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Propan-2,2-diphosphonsäure

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Page 1: Propan-2,2-diphosphonsäure

218 Menge, Miinzenberg und Reimann Arch. Pharm.

Arch. Pharm. (Weinheim) 314, 218-222 (1981)

Propan-2,2-diphosphonsaure

Michael Menge, Karl Joachim Miinzenberg

Orthopadische Universitiitsklinik, Sigmund-Freud-Str. 25,5300 Bonn 1

und Eberhard Reimam*

Institut fiir Pharmazie und Lebensmittelchemie der Universitat, Sophienstr. 10,8000 Munchen 2

Eingegangen am 28. April 1980

Die Titelverbindung lc wird durch Michael-Arbusov-Reaktion dargestellt und die Struktur 'H-NMR-spektroskopisch abgesichert.

Propane-2,2-phosphonic Acid

The title compound l c was prepared by the Michael-Arbusov-reaction. Its structure was proved by 'H-NMR spectroscopy.

Im Verlauf der vergangenen zehn Jahre haben geminale Diphosphonsaurederivate vom Typ 1 zunehmend Eingang in die medizinische Diagnostik und Therapie gefunden. Ausgehend von der durch FIpisch et al.') entdeckten Hemmwirkung von Pyrophosphat auf die Apatitbildung in vitro wurde auf der Suche nach analogen, in vivo venvendbaren, vertraglichen und stabilen Verbindungen zunachst Ethan-1 ,I-diphosphonsaure (la) fur medizinische Zwecke herangezogen. Im Gegensatz zu in vivo schlecht resorbierbarem, schnell hydrolysierbarem anorganischem Pyrophosphat besitzen die Diphosphonate des Typs 1 eine im Wirbeltier durch Enzyme nicht spaltbare zentrale P-C-P-Grup- pierung.

R'

H O , N I :,OH

OH HO ' P - c - P ,

I R2

1

Diphosphonate zeigen in vivo eine hohe Affinitat zum Skelettsystem. Aufgrund dieser Eigenschaft sowie der relativ schnellen Ausscheidung sind sie fur die Skelettszintigraphie*) hervorragend geeignet. Allerdings reichern sich WmTc-markierte Diphosphonate auch in allgemeinen Entzundungsherden und verschiedenen Tumoren auaerhalb des Knochengewebes an.

0 3 6 ~ m / 8 i / 0 3 o m 1 8 s 02.50m

Q Vcrlag Chemie. GmbH, Weinheim 1981

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Der Ort der spezifischen Anreicherung - ob im Apatitkri~tallsystem~) oder in der Proteinmatrix des Knochens- ist bisher nicht sicher bekannt. Anreicherungen in nicht-knkhernen Geweben sprechen auch fur eine mogliche Affinitat zu speziellen Weichgeweben.

In pharmakologischer Dosierung entfalten Diphosphonsaurederivate, je nach chemi- scher Struktur, unterschiedliche Wirkungen am lebenden Knochen. Generell wird die Bildung von Knochenmineral, in genngem AusmaR auch dessen Resorption beeinfluh. Erwunscht ist diese Wirkung bei pathologischen Verkalkungsvorgangen, zum Beispiel bei der Myositis ossificans progressiva oder beim Morbus Paget. Nicht-kalzifizierende Gewebe werden, soweit bekannt, durch Phosphonate nicht wesentlich beeinflubt. Mogliche Erklarungen f i r das differente Wirkungsspektrum sind beispielsweise unter- schiedliche Aciditat und Konformation bei abweichender Substitution am zentralen Kohlen~toffatom~).

So ist im Tierversuch die Hemmung der Knochenresorption nach Ruhigstellung einer Extremitat (Immobilisationsosteoporose) durch 2,2-Dichlorethan-l,l-diphosphonsaure (lb) wirksamer als durch la.

