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31 LASER+PHOTONIK APRIL 2003 PRODUKTIONSTECHNIK Laserinterferometrische Längenmessun- gen erreichen Genauigkeiten im Nanome- terbereich, weil sie auf einem Vergleich mit der hochstabilen Frequenz eines La- sers beruhen. Eine messtechnische Ana- lyse zeigt die Möglichkeiten und Grenzen der laserinterferometrischen Messverfah- ren auf. Das Michelson-Interferometer ist der Grundtyp aller hier vorgestellten Interferometer (Bild 1) [1]. Laser-Interferometer mit Sub-Nanometerauflösung Der Analyse liegt folgende Annahme zugrunde: Von einer Laserlichtquelle gehen ebene Wellen aus, die in zwei ko- härente Teilwellen geteilt werden und sich konstruktiv überlagern. Die Inten- sität in der Bildebene beschreibt Glei- chung 1: Aus Gleichung 1 folgt Gleichung 2: Aus Gleichung 2 kann die kleinste auflös- bare Wegquantisierung s q abgeleitet wer- den (Gleichung 3): Gleichung 3 belegt, dass außergewöhnli- che Auflösungen realisierbar sind, nach heutigem Stand der elektronischen Aus- wertetechnik weit unter 1 nm. Solche Auflösungen sind mit Präzisionsinterfe- rometern auch über große Messbereiche (s) möglich. Damit ergeben sich relative Auflösungen, die kein anderes Längen- messverfahren bietet (für s = 10 m und s q = 1 nm ergibt sich beispielsweise eine relative Auflösung von 10 -10 m). Verschiedene Einflussfaktoren bestim- men die Grenzen der laserinterferometri- schen Messverfahren. Gleichung 2 be- schreibt deren Einfluss auf das Messer- gebnis s. Der Brechungsindex n der Luft ist eine Funktion der Temperatur, des Drucks, der Luftfeuchte und weiterer Ein- flussgrößen. In welchem Maße diese Grö- ßen das Messergebnis beeinflussen, ist in Tabelle 1 dargestellt. Werden die Ein- flussgrößen gemessen, kann eine Korrek- tur erfolgen. Diese Korrektur wird rech- nerisch mit Hilfe der Edlén-Formel aus- geführt [11]. Die Stabilität der Wellenlänge λ 0 der verwendeten Laserlichtquelle ist ein zweiter wichtiger Einflussfaktor. Die rela- tiven Frequenzstabilitäten verschiedener Laserlichtquellen enthält Tabelle 2. Da- mit die absolute Modenwellenlänge der stabilisierten He-Ne-Laser bestimmt wer- den kann, werden diese an einen jodsta- bilisierten He-Ne-Laser angeschlos- Präzision mit Laserlicht Miniaturinterferometer mit Retroreflektor setzen Maßstäbe bei der hochgenauen Längenmessung W. Schott, W. Pöschel, S. Ecke, G. Jäger, R. Grünwald, H.-J. Büchner, E. Manske, H. Wurzbacher, Ilmenau Sensoren in der automatisierten Fertigung und der Qualitätssicherung müssen höchste Genauigkeit in unterschiedlichen Messbereichen, extrem kurze Messzeiten sowie Störsicherheit unter Produktionsbedin- gungen gewährleisten. Mit der Miniaturisierung der Produkte steigt der Bedarf an Mikrosensorsystemen mit kleinsten Massen und Maßen. Bild 1. Das Michelson- Interferometer liegt den hier vorgestellten Interferometern zugrunde »

Präzision mit Laserlicht - SIOS Meßtechnik GmbH · 2016-07-11 · mit Retroreflektor Bild 2 zeigt den Aufbau des Miniaturin-terferometers mit Retroreflektor. Ein Lichtwellenleiter

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31LASER+PHOTONIK APRIL 2003

PRODUKTIONSTECHNIK

Laserinterferometrische Längenmessun-gen erreichen Genauigkeiten im Nanome-terbereich, weil sie auf einem Vergleichmit der hochstabilen Frequenz eines La-sers beruhen. Eine messtechnische Ana-lyse zeigt die Möglichkeiten und Grenzender laserinterferometrischen Messverfah-ren auf. Das Michelson-Interferometer istder Grundtyp aller hier vorgestelltenInterferometer (Bild 1) [1].

