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1 Jahr, 5000 Ideen, 8 Expertendialoge, 1 Bericht zu den Visionen und Ideen für Oberösterreich - diesen gibt es hier zum Durchklicken und Downloaden.
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Weiterdenken.
Zukunftsideen für Oberösterreich
3Weiterdenken. Ergebnisse – Projekt Freiraum
Freiraum der besten Ideen – alle Interessierten hat die Oberös-
terreichische Volkspartei mit dem Projekt Freiraum eingeladen,
beim größten Bürgerbeteiligungsprozess in ihrer mittlerweile
70-jährigen Geschichte mitzumachen.
Da wir mit dem Erreichten nie zufrieden sein können und bei al-
len gegenwärtigen Herausforderungen auch an die Zukunft den-
ken, haben wir uns auf die Suche nach dem Zukunfts-Know-how
für Oberösterreich gemacht. Vor-, Quer- und Nachdenker waren
und sind willkommen. Tausende Bürgerinnen und Bürger sowie
viele nationale und internationale Experten brachten mehr als
5.000 Ideen ein, die uns als Treibstoff für die Gestaltung Ober-
österreichs in den nächsten zehn bis 15 Jahren dienen werden.
Das Projekt Freiraum will der steigenden Bereitschaft, sich
unmittelbar mit den eigenen Ideen an der Gestaltung unseres
Landes zu beteiligen, entgegenkommen. Die Leute wollen
keine stillen Beobachter mehr sein. Dieses „selber Mitmachen“
er möglichen wir mit dem Projekt Freiraum.
Vom persönlichen Gespräch bis hin zum Onlinebereich haben
sich weit mehr Menschen eingebracht als erwartet. Wir wollen
mit der aus dem Projekt Freiraum entwickelten Vision Oberöster-
reichs Zukunft gestalten. Nicht alles wird mit unseren Grund-
werten vereinbar sein, aber das, was für uns umsetzbar ist, wird
unser Rezept, damit sich Oberösterreich in der Zukunft best-
möglich entwickeln wird.
Dr. Josef Pühringer, Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer, Projektleiter
Vorwort
Dafür werden wir uns mit aller Kraft einsetzen!
4 Ergebnisse – Projekt Freiraum Weiterdenken.
Inhalt
Vorwort
Executive Summary
Ergebnisse – Projekt Freiraum
Arbeit weiter denkenJobs von morgen, Beschäftigung von morgen,
Arbeitswelten von morgen, Kompetenzen von morgen
Arbeit | Wirtschaft | Soziales | Bildung | Jugend
Standort weiter denkenWettbewerbsfähige Rahmenbedingungen am Standort,
Produktionsstandort der Zukunft, Vorsprung durch
Forschung und Innovation, Wachstumspotenziale von
KMU und Start-ups
Wirtschaft | Infrastruktur | Forschung
Innovation | Arbeit
Bildung weiter denkenStärken- und Chancenorientierung, Innovatives
Bildungssystem, Lebenschancen durch Qualifikation
und Bildung, Lebensbegleitendes Lernen
Bildung | Soziales | Jugend | Arbeit | Kultur | Sport
Gesundheit weiter denkenPrävention der Zukunft, Das Gesundheitswesen der
Zukunft, „Medical Valley“ Oberösterreich
Gesundheit | Prävention | Lebensqualität | Technologie
Wirtschaft | Versorgung
Oberösterreich weiter denken
24
18
03
06
12
44
62
84
5Weiterdenken. Ergebnisse – Projekt Freiraum
Inhalt
Wohnen weiter denkenLeistbares Wohnen, Neue Wohnformen,
Smart Homes, Eigenheim und Eigentum
Wohnformen | Soziales | Lebensqualität | Technologie
Wirtschaft | Standards und Gesetze
Familie weiter denkenFamilie als Mittelpunkt der Gesellschaft, Optimale
Kinderbetreuungsstrukturen, Familienfreundliche
Arbeitswelt – arbeitsfreundliche Familienwelt,
Angebote und Perspektiven für Jugendliche
Familie | Jugend | Soziales | Arbeit | Kultur | Sport
Mobilität weiter denkenZukunftsweisende Verkehrsinfrastruktur,
Individualmobilität der Zukunft, Öffentlicher
Verkehr der Zukunft, Smart Mobility
Verkehr | Mobilitätsformen | Öffentliches Mobilitäts-
angebot | Lebensqualität | Technologie | Wirtschaft
Regionen weiter denken„Glokalisierung“ der Zukunft, Landwirtschaft der
Zukunft, Attraktiver Lebensraum der Zukunft,
Partizipation und Mitgestaltung im „Dorf der Zukunft“
Kultur | Arbeit | Landwirtschaft | Lebensqualität |
Wirtschaft | Partizipation
Staat und Politik weiter denkenFreiheit und Ordnung von morgen, Bürgerorientierung
von morgen, Gemeinden, Bezirke und Landesverwaltung
von morgen, E-Government von morgen
Gesetze | Kultur | Verwaltung | E-Government
Wirkungsorientierung | Partizipation
100
120
140
158
174
Selbstverständlich beziehen sich alle folgenden Themen immer auf Männer und Frauen. Allerdings wurde zugunsten des Lese flusses auf die detaillierte Unterscheidung (Gendern) verzichtet. Wir danken für Ihr Verständnis.
6 Ergebnisse – Projekt Freiraum Weiterdenken.
Die Zukunft geht uns alle an, denn in ihr werden wir leben. Um
Oberösterreichs erfolgreiche Entwicklung auch in Zukunft weiter-
führen zu können, müssen neue Trends erkannt, Ziele definiert
und entsprechende Strategien erarbeitet werden.
Die Oberösterreichische Volkspartei hat daher das Projekt
Freiraum – Oberösterreich weiter denken ins Leben gerufen,
um gemeinsam mit der Bevölkerung, Fachleuten aus der Region
und internationalen Experten die wichtigsten Themenfelder, die
uns als Bundesland in den nächsten zehn bis 15 Jahren beschäf-
tigen werden, zu identifizieren. In zahlreichen Gesprächen,
Konferenzen und Workshops wurden Impulse für die Zukunft
Oberösterreichs erarbeitet.
Executive Summary
Den Kern der Handlungslinien bildet eine Vision für die Zukunft
unseres Landes. Oberösterreich soll auch künftig ein Land
sein, in dem Politik auf Basis klarer Werte und ambitionierter
Ziele gestaltet wird. Zudem muss es gelingen, unterschiedliche
Themenfelder miteinander in Einklang zu bringen – denn nur im
Zusammenspiel aus einer prosperierenden Wirtschaft, einem
dynamischen Arbeitsmarkt, der besten Bildung, attraktiven
Wohnmöglichkeiten, umfassender gesundheitlicher Versorgung
usw. lässt sich eine hohe Lebensqualität und ein optimaler
Lebensraum für die Bürger unseres Landes erreichen.
In kaum einem Bereich sind die Veränderungen und Umbrüche
unserer Zeit so deutlich sichtbar wie in der Arbeitswelt.
7Weiterdenken. Ergebnisse – Projekt Freiraum
Um sich wieder der Vollbeschäftigung annähern zu können,
müssen neue Entwicklungen proaktiv aufgegriffen werden. Jobs
werden vermehrt in Zukunftsbranchen und durch innovative
Start-ups erstehen. Beschäftigungswachstum muss auf neu-
en Wegen unterstützt werden, etwa durch die Forcierung von
altersgerechten Arbeitsplätzen, damit die Menschen länger und
mit Freude im Erwerbsleben bleiben können. Die Arbeitswelten
verändern sich massiv, auch durch die sogenannten „atypischen
Beschäftigungsformen“. Technologische Veränderungen, fort-
schreitende Digitalisierung und Automatisierung machen neue
Kompetenzen und Qualifikationen erforderlich, worauf in der Aus-
und Weiterbildung ein Schwerpunkt gelegt werden muss.
Arbeitsplätze entstehen in erfolgreichen Unternehmen. Damit
die Wirtschaft wachsen kann, braucht sie bestmögliche Rahmen-
bedingungen am Standort. Die Wettbewerbsfähigkeit Ober-
österreichs muss mit jener der Top-Regionen in Europa Schritt
halten. Dafür braucht es die Bereitstellung einer modernen und
leistungsfähigen Infrastruktur. Der produzierende Sektor ist das
Rückgrat der oberösterreichischen Wirtschaft und muss durch
zukunftsweisende Initiativen, beispielsweise im Bereich „Indus-
trie 4.0“, weiter gestärkt werden. Analog dazu müssen Forschung
und Innovation weiter ausgebaut werden, denn schließlich sind
Know-how und Kreativität Fundamente für nachhaltigen Erfolg.
Gerade die zahlreichen kleinen und mittleren Unternehmen
sowie innovative Start-ups gilt es, in ihrem Wachstum und ihrer
Entwicklung optimal zu unterstützen, denn sie sind die Leit-
betriebe von morgen.
Junge Menschen haben das Recht, bestmöglich auf die Anfor-
derungen von morgen vorbereitet zu werden. Dafür braucht
es die konsequente Weiterentwicklung und Verbesserung des
Bildungssystems. Dazu zählt zunächst, die individuellen Stärken
und Talente der Kinder und Jugendlichen gezielt zu fördern.
Thematische Schwerpunkte sollen in jenen Bereichen gesetzt
werden, wo schon heute und morgen eine hohe Nachfrage auf
dem Arbeitsmarkt besteht. Ein modernes Bildungssystem muss
den Schulen des Landes verstärkt Autonomie und Flexibilität
ermöglichen. Qualifikation und Bildung sind essenziell für die
Vermittlung von Lebensperspektiven – nicht nur in Hinblick auf
die berufliche Karriere, sondern auch in Bezug auf Kultur, Musik,
Kunst, Sport etc. Auch lebensbegleitendes Lernen wird künftig
eine noch größere Rolle spielen, denn kaum ein Bereich ist mehr
von der Dynamik der Moderne und sich wandelnder gesellschaft-
licher Anforderungen betroffen als die Berufs- und Arbeitswelt.
Dafür müssen passfähige Angebote und Unterstützungsleistun-
gen bereitgestellt werden.
Oberösterreich durchlebt einen demografischen Wandel: Die
Menschen werden älter – eine positive Entwicklung für jeden Ein-
zelnen und gleichzeitig eine gesellschaftliche Herausforderung.
Mit steigender Lebenserwartung nehmen nicht nur sogenannte
Zivilisationskrankheiten und der Medikamentenverbrauch zu,
sondern auch die Sensibilisierung der Bevölkerung für gesund-
heitsbezogene Themen. Gesundheit bedeutet Lebensqualität,
zu der die Ausformung des Gesundheitssystems einen zent-
ralen Beitrag leistet. Dazu zählen sowohl das präventive, das
8 Ergebnisse – Projekt Freiraum Weiterdenken.
medizinische als auch das pflegerische Angebot. Vor dem Hinter-
grund der Veränderungen im gesellschaftlichen, technologischen
und wirtschaftlichen Bereich ist das Gesundheitssystem in Ober-
österreich so weiterzuentwickeln, dass eine optimale Versorgung
bei gleichzeitiger Berücksichtigung von betriebswirtschaftlichen
und ethischen Grundsätzen gewährleistet werden kann. Nötig
ist dafür das Zusammenspiel aller Akteure. Politik, Forschung,
Gesundheitseinrichtungen, Aus- und Weiterbildungseinrichtun-
gen und die Bürger müssen ihre Angebote, Kompetenzen und
Verhaltensweisen so verändern, dass die Qualität des Gesund-
heitssystems gehalten und weiter verbessert werden kann.
Wohnen hat einen zentralen Einfluss auf unser Wohlbefinden.
Veränderte Ansprüche an den Wohnraum, technologische Erneu-
erungen genauso wie die zunehmende Sensibilisierung gegen-
über dem heimischen Bodenverbrauch machen es erforderlich,
die Rahmenbedingungen für Wohnen weiterzuentwickeln.
Besonders wichtig ist dabei die Sicherstellung eines leistbaren
Wohnens in einer anforderungsgerechten Umgebung. Die Mög-
lichkeit zur Schaffung von Eigenheim muss dabei auch in der
Zukunft gewährleistet sein. Die Veränderungen in den Familien-
strukturen und im Wertesystem der Menschen führen dazu, dass
es neue Formen des Zusammenlebens braucht. Diese gesell-
schaftlichen Bedürfnisse frühzeitig zu erkennen und geeignete
Flächen bzw. Räume zu schaffen, die innovative Wohnformen
erlauben, ist eine wesentliche Aufgabe der Politik.
Die Kinder und Jugendlichen von heute sind die Verantwortungs-
träger von morgen. Daher müssen im Bereich Familie und Kin-
derbetreuung attraktive Rahmenbedingungen geschaffen und
die Familie als Mittelpunkt der Gesellschaft gestärkt werden.
Optimale Kinderbetreuungsstrukturen ermöglichen nicht nur die
bestmögliche Betreuung und Förderung für jedes Kind, sondern
eine echte Wahlfreiheit für die Familien. Die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf gilt es weiter zu forcieren, damit niemand vor
die Entscheidung „Kind oder Karriere“ gestellt werden muss. In
einer für den weiteren Lebensweg besonders prägenden Phase
sollten Jugendliche gezielt unterstützt werden. Zudem sollen
Jugendliche die Chance erhalten, mittels moderner Kommunika-
tionsmittel noch stärker in die Politik eingebunden zu werden.
Mobilität ist die Grundvoraussetzung für die Teilhabe am sozia-
len Leben und für die Ausübung von beruflichen Tätigkeiten. Das
Mobilitätsbedürfnis hat sich in den vergangenen Jahren deutlich
verstärkt, was zu einer Zunahme an Verkehrsmitteln, vor allem
Autos, führte. Es ist eine der zentralen Herausforderungen der
Zukunft, allen Bürgern eine größtmögliche Mobilität zu gewähr-
leisten, die den Ansprüchen an Leistbarkeit, Barrierefreiheit,
Komfort und ökologischer Verträglichkeit gerecht wird. Dafür
braucht es das Zusammenspiel von individuellem und öffentli-
chem Verkehr. Vor dem Hintergrund sich abzeichnender tech-
nologischer Entwicklungen (z. B. selbstfahrende Autos, intelli-
gente Verkehrssteuerung) und kulturbezogener Veränderungen
9Weiterdenken. Ergebnisse – Projekt Freiraum
(z. B. Bereitschaft zum „Sharing“ von Verkehrsmitteln) braucht
es eine integrierte und den zukünftigen Anforderungen entspre-
chende Mobilitätsinfrastruktur und das darauf abgestimmte,
attraktive, öffentliche Mobilitätsangebot.
Der ländliche Raum und die Regionen spielen als Lebens-, Wirt-
schafts-, Natur-, Nahrungs- und Kulturraum eine wichtige Rolle.
Zumeist geografische oder infrastrukturelle Aspekte bedingen al-
lerdings oft eine Abwanderung in die Ballungsräume. Angesichts
der Bedeutung, die der ländliche Raum für Oberösterreich und
seine Menschen hat, braucht es Maßnahmen, die die Entwicklung
gesunder Gesellschafts-, Wirtschafts- und Landschaftsstruk-
turen sichern. Die politischen Ziele und die daraus resultieren-
den Maßnahmen sind daher so zu gestalten, dass unter aktiver
Einbindung der Bürger die Attraktivität der ländlichen Regionen
gesteigert wird.
Damit sich Oberösterreich als Lebens- und Wirtschaftsraum
weiter entfalten kann, braucht es das optimale Zusammenspiel
von Bürgern und den Gebietskörperschaften. Staat (Verwaltung)
und Politik schaffen jene Rahmenbedingungen, innerhalb derer
die einzelnen Verwaltungsebenen – Gemeinden, Bezirke und
Land – ihren Anforderungen bestmöglich gerecht werden können.
Staat und Politik schaffen außerdem Gesetze und Regeln des
Zusammenlebens, die das Fundament für die gesellschaftliche
Ordnung und die Freiheit des Einzelnen bilden. Sie stellen also
jene Rahmenbedingungen sicher, die es ermöglichen, dass
sich die unterschiedlichen Ebenen entsprechend ihrer Anfor-
derungen bestmöglich erhalten und weiterentwickeln können;
dies bei Gewährleistung einer größtmöglichen individuellen
Freiheit und einem Mindestmaß an Ordnung. Gesellschaftliche,
rechtliche, technologische und wirtschaftliche Veränderungen
stellen die Beständigkeit und Angemessenheit der bestehenden
Regeln allerdings kontinuierlich infrage und erfordern eine stete
Weiterentwicklung der politischen Instrumente und verwaltungs-
bezogenen Strukturen und Angebote. Eine bürgernahe Politik
und Verwaltung, die auf die Bedürfnisse der Einzelpersonen, aber
auch der Gesellschaft als Ganzes bestmöglich eingeht, ist das
Ziel. Dabei gehören alle Möglichkeiten, die die moderne Informa-
tions- und Kommunikationstechnologie bietet, ausgeschöpft.
Zu diesen Themenfeldern wurden viele Ideen und Anregungen
eingebracht, die im vorliegenden Bericht festgehalten sind.
Manche Aspekte zeichnen sich durch einen besonderen Inno-
vationsgehalt aus und werden wichtige Inputs für die weitere
Diskussion in Oberösterreich sein.
10 Ergebnisse – Projekt Freiraum Weiterdenken.
11Weiterdenken. Ergebnisse – Projekt Freiraum
Ergebnisse – Projekt Freiraum
ErgebnisseProjektFreiraum
14 1.1. Ausgangssituation Ergebnisse – Projekt Freiraum
1. Einleitung
Ausgangssituation
1.1.
Die erfolgreiche Entwicklung, die Oberösterreich in den letzten
Jahren und Jahrzehnten erfahren hat, ging maßgeblich darauf
zurück, dass Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mit Verantwor-
tung und Weitsicht gehandelt haben und die Vielfalt an Lebens-
welten dabei berücksichtigt und miteinander verbunden haben.
Derzeit sind in vielen gesellschaftlichen Bereichen Umbrüche
und Veränderungen im Gang, die massive Auswirkungen auf
die Lebenswelt und Lebensgestaltung des Einzelnen sowie der
Gesellschaft haben. Damit sich unser Land weiterhin erfolg-
reich entwickeln kann, müssen rechtzeitig die richtigen Wei chen
gestellt werden. Relevante Entwicklungen müssen frühzeitig
erkannt und die erforderlichen Schritte gesetzt werden.
Oberösterreich mit seiner prosperierenden Wirtschaft, zukunfts-
orientierten Arbeitsplätzen, einem starken sozialen Zusam-
menhalt und einer hohen Lebensqualität hat zweifelsohne eine
gute Ausgangslage, um sich in Zukunft weiterhin erfolgreich zu
entwickeln. Der Vergleich zeigt allerdings, dass viele Regionen in
Europa mit hoher Geschwindigkeit aufholen. Gerade im Wettbe-
werb der Regionen dürfen wir uns nicht auf den Lorbeeren der
Vergangenheit ausruhen, sondern müssen Herausforderungen
mit Entschlossenheit begegnen und Chancen gezielt erschließen.
Obgleich der Blick in andere Regionen wertvolle Anregungen mit
sich bringen kann, so kann eine „Me too“-Strategie nicht ziel-
führend sein. Vielmehr müssen individuelle oberösterreichische
Strategien entwickelt werden, um die Stärken des Landes weiter
auszubauen und Potenzialfelder zu erschließen. Den erfolg
reichen Weg in die Zukunft können wir nur gemeinsam finden
und gemeinsam gehen.
Daher hat die Oberösterreichische Volkspartei Mitte 2014 das
Projekt Freiraum – Oberösterreich weiter denken ins Leben
gerufen. Im Mittelpunkt des gesamten Projektes stehen die Ober-
österreicher, die im ersten Schritt um ihre Mitwirkung, ihre Ideen
und Verbesserungsvorschläge gebeten wurden. Mit über 5.000
Rückmeldungen war dies der größte Bürgerbeteiligungsprozess
in der Geschichte des Landes – das vorläufige Ergebnis liegt
nun vor und wird in den kommenden Jahren unter permanenter
Weiterentwicklung die politischen Debatten mitprägen.
15Ergebnisse – Projekt Freiraum 1.2. Zielsetzung
1. Einleitung
Zielsetzung
1.2.
Ziel des Projektes Freiraum war die Erstellung eines Zukunfts
programms für Oberösterreich unter aktiver Mitwirkung der
Bevölkerung sowie von zahlreichen Experten der regionalen,
nationalen und internationalen Ebene. Dabei wurde ein Rahmen
geschaffen, um strukturiert weiter in die Zukunft zu blicken,
relevante Trends und Entwicklungen, die Oberösterreich in unter-
schiedlichen Bereichen betreffen werden, zu identifizieren und
konkrete Handlungslinien zu entwickeln.
Oberösterreich hat eine gute Ausgangslage – aber nichts ist
so gut, dass es nicht noch besser werden könnte. Um in der
„Champions League“ europäischer Regionen mitspielen zu kön-
nen, müssen alle Stärken und Chancen im Land gezielt erschlos-
sen werden. Dies betrifft eine Vielzahl an Themenfeldern, in de-
nen Oberösterreich seine gute Position weiter verbessern muss.
Allen voran macht das Beispiel der Wirtschaftspolitik deutlich,
dass Innovation, Kreativität und konsequente Weiterentwicklung
erforderlich sind, um einen Spitzenplatz zu halten.
Auf diesem Weg muss Oberösterreich internationale Trends
und Entwicklungen frühzeitig erkennen und aktiv aufgreifen.
Der „Blick über den Tellerrand“ war daher eine zentrale Maxime
im Erstellungsprozess des Zukunftsprogramms. Neben einem
internationalen Trendscouting haben wir gezielt auch Experten
sowie Vertreter anderer Regionen eingebunden.
Neues zu wagen kann auch bedeuten, Altbewährtes zurückzu-
lassen. Die Erarbeitung einer Zukunftsperspektive muss ein
Weiter- und Neudenken in den Vordergrund rücken und über
bewährte Denkansätze hinausgehen. Dafür wurde beim Projekt
Freiraum bewusst ein Rahmen geschaffen.
Kurzfristiges Denken und Handeln in der Politik ist weder zu-
kunftsweisend noch verantwortungsvoll gegenüber nachfolgen-
den Generationen. Politisches Denken braucht klare Werte und
Grundsätze, politisches Handeln eine stete Anpassung an die
Anforderungen der Zeit. Eine Politik mit Weitblick und Verantwor-
tungsgefühl beinhaltet den Mut zu Reformen und innovativen
Maßnahmen. Im Mittelpunkt muss immer die Frage stehen, was
dem Wohl der Oberösterreicher langfristig dient.
Das vorliegende Programm „Oberösterreich weiter denken“
stellt das vorläufige Ergebnis dieses umfangreichen Prozesses
dar. Aus gehend von den Anliegen und Ideen der Bevölkerung
wurden dabei von zahlreichen Experten konkrete Handlungslinien
entwickelt, wie Oberösterreich in Zukunft noch erfolgreicher
und lebenswerter werden kann.
16 1.3. Der Prozess Ergebnisse – Projekt Freiraum
Der Prozess
1.3.
Das Projekt Freiraum – Oberösterreich
weiter denken wurde in einem knapp ein-
jährigen Prozess erarbeitet, der in seinem
Umfang und seiner inhaltlichen Tiefe
einmalig war.
In einer ersten Phase wurden die Ober-
österreicher eingeladen, ihre Ideen und
Anregungen für die Zukunft des Landes
einzubringen. Fragen, wie Oberösterreich
in Zukunft aussehen soll, welche Heraus-
forderungen auf uns warten und welche
Rahmenbedingungen für eine positive Zu-
kunftsgestaltung geschaffen werden müs-
sen, standen dabei stets im Mittelpunkt.
Um möglichst viele Oberösterreicher in
den Prozess einbinden zu können, wurden
unterschiedliche Partizipationsmöglich-
keiten geschaffen:
Auf all diesen Kanälen wurden über 5.000
Ideen eingebracht. Die Themen Arbeit,
Bildung, Entbürokratisierung und Regio-
nalität wurden am häufigsten genannt.
Im Rahmen von 27 Zukunftsbrunches wurden die Oberösterreicher dazu
eingeladen, persönlich mit Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer, Projekt-
leiter und Klubobmann Mag. Thomas Stelzer, Landeshauptmann-Stell -
ver treter Franz Hiesl, Landesrätin Mag. Doris Hummer, Landesrat Max
Hiegelsberger, Landesrat Dr. Michael Strugl, Landtagspräsident KommR
Viktor Sigl, Landesgeschäftsführer Dr. Wolfgang Hattmannsdorfer sowie
weiteren Spitzenvertretern der OÖVP zu diskutieren. Insgesamt weit über
700 Bürger haben sich im Rahmen der Zukunftsbrunches aktiv eingebracht.
Eine gelbe Ape – ein dreirädriges Rollermobil – absolvierte eine Zukunfts
tour durch ganz Oberösterreich. Bei 145 Einsätzen wurde ein anregender
Rahmen geschaffen, um einen Gedankenaustausch zu initiieren. Dabei
wurden rund 9.500 Becher Kaffee ausgeschenkt.
Für persönliche Gespräche mit der Bevölkerung waren die Projektmitar-
beiter über 2.100 Stunden unterwegs und legten 17.590 Kilometer zurück.
Daneben wurde das Internet genutzt und eine Web2.0Plattform eingerich-
tet. Auf der Projekt-Homepage wurde laufend über den Fortgang berichtet
und die Möglichkeit geschaffen, Beiträge als Text oder Video einzubringen.
Dem Trend zum mobilen Internet folgend wurde eigens eine App gestaltet.
Arbeitsplätze absichern und neue schaffen
Wirtschaftsstandort konkurrenzfähig gestalten
Bildung als Schlüssel für die Zukunft weiterentwickeln
Familien unterstützen sowie Kinderbetreuung ausbauen
17Ergebnisse – Projekt Freiraum 1.3. Der Prozess
Miteinander der Generationen verbessern
Vielfalt in der Gesellschaft als Chance erkennen
Betreuung älterer Menschen sicherstellen
Leistbares Wohnen bereitstellen
Ländlichen Raum aufwerten, Abwanderung
entgegenwirken, Ortskerne beleben
Infrastruktur ausbauen (öffentlicher Verkehr,
Breitband, Straßen, Radwege)
Anfang 2015 wurde die zweite Projektphase eingeläutet. Die eingebrach-
ten Ideen wurden zunächst analysiert und verdichtet, um die prioritären
Themen felder zu identifizieren. Parallel wurde ein internationales Trend-
scouting durchgeführt, um Zukunftsentwicklungen mit Relevanz für Ober-
österreich zu erkennen und Anregungen für mögliche Handlungs strategien
abzuleiten.
Die prioritären Themenfelder wurden im Rahmen von acht Expertendialo
gen diskutiert. Leitlinien für die Gestaltung einer zukunftsorientierten Politik
in Oberösterreich wurden entwickelt. Bei diesen hochkarätigen Konferenzen
wurden internationale und nationale Fachleute nach Oberösterreich geholt,
um deren wissenschaftliche Expertise und praktische Erfahrung in die Ge-
staltung einer zukunftsweisenden Politik einfließen zu lassen. Anschließend
wurden von Experten aus Oberösterreich an Thementischen die wesentli-
chen Chancen und Herausforderungen, Zieldimensionen für die Zukunft so-
wie mögliche politische Strategien und Maßnahmen diskutiert – insgesamt
haben sich so 270 Fachleute aktiv in die Erarbeitung von Zukunftsstrategien
für unser Land eingebracht.
Die regionale Dimension wurde im Rahmen von Bezirkskonferenzen erörtert.
Dabei wurden die Ideen und Anliegen der Bevölkerung auf Bezirksebene aus-
gewertet und zu den im Bezirk prioritären Themenfeldern mögliche Strategi-
en und Handlungslinien erarbeitet. Jeweils 30 bis 50 Schlüsselpersonen und
Meinungsbildner aus dem Bezirk haben daran teilgenommen, in Summe 900
Bürger und Entscheidungsträger aus den oberösterreichischen Regionen.
Ergebnisse – Projekt Freiraum
Oberösterreich weiter denken
20 Ergebnisse – Projekt Freiraum Oberösterreich weiter denken – Vision
2. Oberösterreich weiter denken
Vision
Die Politik in Oberösterreich handelt auf Basis klarer Werte und
mit höchstem Verantwortungsgefühl für das langfristige Wohl
der gesamten Bevölkerung im Land.
Oberösterreich erlangt wieder Vollbeschäftigung
und bietet zukunftsfähige Jobs.
Oberösterreichs Standortattraktivität zählt zu den höchsten
unter den europäischen Regionen.
Das Bildungssystem umfasst eine ganzheitliche Persönlichkeits -
entwicklung und orientiert sich an den individuellen Stärken und
Chancen der jungen Menschen. Dabei werden sowohl Schlüssel-
qualifikationen wie auch persönliche und soziale Kompetenzen
entwickelt, um den Grundstein zu lebenslangem Lernen zu legen.
Ein flächendeckendes Präventions- und Gesundheitsangebot trägt zur
Lebensqualität in unserem Bundesland wesentlich bei. Die bestmögliche
medizinische Betreuung aller Oberösterreicher ist sichergestellt.
Leistbares, den jeweiligen Bedürfnissen entsprechendes
Wohnen ist in ganz Oberösterreich verfügbar.
Im Mittelpunkt von „Oberösterreich weiter
denken“ steht die Frage, wie Oberöster-
reich in zehn bis 15 Jahren aussehen soll.
Zusammenfassend haben sich dabei die
folgenden Visionen für die Zukunft unse-
res Landes herauskristallisiert:
21Ergebnisse – Projekt Freiraum Oberösterreich weiter denken – Vision
Oberösterreich ist ein kinderfreundliches und familienorientiertes Land
mit umfangreichen Unterstützungsangeboten, aus denen die Familien
auswählen können.
In ganz Oberösterreich besteht eine moderne Mobilitätsinfrastruktur.
Innovative Konzepte und Technologien ermöglichen eine passende,
nachhaltige Mobilität für alle Oberösterreicher.
Die Lebensqualität ist in allen Regionen Ober österreichs, insbesondere dem
ländlichen Raum, auf höchstem Niveau.
Kulturangebote, ein aktives Vereinsleben, Sport- und Freizeitaktivitäten
unterstützen die Identifikation der Menschen in Oberösterreich mit ihrem
Heimatbundesland und stärken die lokale Gemeinschaft.
Die Verwaltung auf Landes-, Bezirks- und Gemeindeebene ist auf die
optimale Betreuung der Bürger ausgerichtet.
E-Government und ein regelmäßiges Leistungsbenchmarking erhöhen
kontinuierlich die Qualität und Effizienz der Verwaltung
Der Einbindung der Bürger in Gestaltungs- und Umsetzungsprozesse
kommt eine wichtige Bedeutung zu.
Chancen und Herausforderungen,
Visionen, politische Zielsetzungen,
politische Maßnahmen
Arbeit Standort
Gesundheit
Mobilität
Jobs von morgen
Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen am Standort
Produktionsstandort der Zukunft
Vorsprung durch Forschung und Innovation
Wachstumspotenziale von KMU und Startups
Prävention der Zukunft
Das Gesundheitswesen der Zukunft
„Medical Valley“ Oberösterreich
Zukunftsweisende Verkehrsinfrastruktur
Individualmobilität der Zukunft
Öffentlicher Verkehr der Zukunft
Smart Mobility
Beschäftigung von morgen
Arbeitswelten von morgen
Kompetenzen von morgen
Inhaltlicher Überblick
Struktur
Themenfeld
Schwerpunkt Schwerpunkt Schwerpunkt Schwerpunkt
Chancen und Herausforderungen, Visionen, politische Zielsetzungen, politische Maßnahmen
22 Ergebnisse – Projekt Freiraum Oberösterreich weiter denken – Inhaltlicher Überblick
Chancen und Herausforderungen,
Visionen, politische Zielsetzungen,
politische Maßnahmen
Bildung
Wohnen
Familie
RegionenStaat und Politik
Stärken und Chancenorientierung
Innovatives Bildungssystem
Lebenschancen durch Qualifikation und Bildung
Lebensbegleitendes Lernen
Leistbares Wohnen
Neue Wohnformen
Smart Homes
Eigenheim und Eigentum
Familie als Mittelpunkt der Gesellschaft
Optimale Kinderbetreuungsstrukturen
Familienfreundliche Arbeitswelt – arbeitsfreundliche Familienwelt
Angebote und Perspektiven für Jugendliche
Freiheit und Ordnungvon morgen
Bürgerorientierungvon morgen
Gemeinden, Bezirke und Landesverwaltung von morgen
EGovernmentvon morgen
„Glokalisierung“ der Zukunft
Landwirtschaft der Zukunft
Attraktiver Lebensraum der Zukunft
Partizipation und Mitgestaltung im „Dorf der Zukunft“
23Ergebnisse – Projekt Freiraum Oberösterreich weiter denken – Inhaltlicher Überblick
Ergebnisse – Projekt Freiraum
Arbeit weiter denken
26 Ergebnisse – Projekt Freiraum Arbeit weiter denken
Erwerbstätigenquoten Bundesländer 2013 (15–64 Jahre)
Quelle: Statistik Austria
62 %
64 %
66 %
68 %
70 %
72 %
74 %
76 %
Sbg. Tirol OÖ Vbg. NÖ Stm. Bgl. Ktn. Wien
75,875,2 75,0
74,3
73,3
72,3
70,669,9
67,8
Entwicklung der Arbeitslosenquote im Bundesländervergleich
Quelle: AMS
0 %
2 %
4 %
6 %
8 %
10 %
12 %
2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Burgenl. Salzburg Tirol WienNÖ
OÖKärnten Steierm. Vorarlb. Österr.
Arbeitsplätze sind entscheidend für die wirtschaftliche
Prosperität und Dynamik einer Region, die persönlichen
Entwicklungsperspektiven der Menschen und die Han d-
lungsfähigkeit des Staates. Unter den rund 5.000 Ideen,
die im Rahmen von Projekt Freiraum aus der ober-
österreichischen Bevölkerung eingebracht wurden, war
das Thema „Arbeit“ eines der meistgenannten. Die
aktuelle globalwirtschaftliche Situation, der zunehmen-
de Standortwettbewerb sowie die fundamentalen Verän-
derungen in der Arbeitswelt unterstreichen die Relevanz
des Themas Arbeit für die Zukunft Oberösterreichs.
Oberösterreich war langjährig das Bundesland mit der
niedrigsten Arbeitslosenquote in Österreich und zählte
zu den diesbezüglichen Top-Regionen in Europa.
Mit 5,7 Prozent war die Arbeitslosenquote im Jahr 2014
zwar in Relation weiterhin sehr niedrig, dennoch waren
37.000 Menschen im Land ohne Job und 10.000 weitere
in Schulung.
Obgleich kein anderes Bundesland so viel in die Arbeits-
marktpolitik investiert wie Oberösterreich, so schlägt
sich doch die wirtschaftliche Entwicklung stark nieder,
weshalb auch 2015 mit einer steigenden Arbeits
losigkeit zu rechnen ist. Die Schätzung geht von einer
Arbeitslosenquote in Höhe von 6,1 Prozent aus.
Darüber hinaus darf nicht übersehen werden, dass man
zugleich einen Beschäftigungsrekord feststellen kann.
Die Gründe dafür sind die demografische Entwicklung,
ein schwierigerer Zugang zu Pensionen und zusätzliche
Gruppen, die verstärkt am Arbeitsmarkt teilhaben –
so steigt erfreulicherweise z. B. die Erwerbsquote bei
Frauen. Die Erwerbstätigenquote liegt in Oberösterreich
bei 75 Prozent und ist damit eine der höchsten unter den
Bundesländern.
Bis zum Jahr 2020 werden vor allem aufgrund der demo-
grafischen Entwicklung mehr als 30.000 Fachkräfte in
Oberösterreich fehlen – diese Lücke muss geschlossen
werden, da sonst ein Ausweichverhalten von Unterneh-
men und im schlimmsten Fall deren Abwanderung droht.
„Kurzfristig entstehen Arbeitsplätze durch Wirtschaftswachstum. Langfristig bestimmen Megatrends, welche Branchen in Zukunft wachsen und wo neue Jobs entstehen werden.“ Landesrat Dr. Michael Strugl
3. Arbeit weiter denken
27Arbeit weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
Ansatzpunkte und Maßnahmen, die seitens des Landes Ober-
österreich hierzu gesetzt werden, umfassen in erster Linie eine
aktive Arbeitsmarktpolitik gemäß der Strategie „Arbeitsplatz
Oberösterreich 2020“ mit den Potenzialgruppen Jugendliche,
Ältere, Frauen, Menschen mit Beeinträchtigung sowie Menschen
mit Migrationshintergrund. Weitere Maßnahmen betreffen u. a.
die Unterstützung von KMU im Wettbewerb um Fachkräfte
(z. B. „Employer Branding“-Programm), eine ständige Analyse
des Arbeitskräftebedarfs im „Oö. Fachkräfte-Monitor“ und
eine Steigerung der Standortattraktivität für ausländische
Fach- und Spitzenkräfte zur Erzielung eines „Brain Gain“.
„Drei Trends werden die Zukunft der Arbeit fundamental prägen: Der demografische Wandel, zunehmende Digitalisierung der Arbeit und Automatisierung.“ Prof. Dr. Bert RürupPräsident des Handelsblatt Research Institute
Mit diesen Trends geht einher, dass die Grenzen zwischen Arbeit
geber und Arbeitnehmer immer mehr verschwimmen und Men-
schen zunehmend unternehmerisch tätig werden. In der Zukunft
werden weiterhin Berufe verschwinden. Aber es werden auch
neue dazukommen. Entscheidend ist, dass wir diese Entwicklun-
gen erkennen und darauf reagieren – dann bietet die Zukunft für
alle viele Chancen.
Vor dem Hintergrund des drohenden Fachkräftemangels ist
es erforderlich, Wachstumsspielräume zu schaffen. Wachstum
lässt höhere Löhne für Facharbeiter zu, damit werden (hoch-)
qualifizierte Berufe attraktiver, was wiederum zu weiterem
Wachstum beitragen könnte.
Aus dem demografischen Wandel müsste Österreich die
Konsequenz ziehen und sich zu einer aktiven Zuwanderungs-
gesellschaft entwickeln, meint Prof. Rürup. Wichtig sei eine
gezielte Zuwanderungspolitik, um neuen Qualifikationsstruk-
turen gerecht zu werden. Auch müsste Österreich die Erwerbs -
Prof. Dr. Bert Rürup
1975 Professor für Volkswirtschaftslehre an der
Universität Essen
1976–2009 Leitung des Fachgebiets Wirtschafts-
und Finanzpolitik an der Technischen Universität
Darmstadt
2000–2009 Mitglied im Sachverständigenrat zur
Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung
ab 2005 Vorsitzender des Sachverständigenrats,
Kuratoriumsvorsitzender des Deutschen Instituts
für Wirtschaftsforschung
Präsident des Handelsblatt Research Institute
Mitglied im Institut für die Zukunft der Arbeit
3. Arbeit weiter denken
Altersstruktur der Erwerbspersonen in OÖ: 2013, 2030, 2050
Quelle: Statistik Austria
0 %
20 %
40 %
60%
80 %
2013 2030 2050
100%
15–29 J.
45+ Jahre
30–44 J.
26,6
36,2
37,3
23,9
37,9
38,2
24,0
34,7
41,3
tätig keit von Frauen stärker unterstützen – zumal Frauen eine
höhere Bildungsbeteiligung aufweisen als Männer. Dieses
Potenzial darf man nicht ungenutzt lassen.
Ein Blick in die Arbeitslosenstatistik zeigt, dass die Arbeitslosen-
quote bei Hochqualifizierten in Österreich seit Jahren konstant
ist, erläutert der AMS-Vorstand Dr. Johannes Kopf. Bei Personen
mit Pflichtschulabschluss hat sie sich in den letzten 20 Jahren
jedoch mehr als verdoppelt. Bildung ist daher ein zentraler
Schlüssel zur Ergreifung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt
der Zukunft.
28 Ergebnisse – Projekt Freiraum Arbeit weiter denken
Dr. Johannes Kopf LL.M.
Studium der Rechtswissenschaften,
Europarecht-Postgraduate-Lehrgang
1999–2003 Referent der Industriellenvereinigung,
Schwerpunkt Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik
2001–2002 Österreichs Arbeitgeber-Verhandler in
Brüssel im sozialen Dialog der EU zu den Themen
Leiharbeit und Telearbeit
2003–2006 Arbeitsmarktexperte im Kabinett von
Wirtschafts- und Arbeitsminister Dr. Martin Bartenstein;
Mitglied im Verwaltungsrat des Arbeitsmarktservice
seit 2006 Mitglied des Vorstands des Arbeitsmarkt-
service Österreich
Da sich die Anforderungen permanent ändern, wird lebensbe
gleitendes Lernen in Zukunft eine noch größere Rolle spielen.
Es ist notwendig, ein fortschreitendes und konstantes Lernen in
der Bevölkerung zu verankern, sodass sich Beschäftigte laufend
an neue Bedarfe anpassen können.
Jungen Menschen ist der nutzenstiftende Aspekt der Arbeit
ein großes Anliegen, weshalb auch das Phänomen der „Social
Entrepreneurs“ an Bedeutung gewinnen wird. Die Arbeit wird
in Zukunft vermehrt projektbezogen und auch für mehrere
Arbeitgeber erfolgen.
„Die neuen Entwicklungen beein flussen unsere Arbeitswelt in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit. In dieser sich so stark verändernden Welt gilt es, neue Antworten, aber auch neue Regulierungen zum Schutz der arbeitenden Menschen zu finden. Für die öffentlichen Strukturen sind das auch große Herausforderungen.“ Dr. Johannes Kopf, Arbeitsmarktservice Österreich
29Ergebnisse – Projekt Freiraum Arbeit weiter denken
Ziele und Leitlinien
Primäres Ziel im Bereich Arbeitsmarkt ist, wieder Vollbeschäf-
tigung in unserem Land zu erreichen. Wie der Begriff „Arbeits-
markt“ ausdrückt, braucht es dafür Angebot und Nachfrage.
„Angebot“ meint hier die Verfügbarkeit von erwerbsfähigen
Personen mit der erforderlichen Qualifikation.
Daher müssen im Bereich der Bildung und aktiven Arbeitsmarkt-
politik alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, Menschen für die
Arbeit zu befähigen. „Nachfrage“ beschreibt in diesem Kontext
das Jobangebot, welches in erster Linie durch Wirtschaftswachs-
tum und erfolgreiche Unternehmensentwicklung induziert wird.
Internationale Studien und Trendanalysen weisen auf enorme
Veränderungen in der Arbeitswelt hin. Oberösterreich muss
diese Entwicklungen aufgreifen, um das hohe Beschäftigungs-
niveau zu halten und langfristig das Ziel der Vollbeschäftigung
zu erreichen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung,
zukunftsweisende Strategien und Handlungslinien für die
„Arbeit von morgen“ zu entwickeln.
Auf Basis dieser Analysen, der Experten-Inputs sowie der
zahlreichen Ideen und Anregungen aus der Bevölkerung
haben sich vier Themenfelder herauskristallisiert, die die
„Arbeit von morgen“ beschreiben:
In welchen Branchen entstehen neue Jobs? Welche Berufe werden in Zukunft
gefragt sein? Was fördert oder hemmt die Entstehung neuer Arbeitsplätze?
Langfristig entstehen neue Jobs aufgrund von strukturellen Veränderungen in
wachsenden Branchen, Nischenbereichen und innovativen Betrieben. Die Dynamik
technologischer Entwicklungen wird daher in Zukunft eine maßgebliche Rolle bei
der Frage spielen, in welchen Bereichen neue Jobs entstehen.
Jobs von morgen
Wie können mehr Menschen in Beschäftigung gebracht und gehalten werden?
Wie kann der demografische Wandel am Arbeitsmarkt bewältigt werden?
Aufgrund eines zunehmenden internationalen Wettbewerbs werden die Anforderungen
seitens der Arbeitgeber immer komplexer und damit die Übereinstimmung zwischen
diesen und den Qualifikationen der potenziellen Arbeitnehmer diffiziler. Auf der einen
Seite steigen die Arbeitslosenzahlen und auf der anderen Seite berichten immer mehr
Betriebe von Problemen bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern. Um Beschäf ti-
gung für morgen zu sichern, müssen diese Diskrepanzen überwunden werden.
Beschäftigung von morgen
Wie sehen Arbeitsformen, Beschäftigungsmodelle, Arbeitszeiten etc. von morgen
aus? Welchen Stellenwert hat Arbeit in Zukunft (WorkLifeBalance)?
Offensichtlich sind die Veränderungen in den Arbeitswelten, die sich bereits abzeichnen:
Die sogenannten atypischen Beschäftigungsformen nehmen stetig zu, die Volatilität
der Beschäftigungsverhältnisse steigt. Leistungsorientierte Entlohnungsmodelle setzen
sich gegenüber den traditionellen zeitbasierten Arbeitsmodellen vermehrt durch, auch
wird zunehmend selbständiges Arbeiten gefordert. Die gesetzlichen Rahmenbedingun-
gen in Österreich bieten dafür bisher nur bedingt einen geeigneten Rahmen.
Arbeitswelten von morgen
Welche Qualifikationen und Kompetenzen brauchen die Arbeitnehmer von morgen
(z. B. durch Industrie 4.0)? Welches Knowhow sollen internationale Spitzenkräfte/
Rückkehrer nach Oberösterreich bringen?
Die „Arbeit von morgen“ wird neue Kompetenzen und Qualifikationen erforderlich
machen. So ist beispielsweise in der Industrie ein deutlicher Trend zur verstärkten Auto -
matisierung und Vernetzung der Produktionskomponenten festzustellen, der unter Be-
gri ffen wie „Industrie 4.0“ oder „Internet der Dinge“ zusammengefasst wird. Das wird –
wie auch in vielen anderen Branchen – neue Anforderungsprofile an die Arbeitnehmer
zur Folge haben.
