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ZKZ 45433 Stadtrundbrief Grüne München Sonderausgabe 1/2012

Pusteblume Europa

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Pusteblume zum Thema Europa

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Page 1: Pusteblume Europa

IMPRESSUM

GRÜNE JUGEND MÜNCHEN

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

KREISVERBAND MÜNCHEN

SENDLINGERSTR. 47

80331 MÜNCHEN

PUSTEBLUMEgrüne jugend münchen

selbstverständ

europäischeintegration

glosse

deokratiedefizitfestungvorbild?

krise

rassismus

identitätfyeg

ZKZ 45433 ­ Stadtrundbrief ­ GrüneMünchen ­ Sonderausgabe 1/2012

Europa

Aus dem Selbstverständnis der GRÜNEN JUGEND

Für ein Europa der Menschen!

Wir sind die Generation, die mit dem Euro

aufgewachsen ist, die europäische

Grenzkontrollen nur noch anlässlich der G8-Proteste erlebt

hat und für die Erasmus mehr als ein niederländischer

Gelehrter ist. Europa ist für uns allgegenwärtig, ist Zukunft

und Gegenwart – Zukunft, weil wir nur mit Europa die

Überwindung des Konstruktes der Nationalstaaten

erreichen und uns auf den Weg der Demokratisierung

globaler Politik machen können – Gegenwart, weil schon

jetzt viele wichtige Entscheidungen auf europäischer Ebene

getroffen werden, in die wir uns wie selbstverständlich

einmischen.

F ür uns ist die Bundesrepublik Deutschland eine

föderale Ebene der Europäischen Union. Unser Ziel

ist ein europäischer Bundesstaat. Für uns hat die Idee

Europas Frieden geschaffen auf einem Kontinent, der

jahrhundertelang von Kriegen geprägt war. Mit der

Erweiterung der EU haben wir endgültig die Zeiten des

Kalten Krieges hinter uns gelassen. Doch die EU ist noch

lange nicht am Ziel. Die sozialen Unterschiede innerhalb

der EU sind zu groß, die aktuelle Struktur ist zu

undemokratisch, zu empfänglich für Eingaben von

Interessenverbänden und die Grenzpolitik tötet. Doch das

bedeutet nicht, dass die GRÜNE JUGEND Europa aufgibt.

Im Gegenteil, es gibt viel zu tun und wir haben Ideen und

Forderungen für unser Europa der Zukunft.

E uropa darf nicht länger Spielball nationaler Interessen

sein, der im Zweifel auch noch als Buhmann herhalten

muss, wenn eine unpopuläre Entscheidung getroffen

wurde. Deshalb streiten wir für ein weiteres

Zusammenwachsen der Wirtschafts- und Finanzsysteme

und sehen eine gemeinsame Außenpolitik

auch heute schon als notwendig an.

Dennoch darf es nicht zu einer weiteren

Vergemeinschaftung kommen, ohne dass

die demokratische Legitimation gesichert

ist. Die Strukturen müssen so umgestaltet

werden, dass eine transparente

demokratische Kontrolle vorhanden ist. Ein Europäischer

Bundesstaat ist für uns der einzige Weg, um dies zu sichern.

In diesem soll stets das Subsidiaritätsprinzip gelten, so dass

die kommunale Ebene für die Umsetzung vor Ort

verantwortlich ist und möglichst viele Entscheidungen auch

vor Ort getroffen werden. So ersetzen die Gemeinden und

Zusammenschlüsse von Gemeinden die heutigen

Nationalstaaten als zentralen Handlungsraum für Politik.

D ie Europäische Union ist ein

Demokratisierungsmotor für den gesamten

Kontinent, diesen Trend wollen wir vorantreiben. Wir

bekennen uns zu einem

Europa, das offen ist.

Offen für den Beitritt aller

Staaten, vor allem der

Region, die sich zu den

Menschenrechten und den

Grundsätzen wie Freizügigkeit, Niederlassungsfreiheit und

der europäischen Demokratie bekennen. Der lange

versprochene Beitritt der Türkei muss Wirklichkeit

werden. Die weitere Erweiterung um zahlreiche Staaten

muss aber notwendigerweise mit einer strukturellen

Reform der EU Institutionen einhergehen. Denn noch ist

die Gefahr der mangelnden Akzeptanz in der Bevölkerung

allgegenwärtig, dies zeigt sich auch an der niedrigen

Beteil igung bei den Wahlen zum Europäischen Parlament

(EP).

