­

schen Zielsetzungen betreffen einen

möglichst hohen Automatisierungsgrad

in der Erbringung von verwaltungsbe-

zogenen Leistungen bei bestmöglicher

persönlicher Beratung und professioneller

Entscheidungsfindung durch Verwaltungs-

mitarbeiter. Die Informations- und Kom-

munikationsschnittstellen für Bürger wer-

den hinsichtlich Benutzerfreundlichkeit

weiterentwickelt und professionalisiert.

Als politische Maßnahmen im Bereich

der Weiterentwicklung von E-Government

werden unter anderem rechtliche Aspekte

hinsichtlich der Datensicherheit gesehen:

Page 186: Projekt Freiraum - Das Buch

186 E-Government von morgen Mobilität weiter denken

Ableitungen und Impulse für Oberösterreich

Kommunaler „One­Stop­Shop“

Der kommunale „One-Stop-Shop“ ist die zentrale Anlaufstelle und Dreh-

scheibe für Gemeinden zur Erbringung und Weiterentwicklung ihrer Dienst-

leistungen und Strukturen. Dieser virtuelle und physische „One-Stop-Shop“

unterstützt eine effiziente und zielgerichtete Gemeindearbeit am Puls der

Zeit und hilft so, gesellschaftliche, ökonomische und ökologische Heraus-

forderungen bestmöglich zu bewältigen.

Ihre Steuern und Abgaben – Unsere Leistungen

Um den Bürgern zu einem besseren Verständnis für die Verwendung ihrer

Steuergelder zu verhelfen, wird jährlich ein Leistungsreport erstellt. In

diesem werden alle vom Land, dem Bezirk bzw. der Gemeinde erbrachten

Leistungen den Steuer- bzw. Abgabeneinnahmen von Land, Bezirk und

Gemeinde gegenübergestellt.

Bürgerportal Oberösterreich

Das Bürgerportal ist die oberösterreichische Plattform für die Kommuni-

kation und Interaktion mit Verwaltungsbehörden auf Landes-, Bezirks- und

Gemeindeebene. Mit einem Zugang werden alle Informationen und Leistun-

gen der öffentlichen Hand einsehbar. Genauso können laufende Verfahren

über diese Plattform abgerufen und die nichtpersönliche Kommunikation

(Mail, VolP, Formulare etc.) abgewickelt werden. Als zentrale Kommuni-

kationsplattform kann das Bürgerportal Oberösterreich zudem als wesent-

licher Kanal der Bürgerpartizipation etabliert werden.

Page 187: Projekt Freiraum - Das Buch

187Mobilität weiter denken E-Government von morgen

Projektplattform „Unser Oberösterreich“

Auf der Projektplattform „Unser Oberösterreich“ können Bürger

Vorschläge für gesellschaftsrelevante Projekte einbringen, über

die Realisierung dieser abstimmen sowie sich für eine Beteili-

gung an der Projektumsetzung anmelden.

Ehrenamt ist uns etwas wert – „OÖ Bürgermünze“

Um die Wertigkeit des Ehrenamtes noch besser zu verdeutlichen,

erhalten ehrenamtlich tätige Personen virtuelle Bürgereuros, die

dann in kostenpflichtige Leistungen der öffentlichen Hand

(z. B. Kulturcard, Gutscheine für kulturelle Einrichtungen)

investiert werden können.

Der Bürger entscheidet

Der Weg zur Stärkung der direkten Demokratie muss weiter

beschritten werden. Niederschwellige Beteiligungsmodelle, die

Forcierung des Petitionsrechtes, die verstärkte Abhaltung von

Volksbefragungen und Volksabstimmungen sowie die Einrichtung

des Instrumentes der Veto-Volksabstimmung verringern die Bar-

rieren zwischen Bürgern und Politik und unterfüttern politische

Entscheidungen mit basisdemokratischer Legitimation.

Page 188: Projekt Freiraum - Das Buch

Platz für noch mehr Zukunftsideen …

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Platz für noch mehr Zukunftsideen …

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Platz für noch mehr Zukunftsideen …

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