Kompetenzen von morgen
30 Ergebnisse – Projekt Freiraum Arbeit weiter denken
Unter anderem wurden im Rahmen des Expertendialogs im
Diskurs der Fachleute aus Oberösterreich anhand dieser vier
Themenfelder die wesentlichen Entwicklungsperspektiven
und mögliche Handlungslinien erarbeitet. Die Diskussion
erfolgte in vier Dimensionen:
Chancen und Herausforderungen für die Zukunft
Vision für Oberösterreich
Vorschläge für politische Zielsetzungen und Strategien
Mögliche politische Maßnahmen
Die Ergebnisse des Expertendialogs wurden im Anschluss
aufbereitet und punktuell durch weitere Vorschläge ergänzt,
die im Rahmen von ähnlich gelagerten Zukunftsprozessen
sowie in internationalen Studien vorgeschlagen wurden.
31Arbeit weiter denken 3.1. Jobs von morgen
Chancen und Herausforderungen für die Zukunft
Vision für Oberösterreich
Vorschläge für politische Zielsetzungen und Strategien
Mögliche politische Maßnahmen
Jobs von morgen
Neue Jobs entstehen durch Start-ups
Forcierung von Unternehmensgründungen in Zukunftsbranchen
Regulatorik muss abnehmen
Die Umsetzung guter Ideen sollte gefördert anstatt
durch Gewerberegulierungen erschwert werden.
Zuwachs an Jobs im Bereich persönlicher, nicht-automatisierbarer
Dienstleistungen (insbesondere Gesundheit, Pflege und Soziales)
Wachstumspotenziale in den Bereichen Leichtbau und Kunststoff
Beschäftigungsfaktor Internet gezielt erschließen
Zukunftsmarkt Training, Fortbildung, Lernen
Arbeitskräftebedarf im Bereich Tourismus- und Freizeitwirtschaft
Zukunftschancen im Bereich Energie/Umwelt/Nachhaltigkeit
Zunahme projektbezogener Jobs
Marketing und Vertrieb werden immer von Bedeutung sein
Bedarf an Kommunikationsberatern (betriebsintern und privat)
Chancen durch online-basierte geringfügige Arbeiten („Microjobs“)
Perspektiven durch Selbständigkeit und Unternehmertum
Neue Jobs werden in erster Linie in
Märkten entstehen, in denen in Zukunft
eine hohe Nachfrage bestehen wird.
Chancen und Herausforderungen für
Oberösterreich liegen insbesondere in
einer Erleichterung der Umsetzung inno-
vativer Ideen. Konkret wurden folgende
Punkte genannt:
Die Vision für Oberösterreich lautet klar,
die Chancen durch Zukunftsmärkte zu
erschließen, damit neue Arbeitsplätze
entstehen können. Beispiele für zukunfts-
weisende Branchen sind etwa personen-
bezogene Dienstleistungen, Gesundheits-
berufe, technische Berufe, Internet und IT,
Umwelt und Nachhaltigkeit etc.
3.1.
32 3.1. Jobs von morgen Arbeit weiter denken
Eigenverantwortung fördern
Balance zwischen dem Bedarf an mehr Fachkräften und
zugleich mehr Generalisten im Bildungssystem berücksichtigen
Ausweitung der präventiven Arbeitsmarktpolitik
Trend zu mehr Selbständigkeit –
soziales Netz für Selbständige sicherstellen
Sinnstiftende, vollwertige Jobs für Schwächere schaffen,
um sie in die Gesellschaft zu integrieren
Begriff der „Arbeit“ weiter fassen und neu definieren
Arbeit soll Symbiose von Sinn, Freude und Leistung sein
Unterstützung von sozialen Innovationen und „Social Entrepreneurship“
Passfähige politische Strategien für
die „Jobs von morgen“ fokussieren die
Stärkung der Eigenverantwortung und
die Unterstützung bei der Umsetzung
von Ideen. Auch gilt es, den immateriellen
Wert der Arbeit als Quelle der Sinnstiftung
wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken.
Massive Entlastung des Faktors Arbeit, Senkung der Lohnnebenkosten
Erleichterung und Unterstützung von Unternehmensgründungen
Schwerpunktsetzung auf Zukunftsbranchen: Leichtbau/Kunststoff,
Green Jobs, Gesundheit/Soziales etc.
Beschäftigungs- und Innovationsmotor Internet erschließen (Ausbildung/
Fachkräfte, Breitbandausbau, neue Geschäftsmodelle …)
Steigerung der Internationalität in der Berufsausbildung (Englisch,
Förderung von Lehrlingsaustausch etc.)
Neue Berufsbilder kommunizieren (z. B. Life Sciences, Green Technologies,
Biotechnologien, Neue Energieformen …)
Neue Chancen durch digitale Arbeit, Cloud Computing etc. schaffen –
Arbeit ist vielfach nicht mehr an den Standort des Arbeitgebers gebunden
Eine Lehre in mehreren Firmen ermöglichen, da Klein- und
Kleinstbetriebe oft keinen Lehrling ganz beschäftigen können
Mögliche konkrete politische Maßnahmen
im Bereich „Jobs von morgen“ liegen
in einer Senkung der Lohnnebenkosten
zur Entlastung des Faktors Arbeit, der
Erleichterung und Unterstützung von
Unter nehmensgründungen im All ge mei-
nen sowie im Besonderen in Zukunfts-
branchen, auf die gezielte Schwerpunkte
gesetzt werden sollten.
33Arbeit weiter denken 3.2. Beschäftigung von morgen
Demografischer Wandel führt zu mehr älteren
Arbeitnehmern und längerer Erwerbszeit
Adäquate Beschäftigungsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer schaffen
Ältere Arbeitnehmer geistig und körperlich „fit“ halten,
um eine längere Beschäftigung zu ermöglichen
Schnelllebigkeit der Ausbildung wird weiter zunehmen
Mangel an Technikern und Facharbeitern im Handwerk
Gruppe der „Schwächeren“ darf nicht vergessen werden
Weg vom „Kirchturmdenken“ in Oberösterreich – internationale
Mobilität von Arbeitskräften (Outgoings und Incomings)
Bindung von Mitarbeitern gewinnt an Bedeutung
Internationale Berufsausbildung ist nötig,
um global wettbewerbsfähig zu bleiben
Eine zentrale Herausforderung in Bezug
auf die „Beschäftigung von morgen“ ist
die Bereitstellung von adäquaten Beschäf-
tigungsmöglichkeiten für ältere Arbeit-
nehmer, denn durch die demografischen
Veränderungen wird ein längerer Verbleib
im Erwerbsleben erforderlich sein. Eine
weitere Herausforderung liegt im zuneh-
menden Fachkräftemangel – vice versa ist
es eine große Chance für Oberösterreich,
wenn junge Menschen für einen techni-
schen Beruf begeistert werden können.
Beschäftigung von morgen
3.2.
34 3.2. Beschäftigung von morgen Arbeit weiter denken
Bewusstsein für häufigere Jobwechsel insbesondere auf der
Arbeitgeberseite schärfen
„Wertigkeit“ der Facharbeiter in der Gesellschaft erhöhen
Internationalisierung schreitet voran: Österreich muss sich auf dem Arbeits-
markt und in seinen Strukturen weiter öffnen und eine „Willkommenskultur“
für Hochqualifizierte („Brain Gain“) schaffen
Kooperative, sachbezogene Zusammenarbeit
in der Sozialpartnerschaft steigern
Deutlich weniger Bürokratie, damit unser Land
im internationalen Vergleich attraktiv bleibt
Höherer Stellenwert von Frauenarbeit: Frauen sollen länger im Berufsleben
bleiben und besser integriert werden
Allen Jugendlichen eine Perspektive und Einstiegsmöglichkeiten
ins Berufsleben bieten
Visionen und Perspektiven für die
„Beschäftigung von morgen“ adressieren
unterschiedliche Bereiche wie etwa ein
stärkeres Bewusstsein für häufigere
Jobwechsel, internationale Offenheit
und „Willkommenskultur“, Abbau büro-
kratischer Hürden etc. Ein wichtiger
Aspekt ist auch die Wertschätzung von
Facharbeitern, die gerade im industrie-
orientierten Oberösterreich eine wichtige
Säule darstellen.
Ausbildungssystem flexibler und durchlässiger gestalten,
Schwerpunktsetzung auf Bereiche mit steigendem Bedarf
Berufsbegleitende Aus- und Weiterbildungen bzw. Umschulungen forcieren
„Ausgleiten“ zum Ende der Erwerbstätigkeit ermöglichen
Abflachen der Gehaltskurve kombiniert mit höheren Einstiegsgehältern zur
Verringerung der Differenz in den Lohnkosten zwischen älteren und jüngeren
Arbeitnehmern
Individuelle, frühzeitige Entwicklung sozialer Kompetenzen ermöglichen
Forcierung eines internationalen und attraktiven kulturellen Umfelds in
Oberösterreich, um junge Hochqualifizierte anzuziehen („Urban Lifestyle“)
Die Erwerbsquote von Menschen mit Migrationshintergrund soll erhöht
werden, Deutschkurse für Zuwanderer ausweiten
Menschen mit gesundheitlich bedingten Vermittlungseinschränkungen
sollen verstärkt in den Arbeitsmarkt integriert werden
Gesunderhaltung ist für längeres Erwerbsleben notwendig
Damit diese Vision Realität wird, sind
politische Rahmenbedingungen erfor-
derlich, die mehr Flexibilität zulassen.
Dies betrifft etwa das Ausbildungssystem,
berufsbegleitende Weiterbildungen oder
eine Erleichterung des „Ausgleitens“
zum Ende der Erwerbstätigkeit.
35Arbeit weiter denken 3.2. Beschäftigung von morgen
Aufwertung der Lehre und technisch-handwerklicher Berufe
und Ausbau der Berufsorientierung bei Jugendlichen
Bewusstseinsbildung bei allen Akteuren für Veränderungen der Arbeitswelt
Unternehmen für die spezifischen Bedürfnisse unterschiedlicher
Altersgruppen sensibilisieren
Unterstützung von Unternehmen, um sie „demografiefit“ zu machen
Nachhaltiges und demografiegerechtes Personalmanagement
Moderne Anreizsysteme statt starrer Fördersysteme –
z. B. Zuverdienst zur Pension bzw. bei Altersteilzeit
Forcierung der Altersteilzeit als Möglichkeit,
schrittweise vom Erwerbs- ins Pensionsleben überzutreten
Anreizsysteme für die Schaffung vollwertiger Arbeitsplätze
für Menschen mit schwierigem Einstieg einrichten
Forcierung altersgerechter Arbeitsplätze bzw. von Transfermodellen,
wenn eine körperlich anstrengende Arbeit nicht mehr möglich ist
Lebenszyklusorientierte Personalpolitik betriebsübergreifend umsetzen –
unterschiedliche Beschäftigungsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer
je nach Branche, Größe etc.
Reformierung des Pensionswesens, insbesondere um längeren Verbleib im
Erwerbsleben zu honorieren
„Brain Gain“: Schaffung einer „Willkommenskultur“, Steigerung der
Attraktivität Oberösterreichs für internationale Spitzenkräfte
Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitszufriedenheit: Lohnzufriedenheit,
gute Karrierechancen, Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitsanforderungen, die zu
den eigenen Fähigkeiten passen
Eigenverantwortung der Arbeitnehmer für die eigene
Arbeitsfähigkeit einfordern
Krankenstand: neue Modelle, wie z. B. Teilzeit-Krankenstand,
auf ihre Vor- und Nachteile prüfen
Konkrete politische Maßnahmen
fokussieren dementsprechend eine
Attraktivierung der Lehre und technisch-
handwerklicher Berufe sowie eine Aus -
weitung der Berufsorientierung. Auch
wären Maßnahmen sinnvoll, die auf die
Veränderungen der Arbeitswelt eingehen
wie beispiels weise Bewusstseinsbildung
bei den relevanten Akteuren, Forcierung
altersgerechter Arbeitsplätze und Trans-
fer modelle. Weiters muss Oberösterreich
attraktiver für internationale Spitzenkräf-
te werden, die mit ihrem Know-how zahl-
reiche Arbeitsplätze im Land sichern.
36 3.3. Arbeitswelten von morgen Arbeit weiter denken
Arbeitswelten von morgen
3.3.
Zunahme atypischer Beschäftigungen
Höhere Flexibilität wird verlangt werden
Neue rechtliche Rahmenbedingungen werden erforderlich sein
Neue Arbeitswelten erfordern neue Offenheit und Flexibilität
sowohl auf Arbeitnehmer- als auch auf Arbeitgeberseite sowie
Anpassung innerbetrieblicher Strukturen und Entscheidungsprozesse
Schutz vor Selbstausbeutung bei steigenden Anforderungen
„Innerfamiliäre Arbeitswelten“, z. B. durch Kinderbetreuung
oder Pflege von Angehörigen, gewinnen an Bedeutung
Schere zwischen Top-Jobs und Arbeitsplätzen
für Geringqualifizierte wird weiter auseinandergehen
Internationales Denken und Handeln ist erforderlich,
um im Standortvergleich bestehen zu können
Rolle der Frau: komplexe Anforderungen an Frauen
als Arbeitnehmerin, Unternehmerin, Mutter …
„Generation Praktikum“ –
Berufseinstieg für junge Hochqualifizierte oftmals schwierig
Zunehmende Automatisierung des Dienstleistungssektors
als Chance für neue Jobs und Risiko, dass bestehende Jobs wegbrechen
Die Arbeitswelten sind massiven Ver -
änderungen unterworfen. Was derzeit
noch als atypisch gilt, kann schon bald
die Regel sein. Mit dem Tempo der Ver-
änderungen auf Seiten der rechtlichen
Rahmenbedingungen Schritt zu halten,
wird eine große Herausforderung für
die kommenden Jahre sein.
37Arbeit weiter denken 3.3. Arbeitswelten von morgen
Hohe Flexibilität, aber zugleich Sicherheit in
den Rahmenbedingungen garantieren
Flexible Arbeitsplätze schaffen, die auf spezielle Bedürfnisse eingehen –
Anreize z. B. durch Körperschaftssteuer
Mehr Offenheit für neue Beschäftigungsformen ist notwendig
Selbständigkeit muss gefördert werden
Work-Life-Balance durch flexible Arbeitszeitgestaltung steigern:
Ergebnisorientierung statt Anwesenheitsorientierung
Zielgerichtete Sozialpolitik statt „Gießkannen-Prinzip“
Gezielte Zuwanderung und Integration zur Deckung des
zunehmenden Fachkräftebedarfs, offene Informationskultur
Ehrenamt ist ein Plus – auch für die Arbeitgeber
Gut erreichbare Arbeitsplätze
Die Visionen und Perspektiven für die
„Arbeitswelten von morgen“ sehen eine
stärkere Flexibilität in vielerlei Hinsicht
vor – zugleich müssen die Rahmenbe-
dingungen Sicherheiten, etwa in Bezug
auf Sozialsysteme, gewährleisten.
Bedarfsgerechte Arbeitszeiten, Überregulierung bekämpfen
und Transparenz schaffen
Verstärkte Ergebnisorientierung und Abkehr vom „Zeit-Denken“
durch „Vertrauensarbeitszeit“
Rahmen für Kreativität und Innovation schaffen – individuelle Arbeits-
modelle ermöglichen und individuelle Dienstleistungen forcieren
Abgaben-, Sozial- und Gesundheitssystem auf atypische Beschäftigungs-
verhältnisse abstimmen – soziales Netz sicherstellen
Offenheit für neue Beschäftigungsformen herstellen
Selbstständigkeit/Eigenverantwortung/Autonomie stärken
Verlagerung der Entscheidungsebenen zu individuellen
Vereinbarungen vor Ort
Arbeitsfreien Sonntag erhalten
Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen für Geringqualifizierte
Neue „Willkommenskultur“ schaffen
Ältere Arbeitnehmer: Längere Freizeitphasen ermöglichen
„Flexicurity“ – Ausgewogenheit zwischen Flexibilität und Sicherheit
in arbeits- und sozialrechtlichen Belangen
Mehr Flexibilität sollte auch eine Politik
für die „Arbeitswelten von morgen“
prägen. Regularien sollen mehr Raum für
Kreativität und Innovation ermöglichen,
realitätsnäher gestaltet werden und auf
atypische Beschäftigungsformen stärker
eingehen.
38 3.3. Arbeitswelten von morgen Arbeit weiter denken
Konkrete Rahmenbedingungen im einzelnen Betrieb schaffen bzw.
Vereinbarungen auf Betriebsebene ermöglichen
Flexible Arbeitszeitmodelle schaffen (Teilzeit, Projektarbeit etc.)
Zeitgemäßes Arbeitsrecht gestalten (Zeitwertkonto, Angleichung
atypischer Beschäftigungsformen im Arbeits- und Sozialrecht etc.)
Erleichterung des zeitlich befristeten Wechsels von
Voll- zu Teilzeitarbeit, insbesondere bei Kinderbetreuungspflichten
Forcierung einer familienbewussten Personalpolitik als Kernelement der
Unternehmenskultur sowie als Positionierungselement der Arbeitgeber
Erhöhung der Erwerbstätigkeit von Frauen durch bessere Vereinbarkeit von
Familie und Beruf (flexible Arbeitszeiten, Kinderbetreuungseinrichtungen)
Zeitarbeit als Chance des Wiedereinstiegs von Langzeitarbeitslosen
„Workplace Innovation“ – Gleitzeit, Homeoffice-Arbeit, alternative Entloh-
nungssysteme, Mitwirkungsmöglichkeit von Beschäftigten, flache Hierar-
chien, Aufgabenrotation etc.
Prävention statt Reparation in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen
Gezielte, arbeitsmarktbezogene Zuwanderung –
Reform „Rot-Weiß-Rot“-Karte und „Blaue Karte“ der EU
Arbeitserlaubnis erleichtern: Wer legal im Inland ist,
sollte auch arbeiten dürfen
Steigerung der Attraktivität von Oberösterreich
für internationale Spitzenkräfte
Transparente und nachvollziehbare Einwanderungsregeln, strukturelle
Verankerung einer „Willkommens- und Anerkennungskultur“ und ein
gesetzlicher Rahmen für eine langfristige gesellschaftliche Beteiligung
Arbeitsplätze für Jugendliche mit Beeinträchtigung
oder Lernschwäche bereitstellen
Lebenseinkommensmodell: Aufzeigen, dass man mit einer dualen
Ausbildung über das ganze Berufsleben hinweg oftmals gut
verdienen kann
Analog zu den Visionen und Strategien
werden weitreichende Maßnahmen zur
Flexibilisierung im Arbeitsrecht angeregt,
welche neben der Arbeitszeit auch die so-
genannten atypischen Beschäftigungs-
formen adressieren. Ferner sollten
Erleichterungen in der Arbeitserlaubnis
vorgenommen werden, damit alle arbeits-
fähigen und -willigen Personen im Land
auch Zugang zum Arbeitsmarkt haben.
39Arbeit weiter denken 3.4. Kompetenzen von morgen
Fähigkeit aufbauen, mit Wissen und Neugierde umzugehen –
Ausbildung ist nicht gleich Bildung
Attraktivierung der Lehre und handwerklicher Berufe,
breitere Berufsorientierung in den Schulen
Attraktivität des Lehrerberufs fördern (Vordienstzeiten fair anrechnen)
Stärkenorientierung im Bildungssystem: Menschen müssen sich mit Freude
in einem lebenslangen Lernprozess weiterentwickeln können
Hochbegabten die Möglichkeit bieten, sich an
betrieblichen Prozessen zu beteiligen
Mehr Fokus auf praktische Erfahrungen und praktisches Know-how
Durch die Vielfalt an Bildungsangeboten trägt man der Heterogenität der
Menschen Rechnung. Gleichzeitig ist es eine große Herausforderung, sich
für den richtigen Bildungsweg zu entscheiden
Universitäre Ausbildung: Fach- und Methodenkompetenz vermitteln
Bedarf an „Generalisten“ wird steigen
Aufgrund der enormen Veränderungen
in der Arbeitswelt werden in Zukunft die
„Kompetenzen von morgen“ gefragt sein.
Chancen und Herausforderungen für
Oberösterreich liegen hierbei darin, einen
Paradigmenwechsel zu vollziehen: Nicht
die formale Ausbildung ist entscheidend,
sondern die tatsächlichen Kompetenzen.
Kompetenzen von morgen
3.4.
40 3.4. Kompetenzen von morgen Arbeit weiter denken
Fachliche Kompetenzen, soziale Kompetenzen, Grundkompetenzen,
praktische Kompetenzen – ein breites Spektrum wird vermittelt
Mehr Absolventen von in MINT-Fächern (Mathematik, Informatik,
Naturwissenschaft und Technik) und Vermittlung technischer
Kompetenzen in interdisziplinären Ausbildungen
Internationalisierung: Sprache, interkulturelle Kompetenz
Unternehmerisches Denken und erhöhte Veränderungsbereitschaft
Kompetenzen in Projekt- und Prozessmanagement
Kooperations- und Netzwerksfähigkeit
Ausbildung ist nicht nur Aufgabe der Eltern und Lehrer –
verstärkte Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft
Mehr Anerkennung für Lehrer und Pädagogen
Durchlässigkeit zwischen Lehrerberuf und anderen Jobs
Lernmotivation und Lernkompetenz – als Basis
für „lebensbegleitendes Lernen“
Innerbetriebliches Wissensnetzwerk – Flexibilität am Arbeitsmarkt
Hohe Führungskompetenz – positives Arbeitsklima, motivierte Mitarbeiter
Nachhaltigkeitsdenken (Gesundheit, Umwelt, längeres Arbeiten …)
Eigenverantwortung des Einzelnen
Die Visionen für die Zukunft im Themen-
bereich „Kompetenzen von morgen“ spie-
geln die Komplexität der Anforderungen
wider: Neben technischen Kompetenzen
sollen Sozialkompetenzen, interdiszipli-
näres Denken, sprachliche und inter kul-
turelle Fähigkeiten und unternehmersches
Handeln vermittelt werden. Dafür braucht
es ein besseres Zusammenspiel von
Schule, Wissenschaft, Wirtschaft und
Gesellschaft.
Praxisorientierung in die Ausbildung besser implementieren
Prüfung des Bedarfs an Schultypen
Konsequente Durchsetzung der Ausbildungspflicht
Stärkung des dualen Systems, Betonung des Stellenwerts der Lehre
Feststellung einer mittleren Reife nach Ende der Schulpflicht (9. Schuljahr)
Attraktivität des Lehrerberufs steigern, Reform der Lehrerausbildung,
stärkere Unterstützung von Personen mit Berufserfahrung
Aus- und Weiterbildung sind zentrale
Säulen, um die „Kompetenzen von
morgen“ vermitteln zu können. Entspre-
chende politische Strategien beinhal-
ten den Wunsch nach weitreichenden
Reformen im Bildungsbereich, welche
u. a. eine Stärkung der Schulautonomie
oder eine Reform der Lehrpläne umfas-
sen. Der zunehmenden Bedeutung des
lebens begleitenden Lernens sollte durch
entsprechende Anreize und breitere Ange-
bote stärker Rechnung getragen werden.
41Arbeit weiter denken 3.4. Kompetenzen von morgen
Schwerpunkt Technik und Naturwissenschaft in der Ausbildung
zur Bekämpfung des Fachkräftemangels
Moderne Schulausbildung/technische Ausstattung an Schulen
Lehrpläne in Schulen adaptieren (Wirtschaft, soziale Kompetenz,
Internationalität und Bewegung)
„Soft Skills“ stärker vermitteln: Projekt- und Prozessmanagement,
Netzwerkdenken, Innovation, Entrepreneurship etc.
Kernkompetenzen/Grundfertigkeiten fördern
Neue Grundfertigkeiten und Schlüsselkompetenzen unter
besonderer Berücksichtigung der sozialen Kompetenz fördern
Durchlässigkeit des Bildungssystems erhöhen – Perspektiven schaffen
Lehrpläne der Kindergartenpädagogen-Ausbildung
permanent weiterentwickeln
Elternschule für mehr Verständnis und Verantwortung (Ausbildungspflicht)
Anerkennung von Ausbildungen im Ausland und im Inland verbessern
Der Anteil der Jugendlichen zwischen 20 und 24 Jahren mit Ausbildung
über Pflichtschulniveau muss deutlich erhöht werden
(Ausbildungsverpflichtung)
Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen älterer Personen
Zielführende Maßnahmen zur Vermittlung
der „Kompetenzen von morgen“ umfassen
zunächst eine weitere Schwerpunktset-
zung im Bereich Technik und Naturwissen-
schaften. Eine verbesserte Durchlässig keit
des Bildungssystems sowie eine Erleich-
terung der Anerkennung von im Ausland
erworbenen Bildungsabschlüssen würden
weiters dazu dienen, das Know-how der in
Oberösterreich lebenden Per sonen opti-
mal für den Arbeitsmarkt zu erschließen.
Anpassung der Lehrpläne
Leistungsorientierung im Lehrerberuf (Schulautonomie)
Lebenslanges, lustvolles Lernen – abgestimmte Module anbieten
Steuerliche Absetzbarkeit von Weiterbildung verbessern
Förderungen für Befähigungsausbildungen
Green Jobs sowie Gesundheitsberufe werden bedeutender –
Kompetenzen früh aufbauen
42 Ableitungen und Impulse für Oberösterreich Mobilität weiter denken
Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Ziel des Projektes Freiraum war es,
ohne jegliche Einschränkung Ideen und
Anregungen für die Zukunft Oberöster
reichs zu sammeln. Breite Diskussionen
mit zahlreichen Fachleuten brachten eine
Fülle an Themen und Anregungen, die
hier zusammengefasst sind. Unter den
Vorschlägen finden sich viele Aspekte,
die bereits im Rahmen anderer Diskurse
eingebracht wurden oder Gegenstand
der öffentlichen Debatte sind. Manche
Aspekte zeichnen sich jedoch durch
ihren Innovationsgehalt aus und werden
daher gesondert herausgearbeitet. Die
wichtigsten Ableitungen und Impulse für
die weitere Diskussion in Oberösterreich
werden zu jedem Themenfeld abschlie
ßend auf den Punkt gebracht.
Modellprojekte für eine bedarfsgerechte Arbeitswelt
Um der zunehmenden Volatilität der Wirtschaft Rechnung zu tragen und
langfristig Modelle zu entwickeln, die für Arbeitgeber- und Arbeitnehmersei-
te vorteilhaft sind, könnten z. B. Modellprojekte zu flexiblen Arbeitszeiten im
Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ausgetestet werden.
„Initiative Traumjob“
Der demografische Wandel macht ein längeres Verbleiben im Erwerbs-
leben erforderlich. Viele Menschen im fortgeschrittenen Alter können oder
möchten aber nicht mehr im angestammten Beruf tätig sein. Eine aktive
Unterstützung und Erleichterung beim Jobwechsel in der Generation 50+
(z. B. Beratungsangebote, Jobplattform, Training on the Job, Finanzierung
von Umqualifizierungen etc.) könnte dazu motivieren, die letzten Jahre des
Berufslebens mit Begeisterung und neuer Energie zu verbringen.
„Endlich selbständig“
Die Selbständigkeit bildet gerade für erfahrene Personen viele Chancen,
wie das stetig steigende Durchschnittsalter der Gründer zeigt. Angeregt
wird eine Initiative für „Senior Entrepreneurs“, die endlich ihre eigenen Plä-
ne und Visionen realisieren wollen. Selbständigkeit auch im höheren Alter
soll als Chance verstanden werden, passende Beschäftigungsformen (z. B. in
Hinblick auf Arbeitszeit und Flexibilität) umzusetzen und die lang jährige
Erfahrung produktiv in die Gesellschaft einzubringen.
„Silver economy“
Senioren sind eine wachsende Gruppe und verfügen über eine hohe
Kaufkraft. Im Bereich Bildung und Unternehmensgründungen könnten
Schwerpunkte gesetzt werden, um besonders für diese Zielgruppe pas-
sende Produkte und Dienstleisungen anzubieten.
Initiative „Anders Arbeiten“
Wir erleben massive Veränderungen der Arbeitswelten. Dennoch besteht in
den Köpfen eine Trennung in „typische“ und „atypische“ Beschäftigung. Im
Rahmen einer attraktiven Informationsserie und durch bewusstseinsbilden-
de Maßnahmen kann ein Verständnis bei Unternehmen und Arbeitnehmern
für die damit verbundenen Chancen geschaffen werden.
Potenziale von sozialen Innovationen und „Social Entrepreneurs“
Technologische und wirtschaftliche Innovationen zielen in der Regel auf
Gewinnsteigerung ab. Daneben gibt es sogenannte „soziale Innovationen“,
bei denen die Lösung einer gesellschaftlichen Herausforderung im Mittel-
punkt steht. Gerade für junge Menschen hat Arbeit immer mehr auch mit
Selbstverwirklichung und Sinnstiftung für die Gesellschaft zu tun. Gesell-
schaftsrelevante Innovationen und sogenannte „Social Entrepreneurs“ könn-
ten vor diesem Hintergrund besser unterstützt und vor den Vorhang geholt
werden.
43Mobilität weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Interdisziplinäre Ausbildungen forcieren
Die Arbeitswelten der Zukunft werden komplexere Kompetenzprofile ver-
langen, Chancen ergeben sich insbesondere an Schnittstellen unterschied-
licher Kompetenzen. Hierfür sind vermehrt interdisziplinäre Ausbildungen
im Schul- und Hochschulbereich zu entwickeln, wofür Oberösterreich
gute Rahmen bedingungen bietet (z. B. IT, Medizin und Sozialkompetenzen,
technische und sprachliche Kompetenzen, wirtschaftliche und kulturelle
Kompetenzen etc.)
Pilotaktion „Flexiwork“
Für jene Personen, die aufgrund von Pflege- oder Kinderbetreuungspflichten
oder körperlichen Beeinträchtigungen nicht mit dem Tempo und den An-
forderungen der modernen Arbeitswelt Schritt halten können, könnte man
besonders flexible Arbeitsplätze bereitstellen, die steuerlich begünstigt sind.
So lassen sich auch Personen, die große außerberufliche Herausforderun-
gen zu bewältigen haben, in die Arbeitswelt integrieren.
Schwerpunktaktion „Digitale Arbeit in Oberösterreich“
Automatisierung und Digitalisierung verändern Berufsbilder und Arbeits-
prozesse in allen Wirtschaftsbereichen von Grund auf – sowohl in der Indus-
trie wie auch im Handel, Gewerbe oder Dienstleistungssektor. Oberöster-
reich muss sich auf diese bevorstehenden Veränderungen aktiv vorbereiten
und beispielsweise neue Berufsbilder verbreiten, neue Kompetenzen vermit-
teln, Transformationsprozesse begleiten und Ähnliches mehr.
Digitalisierung als Chance für den ländlichen Raum
Die fortschreitende Digitalisierung – Stichwort „Industrie 4.0“ – hat zur
Folge, dass Arbeit immer weniger an den physischen Standort gebunden ist.
Das erhöht einerseits den Kreis der Mitbewerber, andererseits eröffnen sich
große Chancen für den ländlichen Raum. Der Breitbandausbau bietet hierfür
die notwendige Infrastruktur, die es nun gezielt zu nutzen gilt.
Living Lab „Future of Work“
Die Zukunft der Arbeit, insbesondere im Hinblick auf Produktion und Digita -
li sierung, könnte im Rahmen eines „Living Lab“ erprobt und aufgezeigt wer-
den. Dabei wird eine Test- und Experimentierumgebung geschaffen, wo unter
möglichst realen Bedingungen Innovationen entwickelt werden. Mögliche
Themen für Oberösterreich könnten ein Blick in die „Fabrik 2050“ oder die
Erprobung von Roboterunterstützung im Dienstleistungsbereich sein.
Internationalisierung Oberösterreichs
Oberösterreich braucht gezielten Zuzug, um das Beschäftigungsniveau und
den Wohlstand aufrechterhalten zu können. Hochqualifizierte Spitzenkräfte,
etwa in Forschung und Entwicklung, sichern Tausende Arbeitsplätze im Land
ab. Um für diese Zielgruppe, die oft aus vielen Angeboten auswählen kann,
attraktiv zu sein, braucht Oberösterreich eine viel stärkere Internationalisie-
rung und Positionierung als offene, dynamische und lebenswerte Region.
Ergebnisse – Projekt Freiraum
Standort weiter denken
46 Ergebnisse – Projekt Freiraum Standort weiter denken
4. Standort weiter denken
Die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Oberösterreich ist nicht
nur den Wirtschaftstreibenden ein großes Anliegen, son dern
auch der breiten Bevölkerung. Zahlreiche Ideen und Anregungen,
die im Rahmen von Projekt Freiraum eingebracht wurden,
befassten sich mit der Frage, wie der Wirtschaftsstandort Ober-
österreich in Zukunft weiter an Attraktivität gewinnen kann. Das
unterstreicht das hohe Bewusstsein der Oberösterreicher für
diese Thematik und die Zusammenhänge zwischen Standort-
attraktivität, Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsmarkt und Lebens-
qualität.
Oberösterreich ist zweifelsohne ein starker Wirtschaftsraum
mit zahlreichen Unternehmen, die durch Engagement und Inno-
vation auf regionalen und internationalen Märkten reüssieren.
Mit rund 56 Milliarden Euro regionaler Wertschöpfung ist
Oberösterreich neben Wien der Wirtschaftsmotor des Landes.
In den letzten 20 Jahren sind rund 110.000 Arbeitsplätze neu
geschaffen und rund 25.000 Unternehmen in Oberösterreich ge-
gründet worden. Für ein Flächenbundesland ist die Infra struktur
leistungs fähig und die Arbeitslosigkeit war und ist im Bundes-
ländervergleich sehr niedrig.
Der Wettbewerb der Regionen wird sich jedoch weiter inten-
sivieren. Standortrankings belegen, dass andere Regionen in
den letzten Jahren deutlich an Attraktivität gewonnen haben.
Der „Regional Competitiveness Index 2013“ der Europäischen
Kommission zeigt, dass Oberösterreich im Mittelfeld der euro-
päischen Regionen liegt. Die politische Weichenstellung für die
Zukunft des Standortes Oberösterreich ist daher von großer
Bedeutung, um Oberösterreich in den nächsten Jahren auch im
internationalen Kontext noch wettbewerbsfähiger zu machen.
Denn nur wenn Unternehmen gerne in Oberösterreich inves-
tieren, sind auch künftig Arbeitsplätze, Wohlstand und soziale
Sicherheit gewährleistet.
Daher hat Landeshauptmann Dr. Josef
Pühringer das Ziel gesetzt, dass Ober
österreich zu den TopRegionen Europas
aufschließt. Die zentralen Ansatzpunkte,
damit Oberösterreich in der „Champions
League“ europäischer Regionen mitspielen
kann, liegen im Ausbau der Attraktivität
als Wirtschaftsstandort, in einem sicheren
und stabilen Arbeitsmarkt, in einer fort-
schrittlichen Bildung und Ausbildung
sowie in Wissenschaft und Forschung auf
Weltklasse-Niveau.
Der Wettbewerb der Regionen stellt für den
Standort Oberösterreich aber auch eine
große Chance dar, weil dadurch Zugänge zu
neuen Märkten eröffnet werden können.
„Wir dürfen uns mit dem IstStand nicht zufrieden geben. Wir müssen zu den zehn besten Regionen Europas aufsteigen. Dieser Aufstieg wird mit Sicherheit kein Spaziergang, sondern eine steile Bergpartie!“
Landeshauptmann Dr. Josef PühringerOÖ im Vergleich zum Median der Top20Industrieregionen
in den 11 Säulen des RCI 2013
Quelle: IV Oberösterreich
Institutions
Innovation
BusinessSophistication
TechnologicalReadiness
Labor Market Efficiency
Higher Education and Lifelong Learning
Market Size Basic Education
Health
Infrastructure
Macroeconomic Stability
Oberösterreich
Median Top-20
47Standort weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
4. Standort weiter denken
Sander van Waveren, Utrecht
Studium der Geografie und Raumordnung
an der Universität Utrecht
Seit 2010 Mitglied im Stadtrat von
Utrecht (330.000 Einwohner)
Fraktionsvorsitzender und wirtschafts-
politischer Sprecher der „Christen
Democratisch Appèl“ (CDA)
Vorsitzender des Ausschusses für
Menschen und Gesellschaft
Im Standortranking der Europäischen Kommission wurde unter
262 Regionen als wettbewerbsfähigste Region Europas die Pro-
vinz Utrecht in den Niederlanden auf den ersten Rang gereiht.
Wesentliche Erfolgsfaktoren für den Wirtschaftsstandort Ut recht
sind laut Sander van Waveren, Mitglied des Utrechter Stadt rates,
zum einen die attraktiven Basisbedingungen vor Ort.
Dazu zählen etwa eine moderne Infrastruktur und ein investiti-
onsfreundliches Umfeld sowie die Bereitstellung von Entwick-
lungsflächen für Betriebserweiterungen und Neuansiedelungen
in der Raum planung.
Der wichtigste Standortfaktor sind jedoch die Menschen.
In Utrecht wurde die Zielgruppe junger, hochqualifizierter Per -
sonen besonders in den Fokus genommen – etwa Studierende
und Absolventen der Hochschulen. Durch ein dynamisches
Umfeld, attraktive Wohnmöglichkeiten und ein breites Kultur-
und Freizeitangebot möchten viele Utrecht zu ihrem Lebensmit-
telpunkt machen.
Obgleich Utrechts Wirtschaft vor allem auf Dienstleistungen
basiert, sind Forschung und Entwicklung absolut notwen-
dig, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Neben Universitäten,
Forschungseinrichtungen und Großunternehmen spielen
Start-ups dabei eine immer größere Rolle.
„Business won’t come, if you don’t have the right people. Business will come, if you do have the right people.“
Sander van Waveren
„Wissen ist unser einziger Rohstoff, und den müssen wir noch stärker entwickeln. Zusätzlich zu immer dringender benötigten Fachkräften brauchen wir auch Spitzenkräfte in Wirtschaft und Wissenschaft – Oberösterreich muss noch viel attraktiver werden, damit wir TopLeute zu uns holen und hier halten können.“
Landesrat Dr. Michael Strugl
So haben etwa viele oberösterreichische Unternehmen heute
schon Standorte im Ausland oder enge Exportbeziehungen,
sodass sie weniger auf den Heimmarkt und die Entwicklung in
Kerneuropa angewiesen sind als früher.
Um im globalen Standortwettbewerb erfolgreich zu sein, braucht
Oberösterreich hervorragende Rahmenbedingungen: Dazu
gehört zum einen die „Hardware“ – also eine perfekt ausge-
baute Infra struktur der Verkehrswege, Breitband-Internetzu-
gang, verlässliche Energieversorgung etc. Neben der Hardware
braucht der Standort Oberösterreich auch die „Software“ – also
kompetente und engagierte Menschen im Land.
48 Ergebnisse – Projekt Freiraum Standort weiter denken
Stefan Albat,
Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft
Studium der Rechtswissenschaften an der
Ludwig-Maximilians-Universität in München
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
des Deutschen Bundestages
Seit 1987 wissenschaftlicher Mitarbeiter
im Landesverband der bayerischen Industrie
Seit 1997 stellvertretender Hauptgeschäfts führer
und Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik der
Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. –
der zentralen Interessenvertretung der bayerischen
Wirtschaft mit insgesamt 4,4 Millionen Beschäftigten
Während Utrecht eine dienstleistungsorientierte
Wirtschaftsstruktur aufweist, ist Bayern – ähnlich wie
Oberösterreich – stark von der Industrie geprägt. Unter
den europäischen Industrieregionen, mit denen sich
Oberösterreich realistischerweise vergleichen kann,
zählt Bayern zu den Top-Playern.
Auch hier haben engagierte und kompetente Mitarbeiter
zur Erfolgsgeschichte den größten Beitrag geleistet.
Weiters wurde die Infrastruktur massiv ausgebaut, was
zur Herausbildung starker Leitbetriebe und eines inno-
vativen Mittelstandes führte.
Als international orientierter Industriestandort sieht
sich Bayern jedoch einer zunehmenden Konkurrenz
aus Schwellenländern, insbesondere in Asien, konfron-
tiert – denn deren Tempo in der Forschung, Innovation
und Standortentwicklung übersteigt jenes von Bayern
deutlich.
Industriell geprägte Regionen in Europa müssen daher
noch stärker als bislang Schwerpunkte setzen und diese
konsequent in den Bereichen Bildung/Humanressour-
cen, Forschung und Innovation, Unternehmensgrün-
dungen, Infrastruktur etc. umsetzen, um eine ähnlich
gelagerte Wachstumsdynamik zu entwickeln. Nur in
ausgewählten Themenfeldern kann eine Hochlohnregion
eine Spitzenposition im internationalen Wettbewerb
erlangen und langfristig erhalten.
Ein weiterer Erfolgsfaktor Bayerns war und ist die Bil-
dung strategischer Allianzen mit anderen Regionen. Im
weltweiten Konzert der Wirtschaftsräume sind euro-
päische Regionen, zum Teil auch Nationalstaaten, nur
„kleine Fische“. Damit wir auf der globalen Bühne eine
entsprechende Sichtbarkeit und Stärke erhalten können,
braucht es einen Schulterschluss innerhalb Europas und
eine gemeinsame Standortentwicklung.
„Innovation statt Restriktion muss der Leitgedanke für den Standort Oberösterreich werden.“
Mag. Thomas StelzerProjektleiter
„Andere Regionen der Welt investieren massiv in Forschung und neue Technologien. Südkorea hat in Bezug auf GlasfaserInternetanschlüsse etwa 25 Jahre Vorsprung. Wir müssen daher thematische Schwerpunkte bilden und mit Nachdruck forcieren, damit wir uns langfristig behaupten können.“
Stefan Albat
49Standort weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
Ziele und Leitlinien
Vier Themenfelder beschreiben die maßgeblichen Ziele und Leitlinien für die
Weiterentwicklung der Standortattraktivität Oberösterreichs:
Wie können Wachstumshemmnisse abgebaut und Investitionsanreize gesetzt
werden? Welche Infrastrukturen braucht ein wettbewerbsfähiger Standort
Oberösterreich in Zukunft (Verkehr, Daten, Energie)?
Unternehmen brauchen wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen, damit sie sich erfolg-
reich entwickeln können und Investitionen am Standort tätigen. Das betrifft sowohl das
regulatorische Umfeld, wo Wachstumshemmnisse abgebaut werden müssen, wie auch
die Infrastrukturanbindung. Hierbei wird neben der Verkehrsinfrastruktur und einer
sicheren, verlässlichen und leistbaren Energieversorgung die Datenanbindung über
Breitband-Internetzugang immer wichtiger.
Was kann getan werden, um die Leitbetriebe als Zugpferde der regionalen Wirtschaft
im internationalen Wettbewerb zu unterstützen? Was braucht ein Industriestandort
der Zukunft, etwa in Verbindung mit „Industrie 4.0“?
Oberösterreichs Wirtschaft ist in hohem Maße industrie- und exportorientiert. Um auch
in Zukunft ein attraktiver Standort für produzierende Unternehmen sein zu können,
müssen die Leitbetriebe als „Zugpferde der regionalen Wirtschaft“ unterstützt, Zugänge
zu globalen Wachstumsmärkten erschlossen und relevante Zukunftsthemen wie insbe-
sondere „Industrie 4.0“ aufgegriffen werden.
Wie sieht das Zusammenspiel von Wissenschaft und Wirtschaft in Zukunft aus?
Welche Spezialisierungen und Schwerpunkte können in Bildung, Forschung und
Wirtschaft in Oberösterreich gesetzt werden?
Wissen ist unser einziger Rohstoff. Forschung und Innovation sind die wesentlichen
Strategien, um als Hochlohnregion im globalen Wettbewerb reüssieren zu können.
Da andere Regionen, insbesondere in Asien, massiv in Forschung und Innovation in-
vestieren, müssen die Strukturen, Kompetenzen und Kooperationen in Oberösterreich
laufend weiterentwickelt und fokussiert werden.
Wie können Klein und Mittelbetriebe in ihrer erfolgreichen Entwicklung bestmöglich
unterstützt werden? Was braucht die wachsende StartupSzene in Oberösterreich,
damit unternehmerische Ideen optimal umgesetzt werden können?
Knapp 45.000 Unternehmen mit 320.000 Beschäftigten in Oberösterreich zählen zu
den Klein- und Mittelbetrieben. Deren Wachstums- und Innovationspotenziale müssen
erschlossen werden, ebenso muss ein attraktives Umfeld für Investitionen geschaffen
werden – etwa durch geeignete Finanzierungsinstrumente. Zudem gilt es, wachstums-
orientierte Unternehmensgründungen zu unterstützen, denn die Start-ups von heute
sind die Leitbetriebe von morgen.
Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen am Standort:
Produktionsstandort der Zukunft:
Vorsprung durch Forschung und Innovation:
Wachstumspotenziale von KMU und Start-ups:
50 4.1. Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen am Standort Standort weiter denken
Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen am Standort
Abbau von Wachstumshemmnissen und
Schaffung fördernder Rahmenbedingungen
Reduktion der überzogenen Auflagen und Regulierungen
Steigerung der Produktivität und Innovationskraft
zum Erhalt und Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit
Gewährleistung eines Arbeitnehmerschutzes und sozialer Sicherheiten in
Verbindung mit wettbewerbsfähigen Arbeitszeitgesetzen
Leistungsfähige Infrastruktur mit entsprechenden Verkehrsverbindungen
auf Straße, Schiene und Wasserwegen, attraktive Flugverbindungen vom
und zum Blue Danube Airport Linz sind nötig
Bewusstsein für Infrastrukturmaßnahmen auf breiter Ebene
Verfügbarkeit von aufgeschlossenen bzw. rasch aufschließbaren Betriebs-
flächen, insbesondere im Hinblick auf Neuansiedelungen und Betriebserwei-
terungen
Verlässliche und leistbare Energieversorgung,
insbesondere für die energieintensive Industrie in Oberösterreich
Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzeptes für Energiepolitik
in Oberösterreich
Um den Standort Oberösterreich wett-
bewerbsfähig zu halten, müssen die
Rahmenbedingungen angepasst und bei-
spielsweise Überregulierungen ab gebaut
werden. Weitere zentrale Herausforde
rungen für Oberösterreich werden der
Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und die
Sicherstellung leistbarer und nachhaltiger
Energieversorgung darstellen.