G renzen und nationale Identitäten können vor allem

durch Verständigung und Kontakt überwunden und

zusammengebracht werden. Durch das immer weiter

voranschreitende Zusammenwachsen der Europäischen

Union haben viele von uns schon jetzt das Gefühl, zu einem

großen Verbund zu gehören. Europa muss weiter in die

Jugend investieren und allen jungen Menschen die

Möglichkeit geben, an europäischen Projekten und

Austauschen teilzunehmen. Viel zu häufig stehen jedoch

zu Zeit die Angebote durch die gezielte Werbung und

sprachlichen Grundvoraussetzungen nur denjenigen

jungen Menschen offen, die aus ihrem Elternhaus

ohnehin schon überdurchschnittl iche

Möglichkeiten geboten bekommen. Wir

setzen uns dafür ein, dass sich alle jungen

Menschen auf dem Weg zur Identifikation

als WeltbürgerInnen auch als

EuropäerInnen fühlen

können und ihnen die

Möglichkeiten der EU

offenstehen. Wir

unterstützen

unseren

europäischen

Dachverband,

die Federation

of Young European

Greens (FYEG), darin, europaweite Projekte zu

organisieren, voneinander zu lernen und alternative

Konzepte für europäische Politik zu entwickeln.

Fridolin erklärt:Die EuropäischeIntegration

E uropäische Integration beschreibt den

"immer engeren Zusammenschluss der

europäischen Völker" (Abs. 1 der Präambel

des EG-Vertrages). Dieser Integrationsprozess

passiert auf 4 verschiedenen Ebenen:

Wirtschaftspolitik, Systempolitik, Justiz- und Innenpolitik

sowie Sicherheits- und Außernpolitik. Aber abgesehen von

den politischen Ebenen, fand die europäische Integration

auch in geographischer Hinsicht, nämlich durch den Beitritt

von Mitgliedsstaaten, statt. Die bisherige Entwicklung

erfolgte in mehreren Etappen, die die Europäische Union

von einer internationalen Gemeinschaft demokratisierten

und zu einem supranationalen* Staatenbund werden ließen.

Folgende Ereignisse zählen zu den wichtigsten Schritte und

Maßnahmen des Europäischen Integrationsprozesses:

1 952: Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle

und Stahl (EGKS); Pariser Vertrag

--> erster Schritt für institutionelle Zusammenarbeit

diente vorrangig der Friedenssicherung, 6 Länder schaffen

einen gemeinsamen Markt und die gemeinsame Kontrolle

über Kohle und Stahl.

1 958: Gründung der Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

(EWG) und der Europäische Atomgemeinschaft

(EURATOM); Römische Verträge

1 958: Gründung des Europäischen Gerichtshof (EuGH)

--> ermöglicht Wahrung des Rechts im gemeinschaftl ichen

Integrationsprozess

1 967: Fusion der Europäischen Gemeinschaften zur

Europäischen Gemeinschaft; Fusionsvertrag

--> Europäische Gemeinschaften (EGKS, EWG,

EURATOM) fusionieren zur Europäischen Gemeinschaft

(EG), gemeinsame Organe

1 979: Einrichtung des Europäischen Währungssystems

(EWS)

1 979: Wahl Europaparlament

--> erste Direktwahl des 41 0 Mitglieder umfassenden

Europaparlaments findet statt

1 993: Vertrag von Maastricht

--> Gründung der Europäische Union (EU) bestehend aus

den Europäischen Gemeinschaften (Gemeinsamen Außen-

und Sicherheitspolitik (GASP), gemeinsame Bekämpfung

der internationalen Kriminalität, Schaffung einer

Unionsbürgerschaft, Einrichtung der vollständigen

Wirtschafts- und Währungsunion und die Einführung einer

gemeinsamen Währung für 1 999)

2001 /2003: Vertrag von Nizza

--> Entwurf einer europäischen Grundrechtscharta

2002: Euro-Einführung

2004: Historische Erweiterung

--> Beitritt 1 0 neuer Staaten aus Süd- Mittel- und

Osteuropa der Europäischen Union, zu diesem Zeitpunkt

25 Mitgliedstaaten und eine Bevölkerung von knapp 450

Mill ionen

2007/2009: Vertrag von Lissabon

--> zweiter Verfassungsvertrag nach dem gescheiterten

Erstversuch aus dem Jahre 2005, soll die EU für die

Zukunft institutionell handlungsfähiger machen

*Supranationalität: Verlagerung von Souveränität und

rechtlichen Zuständigkeiten von nationalstaatlicher Ebene

auf eine überstaatliche Organisation.

LiebeLeserin,LieberLeser,

DerEUschlägtindenletztenJahreneinbishernichtgekanntesMaßanAblehnungentgegen.DamitmeineichnichtinersterLinieeingroßes

deutschesBoulevardblatt-denBegriffZeitungmöchteichindiesemZusammenhangvermeiden-dasgefühltdasganzeletzteJahrmit

Anti-Griechenland-Schlagzeilenundähnlichembestrittenhat,sondernThemenvonACTAbisZuwanderung,woEntscheidungen

undurchschaubarundundemokratischgetroffenwerden,vondenInhaltenerstgarnichtzureden.

