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Protonenaustauschmembranen durch strahlungsinduzierte Pfropf- polymerisation von Glycidylmeth- acrylat auf ETFE – Modifizierung mit Butylacrylat und Acrylnitril Christian Schmidt, Tobias Glück und Gudrun Schmidt-Naake* Die Suche nach Alternativen zum meist verwendeten Nafion ® für polymere Protonenaus- tauschmembranen in Wasserstoff-Brennstoffzellen ist seit Jahren Gegenstand zahlreicher Forschungsaktivitäten. Diese Arbeit stellt Systeme auf Basis von Poly(tetraflourethylen-alt- ethylen) (ETFE) vor, das über die einfache und vielseitige strahlungsinduzierte Pfropfpoly- merisation mit Glycidylmethacrylat gepfropft und durch Sulfonierung in Austauschmem- branen überführt wird. Im Vordergrund steht dabei die Modifizierung dieser Systeme durch Copolymerisation mit Butylacrylat und Acrylnitril und die Charakterisierung der Materialien in Hinblick auf mechanische und thermische Stabilität, Wasseraufnahme und Ionenleitfähigkeit. 1 Problemstellung Die strahlungsinduzierte Pfropfpolymerisation stellt aufgrund ihrer einfachen Handhabung und guten Kontrolle über den Pfropfprozess eine attraktive Methode zur Herstellung von Pfropfpolymeren dar. Mit Hilfe dieser Technik lassen sich Ionenaustauscher für verschiedene Anwendungsfelder herstellen, z. B. Polymer- elektrolytmembranen für Brennstoffzellen oder Kationenaustauscher für die Wasser- behandlung [1]. Ein guter Überblick über bis- herige Untersuchungen und das Anwen- dungspotenzial dieser Methode wird von Nasef und Hegazy [2] gegeben. Die Energieerzeugung durch Polymerelek- trolytmembran-Brennstoffzellen (PEMFCs) ge- winnt durch die Verknappung der fossilen Energieträger und dem damit verbundenen Preisanstieg sowie durch den Anstieg der Koh- lendioxid-Konzentration in der Atmosphäre immer größere Bedeutung. Die Polymer- elektrolytmembran (PEM) übernimmt in der Brennstoffzelle die Aufgaben der Gastrennung und der Protonenleitung. Die Nafion ® -Memb- ran der Firma DuPont de Nemours wird heute am häufigsten als PEM verwendet. Diese Membran besitzt durch ihre Sulfonsäurefunk- tionen und das sich ausbildende Cluster-Netz- werk [3 – 5] eine hohe Protonenleitfähigkeit im befeuchteten Zustand, hervorragende ther- mische und mechanische Eigenschaften und eine gute Stabilität gegenüber den oxidieren- den Brennstoffzellenbedingungen. Die hohen Herstellkosten von ca. 800 US-$/m 2 haben je- doch eine intensive Suche nach kostengünsti- geren Alternativen mit vergleichbaren oder besseren Eigenschaften angestoßen. Eine Möglichkeit zur Herstellung solcher alternativer Membranen auf Basis von Sulfon- säurefunktionen als protogene Gruppen bietet die strahlungsinduzierte Pfropfpolymerisation. Bekannt sind bereits Membranen mit einem Grundgerüst aus teil- oder perfluorierten Poly- meren (Poly(tetraflourethylen-alt-ethylen) (ET- FE) [6, 7], Poly(vinylidenfluorid) (PVDF) [8, 9], Poly(tetrafluorethylen-co-hexafluoropropylen) (FEP) [10], Poly(tetrafluorethylen) (PTFE) [11], Poly(tetrafluorethylen-co-perfluorvinyl-methyle- ther) (PFA) [12], Poly(vinylfluorid) (PVF) [13]), die mit c- oder b-Strahlen aktiviert, durch strah- lungsinduziertes Pfropfen modifiziert und bezüglich ihres Einsatzes in Brennstoffzellen untersucht wurden. Die Pfropfpolymerisation erfolgt entweder simultan zur Bestrahlung oder in einem nachfolgenden Schritt, häufig mit Sty- rol [14], teilweise auch mit Vernetzern wie Divi- nylbenzol [15] oder Bis(4-vinylphenyl)ethan [16]. Bei Pfropfmonomeren, die nicht bereits eine Sulfonsäurefunktion tragen, ist eine nach- trägliche Funktionalisierung (Sulfonierung) er- forderlich, so z. B. die Chlorsulfonierung von gepfropftem Polystyrol. Kommerziell erhält- liche Membranen, die durch strahlungsindu- ziertes Pfropfen hegerstellt wurden, sind bei- spielsweise Permion ® und Raymion ® . Die strahlungs- induzierte Pfropf- polymerisation stellt aufgrund ihrer einfachen Handhabung und guten Kontrolle über den Pfropf- prozess eine attrak- tive Methode zur Herstellung von Pfropfpolymeren dar. Pfropfpolymerisation 137 Chemie Ingenieur Technik 2007, 79, No. 1-2 © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.de DOI: 10.1002/cite.200600104

Protonenaustauschmembranen durch strahlungsinduzierte Pfropfpolymerisation von Glycidylmethacrylat auf ETFE – Modifizierung mit Butylacrylat und Acrylnitril

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Protonenaustauschmembranendurch strahlungsinduzierte Pfropf-polymerisation von Glycidylmeth-acrylat auf ETFE – Modifizierungmit Butylacrylat und AcrylnitrilChristian Schmidt, Tobias Glück und Gudrun Schmidt-Naake*

Die Suche nach Alternativen zum meist verwendeten Nafion® für polymere Protonenaus-

tauschmembranen in Wasserstoff-Brennstoffzellen ist seit Jahren Gegenstand zahlreicher

Forschungsaktivitäten. Diese Arbeit stellt Systeme auf Basis von Poly(tetraflourethylen-alt-

ethylen) (ETFE) vor, das über die einfache und vielseitige strahlungsinduzierte Pfropfpoly-

merisation mit Glycidylmethacrylat gepfropft und durch Sulfonierung in Austauschmem-

branen überführt wird. Im Vordergrund steht dabei die Modifizierung dieser Systeme

durch Copolymerisation mit Butylacrylat und Acrylnitril und die Charakterisierung der

Materialien in Hinblick auf mechanische und thermische Stabilität, Wasseraufnahme und

Ionenleitfähigkeit.

