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Dr. Gregor Kappmeyer
Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co KG
Dr. Gregor Kappmeyer
Quo Vadis – Flugtriebwerk
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Vor einem Blick in die Zukunft von Flugtriebwerken sei ein Blick in die
Historie der Flugzeugantrieb vorweggenommen. Die Entwicklung von
Flugzeugantrieben ist geprägt vom Streben nach leichtgewichtigen und
zugleich leistungsfähigen Antrieben, die es ermöglichen, neben dem
Fluggerät selbst auch Passagiere und Fracht in immer größerem Umfang
und über immer größere Entfernungen zu befördern.
Abb. 1: Entwicklung von Flugmotoren
Frühe Flugmotoren waren in ihrer Bauform sowie Anpassungsfähigkeit
steigenden Leistungsanforderungen nicht gewachsen und wurden durch
immer komplexere aber auch leistungsfähigere Flugmotoren ersetzt. Ein
Quantensprung in Bezug auf das Leistungsgewicht und die erreichbaren
Geschwindigkeiten wurde durch die Entwicklung und Einführung der
Gasturbinen erreicht. Zunächst im militärischen, später auch im zivilen
Luftverkehr führte die Gasturbine zu einem Quantensprung in der er-
reichbaren Fluggeschwindigkeit und Flughöhe.
Die Leistungsdaten erlaubten erstmals Überschallflüge sowie auch senk-
recht startende Flugzeuge, die in den 1960er Jahren Visionen von senk-
recht startenden Flugzeugen in den Städten sowie Überschallflügen für
jedermann realistisch erscheinen ließen. (Abb. 2)
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Abb. 2: Vorstellungen zur Zukunft der Luftfahrt
Heute steht der Luftverkehr vor dem Hintergrund des Klimawandels und
der stetig wachsenden Weltbevölkerung vor neuen Herausforderungen.
Das globale Bevölkerungswachstum führt zu kontinuierlich steigenden
Passagierzahlen im Zuge der Globalisierung der Weltwirtschaft und damit
zu höherer Flugdichte. (Abb. 3 und 4)
Abb. 3: Prognose des Bevölkerungswachstums
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Zwingende Folge davon sind Forderungen nach kontinuierlicher Weiter-
entwicklung und Optimierung von Flugzeugantrieben, um die Energie-
effizient und Umweltverträglichkeit im Rahmen des technisch Machbaren
kontinuierlich zu steigern. Höchste Ansprüche an Sicherheit, Komfort und
Service sind dabei heutzutage selbstverständliche Eigenschaften im Flug-
verkehr.
Abb. 4: Wachstum des Luftverkehrs setzt sich fort
Die Prognosen der Vereinigten Nationen zum Wachstum des weltweiten
Flugverkehrs gehen von einem Wachstum um das ca. 4,5 fache gegenüber
dem Stand von 2006 aus. Technisch kann man dieser Herausforderung
durch größere Flugzeuge und gleichzeitig höhere Flughafenauslastungen
begegnen. Sicherheitsaspekte sind dabei kontinuierlich an die steigenden
Flugzahlen anzupassen.
Die Energiequelle für den Antrieb von Flugtriebwerken, das Kerosin als
fossiler Treibstoff, stellt dabei einen zentralen Faktor dar. Langfristig ist
ein klarer Trend hin zu alternativen Energiequellen erkennbar (Abb. 5).
Die hohe Energiedichte des Treibstoffs, die in der Luftfahrt von besonde-
rer Bedeutung ist, wird daher dazu führen, dass im Flugverkehr im
Gegensatz zu anderen Verbrauchern der fossile Brennstoff Kerosin noch
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für längere Zeit eingesetzt werden wird. Die Verwendung von Biotreib-
stoffen ist auch hier möglich, findet jedoch in der Konkurrenz zum Anbau
von Nahrungsmitteln seine Grenzen.