Laser-Interferometer mit Sub-Nanometerauflösung

Der Analyse liegt folgende Annahmezugrunde: Von einer Laserlichtquellegehen ebene Wellen aus, die in zwei ko-härente Teilwellen geteilt werden undsich konstruktiv überlagern. Die Inten-sität in der Bildebene beschreibt Glei-chung 1:

Aus Gleichung 1 folgt Gleichung 2:

Aus Gleichung 2 kann die kleinste auflös-bare Wegquantisierung sq abgeleitet wer-den (Gleichung 3):

Gleichung 3 belegt, dass außergewöhnli-che Auflösungen realisierbar sind, nachheutigem Stand der elektronischen Aus-wertetechnik weit unter 1 nm. SolcheAuflösungen sind mit Präzisionsinterfe-rometern auch über große Messbereiche(s) möglich. Damit ergeben sich relativeAuflösungen, die kein anderes Längen-messverfahren bietet (für s = 10 m undsq = 1 nm ergibt sich beispielsweise einerelative Auflösung von 10-10 m).

Verschiedene Einflussfaktoren bestim-men die Grenzen der laserinterferometri-schen Messverfahren. Gleichung 2 be-schreibt deren Einfluss auf das Messer-gebnis s. Der Brechungsindex n der Luftist eine Funktion der Temperatur, desDrucks, der Luftfeuchte und weiterer Ein-flussgrößen. In welchem Maße diese Grö-ßen das Messergebnis beeinflussen, ist inTabelle 1 dargestellt. Werden die Ein-flussgrößen gemessen, kann eine Korrek-tur erfolgen. Diese Korrektur wird rech-nerisch mit Hilfe der Edlén-Formel aus-geführt [11].

Die Stabilität der Wellenlänge λ0 derverwendeten Laserlichtquelle ist einzweiter wichtiger Einflussfaktor. Die rela-tiven Frequenzstabilitäten verschiedenerLaserlichtquellen enthält Tabelle 2. Da-mit die absolute Modenwellenlänge derstabilisierten He-Ne-Laser bestimmt wer-den kann, werden diese an einen jodsta-bilisierten He-Ne-Laser angeschlos-

Präzision mit Laserlicht Miniaturinterferometer mit Retroreflektor setzen Maßstäbe bei der hochgenauen Längenmessung

W. Schott, W. Pöschel, S. Ecke, G. Jäger, R. Grünwald, H.-J. Büchner, E. Manske, H. Wurzbacher, Ilmenau

Sensoren in der automatisierten Fertigung und der Qualitätssicherungmüssen höchste Genauigkeit in unterschiedlichen Messbereichen,extrem kurze Messzeiten sowie Störsicherheit unter Produktionsbedin-gungen gewährleisten. Mit der Miniaturisierung der Produkte steigtder Bedarf an Mikrosensorsystemen mit kleinsten Massen und Maßen.

Bild 1. DasMichelson-

Interferometerliegt den hiervorgestellten

Interferometernzugrunde

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sen. Die Anzahl der Inkremente (Zählim-pulse) ergibt sich aus der Ordnungszahl δund dem elektronischen Interpolations-faktor e. Dieser Interpolationsfaktor gibtalso an, in wie viele Impulse eine Signal-periode aufgeteilt wird. Die dabei entste-henden Interpolationsfehler sind eben-falls zu berücksichtigen.

Miniaturinterferometer mit Retroreflektor

Bild 2 zeigt den Aufbau des Miniaturin-terferometers mit Retroreflektor. EinLichtwellenleiter verbindet den separa-ten Sensorkopf mit der elektronischenVersorgungs- und Auswerteeinheit, wo-bei der Sensorkopf alle notwendigen op-tischen und mechanischen Komponentendes Interferometers enthält. Der Messre-flektor ist in ein Gehäuse gefasst undwird am Messobjekt befestigt.