In vitro werden die unterschiedlichen Wirkungen der einzelnen Diphosphonate deutlicher: Fur l a konnten Francis et a].’) eine Verhinderung des Kristallwachstums wie auch der Kristallauflosung zeigen. Der Effekt wurde physikochemisch mit kompetitiv verlaufendem “surface coating” erklart. Eine noch starkere Hemmwirkung auf die Kristallauflosung wird l b zugeschriebed). Demgegenuber fuhrt Methandiphosphonsaure (la) zu einer verstarkten Kristallbildung aus einer metastabilen Cal~iumphosphatlosung~). Mit diesen unterschiedlichen Wirkspektren ist eine klare Abgrenzung gegen anorgani- sches Pyrophosphat gegeben. DaR neben den physikalisch-chemischen Effekten (surface coating) auch Auswirkungen auf den Zellstoffwechsel bestehen, wurde bereits von Dory et a1.*) beschrieben. Unter pharmakologischer Dosierung trat eine Hemmung des cytoplas- matischen Stoffwechsels ein.

Es scheint somit nicht ausgeschlossen, daR bei systematischer Variation der Stamm- verbindung Id Substanzen gefunden werden, deren Wirkung auf die am Knochenstoff- wechsel beteiligten Zellen gerichtet ist. In der vorliegenden Arbeit beschreiben wir Synthese und Eigenschaften der Propan-2,2-diphosphonsaure (lc); iiber ihre biologischen Wirkungen wird an anderer Stelle berichtet werden.

Darstellung von l c

Die Synthese ist in Formelbild 2 skizziert: Tri-isopropylphosphit (2) und Dibromme- than(3) reagieren nach Michael-Arbusov zu Methandiphosphonsaure-tetraisopropylester (4), der schrittweise uber Ethan-1,l-diphosphonsaure-tetraisopropylester (5) oder direkt zu Propan-2,2-diphosphonsaure-tetraisopropylester (6) alkyliert werden kann. Die Spaltung mit 22proz. Salzsaure liefert schlieRlich die Titelverbindung l c .

Fomelbild 2 (Seite 220) Die pH-Werte einiger Usungen von l c in Wasser sind in Tab. 1 angegeben

(Glaselektrode, 20”).

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0 CH3 0 b. CHJ I l l II a. Ns F m c l b i l d 2 - (RO)zPY-P(OR)z

: : B P(OR)3 + CH2Br2 -(R0)2PCHsP(OR)z

H 2 3 4

plLb I , I * I;.%% 0 CH3 0

(RO)zPC--P(OR)2 I

CH3

HO\Y yH3 yOoNa@ NaOH HO,? YH3 y/OoNao 2NaOH H0,g y H S $)/OH

Na@'OO' &3 O'Na@ Naooo' kH3 OH HO' AH, OH P-C-P/, c- P C - P \ - Pc-P\

8 7 lc

Tab. 1: pH-Werte von lc in Wasser (Glaselektrode, 20") -

Konzentration ml/l

pH-Wert

0,25 0,025 0,002s

1,11 1,74 2,so

Titrationskurven

Dem Kurvenverlauf ist m entnehmen, daJ3 sich l c bei der potentiometrischen Titration in wal3riger Losung (c = 1,96 l t 3 molll) wie eine dreiwertige Saure verhalt: Im ersten Wendepunkt (pH = 5,75) lie@ das sekundare- (7), im zweiten Wendepunkt (pH = 9,80) das tertiare Diphosphonat (8) vor. Aus nicht zu verdunnten Liisungen von l c scheidet sich bei Einstellen mit Natronlauge auf pH = 7 das Dinatriumsalz 7 ab, dessen Titrationskurve erwartungsgemaa nur einen Wendepunkt (c = 1,96

Die Dissoziationskonstanten und entsprechenden pK-Werte sind noch nicht ermittelt worden.

lC3 moM, pH = 9,82) besitzt.

'H-NMR-Spektren

Mit Aushahme des Monomethylderivates 5 geben alle anderen synthetisierten Verbindungen lc, 4,6, 7 iibersichtliche 'H-NMR-Spektren. Die Protonen Ha der Methylenbrucke koppeln mit den beiden benachbarten Phosphorkernen, wobei erwartungsgemaa ein Triplett mit einer Kopplungskonstanten JHa,p= 21 Hz resultiert. Auch die Protonen Hb der Methylsubstituenten ergeben ein Triplett, das allerdings in haherem Feld liegt, mit dem Dublett der zum Isopropylrest gehorigen CH3-Protonen HC

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uberlagert ist und eine Kopplungskonstante von J,,b,, = 17 Hz aufweist. Die gleiche chemische Verschiebung besitzen die Methylprotonen Hb in der freien Saure l c und im sekundiiren Natriumsalz 7 mit J,b,, = 17 bzw. 16 Hz.