GleichzeitigistdieEUpraktischnichtmehrwegzudenken,manmöchtefastsagen,momentanalternativlos–

umdiesemwunderschönschrecklichenWorteinmalmehrRaumzugeben.Auchwerdasheutige

EuropanochzusehrinklassischenBahnenverlaufensieht,wirdnichtwidersprechen,dassdie

EUeinenbedeutendenBeitragzurAbkehrvoneinemüberholten

Nationalstaatsgedankengeleistethatundimmernochleistet.

DieseHassliebeziehtsichdurchdasgesamtepolitische

Spektrum.Umdasobenerwähnte

Druckerzeugniswiederaufzugreifen:Es

istauffällig,dasseinAustritt

DeutschlandsausderEUnieauch

nurangedeutetwurde,sondern

stattdesseneineendgültige

TeilungdesKontinentsderAuftragzu

seinscheint.Wiesichkünftige

KleinstparteienundschwarzeRegionalfürsten

derEU-SkepsiszwecksStimmenfang

bedienen,umdanndochdieselbst

gesetzte„RoteLinie“immerwieder

zuüberschreiten,scheintdabeifast

nurnocheineRandnotiz.

Dochzurückzuerfreulichen

Themen:Geradeweileuropäische

Politikimmerkomplexerund

wichtigerwird,findetIhrin

dieserPusteblumeTextezu

positivenwienegativen

FacettenderEU.

gemeinschaft

demokratie

Flaggenentwurf "Spectrum"von Victor Hertz

Page 2: Pusteblume Europa

IMPRESSUMEurozentrismus ist ein Denkmuster, das Kulturkreise

nach dem Maßstab europäischer Vorstellungen

bewertet beziehungsweise abwertet.

Vorbild Europa?

U m "europäische Werte" zu definieren, wird

sich hierbei meist auf die Aufklärung

bezogen. Somit werden die Menschenrechte, die

Gewaltenteilung sowie die Demokratie als

ursprünglich europäisch angesehen. Häufig kommen

noch christl iche Wertvorstellungen hinzu, die die

Konstruktion einer "europäischen" Vorstellung von

Gesellschaft komplettieren. Bereits bei dieser

kurzen Definition lassen sich zahlreiche Probleme

erkennen. Schließlich wird an keiner Stelle definiert,

was überhaupt als europäisch zählt.

S ind es geographische Grenzen, die folglich auch

einen Teil der Türkei umfassen würden? Oder

läuft die Definition eher über religiöse Einteilung?

Diese beiden Ansätze stehen sich konträr

gegenüber, da die Türkei als vorrangig

muslimisches Land nicht in ein christl ich

definiertes Europa passen würde. Es liegt auf

der Hand, dass Europa nicht von einer

Käseglocke umhüllt war und sich nicht

unabhängig von anderen Regionen entwickelt hat.

Auch ist Europa kein homogenes Gebilde, sondern

umfasst eine Vielzahl kultureller, religiöser und

sprachlicher Einflüsse. Als Beispiel sei hier nur die

Übernahme der arabischen Zahlenschreibweise

genannt, die sich gegen die römische durchsetzte.

Des Weiteren finden sich in Europa zwei

verschiedene Sprachfamilien: die indogermanische

und die uralische.

E uropas Entwicklung war und ist gezeichnet von

regem Austausch mit den umliegenden

Regionen, ein Resultat großer Migrationsströme.

Anzweifeln lässt sich an dieser Stelle auch der

Universalismus der Menschenrechte. Die allgemeine

Erklärung der Menschenrechte durch die UN hat

lediglich empfehlenden Charakter. Zudem wurde sie

n

iemals im

Konsens beschlossen.

Nicht zu vergessen ist auch, dass

Menschenrechte oft im Gegensatz zu

Selbstbestimmungs- und Souveränitätsrechten

einzelner Staaten stehen.

D och gehen wir noch ein wenig weiter auf das

Phänomen des Eurozentrismus ein. Es

definiert nämlich über die Konstruktion einer

homogenen Gesellschaftsordnung nicht nur den

"eigenen" Lebensraum, sondern setzt in Kontrast

dazu alles "andere". Anhand von religiösen,

geographischen und kulturellen Merkmalen entsteht

ein dichotomes Weltbild. Länder oder Kulturkreise

werden in zwei Kategorieren eingeteilt: hoch- und

niedrigentwickelt, aufgeklärt und archaisch, weiße

Bevölkerung und nichtweiße Bevölkerung. Diese

Vorstellung von einer zweigeteilten Welt ist

selbstverständlich stark vereinfacht und somit

unbrauchbar. Völl ig übergangen werden dabei auch

die sogenannten Hochkulturen, die es neben der

römischen und griechischen auch in China, Ägypten

und zahlreichen anderen Regionen der Welt gab. Vor

diesem Hintergrund erscheint die Arroganz, die von

vielen Europäer*innen ausgedrückt wird, mehr als

fraglich.