1 Problemstellung

Die strahlungsinduzierte Pfropfpolymerisationstellt aufgrund ihrer einfachen Handhabungund guten Kontrolle über den Pfropfprozesseine attraktive Methode zur Herstellung vonPfropfpolymeren dar. Mit Hilfe dieser Techniklassen sich Ionenaustauscher für verschiedeneAnwendungsfelder herstellen, z. B. Polymer-elektrolytmembranen für Brennstoffzellenoder Kationenaustauscher für die Wasser-behandlung [1]. Ein guter Überblick über bis-herige Untersuchungen und das Anwen-dungspotenzial dieser Methode wird von Nasefund Hegazy [2] gegeben.

Die Energieerzeugung durch Polymerelek-trolytmembran-Brennstoffzellen (PEMFCs) ge-winnt durch die Verknappung der fossilenEnergieträger und dem damit verbundenenPreisanstieg sowie durch den Anstieg der Koh-lendioxid-Konzentration in der Atmosphäreimmer größere Bedeutung. Die Polymer-elektrolytmembran (PEM) übernimmt in derBrennstoffzelle die Aufgaben der Gastrennungund der Protonenleitung. Die Nafion®-Memb-ran der Firma DuPont de Nemours wird heuteam häufigsten als PEM verwendet. DieseMembran besitzt durch ihre Sulfonsäurefunk-tionen und das sich ausbildende Cluster-Netz-werk [3 – 5] eine hohe Protonenleitfähigkeitim befeuchteten Zustand, hervorragende ther-mische und mechanische Eigenschaften undeine gute Stabilität gegenüber den oxidieren-

den Brennstoffzellenbedingungen. Die hohenHerstellkosten von ca. 800 US-$/m2 haben je-doch eine intensive Suche nach kostengünsti-geren Alternativen mit vergleichbaren oderbesseren Eigenschaften angestoßen.

Eine Möglichkeit zur Herstellung solcheralternativer Membranen auf Basis von Sulfon-säurefunktionen als protogene Gruppen bietetdie strahlungsinduzierte Pfropfpolymerisation.Bekannt sind bereits Membranen mit einemGrundgerüst aus teil- oder perfluorierten Poly-meren (Poly(tetraflourethylen-alt-ethylen) (ET-FE) [6, 7], Poly(vinylidenfluorid) (PVDF) [8, 9],Poly(tetrafluorethylen-co-hexafluoropropylen)(FEP) [10], Poly(tetrafluorethylen) (PTFE) [11],Poly(tetrafluorethylen-co-perfluorvinyl-methyle-ther) (PFA) [12], Poly(vinylfluorid) (PVF) [13]),die mit c- oder b-Strahlen aktiviert, durch strah-lungsinduziertes Pfropfen modifiziert undbezüglich ihres Einsatzes in Brennstoffzellenuntersucht wurden. Die Pfropfpolymerisationerfolgt entweder simultan zur Bestrahlung oderin einem nachfolgenden Schritt, häufig mit Sty-rol [14], teilweise auch mit Vernetzern wie Divi-nylbenzol [15] oder Bis(4-vinylphenyl)ethan[16]. Bei Pfropfmonomeren, die nicht bereitseine Sulfonsäurefunktion tragen, ist eine nach-trägliche Funktionalisierung (Sulfonierung) er-forderlich, so z. B. die Chlorsulfonierung vongepfropftem Polystyrol. Kommerziell erhält-liche Membranen, die durch strahlungsindu-ziertes Pfropfen hegerstellt wurden, sind bei-spielsweise Permion® und Raymion®.

Die strahlungs-induzierte Pfropf-polymerisationstellt aufgrundihrer einfachenHandhabung undguten Kontrolleüber den Pfropf-prozess eine attrak-tive Methode zurHerstellung vonPfropfpolymerendar.

Pfropfpolymerisation 137Chemie Ingenieur Technik 2007, 79, No. 1-2

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DOI: 10.1002/cite.200600104

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In unserem Institut wurde von M. Böhme[17] auf ETFE-, FEP- und Polypropylen-FilmenGlycidylmethacrylat (GMA) strahlungsindu-ziert gepfropft und dieses Precursor-Pfropf-polymer mit einem Gemisch aus 2-Propanol,Natriumhydrogensulfit und Wasser sulfoniert.Dabei wurden Membranen mit einer maxi-malen Ionenaustauschkapazität (IEC) von2,8 meq/g bei Pfropfgraden von über 100 % er-halten. Im Rahmen dieser Arbeit wurde auchdie Synthese von Copolymeren aus GMA/Acrylnitril, GMA/2-Hydroxyethylmethacrylat,GMA/4-Vinylpyridin und GMA/N-Vinylforma-mid, gepfropft auf ETFE-, FEP- und PP-Folien,beschrieben.