Experhenteller Teil

Schmp. (unkorr.): Opfer-Schaum-Gerat. - Potentiornetrische Titrationen: Potentiograph Metrohm und pH-Meter Typ 11 1 , Fa. Pusl. - 'H-NMR-Spekrren: Varian C R 20 in CDCI, gegen TMS als inn. Stand., wenn nicht anders angegeben.

I) Merhandiphosphonsiiure-tetra-isopropylester (4)

Ein Gemisch aus 1248 g (6 mol) Phosphorigsaure-triisopropylester und 348 g (2 mol) Dibrommethan wird auf 175" (Badtemp.) erhitzt. Der Kolben ist mit einer thermostatisierbaren Vigreuxkolonne (Gesamtlange 58 cm) versehen, durch deren Mantel Wasser von 80" zirkuliert, damit das bci der Reaktion sich bildende Isopropylbromid (Sdp.7M, 59.4') aus dem Reaktionsgemisch entweichen kann. Mit einer der Kolonne aufgesetzten Destillierbriicke mit Thermometer und senkrechtem Schlangen- kiihler wird das Isopropylbromid aufgefangen. Nach 17 h sind davon 475 g (97 % d. Th.) iiberdestilliert . Man la& das Reaktionsgemisch abkiihlen und fraktioniert i. Oelpumpenvak.: Im siedenden Wasserbad destillieren zunachst 440-460 g Vorlauf mit S ~ P . ~ , ~ 50-65' iiber. Im Oelbad erhllt man bis 106"/0,2Torr weitere 30-35 g Vorlauf (ng = 1,4202-1,4210). Die Hauptfraktion siedet bei 110-112"l 0,15 Torr; Ausb.: 551 g (= 80 % d. Th.) mit n g = 1,4325. - 'H-NMR-Spektrum: 6 (ppm) = 4.81 (m, -CH, 4 H), 2,41 (t, P-CH,-P, J = 21 Hz), 1,40 (d, -CH,, 24 H).

2) Propan-2,2-diphosphonriiure-te~a-isopropylester (6)

A. Durch schrittweise Methylierung von 4 a) Ethan-I,l -diphosphonsdure-tetra-isopropylesrer (5) Zu 12.2 g (0,53 mol) Natriumsand in 200 ml trockenem Toluol tropft man unter Feuchtigkeitsaus- schlull, Riihren und Kuhlen auf 25" im Verlauf von 2,5-3 h 182.4 g (0,53 mol) 4. wobei das Metall unter H2-Entwicklung in Lasung geht. Nach weiterem 2stdg. Ruhren werden innerhalb 35 min 78 g (0.55 mol) Methyliodid unter Beibehaltung von 25" Innentemp. zugetropft. Das Reaktiomgemisch wird 5 h im Wasserbad auf 80" (Badtemp.) erwarmt, wonach sich ein dicker, farbloser Niederschlag abgeschieden hat. Nach 15stdg. Stehen bei Raumtemp.. Absaugen des Niederschlags und Verdampfen des Lijsungsmittels resultiert ein rotes, dickfliissiges 61, das mit 350 ml Wasser verdiinnt und 5-6 h mit n-Hexan perforiert wird. Nach Abtrennen der organischen Phase und Verdampfen des Lijsungsmittels destilliert man den Riickstand i. Oelpumpenvak. Nach 3-4 g Vorlauf erhalt man 148,4 g (= 83 % d. Th.) schwach gelbe Hauptfraktion mit Sdp.o,z 109-11lo und n g = 1,4332 (Lit. ng = 1,4319).-'H-NMR-Spektrum: 6 (ppm) = 4,81 (m, -CH, 4H), 1,68-2,80(m, P-CH(CH+P), 1,38(d, -CH,, 24H).

b) Propan-2,2-diphosphonsiiure-tetra-isopropylester (6)

