4
626 E. YILI~SAZ: 96. E. YILMAz-Frankfurt/Main: Reizbildungsstiirungen und ihre Ver- meidung w~ihrend der Lokalanaesthesie In dem Beitrag ,,Die Lokalanaesthesie in der HNO-Iteilkunde", der 1959 von K~_~ herausgegeben wurde, schlugen LEICH~R und HAAS vor, dem Lokalanaesthetieum einige Tropfen 8uprarenin zuzusetzen. In unserer Klinik geben wir zu 10 cm 3 Loka]snaestheticum 1 Tropfen einer einpromilligen Suprareninl6sung| i. Das zusi~tzlich spplizierte Suprarenin hat aulter seiner vasoconstrietorischen ]okalen Wirkung such Einflui~ auf die nomotopen und heterotopen Reizbfldungszentren des Herzens. Die h~ufigsten Erscheinungen in dieser Hinsicht sind: Tschy- kardie, Arrhythmie und Extrasystolie. Naehdem wit wiederholt solche St6rungen wghrend der Dureh- fiihrung unserer Eingriffe in Lokalsnaesthesie durch Registrierung der Herztiitigkeit sowie des Kreislsufsystems nachweisen konnten, versuch- ten wir, diese Erscheinungen durch Applikation yon 10 mg Dociton| per os 1 Std vor Operationsbeginn auszuschalten. Diese Medikation wurde bei unseren Eingriffen -- darunter Ton- sillektomien, Kieferh6hlen- und Ohroperationen -- in mehr als 200 Fi~llen durchgeffihrt, nachdem es uns gelang, in Tierversuchen (bei 20 Hunden) experimentell erzeugte Reizbfldungsst6rungen durch Applikation yon fi-Receptorenblockern zu vermeiden. Die gleichen Ergebnisse erzielten wir such nsch Verabreichung von 2,5 mg Isoptin| i.v. vor Narkosebeginn bei der Kombination yon Halothan und Lokalanaestheticum. Wie allgemein bekannt ist, treten bei Verwendung des Suprarenins wiihrend der Halothannarkose be- sonders sehwere ReizbildungsstSrungen auf. •ber diese Untersuchungs- reihe wird an anderer Stelle ausffihrlich beriehtet werden. Um die Wirkung unserer Methode zu fiberprfifen, haben wir die Untersuehungen an zwei Patientengruppen durchgeffihrt. Das Alter und die Sehwere der Erkrankung war bei beiden Gruppen gleieh. Das erste Kollektiv bestand aus 38 weiblichen und 50 mi~nnlichen Patienten, insgesamt also 88 Patienten; der jfingste war 6 Jahre, der i~]teste 84 Jshre alt. Das Durchschnittsalter betrug 38 Jahre. Diese Gruppe wurde in fiblicher Weise mit Psyquil bzw. Valium, A~ropin und Dolantin pr~mediziert. Die zweite Gruppe bestand aus 85 weiblichen und 122 m~nnliehen Patienten, also insgesamt 207 Patienten, die zwischen 10 und 77 Jahren alt waren. Das Durchsehnittsalter betrug hier 34,2 Jahre. 1 Suprarenin| Farbwerke Hoeehst AG, Frankfurt u. M.-HSchst. 2 Doeiton| l~hein Pharma, Heidelberg. s isoptin| Knoll AG, Ludwigshafen.

Reizbildungsstörungen und ihre Vermeidung während der Lokalanaesthesie

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Reizbildungsstörungen und ihre Vermeidung während der Lokalanaesthesie

626 E. YILI~SAZ:

96. E. YILMAz-Frankfurt/Main: Reizbildungsstiirungen und ihre Ver- meidung w~ihrend der Lokalanaesthesie

In dem Beitrag ,,Die Lokalanaesthesie in der HNO-Iteilkunde", der 1959 von K ~ _ ~ herausgegeben wurde, schlugen LEICH~R und HAAS vor, dem Lokalanaesthetieum einige Tropfen 8uprarenin zuzusetzen.