Auch Lee et al. [18] untersuchten ETFE-,Polyethylen- (PE) und PTFE-Folien, die strah-lungsinduziert mit GMA gepfropft und durchSulfonierung zu Protonenaustauschermem-branen umgesetzt wurden. Da die auf Basisvon PTFE und PE gepfropften Folien hierbeisehr zerbrechlich waren, wurde von ihm dabeilediglich ETFE als Grundgerüst für weitereUntersuchungen ausgewählt. Bei einer Memb-ran mit einem Pfropfgrad von 110 % wurdehierbei eine Ionenaustauschkapazität (IEC)von 2,5 meq/g erzielt. Die spezifische Leit-fähigkeit dieser Membran lag bei 30 °C mit42 mS/cm bei 67 % des für Nafion® 117 ge-messenen Wertes.

Choi und Nho [19] stellten 1999 Membranendurch strahlungsinduziertes Pfropfen vonGMA auf PE-Folien und anschließender Sulfo-nierung bzw. Phosphorylierung her. Im Falleiner sulfonierten Membran wurde bei einerIEC von 2,4 meq/g eine spezifische Leitfähig-keit von 98 mS/cm gemessen, während diespezifische Leitfähigkeit einer phosphorylier-ten Membran mit einer IEC von 2,5 meq/g mit200 mS/cm angegeben wurde (25 °C). Alle un-tersuchten Systeme wiesen eine einfache Her-stellungsprozedur, sehr gute Ionenaustausch-kapazitäten und gute Ionenleitfähigkeiten auf,die mechanischen Eigenschaften, besondersim trockenen Zustand und bei höheren Pfropf-graden, die für den Protonentransport notwen-dig sind, waren jedoch durch hohe Sprödigkeitgering.

Ziel dieser Arbeit ist es, die von Böhme [17]und Lee [18] durch strahlungsinduziertePfropfpolymerisation von GMA auf ETFE-Folien und anschließender Sulfonierung her-gestellten Membrantypen durch Verwendungvon Butylacrylat (BuA) und Acrylnitril (AN) alsComonomere zu modifizieren. Dabei soll derEinfluss der Comonomere auf das Pfropfver-halten untersucht werden. Der Schwerpunktder Arbeit liegt jedoch auf der Charakterisie-rung der erhaltenen Membranen in Hinblickauf mechanische Eigenschaften, thermische

Stabilität, Ionenaustauschkapazität, Quellver-halten und Protonenleitfähigkeit.

2 Experimenteller Teil

ReagenzienGlycidylmethacrylat/GMA (Fluka) und Butyla-crylat/BuA (Merck) wurden unter verminder-tem Druck, Acrylnitril/AN (Aldrich) unter Nor-maldruck destilliert. Alle weiterenChemikalien wurden ohne Reinigung einge-setzt.

MembranherstellungFür die Membranherstellung wurden die ET-FE-Folien im Institut für PolymerforschungDresden durch b-Strahlen mit 50 kGy aktiviertund bis zu der eigentlichen Umsetzung beieiner Temperatur von –30 °C gelagert. DiePfropfpolymerisation erfolgte in einem großentemperierbaren Reagenzglas mit aufgesetztemRückflusskühler unter kontinuierlichem Stick-stoffstrom, der sowohl als Inertgas als auchzur Durchmischung der Reaktionslösungdiente. Die Reinigung der gepfropften Folienerfolgte durch 24-stündige Extraktion miteinem Lösungsmittel (Tetrahydrofuran (THF)oder N,N-Dimethylformamid (DMF) bei AN-haltigen Folien) und durch anschließende Be-handlung mit einem Fällungsmittel für dasPfropfpolymer (Methanol). Aus der Masse dergepfropften Folien nach Vakuumtrocknungbis zur Gewichtskonstanz kann der erzieltePfropfgrad nach Gl. (1) berechnet werden:

Pfropfgrad �d�o�g�� �%� � mp � m0

m0100 (1)

mit mp = Masse der gepfropften Folie und m0 =Masse der ungepfropften Folie.

Zur Sulfonierung wurden die gepfropftenFolien für 7,5 Stunden bei 80 °C in einemGemisch aus Na2SO3/NaHSO3/2-Propanol/Wasser im Verhältnis 10/3/10/77 Gew.-% um-gesetzt. Nach Abschluss der Reaktion wurdendie Membranen in entmineralisiertem Wassergewaschen und durch Behandlung mit 1 NHCl für etwa 24 Stunden in die protonierteForm überführt. Schließlich wurden dieMembranen mit entmineralisiertem Wassersäurefrei gewaschen.

Thermogravimetrie (TGA)Zur Durchführung der thermogravime-trischen Untersuchungen wurde ein Analyse-gerät der Firma Mettler Toledo (TGA 850)verwendet. Die Messungen wurden unter Luftbei einer Aufheizrate von 20 K/min durch-geführt.

138 Chemie Ingenieur Technik 2007, 79, No. 1-2Forschungsarbeiten

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Differential Scanning Calorimetry (DSC)Die Glastemperatur einiger gepfropfter Folienwurde mit Hilfe der Differential ScanningCalorimetry (DSC) in einem Analysegerät derFirma Mettler Toledo (DSC 30) bei einer Auf-heizrate von 10 K/min untersucht. Mit Hilfeder Fox-Gleichung (Gl. (2)) kann über die Glas-temperatur die Zusammensetzung der Pfropf-polymere abgeschätzt werden:

1Tg

� w1

Tg�1� w2

Tg�2(2)

Tg = Glastemperatur des Copolymers, Tg,1/2 =Glastemperatur des entsprechenden Homo-polymers 1 bzw. 2, w1/2 = Massenbruch vonMonomer 1 bzw. 2 im Copolymer.

ElementaranalyseDer Gehalt an Kohlenstoff, Wasserstoff undStickstoff der Copolymere aus Glycidylmeth-acrylat und Acrylnitril wurde zur Ermittlungder Copolymerzusammensetzung mit Hilfedes Geräts „vario-EL“ der Firma ElementarAnalysesysteme GmbH bestimmt.