V or allem von traditioneller linker Seite wird

der Eurozentrismus auch aufgrund seines

Ziels, der Verbreitung seiner kulturellen

Vorstellungen, die an Herrschaftsansprüche

gekoppelt wird, kritisiert. An dieser Stelle wird

oftmals als Gegenargument das

"Selbstbestimmungsrecht der Völker" angebracht,

was insofern schon poroblematisch ist, da das

Völkerrecht nicht auf der Basis der Gewaltenteilung

funktioniert, also normativen Rechtsstandards

widerspricht. Dementsprechend genießt es aus

"westlicher" Sicht auch keine Legitimation und ist als

Bezugspunkt in Diskussionen sehr problematisch.

Natürlich bleibt es zu diskutieren, inwiefern das

"Überstülpen" zivilgesellschaftl icher Vorstellungen

a

uf andere

Regionen, egal ob dies

im Rahmen sogenannter

Entwicklungshilfe oder militärischer

Interventionen geschieht, funktioniert,

wünschenswert oder gar legitim ist. Dennoch darf

nicht jedes "westliche" Eingreifen in andere Regionen

mit dem Vorwurf des Eurozentrismus bekämpft

werden, denn dabei werden häufig zahlreiche

andere Aspekte vernachlässigt, die hinter diversen

Entscheidungen stehen.

E s ist richtig und wichtig, unsere Vorstellungen

von Zivil isation, gerade im Hinblick auf

repräsentative Demokratie, Nationalstaatsprinzip

sowie kapitalistische Wirtschaftsweise kritisch zu

hinterfragen. Auch die Scheuklappen, welche es

verhindern, offen auf andere Ideen einzugehen,

sollten wir abnehmen. Dies bedeutet jedoch nicht,

auf bedeutende - mit der Aufklärung verbundene -

Errungenschaften zu verzichten.

Vielmehr müssen wir auf diese

aufbauen, um einer freien

Gesellschaft Schritt für Schritt näher

zu kommen. Das Eintreten für eine

offene, pluralistische, emanzipatorische Gesellschaft

ist nicht westlich-arrogant, sondern notwendig, um

zukunftsorientiert zu handeln.

von Jana Kehl und Lorenz Bücheler

Demokratiedefizit in der EU

D ie Umsetzung des Demokratriegedankens in

der Europäischen Union kann aus

verschiedenen Gründen kritisiert werden. Allerdings

ist die Bewertung der demokratischen Verhältnisse auf

der europäischen Entscheidungsebene durchaus

kontrovers, da die Frage, inwiefern die EU

institutionell an den Maßstäben eines demokratischen

Staates gemessen werden kann, unterschiedlich

beantwortet wird.

I n den letzten Jahren ist die EU, insbesondere durch

ihre Erweiterung um zahlreiche Mitgliedstaaten und

die Unterzeichnung des Lissabonner

Verfassungsvertrags von 2007, institutionell immer

handlungsfähiger geworden. Durch die damit einher

gehende Schärfung des supranationalen Charakters,

also der immer stärkeren Übertragung von

nationalstaatlicher Souveränität auf EU-Gremien, wird

eine kritische Auseinandersetzung mit der derzeitigen

Umsetzung von Demokratie innerhalb der

europäischen Entscheidungsebene aber immer

wichtiger.

D ie jetzige europäische Politik ist leider immer

noch überwiegend durch nationalstaatliche

Interessen geprägt. Das zeigt sich innerhalb der EU

auch strukturell : Die EU-Kommissare, die die

Exekutive bilden, werden nicht durch die Bevölkerung

gewählt, sondern von den nationalen Regierungen

bestimmt und verfügen über das Gesetzesinitiativrecht

und umfassende Entscheidungskompetenzen. Zudem

erfolgt die Wahl der Abgeordneten des Europäischen

Parlaments, also der Legislative, immer noch auf

nationalstaatlicher Ebene. Das Parlament ist in seiner

Souveränität zusätzlich durch den EU-Rat und den

Ministerrat eingeschränkt und besitzt kein

Gesetztesinitiativrecht. Des Weiteren werden wichtige

Beschlüsse oft durch die nationalen Regierungen, die

diese beiden Gremien bilden, gefällt.

E in weiteres Problem ist, dass es immer noch

keine starke europäische, meinungsbildende

Öffentlichkeit existiert, die eine Auseinandersetzung

und kontroverse Diskussion der EU-Politik ermöglicht.