4.1.
51Standort weiter denken 4.1. Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen am Standort
Wachstum ist möglich und wird unterstützt
Das Miteinander steht im Vordergrund
(Mitarbeiter/Arbeitgeber, Mitbewerber)
Infrastruktur ist entsprechend den Anforderungen vorausschauend
als Gesamtkonzept geplant und wird ausgebaut
In Kindergärten und Schulen ist die technische und wirtschaftliche Bildung
sowie das Lernen von Fremdsprachen fest verankert
Quantensprung am Bildungs- und Hochschulsektor
Oberösterreich ist international: Verschiedene Kulturen und Sprachen
werden als Bereicherung und Chance gesehen
Oberösterreich ist eine Logistik-Drehscheibe und Musterland
für nachhaltige, innovative Logistik
Flächendeckende, moderne Infrastruktur im Bereich Informations-
und Kommunikationstechnik (IKT)
Oberösterreich ist eine Energie-Leitregion, die Nachhaltigkeit
mit wirtschaftlicher Prosperität verbindet
Die Energiekosten ermöglichen eine internationale
Wettbewerbsfähigkeit
Aufstieg Oberösterreichs in die Liga der Top-Wirtschaftsstandorte in Europa
Entbürokratisierung und Deregulierung konsequent fortsetzen
Mut zu Neuem, z. B. Vorzeigeprojekte mit flexiblen Arbeitsmodellen
Investitionsanreize schaffen, Signalisierung von Planungssicherheit durch
die Politik
Vermittlung von neuen Skills in der Aus- und Weiterbildung
Stellenwert der Lehre attraktivieren
Internationale Profilstärkung der Johannes Kepler Universität Linz
Universitäts- und Fachhochschulstandort durch mehr
Bildungskapazitäten und Lehrangebot aufwerten
Mehr Anreize, weniger Restriktionen
(z. B. in Bezug auf Umweltauflagen, Arbeitszeit, Denkmalschutz etc.)
Stärkere Vernetzung mit anderen Industrieregionen Mitteleuropas
Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Wirtschaft stärken
Hürde „vom Unternehmer zum Lehrenden“ verringern
In der Vision für Oberösterreich wird
wirtschaftliches Wachstum umfassend
unterstützt. Das Bildungssystem ist an
den Wirtschaftsstandort angepasst und
Oberösterreich ist offen für Internationali-
tät. Ferner wird die Infrastruktur entspre-
chend den Anforderungen ausgebaut.
Politische Zielsetzungen umfassen den
Aufstieg Oberösterreichs zu den wettbe-
werbsfähigsten Regionen Europas, eine
stärkere Vernetzung mit anderen indus-
triestarken Regionen, Entbürokratisierung
und einen Paradigmenwechsel hin zu
mehr Anreizen für Unternehmen.
52 4.1. Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen am Standort Standort weiter denken
Veränderungen in der Wirtschafts- und Arbeitswelt frühzeitig erkennen
und proaktiv aufgreifen
Umfassender, langfristiger Standortentwicklungsplan für 2050 unter
Berücksichtigung von Themen wie Bildung, Energie, Infrastruktur etc.
Leichtere Finanzierung für risikobehaftete Start-ups
Konsequenter und flächendeckender Breitbandausbau
Transparente und effizientere Genehmigungsverfahren,
Verkürzung und Beschleunigung der Amtswege bei Umwidmungen
Sicherung von Industrieflächen in der Regionalplanung
Abbau der bürokratischen Anforderungen an Betriebe
Wirtschaftliches Know-how an den Schulen vermitteln
und wirtschaftliche Ausbildungen aufwerten
Grenzübergreifende Infrastrukturplanungen
Anbindung des Linzer Flughafens an mindestens drei internationale „Hubs“
Anbindung Oberösterreichs an den Großraum München ausbauen
Bessere Einbindung des Ennshafens ins Verkehrsnetz
„Willkommensagentur“ mit Mentoring zur Betreuung von
neu zugezogenen Personen (Herstellung von Kontakten,
Unterstützung beim Berufseinstieg …)
Konsequente Fortsetzung der Maßnahmen zur Bekämpfung
des Fachkräftemangels und Entwicklung innovativer Ansätze
Bedarfsgerechte Arbeitszeiten inkl. begleitender Rahmenbedingungen
(z. B. Ausweitung der Kinderbetreuungsplätze und -betreuungszeiten)
Weiterentwicklung der Energieinfrastruktur zur Sicherstellung
der Versorgung und Netzqualität
Ausbau der erneuerbaren Energien und nachwachsenden Rohstoffe
Besonderer Einsatz auf Bundes- und EU-Ebene im Bereich
der Energie- und Umweltpolitik
Unternehmen durch Anreizsysteme zu mehr Energie-
und Ressourceneffizienz motivieren
Infrastruktur auf Straße/Schiene sowie zu Wasser/in der Luft ausbauen
Forcierung von Energieeffizienz und erneuerbaren Energieträgern
Vorausschauende Planung und Ausbau der Energieinfrastruktur
Mögliche konkrete politische Maßnahmen
liegen im Breitbandausbau, in transparen-
ten und effizienteren Genehmigungs ver-
fahren, in einer Stärkung des wirtschaft-
lichen Know-hows im Bildungs bereich und
in einer „Willkommens agentur“ für inter-
nationale Arbeitskräfte. Oberösterreich
sollte verkehrstechnisch besser an inter-
nationale wirtschafts starke Regionen an-
gebunden werden, wobei über grenzüber-
schreitende Planungen nach zudenken ist.
53Standort weiter denken 4.2. Produktionsstandort der Zukunft
Produktionsstandort der Zukunft
Schaffung eines Bewusstseins für die Bedeutung
der Industrie in der Bevölkerung
Balance zwischen Leistungs- und Verteilungsgerechtigkeit
Digitalisierung der Gesellschaft, Arbeitswelt und Wirtschaft
Bildung als Schlüssel für Wettbewerbsstärke und Innovationskraft
Technologie- und wirtschaftsbewusste Lehrer
Gesellschaftliche Anerkennung der dualen Berufsausbildung
Erschließung neuer Märkte
Fokus auf starke regionale Wertschöpfungsketten
(z. B. Cluster, Plattformen, Netzwerke)
Energieintensive Industrie kann in Oberösterreich
zu wettbewerbsfähigen Bedingungen arbeiten
Technikum für die Universität Linz
Höhere Technische Lehranstalten als zentraler Erfolgsfaktor
des Industriebundeslandes Oberösterreich
Junge Menschen werden frühzeitig in die Arbeitswelt eingebunden
Oberösterreich ist flexibler und produktiver als Deutschland
Eine zentrale Herausforderung, um
Oberösterreich als „Produktionsstandort
der Zukunft“ zu positionieren, ist, in der
Bevölkerung ein Bewusstsein für die
Industrie zu schaffen. Die Digitalisierung
von Gesell schaft und Arbeitswelt wird
sowohl Chancen als auch Herausforderun-
gen mit sich bringen.
In der Vision für die Zukunft verfügt Ober-
österreich über eine technische Univer-
sität und gestär kte HTLs. Der Fokus liegt
auf regionalen Wertschöpfungsketten, und
die energieintensive Industrie kann am
Standort gehalten werden.
4.2.
54 4.2. Produktionsstandort der Zukunft Standort weiter denken
Erhalt und Forcierung der KMU durch Entbürokratisierung
und Vernetzungsinitiativen
Schaffung eines öffentlichen Bewusstseins für Leitbetriebe (Wertigkeit,
Chancen, Nutzen für Oberösterreich) und die produzierende Wirtschaft
Konsequente Steigerung des Industrieanteils in Oberösterreich
Stärkere Präsenz und Mitwirkung auf europäischer Ebene
in der Gestaltung der Industriepolitik
Stärkere Zusammenarbeit mit anderen Industrieregionen wie etwa Bayern
Informations- und Kommunikationstechnologie als zentrales Element der
Wirtschafts- und Industriepolitik betrachten – zunehmende Verschmelzung
von IKT und Produktion („Industrie 4.0“)
Erhalt und Ausbau des Headquarter-Standortes Oberösterreich
Stärkung der internationalen Vernetzung der oberösterreichischen Industrie
und der Position Oberösterreichs in globalen Wertschöpfungsketten
Stärkung der Technisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät an der JKU Linz
Interesse an Technik bereits in der Schule fördern und
Attraktivität technischer Berufe vermitteln
Stärkung der dualen Ausbildung
Anerkennung und gezielte Unterstützung von Leitbetrieben als „Zugpferde“
für Wachstum und Beschäftigung
Plattform „Industrie 4.0“ und weitere Zukunftsmaßnahmen
für Leitbetriebe (COMET-Zentrum im Bereich „Industrie 4.0“,
Dateninitiative) konsequent umsetzen
Nachhaltige Lebenswelten und regionale Produktions- und
Wertschöpfungsnetzwerke forcieren
„Willkommenskultur“ für Unternehmen und Mitarbeiter forcieren
Know-how der „Senior Experts“ integrieren
Zu den entsprechenden politischen
Strategien und Zielsetzungen zählen die
Schaffung eines öffentlichen Bewusst-
seins für die Bedeutung der Leitbetriebe
und Produktionsstandorte im Land sowie
eine verstärkte Präsenz und Mitarbeit
Oberösterreichs auf europäischer Ebene.
Potenzielle politische Maßnahmen
umfassen u. a. die Stärkung der
technisch- naturwissenschaftlichen
Fakultät an der JKU Linz, Initiativen
im Bereich „Industrie 4.0“ und eine
Stärkung der dualen Ausbildung.
55Standort weiter denken 4.3. Vorsprung durch Forschung und Innovation
Vorsprung durch Forschung und Innovation
Ehrgeizige Forschungsziele erfordern eine massive Steigerung
der Investitionen, auch von öffentlicher Seite
Sichtbarmachung des Einsatzes von öffentlichen Geldern für Forschung und
Entwicklung und des Nutzens, den das Land daraus zieht
Ausweitung der Kooperationen Wissenschaft/Wirtschaft,
zugleich Stärkung der Grundlagenforschung als Basis für
angewandte Forschung und unternehmerische Innovation
Bedarf an doppelt so vielen MINT-Absolventen wie derzeit –
Ausbau der Technisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der JKU Linz
Erhalt und Ausbau der Attraktivität Oberösterreichs als Forschungsstandort
für Unternehmen, Gewinnung neuer Forschungszentren
Hochqualifizierte Techniker sollen in ausreichender Anzahl
zur Verfügung stehen, Steigerung der Anzahl an Forschern und
Ingenieuren um mindestens 5.000 Personen
Schwerpunktsetzung in spezifischen Forschungsfeldern und
konsequente Umsetzung in Bildung, Forschung und Wirtschaft
Der JKU-Campus und seine Umgebung werden attraktiviert,
z. B. nach dem Smart-City-Ansatz
Höhere Sichtbarkeit der Upper Austrian Research (UAR)
im internationalen Umfeld
Um Oberösterreich durch Forschung und
Innovation einen Vorsprung gegenüber
anderen Regionen zu sichern, müssen
folgende Herausforderungen bewältigt
werden: die Steigerung der Investitionen
in Forschung und Entwicklung, der weitere
Ausbau von Forschungsstrukturen und die
Sicherstellung von Fachkräften, insbeson-
dere im technisch-naturwissenschaftli-
chen Bereich.
Perspektiven für die Zukunft des Produk-
tionsstandortes Oberösterreich umfassen
in erster Linie eine Steigerung der Anzahl
von Studierenden in MINT-Fächern sowie
von Forschern und Ingenieuren. Weiters
werden Forschungsschwerpunkte gezielt
in Spezialisierungsfeldern gesetzt.
4.3.
56 4.3. Vorsprung durch Forschung und Innovation Standort weiter denken
Steigerung der hochqualifizierten Techniker auf mindestens 1.000 pro Jahr
Ausbau des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Oberösterreich,
insbesondere der außeruniversitären Forschung und im Bereich Technik
und Naturwissenschaft
Laufendes Aufgreifen neuer Forschungs- und Innovationsthemen,
z. B. Dienstleistungsinnovationen
Langfristige Investitionen in Grundlagenforschung gewährleisten
Ausbau und Vernetzung der FH-Standorte (Linz, Wels, Steyr, Hagenberg),
insbesondere auch in Kooperation mit Bayern und Tschechien
Generierung von Benchmarks in Spezialisierungsfeldern und strukturelle
Vernetzung mit internationalen Top-Playern
Bewusstsein für den Stellenwert von Ingenieuren stärken
Zusammenarbeit von Wirtschaft und Forschung fördern
Forschungsergebnisse in das Bildungssystem integrieren
Attraktivierung Oberösterreichs als Einwanderungsland
für Forscher und Techniker
Ermöglichung von mindestens drei Stiftungsprofessuren
„Forscher auf Zeit“ anwerben
Erfolgreiches Modell „Softwarepark Hagenberg“ als Kombination
von einschlägiger Wirtschaft, Lehre und Forschung
auf mehr Regionen und Themenfelder ausrollen
F&E-Mittel des Landes deutlich erhöhen
Einrichtung eines Zentrums für Produktionsforschung
Attraktive Wohnungen bzw. Häuser für Wissenschafter, Forscher,
Assistenzprofessoren
Einrichtung einer Lobbying-Stelle für Oberösterreich in Wien und Brüssel zur
Vertretung der oberösterreichischen Interessen in den Bereichen Forschung
und Wissenschaft
Netzwerke für „Business Angels“ im Forschungsbereich
Kooperationen mit Joint Research Center fördern
Stipendien des European Research Council einwerben
PPP-Modelle zwischen Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft forcieren
Als politische Strategien und Ziele sind
eine signifikante Steigerung der Absolven-
ten der Technisch-Naturwissenschaftli-
chen Fakultät anzustreben, die FH-Stand-
orte und ebenso die außeruniversitäre
Forschung sind daher auszubauen. Die
Zusammenarbeit von Wirtschaft und
Forschung sollte gefördert werden und
Österreich für internationale Forscher
attraktiver werden.
Mögliche politische Maßnahmen be-
in halten u. a. die Übertragung des erfolg-
reichen Modells „Softwarepark Hagen-
berg“ auf andere Regionen und Themen-
felder, die Erhöhung der F&E-Mittel des
Landes und die Einrichtung einer EU-Lob-
bying-Stelle in Brüssel für Forschung und
Wissenschaft in Oberösterreich.
57Standort weiter denken 4.3. Vorsprung durch Forschung und Innovation
Bündelung der Forschungsaktivitäten in der Upper Austrian Research (UAR)
Neue Netzwerkarchitektur für überregionale Fachhochschulen
Horizon 2020: Verantwortliche für bestimmte Themenfelder benennen
Anreizstrukturen für schnell wachsende Forschungsbetriebe
Nutzung der Chancen durch die Einrichtung der Medizinischen Fakultät an
der Johannes Kepler Universität Linz; Bildung eines „Medical Valley“
Big-Data-Medizin als möglicher Forschungsschwerpunkt der Medizinischen
Fakultät an der JKU Linz
Flächen und Budgetmittel für den JKU-Campus sichern
Forcierung der regionalen Innovationsstärke durch Zusammenarbeit
zwischen Hochschulen und Technologiezentren
Forschung und Innovation im Energiebereich ausbauen
58 4.4. Wachstumspotenziale von KMU und Start-ups Standort weiter denken
Wachstumspotenziale von KMU und Start-ups
Rechtliche Stabilität und Rechtssicherheit (z. B. in Bezug auf
das Handelsabkommen TTIP)
Forcierung von unternehmerischem Denken (Entrepreneurship)
Schaffung einer „Akzeptanzkultur“, Steigerung der gesellschaftlichen
Akzeptanz für einen Neubeginn
Abbau von bürokratischen und administrativen Hürden
Mehr Start-ups als heute, insbesondere in enger Verbindung mit wissen-
schaftlichen Einrichtungen
Gute Stimmung in der und für die Wirtschaft
Funktionierende Nahversorgung in jeder Gemeinde durch
entsprechende Förderungen und rechtliche Rahmenbedingungen
Ausgebautes Clusterwesen in Oberösterreich
Wachstumsfreundliche Gesellschaft
(„Gewinn machen ist nicht unanständig“)
50 % der Start-ups im produzierenden Bereich
„Zeitfresser“ Bürokratie ist auf ein minimales Ausmaß reduziert
Eine der zentralen Herausforderungen,
um die „Wachstumspotenziale von KMU
und Start-ups“ freizusetzen, besteht da-
rin, ein um fassendes unternehmerisches
Denken in der Bevölkerung zu verankern.
Auch fehlt es KMU und Start-ups an
Rechts sicherheit bzw. rechtlicher
Stabilität.
In der Vision gibt es mehr Start-ups als
heute, wobei deutlich mehr Start-ups im
produzierenden Bereich tätig sind. Das
Clusterwesen in Oberösterreich ist weiter
ausgebaut und es herrscht eine positive
Grundstimmung in der Wirtschaft und
auch in der Gesellschaft gegenüber der
Wirtschaft.
4.4.
59Standort weiter denken 4.4. Wachstumspotenziale von KMU und Start-ups
Klare Strategie für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich –
Bekenntnis zum Unternehmertum
Gezielte Förderung von wachsenden KMU („Gazellen“)
Förderung von technologie-intensiven Start-ups
Flexibilisierung, insbesondere in Hinblick auf Bedarfsgerechtigkeit
in der Arbeitswelt, Konsumentenschutz, Umweltschutz
Stärkung der dualen Ausbildung und der HTLs
Erschließung der Chancen im Dienstleistungsexport
Oberösterreich als Standort für IT-Unternehmen positionieren
Leichterer Zugang zu öffentlichen Datensätzen (Open Data)
und aktive Nutzung für neue Geschäftsmodelle
Forcierung von „Open Innovation“
als neuer Ansatz der Wissensgenerierung
Unternehmergeist in der Gesellschaft forcieren
Vermittlung unternehmerischer Kompetenzen in der Ausbildung,
insbesondere HTLs
Bei Auftragsvergabe von öffentlichen Aufträgen
besondere Berücksichtigung von Start-ups
Schaffung neuer Venture-Capital-Fonds und
Erleichterungen für Crowdfunding
Vereinfachungen bei Lohnverrechnung, Abführung an eine zentrale Stelle
Senkung der Lohnnebenkosten
Förderung spezieller „tech2b“-Gründungen im produzierenden Bereich
Förderung für Hochschulen und Leitbetriebe bei Spin-offs
Unterstützung von Social Entrepreneurship durch Inkubatoren
und Fördermaßnahmen
Kooperationen zwischen Industrie und Kreativwirtschaft fördern
Bereitstellung niederschwelliger Informationen für KMU
zu F&E-Förderungen
Kompetenzaufbau zur Verbreitung von „Open Innovation“
Um die Wachstumspotenziale von KMU
und Start-ups freizusetzen, ist eine klare
politische Strategie für den Wirtschafts-
standort Oberösterreich notwendig.
Schnell wachsende KMU und technologie-
intensive Start-ups sollten gezielt
gefördert und die rechtlichen Rahmen-
bedingungen flexibilisiert werden.
Zu den möglichen politischen Maß
nahmen gehören insbesondere bessere
Finanzierungs möglichkeiten durch die
Schaffung von Venture-Capital-Fonds
und leichteren Zugang zu Crowdfunding.
Zudem erscheinen eine Senkung der
Lohnnebenkosten und Vereinfachungen
bei der Lohnverrechnung sinnvoll.
60 Standort weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Aus den eingebrachten Ideen und An
regungen haben sich folgende Aspekte
als zentrale Ableitungen und Impulse für
Oberösterreich herauskristallisiert:
Topleistungsfähige Infrastruktur in allen Bereichen
Die Lage an wichtigen Verkehrsknotenpunkten war in der Geschichte ein
wichtiger Erfolgsfaktor für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich. Da-
mit Oberösterreich weiter an Attraktivität gewinnt, braucht das Land eine
attra ktive und im internationalen Vergleich top-leistungsfähige Infra struktur
(Verkehr, Breitband, Betriebsflächen), wofür man sich im Land und auf
Bundesebene nachdrücklich einsetzen muss.
Investitionsanreize in Oberösterreich
Damit Investitionen von ansässigen Betrieben getätigt und neue Betriebs-
ansiedelungen gewonnen werden, sind ehestmöglich Investitionsanreize zu
setzen. Dies inkludiert monetäre Anreize ebenso wie intermediäre Unter-
stützungsleistungen und ein investitionsfreundliches Klima im Land.
Unterstützung von produktionsorientierten Unternehmensgründungen
Nach dem Grundsatz „Die Unternehmensgründungen von heute sind die
Leitbetriebe von morgen“ müssen gerade wachstumsorientierte Gründer
und Jungunternehmen im Produktionsbereich unterstützt werden. Dazu
dienen Informations- und Motivierungs maß nahmen, spezifische Inkuba-
torenprogramme oder die aktive Unter stützung von Jungunternehmen bei
Pilotvorhaben und Demonstrations projekten (z. B. Erprobung neuer Techno-
logien bei Gebäuden, Fahrzeugen etc. des Landes Oberösterreich).
Oberösterreich in „Global Value Chains“
Die enge internationale Vernetzung war und ist ein wichtiger Baustein für
den Erfolg der oberösterreichischen Wirtschaft. Um von der zunehmenden
globalen Vernetzung zu profitieren, muss Oberösterreich seine Position in
internationalen Wertschöpfungsketten aktiv gestalten und sich strategisch
positionieren.
Initiative „Regionale Wertschöpfung“
Ein wirtschaftlicher Zukunftstrend besteht in der stärkeren Erschließung
regionaler Wertschöpfungspotenziale. Produktion in der Region steht für
Qualität, Nachhaltigkeit, Ressourcen- und Umweltschonung und nicht
zuletzt für eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber internationalen Ent-
wicklungen. Was beispielsweise im Lebensmittelbereich inzwischen zum
Erfolgsmodell wurde, kann auch auf das Handwerk, Gewerbe und fallweise
die Industrie im Rahmen von Modellprojekten ausgeweitet werden.
Ausbau der FHStandorte in Oberösterreich
Die oberösterreichischen Fachhochschulen haben sich binnen weniger
Jahre zu renommierten Bildungs- und Forschungseinrichtungen mit hohem
Praxisbezug entwickelt und einen hervorragenden Ruf im In- und Ausland
erworben. Diese Erfolgsgeschichte gilt es durch einen deutlichen Ausbau der
bestehenden Standorte und eine stärkere überregionale Vernetzung mit Bil-
dungs- und Forschungseinrichtungen sowie Unternehmen fortzuschreiben.
61Standort weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich 61
TechnikOffensive Oberösterreich
Als Industriestandort ist Oberösterreich auf starke Bildungs- und
Forschungsstrukturen im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich
angewiesen. Angeregt wird die Erarbeitung und Umsetzung einer ehr-
geizigen Strategie für den intensiven Ausbau der sekundären und tertiären
technischen Bildungs- und Forschungsstrukturen in OÖ (insb. HTL, JKU/
TNF, FH, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen) sowie die Stärkung
der internationalen Profilbildung der oberösterreichischen Einrichtungen.
„HagenbergModell“ auf andere Themen und Regionen übertragen
Die räumliche Nähe und enge Verbindung von Forschung, Lehre und Wirt-
schaft im IT-Segment waren maßgeblich für das „Erfolgsmodell Hagenberg“.
Dieses Modell könnte gezielt auf andere Themen und Regionen ausgeweitet
werden, etwa im Zusammenhang mit der Medizin-Fakultät an der JKU Linz
(„Medical Valley Upper Austria“) oder in Bereichen wie Mechatronik, Werk-
stoffe/Leichtbau, Lebensmittel, Bauwirtschaft etc.
Standort und Forschungsbeauftragter in Brüssel
Wirtschafts- und Forschungspolitik wird zunehmend auf europäischer Ebene
gestaltet. Damit Oberösterreich Informationsvorsprünge sowie strategische
Einflussmöglichkeiten erschließen kann, wäre die Einsetzung eines „Stand-
ort- und Forschungsbeauftragten“ in Brüssel anzudenken. Dahinter steht
das konkrete Ziel, Oberösterreich mehr Sichtbarkeit auf EU-Ebene in den
Bereichen Wirtschaft und Forschung zu verschaffen und mehr EU-Förder-
mittel für Oberösterreich einzuwerben.
Mobilisierung von Forschungskapital
Die Finanzierung von Forschungsvorhaben wird für viele Forscher eine große
Herausforderung. Projekte, die nicht den aktuellen Richtlinien oder Aus-
schreibungsschwerpunkten der Förderstellen entsprechen, lassen sich oft
nicht finanzieren. Hierfür gilt es, nach amerikanischem Vorbild Forschungs-
kapital auf anderen Wegen zu mobilisieren (aktive Gewinnung von Mäzenen,
Anreize für private Stiftungen und „Business Angels“, Crowdfunding etc.)
Deregulierung und Bürokratieabbau
Ein großes Wachstumshemmnis sind die überbordende Regulierung und
Bürokratie. Oberösterreich geht in Bezug auf Deregulierung, Bürokratie-
abbau und administrative Erleichterungen für Unternehmen mit gutem
Beispiel voran. Erforderlich ist ein massiver Einsatz in Wien für ent-
sprechende Schritte auf Bundesebene.
Ergebnisse – Projekt Freiraum
Bildung weiter denken
64 Ergebnisse – Projekt Freiraum Bildung weiter denken
5. Bildung weiter denken
Unter den meistgenannten Themenfeldern nimmt die Bildung
einen besonderen Stellenwert ein. Kaum ein anderes Thema
liegt den Oberösterreichern so sehr am Herzen wie die Bil-
dung. Umso wichtiger ist es, zukunfts weisende Strategien und
Handlungslinien für morgen und übermorgen zu entwickeln.
Bildung ist ein wesentlicher Schlüssel für den Zugang zum Ar-
beitsmarkt. Damit verbunden sind auch Lebens chancen und
Perspektiven, wie die Gründung einer Familie, ein attraktives
Wohnumfeld, eine sinnerfüllende Beschäftigung etc. Bildung
nur auf den ökono mischen Aspekt zu reduzieren, würde aber
ihrer tatsächlichen Bedeutung für den Menschen, die Persön-
lichkeitsentwicklung und Lebensqualität nicht gerecht werden.
Bildung bedeutet auch, die eigenen Fähigkeiten zu erkennen,
Freude an Neuem zu entwickeln, sich kritisch mit Dingen aus-
einandersetzen zu können und die Vielfalt von Kultur, Wissen-
schaft und Forschung zu begreifen.
Unser Bildungssystem hat daher maßgeblichen Einfluss auf
die Zukunft jedes Einzelnen und unserer Gesellschaft. In der
Schule wird ein wichtiger Grundstein gelegt, auf den die jun-
gen Menschen in ihrem weiteren Leben aufbauen können.
„Stärkenorientierter Unterricht schafft selbstbewusste und motivierte junge Menschen – und genau die braucht unser Land!“ Landesrätin Mag. Doris Hummer
Bildungsstand der Bevölkerung zwischen 25 und 64 Jahren
Quelle: Statistik Austria
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
70 %
80 %
90 %
100 %
Allgemeinbildende Pflichtschule Lehre BMS
AHS BHS Tertiäre Bildung (inkl. Kolleg)
11,5
23,8
39,5
12,9
38,5
15,6
41,0
14,6
34,8
13,2
24,0
23,9
9,4 9,7 8,07,5 7,8
6,8
8,1
9,8
19,5
4,8
18,9
35,8
9,4
13,8
42,4
15,0
4,0
13,9
37,1
16,7
18,0
5,0
13,6
3,8
20,1
15,8
17,6
15,8
5,0
16,1
15,4
5,1
17,1
19,5
36,0
14,7
7,1
4,6
17,3
4,0
10,9
23,3
Bgl. Ktn. NÖ OÖ Sbg. Stm. Trl. Vbg. Wien
Österreich-Durchschnitt
„Der Lernerfolg junger Menschen hängt im Wesentlichen auch davon ab, ob es gelingt, Neugier und Wissensdurst zu wecken. Ist die Lernmotivation da, können sich Stärken und Talente vollends entfalten. Gelingt es, das ‚Lernen mit Freude‘ zu vermitteln, werden die Bildungsangebote auch in Anspruch genommen.“ Klubobmann Mag. Thomas Stelzer
Oberösterreich hat in den letzten Jahren maßgebliche Schritte
gesetzt, um im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten die indivi-
duellen Talente der Schüler zu fördern. Das bedeutet einen Para-
digmenwechsel – weg von der Fehlerorientierung im Unterricht,
hin zur Stärkung der Begabungen jedes Einzelnen. Ein weiterer
Schwerpunkt in der oberösterreichischen Bildungs politik liegt
in der Aktivierung von eigenverantwortlicher Qualitäts sicherung
und der standortbezogenen Schulentwicklung.
65Bildung weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
5. Bildung weiter denken
Prof. Dr. Klaus Zierer
Universität Oldenburg
Tätigkeit als Grundschullehrer
2003 Promotion an der Ludwig-
Maximilians-Universität München
Visiting Research Fellow am Department
of Education der University of Oxford
Seit 2010 Associate Research Fellow am
dort angesiedelten ESRC Centre on Skills,
Knowledge and Organisational Per-
formance (SKOPE)
Seit 2011 Professor für Erziehungswissen-
schaft mit dem Schwerpunkt Allgemeine
Didaktik/Schulpädagogik an der Carl von
Ossietzky Universität Oldenburg
„Die formalen Bildungsstrukturen spielen eine untergeordnete Rolle für den Bildungserfolg. Entscheidend ist nicht, was außen auf dem Schild steht, sondern was im Klassenzimmer geschieht. Eine Gleichmacherei im Bildungswesen wird weder der Individualität des Menschen noch den Anforderungen für die Welt von morgen gerecht.“ Prof. Dr. Klaus ZiererErziehungswissenschafter
Die internationale Erziehungswissenschaft sieht ein Umdenken
in der Bildungspolitik als notwendig an, um junge Menschen
auf die Welt von morgen und übermorgen gut vorzubereiten. Die
Vermittlung von Fachwissen und Kompetenzen ist nur ein Teil für
ein erfolgreiches und glückliches Leben – ebenso wichtig ist die
Vermittlung von Werten, Einstellungen und Bewertungssystemen.
Ein tiefes Verständnis über Zusammenhänge geht über das
Oberflächenwissen, das mit PISA und ähnlichen Tests gemessen
wird, weit hinaus. In der heutigen Informationsgesellschaft ist
Wissen en masse verfügbar, etwa mit dem Smartphone. Kindern
und Jugendlichen muss auch die Fähigkeit vermittelt werden,
richtig damit umzugehen und Dinge kritisch zu hinterfragen. Die
Bedeutung der Bildung für die persönliche Entwicklung eines
Menschen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Bildung
ist der Schlüssel zur Erfüllung materieller und immaterieller Be-
dürfnisse des Menschen wie etwa des Gefühls, einen produktiven
Beitrag für die Gesellschaft leisten zu können und gebraucht zu
werden.
Lebenslanges Lernen in den Bundesländern 2014 (in Prozent)
Quelle: Statistik Austria
0%
5 %
10 %
15 %
20 %
25 %
Wien Vbg. NÖ Ktn. Trl. OÖ Stm. Sbg. Bgl.
Burgenl. Salzburg Tirol WienNÖ
OÖKärnten Steierm. Vorarlb. Österr.
14,519,7 14,0 13,7 13,6 13,5 13,5 10,412,7
66 Ergebnisse – Projekt Freiraum Bildung weiter denken
„Wenn es gelingt, der nachwachsenden Generation nicht nur zu Kompetenzen, sondern auch zu entsprechenden Haltungen zu verhelfen, dann können die Herausforderungen der Zukunft zu Chancen werden.“ Univ.-Prof. DDr. Christiane SpielBildungspsychologin
Kompetenzerfordernisse verändern sich in einem immer höheren
Tempo. Lebensbegleitendes Lernen ist daher zentral für ein zu-
kunftsorientiertes Bildungswesen. Entscheidende Faktoren sind
hier die Bildungs- und Lernmotivation, für die bereits in jungen
Jahren das Fundament gelegt werden muss. Selbstvertrauen,
Ressourcenmanagement und Reflexionsfähigkeit sind weitere
Aspekte, die es in der Schule und auf dem weiteren Bildungsweg
zu vermitteln gilt. Denn Lernmotivation ist keine Eigenschaft,
sondern ein Prozess.
Univ.Prof. DDr. Christiane Spiel
Universität Wien
Studium der Psychologie, Mathematik
und Geschichte
Gründungsprofessorin am neu eingerichteten
Arbeitsbereich Bildungspsychologie und
Evaluation an der Universität Wien
Mitbegründerin der Bildungspsychologie als
eigene wissenschaftliche Disziplin
2004 bis 2006 Gründungsdekanin der Fakultät
für Psychologie an der Universität Wien
Seit 2010 Präsidentin der Österreichischen
Gesellschaft für Psychologie
„Bildung bedeutet die Chance zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit und Erfüllung fundamentaler menschlicher Bedürfnisse wie etwa des Gefühls, gebraucht zu werden und einen nützlichen Beitrag für die Allgemeinheit leisten zu können. Je höher die Bildung, desto höher die Chance, dass sämtliche Grundbedürfnisse befriedigt werden können.“ Univ.-Prof. DDr. Christiane SpielBildungspsychologin
67Bildung weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
Ziele und Leitlinien
Das Bildungssystem von morgen, das junge Menschen auf die
Chancen und Herausforderungen der Zukunft optimal vorbe-
reitet, orientiert sich an folgenden vier Themenfeldern und
Zieldimensionen:
Wie können neue Lernprozesse und methoden zur stärkenorientierten Bildung
noch besser implementiert werden? Wie können junge Menschen für einen
technischnaturwissenschaftlichen Beruf begeistert werden?
In einer Welt, die von zunehmender Heterogenisierung und Diversifikation geprägt ist,
ist es von entscheidender Bedeutung, die individuellen Stärken zu erkennen und gezielt
zu fördern. Daneben gilt es, verstärkt auf die Chancen der Arbeitswelt von morgen
einzugehen. So ist beispielsweise klar absehbar, dass Fachkräfte mit einer soliden
technisch-naturwissenschaftlichen Ausbildung im Industrieland Oberösterreich sicher
gebraucht werden.
Welche Rahmenbedingungen sind erforderlich, damit sich Bildungseinrichtungen
weiterentwickeln können? Wie können Lehrer als Schlüsselpersonen des Bildungs
wesens motiviert und unterstützt werden?
Ebenso wie Innovationen in der Wirtschaft erforderlich sind, um am Puls der Zeit zu
bleiben, so muss auch das Bildungssystem offen für Innovationen sein. Dies betrifft
zum einen die Organisationsstrukturen und Governance des Bildungswesens und zum
anderen das „Bildungssystem vor Ort“. Schulen müssen sich gemäß ihrer individuellen
Stärken weiterentwickeln können. Die Lehrkräfte spielen dabei eine Schlüsselrolle –
sie können die Schüler motivieren, befähigen, begeistern und individuelle Förderan-
gebote organisieren.
Wie können für alle Kinder und Jugendlichen in Oberösterreich optimale
Bildungszugänge geschaffen werden? Wie kann die Durchlässigkeit in einem
vielfältigen Bildungssystem gesteigert werden?
Qualifikation und Bildung umfassen nicht nur die ökonomische Dimension –
das persönliche Lebensglück und die Lebensperspektiven junger Menschen
hängen wesentlich davon ab, inwieweit sie für die Herausforderungen der Zukunft
vorbereitet werden. Bildungszugänge für alle und ein durchlässiges, vielfältiges
Bildungswesen schaffen den Rahmen, damit junge Menschen optimale Start-
bedingungen für ihr weiteres Leben haben.
Was kann getan werden, damit lebensbegleitendes Lernen als Grundprinzip für alle
Oberösterreicher stärker verankert wird? Welche „Skills“ und Qualifikationen gilt es
in Zukunft vermehrt in der Weiterbildung zu vermitteln?
Experten sind sich einig, dass die Welt von morgen immer neue Anforderungen an die
Menschen stellen wird. Bildung ist daher nicht nur auf das Klassenzimmer begrenzt,
sondern muss weit darüber hinausgehen. Lebensbegleitendes Lernen wird in Zukunft
einen noch größeren Stellenwert einnehmen, worauf bei der Gestaltung der politischen
Rahmenbedingungen entsprechend zu achten ist.
Stärken- und Chancen- orientierung:
Innovatives Bildungssystem:
Lebenschancen durch Qualifikation und Bildung:
Lebensbegleitendes Lernen:
68 5.1. Stärken- und Chancenorientierung Bildung weiter denken
Stärken- und Chancenorientierung
Abkehr von der Defizitorientierung („Rotstift-Mentalität“)
hin zur Chancenorientierung; das Bildungssystem muss sich auf
jeweilige Stärken der Kinder konzentrieren und nicht auf ihre Schwächen
Die individuellen Begabungen jedes Menschen müssen erkannt
und in ihrer ganzen Vielfalt in den Schulen gefördert werden
Das Bildungssystem muss praxisnäher gestaltet werden
Jugendlichen müssen jene Qualifikationen vermittelt werden,
die sie später am Arbeitsmarkt benötigen
Hoher Bedarf im Bereich Technik/Naturwissenschaften
Hebung der Attraktivität der MINT-Fächer
(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik)
Verschiedene Berufsbilder müssen aufgewertet und
aktualisiert werden, um Fachkräfte zu gewinnen
Leistungsorientierung wird künftig notwendig sein
Im Bereich der Bildung muss ein Para-
digmenwechsel von der Defizitorientie-
rung hin zu einer Chancenorientierung
stattfinden. Individuelle Begabungen und
Stärken sollen in den Fokus gerückt wer-
den. Weitere Herausforderungen für das
Bildungssystem liegen in der praxisnahen
Ausgestaltung und der Anpassung an die
Bedarfe der Arbeitswelt.
5.1.
69Bildung weiter denken 5.1. Stärken- und Chancenorientierung
Bedarfsgerechte Ausbildung (Technik, Sprachen etc.) unter
Berücksichtigung möglicher Unterschiede zwischen Buben und Mädchen
Der Fokus liegt klar auf den Stärken der Schüler, nicht auf deren Schwächen
Im Mittelpunkt stehen die persönlichen Interessen und Stärken
und die sich daraus ergebenden Chancen
Den Schülern wird mehr Eigenverantwortung zugestanden
Der Lehre wird ein höherer Stellenwert eingeräumt
Die Gesundheitskompetenz wird gefördert
Aktivierung von Fähigkeiten und Interessen in Bildungseinrichtungen
Kindern die Chance geben, im Bildungssystem ihre Talente zu entdecken
Bewusstsein über Kompetenzen von Kindheit an schaffen
Vielfalt an Begabungen in den Schulen fördern
Förderung von Individualität, wenngleich nicht alle
Kinder zwingend davon profitieren
Freiräume schaffen, um Forschergeist und Kreativität zu fördern
Employability-Fokus in der Aus- und Weiterbildung
Abbau bürokratischer Hürden
Forcierung von Schwerpunkten im Bildungssystem
Förderung und Attraktivierung des technisch-
naturwissenschaftlichen Bereichs (MINT-Fächer)
Aufwertung des Lehrerberufs durch ein effizientes Anreizsystem
Gleichwertigkeit von praktischer und theoretischer Bildung
(Lehrabschluss vs. Matura) betonen
Differenzierung schafft Orientierung – Stärken durch Praxis ausbauen
Verbesserung des Images von Lehrlingen und Fachkräften
Das Schulsystem der Zukunft soll eine
bedarfsgerechte Ausbildung mit klarem
Fokus auf die Ressourcen der Schüler
bieten, um die „Stärken- und Chancen-
orientierung“ in der Bildung sicherzu-
stellen. Mit besonderem Augenmerk auf
individuelle Interessen und Fähigkeiten
wird auch der Lehre ein höherer Stellen-
wert eingeräumt.
Politische Strategien, die der „Stärken-
und Chancenorientierung“ im Bildungs-
wesen Rechnung tragen, haben die Akti-
vierung von Fähigkeiten und Interessen
als auch die Verwertbarkeit (Employ-
ability) der Aus- und Weiterbildung zum
Ziel. Dabei werden Schwerpunkte forciert,
insbesondere im technisch-naturwissen-
schaftlichen Bereich, aber auch die Indivi-
dualität der Schüler berücksichtigt.
70 5.1. Stärken- und Chancenorientierung Bildung weiter denken
Stärken- und Begabtenförderung ausweiten und Kinder, Eltern
sowie Lehrer über entsprechende Angebote informieren
bzw. Information bezüglich bestehender Begabungsförderungen ausbauen
Individuelle Stärken- und Talenteförderung, insbesondere auch mittels Dia-
gnosen durch Fachpersonal
Konsequente Anwendung von modernen Unterrichtsformen und
neuen pädagogischen Konzepten, die auf die individuelle Förderung
der Potenziale und Begabungen abzielen
Förderprogramme für geistig/psychisch beeinträchtigte Schüler ausbauen
Leistungsbeurteilung kompetenzorientiert gestalten
Flexibilisierung bei Schwerpunkten in der Ausbildung
Matura mit Lehre sowie Lehre mit Matura ausbauen und forcieren
Schulische Projekte im Handwerksbereich fördern
Top-Lehrlingsbetriebe in OÖ identifizieren und branchenspezifisch fördern
Förderung der Kooperation zwischen Bildungseinrichtungen
und Privatwirtschaft
Effektivere Berufsorientierung, um Dropout-Raten zu verringern
Stärkere Förderung von kreativen Fächern
Konkrete Umsetzungsschritte dazu um-
fassen die Ausweitung der Stärken- und
Begabungsförderung mit entsprechender
Information über weiterführende Angebo-
te. Die Leistungsbeurteilung sollte kompe-
tenzorientiert erfolgen, Schwerpunkte in
der Ausbildung flexibler gestaltet werden.
71Bildung weiter denken 5.2. Innovatives Bildungssystem
Innovatives Bildungssystem
Komplexes Kompetenzprofil des Lehrerberufes: Lehrer müssen
Motivation und Begeisterung wecken, als Erzieher fungieren und
die Persönlichkeitsbildung ihrer Schüler vorantreiben können
Professionelle Unterstützung für Pädagogen ist erforderlich,
Kompetenzbildung bei Lehrern und Kindergärtnern muss gefördert werden
An den Schulen ist mehr Unterstützungspersonal notwendig
Lehrer brauchen einen Arbeitsplatz und die nötigen Ressourcen
Wertschätzung und Anerkennung für alle Pädagogen
muss gesteigert werden
Stärkung der Schulautonomie und
der Gestaltungsspielräume der Lehrkräfte
Neuorientierung der Lehrinhalte im Hinblick auf wesentliche Zukunfts-
kompetenzen (Lernfähigkeit, Kreativität, Sprachen, Naturwissenschaften,
Technik, IKT- und Medienkompetenzen)
Erhalt eines differenzierten Bildungsangebotes
Integration der Eltern in die Bildung, z. B. durch Schulpartnerschaften,
muss vorangetrieben werden
Die Chancen und Herausforderungen auf
dem Weg zu einem innovativen, zukunfts-
orientierten Bildungssystem sind essen-
ziell mit dem Lehrpersonal verbunden,
da sie die Schlüsselrolle im Schulwesen
einnehmen. Lehrkräfte müssen in ihrer
Kompetenzbildung professionell unter-
stützt und die Wertschätzung des Berufes
muss gesteigert werden. Weiters bedarf es
einer zukunftsorientierten Überarbeitung
der Lehrinhalte.
5.2.
72 5.2. Innovatives Bildungssystem Bildung weiter denken
Schulalltag soll lebenswert gestaltet werden
Schulen benötigen eine angemessene Ausstattung und Infrastruktur
Kosteneffizienz muss auch im Bildungssystem berücksichtigt werden
Vermittlung von Standards und Grundfähigkeiten
in Verbindung mit flexiblen Auswahlschwerpunkten
Lösungs- statt problemorientiertes Bildungssystem
Lernen orientiert sich auch an den Interessen der Schüler
und thematischen Schwerpunkten
Medien sind im Bildungssystem integriert, im Lehrplan findet sich Digitali-
sierung wieder und Projekte mit neuen Medien werden gefördert
Ein „echtes“ modulares Schulsystem, insbesondere in der Oberstufe
Schulen haben eine moderne und attraktive Ausstattung, z. B. im IT-Bereich
Alternative Schul- und Unterrichtsformen unter Wahrung der Wahlfreiheit
werden entwickelt und etwa in Form von Pilotprojekten getestet
Schule als Institution unterstützt Eltern in Erziehungsfragen
Verbale Beurteilung von Schülern gewinnt an Bedeutung
Schulen öffnen sich für Öffentlichkeit, Wirtschaft etc.
Den Schulen mehr Autonomie zugestehen – Schulleiter sollen auch
„Manager“ sein, Lehrkräfte größeren Gestaltungsspielraum haben
Stärkere Spezialisierung von Bildungseinrichtungen ermöglichen
Anpassung der Schulen an den Schulstandort
bzw. an regionale Bedarfe und Gegebenheiten
Zentrale Bildungsvorgaben: Mindeststandards und Kernaufgaben von
Schulen vorgeben und dementsprechend die Lehrerverteilung gestalten
Weiterentwicklung, Modernisierung und Effizienzsteigerung
der Governance-Strukturen im Schulbereich
Über den Pflichtschulbereich hinaus Bildung vermitteln
(z. B. Lehre mit Matura – Matura mit Lehre)
Vernetzung im System Eltern-Lehrende-Schüler vertiefen
Das Bildungssystem von morgen ver-
mittelt Standards und Grundfähigkeiten
in Verbindung mit flexiblen Ausbildungs-
schwerpunkten. Der Unterricht orientiert
sich auch an den Eigen interessen der
Schüler und unterstützt Eltern in Erzie-
hungsfragen. Auch moderne Medien und
Digitalisierung sind Teil des Unterrichts.