Abb. 5: Flugverkehr nutzt Kerosin am längsten
Die Entwicklung von Flugtriebwerken erfolgt mithilfe einer langfristigen
und durchgängigen Technologiestrategie, die Impulse zur Entwicklung
von kurz-, mittel- und langfristig umsetzbaren Technologien, deren Test
in Demonstratoranwendungen und Einführung in Serientriebwerke setzt
(Abb. 6).
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Abb. 6: Langfristig durchgängige Technologiestrategie bei Flugtriebwerken
Hauptziele dieser Entwicklungen sind die Reduktion der Lautstärke sowie
des Treibstoffverbrauchs der Triebwerke, die in langfristigen Zielen fest-
geschrieben und verfolgt werden.
Abb. 7: Lautstärke- und Treibstoffverbrauchsverbesserungen
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Aktuelle Entwicklungen wie moderne Turbofantriebwerke und der Ge-
triebefan sowie in einem weiteren Entwicklungsschritt das sogenannte
„Open Rotor“ Triebwerk sind hier Meilensteine auf dem Weg zu künftigen
Flugtriebwerksgenerationen (Abb. 7).
Ein Beispiel für modernste Triebwerkstechnologie ist das im neuen Airbus
A350 eingesetzte Triebwerk Trent XWB (Abb. 8), das über eine Vielzahl
innovativer Technologien und Komponenten verfügt. Diese erlauben ne-
ben bisher unbekannter Effizienz bei Triebwerken in dieser Leistungsklas-
se auch einen deutlich reduzierten Lärmpegel bei gleichzeitig geringst-
möglicher Masse. Das leichtgewichtige Fansystem und der Hochdruckver-
dichter in Blisk-Bauweise (Schaufeln und Verdichterscheibe aus einem
Stück gefertigt) tragen hierzu maßgeblich bei.
Abb. 8: Trent XWB – Modernste Technologie
Zukünftige Optionen sind in Abbildung 9 dargestellt. Sie umfassen das
Open Rotor Konzept, eine zunehmende Integration elektrischer Systeme,
geänderte Anordnungen der Triebwerke in der Flugzeugzelle, weiterent-
wickelte Triebwerkszyklen und Entwicklungen zur druckgewinnenden
Verbrennung.
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Abb. 9: Zukunftsoptionen im Triebwerksbau
Abb. 10: Erweiterte Zyklen – Höhere Effizienz
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Unter erweiterten Triebwerkszyklen versteht man z.B. Maßnahmen zur
Kühlung der für die Turbine erforderlichen Kühlluft, Luftstrom-
Intercooler Technologie oder Maßnahmen zur Drucksteigerung in der
Brennkammer durch Puls-Drucksteigerung.
Das Open Rotor Konzept bietet vor allem für kleine bis mittlere Schub-
klassen eine Option zur weiteren Verbesserung. Gegenüber heutigen
Triebwerken wird dabei eine Reduzierung des Treibstoffverbrauchs um
25 – 30% erwartet. Wesentliche Herausforderungen solch neuartiger
Bauweisen stellen dabei jedoch Fragen der hohen Komplexität, Installati-
on in der Flugzeugzelle sowie die Akzeptanz beim Kunden dar.
Weitaus radikalere Ideen für Antriebslösungen liegen demgegenüber in
weiter Zukunft und stammen vornehmlich aus der Weltraumfahrt (Abb.
12). Diese befinden sich allesamt noch im Stadium der Ideenfindung und
Bewertung der grundlegenden Machbarkeit und sind noch weit entfernt
von einer ernstzunehmenden technischen Realisierung.
Abb. 11: “Open Rotor” Potential
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Abb. 12: Ideen für Antriebslösungen im 22. Jahrhundert
Die Zukunft der Flugantriebe wird deshalb durch Faktoren wie Verfüg-
barkeit von geeigneten Werkstoffen, Energieträgern und den Anforderun-
gen der Kunden, zuletzt der Flugpassagiere bestimmt werden.