In unserer Klinik geben wir zu 10 cm 3 Loka]snaestheticum 1 Tropfen einer einpromilligen Suprareninl6sung| i. Das zusi~tzlich spplizierte Suprarenin hat aulter seiner vasoconstrietorischen ]okalen Wirkung such Einflui~ auf die nomotopen und heterotopen Reizbfldungszentren des Herzens. Die h~ufigsten Erscheinungen in dieser Hinsicht sind: Tschy- kardie, Arrhythmie und Extrasystolie.

Naehdem wit wiederholt solche St6rungen wghrend der Dureh- fiihrung unserer Eingriffe in Lokalsnaesthesie durch Registrierung der Herztiitigkeit sowie des Kreislsufsystems nachweisen konnten, versuch- ten wir, diese Erscheinungen durch Applikation yon 10 mg Dociton| per os 1 Std vor Operationsbeginn auszuschalten.

Diese Medikation wurde bei unseren Eingriffen -- darunter Ton- sillektomien, Kieferh6hlen- und Ohroperationen -- in mehr als 200 Fi~llen durchgeffihrt, nachdem es uns gelang, in Tierversuchen (bei 20 Hunden) experimentell erzeugte Reizbfldungsst6rungen durch Applikation yon fi-Receptorenblockern zu vermeiden.

Die gleichen Ergebnisse erzielten wir such nsch Verabreichung von 2,5 mg Isoptin| i.v. vor Narkosebeginn bei der Kombination yon Halothan und Lokalanaestheticum. Wie allgemein bekannt ist, treten bei Verwendung des Suprarenins wiihrend der Halothannarkose be- sonders sehwere ReizbildungsstSrungen auf. •ber diese Untersuchungs- reihe wird an anderer Stelle ausffihrlich beriehtet werden.

Um die Wirkung unserer Methode zu fiberprfifen, haben wir die Untersuehungen an zwei Patientengruppen durchgeffihrt. Das Alter und die Sehwere der Erkrankung war bei beiden Gruppen gleieh.

Das erste Kollektiv bestand aus 38 weiblichen und 50 mi~nnlichen Patienten, insgesamt also 88 Patienten; der jfingste war 6 Jahre, der i~]teste 84 Jshre alt. Das Durchschnittsalter betrug 38 Jahre.

Diese Gruppe wurde in fiblicher Weise mit Psyquil bzw. Valium, A~ropin und Dolantin pr~mediziert.

Die zweite Gruppe bestand aus 85 weiblichen und 122 m~nnliehen Patienten, also insgesamt 207 Patienten, die zwischen 10 und 77 Jahren alt waren. Das Durchsehnittsalter betrug hier 34,2 Jahre.

1 Suprarenin| Farbwerke Hoeehst AG, Frankfurt u. M.-HSchst. 2 Doeiton| l~hein Pharma, Heidelberg. s isoptin | Knoll AG, Ludwigshafen.

Page 2: Reizbildungsstörungen und ihre Vermeidung während der Lokalanaesthesie

l~eizbildungsstSrungen und ihre Vermeidung wghrend der Lokalanaesthesie 627

200

180

160 - 140 -

N 120

~- loo - CD

ts 80

60

40 20

vor PM vor LA

~ LA

Ii 5 10 15 20 25 min. nach LA

Abb. 1. Vergleich der Pulsfrequenz mit und ohne Dociton vor PM und LA, naeh LA n = 88 [] ohne Dociton; n = 207 [] mit Dociton (10 rng p. o.)

Diese Gruppe erhielt i Std vor Operationsbeginn zusgtzlich 10 mg Doci ton in Tablet tenform.

Bei allen Pa t ien ten wurden EKG, Pulsfrequenz und Blutdruck, registr ier t , die subjektiven Angaben der Pa t ien ten wie Herzklopfen Beklemmungsgeffihl, Ubelkeit usw. protokolliert.

Bei der Kontrol lgruppe, die in fiblieher Weise lor~mediziert war, stellten wit sehr oft eine hoehgradige Sinustachykardie lest. Dabei wurden hgufig Pulsfrequenzen yon 140--180 pro Minute beobachtet . So kam es z. B. bei einem 6jghrigen Kind zu einem Pulsanstieg yon 84 auf 180, bei einer 29jghrigen F rau yon 95 auf 176 pro Minute.