Die zentrale politische Strategie zur
Erreichung dieser Visionen liegt in der
Stärkung der Schulautonomie. Bildungs-
einrichtungen sollten sich stärker spezi-
alisieren und an ihren Standort anpassen
können. Jedoch sollten für die Schulen
auch zentrale Bildungsstandards gelten,
um die Verlässlichkeit des Systems Schule
zu erhöhen.
73Bildung weiter denken 5.2. Innovatives Bildungssystem
Abbau von Regularien im Bildungssystem
Betreuungsqualität durch Gruppenorientierung und
homogene Schulgruppen sicherstellen
Ausweitung des Unterrichts in Kleingruppen
Flexiblere Formen des Klassenverbandes und
der Unterrichtseinheiten andenken
Einführung eines Auswahlsystems für den Lehrberuf
Leistungsgerechte Komponente bei der Bezahlung
und Ergebnisverantwortlichkeit von Lehrern
Indikatoren für und in der Lehrerbewertung implementieren
Hochqualitative Aus- und Weiterbildung der Lehrenden forcieren
Image des Lehrerberufs in der Öffentlichkeit steigern
Stärkere Anerkennung des Lehrerberufs als Anreiz zur
Vermittlung von Neugier und Freude am Lernen
Flexibleres Dienstrecht für Lehrer und Erleichterung
des Wechsels zwischen Lehrtätigkeit und anderen Berufen
Änderung von Schultypen und Lehrplänen als Anpassung
an eine sich rasch verändernde Welt
Grundausbildung breit verstehen: Grundkompetenzen,
soziale Kompetenzen und digitale Kompetenzen fördern
Mit neuen Medien verstärkt in Schulen unterrichten
Transparenz im Bildungssystem schaffen, z. B. durch Definition
von Standards, Grundfertigkeiten und Vertiefungsgebieten
Intensivierung der Kooperationen zwischen Schulen und externen
Partnern (z. B. Sportvereinen, Kultureinrichtungen, Unternehmen,
Ärzten, Therapeuten, Bauernhöfen etc.)
Als politische Maßnahmen für ein inno-
vatives Bildungssystem schlagen die
Experten u. a. den Abbau von Regularien
und die Sicherstellung der Betreuungs-
qualität vor. Weiters sollten moderne Un-
terrichtsformen konsequent angewendet
und Kooperationen zwischen Schulen und
externen Partnern intensiviert werden.
Weiterentwicklung der Bildungsplanung und -steuerung in Kindergarten
und Schule insbesondere bezüglich Anzahl der Plätze, thematischer und
Kompetenzschwerpunkte
Unterstützung von schulübergreifenden Kooperationen
Polytechnische Schule als Berufsvorbereitung aufwerten
74 5.2. Innovatives Bildungssystem Bildung weiter denken
75Bildung weiter denken 5.3. Lebenschancen durch Qualifikation und Bildung
Lebenschancen durch Qualifikation und Bildung
Die Distanz zwischen Hoch- und Niedrigqualifizierten vergrößert sich
Vermittlung von Basisqualifikationen ist notwendig,
insbesondere „lernen lernen“
Migranten nützen derzeit nicht alle Möglichkeiten des Bildungssystems,
Integration und Inklusion müssen verbessert werden
Internationale, leistungsstarke Schüler müssen
besser ins Bildungssystem integriert werden
Nostrifizierung von im Ausland erworbenen Abschlüssen
Persönliches Umfeld – insbesondere Familie und Freunde –
ist für den Bildungserfolg von zentraler Bedeutung
Eltern müssen stärker in die Bildung eingebunden werden,
insbesondere jene mit Migrationshintergrund
In manchen Fällen fehlen den Eltern die zeitlichen Ressourcen,
um ihre Kinder entsprechend fördern zu können
Bildung vermittelt Wissen, schafft Orientierung und
unterstützt die individuelle Persönlichkeitsentwicklung
Die Schule bereitet auf die Arbeitswelt vor, vermittelt aber auch
Begeisterung für Kunst und Kultur und erweitert den persönlichen Horizont
Das soziale Umfeld spielt keine Rolle für Qualifikation und Bildung –
ein Aufstieg durch Bildung ist für alle möglich
Durch einen höheren Bildungsabschluss
steigen auch die Chancen im späteren
Leben, vor allem auf dem Arbeitsmarkt.
Allerdings geht die Schere zwischen Hoch-
und Niedrigqualifizierten weiter ausein-
ander, was zu verstärkten Ungleichheiten
in der Bevölkerung führt. Um gleiche
„Lebens chancen durch Qualifikation und
Bildung“ für alle zu ermöglichen, liegt eine
weitere Herausforderung in der besseren
Integration von Schülern mit Migrations-
hintergrund in das Schulsystem.
Zukunftsperspektiven ergeben sich nach
Meinung der Experten durch ein durchläs-
siges Bildungssystem, in dem das soziale
Umfeld bzw. die Herkunft keine Rolle für
den Bildungserfolg spielen. Integrations-
klassen sind der Standard, Schüler und
Eltern wissen um die Notwendigkeit der
Bildung, aber auch um ihre Möglichkeiten
nach Abschluss der Schule.
5.3.
76 5.3. Lebenschancen durch Qualifikation und Bildung Bildung weiter denken
Integrationsklassen sind der Standard
Schüler wissen um die Notwendigkeit von Bildung
und sind motiviert, sich Bildung anzueignen
Eltern wissen um die Notwendigkeit der Schule für das Leben
von Beginn an und nehmen Bildungsverantwortung wahr
Schulabsolventen wissen um ihre erworbenen Qualifikationen
und eigenen Fähigkeiten
Bildung weckt Neugier, motiviert zu Leistung und Weiterbildung
Erhöhung der Abschlussquoten auf allen Ebenen und
Senkung der Schulabbrecherquote
Stärkere Durchlässigkeit im Schulsystem zwischen Schule und Schule,
Lehre und Schule, Schule und Meisterausbildung und dem Hochschulbereich
sowie erleichterte Nostrifizierung
Engere Verschränkung zwischen schulischer und beruflicher Bildung
Erschließung des Potenzials von Kindern mit Migrationshintergrund
Stärkung der Elementarpädagogik
Kindergarten als erste Bildungseinrichtung:
Frühförderung neu denken und dementsprechend gestalten
Bildung UND Qualifikation betonen
nach dem Motto „Nicht nur wissen, auch können“
Höhere Investitionen in Elementarpädagogik –
z. B. für ausreichende Deutschkenntnisse vor dem Schuleintritt
Verstärkung der frühkindlichen Bildung und
Förderung ab drei Jahren sowie sprachliche Frühförderung
Ausbildung der Kindergartenpädagogen stärker so gestalten,
dass sie Erziehungskompetenz auch an die Eltern vermitteln
und Kinder zum Lernen motivieren können
Ausweitung der individuellen Förderung für benachteiligte
Kinder und Jugendliche
Einführung von Orientierungstests als Möglichkeit für alle Schüler,
den für sie richtigen Bildungsweg zu finden
Weiterführung und Intensivierung aller Maßnahmen, die die Durchlässigkeit
des Bildungssystems unterstützen (Nachholen von Bildungsabschlüssen,
Eines der vorrangigen Ziele der Politik
im Bereich „Lebenschancen durch
Qualifikation und Bildung“ sollte sein,
auf allen Ebenen die Abschlussquoten
zu erhöhen und die Durchlässigkeit des
Bildungs systems zu verbessern. Um für
alle die selben Chancen von Beginn an zu
schaffen, sollte die Elementarpädagogik
gestärkt werden.
Um „Lebenschancen durch Qualifikation
und Bildung“ zu erhöhen, sind als politi
sche Strategien insbesondere verstärkte
Investitionen in die Elementarpädagogik
bzw. die frühkindliche Förderung erforder-
lich. Weiters sollen Orientierungstests den
Schülern die Möglichkeit geben, den für
sie richtigen Bildungsweg zu finden.
77Bildung weiter denken 5.3. Lebenschancen durch Qualifikation und Bildung
Lehre mit Matura, kostenlose Berufsreifeprüfungen etc.
Niederschwellige Angebote für das Nachholen von Bildungs- und
Berufsabschlüssen sowie die Anrechnung von im Ausland und
informell erworbenem Wissen
Durchlässigkeit im System durch die Möglichkeit
zur Ergreifung eines Lehramtes für Quereinsteiger forcieren
Bessere Anerkennung von Vorwissen, z. B. bei Beginn eines Studiums
Informationen bezüglich der konkreten Situation und Chancen
am Arbeitsmarkt ausweiten
Fachschulen für Jugendliche mit Pflichtschulabschluss attraktiver machen,
insbesondere Förderungen im ländlichen Raum forcieren
Internationales Schulsystem vom Kindergarten bis zur Matura implemen-
tieren, international akkreditierte Schulen in Oberösterreich forcieren
Bildungsbewusstsein bei Eltern mit Migrationshintergrund stärken
Verstärkte Maßnahmen in der Elternbildung, z. B. durch
eine Elternschule oder einen „Elternführerschein“
Förderung der psychosozialen und physischen Gesundheit von Schülern
Vereine von Migranten als Multiplikatoren stärker
in Bildung integrieren, z. B. Feste gemeinsam feiern
78 5.4. Lebensbegleitendes Lernen Bildung weiter denken
Lebensbegleitendes Lernen
Zukünftig mehr Abwechslung zwischen Arbeits- und
Lernphasen im Verlauf eines Lebens
Lebenslanges Lernen muss als zentrales Prinzip
des Erwerbslebens verankert werden
Lebenslanges Lernen wird ab einem gewissen Alter nicht mehr „honoriert“,
daher muss ein Anreizsystem für Motivierte geschaffen werden
Lebenslanges Lernen verlangt, Selbstverantwortung zu übernehmen
Die Kluft zwischen Hoch- und Niedrigqualifizierten weitet sich auch durch
das unterschiedliche Maß an Eigenverantwortung immer weiter aus
Bildungswillige Menschen bleiben ein Leben lang bildungswillig
Lernen soll im sozialen Umfeld „weiterleben“
Wunsch der Menschen, Neues zu lernen, muss geweckt werden
Schwellenangst zur Erwachsenenbildung muss genommen werden –
Schülern aufzeigen, wo sie sich später weiterbilden können
Begeisterung für Kunst und Kultur wecken
Verständnis für verschiedene Kulturen im Schulumfeld vermitteln
Freude an Sport und Bewegung im Kindesalter vermitteln
Vermittlung der Bedeutung der Politik für den Einzelnen –
Betroffenheit und Bezugspunkte herstellen
Zukünftig werden sich die Lern- und
Arbeitsphasen im Verlauf eines Lebens
häufiger abwechseln – Bildung erfolgt
nicht nur in der Schule, sondern ein Leben
lang. Daher muss lebenslanges Lernen
als zentrales Prinzip im Erwerbsleben
verankert werden. Eine Herausforderung
im Bereich „Lebensbegleitendes Lernen“
stellt sicherlich die Bildungsbereitschaft
von Erwachsenen dar. Diese nimmt im
Allgemeinen mit zunehmendem Alter ab
bzw. wird weniger „honoriert“.
5.4.
79Bildung weiter denken 5.4. Lebensbegleitendes Lernen
Ältere sind in der Erwachsenenbildung adäquat vertreten, weil die
Bildungsneugierde rechtzeitig geweckt und aufrecht erhalten wurde
Lebensphasenorientierung im lebensbegleitenden Lernen
Lernen stellt für die Menschen eine Bereicherung und ein Sicherheitssystem
für die Zukunft dar
Lernen erfolgt mit hoher Eigenverantwortlichkeit und Selbstbewusstsein
Arbeitgeber unterstützen das lebenslange Lernen
Menschen erkennen, dass Lernen auch Freude bereiten kann und den
Charakter bildet, und sehen nicht nur den finanziellen Nutzen des Lernens
Lernen ist für die Menschen nicht nur „einen Kurs besuchen“,
sondern Zugang zu Kultur, Sport, Gesellschaft etc.
Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft
nimmt einen zentralen Stellenwert ein
Nutzen von lebenslangem Lernen bewusst machen – von Kindheit an
Bewusstsein für die Verbindung zwischen Lebensqualität
und Lernen schaffen
Rahmenbedingungen schaffen für Arbeitnehmer, die ein Studium,
eine Ausbildung etc. beginnen wollen, z. B. durch die Anrechnung von
Vordienstzeiten und Vorausbildungen
Kompetenzorientierung im lebensbegleitenden Lernen
Thematische Vielfalt für Gesellschaftspolitik muss gegeben sein –
Bereitstellung einer breiten „Bildungspalette“
Bewusstsein schaffen, dass Bildung nicht gratis ist
(erst für Erwachsenenbildung kommen die Lernenden selbst auf)
Vermittlung von Kommunikation und Selbsterfahrung in Ausbildungen
Förderung von Alltagskompetenzen
Vermittlung interkultureller Kompetenzen auf kreativem Weg
Schulen bieten vielfältigen Zugang zu kulturellen Veranstaltungen,
dies vermittelt Werte und bleibt nachhaltig in Erinnerung
Als Vision für „Lebensbegleitendes
Lernen“ in zehn bis 15 Jahren sehen die
Experten, dass Ältere in der Erwachsenen-
bildung adäquat vertreten sind, da deren
Bildungsneugierde rechtzeitig geweckt
und aufrecht erhalten wurde und als Ver-
sicherung für die Zukunft angesehen wird.
Lernen erfolgt mit hoher Eigenverantwort-
lichkeit, aber auch unterstützt durch den
Arbeitgeber.
Um „Lebensbegleitendes Lernen“ als
zentrales Prinzip des Erwerbslebens in
der Gesellschaft zu verankern, muss
im Rahmen der Politikgestaltung der
Nutzen effekt stärker in der Öffentlichkeit
kommuniziert werden. Für Arbeit nehmer,
die ein Studium bzw. eine Aus- oder
Weiterbildung beginnen wollen, müssen
adäquate Rahmenbedingungen geschaf-
fen werden.
80 5.4. Lebensbegleitendes Lernen Bildung weiter denken
Ausbau der Aus- und Weiterbildungsangebote
insbesondere für 30- bis 45-Jährige, z. B. durch Minikurse zum Einstieg
Bildungs- und Berufsberatung nicht nur für Jugendliche –
auch im Erwachsenenalter
Stärkung der Bildungsangebote im ländlichen Raum
Bildungsmarketing: passfähige Zugänge zu bestimmten
Zielgruppen eröffnen, z. B. ethnische Communities
Angebot von „Packages“ aus Weiterbildung und
Freizeit, Kinderbetreuung etc.
Engere Verzahnung von Aus- und Weiterbildung
Eingehen auf die spezifischen Bedarfe der Zielgruppen (z. B. Kurszeiten)
Regionale Lerngruppen via E-Learning implementieren
Weiterbildungscoaches, die in Firmen über relevante Angebote institutions-
übergreifend informieren
Bildungskonto als wichtiges Instrument für Weiterbildung ausbauen und
verbreiten, vor allem für Personen in mittlerem und höherem Alter
Weiterbildungsangebote für atypisch Beschäftigte und EPU gezielt
anbieten und unterstützen (Verdienstentgang in der Zeit der Weiterbildung)
Pilotprojekt zum „dualen Studium“ an FH OÖ/JKU in Kooperation mit ausge-
wählten Unternehmen; bewährte duale Ausbildung auf tertiärem Niveau
Lehre mit Matura an HTLs ausweiten (Bsp. Kremstaler Technische
Lehr akademie) und längere Zeitspanne dafür vorsehen, um die
Doppelbelastung von Schule und Arbeit zu verringern
Lehre mit Matura in die Regionen bringen, da die Kurse derzeit meist im Zen-
tralraum angeboten werden bzw. am Abend zu lange dauern
Erfolgreiches Projekt „Du kannst was!“ (einfache Anerkennung von infor-
mell und im Ausland erworbenem Wissen für Berufsabschlüsse) als Best-
Practice-Beispiel auf mögliche übernehmbare Maßnahmen hin überprüfen
Projektbezogenes Lernen stärken, z. B. indem Senioren
von Schülern den Umgang mit dem PC lernen
Zusammenarbeit zwischen Schulen und Vereinen ausbauen
(insbesondere Sport, Musik, Kultur …)
Kunst- und Kulturprojekte von Schülern im öffentlichen Raum
Um den Bereich „Lebensbegleitendes
Lernen“ zu stärken, liegt eine konkrete
politische Maßnahme im Ausbau des
Kursangebotes, insbesondere im länd-
lichen Raum. Dazu könnten moderierte
regionale Lerngruppen via E-Learning ein-
geführt werden. Weiters sollten besonders
atypisch Beschäftigte und Ein-Personen-
Unternehmen (EPU) durch gezielte Wei-
terbildungsangebote unterstützt werden.
81Bildung weiter denken 5.4. Lebensbegleitendes Lernen
Ausweitung der Schulsportangebote – Angebot einer täglichen Bewegungs-
stunde im Zusammenspiel zwischen Schule und Vereinen
Internationale und grenzüberschreitende Kulturprojekte
(z. B. mit Schulen in Tschechien)
Ausbau der Gesundheitsförderung in Schulen und Vermittlung von
Gesundheitskompetenzen (z. B. Bewegung, Ernährung, Suchtprävention)
Ausweitung der politischen Bildung unter Nutzung innovativer
Elemente und Kennenlernen der politischen Strukturen und
Entscheidungsträger vor Ort
82 Ableitungen und Impulse für Oberösterreich Mobilität weiter denken
Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Die nachfolgenden Aspekte haben sich
als Quintessenz des Diskurses heraus
kristallisiert und dienen als Grundlage
für eine vertiefende Diskussion mit Fach
leuten und Entscheidungsträgern.
Zukunftsticket „fit4life“
Für die Herausforderungen der Welt von morgen muss bereits in frühen
Jahren der Grundstein gelegt werden. Anzudenken ist das Angebot eines
erlebnisorientierten Bildungspasses für Kinder, bei dem diese über mehrere
Jahre außerschulische Bildungsmaßnahmen für Zukunftskompetenzen
absolvieren (digitale Technologien, Medienkompetenz, Fremdsprachen,
Kreativitätstechniken, Entrepreneurship, vernetztes Denken, Naturwissen-
schaften) und so fit für eine erfolgreiche Zukunft werden.
Stärken und Chancenorientierung im Bildungswesen
Ein zukunftsweisendes Bildungswesen zeichnet sich einerseits durch
Stärkenorientierung aus, die eine Abkehr von der derzeitigen Schwächen-
orientierung zugunsten einer Talenteförderung und Unterstützung indivi-
dueller Entfaltungsmöglichkeiten umfasst. Andererseits braucht es eine
Chancenorientierung im Sinne einer Schwerpunktsetzung auf Bereiche mit
hohem Beschäftigungspotenzial („Employabilty“) und Karriereperspektiven
in Oberösterreich.
Themen und kompetenzorientierter Unterricht
Die klassische Fächereinteilung und die Form der Unterrichtseinheiten sind
zugunsten eines themen- und kompetenzorientierten Unterrichts perma-
nent zu überprüfen. Im Rahmen von Modellversuchen und Pilotprojekten
können stattdessen Projektunterricht forciert oder die Lerninhalte an
Themenfeldern (z. B. „Europa“ mit Sprachen, Wirtschaft, Geschichte, Politik)
oder an Zukunftskompetenzen (z. B. IT- und Medienkompetenzen, Entrepre-
neurship) ausgerichtet werden.
Durchlässigkeit des Bildungssystems stärken
Bildung ist eng mit der Chance zum wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg
verbunden. Dafür müssen Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, damit
jeder Mensch die besten Chancen im Leben hat. Fortzusetzen und auszuwei-
ten sind vor diesem Hintergrund das Nachholen von Bildungsabschlüssen,
die Anerkennung von im Ausland erworbenem Wissen, das kostenlose An-
gebot von Berufsreifeprüfungen und die Forcierung von Lehre mit Matura/
Matura mit Lehre etc.
Berufs und Bildungsorientierung
Die Vielfalt an Berufs- und Bildungsangeboten hat enorm zugenommen,
was der Heterogenität der Berufsbilder und Tätigkeitsprofile der modernen
Arbeitswelt entspricht. Für Jugendliche ist es aber nicht einfach, dabei den
richtigen Weg für die persönliche Entwicklung zu finden. Ein Ausbau und
eine Neustrukturierung der individuellen Bildungsberatung und Berufsorien-
tierung für alle Jugendlichen liegt daher nahe.
Weitere Stärkung der Schulautonomie
Die Schulautonomie ist weiter zu stärken, damit sich die einzelnen Schul-
standorte gemäß ihren Schwerpunkten und Möglichkeiten weiterentwickeln
können. Dafür bedarf es eines Managements der Schulen nach modernen
Führungskriterien, insbesondere in Hinblick auf Ressourcen, Methoden und
Personal.
83Mobilität weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Erleichterung des Wechsels zwischen Lehrtätigkeit und anderen Berufen
In kaum einem Job gibt es so wenige echte berufliche Alternativen wie bei
Lehrern. Die Ausbildung, das Dienstrecht und das Gehaltsschema machen
einen – wenn auch nur temporären – Wechsel in einen anderen Beruf sehr
unattraktiv bzw. unmöglich. Gerade für die Vermittlung unternehmerischer
Kompetenzen ist jedoch das Wissen um die Anforderungen, Prozesse und
Strukturen der Privatwirtschaft essenziell. Anzudenken ist daher die Ermög-
lichung einer „Wirtschaftskarenz“, bei der Lehrer zeitweise in die Privatwirt-
schaft wechseln, ohne dabei Einbußen zu haben. Die Umsetzung könnte in
Kooperation mit ausgewählten Betrieben erfolgen, die entsprechende Jobs
anbieten.
Unternehmer als Lehrkräfte an AHS
Um unternehmerisches Denken und Handeln in der Ausbildung zu vermit-
teln, könnte im Zuge eines Pilotprojektes versucht werden, Unternehmer als
Lehrkräfte für Schulen zu gewinnen – nach dem Vorbild der HTLs oder der
Berufsschulen, wo die Verbindung von Unterricht und Praxis als wesentli-
cher Erfolgsfaktor für die Ausbildung gilt.
Stärkere Praxisorientierung an AHS
Die Allgemeinbildung, die an AHS vermittelt wird, stärkt die Persönlichkeit
und den intellektuellen Horizont junger Menschen. Vor dem Hintergrund der
Beschäftigungsfähigkeit wäre – zumindest in ausgewählten AHS – eine stär-
kere Praxisorientierung ins Visier zu nehmen. Konkret bedeutet das einen
schrittweisen Ausbau von Maßnahmen wie Matura mit Lehre und „Theo-
Prax“, um den Spagat zwischen Allgemeinbildung und praktischer Berufs-
befähigung zu bewältigen.
Lebenslanges Lernen als Prinzip verankern
Lebensbegleitendes Lernen nimmt an Bedeutung stetig zu. Damit
lebenslanges Lernen als Grundprinzip in der breiten Bevölkerung stärker
verankert werden kann, wird eine Initiative für Bewusstseinsbildung und
Motivation vorgeschlagen. Dabei stehen die Vermittlung von Bildungsfreu-
de in allen Altersgruppen, die Ausweitung der aktiven Ansprache und die
Vermittlung passender Angebote in Unternehmen (insbesondere KMU) im
Mittelpunkt.
Oberösterreich als modernsten „Bildungshub“ Österreichs positionieren
Oberösterreich verfügt über enorme Kompetenzen und Leuchttürme in
Bezug auf moderne Bildungstechnologien wie Fernstudien, E-Learning, Blen-
ded Learning, Open Online Courses etc. Beispiele sind etwa die FH Hagen-
berg, Multimediale Linzer Rechtsstudien, Fernstudienzentrum an der JKU
Linz, Education Group und Ähnliches mehr. Diese Angebote gilt es einerseits
auszubauen und zu forcieren, andererseits könnte Oberösterreich die Kräfte
in diesem zukunftsweisenden Bereich bündeln und sich als modernster
„Bildungshub“ Österreichs positionieren.
Ergebnisse – Projekt Freiraum
Gesundheit weiter denken
86 Ergebnisse – Projekt Freiraum Gesundheit weiter denken
Lebenserwartung ohne chronische Krankheiten (Lebensjahre)
Quelle: Statistik Austria
74 J.
76 J.
78 J.
80 J.
82 J.
84 J.
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Männer ohne chronische Krankheiten
Frauen ohne chronische Krankheiten
82,1 82,282,7 82,8 83,0 82,8 83,1 83,4 83,3 83,4
76,4 76,7 77,0 77,3 77,6 77,4 77,778,1 78,5 78,5
6. Gesundheit weiter denken
Gesundheit rückt immer mehr ins Bewusstsein der Gesellschaft:
Die Zahl der unter dem Begriff „Zivilisationskrank heiten“ sub-
sumierten Krankheiten nimmt kontinuierlich zu, die Lebenser-
wartung der Menschen steigt und allgemein erfolgt eine zuneh-
mende Sensibilisierung für Gesundheitsthemen. Was Menschen
und Regierung gleichermaßen betrifft, ist die Frage, inwieweit
die Erwartungen und Bedürfnisse erfüllt und finanziert werden
können und wie der Gesundheitsbereich organisiert werden kann,
um nachhaltig und zukunftsfähig zu sein.
Bei allen Maßnahmen sollte der Leitgedanke Gesundheits för-
derung und Prävention sein. Durch Information, Auf klärung
und Wissen kann frühzeitig und flächendeckend den durch
die Lebensweise stark beeinflussten Erkrankungen wirksam
vorgebeugt werden. Investitionen in die Prävention – und das
möglichst in jungen Jahren – sollen hier der Schlüssel sein.
Mehr als 97 Prozent der oberösterreichischen Städte und
Gemeinden beteiligen sich am oberösterreichischen Netzwerk
„Gesunde Gemeinde“. Sie unterstützen das Gesundheits-
bewusstsein ihrer Bevölkerung und bemühen sich um gesund -
heits fördernde Lebensbedingungen.
Investieren spielt übrigens auch bei den oberösterreichischen
Spitälern eine gewichtige Rolle. So sind alleine im Jahr 2015
Investitionen in Höhe von 151,2 Millionen Euro in die Kranken-
anstalten geplant.
Der Themenkomplex „Gesundheit und alternde Gesellschaft“
spielt als Wirtschaftszweig in Oberösterreich eine immer größere
Rolle. Dieser Bereich ist auch eine der zentralen Säulen des stra-
tegischen Wirtschafts- und Forschungsprogrammes „Inno vation
Oberösterreich 2020“. Erst kürzlich erfolgte eine 2 Millionen
Euro schwere Ausschreibung aus dem oberösterreichischen
Forschungsressorts im Bereich Medizintechnik.
Neben dem bestehenden vielseitigen Bildungsangebot im
Gesundheitsbereich wird nun auch die Medizinische Fakultät
in Linz Wachstumsimpulse im medizinnahen Bereich für den
Standort Oberösterreich bringen. Viele neue Jobs in beson ders
inno vativen Bereichen werden entstehen.
Ziel muss es stets sein, die Bürger bestmöglich versorgen
zu können. Das Gesundheitssystem der Zukunft ist ein Ziel-
steuerungssystem für eine raschere Abstimmung und eine
patientenorientierte Versorgung:
Best Point of Service: Es gilt, die Patienten zum richtigen Zeit-
punkt, am richtigen Ort, mit optimaler medizinischer Qualität
sowie gesamtwirtschaftlich sinnvoll zu versorgen.
Primary Health Care (PHC): Für Patienten wird der unkompli-
zierte Zugang zur bedarfsgerechten Gesundheitsversorgung
und deren hohe Qualität langfristig gesichert und ausgebaut.
Die erste Kontaktstelle (z. B. Hausarzt) soll den Versorgungs -
prozess für die Patienten koordinieren und eine kontinuierliche
Betreuung unter der Berücksichtigung von gesellschaftlichen
Bedingungen gewährleisten.
Interdisziplinäre Versorgungsmodelle: Forcierung der Einrich-
tung von multi-professionellen und integrativen Versorgungs-
formen auf allen Versorgungsebenen. Gefördert wird die Zusam-
menarbeit von Ärzten unterschiedlicher Fachbereiche sowie von
nicht ärztlichen Gesundheitsanbietern (z. B. Physiotherapeuten)
in Gruppenpraxen oder selbständigen Ambulatorien.
Integrierte Versorgung: Verbessert werden soll die patienten-
orientierte, gemeinsame und abgestimmte sektorenübergreifen-
de Gesundheitsversorgung, insbesondere durch die Optimierung
von Organisationsabläufen und der Kommunikation an den
Nahtstellen (z. B. Rehabilitation, Pflegebereich etc.).
87Gesundheit weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
Berufsausübende Ärzte pro 100.000 Einwohner
Quelle: Statistik Austria
50
100
150
200
250
300
1960 1970 1980 1990 2000 2005 2010 2011 2012 2013
Ärzte für Allgemeinmedizin
Fachärzte
Ärzte in Ausbildung
23,0 30,7 54,7
49,3 65,2 78,8
87,0 70,8 90,2 78,5
108,3
114,0
69,7
136,5
179,1
77,2
146,5
207,7
84,2
157,6
236,4
82,6
158,7
239,9
80,2
161,6
246,5
75,9
163,7
257,6
6. Gesundheit weiter denken
Eine besondere Rolle kommt der Prävention von Krankheiten zu:
Da viele der heutigen Krankheiten durch die individuelle Lebens-
weise hervorgerufen bzw. stark beeinflusst werden, sind eine
umfassende Information, Aufklärung und Sensibilisierung der
Bevölkerung – bereits in der Kindheit – erforderlich und förder-
lich. Einen wesentlichen Beitrag zur verstärkten Fokussierung
auf den Präventionsgedanken im Gesundheitswesen können
innovative Technologien (z. B. Blutstrom-Sensoren, Telemedizin,
Bio-Gerontologie, mobile und internetbasierte Anwendungen)
leisten, da sie neue Lösungen anbieten und, je nach Technologie
unterschiedlich, ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis mit sich
bringen können.
Prof. Dr. med. univ. Ferdinand Hofstädter
Vizerektor für den Medizinischen Bereich an der
Johannes Kepler Universität Linz
1984 Professor und Oberarzt am Institut für
Pathologie der RWTH Aachen
1989 Direktor am Institut für Pathologie der
Universität Regensburg
Wissenschaftliche Schwerpunkte: Tumorzentrum,
Kolorektale Tumoren, Urogenitale Tumoren
„Um Netzwerke zu etablieren, die es ermöglichen, den Patienten in den Mittelpunkt zu stellen, sind sektorenübergreifende Konzepte notwendig.“ Prof. Dr. med. univ. Ferdinand Hofstädter
Sowohl Prof. Ferdinand Hofstädter, Vizerektor für den Medizini-
schen Bereich an der JKU, als auch Erich R. Reinhardt, Chef des
Medical Valley EMN, sind der Ansicht, dass die Grundsätze der
Prävention weitgehend bekannt sind und die große Herausforde-
rung darin besteht, die Menschen zu entsprechendem Handeln
zu bewegen. Notwendig ist hierzu die Identifikation neuer Wege,
um die Bürger, vor allem Nicht-Betroffene, sowohl kommunikativ
als auch aktivierend zu erreichen.
Die enorme Wissensexplosion im medizinischen Bereich hin-
sichtlich der molekularen Gesetzmäßigkeiten von Krankheiten
und Gesundheit ermöglicht zunehmend gezielte, individuelle
Therapieformen (Präzisionsmedizin). Die Vernetzung von ver-
schiedenen Kompetenzen (z. B. in Form von Gesundheitszentren)
wird in Zukunft den Patienten in den Mittelpunkt stellen.
88 Ergebnisse – Projekt Freiraum Gesundheit weiter denken
Das Thema „Big Data“ hat schon lange Einzug in den
medizinischen Bereich gehalten: Anhand von Daten-
banken, die in empirischer Form viele Informationen
über Gesundheit und zeitliche Verläufe von Krankheiten
enthalten, kann Wissen gesammelt und ausgewertet
werden, das für die Behandlung von Patienten ent-
scheidend sein kann. Es gibt jedoch zurzeit noch starke
Ressentiments gegen die Verwendung von Big Data,
ebenso gegenüber anderen fortschrittlichen Methoden
wie etwa der Genmedizin. Dem Schaffen von Akzeptanz
für derartige Entwicklungen bei der Bevölkerung kommt
eine gewichtige Rolle zu. Die gleichzeitige Implementie-
rung eines gesellschaftlich akzeptierten und legistisch
normierten Rahmens muss mit dieser Entwicklung
einhergehen.
Prof. Reinhardt nennt zwei wesentliche Fähigkeiten, die
not wendig sind, um Oberösterreich stärker als Gesund-
heitsbundesland zu etablieren:
Fähigkeit zur transdisziplinären Zusammenarbeit:
Bildung von Clustern, die sich aus unterschiedlichen
Disziplinen zusammensetzen und eine effiziente Zusam-
menarbeit ermöglichen bzw. erleichtern.
Fähigkeit zur Kommerzialisierung: Von all den hervor-
ragenden Forschungsergebnissen profitieren die Bürger
nur, wenn daraus Produkte und Dienstleistungen entste-
hen. Die Kompetenz zu kommerzialisieren ist daher von
großer Bedeutung.
Prof. Dr. Ing. Erich R. Reinhardt
Vorsitzender des Vorstandes von Medical Valley EMN,
Mitglied der Board of Directors of Varian Medical
Systems sowie des Unternehmens IMED
Aufsichtsratsmitglied des Universitätsklinikums
Erlangen, Mitglied des Kuratoriums des Deutschen
Krebsforschungszentrums und Kuratoriumsmitglied
der Max-Planck-Institute für Biochemie und Neuro-
biologie in München und für Physik des Lichtes in
Erlangen
„Die wesentlichen Fähigkeiten für die Etablierung als Gesundheitsbundesland sind einerseits die Fähigkeit zur transdisziplinären Zusammenarbeit und andererseits die Fähigkeit zur Kommerzialisierung.“ Prof. Dr. Ing. Erich R. Reinhardt
„Es geht uns darum, die Patientinnen und Patienten und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt unserer Gesundheitspolitik zu stellen.“ Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer
Als politische Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels nennt
Prof. Hofstätter:
Implementierung und Förderung sektorenüber-
greifender krankheitsspezifischer Programme
und Strukturen (Beispiel: Nationaler Krebsplan)
Entwicklung qualitätsorientierter Strukturen
(Beispiel: zertifizierte Zentren und ihre Netzwerke)
Förderung von hochwertigen, interdisziplinären
evidenzbasierten Leitlinien
Förderung von neutralen, bevölkerungsbezogenen
klinischen Registern zur Qualitätsbewertung
Förderung von neutralen und unabhängigen
Instrumenten zur Bewertung und zielgerechten
Verbreitung von medizinischem Wissen
(Studien, Register, Leitlinien)
Instrumente zur raschen, bewerteten
Umsetzung von Ergebnissen der
transnationalen Forschung
89Gesundheit weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
Das übergeordnete Ziel ist die bestmögliche medizinische Ver-
sorgung sowie die größtmögliche Lebensqualität der Bürger in
Stadt und Land unter Berücksichtigung von finanziell vertret-
baren und ethischen Aspekten. Wesentlich hierfür ist ein funk-
tionierendes Gesundheitssystem, das eine patientenorientierte
Basis- und Spezialversorgung ermöglicht, sowie Maßnahmen,
die die individuelle Prävention der Menschen fördern.
Auf Basis von Trendstudien, der Experten-Inputs sowie der zahl-
reichen Ideen und Anregungen aus der Bevölkerung haben sich
drei Themenfelder herauskristallisiert, welche die Kernaspekte
der Gesundheit von morgen darstellen und in welchen die Politik
bzw. die Verwaltung lenkend und gestaltend tätig sein werden:
Wie können das Bewusstsein für ganzheitliche Gesundheit und das Bewusstsein für
Prävention gefördert werden?
Viele der heutigen Krankheiten werden durch die individuelle Lebensweise hervor-
ge rufen bzw. beeinflusst. Information und Sensibilisierung sowie die Motivation der
Bürger hin zu aktiver Prävention sind daher eine große Herausforderung.
Was kann getan werden, um die Entwicklung des Gesundheitswesens (Basis
und Spezialversorgung) vor dem Hintergrund sich abzeichnender Innovationen
bestmöglich voranzutreiben?
Innovationen im wissenschaftlichen und im technischen Bereich haben starke
Aus wirkungen auf das zukünftige Gesundheitswesen. Neue Erkenntnisse in vielen
medizinischen und medizinnahen Bereichen bieten neue Chancen und Möglichkeiten
für die Ausgestaltung des Gesundheitssystems.
Welche Rahmenbedingungen sind zu schaffen, um aus dem Impuls der Medizinischen
Fakultät die Weiterentwicklung Oberösterreichs hin zu einem „Medical Valley“
Österreichs zu ermöglichen?
Oberösterreich hat derzeit ein Gesundheitscluster mit 228 Unternehmen und eine Viel-
zahl an Unternehmen, die sich mit medizinischen Themen beschäftigen. Gemeinsam
mit der neuen Medizinischen Fakultät besteht daher eine gute Basis, um sich zu einem
„Medical Valley“ Österreichs zu entwickeln.
Prävention der Zukunft:
Das Gesundheitswesen der Zukunft:
„Medical Valley“ Oberösterreich:
Ziele und Leitlinien
90 Gesundheit weiter denken 6.1. Prävention der Zukunft
Prävention der Zukunft
Vermittlung von Präventionskompetenzen in der medizinischen Ausbildung
„Primärprävention“ – bevor eine Erkrankung entsteht, z. B. Screening
„Sekundärprävention“ – bei bestehender Erkrankung
Aufgabenverteilung in der Präventionsarbeit: Was können Ärzte,
Therapeuten, Pfleger etc. tun?
Kostenthema zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen
Prävention ist unzureichend in den relevanten Berufsgruppen verankert
Prävention hat „negativen“ Touch
Breite Aufklärung der Bevölkerung bezüglich Prävention,
unabhängig von Alter, Kultur, Einkommen etc.
Präventionsforschung: Was braucht Prävention (in der Zukunft),
was wir heute noch gar nicht wissen? (Haltungsschäden etc.)
Für effektive Prävention ist es unabding-
bar, dass ein Bewusstsein für den Nutzen
von Vorsorgemaßnahmen in der Bevölke-
rung geschaffen wird. Darauf aufbauend
sollten diese Maßnahmen in Zukunft auch
selbständig umgesetzt werden. Die Ent-
wicklung geeigneter Präventionsangebote
und die Sicherstellung einer entsprechen-
den öffentlichen Finanzierung werden
als weitere Herausforderungen für die
kommenden Jahre erachtet.
6.1.
91Gesundheit weiter denken 6.1. Prävention der Zukunft
Prävention ist fix in der Bildung (ab Kindergarten) verankert
Best-Practice-Beispiele werden in Oberösterreich umgesetzt
Wichtigste Prävention ist Bewegung bzw. die Erziehung zur Prävention –
begonnen wird in der Kindheit
Vereine bieten „Präventionsangebote“
Fokus auch auf psychische Gesundheit
Ehrenamt leistet wichtigen Beitrag im Bereich Prävention
Oberösterreichs Gesundheitsziele sind umgesetzt: tägliche Bewegungsein-
heit, „Gesunde Schule“, präventive Maßnahmen in den Betrieben
An öffentlichen Plätzen wird nicht geraucht
Alkohol und Nikotin gelten nicht mehr als cool
Die Zahl der Alkoholkranken ist deutlich gesunken
Gesundheitskompetenz wird gefördert
Einführung eines „Präventions- bzw. Gesundheitspasses“
(Maßnahmen werden bereits beim Mutter-Kind-Pass berücksichtigt)
Verschiedenste Kommunikationskanäle und Medien
für Prävention funktionieren
Bekanntheit von Zielen und Maßnahmen der Prävention steigern
Lebensqualität der Bürger erhöhen
Gesundheitsparameter als Ziele festlegen
Lehrinhalte bauen auf Forschungsergebnissen auf (angereichert
durch evidenzbasierte Vorschläge von Bürgern)
Politik ist Erstverantwortliche für den Bereich Prävention
In der Vision von „Prävention der Zu-
kunft“ wird diese in der Bevölkerung
als wichtig und notwendig gesehen und
selbständig umgesetzt. Kompetenzen zur
Prävention werden bereits ab den frühen
Kindheitstagen sowohl von Eltern als auch
in Bildungseinrichtungen (Kindergärten,
Schulen, Betrieben etc.) vermittelt. Die
Politik schafft Rahmenbedingungen für
Prävention, die zu einer hohen Lebens-
qualität und langer Gesundheit beitragen
und dabei nachhaltig finanzierbar sind.
Eine hohe Sensibilisierung für die Bedeu-
tung von Prävention sowie die konkrete
Umsetzung von präventiven Maßnahmen
in der Bevölkerung sollten wesentliche
politische Zielsetzungen sein.
Daneben sollten auch konkrete Gesund-
heitsparameter der Bevölkerung als Ziele
anvisiert werden.
92 Gesundheit weiter denken 6.1. Prävention der Zukunft
Anreizsysteme für Prävention schaffen: Gesundheits pass,
Mutter-Kind-Pass und Ähnliches
Präventionsstrategie auf Basis der gegenwärtigen und zukünftigen
gesundheitlichen Herausforderungen der Oberösterreicher
Aufklärung von Eltern
Nutzen-Vermittlung: „Was bringt Prävention?“
(über Rauchen, Alkohol, Impfen etc. hinaus)
Prävention im Bereich Demenz stärker berücksichtigen
Ambulatorien für präventive Angebote einrichten
Förderung aller Angebote der Schulen mit präventivem Hintergrund
Präventionsmaßnahmen sollten so einfach wie möglich gestaltet sein
Tägliche Turnstunde bzw. tägliches Bewegungsangebot einführen
Interdisziplinäre Betrachtung von relevanten Themen
bereits zu Beginn der fachärztlichen Ausbildung (auch
aus pflegerischer und präventiver Sicht) – regelmäßige
Workshops unterschiedlicher Berufsgruppen
Bildung ist der erste Schritt für mehr Gesundheit
Die Schaffung von Anreizsystemen für
Prävention sowie die Gestaltung und
Durchführung von Informations- und
Auf klärungsprogrammen sollten zentrale
Maßnahmenbereiche für die Politik
in den kommenden Jahren sein. Diese
Maßnahmen sollen z. B. auf Basis einer
zwischen den Akteuren im Präventions-
system akkordierten Strategie erfolgen.
93Gesundheit weiter denken 6.2. Das Gesundheitswesen der Zukunft
Das Gesundheitswesen der Zukunft
Rechtliche Regulierungen
Vernetzung auf allen Ebenen
Primärversorgung optimal gestalten
Indikationsstellung erfordert Einschränkung/Kontrollmechanismen
Gestaltung gesamter Gesundheitsketten
Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitsplätze
im Gesundheitsbereich
Bildung: Vermittlung von Wissen in Schulen
und Kindergärten (Ernährung etc.)
Prävention statt reparieren, insbesondere psychische Vorsorge
Bürger als Verbündete gewinnen
Zugangsbestimmungen zu Gesundheitsberufen
(z. B. Pflege) evaluieren/adaptieren
Entwicklung der Ansprüche der Bürger
Mehr Zeit für Patienten
Klare Aufgabenzuordnungen zu ärztlichen und pflegerischen Leistungen
Gestaltung und Umsetzung einer Gesundheitsreform
Als wesentliche Herausforderung für das
„Gesundheitswesen der Zukunft“ wird die
Gestaltung der rechtlichen, finanziellen
und ethischen Rahmenbedingungen
gesehen. Die Gestaltung der Primary
Health Care (erste Kontaktstelle für
bedarfs gerechte Gesundheitsversorgung),
der Best Points of Service (optimale
medizinische Versorgung von Patienten
zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort)
sowie die Vernetzung von unterschiedli-
chen Disziplinen (Medizin, Technik etc.)
sind weitere Aufgaben und Chancen für
für das Gesundheitswesen der Zukunft.
6.2.
94 Gesundheit weiter denken 6.2. Das Gesundheitswesen der Zukunft
Steuerung und Versorgungsauftrag des Systems –
Standorte von Primary Health Care Centern (erste Kontakt-
stellen für bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung)
Berufsbilder von Ärzten, Pflegern etc. weiterentwickeln und abstimmen
Eingehen auf alternde Gesellschaft
Evaluierung der gesetzten Maßnahmen
Tageskliniken leisten einen kosteneffizienten
Beitrag zur Gesundheitsversorgung
Optimierte Vorgangsweise im Bereich Finanzierung
des Gesundheitswesens (Schnittstellenproblematik)
Alle Ebenen sind vernetzt
Zugang zur Ambulanz ist geregelt
Gruppenpraxen können am Land Versorgung abdecken
Gezielte Vernetzung von Berufsgruppen im
medizinischen Bereich (Ärzte, Pfleger, Techniker, Studenten,
Lehrende treten in einen „Gesundheitsdialog“)
Finanzielle, rechtliche und inhaltliche Rahmenvorgaben mit Freiraum
Innovative Versorgungsmodelle in Spitälern und in Spitalsnähe
Best Point of Service: Die medizinischen Leistungen werden dort erbracht,
wo sie für den Patienten qualitätvoll und am effizientesten durchgeführt
werden können
Nicht-ärztliche Partner (Pfleger, Betreuer) in medizinische
Versorgung effektiver einbinden
Eine elektronisch dokumentierte Behandlungskette einrichten
Standardisiertes und laufend verbessertes Qualitätsmanagement
für medizinische, pflegerische und präventive Leistungen
Bürger mit einbinden
Optimale Zuordnung inner- und außerspitalischer Bereich
Ressourcen zur Vernetzung bereitstellen
Als Vision wird ein integriertes, ethisches
und leistbares Gesundheitswesen gese-
hen, in welchem die unterschiedlichsten
Disziplinen und Einrichtungen optimal
aufeinander abgestimmt sind und das
die Bürger anforderungsgerecht nutzen.
Darüber hinaus gibt es eine ausreichende
Anzahl an Fach- und Pflegepersonal, um
präventiven und medizinischen Bedarfen
bestmöglich gerecht werden zu können.