Zug-Dehnungs-MessungenZug-Dehnungs-Kurven der gepfropften Folienwurden mit einer Material-Prüfmaschine derFirma Zwick (Z2.5/TN1S) aufgenommen unddaraus die Bruchdehnung abgelesen. ZurDurchführung der Zug-Dehnungs-Messungenwurden jeweils Streifen der Folien mit einerLänge von etwa 50 mm und einer Breite vonetwa 5 mm verwendet. Die Messungen wur-den bei Raumtemperatur an vakuumtrocke-nen Proben bei einer Zuggeschwindigkeit von10 mm/min durchgeführt.

IonenaustauschkapazitätZur Bestimmung der Ionenaustauschkapazitätwurden die gepfropften und sulfoniertenMembranen in der Protonenform zunächst fürca. 12 Stunden in 0,01 N NaOH gelegt. 10 mL

dieser Lösungen wurden mit 0,01 N H2SO4

gegen einen Taschiro-Indikator titriert, wobeijeweils Doppelbestimmungen durchgeführtwurden. Aus dieser Rücktitration und einementsprechenden Blindwert kann die Ionenaus-tauschkapazität nach Gl. (3) berechnet werden:

IEC �meq�g� �VBlindprobe�H2SO4� � VProbe�H2SO4�

mMembran0� 01 �

Vgesamt

Vtitriert(3)

mMembran = Masse der trockenen protoniertenMembran, Vgesamt = Gesamtvolumen anNaOH, in das die Folie eingelegt wurde,Vtitriert = titriertes Volumen (10 mL), VBlindprobe

(H2SO4) bzw. VProbe (H2SO4) = Verbrauch anSchwefelsäure bis zum Äquivalenzpunkt.

QuellverhaltenDas Quellverhalten der Membranen wurde inAbhängigkeit von der relativen Luftfeuchtig-keit (als Wasserdampfpartialdruck über einergesättigten Salzlösung eingestellt [20, 21]) alsrelativer Massenzuwachs zur trockenen Refe-renz bestimmt. Die Anzahl der aufgenomme-nen Wassermoleküle pro Sulfonsäuregruppe(Wasseraufnahme k) lässt sich mit Gl. (4) be-rechnen:

k �mmol H2O� mmol SO3H� �mQ � mT� �

1000

mT MQ IEC(4)

mQ = Masse der gequollenen Membran, mT =Masse der trockenen Membran, MQ = molareMasse des Quellungsmittels.

LeitfähigkeitDie Messung der spezifischen Ionenleitfähig-keit der Membranen erfolgte mittels der elek-trochemischen Impedanzspektroskopie (EIS)

Abbildung 1. Pfropfpolymeri-sation von GMA auf ETFE(50 kGy), GMA/BuA auf ETFE(50 kGy) (links) und GMA/ANauf ETFE (50 kGy) (rechts),T = 60 °C, 40 Vol.-% Monomerin Aceton.

Pfropfpolymerisation 139Chemie Ingenieur Technik 2007, 79, No. 1-2

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an einem Schlumberger SI 1250 FrequencyResponse Analyzer. Die Membran wurde dazuin eine Messzelle zwischen zwei Edelstahlelek-troden und zwei der verbesserten Kontaktie-rung dienenden Gasdiffusionsschichten (Av-CarbTM 1071 HCB, Ballard® Material ProductsInc.) bei einem konstanten Drehmoment von10 Nm eingespannt. Der für die Berechnungder spezifischen Leitfähigkeit benötigte Wertfür den (quasi-)ohmschen Widerstand wurdeaus den aufgenommenen Ortskurven (negati-ver Imaginärteil gegen Realteil) als Schnitt-punkt der Kurve mit der x-Achse erhalten.Nach Abzug des vorher in der leeren Zelle er-mittelten Außenwiderstands kann nach Gl. (5)die spezifische Leitfähigkeit berechnet werden:

r � dA R � R′� � (5)

r: spezifische Leitfähigkeit [mS/cm], d: Dickeder Membran [cm], A: Fläche der Elektrode[cm2], R: Widerstand bei Phasenverschiebungnull [mX], R′: Außenwiderstand [mX].

3 Ergebnisse und Diskussion

3.1 Pfropfpolymerisationen vonGMA, GMA/AN und GMA/BuAauf ETFE-Filme

Die Abhängigkeiten zwischen den Pfropfgra-den und den Reaktionszeiten der verschiede-nen Pfropfpolymerisationen zeigt Abb. 1. DiePfropfgrade steigen mit der Zeit an und stre-

ben dann entsprechend dem vielfach postulier-ten Front-Mechanismus [22] einem konstantenEndwert, dem Endpfropfgrad, entgegen.

Der unterschiedliche Einfluss der Cokompo-nente BuA bzw. AN auf das Pfropfgrad-Zeit-Verhalten kann über die Copolymerisations-parameter der Systeme GMA/BuA bzw.GMA/AN erklärt werden. Während die r-Werte(rGMA = kp,GMA / kp,GMA/BuA; rBuA = kp,BuA /kp,BuA/GMA; kp sind die Wachstumskonstanten)im ersten Fall recht deutlich voneinanderabweichen (rGMA = 2,16 und rBuA = 0,083 [23])und somit der Einbau von GMA dominiert,kommt bei dem GMA/AN-System die ver-gleichbare Reaktivität der Comonomere, diesich in ähnlichen r-Werten zeigt, stärker zumTragen (rGMA = 0,85, rAN = 0,95 [23]), d. h. derEinbau von AN entspricht etwa der eingesetz-ten Monomermenge. Der erzielbare Pfropf-grad sinkt deutlich mit dem AN-Anteil imReaktionsansatz. Bei der Pfropfhomopolymeri-sation von BuA (kp(BuA) ∼ 33000 L mol–1 s–1

[24] bei 60 °C) auf ETFE werden deutlich gerin-gere Pfropfgrade erzielt als für GMA (kp(GMA)∼ 1600 L mol–1 s–1 [25] bei 60 °C). Das zeigtdeutlich, dass neben der Kinetik der radikali-schen Polymerisation auch Lösungsmittel-und Diffusionseffekte der Pfropfpolymerisati-on eine große Rolle spielen.