Ein transnationales europäisches Wahlrecht und eine

Europaparlamentswahl mit europäischen Wahll isten

statt nationalen Kandidat*innen könnten die

europäische Öffentlichkeit fördern, die

Wahlbeteil igung der Bevölkerung erhöhen und

nationalem Denken entgegen wirken.

N atürlich ist aber vor allem eine institutionelle

Demokratisierung der EU notwendig.

Beispielsweise durch die Erhöhung der

Entscheidungskompetenzen des Parlaments oder eine

direkten Partizipation der EU-Bürger*innen an

Entscheidungsprozessen könnte eine bessere

demokratische Legitimation von EU-Beschlüssen

erreicht werden. Des Weiteren dürfen Gremien wie

der EU-Rat und die Kommission, die vorwiegend

nationalstaatliche Interessen vertreten, bei wichtigen

Beschlüssen künftig nicht mehr am längeren Hebel

sitzen. Denn die Beschlüsse der Europäischen Union

sollten auf die Bedürfnisse der Menschen und nicht auf

die der Regierungen ausgerichtet sein. Gerade damit

die EU weiter als "Demokratisierungsmotor" des

Kontinents wirken kann und die Bürger*innen

tatsächliche Möglichkeiten haben, europäische Politik

mitzugestalten, ist es wichtig, dass die die Demokratie

in den Strukturen der Europäischen Union noch viel

stärker verankert wird.

von Jamila Schäfer

D ie Federation of European Young Greens (FYEG)

ist der europäische Dachverband der Grünen

Jugend. Sie besteht seit 1 988 mit dem Ziel junge

Umweltgruppen besser zu vernetzen.

Mitgliedsorganisationen können dabei entweder

Jugendorganisationen der grünen Parteien oder Umwelt-

NGO's (Non-Governmental Organization) werden.

M ittlerweile sind es 36

Mitgliedsorganisatioen

und mehr als 1 5.000 Mitglieder,

darunter auch die Grüne Jugend.

E inmal im Jahr findet die

General Assembly statt, die

aus Deligierten der Mitgliederorganisationen

besteht. Dabei wird unter anderem der Vorstand,

bestehend aus sieben Personen für das kommende

Jahr gewählt.Außerdem finden mehrmals im Jahr

Seminare und jeweils ein Winter- und Sommercamp

statt. Und auch eine eigene Mitgliedszeitung hat FYEG,

den Ecosprinter, zu finden unter www.ecosprinter.eu

Wer mitmachen will , kann sich an den

verschiedensten Ecken einbringen: Es gibt

diverse E-Mail-Listen, ein Forum, Winter- und

Sommercamp und zahlreiche Seminare. Und auch

Artikel für den Ecosprinter kann natürlich jede*r

einreichen und kommentieren.

Wem das nicht reicht, kann sich letztendlich

dann auch als Deligierte*r oder auf einen

Gastplatz der Grünen Jugend für die General Assembly

bewerben.

A lso klickt euch doch selbst einfach mal kurz durch

unter: www.fyeg.org

Festung Europa?

A ls Frankreichs Staatspräsident Nicolas

Sarkozy im Februar polterte, dass

Grenzkontrollen innerhalb Europas wieder

eingeführt werden sollten, ging ein Aufschrei durch

den ganzen Kontinent, er solle schön von einer der

größten Errungenschaften der Europäischen Union

die Finger lassen - dem Schengener Abkommen.

Nun könnte man meinen, dass Sarkozy im

Wahlkampf versucht Stimmen vom gesellschaftl ich

rechten Rand zu sammeln, dennoch sind solche

Vorstöße nicht zu ignorieren, da sie quer durch

Europa zu finden sind.

D ass solche Forderungen größten Teils

Ablehnung finden ist schön und gut,

al lerdings stellt sich die Frage, wieso bei den

europäischen Grenzen mit zweierlei Maß gemessen

wird und die "Europäische Agentur für die operative

Zusammenarbeit an den Außengrenzen"

(FRONTEX) kaum in Frage gestellt wird. Zunächst

einmal mag es ja richtig erscheinen, dass, da ja die

inneren Grenzkontrollen abgeschafft wurden, sich

alle EU-Staaten gemeinsam um die äußeren

Grenzen kümmern.