Als wesentliche politische Zielsetzung
für das „Gesundheitswesen der Zukunft“
wird – dem Versorgungsauftrag entspre-
chend – eine bestmögliche präventions-
bezogene und medizinische Versorgung
aller Oberösterreicher gesehen. Betriebs-
wirtschaftliche und ethische Aspekte
werden mitberücksichtigt.
Auch gehören alle Akteure des Gesund-
heitssystems miteinander vernetzt. In
der Bevölkerung sollte die Kompetenz
zur anforderungsgerechten Nutzung der
Gesundheitsangebote aufgebaut bzw.
die Möglichkeiten zur Selbsthilfe aufge-
zeigt werden.
95Gesundheit weiter denken 6.2. Das Gesundheitswesen der Zukunft
Medizinische Versorgungszentren mit Beratung, vor allem im Bereich
der fachärztlichen Betreuung. Neben Ärzten sind alle relevanten Partner
(Apotheken etc.) in diese Zentren eingebunden.
Nicht-ärztliches Personal (z. B. Pfleger) besser einbinden
Effizienzkontrolle der Maßnahmen
Nachvollziehbare und klare Vergütungsregeln erstellen
Gesundheitskompetenz der Bevölkerung fördern (Health Literacy)
Gesetzliche/berufsrechtliche Anpassungen –
mehr Freiraum, weniger Bürokratie
Strukturen in der Ausbildung entsprechend den
neuen Anforderungen weiterentwickeln
Zusammenarbeit des inner- und außerspitalischen Bereichs verbessern
Elektronische Datenvernetzung forcieren
(Krankenhaus – niedergelassener Bereich)
Zur Erreichung dieser Ziele sind folgen-
de Maßnahmen wichtig: die Einrichtung
eines integrierten und effizienten Ge-
sundheitssystems (optimale IT-gestützte
Prozesse, Gesundheitscontrolling etc.),
die Schaffung von medizinischen Ver-
sorgungszentren, die Aktualisierung
von Berufsbildern sowie die kontinuier-
liche Durchführung von Dialogen zum
Gesund heitssystem unter Einbindung
aller relevanten Akteure. Eine konstante
Information und Sensibilisierung für das
Gesundheitssystem sollte ebenfalls eine
wichtige Rolle in den Maßnahmen spielen.
96 Gesundheit weiter denken 6.3. „Medical Valley“ Oberösterreich
„Medical Valley“ Oberösterreich
Medizinische Forschung
Ausbildung vs. Spitzenforschung
Forschung als „Freizeitaktivität“ attraktivieren –
zeitliche Ressourcen für Forschung
Ethische Aspekte vs. technische Entwicklung
Personalauswahl an Medizinischer Fakultät (Vernetzung aller „Mitspieler“)
Vernetzung der Akteure in der Gesundheitsforschung und -wirtschaft
„Health Valley Upper Austria“
Schwerpunkte setzen – Kernkompetenzen aufbauen (Altersmedizin,
Demenz, Medizintechnik)
Pharmakogenetik als Alleinstellungsmerkmal (USP) für Oberösterreich
Versorgungsforschung
Medizinische Informationstechnologie
Als Herausforderung für die Entwicklung
eines starken „Medical Valley“ Ober-
österreich wird die Qualität der techni-
schen Forschung und Entwicklung sowie
der Ausbildung von Spezialisten im
gesundheitlichen und medizintechnischen
Bereich gesehen. Damit verbunden ist der
Aufbau einer entsprechenden Personal-
quantität und -qualität in Oberösterreich
sowie die Vernetzung aller relevanten
Akteure in der Wertschöpfungskette.
Die Vision ist ein „Medical Valley“ Ober-
österreich, das in seinen Schwerpunkt-
bereichen im europäischen Spitzenfeld
liegt, was Forschung, Entwicklung, Ausbil-
dung und Produkte bzw. Dienstleistungen
anbelangt. Dies schlägt sich auch in der
Lebensqualität der Oberösterreicher
nieder. Darüber hinaus ist Oberösterreich
das Gesundheitsbundesland Nr. 1 in
Österreich.
6.3.
97Gesundheit weiter denken 6.3. „Medical Valley“ Oberösterreich
Europäische Relevanz von „Medical Valley Upper Austria“
Mittelverteilung stärker nach Ergebnisqualität steuern
Qualitätssicherung bei Versorgungsmedizin
nach klar definierten Parametern
Medizinische „Auftragsforschung“ für Wirtschaft attraktivieren –
von Unternehmen bezahlte Forschung als wichtiges
Standbein für Hochschulen
Cluster – Vernetzung Wissenschaft – Disziplinen
(z. B. Photovoltaik und Augenheilkunde)
Vermittlungsstelle schafft Technologietransfer
Grundlagenforschung mit medizinisch angewandter Forschung vernetzen –
Sockelförderung mit Projektförderung koppeln
Vernetzung der Forschung: JKU/FH/Wirtschaft/Technik
Zentrale Schnittstelle koordiniert und unterstützt alle medizinischen Abtei-
lungen/Institute (z. B. Förderungen, Finanzkompetenz)
Cluster für Forschungsförderungen schaffen
Bessere Vernetzung medizinischer Daten
Zusammenarbeit auf Augenhöhe um „Medical Valley“ voranzubringen
(Forschung, Wirtschaft, Technik)
Finanzierung sicherstellen
Wesentliche politische Zielsetzung im
Hinblick auf ein „Medical Valley“ sollte
die anhand messbarer Kriterien definier-
te Spitzenposition in Europa sein. Diese
schlägt sich etwa in Patenten, kompetenz-
bezogenen Personalzahlen, Forschung und
Entwicklung in Unternehmen etc. nieder.
Bei der Erreichung dieser Ziele spielt die
Weiterentwicklung des Gesundheitsclus-
ters eine wichtige Rolle. Die Vernetzung
von relevanten Disziplinen ermöglicht
Synergie effekte.
98 Ableitungen und Impulse für Oberösterreich Mobilität weiter denken
Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Oberösterreichische Präventionsstrategie
Da Prävention als integrativer Bestandteil des Gesundheitssystems einen
immer wichtigeren Stellenwert einnimmt, ist die Formulierung einer Prä-
ventionsstrategie für das Land Oberösterreich anzustreben. Diese soll unter
Einbindung aller relevanten Akteure entwickelt werden und alle wichtigen
Themenbereiche (Bildung, Schaffung von Anreizsystemen, Aspekte der
Primär- und Sekundärprävention, Aufklärung der Bevölkerung etc.) glei-
ch ermaßen umfassen.
Maßnahmenplan „Gesundheit am Land“
Um weiterhin eine hochqualitative, flächendeckende Basisversorgung zu ge-
währleisten, ist es einerseits notwendig, den Arztberuf im ländlichen Raum
zu attraktivieren. Andererseits können Innovationen im technischen Bereich
in Form von „Mobile Health“ eine bedarfsgerechte medizinische Versorgung
vor Ort unterstützen.
Erstversorgung in Stadt und Land
Die Gründung von regionalen Ambulanzen (Primary Health Care Centers),
in welchen alle relevanten Berufsgruppen (Ärzte, Apotheker, Pflegepersonal
etc.) vor Ort tätig sind, tragen zu einer attraktiven medizinischen Erstversor-
gung bei.
Gesundheits und Präventionsportal
Entwicklung einer Gesundheits- und Präventionsplattform, auf welcher Bür-
ger online alle Informationen erhalten, die sie zum Thema Gesundheit bzw.
Prävention in der jeweiligen Situation benötigen. Über diese Homepage ist
auf Wunsch auch die eigene Gesundheitsakte aufrufbar.
Präventions und Gesundheitsinnovationszentrum
Im Präventions- und Gesundheitsinnovationszentrum werden unter Einbin-
dung von Personen aus den unterschiedlichsten medizinischen, technischen
und pflegerischen Bereichen innovative Präventions- und Gesundheitsver-
fahren sowie -technologien interdisziplinär entwickelt. Durch die gezielte
Einbindung von interessierten Bürgern können eine hohe Wirksamkeit und
Patientenfreundlichkeit gewährleistet werden. Ein Aspekt des Präventions-
und Gesundheitsinnovationszentrums ist auch die Vermittlung der neuesten
Erkenntnisse in der Aus- und Weiterbildung von oberösterreichischen Ärz-
ten, Pflegern und der Bevölkerung. Diese Bildungsinhalte können auch via
Videoportal und Onlinetesting in Anspruch genommen werden.
99Mobilität weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Aktion „Prävention ist uns wichtig“
Im Rahmen der Aktion „Prävention ist uns wichtig“ wird ein Kursbuch mit
Seminaren und Workshops zum Thema Prävention im physischen und
psychosozialen Bereich erstellt. Mit dem Besuch einzelner Kurse und
Workshops sind Sammelpunkte verbunden, die in weiterer Folge für andere
Aus- und Weiterbildungsangebote im Präventions- und Gesundheitsbereich
genutzt werden können.
Stärkere Einbindung von NichtÄrzten in den medizinischen Bereich
Die Einbindung von nicht-ärztlichem Personal in medizinische Frage-
stellungen gewährleistet, dass viele Perspektiven in die Ausarbeitung von
Behandlungskonzepten und dergleichen einfließen. Vor allem hinsichtlich
der Weiterentwicklung des Landes Oberösterreich hin zu einem österrei-
chischen „Gesundheitsbundesland“ ist die Fähigkeit der intradisziplinären
Zusammenarbeit – auch in Bezug auf die Entwicklung und Kommerzialisie-
rung von Produkten und Dienstleistungen – notwendig.
Verantwortung – mündige Bürger
Da die individuelle Lebensweise der Bürger einen großen Einfluss auf
den langfristigen Gesundheitszustand hat, sollte die Entscheidung, „gesund“
zu leben, honoriert werden.
Schwerpunkt Produkt und Dienstleistungsinnovation
im Bereich Gesundheit und Prävention
Der Medizintechnikcluster legt einen Schwerpunkt auf die Produkt- und
Dienstleistungsinnovation im Gesundheits- und Präventionsbereich. Er trägt
somit zur Gründung von neuen Unternehmen und zur Schaffung bzw. dem
Erhalt von Arbeitsplätzen in diesen Bereichen bei.
Ergebnisse – Projekt Freiraum
Wohnen weiter denken
102 Ergebnisse – Projekt Freiraum Wohnen weiter denken
7. Wohnen weiter denken
Wohnqualität bedeutet Lebens- und Standortattrakti-
vität. Darüber hinaus ist dieser Bereich ein wichtiger
Wirtschafts- und Beschäftigungsfaktor für Oberöster-
reich. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass
dieses Thema vielen Oberösterreichern, die am Projekt
Freiraum teilgenommen haben, ein großes Anliegen ist.
Oberösterreich ist bereits jetzt ein Vorzeigebundesland
für hohe Lebensqualität und attraktive Wohnräume, wo-
bei der Begriff der Wohnräume sowohl die eigenen vier
Wände als auch das umschließende Umfeld beinhaltet.
Die hohe Wohnqualität in Oberösterreich drückt sich
beispielsweise in dem im nationalen Vergleich höchsten
Anteil an Kategorie-A-Wohnungen aus, der in den letzten
Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Dieser hohe Wohn-
standard konnte nicht zuletzt aufgrund der umfangrei-
chen Wohnbau- und Wohnraumsanierungsförderung
erzielt werden.
Oberösterreich ist ein Vorzeigebundesland in Sachen
„soziales Wohnen“. Die Wohnungspreise entwickeln sich
dank einer seit Jahren hohen und konstanten Bautätig-
keit stabil. Gezielte Förderungen des Landes trugen
dazu bei, dass sich die Wohnqualität ständig verbesserte.
Mehr als jeder zweite Hauptwohnsitz (53 Prozent) in
Oberösterreich befindet sich im Eigentum. Damit liegt
unser Bundesland über dem Österreichdurchschnitt von
50 Prozent.
Investitionen in den Wohnbau generieren eine Brutto-
wertschöpfung mit einem Faktor von 1,7 und setzen
somit wichtige Wirtschafts- und Beschäftigungsimpulse
in unserem Bundesland.
Einflüsse auf die zukünftige Gestaltung von Wohnräu-
men hat die kontinuierlich steigende Anzahl an Ein
personenhaushalten, was in erster Linie auf die hohe
Zunahme Alleinlebender im jüngeren und mittleren
Erwachsenenalter zurückzuführen ist. Aber auch die
steigende durchschnittliche Lebenserwartung der Ober-
österreicher hat Auswirkungen auf den Wohnbedarf. Für
die ältere Generation ist mit einem vermehrten Bedarf
an Heimplätzen sowie altersgerechten Wohnungen zu
rechnen. Nach neuesten Haushaltsprognosen wird bis zum Jahr
2020 der Neubaubedarf auf ca. 7.600 jährlich neu zu errichtende
Wohnungen geschätzt, wobei 2.600 Wohnungen freifinanziert
errichtet werden. Der Rest entfällt auf den mehrgeschossigen
Wohnbau mit ca. 2.000 Wohneinheiten sowie auf Eigenheime.
(vgl. Wohnbaubericht des Landes OÖ, 2013)
„Die Gestaltung eines lebensphasen und lebensstilgerechten sowie leistbaren Wohnungs angebotes – sowohl im urbanen als auch im ländlichen Raum – ist die zentrale Herausforderung für die Politik in den kommenden Jahren.“ FH-Doz. Dr. Wolfgang AmannGeschäftsführer des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen
Anteil der KategorieAWohnungen in Prozent (Bundesländer)
Quelle: Statistik Austria
83 %
85 %
87 %
89 %
91 %
93 %
95 %
97 %
2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Burgenl. Salzburg Tirol WienNÖ
OÖKärnten Steierm. Vorarlb.
103Wohnen weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
7. Wohnen weiter denken
Um der Abwanderungstendenz, v. a. in ländlichen Regionen,
entgegenzuwirken, braucht es ein attraktives Wohnangebot.
Menschen soll es weiterhin möglich sein, dort, wo sie aufge-
wachsen sind, auch dauerhaft und eigenständig wohnhaft zu
bleiben. Dazu ist es erforderlich, dass das Wohnungsangebot
entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen der Bürger, die sich
aus der finanziellen Situation, der Lebensphase, dem Anspruch
an Wohnkomfort sowie den umweltbezogenen und infrastruktu-
rellen Rahmenbedingungen ergeben, gestaltet wird.
Abgeleitet von den thematisierten Bedürfnissen formuliert
FH-Doz. Dr. Wolfgang Amann Empfehlungen für notwendige
politische Maßnahmen. Diese umfassen u. a. eine Kontinuität
der bedarfsorientierten Wohnungsproduktion (regional, sek-
toral), leistbare Angebote bezogen auf Miete und Eigentum,
Stabilisierung der Marktpreise und -mieten, Vertrauensbildung
in den relevanten Markt, Beiträge zur Nachhaltigkeit, Schutz der
Siedlungsstrukturen gegen Zersiedelung sowie Förderung von
Innovationen in allen Bereichen von Wohnbau und Sanierung.
FHDoz. Dr. Wolfgang Amann
Geschäftsführender Gesellschafter des
Instituts für Immobilien, Bauen und
Wohnen; Parlamentarischer Berater
in wohnwirtschaftlichen Fragen
Lehrtätigkeit an der Technischen Uni-
versität Wien, den Fachhochschulen
Wien (FHW) und Wiener Neustadt sowie
an der Donau-Universität Krems
Mitglied des UNO-Beratungsgremiums
„Real Estate Market Advisory Group“
(REM), des European Network for
Housing Research (ENHR), der Nach-
haltigkeitsinitiative „Umwelt + Bauen“
und des Wissenschaftlichen Beirats
„Sanierung und Revitalisierung“ an der
Donau-Universität Krems
„Das Wohnungsangebot muss lebensphasen und lebensstilgerecht sowie leistbar sein – und zwar in der Stadt und auf dem Land!“ FH-Doz. Dr. Wolfgang Amann, Geschäftsführer des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen
Für Dipl.Ökonom Michael Neitzel sind Nachhaltigkeit sowie
Migration und Integration die Hauptwohnungstrends der Zukunft.
Nachhaltigkeit bezieht sich auf den Einsatz von ökologisch unbe-
denklichen Baumaterialien und Konzepten zur Energieeffizienz
sowie die Nutzbarmachung erneuerbarer Energien. Globale Migra-
tionsbewegungen und die daraus resultierende Zuwanderung
stellen auch den Wohnungsmarkt vor große Herausforderungen.
104 Ergebnisse – Projekt Freiraum Wohnen weiter denken
Dipl.Ökonom Michael Neitzel
Seit 2001 Geschäftsführer der InWIS
Forschung & Beratung GmbH
Seit 2008 Geschäftsführer des InWIS-For-
schungsinstituts
Mitglied des wissenschaftlichen Beirats
des Zentralverbandes Sanitär, Heizung,
Klima (ZVSHK)
Mitglied des Forschungsausschusses
des Europäischen Bildungszentrums der
Wohnungs- und Immobilienwirtschaft EBZ
Stv. Vorsitzender des Aufsichtsrates der
hwg eG, Hattingen
Projektleiter der wissenschaftlichen und
technischen Begleitung der Baukosten-
senkungskommission des Bundesminis-
teriums für Umwelt, Naturschutz, Bau
und Reaktorsicherheit (BMUB) sowie der
Evaluation der Stadtumbauprogramme
Ost und West
Damit einher geht der Trend der Individualisierung der Gesell-
schaft. Dieser Trend drückt sich auch in einem Wunsch zur
erhöhten Individualität im Wohnbereich aus, etwa durch die
Einrichtungsgestaltung.
Hinsichtlich der Frage, ob Eigentum oder Miete bevorzugt wird,
wird erwartet, dass der Wunsch nach Eigentum weiterhin sehr
stark ausgeprägt bleibt. Bei der Gruppe derjenigen, die ein über-
durchschnittliches Einkommen haben und beruflich viel unter-
wegs sind, sind gut ausgestattete Mietwohnungen die Präferenz.
„Die technologischen Entwicklungen, die Zunahme an SharingModellen im Bereich des Wohnens, das steigende Gesundheitsbewusstsein sowie der demografische Wandel werden massive Auswirkungen auf den Wohnraumbau haben.“ Dipl.-Ökonom Michael NeitzelGeschäftsführer der InWIS Forschung & Beratung GmbH
105Wohnen weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
Ziele und Leitlinien
Das Hauptziel im Bereich Wohnen muss es sein, jedem Bürger
ein adäquates, leistbares und attraktives Wohnangebot zur
Deckung der jeweils individuellen Wohnbedürfnisse zu bieten
und damit einen Beitrag zu einer hohen Lebens- und Standort-
qualität zu leisten. Eine Vielzahl von Entwicklungen (z. B. ver-
fügbares Platzangebot, Kosten-, Technologie- und Produktent-
wicklungen) und die Veränderungen in den Bedürfnissen und
Werten der Menschen erfordern eine Weiterentwicklung der
Rahmen bedingungen für die Schaffung, die Adaption und den
Erhalt eines bedarfsgerechten individuellen Wohnraums.
Auf Basis von Trendstudien, der Experten-Inputs sowie der
zahlreichen Ideen und Anregungen aus der Bevölkerung haben
sich vier zentrale Themenfelder rund um das Thema „Wohnen“
herauskristallisiert:
Was kann getan werden, um Wohnen im urbanen bzw. ländlichen Raum leistbar
und attraktiv zu machen?
Ein lebenswertes und vor allem erschwingliches Wohnumfeld, das den Bedürfnissen von
Kindern und Eltern für ein erfülltes Familienleben gerecht wird, ist eine Grundvorausset-
zung. Aber auch für ältere Personen braucht es leistbare Wohnräume, die ein Altern in
Würde und Wohlbefinden erlauben.
Welche Wohnformen sollen vor dem Hintergrund demografischer und sozialer
Veränderungen und der Urbanisierung in ihrer Entwicklung unterstützt werden?
Der demografische Wandel, die fortschreitende Urbanisierung und soziale Veränderun-
gen tragen zur Entstehung neuer Wohnformen, wie beispielsweise Wohngemeinschaften
unterschiedlicher Ausprägung („Sharing Community“), bei. Es müssen entsprechende
Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die nachhaltige gesellschaftliche Vernet-
zung und wechselseitige Unterstützung zu gewährleisten.
Welche Technologien im Kontext von „Smart Homes“ sollen in ihrer Entwicklung
unterstützt werden bzw. im zukünftigen privaten und sozialen Wohnbau
Berücksichtigung finden?
Technologisierung und Digitalisierung schaffen neue Möglichkeiten, die Wohnquali-
tät und damit die Lebensqualität in den eigenen vier Wänden noch individueller und
besser zu gestalten. Entsprechende Rahmenbedingungen sollen eine Nutzung dieser
Fortschritte im Interesse der Bürgerinnen und Bürger möglich machen und zugleich
Impulse für die heimische Wirtschaft setzen.
Welche Rahmenbedingungen sind zu schaffen, damit Eigenheim und
Eigentum auch weiterhin möglich sind?
Eigenheim und Eigentum auch weiterhin bzw. wieder leistbar und somit möglich zu
machen sind wesentliche gesellschaftspolitische Herausforderungen. Vor allem auch
jungen Menschen soll der Weg zu ihren eigenen vier Wänden offen stehen.
Leistbares Wohnen:
Neue Wohnformen:
Smart Homes:
Eigenheim und Eigentum:
106 7.1. Leistbares Wohnen Wohnen weiter denken
Leistbares Wohnen
Hoher technischer Standard bei Wohnraumschaffung
Hohe laufende Kosten aufgrund von
Vorschriften und Normen („Preistreiber“)
Finanzierung: Mittel schwer zu bekommen (Besicherung für Private)
Hoher Grundpreis
Anpassbares Bauen ermöglichen
Steigender Flächenbedarf aufgrund der persönlichen Ansprüche
Niedriges Zinsniveau
Verbunden mit einer begrenzten Fläche für Wohnräume besteht die Gefahr,
dass die Preise für Mieten, Immobilien und Grundstücke steigen
Im städtischen Bereich ist Wohnen teurer als am Land –
verbunden mit einem geringeren Anteil an Wohneigentum
Wohnraum in Bauernhöfen adaptieren
Die Leistbarkeit des Wohnens hängt von
mehreren Faktoren ab: von individuellen
(Vermögensentwicklung, Finanzierungs-
kosten) und öffentlichen (Wohnbau-
förderung) Rahmenbedingungen, von
rechtlichen Vorgaben sowie von den zur
Verfügung stehenden Flächen und den
Lebensgewohnheiten. Diese Aspekte
stellen wichtige Chancen und Heraus
forderungen für die Zukunft dar.
7.1.
107Wohnen weiter denken 7.1. Leistbares Wohnen
Startwohnungen für junge Bürger und Familien
Zusammenschlüsse beim Kauf von Wohnungen und Liegenschaften
(„Shared Living Spaces“)
Transparente Information über Finanzierungsformen, -kosten
und -förderungen
Zusammenschlüsse für den Kauf von Produkten und Dienstleistungen
Bessere Nutzbarmachung von freistehenden Flächen durch Transparenz
Neue Geschäftsmodelle für Miete und Eigentum – neben Geldleistungen
auch Sach- bzw. Arbeitsleistungen (Pflege, Einkauf etc.)
Neue PPP (Public-Private-Partnership)-Modelle (Unternehmen/Banken/
öffentliche Hand) zur Unterbringung von Mitarbeitern in nahe gelegenen
Wohnungen (Pendlerwohnungen)
Unterstützung von privaten Errichtern/Sanierern durch
gezielte Schulungen und Coaching
Freistehende Flächen in öffentlichen Einrichtungen (z. B. Ämter, Schulen
und Krankenhäuser) und privaten Unternehmen (z. B. Hotels) können
rasch in Wohnflächen transformiert werden
Produktion von Einrichtungsgegenständen über 3-D-Drucker –
Druckmaterialien können billiger durch Massenbezug erworben werden
Wohnkosten werden durch eigene Produktion bzw. optimierte Nutzung von
Strom, Wasser, Lebensmitteln etc. teilweise reduziert
Betriebskosten werden durch die Übernahme von Aufgaben
(z. B. Raumpflege) reduziert
Neue Baumaterialien führen zu geringeren Errichtungskosten
An unterschiedliche Gehaltsniveaus angepasste
Wohnungsangebote, auch innerhalb eines Hauses
Weniger Normvorgaben bei Technologie,
hin zu Ergebnisvorgaben (Energieeffizienz)
Kostensicht statt Effizienzsicht (z. B. Energieeffizienz) bei Betriebskosten
Mehr Fokus auf Bestandsimmobilien, vor allem auch für junge Bürger
Empfehlungen der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK)
„leistbares Wohnen“ umsetzen
Die Zukunftsvision ist, dass für alle Bür-
ger – unabhängig von Alter, Einkommen
und sozialer Stellung – in Oberösterreich
jener Wohnraum zu leistbaren Bedingun-
gen zur Verfügung steht, der es erlaubt,
die Wohnbedürfnisse zu befriedigen.
Durch Erbringung von Eigenleistungen
bzw. durch gemeinsame Nutzung von Ein-
richtungen können die Kosten für Wohnen
reduziert werden.
Als zukünftige politische Ziele im Bereich
„Leistbares Wohnen“ sollten vorder gründig
geringere Baukosten und niedrigere
Grundpreise angestrebt werden.
Folgende weitere Punkte für politische
Ziel setzungen wurden eingebracht:
108 7.1. Leistbares Wohnen Wohnen weiter denken
Soziale Komponente bei Vergabe ausfinanzierter
Wohnungen berücksichtigen
Wohnbauförderung mit Funktion als Mezzaninkapital (nachrangig)
Mut bei Bebauungsplanfragen (z. B. Höhe)
Normen bei Warmwasseraufbereitung weiterentwickeln
Barrierefreiheit im Bedarfsfall (Anpassbarkeit)
Verpflichtungen überdenken (z. B. Architektenwettbewerb, Tiefgarage)
Standardanforderungen für „junges Wohnen“ überdenken
Weiterentwicklung der Informationsplattform zur Kostenoptimierung
bei Wohnraumbeschaffung und -sanierung
Gezielte Förderung von PPP-Modellen (Unternehmen/Banken/öffentliche
Hand) für Arbeitnehmerwohnungen
Revision der Wohnstandards im sozialen Wohnbau
Schaffung von Anreizen für die Zurverfügungstellung von freistehenden
Flächen in privaten und öffentlichen Gebäuden („Wohnfamilien“)
Mögliche politische Maßnahmen, um
„leistbares Wohnen“ zu fördern, wären
die Bereitstellung von Bauflächen für ge-
förderten Wohnbau durch die Gemeinden
(unter bestimmten Bedingungen auch für
private Nutzer). Eine Vereinfachung der
Normen (Gesetze und Auflagen) wird als
sinnvoll erachtet. Weitere Vorschläge für
politische Maßnahmen:
109Wohnen weiter denken 7.2. Neue Wohnformen
Neue Wohnformen
Integration von und Verlinkung mit der medizinischen Entwicklung
Generationenwohnen: langfristige Regelung über den Preis
Kommunikation (z. B. Generationen) im Wohnbau als Herausforderung
Attraktivität von Mietkauf
Definition, wofür neue Wohnformen benötigt werden (z. B. Unterstützung
von alleinstehenden alten Menschen durch junge Familien)
Parkplätze für neue Wohnformen
Wohnflächenbedarf sinkt, Wohnungsbedarf steigt
Steigender Anteil von Einpersonenhaushalten
Wohnheime, altersgerechtes Wohnen und Wohnungen
für Menschen mit Beeinträchtigung
Anforderungen unterschiedlicher Generationen
Wohnen nicht solitär betrachten – es geht auch um Umfeld, Mobilität,
Energieversorgung, Arbeits- und Freizeitverhalten, Kinderbetreuung etc.
Trend: wandelbare Möbel
Der Anteil an Singles in der Bevölkerung
nimmt sowohl bei jungen als auch bei
älteren Menschen zu. Parallel dazu führt
der demografische Wandel zu einer Al-
terung der Gesellschaft. Vor dem Hinter-
grund dieser und weiterer Entwicklungen
(Einkommensentwicklung, Migration etc.)
werden „Neue Wohnformen“ als Chance
und als Herausforderung erachtet, wobei
kultur- und generationsübergreifende
Lösungen im Vordergrund stehen.
7.2.
110 7.2. Neue Wohnformen Wohnen weiter denken
Denken in Quartieren – kleinräumige Konzepte, die das Wohnumfeld
einbeziehen – und das Angebot unterschiedlicher Akteure abstimmen
„XS-Wohnen“ (kleine, qualitativ hochwertige Wohnflächen) etabliert sich
ohne Qualitätsverlust, da neue Services und kollaborative Räume den
Wohnraum „on demand“, also auf Anforderung, ergänzen
„Neue Wohnformen“: Wohngemeinschaften für junge und alte Menschen (fixe
Rückzugsflächen, aber auch Gemeinschaftsflächen)
Kleinere Wohneinheiten, um die Anonymität zu verringern
Im geförderten Wohnbau entsteht Gemeinwesen – man
hilft einander, soziale Dienste werden freiwillig erbracht
Flexibilität neuer Wohnformen –
Auflösung von Raumkonzepten hin zu Funktionsbereichen
Multifunktionale Gemeinschaftsflächen für Sport, Freizeit und Geselligkeit
steigern die Lebensqualität für Jung und Alt
Gemeinsame Nutzung der Infrastruktur im Wohn-,
Freizeit- und Mobilitätsbereich
Generationenwohnen gleicht Defizite in familiären Strukturen aus
Neue Wohnformen unterstützen Integration von Generationen,
Kulturen und sozialen Schichten
Wohnen wird wieder verstärkt zum gemeinschaftsprägenden Element
Neue Wohnformen führen zu neuen Dienstleistungen,
Berufen und Finanzierungsmodellen für Wohnraum/Lebensqualität
Neudefinition des sozialen Wohnbaus:
Was ist Sozialleistung? Was ist Mietleistung?
Anreize schaffen, dass ältere Personen freistehenden
Wohnraum zur Verfügung stellen
Strenge Widmungen überdenken
Mehrfachnutzung ermöglichen (Arbeiten/Wohnen)
Steuerliche Anreize für Wohnraumschaffung
Schaffung von Anreizen für Modulbauweise
Zu den Visionen für das Wohnen von
morgen zählen neue Wohnformen wie
etwa generationenübergreifende Wohn-
gemeinschaften. Als Ausdruck einer
„Sharing Community“ soll innerhalb dieser
Wohngemeinschaften eine Arbeitsteilung
bzw. ein gemeinsames Nutzen, Geben und
Nehmen stattfinden.
Um neue Wohnformen zu ermöglichen,
ist vor allem die Schaffung von entspre-
chenden Rahmenbedingungen erforder-
lich. Diese können beispielsweise ein
Bonus- bzw. Anreizsystem für die Errich-
tung bzw. den Einzug in neue Wohnformen
(z. B. Seniorenresidenz) oder die Formulie-
rung neuer Rechtsformen (z. B. neue
Genossenschaftsmodelle, Baurechts-
liegenschaften) umfassen. Folgende
Punkte für politische Zielsetzungen
wurden von den Fachleuten eingebracht:
111Wohnen weiter denken 7.2. Neue Wohnformen
Anreizsystem für Generationenwohnen (Familien und Senioren profitieren
von Arbeitsteilung)
Neuregelung der Parkplatzbewirtschaftung
Identifikation von nationalen und internationalen Best-Practice-Beispielen
Erarbeitung von innovativen Konzepten für neue Wohnformen
durch Einbindung von Stakeholdern
Breit angelegte Informationskampagnen zu den Vorteilen, Angeboten etc.
für neue Wohnformen
Entwicklung von Ausbildungsplänen für „Wohncoaches“ (Mögliche Themen:
Zusammenleben gestalten, gemeinsames Wohnen hilft sparen etc.)
Aus- und Weiterbildungsangebote im Bereich der Entwicklung und
Servicierung von Quartieren optimieren
Politische Maßnahmen im Bereich der
„Neuen Wohnformen“ umfassen die
Schaffung von Anreizsystemen, etwa für
das sogenannte Generationenwohnen,
im Rahmen dessen beispielsweise die
Jungen den Einkauf und die Älteren die
Kinder betreuung übernehmen. Weitere
Vor schläge für politische Maßnahmen:
112 7.3. Smart Homes Wohnen weiter denken
Smart Homes
„Spieltrieb“ und somit Offenheit für technische Lösungen im Wohnbereich
Versorgungssicherheit in puncto Energie, wenn diese gebraucht wird
Leistbarkeit von Energie und Reduktion von Lebenserhaltungskosten
Effizienter Umgang mit Energie durch Kostentransparenz
Wissen über die Nutzung der neuen Technologien
Berührungsängste mit neuen Produkten/Technologien
Menschen möchten länger in ihrer Wohnung bleiben
Bürger wollen sich physisch und psychisch sicher fühlen
Bürger wollen Raumklima, Temperatur, Feuchtigkeit, Licht, Luftqualität
und die Rauminfrastruktur (Energie, Medien) optimal steuern
Bürger wollen in ihren haushaltsbezogenen Aufgaben
bestmöglich unterstützt bzw. entlastet werden
Unterstützungsleistungen zur optimalen Installation,
Nutzung und Reparatur von Geräten und Systemen
Neue Anforderungen an Wohnraumgestaltung durch die Zunahme
von Einpersonenhaushalten und individuellen Lebensstilen
Grundsätzlich sind Komfort, Kosten-
effizienz, Sicherheit sowie lebensphasen-
gerechte Infrastruktur (z. B. Barrierefrei-
heit und Vernetzung etwa mit Ärzten) jene
Herausforderungen, die es in der Zukunft
zu meistern gilt. Unter der Bezeichnung
„Smart Homes“ ziehen Technik und
Digitalisierung in den Wohnbereich ein.
Die aktuellen und absehbaren techno-
logischen Entwicklungen können hier
einen Beitrag zur Hebung der Wohnquali-
tät leisten. Der Grad der Technologisie-
rung hängt einerseits von den baulichen
Rahmen bedingungen (Neubau vs. Altbau)
sowie der Bereitschaft jedes Einzelnen, in
diese Services zu investieren, ab. Weitere
Chancen und Herausforderungen:
7.3.
113Wohnen weiter denken 7.3. Smart Homes
Technologie ist in Zukunft Bestandteil des Alltags und
führt zu einem wachsenden Markt alltagserleichternder Technologie
Bedürfnisse nach gesundem Wohnraum und Wellness erfordern neue
Materialien und Services
Datensicherheit und Schutz der Privatsphäre
„Systemintelligenz“ durch „Smart Metering“ – die zeitliche und intensitäts-
bezogene Nutzung von elektronischen Geräten erfolgt auf Basis der im
Tagesverlauf schwankenden Strompreise
Barrierefreiheit – jeder hat Zugang zu vernetzten Technologien (u. a. web-
basiert) und kann diese Technologien in Konsum- und Investitionsgütern
einfach und verständlich nutzen
Servicierung der Produkte mit neuen Technologien
erfolgt über Fernwartung oder ist intuitiv möglich
Die in den Produkten integrierten Softwaresysteme laufen stabil
Produkte mit vernetzten Technologien verfügen
über standardisierte Kommunikationsschnittstellen –
„Plug and Play“, also „anschließen und loslegen“
Im Energiebereich werden erhöhte Bedarfe durch
im Vorfeld gespeicherte Energie abgedeckt
Intelligente Wände, Böden, Türen, Stiegen, Möbel, Fenster etc.
Roboter unterstützen uns im täglichen Leben
(kochen, waschen, bügeln, einräumen etc.)
Wir kommunizieren mit unseren Geräten und Komponenten
über Mimik, Gestik und Sprache
Die Komponenten und Geräte machen uns Vorschläge, wie wir
unsere Wohnumgebung nach unseren Vorstellungen optimieren können
Eine Vielzahl von Dienstleistungen (medizinische und pflegerische Beratung,
Einkauf, Verkauf etc.) können von zuhause aus in Anspruch genommen bzw.
vor Ort erbracht werden
In der Vision für das Wohnen von morgen
werden technische Innovationen, Wohn-
räume und Haustechnik „smart“ und
somit individuell steuerbar. Die Systeme
sind so integriert, dass Wohnen entspre-
chend den individuellen Anforderungen
optimiert werden kann. Information und
Kommunikation laufen IT-gestützt bei
Bedarf ab (z. B. Essensbestellung, Arzt-
besuch). Die Steuerung erfolgt durch
mobile Controller (z. B. Handy, Tablet).
Es wurden folgende Aspekte eingebracht:
114 7.3. Smart Homes Wohnen weiter denken
Zufriedenheit der Bürger mit ihrer Wohnsituation
„Sicherheit“ im Wohnen
Bedarf/Wunsch: Miete muss konstant bleiben
Ressourceneffizienz
Aktualisierte Standards, wo sinnvoll
(Berücksichtigung bei Ausschreibungen)
Bevölkerung ist über die technischen Möglichkeiten informiert
Neue Technologien sollen nutzbar gemacht werden
Deregulierung
Kunden-/Bürgernutzen im Vordergrund bei Entscheidungen
Politik informiert objektiv (Beratungsqualität) –
keine Vorgaben – „Offenes System“
Technologiestandards definieren
Lebensdauer der Immobilien optimieren
Breitbandoffensive fortsetzen
Standards für Neubau und Sanierungen vor
dem Hintergrund der neuen Technologien adaptieren
Entwicklung von neuen Berufsbildern/Dienstleistungsangeboten rund um
das Thema „Smart Homes“ (Systemarchitekten, Gesamtsystemerrichter/
-optimierer, -betreuer, Finanzierungs-, Förderberater, Trainer, Plattform-
provider, Verrechnungsdienstleister etc.)
Informationskampagnen zum Thema „Smart Homes“
Gütesiegel für integrierbare Produkte (certified intelligent „power“ device)
und qualitativ hochwertige Dienstleistungen
Forschungsförderungen und Erfahrungsaustausch
im Bereich „Smart Homes“
Entwicklung von Sicherheitszertifikaten für die Erfassung von
privaten Daten bezüglich Wohn- und Lebensgewohnheiten
Als politische Ziele für den Bereich
„Smart Homes“ werden eine hohe Bürger-
zufriedenheit , Wissen über die Gestal-
tungsmöglichkeiten sowie eine optimale
Ressourcenverwendung gesehen.
Die Wohnstandards sind an die neuen
technologischen Möglichkeiten, wo sinn-
voll, anzupassen. Aber auch die Produkt-
standards erlauben Sicherheit, Stabilität,
Ressourcen effizienz, Integrierbarkeit etc.
Folgende Aspekte wurden eingebracht:
Analog zur Formulierung der politischen
Zielsetzungen muss als eine Maßnahme
zur Etablierung von „Smart Homes“ die
Nutzbarmachung der neuen Technologien
erfolgen. Des Weiteren wurde eine umfas-
sende Deregulierung empfohlen. Weitere
Vorschläge für politische Maßnahmen:
115Wohnen weiter denken 7.4. Eigenheim und Eigentum
Eigenheim und Eigentum
Leistbarkeit des Eigentums
Förderungen nur für Baukosten
Eigentum wird durch Regelungen schlechter gestellt
Baustandards hemmen Innovation im Bau
Bauherren brauchen zunehmend Entwickler, z. B. von Bauland
Steuerliche Berücksichtigung von Sanierungsmaßnahmen
Reduktion auf soziale Förderung
Substanz- vs. Finanzbesteuerung
Finanzierung erschwert Eigentumsbildung (Eigenmittelersatzfinanzierung)
Baukostensteigerung v. a. bei den Grundkosten
höher als Einkommenszuwachs
Standards erschweren Leistbarkeit
Subjekt- vs. Objektförderung
Anlegermarkt hemmt Angebote
Der Erwerb und Erhalt von Eigenheim
und Eigentum wird aufgrund der Finanzie-
rungs möglichkeiten und der Einkommens-
entwicklung auch in der Zukunft als
Herausforderung betrachtet.
Für junge Menschen wird es zunehmend
schwieriger, Eigentum zu schaffen. Die
aktuelle Einkommensentwicklung und der
Umfang der steuerlichen Abgaben (u. a.
Immobilien ertragsteuer) erschweren den
Erwerb, Erhalt oder Wechsel von Eigen-
tum. Die Nutzung als Pensionsanlage bzw.
Vermietung als zusätzliches Einkommen
ist teilweise zu stark belastet. Weitere
Chancen und Herausforderungen:
7.4.
116 7.4. Eigenheim und Eigentum Wohnen weiter denken
Individualität wird im Bau berücksichtigt
Kauf spielt größere Rolle als Bau von Eigenheimen
Bestehende Substanz wird erhalten/verbessert (v. a. im ländlichen Raum)
Eigentum wird als Pensionsanlage im Steuersystem positiv berücksichtigt
(Pflegeversicherung)
Friedliche, einvernehmliche Auflösung von Eigentümergemeinschaften
Erhalt von Bausubstanz im städtischen Raum
Förderungen werden gezielt, wirkungs - und bedarfsorientiert vergeben
Nutzung des Potenzials von bestehenden Gebäuden/Leerständen
Verdichtung/Sanierung in Städten
Ortszentren sind wieder belebt
Mehr Subjektförderung für Eigenheime
Energiesparen durch Sanierung
Attraktivierung des Mietkaufmodells: Schaffung von Eigentum für Junge
Anpassung der Wohnbauförderung auf Grundstückskosten
Lockerung der Wohnbaustandards überdenken,
damit mehr individuell gestaltet werden kann
Wirtschaftlichkeitskatalog für Miet- und Eigentumswohnungen
Heimische Wertschöpfung (Produkte und Dienstleistungen) mehr fördern
Förderung von Nebenkosten – Erlässe v. a. für Junge
(z. B. Grunderwerbssteuer)
Maßnahmen für geringen Flächenverbrauch – Verdichtung:
gestaffelte Förderungen
Wohnen nicht solitär betrachten – es geht auch um Umfeld, Mobilität,
Energieversorgung, Arbeits- und Freizeitverhalten, Kinderbetreuung etc.
Öffnung des EFRE-Fonds (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung)
für private Hauseigentümer
Die Vision ist, dass man in Zukunft
leichter Eigenheime erwerben kann.
Der Kauf spielt eine größere Rolle als
der Bau. Konkret wurden folgende
Aspekte eingebracht:
Um Eigenheim und Eigentum leistbar zu
machen, können als politisches Ziel unter-
schiedliche Fördermodelle zur Anwendung
gebracht werden. Des Weiteren wären
Steuerbegünstigungen (z. B. auf die Mehr-
wertsteuer) für private Eigenheimerrichter
und private Investoren denkbar. Folgende
Punkte für politische Zielsetzungen wur-
den von den Experten eingebracht bzw. im
Rahmen von Studien erarbeitet:
117Wohnen weiter denken 7.4. Eigenheim und Eigentum
Flächenwidmungsplanung für Innenverdichtung
Zwei Fördermodelle (Miete, Eigentum)
Grundkostenförderung
Reduktion bzw. Abschaffung von Umwidmungsabgaben
Erwerb und Erhalt von Eigentum erleichtern durch allgemeine
Senkung der Steuerbelastung der Bürgerinnen und Bürger
Förderung von Kauf oder Bau eines selbst genutzten Eigenheims oder
einer selbst genutzten Eigentumswohnung mit zinsgünstigen Darlehen
Eintreten für die Wahrung des Grundrechts auf Eigentum
Für die Erreichung der politischen Ziel-
setzungen im Bereich „Eigenheim und
Eigentum“ spielt die Flächenwidmung eine
bedeutende Rolle – sie unterstützt eine
soziale Durchmischung. Neben dem
sozialen Wohnbau soll es auch Anreize
für frei finanzierte Eigentumswohnungen
geben. Mögliche politische Maßnahmen:
118 Ableitungen und Impulse für Oberösterreich Mobilität weiter denken
Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Vereinfachte und ganzheitliche
Wohnbaustandards am Puls der Zeit
Um den sozialen, gesellschaftlichen, ökonomischen,
ökologischen und technologischen Anforderungen
gerecht zu werden und leistbares Wohnen sowie eine
hohe Lebensqualität zu gewährleisten, sind Wohn-
standards und Förderrichtlinien zu überarbeiten
bzw. zu vereinfachen.
Wohnkultur breiter fassen
Von der Objekt- zur Quartierentwicklung. Vor allem
im städtischen Raum gilt es, durch das Engagement
der Bürger Impulse zur Weiterentwicklung eines at-
traktiven öffentlichen Lebensraumes zu schaffen, in
dem ein friedliches und die Lebensqualität förderli-
ches Miteinander gewährleistet wird. Grundvoraus-
setzung dafür ist einerseits eine gezielte Flächen-
widmung und andererseits die Entwicklung einer
Partizipations- und Gemeinschaftskultur, in welcher
Bürger sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten einbrin-
gen. Eine enge Zusammenarbeit mit Verwaltung und
Politik spielt dabei eine wesentliche Rolle.
Kompass generationsübergreifendes Wohnen
Erstellung einer Informationsplattform für die Ent-
wicklung, Umsetzung und Evaluierung von generati-
onsübergreifenden Wohnräumen: Von Förderanträgen
über eine integrierte Darstellung des Unterstützungs-
angebotes der öffentlichen Hand, der Interessen-
vertretungen, der Vereine und der Privatwirtschaft
bis hin zur Vorstellung von Best-Practice-Beispielen
finden hier Interessierte alle Informationen, die erfor-
derlich sind, um Ideen für ein generationsübergrei-
fendes Wohnen in Wohnhäusern bzw. Wohnanlagen zu
realisieren.
Förderung für generationsübergreifendes Wohnen
Die Förderung zur Adaptierung von Wohnräumen
für generationsübergreifendes Wohnen zielt auf die
Schaffung von Wohnraum sowohl für junge Men-
schen und Familien als auch für ältere Menschen ab.
Diese Förderung kann darüber hinaus auch für die
generationsübergreifende Wohnraumbeschaffung
für „im Eigentum stehende“ Eigenheime in Anspruch
genommen werden.
