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58-Jähriger mit Bandscheibenläsionen in der Anamnese Rückenschmerz-Patient erkrankt akut an einem Infekt Anamnese Ein 58-jähriger Mann stellt sich am 13. September 2013 wegen unspezifischer Kreuzschmerzen in meiner Praxis vor. Er ist mir seit über zehn Jahren als „Wir- belsäulen-Patient“ bekannt. Bereits im Jahr 2003 waren ein Bandscheibenvor- fall im Segment L5/S1 rechts mediolate- ral sowie Bandscheibenvorwölbungen in den Segmenten L2/L3 und L3/L4 diag- nostiziert worden. Die Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule treten nun erneut wieder aus Ruhe heraus auf. Ein Trauma als mögliche Ursache der Beschwerden wird verneint. Klinischer Befund Bei der körperlichen Untersuchung fin- det sich allenfalls ein diskreter Druck- und Klopfschmerz thorakolumbal. Die grobe Kraſt ist seitengleich erhalten. Kei- ne peripheren sensomotorischen Ausfäl- le. Die Zeichen nach Lasègue und Bra- gard sind beidseits negativ. Keine Blasen- oder Mastdarmstörungen. Kein Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust und Fer- senfallschmerz, keine Hüſtgelenkprob- lematik. Diagnostik Die Röntgenuntersuchung (Abb. 1 ) der Lendenwirbelsäule (LWS) und des Be- ckens zeigt eine Höhenminderung des Bandscheibenfachs L1/L2 sowie degene- rative Veränderungen der LWS. Die la- borchemische Untersuchung vom 26. September 2014 erbringt eine normale Leukozytenzahl (8.500 pro Mikroliter). Eine am 30. September 2013 durchge- führte MRT-Untersuchung der LWS er- gibt zunächst den Verdacht auf eine ero- siv aktivierte Osteochondrose. Bei der Laborkontrolle am 1. Oktober 2013 sind die Leukozyten mit 12.200 ebenso wie das C-reaktive Protein (CRP) mit 2,5 ge- ring erhöht. Eine erneute Kontrolle am 21. Oktober 2013 zeigt die Leukozyten mit 6.100 wieder im Normbereich. Die laborchemische Untersuchung vom 12. November 2013 zeigte normale Werte für BSG (4/10), CRP (0,5) und Leukozy- ten (7.100). Die MRT-Kontrolluntersuchung vom 12. November 2013 ergab jedoch dann den hochgradigen Verdacht auf eine flo- ride Spondylodiscitis im Segment L1/L2 (Abb. 2). Am 19.11.2013 wurde in einer Klinik in Saarlouis das Bandscheiben- fach L1/L2 punktiert. Bei der mikrobio- logischen Untersuchung fanden sich anerobe grampositive Kokken. Therapie und Verlauf Der Patient lehnt die vorgeschlagene operative Sanierung des Infekts ab. Die akzeptierte konservative Behandlung umfasst die mehrmonatige Ruhigstel- lung der LWS in einem Dreipunktstütz- korsett sowie die antibiotische erapie mit Clindamycin 600 mg. Bei der letzt- maligen MRT-Kontrolle am 30. Septem- ber 2014 offenbarte sich nur noch ein diskreter Restbefund, überwiegend an den Abschlussplatten, und nur noch ein diskretes Ödem an der Bandscheibe selbst. Klinisch ist der Patient weitge- hend beschwerdefrei. Er geht wieder mit seinen zwei Hunden stundenlang spa- zieren, fährt Fahrrad und trainiert regel- mäßig im Fitnessstudio seine Rücken- und Bauchmuskulatur. Dr. med. Peter Krapf Orthopädische Gemeinschaftspraxis, Tier Abb.1: Seitliches Röntgenbild der LWS vom 13.9.2013 Abb.2: MRT der LWS vom 12.11.2013 (Pfeile: jeweils Segment L1/L2) © (1)Krapf; (2) Röntgenpraxis Trier, Dres. med. Lieser und Kollegen 1 2 62 ORTHOPÄDIE & RHEUMA 2015; 18 (1) Prisma Der besondere Fall 62 2/9/2015 12:53:25 PM