Man suspendiert 12,7 g Natriumhydrid (80 %; 0.42 mol) in 200 ml trockenem Toluol und tropft im Verlauf von 1 h 178.4 g (0,42 mol) des unter a) erhaltenen Monomethylderivates 5 zu. Unter schwacher Warmetonung, Wasserstoffentwicklung und Schsumen entsteht eine gelbbraune, nicht klare Lasung, die noch 1,5 h bei Raumtemp. weitergcrithrt wird. Nach AnschluS des RiickfluDkiihlers an einen Kryomaten (- -104) werden 50 g (39,9 g, 0,42 mol) Methylbromid zugetropft, wobei das Reaktionsgemisch durch Kuhlen auf Raumtemp. gehalten wird. Nach beendeter Zugabe des Methylbromids riihrt man noch 30 min bei Raumtemp., dann bei 80" weiter und liist 15 h bei

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Raumtemp. stehen. Der abgeschiedene farblose Niederschlag wird durch Zusatz von 350 ml Wasser gelost, die organische Schicht abgetrennt und die waBrige Phase noch dreimal mit Ether extrahiert. Die vereinigten organischen Phasen trocknet man mit Natriumsulfat, verdampft die Losungsmittel und fraktioniert den goldgelben Ruckstand i. Oelpumpenvak.. Nach 4-5 g Vorlauf erhalt man 144 g (= 92 % d. Th.) farblos oliges Hauptprodukt mit Sdp.,,,, 102-105" und n$ = 1,4332. - 'H-NMR-Spektrum: 6 (ppm) = 4,81 (m, -CH, 4H), 1,12-1,68 (iiberl. q , besteht aus t P-C(CH,),-P und d -CH,, 30 H).

B. Durch Permethylierung von 4

In einem Weithalskolben (Planschliff-Flanschkolben) mit AuBenkiihlung (Eiswasser), Riihrer, lnnenthermometer und an einen Kryomaten (- 10") angeschlossenen RuckfluRkiihler gibt man zur Liisung von 860 g (2,s rnol) 4 und 238 g (2,s mol) Methylbromid in 3 1 absol. Toluol portionsweise 75 g (2.5 mol) 8Oproz. Natriumhydrid so zu, daR die Innentemp. nicht iiber 30" ansteigt. Man gibt weitere 280 g (2,95 mol; Gesamt: 518 g, 5,45 mol) Methylbromid und nochmals 75 g (2,s rnol; Gesamt: 150 g = 5 mol) 80proz. Natriumhydrid wie angegeben hinzu und erwarmt schliealich 3 h auf 80" (Innentemp.). Nach Abkuhlen auf Raumtemp. wird der entstandene, farblose Niederschlag durch Zugabe von 1,5 I Wasser gelost, die organische Schicht abgetrennt und die waBrige Phase noch dreimal mit je 500 ml Ether extrahiert. Die vereinigten organischen Phasen werden mit Natriumsulfat getrocknet, die Losungsmittel i. Wasserstrahlvak. verdampft und der Ruckstand i. Oelpumpenvak. destilliert. Nach wenigen ml Vorlauf erhalt man 887 g (96 % d. Th.) farbloses 01 mit Sdp.,,' 103-105"und n$ = 1,4328, dessen 'H-NMR-Spektrum mit dem unter A b) erhaltenen identisch ist.

3) Propan-2,2-diphosphonsdure (lc)

223.6 g (0.6 mol) Tetra-isopropylester 6 werden mit 2.2 1 23proz. Salzsaure 5 h unter RiickfluR erhitzt, vorsichtig mit Aktivkohle versetzt, 15 min erneut zum Sieden erhitzt und dann heiR durch eine G&lasfilternutsche filtriert. Das klare, farblose Filtrat dampft man i. Vak. zur Trockne ein und trocknet den farblosen, kristallinen Ruckstand i. Vak. bei 60" fiber Kaliumhydroxid. Ausb.: 119 g (= 97 % d. Th.), Schmp.: 227-22Y(Lit.')228,5-229,5"). DiepotentiometrischeTitration mit 1 N-NaOH ergibt einen Gehalt von 99.28 %. 'H-NMR-Spektrum von l c (D20/Acetonitril als inn. Stand.) und von 7 (D20/Na-3-trimethylsilyl-d4-propionat als inn. Stand.) 6 (ppm) = jeweils 1,32 (t, P-C( CH&-P).

Literatur

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[Ph 2651