Zertifikat altersgerechtes Wohnen
Auf Basis von Bedürfnissen älterer Personen und
sich abzeichnenden gesellschaftlichen und techno-
logischen Entwicklungen wird ein Standard für alters-
gerechtes Wohnen erarbeitet. Wohnungen, welche
diese Anforderungen erfüllen, erhalten ein Zertifikat.
Oberösterreichischer Think Tank zum
Thema lebensphasengerechtes Wohnen
Gestaltung von anforderungsgerechten Wohnräumen
der Zukunft. Initiierung eines offenen interdiszi pli-
nären und sich über das gesamte Wohnsystem zie-
henden Dialogforums, welches sich mit der zukünf-
tigen Gestaltung von lebensphasengerechten (Kind
– Schüler – Student – Berufstätiger – Pensionist)
Wohnräumen (Wohnung – Haus – Quartier) beschäf-
tigt. In diesem Think Tank werden innovative Konzep-
te für lebensphasengerechtes Wohnen entwickelt und
Impulse für Pilotprojekte und -anwendungen gesetzt.
Landeswettbewerb generationsübergreifendes
Wohnen (Nachhaltige Nachbarschaften)
Um auf die Möglichkeiten für ein generationsüber-
greifendes Wohnen hinzuweisen und den Nutzen von
innovativen Wohnkonzepten darzustellen, könnte ein
Bewerb mit einer entsprechenden medial wirksamen
Präsentation der Siegerprojekte durchgeführt werden.
„Der oö. Jugend gewidmet“
Raum- und Wohnflächen werden für das Eigentum
von Jungfamilien freigehalten, die zu definierende
Voraus setzungen erfüllen (z. B. Familien größe,
Staatsbürgerschaft, Einkommen). Förder mecha-
nismen werden entsprechend definierter Kriterien
adaptiert.
Beratung für „Flatsharing“ im
Miet und Eigentumsbereich
Gerade großflächige Wohnungen oder Häuser
(z. B. Bauernhöfe) können für Eigentümer- bzw.
Mieter gemeinschaften („Flatsharing“) finanziell
attraktiv sein. Für die Beratung vor, während und
nach dem Kauf bzw. dem Mietverhältnis wird ein
spezielles Beratungsangebot, welches online und
offline verfügbar ist, aufgebaut.
119Mobilität weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Gemeinschaftsleistungen als
Möglichkeit zur Mietreduktion
Die Leistbarkeit von attraktivem Wohnraum soll in
geförderten Wohnanlagen auch dadurch unterstützt
werden, dass Mieter bzw. Eigentümer ihren Mietauf-
wand durch (messbare) Leistungen reduzieren kön-
nen. Von der Pflege des Gartens bis hin zur Versor-
gung der Nachbarn mit Lebensmitteln oder anderen
Dienstleistungen kann hier ein Wert erzielt werden,
der zur Reduktion von Wohnkosten, aber auch zu
einer Steigerung der Attraktivität von Wohnhäusern
bzw. Wohnanlagen führt. Auf Basis eines Leistungs-
kataloges kann von der Wohnungsgemeinschaft die
Erbringung einer Leistung beschlossen und die damit
verbundene Leistungsabgeltung vereinbart werden.
Pilotprojekte dazu sollen initiiert werden.
Oberösterreichische Fachmesse
zum Thema „Smart Living Upper Austria“
Situationsgerecht, modular, attraktiv, ressourcen-
schonend, technologisch: Oberösterreichs Unter-
nehmen haben im Bereich „Smart Living“ viel zu
bieten. Von Energielösungen bis hin zum Mobiliar,
vom Recycling bis zu App-Lösungen gibt es eine
Vielzahl von Unternehmen, die Lösungen für ein
kosteneffizientes, komfortables und ressourcen-
schonendes Wohnen entwickeln. Anlässlich einer
Leistungsschau sollen Produkte und Dienst -
leis tungen aus Oberösterreich in diesem Bereich
vor den Vorhang geholt werden.
Initiierung eines oberösterreichischen
Netzwerks „Smart Living 4.0“
Oberösterreich hat eine Vielzahl von Unternehmen,
die im Bereich „Smart Living“ aktiv sind. Um für den
Endanwender attraktiv zu sein, braucht es innovative
und integrierte Leistungen/Produkte der Netzwerk-
partner. Im Rahmen des Netzwerkes sollen alle
Akteure die Möglichkeit bekommen, sich über Trends
und Erfahrungen auszutauschen, gemein same
Forschungsprojekte abzuwickeln sowie an einer
ober österreichischen Smart-Living-Systemlösung
(virtuelles Unternehmen) zu arbeiten.
Ideenwettbewerb –
„Zukunft. Smart Living. Weiter denken“
Ausgeschrieben würde ein Preis für interdiszip linäre
Teams, die sich mit dem Wohnen der Zukunft
beschäftigen. Konkrete Fragestellungen zu Heraus-
forderungen im Bereich „Smart Living“ (Wohnformen,
Technologien etc.) stehen dabei im Mittelpunkt.
Label „Smart Living Component Upper Austria“
Ein wichtiger Aspekt für die Akzeptanz von Smart-
Living-Konzepten ist der zu erzielende Mehrwert
durch Kostenreduktion, Komfortsteigerung, Ressour-
ceneffizienz oder die Gewährleistung der Integrier-
barkeit von Komponenten. Dazu braucht es definierte
Standards. Im Rahmen der Initiative soll ein Label
entwickelt werden, mit welchem Produkte aus Ober-
österreich versehen werden, die diesen Kriterien
entsprechen.
Novellierung von Normvorgaben für Förderungen/
Neubauten/Sanierungen zu Ergebnisparametern
In der Zukunft sollen bei Normvorgaben primär die
Zielwerte (z. B. Gesamtenergieverbrauch) im Vorder-
grund stehen. Die Lösungen, wie konkret diese Norm-
vorgaben erzielt werden, bleiben dabei dem Errichter
überlassen.
Ergebnisse – Projekt Freiraum
Familie weiter denken
122 Ergebnisse – Projekt Freiraum Familie weiter denken
8. Familie weiter denken
Im Kern des Prozesses „Projekt Freiraum – Oberösterreich wei
ter denken“ geht es um die Frage, wie Oberösterreich in Zukunft
gestaltet sein soll und welche Weichenstellungen dafür schon
heute erforderlich sind. Die „Oberösterreicher von morgen“ spie-
len dabei selbstverständlich eine zentrale Rolle, denn die Kinder
und Jugendlichen von heute sind die Verantwortungsträger und
die gestaltenden Kräfte der Zukunft.
Die oberösterreichische Politik ist sich der hohen Bedeutung
der Familien und der jungen Generation bewusst. Dementspre-
chend wurde in Oberösterreich beispielsweise noch nie so viel
in Kinderbetreuung investiert wie heute: Lagen die Ausgaben
für Kinderbetreuung vor zehn Jahren noch bei 90 Mio. Euro pro
Jahr, sind es mittlerweile 218 Mio. Euro pro Jahr. Das Angebot an
Kinderbetreuungsstrukturen in Oberösterreich ist grundsätzlich
gut, allerdings müssen mehr Möglichkeiten zur Flexibilisierung
geschaffen werden.
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind weitreichende
Umbrüche in den Familienkonstellationen festzustellen: Die
Zahl der Ehescheidungen hat zugenommen, mittlerweile wird
rund jede zweite Ehe geschieden. Auch die Anzahl der gleich-
geschlechtlichen Partnerschaften oder die der Alleinerziehen
den nimmt zu. Es gibt immer mehr Menschen, die das „Risiko
Familie“ nicht mehr eingehen wollen, insbesondere im Zusam-
menhang mit der Karriereplanung von Frauen.
In Oberösterreich wurden im letzten Jahr so viele Geburten wie
seit Jahren nicht mehr verzeichnet. Doch die Familiengründung
geschieht in einer späteren Lebensphase als früher – oft im Alter
zwischen 30 und 40 Jahren. Damit fällt sie zeitlich zusammen
mit anderen Vorhaben wie Hausbau, Engagement im Beruf etc. –
diese Phase stellt die „Rushhour“ des Lebens dar. Auf solche
Entwicklungen muss reagiert werden, die damit verbundenen
He rausforderungen sind zu berücksichtigen.
Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist auch die
Jugend, denn die Lebensphase zwischen Kindheit und Erwach-
senenalter ist besonders prägend für den weiteren Lebensweg.
Kennzeichnend für das Jugendalter ist, dass man sich kritisch
mit seinem Umfeld auseinandersetzt und Wege und Perspektiven
„Politik soll nicht in die Familien eingreifen und bevormundend wirken, sondern hat die Rahmenbedingungen für ein gutes Familienleben zu schaffen.“
Klubobmann Mag. Thomas Stelzer
„Die Familienstrukturen und der Stellenwert der Familie haben sich im Lauf der Zeit stets verändert. Unser Bild der Familie ist stark von dem Modell ‚Vater, Mutter und zwei Kinder‘ geprägt, es umfasst de facto aber viel mehr Formen und Facetten.“
Prof. Dr. Corinna OnnenFamiliensoziologin Universität Vechta
für das weitere eigene Leben findet. Hierbei ist die ganze Gesell-
schaft gefordert, den jungen Menschen Orientierung zu geben,
ihnen ihre Chancen und Möglichkeiten aufzuzeigen und sie zu
unterstützen.
Familien nach Familientypen in Oberösterreich ab 1971
Quelle: Land Oberösterreich, Abteilung Statistik
0
50.000
100.000
150.000
200.000
Ehepaare mit Kind(ern)
Lebensgemeinschaften mit Kind(ern)
Lebensgemeinschaften ohne Kind(er)
Elternteile mit Kind(ern)
Ehepaare ohne Kind(er)
1991 2011 201220011971 1981
123Familie weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
8. Familie weiter denken
Prof. Dr. Corinna Onnen
Seit 2008 Universitätsprofessorin für
Soziologie an der Universität Vechta in
Niedersachsen
Mitglied im Sprecherrat der Sektion Familien-
soziologie der Deutschen Gesellschaft für
Soziologie
Direktorin des Instituts für Sozialwissenschaften
und Philosophie der Universität Vechta;
Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft für
Frauen- und Geschlechterforschung Niedersachen
Studium der Sozialwissenschaften in Oldenburg,
Tätigkeit an verschiedenen Universitäten in
Deutschland
Die Politik kann primär durch zwei Bereiche unterstützend
einwirken. Zum einen durch flexible Kinderbetreuungsein
richtungen, zum anderen dadurch, dass sie anregt, die Auf
gabe der Kinderbetreuung auf die Väter und andere Partner,
außerhalb der Kernfamilie, auszuweiten.
„Unter Jugendlichen herrscht oft eine große Unsicherheit über die Zukunft. Mitunter müssen sie sich bereits in sehr frühem Alter an Umbrüche in ihrem Leben gewöhnen. Und sie spüren, dass die soziale Kluft in unserer Gesellschaft eher zunimmt.“
Prof. Dr. Corinna OnnenFamiliensoziologin Universität Vechta
Als Beispiel für ein gut funktionierendes Modell kann Schweden
angesehen werden. Kernpunkte der schwedischen Familien-
politik sind eine absolute Flexibilität in der Kinderbetreuung und
eine Freistellung bei laufendem Gehalt nach der Geburt. Diese
gilt auch für Männer, daher stellt die Geburt eines Kindes keine
finanziellen Einbußen für die Familie dar. Schweden verfügt über
ein sehr gut ausgebautes Schulsystem, auch Kinderbetreuung
wird hierbei als Bildung angesehen. Durch dieses Label wird
Kinderbetreuung mehr Beachtung geschenkt und die Betreuer
sind sehr gut ausgebildet. Zudem verfügt Schweden über eine
gut ausgebaute Vorschule, eine Ganztagsschule und trotz der
Weitläufigkeit des Landes über ein kleinräumiges Kinderbetreu-
ungsangebot mit kurzen Fahrtstrecken.
Aus soziologischer Sicht ist die Jugendphase besonders prä-
gend. Jugendliche müssen sich direkter mit einer sich ständig
wandelnden Gesellschaft auseinandersetzen als Erwachsene.
Prognose der Familienstrukturen in Oberösterreich
Quelle: Statistik Austria
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
70 %
80 %
90 %
100 %
2001 2011 2020 2030 2050 2060
Elternteile
mit Kind(ern)
Ehepaare mit Kind(ern)
Lebensgem. mit Kind(ern)Lebensgem. o. Kind(er)
Ehepaare ohne Kind(er)
31,2
38,2
8,3
15,1
7,2
41,5
7,3
31,3
6,4
13,4
32,7
37,6
8,4
13,9
7,5
31,1
38,6
8,3
14,8
7,2
5,4
48,3
13,3
4,7
28,3
35,3
34,6
8,5
13,7
8,07,8
124 Ergebnisse – Projekt Freiraum Familie weiter denken
„Die Geburtenraten in Österreich sind seit vielen Jahren konstant – konstant niedrig.“
DI Mag. Dr. Isabella Buber-EnnserVienna Institute of Demography
„In unserer Zeit ist es für Mütter schwierig, eine gesellschaftlich akzeptierte Entscheidung in Bezug auf Kinderbetreuung zu treffen: Geben sie das Kind mit zwei Jahren in eine Betreuungseinrichtung, wird dies als zu früh gesehen. Geben sie es später ab, wird dies ebenso kritisiert, weil sie klammert und sich nicht ihrem Berufsleben widmen kann.“
DI Mag. Dr. Isabella Buber-EnnserVienna Institute of Demography
DI Mag. Dr. Isabella BuberEnnser
Lehrerin für Mathematik und Französisch
2002 Promotion in Technischer Mathematik
an der TU Wien
Seit 1996 am Vienna Institute of Demography
an der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften
Stellvertretende Gruppenleiterin der
Forschungsgruppe „Demography of Austria“
mit den Schwerpunkten Fertilität und Alterung,
Mitwirkung an internationalen Forschungs-
projekten
In Skandinavien wird Kinderbetreuung grundsätzlich als Aufgabe
von Müttern und Vätern verstanden. In Frankreich werden finan-
zielle Anreize für die Familiengründung gesetzt: Menschen aus
niedrigen Einkommensschichten werden durch finanzielle Zu-
schüsse unterstützt, jene mit höheren Einkommen werden über
steuerliche Begünstigungen zur Familiengründung motiviert.
Studien zeigen, dass vor allem die Betreuung von unter Drei
jährigen einen Einfluss auf die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf und damit auf die Familien insgesamt hat. In den letzten
Jahren wurde hierzulande viel in diesen Bereich investiert und
die Betreuungsquote ist seitdem deutlich angestiegen. Allerdings
liegt Österreich im internationalen Vergleich diesbezüglich noch
hinter anderen Ländern zurück – der Aufholprozess wird noch
einige Zeit in Anspruch nehmen.
Obgleich Instrumente wie Kinderbetreuungsangebote und finan-
zielle Anreize relevant sind, so spielen doch Werte und Normen
eine große Rolle. Letztendlich ist nicht nur die Möglichkeit zur
Unterbringung des Kindes in einer Betreuungsstätte von Bedeu-
Insbesondere über die Zukunft am Arbeitsmarkt herrscht oft-
mals große Unsicherheit. Hier ist allerdings eine Unterscheidung
zu treffen: Jugendliche aus einer höheren sozialen Schicht haben
meist eine positive Grundeinstellung.
Eine steigende Zahl an Jugendlichen kommt aber nicht aus
diesen sozialen Schichten, sie schätzen die eigenen Chancen als
deutlich geringer ein. Man spricht von der „4/5Gesellschaft“,
wonach bei einem Fünftel die sozialen Ungleichheiten und
negativen Zukunftsperspektiven im Vordergrund stehen. Hinzu
kommt, dass religiöse oder ethische Orientierungen zunehmend
verloren gehen.
Ein internationaler demografischer Vergleich zeigt, dass die
Geburtenraten in Österreich niedrig sind – und das konstant
seit 30 Jahren. Der Anteil an Kinderlosen ist im internationalen
Vergleich sehr hoch, rund 20 Prozent der Frauen über 40 Jahre
bleiben hierzulande kinderlos. Dabei gibt es große Unterschiede
zwischen den einzelnen Bildungsgruppen: Bei Frauen mit aka-
demischer Ausbildung liegt der Anteil der Kinderlosen bei 30
Prozent. In den skandinavischen Ländern, Frankreich und Nord-
irland sind die Geburtenraten hingegen hoch, was nicht zuletzt
auf die stark ausgebauten Kinderbetreuungsstrukturen in diesen
Ländern zurückzuführen ist.
tung, sondern auch, wie Kinderbetreuung in der Gesellschaft
gesehen wird, damit eine echte Wahlfreiheit für alle Familien
bestehen kann.
125Familie weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
Ziele und Leitlinien
Erklärtes Ziel ist, den „Oberösterreichern von morgen“ ein
optimales Umfeld zu bieten und sie in der Frühphase des Lebens
bestmöglich zu unterstützen. Dazu dienen die folgenden vier
thematischen Leitlinien:
Wie kann der Stellenwert von Familie in der Gesellschaft gestärkt werden? Wie kön
nen junge Menschen zur Familiengründung motiviert werden und welche Unterstüt
zung brauchen Jungfamilien in Zukunft?
Die Bedeutung der Familie für die ganze Gesellschaft kann nicht hoch genug ein-
geschätzt werden. Daher steht Familien ein hoher Stellenwert in der Politik, in der
öffentlichen Wahrnehmung und in der Gestaltung der Rahmenbedingungen zu.
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist es notwendig, Motivation
zur Familiengründung zu schaffen und entsprechende Anreize und Unterstützungs -
systeme in der Familienpolitik bereitzustellen.
Wie kann für alle Familien in Oberösterreich eine passende Kinderbetreuung ange
boten werden? Wodurch kann Elementarpädagogik als erste Bildungseinrichtung die
Kinder in ihrer Entwicklung unterstützen?
Eine optimale Betreuung von Kindern aller Altersgruppen ist nicht nur Aufgabe von
Müttern und Vätern, sondern liegt im Interesse aller. Die Elementarpädagogik muss
daher auf höchstem Niveau ausgestaltet sein und als erste Form der Bildung verstanden
werden. Das Betreuungsangebot muss breit, flexibel und bedarfsgerecht angelegt sein,
damit Familien eine echte Wahlfreiheit in Bezug auf die Kinderbetreuung vorfinden. Zu
berücksichtigen ist dabei auch die Form der Kinderbetreuung zu Hause durch entspre-
chende Unterstützungsmodelle.
Welche Rahmenbedingungen sind erforderlich, damit die Vereinbarkeit von Familie
und Beruf gewährleistet wird? Wodurch können Väter stärker in die Kinderbetreuung
eingebunden werden?
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für viele Eltern, insbesondere für die Mütter,
eine große Herausforderung. Hier braucht es einerseits Maßnahmen für familienfreund-
liche Arbeitsplätze auf Seiten der Arbeitgeber. Andererseits muss die Gestaltung des
Familienlebens mit den Anfordernissen der modernen Arbeitswelt in Einklang gebracht
werden.
Welche Werte und Perspektiven sollen den Jugendlichen vermittelt werden? Wie kann
die politische Partizipation der jungen Generation gefördert werden?
Gerade in turbulenten und schwierigen Zeiten braucht die junge Generation Werte
und Perspektiven. Hierbei ist die ganze Gesellschaft gefordert, als Vorbild zu fungie-
ren und die Jugend zu motivieren, ihre Chancen im Leben zu ergreifen. Ein wichtiger
Ansatzpunkt sind hierbei zielgerichtete Freizeitangebote für Jugendliche. Die politische
Par tizipation von Jugendlichen muss ebenso gefördert werden – denn die Jungen von
heute sind die Leistungs- und Entscheidungsträger von morgen.
Familie als Mittelpunkt der Gesellschaft:
Optimale Kinder- betreuungsstrukturen:
Familienfreundliche Arbeitswelt – arbeits-freundliche Familienwelt:
Angebote und Perspek-tiven für Jugendliche:
126 Familie weiter denken Mobilität weiter denken
127Mobilität weiter denken 8.1. Familie als Mittelpunkt der Gesellschaft
Familie als Mittelpunkt der Gesellschaft
Eltern stehen in der „Rushhour“ ihres Lebens unter Druck – sie sind oftmals
verunsichert, die eigene Intuition droht in den Hintergrund zu rücken
Der Begriff „Familie“ muss im Sinne eines breiten und heterogenen
Bildes weiterentwickelt werden, um den Änderungen in den
Familienstrukturen gerecht zu werden
Steht das eigene Bedürfnis vor den Bedürfnissen der Kinder?
(Selbstverwirklichung)
Stark belastete Familien haben Unterstützungsbedarf
Heikles soziales Gefüge: „Wir sperren alle auseinander –
Kinder in den Kindergarten und Alte ins Pflegeheim“
Demografische Unterschiede zwischen Stadt und Land
Freiraum der Kinder wird weniger (z. B. alleine hinausgehen) –
Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit
Kinderbetreuung und -erziehung ist Aufgabe der ganzen Gesellschaft
Traditionelle Rollenbilder sind aufgebrochen
Die Familie nimmt einen positiveren Stellenwert in der Gesellschaft ein
Kinder sind in allen Bereichen – privat und im Beruf – sichtbar
Ein Kind hat mehr als nur eine Bezugsperson, auch Personen
außerhalb der Kernfamilie sind in die Erziehung involviert
In den letzten Jahrzehnten haben weit-
reichende Umbrüche in den Familien-
strukturen stattgefunden. Diese stellen
die Familienpolitik vor die Heraus
forderung, Familie breiter zu verstehen
und auf die aktuellen Anforderungen und
Bedürfnisse von Familien einzugehen.
Als Vision für die Zukunft wird eine Fami-
lie gesehen, die Zeit füreinander hat, die
von modernen Rollenbildern geprägt ist
und in der Kinder mehr als eine Bezugs-
person haben. Der Begriff „Familie“ ist in
der Gesellschaft positiv besetzt.
8.1.
128 8.1. Familie als Mittelpunkt der Gesellschaft Mobilität weiter denken
Eigenverantwortung der Eltern bzw. Familien stärken
Steuerliche und versicherungstechnische Anreize für Familien,
z. B. durch Familiensplitting, schaffen
Auf die Bedürfnisse von Kindern fokussieren – finanzielle
Aspekte dürfen nicht zu Einschränkungen in der Bereitstellung
optimaler Unterstützungsstrukturen führen
Politische Rahmenbedingungen an die neuen Familienstrukturen anpassen
Kinder- und familienfreundliche Grundstimmung in der Gesellschaft fördern
Miteinander der Generationen verbessern
Familie als Mittelpunkt zwischen „Jung“ (Karenz, Kinderbetreuung …)
und „Alt“ (Austausch, Unterstützung, Pflege …) sehen
Unterstützung der Erwerbstätigkeit von Müttern und Angleichung
der Einkommen von Männern und Frauen
Politische Initiativen im Bereich „Imagebildung von Vätern in der Familie“
bzw. „Vater beim Kind“ starten
Phasen der Kinderbetreuung und der familienbedingten Teilzeitarbeit in
der Pensionsberechnung und bei Gehaltsvorrückungen besser bewerten
Familienfreundliches Steuer- und Sozialsystem,
z. B. Steuer- und Pensionssplitting, Steuerfreibeträge etc.
Familie als „Ausbildungsstätte“ anerkennen sowie
Pflege finanziell und ideell anerkennen
Rahmenbedingungen (Karenz, Kinderbetreuung etc.)
an die tatsächlichen „neuen“ Familienstrukturen anpassen
Familienberatung für Familien mit beeinträchtigten Kindern bereitstellen
In Dörfern, „Grätzeln“ etc. Räume für Kinder schaffen
Vater und Mutter werden als Berufe anerkannt und
nicht als „Heimchen am Herd“ wahrgenommen
Familien verfügen über ein attraktives Wohnumfeld,
das den Bedürfnissen von Eltern und Kindern gerecht wird
Die Stärkung der Eigenverantwortung
der Eltern ist nach Ansicht von Experten
eine wesentliche politische Strategie in
diesem Kontext. Auch steuerliche und
versicherungstechnische Anreize sind von
der Politik zu schaffen, um die Gründung
von Familien zu fördern und diese zu
entlasten. Die Bedürfnisse von Kindern
müssen unabhängig von der finanziellen
Lage der Eltern erfüllt werden.
Um die „Familie als Mittelpunkt der
Gesellschaft“ zu unterstützen und Väter
verstärkt in das Familienleben mit einzu-
binden, muss vor allem die Erwerbstätig-
keit von Müttern unterstützt werden. Auch
steuerliche Entlastungen bzw. Anreize zur
Familiengründung sind als konkrete politi
sche Maßnahmen anzudenken.
129Mobilität weiter denken 8.2. Optimale Kinderbetreuungsstrukturen
Optimale Kinderbetreuungsstrukturen
Mehr ganztägige, flexible und „inklusive“ Kinderbetreuungseinrichtungen
Schulische Nachmittagsbetreuung ist derzeit zu unflexibel
Gute Angebote außerschulischer Betreuung (z. B. im Sportverein)
Kinderbetreuungseinrichtungen werden zu oft als „Aufbewahrungsstätten“
denn als Bildungseinrichtungen gesehen
Definition von „Bildung“ und „Erziehung“ –
derzeit gibt es wenig Expertise im Bereich „soziale Bildung“
Erziehung ist wichtig – nicht nur Bildung muss wahrgenommen werden
Mangel an Ausbildungen und rechtliche Unsicherheiten in der
außerschulischen Jugendarbeit (z. B. Jungschar)
Tageseltern sind derzeit zu schlecht aufgestellt,
eine Aufwertung ist notwendig
Kinderbetreuung betrifft nicht nur Kleinkinder,
sondern ist auch in höherem Alter wichtig
Jedes Kind hat unterschiedliche Bedürfnisse
Sport und Bewegungsmöglichkeiten sind für Kinder wichtig
Die Ansprüche der Eltern steigen
Eine zentrale Herausforderung für Fami-
lien stellt die Betreuung der Kinder dar.
Für optimale Kinderbetreuungsstrukturen
braucht es mehr ganztägige und flexiblere
Angebote, insbesondere im ländlichen
Raum. Unter dem Motto „Kinderbetreuung
ist Bildung“ ist das öffentliche Bewusst-
sein für den Mehrwert von professioneller
Kinderbetreuung zu schärfen.
8.2.
130 8.2. Optimale Kinderbetreuungsstrukturen Mobilität weiter denken
Breites Angebot mit Alternativen schafft eine echte Wahlfreiheit
Flexible und vielfältige ganztägige Kinderbetreuungseinrichtungen
(örtlich, zeitlich, mehrsprachig) auch in kleineren Gemeinden
In Netzwerken organisiert, bieten Kindergärten von mehreren
Gemeinden gemeinsam mehr Möglichkeiten
Männer sind stärker in Kinderbetreuung engagiert,
z. B. als Kindergartenpädagogen
Alle Formen der Kinderbetreuung (insbesondere auch Tageseltern und
Leihomas/-opas) werden als gleichwertige Alternativen geschätzt und
persönliche Entscheidungen akzeptiert
In der Bevölkerung ist das Bewusstsein verankert, dass Kinderbetreuungs-
einrichtungen einen positiven Effekt auf die Kinder haben, insbesondere auf
jene aus benachteiligten Familien
Krabbelstuben und Kindergärten als altersgerechte,
frühkindliche Bildungseinrichtungen sehen
Kinderbetreuung neu denken und an den
Wandel der Herausforderungen anpassen
Imagewandel bzw. Umdenken in der Ganztagesbetreuung forcieren
Öffnen von Strukturen (z. B. Sportvereine etc.)
insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund
Gegenseitige Unterstützung der Betreuungseinrichtungen erleichtern
Alternativen zu klassischen Institutionen andenken
(Leihomas, Tagesmütter etc.)
Aufwertung des Berufes „Tageseltern“ sowie Einrichtung
und Förderung von Betriebs-Tageseltern
Die Wahlmöglichkeit zwischen Fremd- oder
Selbstbetreuung muss gewährleistet sein
Image von Kindergartenpädagogen heben
Sprengelzugehörigkeit abschaffen
In der Vision für die Zukunft sind optimale
Kinderbetreuungsstrukturen flexibel,
flächen deckend und miteinander vernetzt.
Auch Männer sind stärker in die Kinderbe-
treuung involviert, z. B. als Kindergarten-
pädagogen. Alternative Betreuungsformen
wie z. B. Tageseltern erfahren eine höhere
Wertschätzung als bisher.
Kinderbetreuungsstrukturen müssen nach
Ansicht der Experten als frühkindliche
Bildungseinrichtungen verstanden wer-
den. Darin besteht eine zentrale politische
Strategie für die Zukunft. Die Öffnung der
bestehenden Strukturen soll weiter voran-
getrieben, die gegenseitige Unterstützung
der Betreuungseinrichtungen forciert
werden. Auch die Implementierung alter-
nativer Betreuungsformen soll angedacht
und diese aufgewertet werden.
131Mobilität weiter denken 8.2. Optimale Kinderbetreuungsstrukturen
Flächendeckender Ausbau der Kinderbetreuung auch für unter Dreijährige
Ausweitung und Flexibilisierung der Öffnungszeiten von Kinder-
betreuungseinrichtungen (stundenweise, Halb- und Ganztags -
betreuung, Nachtbetreuung) und des Angebotes an Ferienbetreuung
Intensivere Kooperation von Betreuungseinrichtungen
und anderen Organisationen (z. B. Sportvereine)
Angebote zur Kinderbetreuung auch am Arbeitsort bereitstellen
Imagekampagne für Kinderbetreuung von unter Dreijährigen
Finanzielle Anreize für Aus- bzw. Weiterbildung der Pädagogen schaffen
Prüfung der Vor- und Nachteile einer tertiären Ausbildung
für Kindergartenpädagogen
Ausbau der Vollzeitbeschäftigung für Kindergartenpädagogen,
um mehr Männer für den Beruf zu begeistern
Männer als Bezugspersonen stärken: mehr männliche Volksschullehrer
und Kindergartenpädagogen
Ältere Männer und Frauen (50+) in die Kinderbetreuung einbeziehen
(z. B. Handwerker) – Vorbilder und Bezugspersonen, Vermittlung
praktischer Fertigkeiten
Anpassung der Kindergartenpädagogen-Ausbildung
an die komplexen Anforderungen des Berufes
Rechtliche Absicherung bei freiwilligen Betreuungsangeboten
(z. B. Jungschar)
Zu den konkreten Maßnahmen, um
Kinderbe treuungsstrukturen zu ver-
bessern, gehört zunächst ein flächen-
deckender Ausbau der Angebote, auch
für Kinder unter drei Jahren. Flexiblere
Betreuungszeiten schaffen mehr Möglich-
keiten für Eltern. Männer sollten durch
gezielte Initiativen für die Arbeit in der
Kinder betreuung begeistert werden.
132 8.3. Familienfreundliche Arbeitswelt – arbeitsfreundliche Familienwelt Mobilität weiter denken
Familienfreundliche Arbeitswelt – arbeitsfreundliche Familienwelt
Karriereknick durch Kinder? Derzeit stehen insbesondere Frauen
oft vor der Entscheidung zwischen Karriere oder Mutterschaft
Um Väter „ins Boot der Familie zu holen“, ist es Voraussetzung,
Frauen „ins Boot der Arbeitswelt zu holen“. Insbesondere die
Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen behindert dies oftmals
Das Klima für Väter in Karenz und deren Stellenwert müssen verbessert
werden. Noch herrscht ein traditionelles Bild vom Vater als Familienerhalter
Eltern müssen den Spagat zwischen Eigenverantwortung, den Notwendig-
keiten der Arbeitswelt (Anwesenheiten, Urlaub …) und den Erfordernissen
der Kinder meistern
Teilweise besteht die Erwartung, dass Überstunden
in erheblichem Ausmaß geleistet werden
Lebenslanges Lernen/Fortbildungsmaßnahmen müssen
mit Familienleben vereinbar sein – Schaffung passender
Kinder betreuungsangebote am Abend und am Wochenende
Familie und Karriere sollten nicht in
Konkurrenz zueinander stehen und
müssen daher besser in Einklang gebracht
werden. Für viele ist der Spagat zwischen
beruflichen Anforderungen und den
Bedürfnissen der Kinder nur schwer zu
meistern. Konkret wurden zum Thema
„Familienfreundliche Arbeitswelt – arbeits-
freundliche Familienwelt“ folgende
Herausforderungen genannt:
8.3.
133Mobilität weiter denken 8.3. Familienfreundliche Arbeitswelt – arbeitsfreundliche Familienwelt
Bedarfsgerechte und an die Arbeitswelt angepasste Betreuungsangebote
sowie kindergerechte und an Familien angepasste Arbeitsangebote
Rahmenbedingungen sind so flexibel, dass institutionelle
Kinderbetreuung sowohl für Betriebe als auch für Eltern möglich ist
Familie und Beruf sind so gut vereinbar, dass kein Verzicht
auf das eine oder andere nötig ist
Randzeiten in der Kinderbetreuung werden berücksichtigt
Der Sonntag bleibt auch in Zukunft grundsätzlich arbeitsfrei
Flexible Arbeitszeitmodelle für Männer und Frauen
mit Betreuungspflichten schaffen
Berücksichtigung der Kinderrechte in der Arbeitswelt, z. B. in Hinblick auf
Arbeitszeit und „Arbeit auf Abruf“
Schutz für Teilzeitkräfte stärken
Stärkung der sogenannten Work-Life-Balance
(Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Privatleben)
Bessere Übereinstimmung zwischen dem Angebot an Kinderbetreuung
und den Erfordernissen der Arbeitswelt (z. B. Flexibilität, Nachmittags-
und Ferienbetreuung, Nachtbetreuung) forcieren
Bildungsteilzeit und -karenz ausbauen
Lebenslanges Lernen/Fortbildungsmaßnahmen berücksichtigen
Wertediskussion „System für die Menschen –
nicht Menschen für das System“ führen
Förderung familienfreundlicher Arbeitsplätze, z. B. durch die Schaffung von
finanziellen Anreizen für Unternehmen
Best-Practice-Beispiele für familienfreundliche Arbeitgeber, insbesondere
aus dem Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen
Schwerpunkt für familienbewusste Personalpolitik setzen (z. B. in
Zusammenarbeit mit WKO, Netzwerk Humanressourcen etc.)
Rahmenbedingungen für Homeoffice-Arbeit schaffen
Reduktion der Einkommensschere zwischen Frauen und Männern
Schwedisches Modell als Alternative andenken: Mann und Frau sind
abwechselnd in Karenz und dadurch weniger lang weg vom Beruf
Eine „familienfreundliche Arbeitswelt
und arbeitsfreundliche Familienwelt“ als
Vision der Zukunft sollte Folgendes bein-
halten: bedarfsgerechte und an die Arbeits-
welt angepasste Betreuungs angebote und
gleich zeitig kindergerechte und an Familien
angepasste Arbeitsan gebote. Es muss
weder auf das Familien- noch auf das
Berufsleben verzichtet werden.
Um eine „familienfreundliche Arbeitswelt“
und gleichzeitig eine „arbeitsfreundliche
Familienwelt“ zu schaffen, sind flexible
Arbeitszeitmodelle nötig. Die sogenannte
Work-Life-Balance, also das Gleichgewicht
zwischen Arbeits- und Privatleben, gilt es
dabei zu berücksichtigen. Konkrete Vor-
schläge für politische Strategien waren:
Vorgeschlagene Maßnahmen hierfür
waren u. a. eine Arbeitszeitflexibilisie-
rung, bessere Rahmenbedingungen für
die Heimarbeit oder eine Forcierung der
Väterkarenz.
134 8.3. Familienfreundliche Arbeitswelt – arbeitsfreundliche Familienwelt Mobilität weiter denken
Väterkarenz forcieren
Karenzmöglichkeit für Pflegeeltern
Familienhospiz einführen
Schulautonome Tage vereinheitlichen
Kürzere Sommerferien zugunsten von Herbstferien und kürzere
Schließzeiten bei Kinderbetreuungseinrichtungen andenken
Keine weitere Ausdehnung der Öffnungszeiten im Handel,
Erhalt des arbeitsfreien Sonntags als Tag für die Familie
135Mobilität weiter denken 8.4. Angebote und Perspektiven für Jugendliche
Angebote und Perspektiven für Jugendliche
Der Start in eine selbständige Zukunft ist eine Herausforderung für
Jugendliche. Zwischen Ende der Schule und Anfang der Arbeit findet
ein einschneidender Umbruch statt
Jugendliche müssen Gestaltungsmöglichkeiten
in ihrem Lebensumfeld entwickeln können
Individuelle Stärken, Begabungen und Qualitäten von Jugendlichen
müssen besser hervorgehoben und gefördert werden, insbesondere
im Bildungssystem
Jugendliche bedürfen Wertschätzung
Jugendliche brauchen Aussicht auf einen Arbeitsplatz
Das Bildungsniveau muss weiter erhöht werden
Geringes politisches Gewicht der Jugend
Zum Teil haben Jugendliche mit Migrationshintergrund Probleme,
sich in die Gesellschaft zu integrieren
Insbesondere Jugendlichen im ländlichen Raum mangelt es
oftmals an entsprechenden Angeboten und Perspektiven
Oberösterreich muss Angebote und Per-
spektiven für Jugendliche bereitstellen,
damit diese den Sprung in eine selbstän-
dige Zukunft meistern können. Junge
Menschen bei der Entwicklung ihrer indivi-
duellen Stärken und ihrer eigenen Gestal-
tungsmöglichkeiten zu unterstützen, darin
liegt eine besondere Herausforderung.
Weiters müssen Jugendliche stärker und
auf neuen Wegen für die politische Mitwir-
kung gewonnen werden.
8.4.
136 8.4. Angebote und Perspektiven für Jugendliche Mobilität weiter denken
Jugendlichen bieten sich mehr Entfaltungsmöglichkeiten
und Lebensperspektiven
Jugendliche verfügen über größere politische Mitbestimmung
und bringen sich aktiv in die politischen Prozesse ein
Offenheit und Einbindung anderer Kulturen: Potenziale
werden genutzt, Integration wird beidseitig gelebt
Aktive Zusammenarbeit von Schule und Wirtschaft ist die Regel
Technik-Begeisterung im Industrieland Oberösterreich
Die Lehre kann mit Matura abgeschlossen werden
Das Handwerk wird als Chance wahrgenommen
Weiterentwicklung des Bildungssystems und Wahrnehmung
der Bildung als Schlüssel für Perspektiven im Leben
Eine stärkenorientierte Pädagogik gestalten und individuelle Talente
der Jugendlichen fördern, z. B. durch ein modulares System
Bessere Durchlässigkeit im Bildungssystem sicherstellen
Unterstützung von Jugendlichen bei Weichenstellungen
auf dem Bildungsweg und Steigerung der Flexibilität
Mehr Eigenverantwortung und Freiräume für Jugendliche schaffen
Gleiche Chancen für verschiedene Bildungsschichten sicherstellen
Mädchen in die Technik bringen
Höhere Attraktivität der Lehre – auch für junge Erwachsene
über 18 – schaffen und Wertschätzung steigern
Verbesserung der Berufsschule
Jugendlichen mit Beeinträchtigung einen
besseren Zugang zum Arbeitsmarkt bieten
Jugendliche sollen sich in Zukunft indivi-
duell entfalten sowie Perspektiven für ihr
eigenes Leben entwickeln und umsetzen
können. Anderen Kulturen wird offener
begegnet und Integration beidseitig
gelebt. Schule und Wirtschaft arbeiten
aktiv zusammen, Jugendliche ergreifen
ihre Chancen vermehrt in Technik und
Handwerk. Als Visionen für die Zukunft
wurden genannt:
Die Vorschläge für politische Strategien
umfassen u.a. eine stärkenorientierte
Pädagogik, eine bessere Durchlässigkeit
im Bildungssystem, mehr Eigenverant-
wortung von Jugendli chen sowie die
Förderung der politi schen Partizipation.
Unterschiedliche Bildungsschichten sollen
zudem mit den gleichen Chancen auf Er-
folg ausgestattet sein und Mädchen stär-
ker für die Technik interessiert werden:
137Mobilität weiter denken 8.4. Angebote und Perspektiven für Jugendliche
Unterstützung bei Job- und Bildungswahl der Jugendlichen
und Berücksichtigung von individuellen Talenten
Mentoringsystem zur Begleitung an Weichenstellungen
im Bildungs- und Berufsbereich implementieren
Flexiblere und mehr Angebote für die
berufsbegleitende Ausbildung schaffen
Förderung von technischen und handwerklichen Fähigkeiten
z. B. auch durch den Ausbau der Werkerziehung
Stärkung der wirtschaftlichen Bildung
Mehr Praktika in verschiedenen Bereichen insbesondere
auch für Studierende forcieren
Verbindliche Berufsorientierung in der Unterstufe
(eventuell in Verbindung mit Universitäten) einführen
Politische Bildung als Schulfach ausweiten
Ausbau der politischen Mitwirkungsmöglichkeiten von Jugendlichen
Gratis Museen-Eintritt zur kulturellen Bildung
für Jugendliche in Oberösterreich einführen
Ganztagesschule mit individuellen Angeboten (Musik,
Kunst, Handwerk, Sport etc.) einführen
Pro und Contra von geringerer Differenzierung im Schulsystem abwägen
Verbesserte Lehrerauswahl und -ausbildung
Politische Maßnahmen sollten nach
Meinung der Experten etwa eine Unter-
stützung bei der Berufs- und Bildungs-
wahl, flexiblere Angebote für die berufs-
begleitende Ausbildung und die Förderung
von technischen und handwerklichen
Fähigkeiten beinhalten.
138 Ableitungen und Impulse für Oberösterreich Mobilität weiter denken
Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Echte Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung
Voraussetzung für echte Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung ist ein
breites Angebot an unterschiedlichen, passfähigen Alternativen. Dafür
braucht es einen weiteren Ausbau des leistbaren Angebotes an Kinder-
betreuungseinrichtungen für unter Dreijährige. Hierbei gilt es, auch alter-
native Betreuungsangebote wie Leih omas oder Tageseltern zu mobilisieren,
was wiederum eine Auf wertung der entsprechenden Berufsbilder erfordert.
Besseres Matching zwischen Angeboten und Bedarfen
Damit „Kind und Karriere“ vereinbar sind, braucht es ein besseres Matching
zwischen dem Angebot an Kinderbetreuung und den Erfordernissen der
Arbeitswelt. Dies betrifft insbesondere die Flexibilität der Inanspruchnahme,
wie Nachmittags- und Ferienbetreuung sowie ggf. auch eine Betreuung in
der Nacht (Nachtdienste etc.).
Kampagne „Kinderbetreuung ist Bildung“
Sinnvoll wäre eine Kampagne zur Bewusstseinsbildung für den Mehrwert
von professioneller Kinderbetreuung. Sie ist die erste Form der Bildung,
weshalb Kinder – gerade aus sozial schwächeren Familien – davon enorm
profitieren können. Um den Stellenwert der Elementarpädagogik zu unter-
streichen, ist das Berufsbild der Kindergartenpädagogen aufzuwerten.
Stärkere Einbeziehung von Vätern in die Kinderbetreuung
Junge Väter möchten sich verstärkt in die Kinderbetreuung einbringen,
junge Mütter möchten verstärkt Beruf und Familie vereinbaren. Dafür
braucht es eine Unterstützung der Erwerbstätigkeit von Müttern, Bewusst-
seinsbildung für die Wichtigkeit von Vätern in der Kindererziehung und eine
stärkere Abwechslung von Mann und Frau in der Kinderbetreuung zuhause,
um längere Abwesenheiten vom Arbeitsplatz zu vermeiden.
Einbindung von Vereinen und Initiativen
Die zunehmende ganztägige Kinderbetreuung bzw. Nachmittagsbetreuung
eröffnet große Chancen für die Zusammenarbeit mit lokalen Vereinen und
Initiativen, z. B. in den Bereichen Sport, Kultur, Musik oder Handwerk. Kinder
und Jugendliche können die Breite an Möglichkeiten und Angeboten kennen-
lernen – Vereine können vice versa auf diesem Weg eine aktive Nachwuchs-
arbeit betreiben. Konkret braucht es dafür eine entsprechende Vernetzung
und Unterstützung von Vereinen bei ihrem Beitrag in der Kinderbetreuung.
„KigaGrannies“
Ältere Männer und Frauen (50+) könnten durch entsprechende Modelle für
die Mitarbeit in der Kinderbetreuung gewonnen werden. Sie können Kindern
praktische Fähigkeiten vermitteln (z. B. Handwerk, Kochen) und so als
„Kindergarten-Omas und -Opas“ die Pädagogen unterstützen. Ferner kann so
älteren Menschen eine neue berufliche Perspektive mit hoher Sinnstiftung
geboten werden.
Folgende Impulse für Oberösterreich
lassen sich aus den genannten Ideen
und Anregungen ableiten:
139Mobilität weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Unternehmensübergreifende Kinderbetreuung für KMU
Um hochqualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen, setzen vor allem Groß-
betriebe auf die Einrichtung von betrieblicher Kinderbetreuung wie etwa
Krabbelstuben. Damit auch Klein- und Mittelbetriebe einen solchen Mehr-
wert anbieten können, wären Pilotprojekte von KMU-Verbünden in Koo-
peration mit lokalen Einrichtungen sinnvoll und bei Erfolg auszuweiten.
Ausweitung der Elternbildungsgutscheine
Die Elternschaft erfordert viele Kompetenzen und stellt oft eine große
persönliche Herausforderung dar. Das Land Oberösterreich hat mit den
Elternbildungsgutscheinen ein anreizbasiertes System der Elternbildung
installiert, welches in Hinblick auf den Umfang und das Themenspektrum
von Elternbildungsveranstaltungen ausgeweitet werden könnte.
Vollständige Anerkennung von Kinderbetreuungszeiten
Angeregt wird ein nachdrücklicher Einsatz auf Bundesebene bzw. bei
Kollektiv vertragsverhandlungen, damit Kinderbetreuungszeiten voll -
ständig für Pensionen angerechnet, aber auch bei Gehaltsvorrückungen
und Stichtagen berücksichtigt werden.