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Der besondere Fall

58-Jähriger mit Bandscheibenläsionen in der Anamnese

Rückenschmerz-Patient erkrankt akut an einem Infekt

AnamneseEin 58-jähriger Mann stellt sich am 13. September 2013 wegen unspezifischer Kreuzschmerzen in meiner Praxis vor. Er ist mir seit über zehn Jahren als „Wir-belsäulen-Patient“ bekannt. Bereits im Jahr 2003 waren ein Bandscheibenvor-fall im Segment L5/S1 rechts mediolate-ral sowie Bandscheibenvorwölbungen in den Segmenten L2/L3 und L3/L4 diag-nostiziert worden. Die Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule treten nun erneut wieder aus Ruhe heraus auf. Ein Trauma als mögliche Ursache der Beschwerden wird verneint.

Klinischer BefundBei der körperlichen Untersuchung fin-det sich allenfalls ein diskreter Druck- und Klopfschmerz thorakolumbal. Die

grobe Kraft ist seitengleich erhalten. Kei-ne peripheren sensomotorischen Ausfäl-le. Die Zeichen nach Lasègue und Bra-gard sind beidseits negativ. Keine Blasen- oder Mastdarmstörungen. Kein Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust und Fer-senfallschmerz, keine Hüftgelenkprob-lematik.

DiagnostikDie Röntgenuntersuchung (Abb. 1) der Lendenwirbelsäule (LWS) und des Be-ckens zeigt eine Höhenminderung des Bandscheibenfachs L1/L2 sowie degene-rative Veränderungen der LWS. Die la-borchemische Untersuchung vom 26. September 2014 erbringt eine normale Leukozytenzahl (8.500 pro Mikroliter). Eine am 30. September 2013 durchge-führte MRT-Untersuchung der LWS er-

gibt zunächst den Verdacht auf eine ero-siv aktivierte Osteochondrose. Bei der Laborkontrolle am 1. Oktober 2013 sind die Leukozyten mit 12.200 ebenso wie das C-reaktive Protein (CRP) mit 2,5 ge-ring erhöht. Eine erneute Kontrolle am 21. Oktober 2013 zeigt die Leukozyten mit 6.100 wieder im Normbereich. Die laborchemische Untersuchung vom 12. November 2013 zeigte normale Werte für BSG (4/10), CRP (0,5) und Leukozy-ten (7.100).

Die MRT-Kontrolluntersuchung vom 12. November 2013 ergab jedoch dann den hochgradigen Verdacht auf eine flo-ride Spondylodiscitis im Segment L1/L2 (Abb. 2). Am 19.11.2013 wurde in einer Klinik in Saarlouis das Bandscheiben-fach L1/L2 punktiert. Bei der mikrobio-logischen Untersuchung fanden sich anerobe grampositive Kokken.

Therapie und VerlaufDer Patient lehnt die vorgeschlagene operative Sanierung des Infekts ab. Die akzeptierte konservative Behandlung umfasst die mehrmonatige Ruhigstel-lung der LWS in einem Dreipunktstütz-korsett sowie die antibiotische Therapie mit Clindamycin 600 mg. Bei der letzt-maligen MRT-Kontrolle am 30. Septem-ber 2014 offenbarte sich nur noch ein diskreter Restbefund, überwiegend an den Abschlussplatten, und nur noch ein diskretes Ödem an der Bandscheibe selbst. Klinisch ist der Patient weitge-hend beschwerdefrei. Er geht wieder mit seinen zwei Hunden stundenlang spa-zieren, fährt Fahrrad und trainiert regel-mäßig im Fitnessstudio seine Rücken- und Bauchmuskulatur.

Dr. med. Peter KrapfOrthopädische Gemeinschaftspraxis, Tier

Abb.1: Seitliches Röntgenbild der LWS vom 13.9.2013Abb.2: MRT der LWS vom 12.11.2013 (Pfeile: jeweils Segment L1/L2)

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Prisma Der besondere Fall

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