Die Durehschni t tswerte sind aus Abb. 1 zu ersehen. I n der ersten Gruploe betrug die Pulsfrequenz bei einer Standard-

abweichung yon =k7,2 84 Schlgge pro Minute ; 5 min vor Lokalanaesthesie 83=L15,7. Als Ursache der grSgeren Streubreite muB entweder die Atroloin-Injektion im R a h m e n der Prgmedikat ion oder die psychische Alterat ion der Pa t ien ten angesehen werden. 5 bzw. 10 min naeh Lokal- anaesthesie erh6hte sich die durchsehnit t l iche Pulsfrequenz auf 114 +30 ,4 pro Minute. Vergleicht man die Wer te ve t und nach der Lokalanaesthesie statistisch, so ergibt sich eine Signifikanz mit einer I r r tumswahrschein- liehkeit ~ (einseitig) yon 0,05~ (t = 7,2; t = 3,35)4.

I n der zweiten Gruppe, die 1 Std vor Lokal~naesthesie 10 mg Doci ton erhielt, blieben die I )urchschni t tswerte konstant . Sie betrugen vor Prgmedikat ion 8 2 ~ 9 , 5 Schlgge pro Minute, vor Lokalanaesthesie

4 Zur Signifikanzberechnung benutzten wir das Buch ,,Einffihrung in die medizinisehe Statistik" yon J. ADAM, Berlin: VEB Verlag Volk und Gesundheit 1966.

Page 3: Reizbildungsstörungen und ihre Vermeidung während der Lokalanaesthesie

628 E. ~rILIVIAZ : Reizbildungsst6rungen w~hrend der Lokalanaesthesie

Tabelle. Sub~ektive und ob]ektive Beschwerden nach Lokalanaesthesie mit und ohne Dociton

ohne mit Dociton Dociton (10 mg 1o. o.) o/0 %

Objektiv Pulsfrequenz gleichbleibend 10 36 erh6ht 80 24 vermindert 10 40

Arrhythmien 10 2 Kollaps 7 0

Subjektiv LA nieht niiher definiert 85 5 unangenehm Herzklopfen 75 2 wegen Beklemmungsgefiihl 20 0

Ubelkeit 5 0

81 =~ 16,5, nach Lokalanaesthesie 80 ~= 20,2 Schl~ge pro Minute. Vergleicht man die beiden Kollektive, so 1/~Bt sieh mit hoher Signifikanz (Irrtums- Wahrseheinlichkeit ~ (einseitig)=-0,05~ ~ =-10,9; t = 3,32) 4 naeh- weisen, dal~ dureh zusgtzliche Verabreiehung yon Dociton nomotope Reizbildungsst6rungen vermieden werden k6nnen.

Wie aus der Tabelle zu ersehen ist, war die Pulsfrequenz bei der ersten Gruppe in 10~ der Falle gleichbleibend, in 800/0 der F/~lle erhSht und in 10o/o der F/~lle vermindert, in der zweiten Gruppe dagegen in 36o/0 der Fglle gleichbleibend, in 240/0 der Fi~lle erhSht und in 400/0 der F/~lle vermindert.

Bei der ersten Gruppe kam es in 10~ der F/ille zu heterotopen Reizbildungsst6rungen in Form einer Extrasystolie oder absoluten Arrhythmie. Diese folgensehweren Reizbildungstr6rungen reduzierten sieh in der zweiten Gruppe uuf 20/0 . Vier junge Patientinnen, die sehr aufgeregt waxen und eine Taehykurdie von 120--130 Pulssehl/~gen pro Minute aufwiesen, bekamen 7--10 rain nach der Lokalanaesthesie Extrasystolen.

Obwohl wir in der ersten Gruppe in 7~ der F&lle einen Schoek- zustand registrierten, t ra ten in der zweiten Gruppe keine derurtigen Zwisehenf/~lle auf.