Lebenscoaching für Jugendliche
Jugendliche stehen oft vor der Frage, welche berufliche Laufbahn sie
einschlagen sollen. Damit eng verbunden ist die Frage nach den generellen
Lebenszielen und -perspektiven. Vorgeschlagen wird daher eine Auswei-
tung der Bildungs- und Berufsberatung in Hinblick auf ein ganzheitliches
Coaching von Jugendlichen durch Professionisten, die sie bei der Entwick-
lung von Lebensperspektiven und den konkreten Schritten zur Umsetzung
unterstützen.
GratisEintritt in Museen
Damit Jugendliche für Kunst, Kultur, Tradition und Geschichte begeistert
werden können, wäre ein kostenloser Eintritt in Museen in Oberösterreich
ein wertvolles Signal.
Stärkere Einbindung Jugendlicher in die Politik – Jugendparlament
Jugendliche brauchen eine starke Stimme in der Politik, denn sie sind die
Zukunft unseres Landes. Es liegt im Wesen der Jugend, neue Formen der
Kommunikation und Interaktion zu entwickeln. Damit Jugendliche heute in
die Politik eingebunden werden können, braucht es zeitgemäße Partizipa-
tions- und Kommunikationsmittel wie Social Media. Auch könnte man ein
virtuelles Jugendparlament oder einen digitalen Jugendlandtag andenken,
bei dem zu tagespolitischen Themen diskutiert werden kann. „Beschlüsse“
solcher Partizipationsformen dem tatsächlichen Landtag vorzulegen, wäre
ein deutliches Signal dafür, dass die Stimme der Jugend ernst genommen
wird.
Ergebnisse – Projekt Freiraum
Mobilität weiter denken
142 Ergebnisse – Projekt Freiraum Mobilität weiter denken
9. Mobilität weiter denken
Um am beruflichen und sozialen Leben teilnehmen zu können,
sind individuelle und öffentliche Mobilitätslösungen von großer
Bedeutung – beinahe jeder Oberösterreicher ist täglich unter-
wegs. Das Mobilitätsangebot und die damit verbundene Infra-
struktur sind für die Lebens- und Standortqualität in unserem
Bundesland von hoher Relevanz. Da es im Rahmen von „Projekt
Freiraum“ sehr viele Beiträge zum Thema Mobilität gab, wurde
dem Bereich ein eigenes Kapitel gewidmet. Mobilität umfasst die
Fortbewegung von Menschen und Gütern mit unterschiedlichs-
ten Mitteln (Auto, Zug, Schiff, Scooter, Rad etc.), bei der private
und öffentliche Infrastruktur auf dem Boden, am Wasser und in
der Luft genutzt wird. Aspekte wie Verkehrsmittel, Verkehrsinfra-
struktur, Verkehrsplanung und -steuerung sind diesem Bereich
zuzuordnen.
Mobilität bewegt. Die Verkehrserhebung 2012 zeigt, dass Ober-
österreichs Bürger immer mobiler werden. 86,8 Prozent aller
Bürger werden als „mobil“ bezeichnet, was einer Zunahme im
Vergleich zu 2001 von 5,3 Prozent entspricht. Vor allem der An-
teil an Pendlern ist dabei kontinuierlich im Steigen begriffen.
Auch ist der Bereich Mobilität ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in
unserem Bundesland. Oberösterreich liegt bei der Fahrzeug-
industrie und im gesamten Automotive-Sektor österreichweit an
der Spitze. Rund 4.000 Betriebe, die zusammen 32.000 Mitar-
beiter beschäftigen, erzielen derzeit ein Umsatzvolumen von
rund zwölf Milliarden Euro und eine Wertschöpfung von mehr als
drei Milliarden Euro. Rund die Hälfte der österreichweiten Pro-
duktion in der Fahrzeugindustrie findet in Oberösterreich statt.
Erhöhte Mobilität bringt aber auch Effekte wie stärkeren Verkehr,
Umweltbelastung durch Abgase und Lärm, Kosten, Zeitdruck
beim Erreichen des Arbeitsplatzes, Staus oder Unfälle mit sich.
Damit „bewegt“ Mobilität auch auf emotionaler Ebene.
„In Oberösterreich wurden in den vergangenen Jahren viele InfrastrukturProjekte erfolgreich umgesetzt. Deshalb haben wir eine hohe Qualität im Bereich Mobilität.“ LH-Stv. Franz Hiesl
Die meisten Wege, nämlich rund 66 Prozent, werden mit dem
privaten Fahrzeug zurückgelegt. Demgegenüber entfallen nur
rund zehn Prozent auf den öffentlichen Verkehr. Jeder Fünfte ist
mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs, rund zwei Prozent
benützen sowohl private als auch öffentliche Verkehrsmittel.
Während der Verkehrsmittelanteil des Autos seit 2001 von 62,2
auf 66,3 Prozent stieg, fiel der Anteil des öffentlichen Verkehrs
von 12,4 auf 10,1 Prozent.
Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Der hohe Stan-
dard und das vorhandene breite Angebot müssen daher kontinu-
ierlich weiterentwickelt und verbessert werden – vor allem vor
dem Hintergrund der Anforderungen, die sich durch die neuen
Lebensgewohn heiten und Möglichkeiten verändert haben.
Pendler in Oberösterreich
Quelle: Statistik Austria
400 T
410 T
420 T
430 T
440 T
450 T
2011 20122009 2010
T = Tausend
437.780 447.759422.250 443.376
143Mobilität weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
9. Mobilität weiter denken
Eine große Herausforderung kommt hierbei auf die Verkehrspla-
nung und die öffentliche Hand zu, die aktuelle Entwicklungen,
wie etwa den demografischen Wandel oder die fortschreitende
Urbanisierung in besonderem Maße berücksichtigen muss.
Damit einhergehend muss auch der Zunahme des städtischen
Verkehrsaufkommens sowie den technischen Möglichkeiten in
Form von „Smart Mobility“ Rechnung getragen werden. Laut der
Verkehrsprognose „Oberösterreich 2020+“ wird der Motorisie-
rungsgrad im Zeitraum 2010 bis 2021 von 577 Pkw pro 1.000 Ein-
wohner auf rund 680 Pkw ansteigen (plus 18 Prozent), die Zahl
der Wege (pro Werktag) bis 2021 wird auf rund vier Mio. anwach-
sen (Erhebung 2001: 3,4 Mio.). Der Personenverkehr auf Oberös-
terreichs Straßen wird im Zeitraum von 2005 bis 2030 um 40 bis
50 Prozent (in Pkw-Kilo meter pro Jahr) ansteigen, der Güter-
verkehr (in Tonnen pro Jahr) ebenfalls um rund 50 Prozent. Die
Belastung der Straßen (gemessen in gefahrenen Lkw- Kilometern
pro Jahr) wird mit 70 bis 80 Prozent noch deutlicher zunehmen.
Univ.Prof. Dipl.Ing. Dr. techn.
Ronald Blab
Vorstand am Institut für Straßenbau
und Straßenerhaltung, Technische
Universität Wien
2001 Studium der Kulturtechnik und
Wasserwirtschaft, Universität für
Bodenkultur Wien
Doktor der technischen Wissenschaften
Ziviltechniker und Konzession
Technisches Büro
Verleihung der Venia Docendi für das
Fachgebiet „Straßenbau und Straßen-
erhaltung“ an der Technischen Universität
Wien
„Die demografischen Verände rungen, die zunehmende Urbani sierung, das steigende Umwelt bewusstsein sowie die technologischen Entwicklungen werden die Mobilitätsbedürfnisse und das Mobilitätsverhalten der Menschen ändern.“ Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Ronald BlabVorstand am Institut für Straßenbau und Straßenerhaltung an der Technischen Universität Wien
Modal Split: Verkehrsmittelanteile der oö. Wohnbevölkerung
Quelle: Land Oberösterreich
0 %
20 %
40 %
60%
80 %
2001 2012
100%
zu Fuß
Fahrrad
öff. Verkehr (ÖV)
motorisierter IV
Mischformen IV-ÖV
keine Angabe
16,5
6,5
0,4
62,2
12,42,0
14,8
5,1
2,0
66,3
10,11,7
144 Ergebnisse – Projekt Freiraum Mobilität weiter denken
Der Ausbau von intermodalen und sicheren Verkehrssystemen
unter Einbeziehung von erneuerbaren Energien und innovativen
Technologien ist eine wichtige Aufgabe der Politik. Darüber hin-
aus gilt es, eine auf die unterschiedlichen Lebenswelten – Stadt,
Region und Land – angepasste Raumgestaltung bzw. -nutzung
umzusetzen, meint Professor Ronald Blab, Vorstand des Insti-
tuts für Straßenbau und Straßenerhaltung an der TU Wien. Eine
Adaption der Verkehrsinfrastruktur auf regionale Energie- und
Versorgungseinheiten sowie die Förderung von Forschung und
Entwicklung werden von Blab als eine weitere Herausforderung
für die Politik in den kommenden Jahren gesehen. Als wesentli-
che politische Maßnahmen nennt der Experte beispielsweise den
umweltgerechten Ausbau und Betrieb von Hochleistungsnetzen
für die Verbindung der (über)regionalen Zentren. Weiters sei die
Förderung alternativer Mobilitätsformen und die des öffentlichen
Verkehrs wichtig. Laut Blab müsse man auch ein „Miteinander“
von nicht-, teil- und vollmoto risiertem Individualverkehr in
Städten etablieren und innovative Technologien zur Effizienz -
stei gerung fördern.
Dr. Jörg Beckmann
Direktor der Schweizer
Mobilitätsakademie
Geschäftsführer des Verbandes
Swiss eMobility
Promovierter Verkehrssoziologie und
Diplom-Ingenieur für Raumplanung
„Dekarbonisierung, Deprivatisierung, Demotorisierung, Dematerialisierung sowie Deglobalisierung sollten die zentralen politischen Ziele im Bereich der Mobilität für die Zukunft sein.“ Dr. Jörg BeckmannDirektor der Schweizer Mobilitätsakademie
Ausschlaggebend für Mobilität ist heute nicht mehr die räumliche
Distanz, die Gesellschaften und Orte voneinander trennt, sondern
die Geschwindigkeit, mit welcher diese Distanz überwunden werden
kann. Niemals zuvor in der Menschheitsgeschichte wurde ein derart
hoher Grad an Dynamik und Vernetzung erreicht. Mobilität und Ver-
kehr nehmen daher einen entsprechend wichtigen Stellenwert ein.
Deren Ausgestaltung orientiert sich zunehmend an ökologischen
Gesichtspunkten (nachhaltiger Umgang mit Ressourcen und der
Umwelt) und mündet in eine neue, reflexive Individualmobilität.
145Mobilität weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
Ziele und Leitlinien
Oberstes Ziel im Bereich der Mobilitätspolitik ist die volkswirt-
schaftlich vertretbare optimale Befriedigung der individuellen
Mobilitätsbedürfnisse der Bürger. Darüber hinaus muss die Inf-
rastruktur für den Transport von Gütern und Daten den Anforde-
rungen der Wirtschaft, aber auch der Bevölkerung bestmöglich
entsprechen. Daher sind sowohl die Mobilitätsange bote als auch
die Mobilitätsinfrastruktur in diesen Bereichen bei gleichzeitiger
Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierbarkeit auszubauen.
Heimische Pro dukt- und Dienstleistungsinnovationen werden
sowohl zu Qualitäts- als auch zu Wirtschaftsimpulsen führen.
Folgende vier Themenfelder stehen im Zentrum der Debatte:
Welche mobilitäts und verkehrsinfrastrukturellen Rahmenbedingungen sind
erforderlich, um dem zukünftigen Mobilitätsaufkommen gerecht zu werden?
Die Entwicklung der Mobilitätsbedürfnisse sowie jene der Mobilitätsformen (Stichwort
alternative Antriebe) erfordern die Weiterentwicklung von mobilitäts- und verkehrs-
infrastrukturellen Rahmenbedingungen. Eine bestmögliche Lebens- und Standortquali-
tät sind dabei die wesentlichen Orientierungspunkte für die zukünftige Gestaltung.
Was kann getan werden, um vor dem Hintergrund der zukünftigen Bedürfnisse
der Bürger und der technologischen Entwicklungen die Rahmenbedingungen
für Individualmobilität möglichst attraktiv zu gestalten?
Bürger wollen in ihrer Mobilität möglichst autonom sein. Die zukünftigen Bedürfnisse
sowie die technologischen Entwicklungen werden einen Einfluss auf die Gestaltung der
Mobilität haben. Das Schaffen von adäquaten Rahmenbedingungen wird für Politik und
Verwaltung herausfordernd.
Welche Aktivitäten und Rahmenbedingungen sind erforderlich, um den
öffentlichen Verkehr in der Zukunft noch attraktiver zu machen?
Viele Bürger nutzen bereits die Angebote des öffentlichen Verkehrs aus unterschied-
lichsten Gründen, beispielsweise aufgrund von Kosten- und Zeitvorteilen, im Hinblick
auf Umweltschutz oder soziale Aspekte. Auch viele andere wären bereit, den öffentli-
chen Verkehr zu nutzen, sofern das Angebot noch besser ihren Bedürfnissen entspre-
chen würde. Deshalb ist es wichtig, sich darüber Gedanken zu machen, wie im Sinne
der gesamten Gesellschaft das Angebot im Bereich des öffentlichen Verkehrs weiter-
ent wickelt werden kann.
Welche Rahmenbedingungen sind erforderlich, um
den Verkehr in Oberösterreich „smarter“ zu machen?
Die technologische Weiterentwicklung von Antrieben, künstlicher Intelligenz in
Mobilitätsformen, im Bereich der Verkehrsplanung und -steuerung sowie der
Benutzer schnittstellen führt zu einer neuen Qualität auf dem Gebiet der Mobilität,
die in Oberösterreich erkannt, von den Menschen erlernt und auch laufend weiter-
entwickelt werden muss.
Zukunftsweisende Verkehrsinfrastruktur:
Individualmobilität der Zukunft:
Öffentlicher Verkehr der Zukunft:
Smart Mobility:
146 9.1. Zukunftsweisende Verkehrsinfrastruktur Mobilität weiter denken
Zukunftsweisende Verkehrsinfrastruktur
Lokale „Einzelinteressen“ machen es schwierig,
wichtige Projekte umzusetzen
Staus durch massive Zunahme von Fahrzeugen
Flexibilisierung von Arbeits- und Unterrichtszeiten, um Stoßzeiten
zu entschärfen
Effizienz der bestehenden Straßen und des öffentlichen Verkehrs steigern
Ausbau der Infrastruktur im alternativen Mobilitätsbereich
(z. B. Elektromobilität)
Mobilitätskomfort und Sicherheit auf den Verkehrswegen gewährleisten
Infrastruktur zur bestmöglichen Nutzung der Antriebskapazitäten
Kosten-Nutzen-Aspekt einer optimalen Verkehrsinfrastruktur
Finanzierung einer zukunftsweisenden Verkehrsinfrastruktur
Optimale Verknüpfung der Infrastruktur für
unterschiedlichste Mobilitätsformen
Als Herausforderung bzw. Chance im
Bereich der Infrastruktur werden das
Mobilitätsverhalten der Bürger sowie die
finanzielle Entwicklung der öffentlichen
Hand gesehen. Darüber hinaus gilt auch
die Einflussmöglichkeit der unterschiedli-
chen Interessengruppen auf neue und in-
novative Mobilitätskonzepte als wichtiger
Faktor. Konkret wurden als Chancen und
Herausforderungen genannt:
9.1.
147Mobilität weiter denken 9.1. Zukunftsweisende Verkehrsinfrastruktur
Effizient ausgebaute Infrastruktur schafft Arbeitsplätze
und somit Wohlstand und Lebensqualität
Verbesserte Park-and-Ride-Systeme sowie
Bike-and-Ride-Systeme funktionieren einwandfrei
Staus können erfolgreich vermieden werden
Korridore für zukünftige Verkehrsprojekte werden freigehalten
(vorausschauende Raumplanung)
„Kollaborative Mobilität“ (Mitfahrzentralen, Auto-Gemeinschaften etc.)
ist fest in der Gesellschaft verankert
Bestehende Infrastruktur ist an moderne
Informationstechnologien angepasst
Preispolitik wird von der Bevölkerung angenommen und geschätzt:
„Ich leiste mir Öffis“
Öffentlicher Wohnbau ist mit Infrastruktur für Elektromobilität ausgestattet
Daten aus „smarten“ Lösungen werden für die
Verkehrssteuerung effizient genutzt
Menschen fühlen sich durch die neue Verkehrsinfrastruktur
mobil, sicher und schätzen den Komfort
Bürger haben Zugang zu allen relevanten Informationen,
um möglichst mobil zu sein
Die grundlegende Verkehrsinfrastruktur ist für alle leistbar
Wirtschaftliche Entwicklung in ländlichen Regionen stärken –
Arbeit, wenn möglich, näher an die Bürger bringen
Effizienzsteigerung durch Einsatz von innovativen Technologien
Bei der Verbindung Linz–Wels–Steyr den öffentlichen Verkehr stärken
Den Individualverkehr in den Regionen stärken
Mehr Kommunikation zwischen Politik, Bürgern und Wirtschaft
Gerechte und faire Preispolitik schaffen
Förderungen im Bereich der alternativen Mobilität
Bei neuen Verkehrsprojekten gehört vielfältige Nutzung mit eingeplant,
auch wenn sie erst später realisiert wird (z. B. Radverkehr und
Fußgänger bei Flussquerungen)
Als Vision ist Mobilität in der Zukunft für
alle leistbar. Dazu gibt es ein breites und
für alle Bevölkerungsgruppen passendes
Mobilitätsangebot. Durch die Zunahme
der Verkehrsfrequenz werden neue Mobi-
litätskonzepte implementiert, beispiels-
weise verbesserte Park-and-Ride-Systeme
oder intelligente Verkehrssteuerungen.
Durch effizient ausgebaute Infrastruktur
werden auch Arbeitsplätze geschaffen,
was sich wiederum positiv auf Wohlstand
und Lebensqualität auswirkt.
Für die Umsetzung einer „zukunfts-
weisenden Verkehrsinfrastruktur“ sind
Konzepte zu entwickeln, die einerseits
regionsspezifisch sind und andererseits
gleich mehrere Verkehrsträger kombi-
nieren (Intermodalität). Gleichzeitig gilt
es, die unterschiedlichen Mobilitäts- und
Energieformen effizient zu verknüpfen.
Als Vorschläge für politische Zielsetzun
gen wurden genannt:
148 9.1. Zukunftsweisende Verkehrsinfrastruktur Mobilität weiter denken
Reduktion der Verkehrsemissionen
Erhöhung des Anteils von regenerativen Energieträgern
Möglichst viele Orte in das Verkehrsnetz einbinden
Einführung eines „Erreichbarkeitsindexes“ (Entfernung, Zeit, Kosten)
Reduktion von Stauzeiten (Kapazitätsauslastung)
Vorbildwirkung der öffentlichen Hand bei alternativen Projekten
Ausbau des schienengebundenen Nah- und Regionalverkehrs in und um Linz
Verstärkte Förderung des Fußgänger- und Fahrradverkehrs
als umweltfreundlichste Verkehrsform durch Ausbau des
Wegenetzes und eines Leitsystems
Ausbau der übergeordneten Straßenverkehrs -
infrastruktur (Umfahrung von Linz)
Verkehrsberuhigende Maßnahmen für den Kfz-Verkehr in der Innenstadt
Installierung eines Verkehrsmanagementsystems und
sinnvolle Parkraumbewirtschaftung in der Linzer Innenstadt
Verbesserte Abstimmung und Koordination zwischen Raum- und Verkehrs-
planung. Vermeidung von Zersiedelung im Umland von Linz und Vermeidung
von Konzentrationen der Handels- und Gewerbeflächen außerhalb
der Ortszentren
Stärkung der Ortszentren und Siedlungsverdichtung
entlang der Hauptachsen des öffentlichen Verkehrs
Verstärkte Kooperation zwischen den Gebietskörperschaften und
den Verantwortlichen für die Verkehrsträger, z. B. durch übergreifende
Planungsgemeinschaften.
Finanzierung „traditioneller“ Verkehrsinfrastruktur: mittelfristige Erhöhung
des Kostendeckungsgrades im Verkehr inkl. erster Ansätze einer preislichen
Differenzierung zwischen unterschiedlichen Zeiten
Langfristig: Einführung eines „Mobility Pricing“ (nutzungsabhängige Preise,
stärkere Preisdifferenzierung auf Schiene und Straße); eventuell könnte
man den Bau und das Betreiben von Verkehrsinfrastruktur vermehrt mit
Privatinvestoren durchführen
Verwirklichung diverser Infrastrukturmaßnahmen, wie z. B. Bau der
neuen Donaubrücke in Mauthausen, Anbindung der S10 an das
tschechische Straßennetz oder Anbindung von Steyr an die A9
Politische Maßnahmen im Bereich einer
„zukunftsweisenden Verkehrsinfrastruktur“
sind konkret die Linzer Ostumfahrung,
eine Regio-Tram für den Großraum Linz,
eine Regio-Tram nach Gallneukirchen
sowie eine selektive Förderung von
Pilotprojekten und multimodalen Mobili-
tätslösungen. Auch sollte die Infrastruktur
im Innviertel ausgebaut werden. Weitere
Vorschläge für politische Maßnahmen:
149Mobilität weiter denken 9.2. Individualmobilität der Zukunft
Individualmobilität der Zukunft
Anpassungen über Raumordnung
Ökologisierung der Autoproduktion
„Wann sind Menschen hinsichtlich ihrer Mobilität bereit,
Individualität aufzugeben?“
Infrastruktur für die Individualmobilität der Zukunft
(Energieaufnahme, Fahrzeugsteuerung etc.)
Vermittlung der Kompetenzen für ein optimales
individuelles Mobilitätsmanagement
Leistbarkeit von Individualmobilität
Bereitstellung innovativer Mobilitätsformen
Lebensphasenbezogene Bedürfnisse und Lifestyle
Eine große Herausforderung für die
„Individualmobilität der Zukunft“ birgt die
Bewusstseinsbildung bei der Bevölkerung
hinsichtlich der möglichen Alternativen
wie Fahrgemeinschaften, E-Mobilität,
Auto-Teilen oder öffentliche Verkehrsmit-
tel. Eine besondere Aufgabe wird es vor
allem sein, ältere Menschen in „moderne“
Mobilitätsformen zu integrieren. Weitere
Chancen und Herausforderungen:
9.2.
Für die „Individualmobilität der Zukunft“
wurden Aspekte wie die soziale Verträg-
lichkeit von individueller Mobilität und die
Attraktivierung von Alternativen (Öffent-
licher Verkehr, Carsharing) genannt. Als
Vision wird es im Rahmen von integrierten
Verkehrskonzepten – sowohl öffentlich als
auch individuell – Umsteigemöglichkeiten
etwa an den Stadträndern geben. Darüber
hinaus wurden folgende Aspekte einge-
bracht:
Im städtischen Bereich wird der öffentliche Verkehr breit angenommen
Im ländlichen Raum existieren attraktive, gut erreichbare Zentren
Vor allem für Kurzfahrten besteht ein hoher Fahrradanteil
Gesetzliche Regelungen sind den zeitgemäßen Anforderungen
angepasst (v. a. Infrastruktur)
Bürger nutzen unterschiedliche Fortbewegungsmittel
bewusst und zielgerichtet
150 9.2. Individualmobilität der Zukunft Mobilität weiter denken
Schrittweiser Rückzug aus nicht zukunftsfähigen Technologien
Pilotprojekte für selbststeuernde Fahrzeuge starten
Allgemeine Mobilitätszufriedenheit bei den Bürgern erreichen
Effiziente Versorgungsstruktur und Kapazitätsauslastung
Kapazitätsauslastung optimieren
Infrastruktur für E-Mobilität: flächendeckendes Angebot
an Stromtankstellen
Car- und Bikesharing-Angebote verbessern und in Wohnanlagen etablieren
Gut geplante Radrouten, Mitnahmemöglichkeit von Fahrrädern
in öffentlichen Verkehrsmitteln
Ausgewogene Ausgabenquote für Individualverkehr
Um die „Individualmobilität der Zukunft“
bestmöglich zu gestalten, ist die Sensi-
bilisierung der Bevölkerung für E-Mobi-
lität und alternative Mobilitätsformen
anzustreben. Ein weiteres Ziel muss die
multimodale Vernetzung aller Verkehrs-
teilnehmer sein sowie ein integriertes
Verkehrskonzept, welches unterschied-
liche Mobilitätsformen umfasst (inkl.
Mobilitätshubs, v. a. im ländlichen Raum).
Folgende Punkte für politische Zielset
zungen wurden eingebracht:
Informationsplattform einrichten
Aus- und Weiterbildungsangebot ausweiten und neu gestalten
Entwicklungspartnerschaften mit Forschung und Industrie intensivieren
Die Landespolitik und die Landesverwaltung sollen Vorbild für
neue Mobilitätsformen und innovatives Mobilitätsverhalten sein
Politische Maßnahmen bei der „Indivi-
dualmobilität der Zukunft“ umfassen die
frühzeitige Berücksichtigung von bedarfs-
bezogenen und technologischen Entwick-
lungen bei der Infrastrukturgestaltung
(z. B. Magnetstreifen in den Fahrbahnen
zur Steuerung der Fahrzeuge), eine effi-
zientere Gestaltung der Förderlandschaft,
eine Anpassung des Kraftfahrgesetzes in
der StVO sowie eine Bewusstseinsbildung
bei der Bevölkerung.
Die „virtuelle“ Mobilität wird die „physische“ Mobilität ersetzen
Benzin- und dieselbetriebene Fahrzeuge werden weitgehend von kleineren,
für den städtischen Gebrauch konzipierten (mitunter auch selbstfahren-
den) E-Mobilen ersetzt, welche durch „Smart Apps“ mit dem Verkehrsnetz
verbunden sind
Car- und Bikesharing-Angebote werden von der Bevölkerung breit angenom-
men. Gemeinsame Nutzung ergibt sich dabei oftmals spontan, aufgrund von
physischen und virtuellen „sozialen Netzwerken“
Zur Aufklärung und Schulung über neue Mobilitätsformen
werden virtuelle und physische Lernräume genutzt
(Das Training erfolgt in multidimensionalen Simulatoren)
151Mobilität weiter denken 9.3. Öffentlicher Verkehr der Zukunft
Öffentlicher Verkehr der Zukunft
Integration umliegender Gemeinden in Verkehrskonzepte
bzw. Taktpläne der Großräume (z. B. Steyr–Linz)
Leistbarkeit des öffentlichen Verkehrs
Barrierefreiheit des öffentlichen Verkehrs
„Infotainment“ und attraktive Gestaltung der öffentlichen Verkehrsmittel
Hervorhebung der Vorzüge des öffentlichen Verkehrs
Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln
Finanzierung von öffentlichen Verkehrsmitteln
Trassenführung im öffentlichen Verkehr
Planung und Steuerung von Kapazitäten
im öffentlichen Verkehr (Verkehrsmittel)
Dem öffentlichen Verkehr der Zukunft
wird, vor dem Hintergrund der Energie-
und Umweltentwicklung, eine immer
größere Bedeutung zukommen, vor allem
im urbanen Bereich. Als Herausforderung
wird die Bereitschaft der Bevölkerung
erachtet, die Angebote des öffentlichen
Verkehrs verstärkt zu nutzen. Darüber hin-
aus muss ein integriertes, attraktives und
barrierefreies Verkehrskonzept geschaf-
fen werden. Weitere Chancen und Heraus-
forderungen:
9.3.
Mit einer Karte kann jede öffentliche Verkehrsform jederzeit genutzt werden
Die Preisgestaltung ist dynamisch und abhängig von Zeit, Lebenssituation
und anderen Merkmalen (z. B. Umweltbelastung)
Das öffentliche Verkehrsangebot zeichnet sich durch einen optimalen Inter-
netzugang, „Infotainment“ und individuelle Räume (z. B. Arbeitsbereich) aus
Die Information bezüglich des öffentlichen Verkehrsangebots
ist strukturiert, integriert und einfach zugänglich
Die Wünsche und Anregungen der Kunden werden laufend in
Weiterentwicklungsprozessen berücksichtigt
Der öffentliche Verkehr der Zukunft ist
als Vision durch ein (österreichweit)
einheitliches, integriertes Konzept und
Angebot gekennzeichnet. Dieses umfasst
unterschiedliche Mobilitätsformen wie
Bus, Bahn, aber auch Car- und Bike-
sharing oder private Angebote (Gemein-
schaftsfahrten, Mitfahrzentralen). Das
Verkehrskonzept wird laufend weiterent-
wickelt. Für den Großraum Linz wird ein
Regio-Tram-Konzept angedacht.
152 9.3. Öffentlicher Verkehr der Zukunft Mobilität weiter denken
Installierung eines „Pendlergipfels“
Günstigere Tarife im öffentlichen Verkehr
Barrierefreiheit
Effiziente Taktung
Dotierung öffentlicher Verkehr/Straßenbau permanent überprüfen
Möglichkeit schaffen, dass das Fahrrad im öffentlichen Verkehr
mitgenommen werden kann
Bereitstellung eines Mobilitätskostenrechners für Haushalte
Fahrgasttraining für Bus und Bahn
Ausarbeitung von Planungskonzepten zur Verbesserung der Nahmobilität
Nutzerfreundliche Gestaltung von intermodalen Schnittstellen im Verkehr
Schaffung von Infrastruktur für innovative Bussysteme
Einrichtung von Verkehrsmanagementzentralen
Mobile Verkehrsinformationen für den Endnutzer
Nutzung von Daten zu Luftschadstoffen im Verkehrsmanagement
Automatisierte und raumsparende Verkehrskonzepte
„Group Rapid Transit“ (GRT) – selbststeuerndes,
elektrisch betriebenes Shuttlefahrzeug für Gruppen
„Personal Rapid Transit“ (PRT) – selbststeuerndes,
elektrisch betriebenes Shuttlefahrzeug für Einzelpersonen
Elektrofahrzeuge im Carsharing
Die politischen Zielsetzungen für den
öffentlichen Verkehr der Zukunft um-
fassen eine Bewusstseinsbildung in der
Bevölkerung und attraktive Angebote.
Während der öffentliche Verkehr vor allem
im urbanen Bereich immer mehr an Be-
deutung gewinnt, ist das Auto als Instru-
ment des Individualverkehrs im ländlichen
Raum weitgehend unverzichtbar. Dies gilt
es beim Ausbau der Infrastruktur zu be-
rücksichtigen. Ein allgemeines Bekenntnis
zum öffentlichen Verkehr ist aber notwen-
dig, ebenso wird eine gemeinsame poli-
tische Steuerung für Themen des öffent-
lichen Verkehrs und des Straßenbaus zu
diskutieren sein. Folgende weitere Punkte
für politische Zielsetzungen wurden von
den Experten eingebracht:
Als politische Maßnahmen zur Steigerung
der Attraktivität des öffentlichen Verkehrs
werden die Kombinierbarkeit mit privaten
Fortbewegungsmitteln (z. B. Fahrradmit-
nahme) oder die Empfehlungen des von
der EU geförderten Projektes „Niches+“
gesehen. Konkret fallen darunter:
153Mobilität weiter denken 9.4. Smart Mobility
Smart Mobility
Bequemlichkeit
Taktung von Verkehrsmitteln
Demografische Entwicklung
Stabilität der Systeme
Wissen über die Nutzung von „smarten“ Mobilitätssystemen
Bedienung, Wartung und Reparatur
Unterstützungsdienstleistungen für die optimale Nutzung
Leistbarkeit von Smart Mobility
Objektive und subjektive Sicherheit bei der Nutzung
Schaffung eines geordneten Übergangs im Sinne von
„from hype to standard“
Wesentliche Herausforderungen und
Chancen im Bereich „Smart Mobility“
bestehen in der Verknüpfung von bereits
teilweise vorhandenen Informationen
über Verkehrsmittel, Preise, Wege oder
Zeiten. Die Bürger müssen wissen, wie sie
intelligente Technologien optimal nutzen
können. Grundvoraussetzung ist natürlich
die Bereitschaft, diese Mobilitätslösungen
auch in Gebrauch zu nehmen. Aber auch
die Leistbarkeit ist ein Thema.
9.4.
154 9.4. Smart Mobility Mobilität weiter denken
Die Verkehrsmittel kommunizieren miteinander und erlauben so
einen besseren Verkehrsfluss sowie eine erhöhte Verkehrssicherheit
Die durch „Smart Mobility“ erhobenen Daten werden integriert
und für die Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur sowie der
Mobilitätstechnologien verwendet
„Smart Mobility“ erlaubt Transparenz über Mobilitätsangebote
und -nachfrage sowie über Verkehrssituationen, unabhängig
von Zeit, Ort und Destination
Durch selbstlernende Systeme wird die Lenkung
der Verkehrsflüsse kontinuierlich optimiert
Durch eine weitere Standardisierung von Schnittstellen können
neue Verkehrsmittel mittels „Plug and Play“ problemlos in das
Gesamtverkehrssystem eingekoppelt werden
Das visuelle, auditive oder haptische Feedback von Mobilitätsnutzern führt
zu einer Anreicherung der Informationen bezüglich der Verkehrssituation
und ihrer Entwicklung
Die Information für Verkehrsteilnehmer ist „live“
Ökologische und nachhaltige Energieformen werden weitestgehend genutzt
„Smart Mobility“ wird in Oberösterreich entwickelt
Ein oberösterreichisches „Mobilitätsmanagement“ sollte installiert
werden, um die optimale integrierte Entwicklung und Steuerung der
Verkehrsinfrastruktur zu ermöglichen
Aus dem Benutzerverhalten gewonnene Erkenntnisse als Basis
für eine hohe Mobilitätsqualität in Oberösterreich nutzen
Schaffung von Infrastruktur für „smarte“ Fahrzeuge,
E-Fahrzeuge oder Carsharing
Einsatz für Standardisierung auf Bundesebene
Sicherstellung einer guten Taktung von Verkehrsmitteln
Anreize für die Nutzung von Verkehrsmitteln außerhalb der Stoßzeiten
Homeoffice-Arbeit ausbauen
Gesetzliche Rahmenbedingungen für Antriebsformen
(Diesel/Benzin/Strom) überdenken
Qualität und Normenkonformität von Mobilitätslösungen evaluieren
Datensicherheit, Datenschutz und Datenverfügbarkeit gewährleisten
„Smart Mobility“ wird in der Zukunft ein
leistbarer und für sämtliche Verkehrsnut-
zer zugänglicher, integrierter Bestandteil
von Mobilität und Verkehr sein. Durch
standardisierte Kommunikationsschnitt-
stellen werden die Verkehrs teilnehmer mit
wesentlichen Informationen über die aktu-
elle Verkehrsentwicklung versorgt. Die
sozialen Netzwerke ermöglichen Fahrten-
bündelungen wie etwa sogenannte „Bür-
gertaxis“ oder „Bürgerbusse“. Fahrzeuge
verfügen standardisiert über Autopiloten.
Weitere Visionen:
Um „Smart Mobility“ nachhaltig in das
Verkehrswesen einzufügen, ist eine
integrierte, einheitliche und einfache
Gestaltung (und Digitalisierung) von
Informationsplattformen erforderlich.
Jedem Menschen einen optimalen Zugang
zu individuellen Mobilitätslösungen zu
ermöglichen, sollte ein zentrales politi
sches Ziel in diesem Bereich sein. „Smart
Mobility“ sollte bereits bei der Verkehrs-
planung berücksichtigt werden.
Folgende weitere Punkte für politische
Zielsetzungen wurden von den Experten
eingebracht:
155Mobilität weiter denken 9.4. Smart Mobility
Förderung von Forschungs- und Pilotprojekten
Einführung einer digitalen Punktekarte beim Oberösterreichischen
Verkehrsverbund (OÖVV)
Bereitstellen von mehr Ressourcen für den öffentlichen Verkehr
Angebote fördern/finanzieren
Flächendeckender Breitbandausbau für Kommunikation
Ausbildungsangebote und Bewusstseinsbildung für „Smart Mobility“
Für die Erreichung der politischen Ziel-
setzungen im Bereich „Smart Mobility“
ist ein flächendeckender Breitbandaus-
bau, der den Austausch von Informatio-
nen gewährleistet, notwendig. Auch via
Straßenanzeigen sollten Ad-hoc-Infos
kommuniziert werden. Weiters ist eine
Bewusstseinsbildung (inklusive Ausbil-
dungsangebot) erforderlich, und zwar
hinsichtlich der durch „Smart Mobility“
eröffneten Möglichkeiten und Kosten.
Weitere politische Maßnahmen:
Ausbildungs- und Informationsangebot bereitstellen
„Smart Mobility“ in Führerscheinprüfungen und -lehrinhalte integrieren
156 Ableitungen und Impulse für Oberösterreich Mobilität weiter denken
Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Kompetenzzentrum „Mobilität“ Oberösterreich
Einrichtung eines Kompetenzzentrums „Mobilität“ Oberösterreich. Dieses
koordiniert alle Aktivitäten rund um das Thema Mobilität wie etwa Fußwege,
Radwege, Pkw-, Lkw-, Bus-, Bahn- und Schiffsverkehr sowie deren Verkehrs-
steuerung. Darüber hinaus ist das Zentrum für die laufende Weiterentwick-
lung von Mobilitätslösungen zuständig.
„Mobilitätsweb“ Oberösterreich
Das Thema Mobilität betrifft jeden Menschen. Aber nur wenige wissen
wirklich über alle Möglichkeiten und Angebote, die es in Oberösterreich
gibt, Bescheid. Das „Mobilitätsweb Oberösterreich“ integriert alle Produkte
und Dienstleistungen, aber auch Erfahrungen und Planungen. Die Plattform
sollte zu einem „One-Stop-Shop“ (alle Services an einen Punkt) für Mobilität
ausgebaut werden.
„Smart Mobility“Gemeinde
Ausgewählte Gemeinden setzen einen „Smart Mobility“-Schwerpunkt, um
innovative Mobilitätsmittel und -konzepte zu testen und somit Erfahrungen
für unser gesamtes Bundesland zu sammeln. Ein PPP-Mobilitätsfonds
fördert die Finanzierung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben oder
von neuen Technologien, die zum Einsatz kommen. Weiters können durch
den Fonds Mittel für eine innovative Mobiltätsinfrastruktur (E-Mobility-Tank-
stellen, Glasfasernetz, Wasserstofftankstelle, Bio-CNG-Tankstelle, Mobili-
tätshub etc.) lukriert werden.
Testflotte im Bereich „Smart Mobility“
Fahrzeuge der öffentlichen Hand (oder gesponsert von Unternehmen)
können von Bürgern zu Testzwecken bzw. für private Erledigungen be -
nutzt werden. Mieten, testen und erleben ist der Tenor dieser Initiative.
Die Staffelung der Preise könnte nach sozialen Gesichtspunkten erfolgen.
157Mobilität weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
„Smart Mobility Card“ Oberösterreich
Kundenkarte für oberösterreichische Bürger, mit der die Mobilitätsleistun-
gen des Landes (Zug, Bus, Auto, Rad, Schiff sowie Information, Schulungen
oder Sharing-Systeme etc.) in Anspruch genommen werden können. Am
Ende des Monats werden die Leistungen abgerechnet und Bonuspunkte für
beispielsweise umweltfreundliche Nutzungen verbucht, die in weiterer Folge
in Anspruch genommen werden können.
„Open Innovation Platform“ für „Smart Mobility“
Um Produkt-, Prozess- und Sozialinnovationen im Bereich „Smart Mobility“
zu fördern, wird eine „Open Innovation Platform“ installiert, auf welcher zu
konkreten Fragestellungen Ideenwettbewerbe veranstaltet werden können.
Die Ideen werden von einer Fachjury und/oder von der breiten Öffentlichkeit
beurteilt. Die erfolgreichsten Ideen erhalten Preise wie etwa eine unterstütz-
te Crowdfunding-Initiative oder Förderungen der öffentlichen Hand.
Freier WLANZugriff in öffentlichen Verkehrsmitteln des Landes
Um die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs zu erhöhen, sollten Züge,
Busse und andere Verkehrsmittel mit WLAN und komfortfördernden Kom-
ponenten (z. B. Steckdosen, Bildschirmen etc.) ausgestattet werden. Damit
kann die Fahrtzeit produktiver und kommunikativer gestaltet werden.
„Smart Mobility“ – Promotoren und Trainer
Um über „Smart Mobility“-Lösungen und -Angebote in Oberösterreich zu
informieren, wird ein Zertifikatslehrgang für Promotoren und Trainer ange-
boten. Diese führen in Schulen, Fahrschulen oder auch in Vereinen Infor-
mationsveranstaltungen und Trainings (z. B. Simulationen etc.) durch.
Ergebnisse – Projekt Freiraum
Regionen weiter denken
160 Ergebnisse – Projekt Freiraum Regionen weiter denken
10. Regionen weiter denken
Rund zwei Drittel der Oberösterreicher leben in ländlich
geprägten Regionen. Sie sind ein entscheidender Impulsgeber
für das Bundesland. Deshalb sind entsprechende Weiterentwick-
lungsmaßnahmen auch für den ländlichen Raum wichtig. Beide
Bereiche – Stadt und Land – stimulieren sich gegenseitig und
existieren als ein integriertes Ganzes.
Landflucht und Urbanisierung zählen zu den großen Heraus-
forderungen der heutigen Zeit. Die Zahl jener Menschen, die in
Städten leben, nimmt seit den 1950er-Jahren auf der ganzen
Welt kontinuierlich zu. 2050 werden rund zwei Drittel der Welt-
bevölkerung in Städten leben. Die Entwicklung in Oberösterreich
zeigt vor allem eine massive Bevölkerungszunahme im Zentral-
raum, also in der Region Linz/Wels/Steyr.
Diese Entwicklung und auch das Entstehen neuer Formen von
regionalen Wertschöpfungsketten (Tourismus, Nahversorgung,
Energieproduktion, Naherholung für Städter) machen den länd-
lichen Raum zu einem äußerst zukunftsrelevanten Thema.
Demografische und migrationsbedingte kulturelle Veränderungen beeinflussen die Entwicklung des ländlichen Raumes nachhaltig.
Bevölkerungsveränderung in den Gemeinden in OÖ, 2007—2013
Quelle: Land Oberösterreich, Abt. Statistik
2.000 EW
800 EW
200 EW
Zunahme
Abnahme
Die Identifikation mit der eigenen Gemeinde ist ein wichtiger Fak-
tor für die Ansiedelung. Nur wer sich mit seiner Gemeinde identi-
fiziert, ist darüber hinaus bereit, sich in dieser auch ehrenamtlich
und sozial zu engagieren (Freiwillige Feuerwehr, Musikkapelle
etc.). Ohne dieses Engagement würden das Zusammenleben
und der Zusammenhalt im ländlichen Raum nicht funktionieren.
Bürgerengagement ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass
keine sogenannten „Schlafgemeinden“ entstehen.
Ein zweiter wichtiger Faktor für die Ansiedelung ist das Vor-
handensein von genügend Arbeitsplätzen vor Ort. Zwar sind
Arbeitnehmer bereit, jeden Tag rund 30 bis 40 Minuten zwi-
schen Wohnort und Arbeitsplatz zu pendeln. Dennoch ist es
für die Lebensqualität von hoher Bedeutung, dass ausreichend
Arbeits plätze in den Regionen zur Verfügung stehen. Am Land
ist übrigens ein großer Teil der Menschen in der Landwirtschaft
beschäftigt. Nimmt man zur Landwirtschaft die Lebensmittel-
branche hinzu, ist jeder sechste Beschäftigte in diesem Bereich
tätig. Das sind in Oberösterreich rund 100.000 Arbeitsplätze.
Die hiesige Land- und Forstwirtschaft ist sozusagen das Rückgrat
der regionalen Wirtschaft. Sie stellt die Grundlage für die Pro-
duktion von Qualitätslebensmitteln dar und fungiert als Energie-
lieferant und Gestalter der Kulturlandschaft. Zwar ist die Zahl
der Bauern immer noch rückläufig, dafür wächst die Anzahl der
Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich. In den Jahren
2007–2013 haben Oberösterreichs Bauern mehr als 1,2 Mrd.
Euro in die Erhaltung und den Ausbau ihrer Höfe investiert, was
sich stärkend auf die regionale Wirtschaft und somit den Stand-
ort Oberösterreich auswirkt.
Wesentliche Auswirkungen auf die Entwicklung von Regionen
hat die Infrastruktur. Eine entsprechend ausgebaute Infrastruk-
tur fördert die Ansiedelung von Betrieben. Dadurch entstehen
Arbeitsplätze und diese ziehen wiederum Menschen an, die
sich niederlassen, sofern ein passendes Wohnangebot vorhan-
den ist. Bei Infrastrukturmaßnahmen muss daher immer ein
spezielles Augenmerk auf die Stärkung des ländlichen Raumes
gelegt werden, um eine weitgehend ausbalancierte Entwicklung
von Stadt und Land zu gewährleisten. Auch Vereine üben einen
entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung von Regionen aus.
Nirgendwo blüht das Vereinswesen mehr als im ländlichen Raum.
Vereine sind Träger von Brauchtum und Kultur und leisten einen
wertvollen Beitrag zur gesellschaft lichen Beständigkeit.
161Regionen weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
10. Regionen weiter denken
Rund die Hälfte der Oberösterreicher ist ehrenamtlich in Verei-
nen engagiert. Darin manifestieren sich der Zusammenhalt und
die Verbundenheit in bzw. mit der Region.
Die zentrale Erwartung der Bürger im ländlichen Raum ist laut
Jens S. Dangschat, Professor für Siedlungssoziologie und Demo-
grafie an der Technischen Universität Wien, die Erfüllung von be-
stimmten Grundbedürfnissen wie Nahversorgung und Infrastruk-
tur. Dies ist jedoch unter den gegenwärtigen Budget bedingungen
für Gemeinden immer schwieriger zu bewerkstelligen. Das Fehlen
liquider Mittel führt tendenziell zur Schwächung des ländlichen
Raumes.
o. Univ.Prof. Mag. rer. soc. oec. Dr. phil.