Die Zusammensetzung des Pfropfpolymerswurde für GMA/BuA über die Glastemperaturund für GMA/AN mit Hilfe der Elementarana-lyse ermittelt. Die erhaltenen Werte für dieAnteile an BuA bzw. AN stimmen relativ gutmit den aus den r-Werten berechneten Wertenüberein (s. Tabn. 1 und 2).

Bei der Copolymerisation von GMA/AN aufETFE-Filme wurde zudem beobachtet, dass diein das Pfropfpolymer eingebaute Menge anAcrylnitril mit steigendem Pfropfgrad ab-nimmt (s. Abb. 2). Zu Beginn der Pfropfpoly-merisation werden offenbar bevorzugt die klei-neren AN-Moleküle eingebaut, die dann dieweitere Copolymerisation mit GMA vermit-

Abbildung 2. Einbau von AN in das Copolymer inAbhängigkeit vom Pfropfgrad (bestimmt über Ele-mentaranalyse).

BuA imAnsatz[Mol-%]

Tg

[°C](DSC)

BuA im Copolymer[Mol-%]

(über Fox-Gleichung)

BuA im Copolymer[Mol-%]

(aus r-Werten berechnet [23])

0 82 0 0

10 74 4 4,7

15 70 7 7,1

20 68 8 9,6

25 66 9 12,1

100 -54 100 100

Tabelle 1. Glastemperaturen Tg von ETFE-g-P(GMA-co-BuA) und gemessener und be-rechneter Einbau von BuA in das Copolymer.

AN im Ansatz[Mol-%]

AN im Copolymer[Mol-%]

(Elementaranalyse)

AN im Copolymer[Mol-%]

(aus r-Werten berechnet [23])

10 10 11,3

20 20 21,9

30 29 32,0

Tabelle 2. Gemessener und berechneter Einbau von AN in das Copolymer ETFE-g-P(GMA-co-AN).

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teln. Dieses diffusionskontrollierte Verhaltenwährend der Startphase der Reaktion wurdeauch von Becker [26] bei der Pfropfpolymerisa-tion von Styrol und AN sowie von a-Methylsty-rol und AN auf ETFE-Filme beobachtet.

Trotz einer z. T. deutlichen Verringerung desEndpfropfgrads bei Verwendung der Comono-mere BuA und AN können für die weiterenUmsetzungen und Untersuchungen Folienmit Pfropfgraden zwischen 100 und 225 %und BuA- bzw. AN-Anteilen von bis zu 9 bzw.29 Mol-% erhalten werden.

3.2 Zug-Dehnungs-Messungen

Die mechanischen Eigenschaften der gepfropf-ten Folien wurden durch Messung der Bruch-dehnung in Abhängigkeit vom Pfropfgradquantifiziert. Während für unmodifiziertesETFE die ermittelte Bruchdehnung bei den ge-wählten Messparametern bei ca. 300 % liegt,ist bereits für geringe Pfropfgrade bei denETFE-g-PGMA-Folien eine starke Abnahmeder Bruchdehnung zu verzeichnen. So sinktz. B. bei einem Pfropfgrad von 34 % die Bruch-dehnung auf 46 %, während sie für Pfropf-grade ab ca. 50 % auf Werte zwischen 1 und3 % zurückgeht (s. Abb. 3). Die Folien sind beidiesen Bruchdehnungen entsprechend sprödeund können im trockenen Zustand kaum zer-störungsfrei gehandhabt werden.

Bei den Pfropfpolymeren aus GMA undBuA ist zwar ebenfalls eine Abnahme derBruchdehnung mit dem Pfropfgrad erkennbar(s. Abb. 3, links), jedoch fällt diese für dieAnsätze mit 20 und 25 Mol-% BuA, d. h. mitca. 8 – 9 Mol-% BuA im Copolymer, deutlichgeringer aus als für das reine GMA-Pfropfpoly-mer. In diesen Fällen können auch noch fürhohe Pfropfgrade von 137 % Bruchdehnungenvon ca. 30 % gemessen werden. Für die Folienaus den Ansätzen mit nur 15 Mol-% BuA, alsoentsprechend ca. 7 Mol-% BuA im Copolymer,

ist dieser innere Weichmachereffekt nicht zubeobachten, die Bruchdehnung kann hierbeigegenüber dem reinen GMA-Polymer nichtverbessert werden.

Für Vergleichsfolien, die ausschließlich mitBuA gepfropft wurden, wurde die Bruchdeh-nung nur bis zu einem Pfropfgrad von 70 %bestimmt, die Folien bleiben dabei jedoch sehrdehnbar und verringern ihre maximale Bruch-dehnung nur minimal. Der rein qualitative,haptische Eindruck der hergestellten Folienspiegelt die Ergebnisse wider: So sind die mitBuA modifizierten Folien fest und flexibel,während die unmodifizierten bzw. die mit ge-ringem BuA-Gehalt modifizierten Folien fest,aber steif und wenig belastbar sind.