Ein Singlemode-Lichtwellenleiter über-trägt die Laserstrahlung des frequenzsta-

bilisierten He-Ne-Lasers zum Sensorkopf.Die Lasereinheit ist in der Versorgungs-und Auswerteeinheit integriert. ZweiLichtwellenleiter bringen das optischeInterferometersignal zurück zur Auswer-teeinheit, in der die optoelektronischeSignalwandlung, die Aufbereitung derAnalogsignale, die Interpolation, Trigge-rung und Zählung der Impulse sowie dieBerechnung des umweltkorrigierten Län-gensignals erfolgen. Die Ausgabe der

Messwerte kann zum einen in Form derInkrementalsignale (Encodersignale) oderüber ein serielles oder paralleles Inter-face erfolgen.

Wesentliche messtechnische Eigen-schaften der Miniaturinterferometer mitRetroreflektor sind:■ Messbereich ≤ 5 m,■ Auflösung bis 0,1 nm,■ Verschiebegeschwindigkeit des Messre-

flektors ≤ 600 mm/s,■ Verkippbarkeit des Messreflektors zum

Messstrahl ± 3°,■ Arbeitstemperaturbereich 15 bis 30 °C.

Im Jahr 2002 hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt Braunschweigein Miniaturinterferometer ›MI 5000‹ ka-libriert. Bei einer kalibrierten Länge von 2 m ergab sich eine mittlere systemati-sche Messabweichung von Gleichung 4:

Besondere Anwendungsvorteile erge-ben sich, weil der Sensorkopf (Bild 3)keine Wärmequellen enthält; eine Wär-meübertragung auf das Messobjekt findetsomit nicht statt. Auf Grund dieser Merk-

male werden Miniaturinterferometer alsEinbaumessgeräte in Werkzeugmaschi-nen, Mess- und Mikroskoptischen, Koor-dinatenmessmaschinen, Härteprüfgerätenund Materialprüfmaschinen verwendet.

Miniaturinterferometer dienen außer-dem der Kalibrierung anderer Längen-messgeräte (zum Beispiel Glasmaßstäbe)oder als Präzisionslängenmesssystem inForschung und Entwicklung.

Bild 3. Sensorkopf des Miniaturinterferometersmit Retroreflektor

Tabelle 1. Einflüssevon Umweltgrößen aufden Brechungsindex n

Tabelle 2. Frequenz-stabilitäten verschie-

dener Laserlichtquellen

Bild 2. Komplettgerät des Miniaturinterferometers mit Retroreflektor

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PRODUKTIONSTECHNIK

Im Rahmen eines gemeinsamen For-schungsprojekts mit dem Institut für Pro-zessmess- und Sensortechnik der TU Il-menau wurden Mikrointerferometer ent-wickelt, die nach dem gleichen Prinzipwie das Miniaturinterferometer mit Re-troreflektor arbeiten (Bild 4). Sie zeich-nen sich durch extrem kompakte Maße,die Lichtwellenleiterkopplung sowie ei-nen sehr geringen Justageaufwand aus.Diskrete mikrooptische Bauteile sowieAufbau- und Verbindungstechnik ermög-

lichen einen Sensorkopf von 28 x 25 x15,5 mm3 Größe bei einer Masse von nur35 g. Die messtechnischen Eigenschaftenstimmen mit denen des Miniaturinter-ferometers mit Retroreflektor überein.

Fazit: Höchste Genauigkeitfür vielfältige Anwendungen

Die Miniatur- und Mikrointerferometermit Retroreflektor für die hochgenaueLängenmessung zeichnen sich besondersdurch folgende Merkmale aus:■ höchste Genauigkeit,■ modularer Aufbau,■ problemlose Anpassung an unter-

schiedliche Messaufgaben,■ kleine Abmessungen der Interferome-

termodule,■ vollständige Lichtwellenleiterkopplung

(Besonderheiten: keine Wärmequellenim Sensorkopf, störsichere Messsignal-gewinnung und -übertragung, flexibleAnordnung des Sensorkopfs, schnelleund einfache Justage des Sensorkopfs),

■ Auflösung bis 0,1 nm bei Messberei-chen bis 5 m,

■ vergleichsweise niedrige Kosten.