Jens S. Dangschat
Professor für Siedlungssoziologie und
Demografie an der Technischen
Universität Wien
1990–1998 Leiter der Forschungsstelle
Vergleichende Stadtforschung an der
Universität Hamburg
1992–1998 Professor für Allgemeine
Soziologie sowie Stadt- und
Regionalsoziologie
Forschungsschwerpunkte: Stadt- und
Raumsoziologie, Soziale Ungleichheit
und Segregation, Migration & Integration,
Handlungstheorie, Demografie, Raum- und
Planungstheorie, Wohn(bau)forschung,
Mobilitätsforschung, nachhaltige
Regionalentwicklung und Energiekonsum
„Die große Herausforderung ist es, die Balance zwischen Stadt und Land zu schaffen bzw. zu halten. Treiber hinter diesen Prozessen sind Anreizsysteme, die Ausnutzung von regionalen bzw. lokalen Stärken und die Förderung von
‚sozialem Kapital‘.“ Univ.-Prof. Mag. Dr.Jens S. Dangschat
Prognosen zeigen eine deutliche Zunahme der Bevölkerung im urbanen und eine Bevölkerungsreduktion im ländlichen Raum.
Zu bzw. Abnahme der oö. Bevölkerung von 2001 bis 2013
Quelle: Land Oberösterreich, Abt. Statistik
−4,0 % bis 0,0 %
0,0 % bis 3,0 %
3,0 % bis 6,0 %
über 6,0 %
162 Ergebnisse – Projekt Freiraum Regionen weiter denken
„Besonders sinnvoll und effizient ist im Sinne einer ‚sozialen Bürger gesellschaft‘ die Einbindung von Bürgern in Gemeindeentwicklungsprozesse mittels Aktivierungs und Beteiligungsverfahren. Das heißt, die Zukunft wird gemeinsam mit den Bürgern entwickelt.“ Bürgermeister a. D. Michael Pelzer
Um passende politische Ziele zu definieren, ist es als erster
Schritt notwendig, die Bedürfnisse der betroffenen Bevölkerung
sowie die regionalen Stärken zu kennen. Die sich verändernde
Bevölkerungsstruktur bedeutet auch unterschiedliche Erwar-
tungshaltungen (aktives Dorfleben vs. Ruhe- und Rückzugsraum,
Selbstverwirklichungsanspruch etc.) und den Wunsch nach akti-
ver Einbindung der Bürger in politische Prozesse und Entschei-
dungen. Gemeinsam Ziele definieren, bewerten, priorisieren und
umsetzen: Das schafft Identität und Loyalität zur Gemeinde. Es
empfiehlt sich – soweit möglich – technologische Hilfsmittel wie
soziale Netze und Apps, welche die Selbstorganisation fördern
(hinsichtlich Mobilität, Teilen von Konsumgütern, wirtschaftliche
Kooperationen etc.), zu verwenden.
Inhaltlich fokussieren sich die politischen Ziele derzeit auf
ortsnahe Arbeitsplätze, Bildungsmöglichkeiten und Chancen-
gleichheit in Bezug auf die Infrastruktur. Weitere wesentliche
Themen sind die regionale Identität, adäquate Mobilitätsange-
bote und eine raumspezifische Widmungs- und Baukultur. Als
politische Ziele für ländliche Regionen nennt Experte Michael
Pelzer von der „Bayerischen Akademie Ländlicher Raum“ den
Zugang zu vernetzten Informationen, attraktive interkommunale
Arbeitsmarktpolitik, bedarfsgerechte Wohnungs- und Baupolitik,
Schaffen von Plattformen für bürgerschaftliches Engagement,
Organisation von Information und Transparenz.
Bürgermeister a. D. Michael Pelzer
1990–2014
Bürgermeister von Weyarn
1990–2008
Stellvertretender Landrat
Mitglied der Bayerischen Akademie
Ländlicher Raum, der Deutschen
Akademie für Städtebau und
Landesplanung, des Fachbeirats der
Schule für Dorf- und Landentwicklung und
Stiftungsrat der Wittigschen Stiftung
Seit 2001 Vorsitzender der Bundes-
bewertungskommission im deutschland-
weiten Wettbewerb „Unser Dorf hat
Zukunft“
Dozent an der Bayerischen Beamten-
fachhochschule und Lektor an der
Technischen Universität München
Bevölkerungsveränderung Gemeinden OÖ, Prognose 2008–2050
Quelle: Land Oberösterreich, Abt. Statistik
−40 bis −10 Prozent
−10 bis 0 Prozent
0 bis +10 Prozent
+10 bis +20 Prozent
+20 bis +60 Prozent
163Regionen weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
Ziele und Leitlinien
Ziel muss die Stärkung des ländlichen Raumes durch ein ausge-
wogenes Wachstum sowie die nachhaltige Sicherung der Lebens-
und Naturqualität sein. Das Kernelement ist eine multifunktiona-
le, nachhaltige und wettbewerbsfähige Land- und Forstwirtschaft.
Was kann getan werden, um regionale Identität und Stärken sowie globale
Vernetzung für die Gesellschaft wertvoll miteinander zu verbinden?
Ländliche Räume stehen in einem Spannungsfeld zwischen Regionalität und Inter-
nationalität. Im Zeitalter der globalen Vernetzung braucht es lokale Wurzeln, regionale
Stärken sowie eine Verbindung mit der weiten Welt, um nachhaltig Arbeits- und Wirt-
schaftsstandorte abzusichern. Man spricht auch von „Glokalisierung“, der Synthese
von Globalisierung und Lokalisierung.
Welche Rahmenbedingungen sind zu schaffen, um die Landwirtschaft
von morgen in ihrer Entwicklung bestmöglich zu unterstützen?
Die Landwirtschaft stellt die Versorgung mit Lebensmitteln und den Erhalt von
Kultur räumen im ländlichen Bereich sicher. Sie ist aber mit einer Vielzahl von
Heraus forderungen konfrontiert, wie etwa technologischen sowie wirtschaftlichen
Entwick lungen, die ihre Weiterentwicklung maßgeblich beeinflussen.
Was muss getan werden, um die Attraktivität des ländlichen Raumes
vor allem für junge Menschen zu erhöhen?
Ländliche Gebiete stehen im Wettbewerb mit urbanen Regionen. Beide bieten den Men-
schen unterschiedliche Lebens- und Arbeitsräume. Dieser Wettbewerb kann als Chance
gesehen werden, sich auf qualitative Lebensräume zu spezialisieren, die den Wünschen
und Neigungen unterschiedlicher Bürger entsprechen.
Welche Rahmenbedingungen sind zu schaffen, um Partizipation
und Mitgestaltung der Bürger auf lokaler Ebene zu fördern?
Dörfer leben von der Gemeinschaft. Gemeinschaft kann aber nur dann entstehen,
wenn es zur Zusammenarbeit bzw. zu einem „Zusammenleben“ kommt. Dazu braucht
es den Austausch in der Bevölkerung sowie die aktive Einbindung in die Entwicklung
ihres Lebensraumes.
„Glokalisierung“ der Zukunft:
Landwirtschaft der Zukunft
Attraktiver Lebensraum der Zukunft:
Partizipation und Mitgestaltung im
„Dorf der Zukunft“:
Auf Basis von Trendstudien, der Experten-Inputs sowie der zahl-
reichen Ideen und Anregungen aus der Bevölkerung haben sich
vier Themenfelder herauskristallisiert, welche die Kernaspekte
des Lebens in den Regionen von morgen darstellen:
164 10.1. „Glokalisierung“ der Zukunft Mobilität weiter denken
Digitalisierung der Regionen
Synergien durch regionale Produzenten
Start-ups auch in ländlichen Regionen
Wandel der Gesellschaft: Ethik, mehr Mitbestimmung etc.
Arbeitsplätze nah am Wohnort
„Brain Drain“
Wertschätzung dem regionalen Produkt gegenüber
Breitbandausbau, ohne die Gemeinden zu belasten
Infrastruktur ist in den Regionen gut ausgebaut (Daten-Autobahnen etc.)
Örtliche Produzenten vermarkten sich erfolgreich, auch online
Es herrscht eine „Willkommenskultur“ sowohl am Land als auch in der Stadt
Jobentwürfe sind lokal angepasst
Durch die digitale Infrastruktur ist Pendeln minimiert worden –
Familie und Beruf sind dadurch besser vereinbar
Durch ausreichend Arbeitsplätze vor Ort siedeln sich junge Menschen
und Familien an; es herrscht ein geordneter Flächenverbau
Der Fortschritt in der technischen Infra-
struktur, der gesellschaftliche Wandel
sowie die Attraktivität des ländlichen
Raumes als Arbeitsort beeinflussen die
zukünftige Entwicklung Oberösterreichs
maßgeblich. Als Chancen bzw. Heraus
forderungen sahen die Experten:
In der Vision ist der ländliche Raum digital
vernetzt und bietet attraktive Wohn- und
Arbeitsangebote für alle Menschen.
„Glokalisierung“ der Zukunft
10.1.
165Mobilität weiter denken 10.1. „Glokalisierung“ der Zukunft
Aufgaben des Zentralraums regionalisieren
Grenzregionen nutzen
Lokale Jobs durch Globalisierung fördern (Co-Working-Spaces)
Teleworking-Center nutzen
Breitband für KMU zu guten Konditionen
Kulturunterschiede als Chance begreifen
Online-Vermarktung für örtliche Produzenten ankurbeln
Kleinere Nischenbetriebe ansprechen und
Vorteile der Region kommunizieren
Gemeinschaften, Vereine und Gruppierungen fördern
Die Weiterentwicklung der regionalen Infra-
struktur sowie die Unterstützung in der
Entwicklung einer lebenswerten regionalen
Kultur sollten die zentralen Ziele der Politik
in den kommenden Jahren sein.
Die Schaffung innovativer Wirtschafts-,
Kommunikations- und Lebensräume ist
ein zentraler Maßnahmenbereich für die
Politik in den kommenden Jahren.
166 10.2. Landwirtschaft der Zukunft Mobilität weiter denken
Flächendeckende Bewirtschaftung und die damit verbundene Besiedelung
Sorgsamer Umgang mit Bodenverbrauch/Verbau
Spannungsfeld zwischen Betriebsbaugebieten und
Agrar- sowie Erholungsflächen
Hofnachfolge
Weiterentwicklung der Landwirtschaft
Bauern mit wirtschaftlichen Partnern vernetzen
Durch gerechte Produktpreise ist landwirtschaftliche Arbeit lohnenswert
Die Landwirtschaft ist diversifiziert –
mutig werden neue Wege eingeschlagen und Chancen genutzt
Urlaub am Bauernhof ist eine wichtige Einnahmequelle für Landwirte
Landwirtschaft und Verarbeiter pflegen Partnerschaft auf Augenhöhe
Die heimische Landwirtschaft genießt breite Anerkennung
Die Entwicklung der bäuerlichen Sozial-
strukturen, die Schaffung von zusätzli-
chen Einnahmequellen sowie eine sorg-
same Flächenwidmung charakteri sieren
die Chancen und Herausforderungen
der Landwirtschaft vor dem Hintergrund
sich abzeichnender gesellschaftlicher und
technologischer Entwicklungen.
Die Vision der Landwirtschaft im Ober-
österreich der Zukunft ist diversifiziert,
innovativ, wirtschaftlich, fair und mit
einem positiven Image behaftet.
Landwirtschaft der Zukunft
10.2.
167Mobilität weiter denken 10.2. Landwirtschaft der Zukunft
Erschließung neuer Nutzungsmöglichkeiten von
Substanzen wie Gebäude, Boden etc.
Deregulierung im Bereich Landwirtschaft und Gewerbe
(Jede neue Auflage begünstigt den Strukturwandel)
Leistungen der Landwirtschaft in gerechter Weise abgelten
Erhaltung einer umfassenden Infrastruktur im ländlichen Raum
(Straße, Arzt, Pflege etc.)
Raumordnung und Flächenwidmung optimal gestalten
Spielregeln für Bodenverbrauch überdenken
Einführung eines Bilanzsystems
Reaktivierung von ungenutzten Gebäuden/Flächen;
Maßnahmen bzw. Rückhalt zur Erhaltung kleiner Strukturen
Schaffung von gesellschaftspolitischer Akzeptanz:
Welche Art von Landwirtschaft will die Bevölkerung?
Speicherung von landwirtschaftlichem Wissen
Bewusstseinsbildung hinsichtlich des Ursprungs von Produkten:
Woher kommen unsere Lebensmittel?
Förderungen für Vereine, Organisationen etc.,
die einen Beitrag zur Bewusstseinsbildung schaffen
Die Achse „Produzent–Konsument“ als Genossenschaften verankern
Unterstützung für Menschen, die in die Landwirtschaft
einsteigen wollen und keinen Hof haben
Fokus auf nachwachsende Rohstoffe
Deregulierung, Nachnutzung sowie Unter-
stützung in der Entwicklung als attraktiver
Wirtschaftszweig sind die wesentlichen
politischen Zielsetzungen für die Zukunft
der Landwirtschaft.
Die Bedeutung und die Leistungen der
Landwirtschaft im Bewusstsein der Be-
völkerung positiv zu verankern ist ein
wichtiges politisches Handlungsfeld.
Darüber hinaus ist auch die Gestaltung
des landwirtschaftlichen Systems per se
ein notwendiger Maß nahmenbereich.
168 10.3. Attraktiver Lebensraum der Zukunft Mobilität weiter denken
Demografische Entwicklung beeinflusst Infrastruktur,
Infrastruktur beeinflusst Abwanderung
Integration von Ehrenamt in die Mobilität
„Kirchturmdenken“ in vielen Gemeinden bezüglich
der Verwaltungs- und Versorgungsstrukturen
Schaffung von geeignetem Wohnraum
Ausdehnung der Wohnräume in Grünflächen kontrollieren
In den Regionen herrschen gemeindeübergreifendes
Denken und Synergienutzung
In den Regionen ist der Wertschöpfungsgedanke fest verankert
Menschen identifizieren sich mit dem ländlichen Raum,
es herrscht ein „Heimatgefühl“
Im Sinne von „Sharing“ werden Dörfer neu gedacht
Gemeinden haben ausformulierte Ziele, Vorbilder und Ergebniskontrollen
Demografische, soziologische sowie tech-
nologische Entwicklungen im Bereich der
Infrastruktur werden den ländlichen Raum
in den nächsten Jahren massiv prägen. Als
Herausforderungen und Chancen zum
Lebensraum der Zukunft haben Fachleute
Folgendes ins Treffen geführt:
Zur Vision vom ländlichen Raum der Zu-
kunft gehören Kooperationen und Allian-
zen zwischen Wirtschaft und Gesellschaft.
Der Lebens raum erhält auf lokaler Ebene
eine eigene, attraktive Identität.
Attraktiver Lebensraum der Zukunft
10.3.
169Mobilität weiter denken 10.3. Attraktiver Lebensraum der Zukunft
Anreize für Ansiedelungen schaffen
Dezentralisierungsmaßnahmen erarbeiten –
mehr Kompetenz in die Kommunen
Regionale Kompetenzzentren und soziale Treffpunkte schaffen
Klare Regeln für den Bau von Auszugshäusern
(bei landwirtschaftlichen Betrieben)
Rahmenbedingungen für neue Formen der Mobilität schaffen
Einführung eines „Lebensqualitätsindex“ für den ländlichen Raum
Förderrichtlinien bei neuen Wohnungen überdenken
Flexiblen Wohnraum schaffen, beispielsweise maßgeschneiderte
ländliche Wohngemeinschaften (klein, ohne Lift und ohne Tiefgarage)
Eine politische Zielsetzung, um Ab-
wanderung aus dem ländlichen Raum
zu verhindern, besteht in der Stärkung
des „regionalen“ Selbstbewusstseins.
Darüber hinaus sollten die Infrastruktur
bestmöglich ausgebaut und optimale
Voraussetzungen für qualitative Wohn-
räume geschaffen werden.
Die Entwicklung der Infrastruktur für neue
Mobilitätsformen, moderne soziale Treff-
punkte sowie die Bewusstmachung der
Vorzüge des Lebens im ländlichen Raum
sollten wesentliche Maßnahmenbereiche
der Politik sein.
170 10.4. Partizipation und Mitgestaltung im „Dorf der Zukunft“ Mobilität weiter denken
Wertschätzung der lokalen Ebene – „Bottom-up“ statt „Top-down“
Ehrenamt als Belastung
Projektorientierung statt Funktionsorientierung
Jugendliche sollen früh Verantwortung übernehmen
Oberösterreich ist ein kritikerfreundliches Bundesland
Oberösterreich ist ein gestalterfreundliches Bundesland
Eigenverantwortliche Oberösterreicher engagieren sich auf allen Ebenen
Bürger stimmen über diverse Schwerpunktsetzungen ab
Integration des Ehrenamts in die Arbeitswelt –
rechtliche Absicherung
Rechtliche Rahmenbedingungen für Vereine/Organisationen verbessern
(Finanzprüfungen); Veranstaltungssicherheitsgesetz entrümpeln
Schaffung einer steuerbegünstigten Bürgerstiftung (Bsp.: Deutschland)
Die Entwicklung einer breiten Kultur
der Beteiligung und Mitgestaltung von
Bürgern des ländlichen Raumes gehört zu
den wesentlichen Herausforderungen und
Chancen. Mithilfe von Bürgerpartizipa-
tion kann das „Dorf der Zukunft“ kreativ
organisiert werden.
Oberösterreich ist in der Vision der
Zukunft ein offenes, partizipatives
Bundesland, in welchem bürgerliches
Engagement auch honoriert wird.
Die Schaffung von attraktiven und recht-
lich abgesicherten Rahmenbedingungen
für Bürgerbeteiligung sollte die zentrale
Zielsetzung der Politik sein.
Partizipation und Mitgestaltung im „Dorf der Zukunft“
10.4.
171Mobilität weiter denken 10.4. Partizipation und Mitgestaltung im „Dorf der Zukunft“
Wissenstransfer der „Best Ager“ (Generation 50+) im Ehrenamt
Rahmenbedingungen für Gemeinden schaffen, damit
Kooperation oder Konkurrenz zwischen Gemeinden möglich ist
Aufbau einer genossenschaftlichen Struktur bei Bürgerprojekten
„Bürgerräte-Modell“ als Vorbild: Dabei werden Personen per Zufall
aus gewählt, angeschrieben und zum Mitmachen aufgefordert.
Die Teilnehmer treffen sich dann in sogenannten „Bürgercafés“,
wo sie Probleme diskutieren und Lösungen vorschlagen
Vernetzung von Ehrenamtlichen ermöglichen
Bürgern bei Gemeindeprojekten Mitarbeit ermöglichen –
Partizipation erlauben
Die gesetzliche Verankerung der Partizipa-
tion ähnlich dem Vorarlberger Modell kann
ein wesentlicher Maßnahmenbereich sein.
172 Ableitungen und Impulse für Oberösterreich Mobilität weiter denken
Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Mein Leben – mein Dorf:
Stärkung der Regionsmarken als Lebens und Wirtschaftsstandort
Jede Gemeinde und jede Region hat ihre individuellen Ausprägungen und
Standortfaktoren, die sie zu einer lebenswerten Wohn- und Arbeitsum-
gebung machen. Durch Partizipationsprozesse mit anschließender
Bewerbung kann das gemeinsame Bewusstsein für die Stärken des Lebens-
raumes identifiziert und im Sinne aller Bürger weiterentwickelt werden.
Audit „Attraktive Gemeinde“ – hier lebt und arbeitet es sich gut
Es gibt qualitative und quantitative Indikatoren, welche die Lebens qualität
und die finanzielle Stabilität einer Gemeinde beschreiben. Durch die Auditie-
rung der Gemeinden werden diese für Bürger transparenter. Dieses Wissen
um die Situation der Gemeinde und die damit verbundenen Handlungs-
bedarfe schafft Sensibilität im Umgang mit öffentlichen Budgets. Bürger
können durch Partizipations verfahren bei der zukünftigen Allokation ihrer
Steuergelder mitbestim men und in Um setzungsprojekten aktiv mitwirken.
Unsere Heimat – unsere Wurzeln:
Gemeinde und Regionsnetzwerke stärken
Bei Partizipationsprozessen sollten auch ehemalige Bürger eingeladen wer-
den, die oftmals eine hohe Affinität zum Geburts- bzw. Herkunftsort haben.
Auch sie sollen in die Entwicklungen mit einbezogen werden, da sie zu wichti-
gen Promotoren und Förderern der Gemeindeentwicklung werden können.
„Unser Hof“ – gemeinsame Bewirtschaftung
von landwirtschaftlichen Flächen
Immer mehr Städter suchen einen Ausgleich zu ihrer Arbeit in Verbindung
mit landwirtschaftlichen Tätigkeiten. Andererseits sind Bauern auf der
Suche nach Übernehmern bzw. Unterstützern für ihre Landwirtschaften.
Auf Basis eines spezifischen Aus- und Weiterbildungsangebotes (modula-
rer Aufbau – Möglichkeit zur Fernlehre mit Praxisteilen und Lehrstunden
vor Ort) können die „Helfer“ auf den Höfen aktiv werden. Als Dankeschön
für ihre erbrachten Leistungen können sie Wertpunkte sammeln, die
dann in Kursen, z. B. im Bereich Ernährung, Besuch von Musterbetrieben
(z. B. Schnaps brennereien, Brauereien, Käsereien etc.) investiert werden
können.
173Mobilität weiter denken Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Ganzheitlicher Lebensraum als integriertes Konzept von
Raum, Verkehrs, Bevölkerungs und Wirtschaftsplanung
Bestehende Planungsaktivitäten werden vor dem Hintergrund der Bedürf-
nisse der Bürger sowie der sich abzeichnenden Trends integriert vorgenom-
men. Vernetztes Denken mit dem Bewusstsein für wechselseitige Abhängig-
keiten spielt dabei eine wichtige Rolle.
BürgerPlattform für Projekte in der Gemeinde
Dazu braucht es eine eigene Ideenplattform. Auf dieser Plattform können
Ideen für Projekte platziert, ein Voting für die Projekte durchgeführt und
Leistungsanteile in Form von Geld oder Arbeit eingetragen werden.
Bürgerbudget forcieren – Abgabenautonomie
von Gemeinden und Regionen erhöhen
Bürger können bei Schwerpunktsetzungen
(konkrete Projekte) mitentscheiden.
OnlineShop und Lieferung von „Genussland Oberösterreich“Produkten
Etablierung einer Plattform für die zentrale Vermarktung regionaler Pro-
dukte der Marke „Genussland Oberösterreich“. Darüber hinaus werden
in Super märkten regionale Ecken erweitert bzw. so gestaltet, dass dort
Produkte aus der Heimat frisch abgeholt werden können. Der Bekannt-
heitsgrad von Lieferdiensten wird gesteigert.
„Mynet – I do it Highway“: Förderung von privaten Initiativen für den
Ausbau des Breitbandnetzes (Anschlussförderung – BMVIT Access 2020)
Förderung von privaten Initiativen zum Ausbau des Glasfasernetzes in
peripheren Gebieten zur Sicherstellung der regionalen Lebensqualität und
Wettbewerbsfähigkeit.
„MyOffice@Gemeinde“: Mobile Arbeitsplätze
in Gemeindegebäuden für externe Personen (Pilotprojekte)
In Gemeindezentren werden Computerarbeitsbereiche eingerichtet, die von
externen Personen kostengünstig genutzt werden können.
Ergebnisse – Projekt Freiraum
Staat undPolitik weiter denken
176 Ergebnisse – Projekt Freiraum Staat und Politik weiter denken
11. Staat und Politik weiter denken
Staat und Politik schaffen jene Rahmenbedingungen, die ihren
Bürgern und ihren Unternehmen ein nachhaltiges Leben und
Wirtschaften ermöglichen.
In Verantwortung gegenüber allen Bürgern arbeiten die politi-
schen Vertreter und Beamten des Landes Oberösterreich dafür,
eine im Sinne der ökosozialen Marktwirtschaft bestmögliche
Erbringung von öffentlichen Leistungen zu gewährleisten. Das
geschieht im Rahmen der föderalen Kompetenzbereiche sowie
vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen. Die Vielzahl von Beiträgen, die im Rahmen
des Projektes Freiraum eingebracht wurden, zeigt deutlich, dass
die Weiterentwicklung der Lebens- und Standortqualität unseres
Bundeslandes ein wichtiges Anliegen der Oberösterreicher ist.
Als eines der ersten Bundesländer Österreichs verschrieb
sich das Land Oberösterreich der Schaffung einer effizienten
Verwaltung. Unter dem Programmnamen „WOV 2021 – Manage-
ment- und Unternehmenskonzept des Landes Oberösterreich
für eine wirkungsorientierte Landesverwaltung“ durchlief die
Verwaltungsstruktur in den vergangenen Jahren vielschichtige
Weiterentwicklungsphasen und Optimierungsmaßnahmen.
Diese Maßnahmen führten zu einer Vielzahl von positiven Ent-
wicklungen mit bemerkenswerten Auswirkungen auf die Perso-
nal- und Kosteneffizienz sowie die Leistungsqualität.
Beispielsweise wurde seit 1993 die Zahl der vergleichbaren
Dienstposten um rund 1.541 Stellen reduziert. Darüber hinaus
wurde das Landesdienstleistungszentrum realisiert, in dem
Bürger auf kurzen Wegen serviciert werden können.
In den Regionen wurden die Bezirkshauptmannschaften zu
dezentralen Servicestellen, die gute und professionelle Arbeit
für die Bürger vor Ort leisten. Politik und Verwaltung arbeiten in
enger Abstimmung noch intensiver an einer laufenden Weiter-
entwicklung der bürgernahen und wirtschaftlichkeitsorientierten
Landesverwaltung.
Quelle: Land Oberösterreich, Geoinformation; ©DORIS BEV
Oberösterreich: Gemeinden und Bezirke
177Staat und Politik weiter denken Ergebnisse – Projekt Freiraum
Ziele und Leitlinien
Oberstes Ziel der oberösterreichischen Landesverwaltung ist die
wirkungsorientierte und auf klar definierten Werten beruhende
Weiterentwicklung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Dazu
zählen beispielsweise die Prinzipien der ökologischen, sozialen
und wirtschaftlichen Verträglichkeit, der Nachhaltigkeit, Zweck-
mäßigkeit und Finanzierbarkeit.
So sollen jene Leistungen zur Verfügung gestellt werden, die der
Markt den Bürgern nicht gesichert anbieten kann. Dabei berück-
sichtigt die öffentliche Verwaltung verstärkt die Prinzipien der
Bedarfs-, Wirkungs- sowie Wirtschaftlichkeitsorientierung.
Auf Basis von Trendstudien, von Experten-Inputs sowie der zahl-
reichen Ideen und Anregungen aus der Bevölkerung haben sich
vier Themenfelder herauskristallisiert, welche die Kernaspekte
von „Staat und Politik“ von morgen darstellen. In diesen Themen-
feldern gilt es für die Politik, lenkend und gestalterisch aktiv zu
werden.
Welche Gesetze braucht Oberösterreich?
Angesichts des gesellschaftlichen Wandels mit zunehmend vielfältigen Bedürfnissen
und Vorstellungen braucht es eine gemeinsame Wertebasis und angemessene Rechte
und Pflichten. Die gesellschaftliche Ordnung sichert nicht nur das Zusammenleben,
sondern auch die Freiheit des Einzelnen. Die Grundlage dafür bildet die Schaffung ein-
facher und verständlicher Regeln sowie ihrer Umsetzbarkeit.
Wie kann eine bürgerorientierte Politik und Verwaltung in Zukunft gestaltet sein?
Um im Sinne der Bürger handeln bzw. entwickeln zu können, braucht es deren aktive
Einbeziehung in die Bedarfsermittlung, die Definition von politischen Zielen bzw. Zielen
der Verwaltung und schließlich in die Bewertung der jeweiligen Leistungserbringung.
Wie ist die Aufgabenteilung und Zusammenarbeit zwischen Gemeinden,
Bezirken und Landesverwaltung in der Zukunft gestaltet?
Um eine optimale Wahrnehmung der öffentlichen Leistungen im Sinne der gesamtge-
sellschaftlichen Erfordernisse gewährleisten zu können, bedarf es effektiv gestalteter
und an Wirksamkeit und Finanzierbarkeit orientierter Verwaltungsstrukturen. Gerade
in Hinblick auf sich abzeichnende wirtschaftliche und demografische Entwicklungen
wird eine optimierte Aufgabenverteilung zwischen Gemeinde-, Bezirks-, Landes- und
Bundesebene immer wichtiger.
Wie kann die Informations und Kommunikationstechnologie die
Verwaltung und Bürgerbeteiligung in der Zukunft unterstützen?
Die Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie schafft Rah-
menbedingungen für eine einfachere Bürgerbeteiligung und eine noch effizientere und
effektivere Erbringung von verwaltungsbezogenen Leistungen. Datensicherheit, eine
rasche Abwicklung von behördlichen Verfahren und persönlicher Kontakt sind vielen
Bürgern wichtige Anliegen. Zwischen den Möglichkeiten der modernen Technologien
und der Notwendigkeit des persönlichen Kontaktes bzw. Leistungserbringens entsteht
ein Spannungsfeld, welches in den nächsten Jahren noch stärker wird.
Freiheit und Ordnung von morgen
Bürgerorientierung von morgen
Gemeinden, Bezirke und Landes- verwaltung von morgen
E-Government von morgen
178 11.1. Freiheit und Ordnung von morgen Mobilität weiter denken
Freiheit und Ordnung von morgen
Veränderungen in der Gesellschaft erfordern
situationsadäquate Gesetze und Verordnungen
Gefahr von Parallelgesellschaften
Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit von Gesetzen
Vollziehung von Gesetzen
Unzweckmäßige Regulierung
Handlungsfreiheit des Einzelnen wird verringert
Zeitgemäße und angepasste Steuerung von gesamtgesellschaftlichen
Bedürfnissen und Anforderungen
Inhaltliche Zuständigkeiten für die Gesetzgebungen
Unterschiedliche Wertvorstellungen
Individualismus vs. Kollektivismus
Ehrenamtliches Engagement für die Gesellschaft
Die gesellschaftliche Vielfalt wird in den
kommenden Jahren zunehmen. Damit
verbunden sind unterschiedlichste
Bedürfnisse und Vorstellungen in Bezug
auf das private und wirtschaftliche Leben.
Um ein gutes Miteinander in unserem
Bundesland zu gewährleisten, wird ein
gelebtes gemeinsames Wertegerüst
immer wichtiger. Die Verständlichkeit von
gesetzlichen Rahmenbedingungen stellt
für viele Menschen eine Herausforderung
dar. Die Vollziehung von Gesetzen und
Verordnungen ist Grund voraussetzung für
ein friedliches Miteinander. Konkret
wurden folgende Chancen und Heraus
forderungen thematisiert:
11.1.
179Mobilität weiter denken 11.1. Freiheit und Ordnung von morgen
Die Landesgesetze geben genug Freiraum für individuelles Handeln bei
gleichzeitiger Sicherstellung von gesamtgesellschaftlichen Bedürfnissen
Bei der Erarbeitung von neuen Gesetzen wird regelmäßig
die Frage nach Zweckmäßigkeit, Wirksamkeit und möglicher
legistischer Reduzierbarkeit gestellt
Jedes Gesetz hat eine klare Wirkungsdimension
Die Gesetze sind für alle Bürger verständlich
Ein gemeinsames Wertegerüst und -verständnis
prägt das tagtägliche Miteinander
Sozialer Friede
Zweckmäßige Gesetze
Verständliche Gesetze
Vollziehbare Gesetze
Höhere Eigenverantwortung
Aktualisierung und Vereinfachung von Gesetzen
Reduktion von Gesetzen
Weiterentwicklung des oberösterreichischen Wertesystems
Förderung von kulturprägenden Maßnahmen (Vereine als Kulturbotschafter)
Die Zukunftsvision: Oberösterreich baut
auch zukünftig auf einem gemeinsamen
Wertegerüst auf. Dieses bildet die Basis
für ein friedliches und wertvolles Mitei-
nander, in dem jeder seinen Platz finden
und sein Entwicklungspotenzial entfalten
kann. In der Zukunft ist die Gesetzgebung
in Oberösterreich (im unmittelbaren
Einflussbereich des Landes) integriert,
verständlich und zweckgerichtet. Dabei
werden die gesetzlichen Regelungen in
regelmäßigen Abständen auf ihre Ange-
messenheit hinterfragt.
Politische Zielsetzungen sind der soziale
Friede und die Vereinfachung der Gesetze
sowie deren größtmögliche Wirksamkeit
vor dem Hintergrund der individuellen
Freiheit.
Bei den politischen Maßnahmen stehen
die Entwicklung eines gemeinsamen
Wertegefüges und die Optimierung der
Gesetzeslandschaft im Vordergrund.
180 11.2. Bürgerorientierung von morgen Mobilität weiter denken
Bürgerorientierung von morgen
Zunehmende Vielfalt von gesellschaftlichen Bedürfnissen
Bereitschaft, sich in gesellschaftliche Gestaltungsprozesse einzubinden
Schaffung vielfältiger Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Beteiligung
Herstellung bzw. Vertiefung des gesellschaftlichen Konsenses
Hohe Bereitschaft zur Beteiligung von Menschen aller Bevölkerungsgruppen
unabhängig von ihrem ethnischen oder sozialökonomischen Hintergrund
oder ihrem Alter
Die zahlreichen Möglichkeiten der Partizipation werden rege in Anspruch
genommen (offline und online)
Die Möglichkeiten der Partizipation sind transparent und die Beteiligungs-
regeln klar definiert
Zentrale Entscheidungen werden durch den Landtag auf
Basis von Konsultationen von Bürgern und Experten getroffen
Direktdemokratische Mittel nehmen einen höheren Stellenwert ein
Um die Bedürfnisse der Gesellschaft
bestmöglich durch verwaltungsbezogene
Leistungen abdecken zu können, spielt
die gezielte Einbindung von Bürgern eine
bedeutende Rolle. Weitere Chancen und
Herausforderungen:
In der Zukunftsvision ist Oberösterreich
durch ein ausgeprägtes Engagement der
Bürger bei politischen und verwaltungs-
bezogenen Entscheidungsprozessen
gekennzeichnet. Es gibt eine Vielfalt an
Möglichkeiten und hohe Bereitschaft zur
Partizipation, die auch über neue Medien
gelebt wird.
11.2.
181Mobilität weiter denken 11.2. Bürgerorientierung von morgen
Rechtlich klar definierte situationsbedingte Beteiligungsmodelle
Stärkerer Einsatz von Volksabstimmungen und Volksbefragungen
Erhöhung des Beteiligungsanteils
Umsetzung der Beteiligungsmodelle und deren Ergebnisse
Gesetzliche Weiterentwicklung der Bürgerbeteiligung
Durchführung von Bürgerräten und Bürgercafés
Wertschätzung des ehrenamtlichen Engagements für die Gemeinschaft
Bewerbung des Ehrenamtes
Einführung einer Veto-Volksabstimmung
auf Bundes-, und auf Landesebene
Das zentrale Ziel der Politik soll neben der
rechtlichen Verankerung der Bürgerbetei-
ligung in unterschiedlichsten Situationen
und Bereichen auch die Schaffung einer
Kultur der Beteiligung sein.
Um diese Ziele erreichen zu können, wer-
den gesetzliche sowie kulturförderliche
Maßnahmen als vordringlich erachtet.
Dazu gehören sowohl verbesserte Beteili-
gungsmöglichkeiten bei Gesetzesverfah-
ren als auch die verstärkte Anreizsetzung
für zivilgesellschaftliches Engagement.
182 11.3. Gemeinden, Bezirke und Landesverwaltung von morgen Mobilität weiter denken
Gemeinden, Bezirke und Landes-verwaltung von morgen
Veränderungen in den Bedürfnissen und Erwartungen
der Bürger hinsichtlich der Leistungen der öffentlichen Hand
Individuelle Herausforderungen von Bezirken und Gemeinden
Klare Aufgabenzuordnungen zu Gemeinden, Bezirken und Land
Quantität und Qualifikation des Verwaltungspersonals
Knappheit der zur Verfügung stehenden öffentlichen Mittel
Laufende Weiterentwicklung der Leistungen der öffentlichen Hand
Nutzung von Synergien zwischen Gemeinden, Bezirken und Land
Bedeutung des Engagements für Bürger in der Gesellschaft
Leistungsgerechtigkeit und Leistungstransparenz
Wettbewerb zwischen Gemeinden, Bezirken und Ländern
Handlungsspielraum von Gemeinden, Bezirken und Ländern
Als wichtige Herausforderung für die
Gemeinden, Bezirke und das Land Ober-
österreich wird in den kommenden Jahren
die Aufrechterhaltung bzw. Weiterentwick-
lung von öffentlichen Leistungen vor dem
Hintergrund sich ändernder gesellschaft-
licher und wirtschaftlicher Rahmenbedin-
gungen gesehen.
11.3.
183Mobilität weiter denken 11.3. Gemeinden, Bezirke und Landesverwaltung von morgen
Klare Aufgabenteilung zwischen Gemeinden, Bezirken, Land und Bund
nach den Prinzipien der Subsidiarität sowie der gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit
Die einzelnen Verwaltungskörper handeln weitgehend autonom im
Rahmen der definierten Aufgaben und Kompetenzen
Die Leistungen der öffentlichen Verwaltung sind geprägt von einem
hohen Grad an Bürger- und Wirkungsorientierung
Leistungstransparenz und -fairness
Mehr Wahlfreiheit der Bürger bezüglich der erbrachten Leistungen
Land, Bezirke und Gemeinden kooperieren schnell, gerne, friktionsfrei
und effizient miteinander
Geringerer Verschuldungsgrad des Landes und der Gemeinden
Definierter und klar abgegrenzter Aufgabenkatalog
zwischen Land, Bezirken und Gemeinden
Erfüllung gesellschaftlicher Erwartungen durch Leistungen von
Land, Bezirken und Gemeinden
Leistungstransparenz
Wirtschaftlichkeit der erbrachten öffentlichen Leistungen
Abgabenquote für Bürger reduzieren
Optimale Leistungen der Gemeinden durch eine bestmögliche Servicierung
zur Weiterentwicklung kommunaler Leistungen
Aufgabenreform Land, Bezirke, Gemeinde
Entwicklung eines Leistungskatalogs
Entwicklung und Implementierung von
Individualisierungsmöglichkeiten in den Produktkatalogen
Weiterentwicklung der Beratungs- und Servicefunktionen
für Bürger auf Gemeinde-, Bezirks- und Landesebene
Weiterentwicklung des Anreizsystems bei Gemeindekooperationen
Die Zukunftsvision der öffentlichen
Verwaltung in Oberösterreich ist geprägt
von klaren, nach definierten Prinzipien er-
folgten Aufgabenzuteilungen. Die Verwal-
tungsleistungen werden effizient im Sinne
der Bedürfnisse der Bürger erbracht, wo-
bei Klarheit darüber besteht, was Aufgabe
der öffentlichen Hand ist und was nicht.
Es gibt eine Vielzahl von Leistungen, die
individuell bezogen werden können.
Aus der Vision leiten sich klare politische
Zielsetzungen für die öffentliche Hand ab.
Im Vordergrund stehen eine nachhaltig
stabile Finanzsicherheit und die Befriedi-
gung gesellschaftlicher Bedürfnisse durch
einen transparenten Aufgabenkatalog so-
wie eine optimierte Leistungserbringung.
Die Maßnahmen der Politik in den kom-
menden Jahren sollten in einer Reform
der Aufgabenverteilung zwischen Land,
Bezirken und Gemeinden liegen sowie
in einer verstärkten Individualisierung
von öffentlich zu erbringenden Dienst-
leistungen.
184 11.4. E-Government von morgen Mobilität weiter denken
E-Government von morgen
Erwartungen der Bürger bezüglich Erreichbarkeit der
Verwaltung und Geschwindigkeit der Leistungserstellung
Datensicherheit
Benutzerfreundlichkeit
Vernetzung von Daten unterschiedlicher Verwaltungsorgane
Dauer von Verwaltungsverfahren
Kosten von Verwaltungsverfahren
Information und Kommunikation mit Behörden
Persönlicher Kontakt mit Verwaltungsmitarbeitern und
individuelle persönliche Information
Wunsch der Bürger nach Leistungstransparenz und Beteiligung
Der vermehrte Einsatz von stabiler, sicherer
und benutzerfreundlicher Info rmations-
und Kommunikations technologie (IKT)
erlaubt eine Steigerung der Effizienz und
Qualität von Verwaltungsdienstleistungen.
Darüber hinaus ermöglicht die IKT auch
neue Formen der Bürger beteiligung und
Zusammenarbeit zwischen Verwaltungsor-
ganen. Chancen und Heraus forderungen
im Bereich E-Government sind:
11.4.
185Mobilität weiter denken 11.4. E-Government von morgen
Individuelle Leistungserbringung
Vernetzte Systeme
Datensicherheit
Workflow-Unterstützung
Beitrag zur gerechten Leistungserbringung
Vielfältige individualisierte Möglichkeiten der Information und
Kommunikation
Optimale softwaretechnische Unterstützung von
Verwaltungsprozessen (z. B. elektronischer Akt)
Funktionierende Vernetzung von Informationen, um rasche
und gerechte Verwaltungsprozesse zu gewährleisten
Hoher Servicierungsgrad der Bürger
Hohe Stabilität und Verfügbarkeit von Services
Benutzerfreundlichkeit der Informations- und
Kommunikationsschnittstellen mit der öffentlichen Verwaltung
Weiterentwicklung des rechtlichen Rahmens für
Datenintegration und Datenmanagement
Schaffung des rechtlichen Rahmens zur Datensicherheit
Evaluierung und laufende Weiterentwicklung der bürgerbezogenen
Informations- und Kommunikationsplattformen sowie -schnittstellen
Reduktion der Verfahrensdauern und der Verfahrenskosten durch kontinu-
ierliche Verbesserung der softwaretechnischen Unterstützung
Informations- und Kommunikationsmaßnahmen
zum Thema E-Government in Oberösterreich
In der Vision orientiert sich die Verwal-
tung der Zukunft an den individuellen
Bedürfnissen der Bürger. Daten sind
sicher und vernetzt und müssen nicht
mehrfach eingegeben werden. Verfahren
wurden verkürzt und sind somit günstiger
geworden. Klar definierte Workflows und
Geschäftsregeln über Verwaltungsgren-
zen hinweg erlauben die Vermeidung von
Redundanzen sowie eine rasche, gerechte
und transparente Erbringung von öffen-
tlichen Leistungen.
Die sich daraus ableitenden politi
schen Zielsetzungen betreffen einen
möglichst hohen Automatisierungsgrad
in der Erbringung von verwaltungsbe-
zogenen Leistungen bei bestmöglicher
persönlicher Beratung und professioneller
Entscheidungsfindung durch Verwaltungs-
mitarbeiter. Die Informations- und Kom-
munikationsschnittstellen für Bürger wer-
den hinsichtlich Benutzerfreundlichkeit
weiterentwickelt und professionalisiert.
Als politische Maßnahmen im Bereich
der Weiterentwicklung von E-Government
werden unter anderem rechtliche Aspekte
hinsichtlich der Datensicherheit gesehen:
186 E-Government von morgen Mobilität weiter denken
Ableitungen und Impulse für Oberösterreich
Kommunaler „OneStopShop“
Der kommunale „One-Stop-Shop“ ist die zentrale Anlaufstelle und Dreh-
scheibe für Gemeinden zur Erbringung und Weiterentwicklung ihrer Dienst-
leistungen und Strukturen. Dieser virtuelle und physische „One-Stop-Shop“
unterstützt eine effiziente und zielgerichtete Gemeindearbeit am Puls der
Zeit und hilft so, gesellschaftliche, ökonomische und ökologische Heraus-
forderungen bestmöglich zu bewältigen.
Ihre Steuern und Abgaben – Unsere Leistungen
Um den Bürgern zu einem besseren Verständnis für die Verwendung ihrer
Steuergelder zu verhelfen, wird jährlich ein Leistungsreport erstellt. In
diesem werden alle vom Land, dem Bezirk bzw. der Gemeinde erbrachten
Leistungen den Steuer- bzw. Abgabeneinnahmen von Land, Bezirk und
Gemeinde gegenübergestellt.
Bürgerportal Oberösterreich
Das Bürgerportal ist die oberösterreichische Plattform für die Kommuni-
kation und Interaktion mit Verwaltungsbehörden auf Landes-, Bezirks- und
Gemeindeebene. Mit einem Zugang werden alle Informationen und Leistun-
gen der öffentlichen Hand einsehbar. Genauso können laufende Verfahren
über diese Plattform abgerufen und die nichtpersönliche Kommunikation
(Mail, VolP, Formulare etc.) abgewickelt werden. Als zentrale Kommuni-
kationsplattform kann das Bürgerportal Oberösterreich zudem als wesent-
licher Kanal der Bürgerpartizipation etabliert werden.
187Mobilität weiter denken E-Government von morgen
Projektplattform „Unser Oberösterreich“
Auf der Projektplattform „Unser Oberösterreich“ können Bürger
Vorschläge für gesellschaftsrelevante Projekte einbringen, über
die Realisierung dieser abstimmen sowie sich für eine Beteili-
gung an der Projektumsetzung anmelden.
Ehrenamt ist uns etwas wert – „OÖ Bürgermünze“
Um die Wertigkeit des Ehrenamtes noch besser zu verdeutlichen,
erhalten ehrenamtlich tätige Personen virtuelle Bürgereuros, die
dann in kostenpflichtige Leistungen der öffentlichen Hand
(z. B. Kulturcard, Gutscheine für kulturelle Einrichtungen)
investiert werden können.
Der Bürger entscheidet
Der Weg zur Stärkung der direkten Demokratie muss weiter
beschritten werden. Niederschwellige Beteiligungsmodelle, die
Forcierung des Petitionsrechtes, die verstärkte Abhaltung von
Volksbefragungen und Volksabstimmungen sowie die Einrichtung
des Instrumentes der Veto-Volksabstimmung verringern die Bar-
rieren zwischen Bürgern und Politik und unterfüttern politische
Entscheidungen mit basisdemokratischer Legitimation.
Platz für noch mehr Zukunftsideen …
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