Auch bei der Modifizierung mit AN (s.Abb. 3, rechts) ist wie beim BuA ein Mindest-gehalt des eingebauten Comonomers zu er-kennen, oberhalb dessen sich erst eine Ver-besserung der mechanischen Eigenschafteneinstellt. Für die Folien aus den Ansätzen mit10 Mol-% AN (∼10 Mol-% AN im Copolymer)ist das Bruchdehnungs-Pfropfgrad-Verhaltendem des reinen GMA sehr ähnlich, währendsich der Kurvenverlauf für die Folien aus An-sätzen mit höheren AN-Gehalten (zwischen20 und 29 Mol-% AN im Copolymer) kaumvon dem für reines, auf ETFE gepfropftes PANunterscheidet. Eine Bruchdehnung von 30 %wird hierbei für einen Pfropfgrad von lediglich90 % erzielt (bei BuA erst bei ∼ 137 % Pfropf-grad), sodass für die Modifizierung mit AN er-wartungsgemäß kein so starker Weichmacher-effekt wie für das BuA erkennbar ist. Daseingebaute AN bewirkt allerdings eine Ver-festigung und Stabilisierung der Folien, diesich als fest, relativ steif, aber mechanischdeutlich belastbarer darstellen als die entspre-chend unmodifizierten Folien.

Zusammenfassend lässt sich also sagen,dass sich durch den Einbau eines ausreichen-den Anteils von BuA oder AN (∼ 8 Mol-% BuA,∼ 20 Mol-% AN) die mechanischen Eigen-

Abbildung 3. Bruchdehnungin Abhängigkeit vom Pfropf-grad für ETFE-g-P(GMA-co-BuA) (links) und ETFE-g-P(GMA-co-AN) (rechts).

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schaften der GMA-Pfropfpolymere verbessernlassen. Das BuA wirkt dabei als innerer Weich-macher und führt zu festen, flexiblen Folien,während das inkorporierte AN höhere Steifig-keit und höhere mechanische Stabilität be-wirkt. Die Zug-Dehnungs-Messungen wurdenwegen der hohen Hygroskopizität der Sulfon-säure-Funktionen an den nicht-sulfoniertenMembranen durchgeführt, die Ergebnisse sinddabei jedoch auf die sulfonierten Produkteübertragbar.

3.3 Ionenaustauschkapazität

Die Ionenaustauschkapazität (IEC) der sulfo-nierten Membranen ist für die beschriebenenSysteme in Abhängigkeit vom erzielten Pfropf-grad aus Abb. 4 erkennbar. Die IEC der un-modifizierten, sulfonierten GMA-basiertenMembranen (ETFE-g-PGMAS) sind dabei biszu einem Pfropfgrad von etwa 50 % äußerstgering, nehmen dann aber linear mit demPfropfgrad zu und erreichen bei einen Pfropf-grad von 200 % Werte von ca. 2,9 meq/g. Auch

für die mit BuA und AN modifizierten, sulfo-nierten Membranen (ETFE-g-P(GMAS-co-BuA)und ETFE-g-P(GMAS-co-AN)) ist nach Errei-chen eines bestimmten Mindestpfropfgradsein linearer Anstieg der IEC mit dem Pfropf-grad zu beobachten. Die gegenüber den reinenGMAS-Membranen verringerten IEC der mo-difizierten Systeme ergeben sich aus der Redu-zierung der sulfonierbaren GMA-Einheiten inden Folien durch den Einbau der Cokompo-nenten.

Das Auftreten eines Mindestpfropfgrads, beidessen Überschreiten ein linearer Zusammen-hang zwischen IEC und Pfropfgrad gefundenwird, kann mit dem Reaktionsablauf der Sulfo-nierung erklärt werden: Die Öffnung der Epo-xidringe des GMA durch die Hydrogensulfit-anionen des Sulfonierungsagens erfordert eineausreichende Quellung und somit Zugänglich-keit der Folie in dem Reaktionsgemisch. Beigeringeren Pfropfgraden ist jedoch der Ein-fluss des hydrophoben Matrixpolymers ETFEstärker ausgeprägt, sodass erst ab einem be-stimmten Pfropfgrad des polareren und quell-baren Pfropfpolymers die Umsätze der Sulfo-nierung und somit die IEC messbar ansteigen.

Durch die Modifizierung der Pfropfpolyme-re mit BuA und AN verringern sich die erziel-baren IEC gegenüber dem reinem GMA-Pfropfpolymer entsprechend dem Einbauver-hältnis, trotzdem können hohe Austauschka-pazitäten von bis zu 1,9 meq/g für ETFE-g-P(GMAS-co-BuA) für einen Pfropfgrad von164 % und ∼ 7 Mol-% BuA im Copolymer bzw.3,0 meq/g für ETFE-g-P(GMAS-co-AN) füreinen Pfropfgrad von 234 % und ∼ 10 Mol-%AN im Copolymer realisiert werden.

3.4 Thermisches Verhalten

Die differenzierten TGA-Kurven der sulfonier-ten Membranen und der ETFE-Matrix sindAbb. 5 zu entnehmen. Die erste Abbaustufe

Abbildung 4. IEC in Ab-hängigkeit vom Pfropfgradfür ETFE-g-PGMAS, ETFE-g-P(GMAS-co-BuA) (links)und ETFE-g-P(GMAS-co-AN)(rechts).

Abbildung 5. Differenzierte TGA-Kurven für ETFE-g-PGMAS (d.o.g. = 115 %, IEC = 1,1 meq/g), ETFE-g-P(GMAS-co-AN) (d.o.g. = 155 %, IEC = 1,6 meq/g, ∼ 19 Mol-% AN),ETFE-g-P(GMAS-co-BuA) (d.o.g. = 143 %, IEC = 1,9 meq/g,∼ 10 Mol-% BuA) und ETFE.

Durch den Einbaueines ausreichendenAnteils von Butyl-acrylat und Acryl-nitril lassen sichdie mechanischenEigenschaften derGlycidylmethacry-lat-Pfropfpolymereverbessern.