J edoch sind die Entwicklungen von FRONTEX

beunruhigend. Eingerichtet im Jahr 2004 mit

einem Budget von 6,2 Mio. Euro stieg dieses Jahr für

Jahr auf 88 Mio. Euro im Jahr 2008 an. Innerhalb von

vier Jahren soll sich der Bedarf an finanziellen

Mitteln für die Sicherung der Außengrenzen fast

verfünfzehnfacht haben? Erschreckend sind ebenso

die vermehrten Vorkommnisse von Unfällen meist

im Mittelmeer. Beispielhaft für diese traurige

Entwicklung ist der von Report Mainz aufgedeckte

Vorfall bei dem senegalesische Flüchtlinge

schilderten wie sie „ein Polizeischiff aufgehalten“

habe. „Sie wollten uns kein Wasser geben. Sie haben

gedroht, unser Boot zu zerstören, wenn wir nicht

sofort umkehren. Wir waren fast verdurstet und

hatten auch Leichen an Bord. Trotzdem mussten wir

zurück nach Senegal.“ Ein geordnetes Asylverfahren

fand nie statt. Hierbei bewegen sich die Akteure

der EU in einer rechtlichen Grauzone, bei der

scheinbar eine Lösung mit Absicht im argen

gehalten wird. Laut eines Rechtsgutachten des

„European Center for Constitutional and Human

Rights“ müssten auch Flüchtlinge die außerhalb der

Territorien der EU aufgegriffen werden, das Recht

haben einen ordentlichen Asyl-Antrag zu stellen.

Um das zu umgehen, werden seit einigen Jahren

auch Auffanglager in Libyen eingerichtet. Hieran

haben leider auch die Bewegungen im „ Arabischen

Frühling“ nichts ändern können. Der EU-

Ombudsmann Nikiforos Diamandouros wies im

März darauf hin, dass FRONTEX laut Gesetz einen

Menschenrechtsbeauftragten ernennen muss.

Derzeit sei aber weder über die Personalie noch

über das Aufgabengebiet näheres bekannt.

A uf dem 36. Bundeskongress vom 1 3.-1 5. Mai

201 1 in Würzburg hat forderte die GRÜNE

JUGEND „ein

Ende der

Menschenrechts

verletzungen und

der

Intransparenz.

FRONTEX gehört abgeschafft.“ und weiter „Bis das

geschehen ist, muss gewährleistet werden, dass

internationale Rechtsstandards eingehalten werden.

Um dies zu gewährleisten fordern wir einen Ausbau

des institutionsinternen „Incident Reporting

Systems“. Dieses ist im Moment nicht mehr als eine

Alibi-Kontrolleinheit, die eher dazu dient, die

FRONTEX-Einsätze zu legitimieren, satt

Menschenrechtsverletzungen effizient und

lösungsorientiert aufzuzeigen.“

D ie Tendenz geht also Eindeutig in Richtung

einer "Festung Europa" in der

Menschenrechte mit Füßen getreten werden. In

diesem Sinne: No border, No nation,. . . .

von Mattia de Virgil io

Lehren aus der Eurokrise

E U-Kommissionspräsident Manuel Baroso

setzte Ende letzten Jahres ein Thema auf die

Tagesordnung für das wir Grüne schon lange

kämpfen: die

Einführung

gemeinsamer

europäischer

Staatsanleihen,

sogenannte

"Eurobonds". Madame Merkel fiel dazu nichts

besseres ein, als diese Idee als „außerordentlich

bekümmerlich und unpassend“ zu bezeichnen.

Wenn in Europa etwas „bekümmerlich“ erscheint,

dann ja wohl Merkels einfallsloses Pochen auf

Stabil ität, Lohnkürzungen und harte soziale

Einschnitte.

J ede*r VWL-Erstsemesterstudent*in weiß, dass

Sparen in Zeiten von Rezession und hoher

Arbeitslosigkeit einem ökonomischen Suizid

gleichkommt. Durch solche Maßnahmen wird

unweigerlich die Konjunktur abgewürgt und eine

teuflische Deflations-Rezessionsspirale in Gang

gesetzt, die die Krise nur noch weiter

verschlimmert. Merkels Haltung ist aber nicht nur

wirtschaftl ich unsinnig und zu tiefst unsozial, sie

offenbart auch ein mangelndes Verständnis für die

wahre Natur der Eurokrise.

A ls die europäischen Staats- und

Regierungschefs Anfang 1 992 im Vertrag von

Maastricht die Einführung einer gemeinsamen

Währung unter Kontrolle einer Europäischen

Zentralbank (EZB) beschlossen, verweigerten sie

sich fatalerweise weiteren Souveränitätstransfers zu

Gunsten einer europäischen Wirtschaftsregierung,

welche die Einhaltung des Stabil itäts- und

Wachstumspaktes und die Koordinierung nationaler

Wirtschaftspolitiken gewährleistet hätte. Somit

stand einer gemeinsamen europäischen Geldpolitik

keine einheitl iche Wirtschaftspolitik gegenüber.