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Literatur 1 G. Jäger: ›Precision distance measurement by meansof miniaturized interferometers‹; Proceedings of theXIII IMEKO World Congress, Volume 3, Torino 1994, S.1712-1716 2 G. Jäger, R. Grünwald, E. Manske: ›Lichtwellenleiterge-koppelte interferenzoptische Sensoren‹; tm 57, 1990, 9,S. 319-3223 G. Jäger: ›Laserinterferometrische Messverfahren –Möglichkeiten, Grenzen und Anwendungen‹; Vortrag zur3. ITGI GMA-Fachtagung Sensoren und Messsysteme,Bad Nauheim 19984 G. Jäger: ›Lasernanomesstechnik- Möglichkeiten,Grenzen und Anwendungen in der modernen Gerätetech-nik‹; Vortrag zum 44. IWK, Ilmenau 19995 G. Jäger, R. Grünwald: ›Mikrooptische Systeme für diePräzisionstechnik (MOSEP)‹; Infobörse VDI/VDE-TZ ITGmbH, Teltow 20026 W. Schott, W. Pöschel, G. Jäger, R. Grünwald, E. Manske, H. Wurzbacher: ›Fibre-Coupled Microinter-ferometer‹; OPTO 2002 Conference, Erfurt 20027 W. Schott: ›Anwendung von Mikrointerferometern‹;Technische Akademie Esslingen, Juni 20028 W. Schott, G. Jäger: ›Miniature Interferometers forPrecise Distance Measurements‹; ASPE 2002, AnnualMeeting, St. Louis 20029 Datenblatt Miniaturinterferometer mit Retroreflektor,Serie MI, SIOS Messtechnik, 200110 Mikrointerferometer, Gelbe Seiten 21/2001,VDI/VDE-IT Teltow, Projektträger Mikrosystemtechnik11 G. Bönsch, E. Potulski: ›Fit of Edlén’s formulae tomeasured values of the refractive index of air‹; SPIEConference on Recent Developments in Optical GaugeBlock Metrology, San Diego, California, Juli 1998

Dr.-Ing. Walter Schott ist Geschäftsführer bei SIOS Meßtechnik in Ilmenau.Dipl.-Ing. Wolfgang Pöschel ist Technischer Leiter, undDipl.-Ing. Susanne Ecke leitet das Marketing bei SIOSMeßtechnik in Ilmenau.

Prof. Dr.-Ing. habil. Gerd Jäger ist Institutsleiter der Technischen Universität Ilmenau,Institut für Prozessmess- und Sensortechnik.Prof. Dr.-Ing. habil. Rainer Grünwald, Dr.-Ing. Hans-Joachim Büchner, Dr.-Ing. Eberhard Manske und Dr.-Ing. Holger Wurzbacher sind ebenfalls am Institutfür Prozessmess- und Sensortechnik der TU Ilmenautätig.

Die Entwicklungsarbeiten wurden gefördert durch dasBMBF, Projektträger VDI/VDE-IT Teltow, und dasThMWFK. Die Autoren danken allen Kollegen, die an derBearbeitung der Forschungsthemen mitgewirkt haben.

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Bild 4. Sensorkopf mitMessreflektor des

Mikrointerferometers

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KONTAKTSIOS Meßtechnik GmbH,98693 Ilmenau,Tel. 0 36 77 /6 44 70,Fax 0 36 77 /6 44 78,www.sios.de

TU Ilmenau, Institut für Prozessmess- und Sensortechnik,98693 Ilmenau,Tel. 0 36 77/69 28 22,Fax 0 36 77/69 14 12,www.tu-ilmenau.de