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(s. Abb. 5 (1)) der sulfonierten Produkte bei ca.245 °C beruht auf der Zersetzung der Sulfon-säuregruppen, die zweite Stufe (s. Abb. 5 (2))bei ca. 405 °C gibt den Abbau der Pfropfpoly-mer-Seitenketten wider, während die dritteStufe (s. Abb. 5 (3)) um 525 °C von der Degra-dation des ETFE-Grundgerüsts hervorgerufenwird, das alleine betrachtet eine breite Abbau-stufe zwischen 430 und 630 °C zeigt. Ein sehrgeringer Masseverlust bis 200 °C ist auf anSulfonsäuregruppen gebundenes Wasser zu-rückzuführen. Die verwendete Nafion®-Refe-renz weist eine breite Abbaustufe zwischen300 und 550 °C auf.

Ein messbarer Unterschied in der thermi-schen Stabilität zwischen dem reinen gepfropf-ten GMAS und den gepfropften, sulfoniertenCopolymeren GMAS-co-BuA und GMAS-co-AN ist nicht zu verzeichnen, die hergestelltenProdukte besitzen eine ausreichende Stabilitätbis ca. 245 °C.

3.5 Quellverhalten

Ein Vergleich des Quellverhaltens von dreistrahlungsinduziert gepfropften und sulfonier-ten Membranen mit Nafion® 117 macht deut-lich, dass die im Rahmen dieser Arbeit herge-stellten Membranen eine höhere relativeWasseraufnahme zeigen als die Nafion® 117-Referenz (s. Abb. 6). Die Wasseraufnahme isthierbei besonders für die hohen Wasserdampf-partialdrücke deutlich höher als für Nafion®.Da die Protonenleitung in Austauschermemb-ranen im Allgemeinen auf das Vorhandenseinausreichender Mengen Wasser angewiesen ist,ist eine Erhöhung der relativen Wasserauf-nahme einer Sulfonsäuregruppe in seinerchemischen Umgebung zunächst als positiveinzustufen. Nachteilig bei einer hohen Was-seraufnahme können große Dimensionsverän-derungen der Membranen sein, die zu mecha-nischen Belastungen im eingebauten Zustandführen, oder eine hohe Durchlässigkeit fürz. B. Methanol in DMFC-Systemen. In Tab. 3sind deshalb für den höchsten Wasserdampf-partialdruck die relativen Wasseraufnahmenund die bestimmten Flächenzunahmen dergequollenen Membranen gegenübergestellt.

Einer erhöhten relativen Wasseraufnahmeder GMAS und GMAS/BuA-Systeme ent-spricht hierbei sogar eine leicht verringerteFlächenquellung gegenüber der Nafion-Refe-renz, während für das mit AN modifizierteSystem die Zunahme der Membranfläche beider Quellung deutlich erhöht ist. Bei dem zu-letzt angeführten Beispiel muss jedoch auchberücksichtigt werden, dass hier die IEC mit2,2 meq/g um etwa den Faktor 2 gegenüber

Nafion® größer ist. Ein direkter Vergleich derrelativen Wasseraufnahmen und Flächenquel-lungen ist auch deswegen nicht unproblema-tisch, da die untersuchten Membranen überverschiedene Pfropfgrade verfügen und mitsteigendem Pfropfgrad der Einfluss der hydro-phoben ETFE-Matrix zurückgedrängt wird.

Zusammenfassend lässt sich dennochsagen, dass die hergestellten Systeme einegegenüber Nafion® erhöhte Wasseraufnahmezeigen, während sich die Flächenzunahmenbei hohen Wasserdampfpartialdrücken und

Abbildung 6. Quellver-halten von Nafion

®

117(IEC = 0,9 meq/g), ETFE-g-PGMAS (d.o.g. = 115 %,IEC = 1,1 meq/g), ETFE-g-P(GMAS-co-BuA) (d.o.g. =138 %, IEC = 1,1 meq/g,∼ 9 Mol-% BuA) und ETFE-g-P(GMAS-co-AN) (d.o.g. =189 %, IEC = 2,2 meq/g,∼ 9 Mol-% AN).

Membran k[mmol H2O/mol SO3H]

Flächen-zunahme

[%]

Nafion® 117(IEC = 0,9 meq/g)

13,5 21

ETFE-g-P(GMAS)(d.o.g. = 115 %, IEC = 1,1 meq/g)

22,0 10

ETFE-g-P(GMAS-co-BuA)(d.o.g. = 138 %, IEC = 1,1 meq/g, ∼ 9 Mol-% BuA)

19,9 15

ETFE-g-P(GMAS-co-AN)(d.o.g. = 189 %, IEC = 2,2 meq/g, ∼ 9 Mol-% AN)

25,9 50

Tabelle 3. Vergleich der Wasseraufnahmen k und der prozentualen Flächenquellun-gen für einen Wasserdampfpartialdruck von p = 2,34 kPa.

Membran r[mS/cm]

r /r (Nafion® 117)

r /r (ETFE-g-PGMAS)

Nafion® 117 39 1,00 1,22

ETFE-g-PGMAS(d.o.g. = 181 %, IEC = 2,1 meq/g)

32 0,82 1,00

ETFE-g-P(GMAS-co-BuA)(d.o.g. = 143 %, IEC = 1,9 meq/g,∼ 9 Mol-% BuA)

26 0,67 0,81

ETFE-g-P(GMAS-co-BuA)(d.o.g. = 125 %, IEC = 1,6 meq/g,∼ 10 Mol-% BuA)

22 0,56 0,69

ETFE-g-P(GMAS-co-AN)(d.o.g. = 234 %, IEC = 3,0 meq/g,∼ 9 Mol-% AN)

19 0,49 0,59

Tabelle 4. Spezifische Leitfähigkeiten r der hergestellten Membranen und Vergleichmit Nafion

®

117 und ETFE-g-PGMAS (bei 80 °C in feuchtem Zustand).