A uf Grund dieser asymmetrischen

Konstruktion kristall isierten sich fortan zwei

Blöcke innerhalb des Euroraumes heraus: einerseits

Länder, wie Deutschland, die unter dem für sie zu

hohen einheitl ichen Zinssatz der EZB und geringer

Beschäftigung litten und andererseits Länder, wie

Irland, Spanien und Portugal, die von dem für sie

eigentlich zu niedrigen Zinssatz in Form eines

deutlich stärkeren Wirtschaftswachstums

profitierten - so kam es beispielsweise in Spanien zu

einem inflationsgetriebenen Bauboom, der

weitgehend durch übermäßige Verschuldung der

privaten Hand finanziert wurde.

M it dem Fall von Lehmann Brothers und dem

Eintritt der Weltwirtschaftskrise brach aber

dieses auf Pump finanzierte Wirtschaftswachstum

ein und das Vertrauen der Gläubiger schwand

rapide. Um Schlimmeres zu verhindern, sahen sich

nun letztgenannte Länder gezwungen die hohen

Schulden der privaten Hand zu übernehmen und

der schwächelnden Wirtschaft mittels

Konjunkturprogrammen unter die Arme zu greifen,

wodurch es zu einem enormen Anstieg der

Staatsverschuldung kam. Diese allein ist aber bei

weitem nicht so gravierend wie oft von

konservativen Stabil itätsfetischisten angenommen -

so hat beispielsweise Großbritannien ein höheres

Staatsdefizit als Spanien. Als problematisch hingegen

hat sich erst die Kombination von hoher

Staatsverschuldung und mangelnder Kontrolle über

die eigene Währung erwiesen.

D enn misstrauen Finanzinvestoren einem

hoch verschuldeten Euroland oder

beschwören gar eine Staatsschuldenkrise herauf,

gibt es auf Grund der Kapitalfreizügigkeit innerhalb

des Euroraumes kein Instrument mehr, das einen

fluchtartigen Kapitalabzug aus dem betroffenen

Land verhindern könnte. Euroländer sind somit der

ständigen Gefahr einer „Liquiditätskrise“ (Mangel an

flüssigem Kapital) ausgesetzt. In solch einem Fall

kommen die Kreditmärkte zum Erliegen, die

Investitionen gehen rapide zurück und die

Realwirtschaft gerät letztl ich in ernsthafte

Schwierigkeiten. Durch den folgenden

Wirtschaftsabschwung sinken wiederum die

Steuereinnahmen und die Staatsschulden steigen. Ist

dieser Effekt stark genug und das betroffene Land

kann wegen der ohnehin angespannten

Haushaltslage nicht durch etwaige kostspielige

Konjunkturmaßnahmen gegensteuern, tritt die von

den Märkten prophezeite Staatsschuldenkrise wie

von selbst ein.

U m derartige spekulative Attacken seitens der

Finanzmärkte in Zukunft zu verhindern,

müssen die Euroländer endlich die Wagenburg

schließen und „Eurobonds“ einführen. Es wäre

nahezu unmöglich gegen diese gemeinsam

ausgegebenen Anleihen zu wetten, da deren

Sicherheit durch die geballte Finanzkraft von 1 7

Euroländern solidarisch garantiert wäre. Die Gefahr

einer Liquiditätskrise wäre auf einen Schlag

abgewendet und hochverschuldete Eurostaaten

könnten ihr hohes Staatsdefizit abbauen, da sie sich

wegen der zu erwarteten niedrigen Zinsen der

Eurobonds weitaus günstiger refinanzieren könnten.

Zu guter letzt muss endlich Schluss sein mit

Lohnkürzungen, Stellenstreichungen und

sozialem Kahlschlag. Europa braucht jetzteinen

grünen Investitionsplan, Eurobonds und eine

europäische Wirtschaftsregierung unter der

Kontrolle des europäischen Parlaments, um sich

wirtschaftl ich zu erholen, die Liquiditäts- und

Schuldenkrise zu lösen und die architektonischen

Fehler von Maastricht zu beheben.

D ie Lehre aus der Krise muss also lauten:

Mehr Europa wagen!

von René Bernard

Rassismus in der"GriechenlandADebatte"

Rassismus? Das ist doch in Deutschland gar keine

Thema mehr. Ok, es gibt ein paar Nazis. Und

irgendwas war da mit Sarrazin. So oder so ähnlich lautet

die Meinung zu dem Thema. Rassismus scheint weit

weg, man selbst hat natürlich nichts damit zu tun.

D och wo fängt Rassismus eigentlich an? Rassismus

ist, wie der Begriff schon sagt, die Einteilung der

Menschen (und ihrer Fähigkeiten) in sogenannte Rassen,

oder auch nach Staatszugehörigkeit.