Subjektiv empfanden in der ersten Gruppe 850/0 der Patienten die LokManaesthesie als unangenehm, in der zweiten Gruppe nur 5~ .

Als unangenehme Nebenreaktion t ra ten in der ersten Gruppe bei 75~ der F/ille Herzklopfen, bei 200/0 Beklemmungsgefiihl und bei 50/0 l~bel- keit auf. I n der zweiten Gruppe kamen nut bei 20/0 Herzklopfen vor.

Nennenswerte Zwisehenfglle naeh Doeitongabe wurden nieht beob- aehtet.

4 siehe Fugnote S. 627.

Page 4: Reizbildungsstörungen und ihre Vermeidung während der Lokalanaesthesie

D. HA~sE~: Oberfl~chenanaesthesie des Tracheobronchialsystems 629

Lediglich ein 44j~hriger gesunder Mann wies nach Lokalanaesthesie eine Bradykardie yon 42 Pulsschl~gen pro Minute bei normalem Sinus- rhythmus auf. Trotz der geringen Pulsfrequenz gab der Patient keinerlei Beeintrs seines k6rperlichen Leistungsniveaus an.

Aufgrund dieser Feststel]ungen ist es unseres Eraehtens gereeht- fertigt, die routinem/~Bige zus/~tzliehe Verabreiehung yon 10 mg Dociton zur Pr/imedikation 1 Std vor Operationsbeginn vorzaschlagen.

Auf diese Weise ist es mSglich, die nach herkSmmlichen tSr/~medi- kationen w/~hrend der Lokalanaesthesie auftretenden Nebenerscheinun- gen wie Tachykardie, Arrhythmie, Extrasystolie, Kollaps und das dadurch bedingte unangenehme subjektive Befinden weitgehend aus- zusehalten.

Zusammen/assung Es wird fiber eine Un$ersuchungsreihe an zwei Patientengruppen

berichtet. Die ers~e Gruppe wurde auf herkSmmliche Weise zur Ope- ration pr/~mediziert, der zweiten Gruppe wurde zus/itzlieh ein fi-Re- ceptorenblocker (Doeiton 10 mg p.o.) verabreieht. W/~hrend in der ersten Gruppe 850/0 der Patienten die Lokalanaesthesie als unangenehm empfanden und h~ufig Nebenerscheinungen wie tterzklopfen, Be- klemmungsgeffihl und Ubelkeit angaben, konnten diese Reaktionen in der zweiten Gruppe nnr ausnahmsweise (20/0) beobaehtet warden. In der ersten Gruppe trat in 800/0 der Y~lle eine erhebliche Tachykardie und in 70/0 der Fglle ein Schockzus~and auf. In der zweiten Gruppe wurden nur in 10~ der F~lle eine Taehykardie und kein Sehoekzustand beobaehtet. Diese Untersuehungen wurden vorgenommen, nachdem es im Tier- versueh bei 20 ttunden gelang, experimentell erzeugte Reizbildungs- stSrungen dureh App]ikation yon Reeeptorenbloekern zu vermeiden. Aufgrund dieser Feststellung wird die routinem/~Bige zus/~tzliche Verab- reichung yon 10 mg Dociton| p.o. im Rahmen der Pr/~medikation vor Durchffihrung der Lokalanaesthesie empfohlen.

97. D. HANSEN-Kiel: Tierexperimentelle Untersuehungen zur Frage des Adrenalinzusatzes bei der Oberfl~iehenanaesthesie des Tracheobronehial- systems

Verschiedene Pharmaka werden den Lokalanaesthetica in der Absicht zugesetzt, die Anaesthesiewirkung zu verst/~rken oder zu ver- 1/~ngern, die Resorption zu verzSgern oder die Toxieitat des Mittels zu vermindern. Noch heute fordert die Mehrzahl tier Autoren, daI3 bei der 5rtlichen Bet~ubung neben dem Anaes~heticum Adrenalin oder eine gleichsinnig wirkende Substanz verwandt wird. Der pharmakologischen

4i Arch. klin. exp. Ohr.-, Nas.-, u. Kehlk.Heilk., Bd. 194 (Kongrel~bericht 1969)