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vergleichbaren Austauschkapazitäten insge-samt in der Größenordnung des Nafions be-wegen.

3.6 Leitfähigkeit

Die bei 80 °C in Wasser gemessenen spezifi-schen Leitfähigkeiten (r) der hergestelltenMembranen sind in Tab. 4 zusammengestellt.Der Vergleich der bei 80 °C im feuchten Zu-stand gemessenen Werte zeigt für die herge-stellte ETFE-g-PGMAS Membran eine leichteVerringerung gegenüber des unter diesen Be-dingungen ermittelten Werts für Nafion® (ca.82 % des Nafion-Werts). Durch die Modifizie-rung mit BuA und AN werden die spezifischenLeitfähigkeiten etwas herabgesetzt und errei-chen Werte zwischen 19 und 26 mS/cm bzw.zwischen 49 % und 67 % des Nafion-Referenz-werts.

Werden die erzielten Leitfähigkeiten dermodifizierten Membranen mit dem Wert fürdas nicht-modifizierte ETFE-g-PGMAS-Materi-al korreliert, so zeigt sich, dass die relativeAbnahme der spezifischen Leitfähigkeit beiähnlichen oder sogar höheren IEC größer istals der Gehalt der eingebauten Cokompo-nente. So reduziert sich z. B. die Leitfähigkeitbei ETFE-g-P(GMAS-co-AN) auf 49 % desWerts für nicht-modifiziertes ETFE-g-PGMAS,obwohl in das Copolymer lediglich 9 Mol-%AN eingebaut sind. Der Einbau der Comono-mere BuA und AN scheint sich somit auf diefür den Protonentransport erforderliche Clus-ter-Netzwerk-Struktur ungünstig auszuwirken.Der Abnahme der Leitfähigkeit stehen jedochdie bereits beschriebenen verbesserten Eigen-schaften durch die Modifizierung gegenüber.

4 Schlussfolgerung

Durch strahlungsinduzierte Pfropfpolymerisa-tion von GMA, GMA/BuA und GMA/AN aufETFE-Filme können mit einem anschließen-den Sulfonierungsschritt erfolgreich und rela-tiv einfach Protonenaustauschmembranenhergestellt werden. Die mit ca. 10 Mol-% derComonomere BuA und AN modifiziertenMaterialien weisen bei hohen Pfropfgradenzwischen 100 und 225 % Ionenaustauschkapa-zitäten zwischen 1,9 und 3,0 meq/g auf undstellen sich als feste und flexible (mit BuA)bzw. feste und mechanisch stabile (mit AN)Membranen dar.

Während die Wasseraufnahme der vorge-stellten Membranen bei hohen Wasserdampf-partialdrücken deutlich oberhalb der des Na-

fions liegt, ist die Flächenzunahme bei derQuellung mit der des Nafions vergleichbar.Die Verbesserung der mechanischen Eigen-schaften durch die Modifizierung ist mit einerVerringerung der spezifischen Ionenleitfähig-keiten verbunden, die bei 80 °C zwischen 49 %und 67 % der entsprechenden Nafion-Werteliegen. Weitere Untersuchungen dieser Mate-rialien für den Einsatz in Wasserstoff-PEM-Brennstoffzellen erscheinen wegen der Ein-fachheit und Vielseitigkeit der Herstellungs-methode und Modifizierungsmöglichkeitenauch weiterhin interessant.

Stellvertretend für das „Institut fürPolymerforschung Dresden e.V.“ seiHerrn Prof. Dr. G. Heinrich Dank fürdie Möglichkeit zur Bestrahlung derFolien ausgesprochen.

Eingegangen am 23. August 2006

Formelzeichen

A [cm2] Fläche der Elektroded [cm] Dicke der Membrand.o.g. [%] PfropfgradIEC [meq/g] Ionenaustauschkapa-

zitätkp [L mol–1s–1] Geschwindigkeitskon-

stante der Wachstums-reaktion

k [mmol H2O/mmol SO3H]Wasseraufnahme

mMembran [g] Masse der trockenenprotonierten Memb-ran

MQ [g/mol] molare Masse desQuellungsmittels

mQ [g] Masse der gequolle-nen Membran

mp [g] Masse der gepfropftenFolie

mT [g] Masse der trockenenMembran

m0 [g] Masse der ungepfropf-ten Folie

p [kPa] Wasserdampfpartial-druck

R [mX] Widerstand beiPhasenverschiebungNull

R′ [mX] Außenwiderstandr [mS/cm] spezifische Leitfähig-

keitTg [°C] Glastemperatur

Die Verbesserungder mechanischenEigenschaften durchdie Modifizierungist mit einer Verrin-gerung der spezifi-schen Ionenleit-fähigkeiten ver-bunden, die bei80 °C zwischen 49 %und 67 % der ent-sprechenden Na-fion-Werte liegen.

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VBlindprobe [mL] Verbrauch an Schwe-felsäure bis zumÄquivalenzpunkt beider Blindprobe

Vgesamt [mL] Gesamtvolumen anNaOH, in das die Foliezur Titration eingelegtwurde

VProbe [mL] Verbrauch an Schwe-felsäure bis zum Äqui-valenzpunkt bei derProbe

Vtitriert [mL] titriertes Volumenw [–] Massenbruch

Dipl.-Chem. C. Schmidt,Dipl.-Chem. T. Glück,Prof. Dr. G. Schmidt-Naake([email protected]),Institut für Technische Chemie, TU Clausthal,Erzstraße 18, D-38678 Clausthal-Zellerfeld,Germany.

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