Was also stellen die Aussagen "die

Griechen sind halt alle etwas fauler als

wir" oder "die Griech*innen

hinterziehen nunmal mehr Steuern als

wir" dar? Man sieht sich mit solchen Äußerungen

natürlich nicht als Rassist. Man hat ja Verständnis. In den

südlicheren Ländern ist es nunmal wärmer, da versteht

man schon, dass die Griechen nicht so viel arbeiten.

U nd überhaupt, eigentlich sind sie ja ganz nett,

man schätzt ja den Griechen um die Ecke und

Griechenland ist auch so ein wunderbarer Urlaubsort.

Aber sollen wir brav arbeitenden Bürger*innen nun

wirklich unser gut verdientes Geld nach Griechenland

schicken, um unseren schönen Urlaubsort zu erhalten?

Mit der Wiedereinführung der Drachme kann man ja

trotzdem noch hinfahren und eine schwache Währung

tut doch auch Griechenland gut. Man will ja nur das

be

ste für die

Griechen.

D ie Antwort darauf

lautet: Doch, genau das ist

Rassismus. Faule, steuerhinterziehende Griech*innen

und fleißige, ehrliche Deutsche? Wenn es auch unter

dem Vorwand der örtlichen Begebenheiten und mit

Verständnis dargelegt wird, Bürger*innen einer Nation

eine bestimmte, noch dazu wertende Eigenschaft

zuzuschreiben erfüllt genau die Definition von Rassismus

dar. Um diese Aussage zunächst gleich mal zu

entkräften: betrachten wir "Durchschnittsstudien", zeigt

sich ein ganz anderes Bild. Das Klischee der "faulen

Griech*in" wird hier nämlich keinesfalls bestätigt. Doch

ganz abgesehen davon, dass diese Aussagen inhaltl ich

falsch sind, sollten solche Klischees, aber auch

Argumentationen mit "Durchschnittsstudien", als

unsinnig und diskriminierend erkannt werden. Genau

hier fehlt es an Sensibil ität.

D enn dieser vermeintl ich harmlose Rassismus ist

nichts anderes, als Sarrazin oder die NPD von

sich geben. Harmlosen Rassismus gibt es schlichtweg

nicht!

von Dominik Krause

redaktion jamila schäfer A mattia de virgil io A

dominik krause A lej la hasukic A jana kehl A lorenz

bücheler A julian zur lage A rené bernard A manuel

grafiken regina prade

gestaltung andreas bartl A mattia de virgil io

V.i.S.d.P. mattia de virgil io

www.gjm.de [email protected]

„Ich bin aus Europa“

Wenn uns jemand auf einem anderen

Kontinent fragt, woher wir kommen,

antworten wir selten mit „Europa“ öfter mit

„Deutschland“. Aber woran liegt das, da wir doch so

nach einem gemeinsamen Europa streben?

Bereits die Römer und ihr Imperium hatten

Einfluss auf das heutige Europa, da durch sie die

Vermittlung griechisch-hellenischer Kultur, des

Christentums sowie des römischen Rechts erst

möglich waren. Sie hatten auch die Idee von einer

Einheit, aber nicht in dem Sinne wie wir es heute

sehen. Aber auch Jahrhunderte später versuchten die

Menschen eine Art europäischer Einheit zu bilden, sei

es durch das Christentum oder andere kulturelle

Aspekte. Sogar im Mittelalter gab es ein

abendländisches Gemeinschaftsbewusstsein. Heute

ist dieser Wunsch nach Einheit noch größer.

E s gibt sogar Auszeichnungen für Schulen, die

den Europagedanken in ihr

curriculum einbauen um sich

dann „Europaschule“ nennen zu

dürfen. Wieso streben die

Menschen nach diesem Gefühl

von einer Einheit, wenn sie sich

im alltäglichen Leben trotzdem mehr mit anderem

identifizieren als mit Europa?

D as liegt daran, dass wir dieses Gefühl zum

Schutz brauchen! Wenn es Schwierigkeiten

gibt, Kriege oder andere Probleme sind wir als

„Europa“ viel stärker als nur als „Deutschland“, wir

sind nicht an allem Schuld, da Europa aus vielen

Ländern besteht und wir haben viel mehr

Möglichkeiten.

Wir sind gerne Europäer, wenn wir Vorteile

daraus ziehen können, aber im Alltag,

wenn Europa keine so große Rolle spielt, sind wir

„Deutsche“ oder „Münchner“ oder „Giesinger“. Die

Idee von Europa und der Gedanke sind uns wichtig

und tief in unserem Bewusstsein verankert, auch

wenn wir es gelegentlich vergessen. Als Europäer

kämpfen wir gegen die Abschottung und

Ausgrenzung anderer Länder, wir steigern die

Integrität und helfen dadurch.

A uch wenn uns jemand fragt woher wir

kommen und wir „Deutschland“ antworten,

Europäer sind wir in erster Linie immer!

von Lejla Hasukic

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