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Woher? Seit wann?
• Emmy Werner und Ruth Smith: Kauai Studie
• Resilienz – psychische Widerstandsfähigkeit, Begriff aus der Physik
• Aron Antonovsky: Salutogenese
• Widerstandskraft, Ressourcenorientierung, Selbstwirksamkeit
• Bindungstheorie, Bindungsforschung
• Reformpädagogische Konzepte u. a. Adler, Montessori, Dreikurs
Was Resilienz bedeutet…
• die Fähigkeit von Menschen, schwierige Situationen gesund zu überstehen
• das Zusammenspiel von Widerstandkraft, Belastungsfähigkeit und Flexibilität
• Orientierung an den „Ressourcen“ (Kraftquellen)
• lernen, mit unbeantwortbaren Fragen zu leben
• etwas sehr Persönliches
• fragen danach, was schon da ist
• erkennen, was man noch nicht kann/weiß
• Innehalten
• Mitgefühl von Mitleid zu trennen
• Verbundenheit zulassen und zu fördern vs. Grenzen setzen und abgrenzen
Das Prinzip der bedingungslosen Liebe ist immerwährend.
Liebe und Trost sollten bedingungslos sein, damit sie angenommen werden
können.
Fragen… auf die es keine Antworten gibt…
Vom Wind gesät, vom Wind geerntet,
Und dennoch ein Schöpfer,
Das ist der Mensch durch die Jahrhunderte, und stolz,
Einen einzigen Augenblick zu leben.Albert Camus, 1959
Konkret werden und nach Resilienzfaktoren suchen
Der erste Blick aus dem Fenster am Morgen
Das wiedergefundene alte Buch
Begeisterte Gesichter
Schnee, der Wechsel der Jahreszeiten
Die Zeitung
Der Hund
Die Dialektik
Duschen, Schwimmen
Alte Musik
Bequeme Schuhe
Begreifen
Neue Musik
Schreiben, Pflanzen
Reisen
Singen
Freundlich sein
Bertolt Brecht, 1954
Was Resilienz nicht bedeutet…
• Stehaufmännchen Charakter
• „Was mich nicht umbringt, macht mich härter“
• Alles ist zu überwinden, wenn man nur resilient genug ist
• Die Forderung, soziale Ungerechtigkeiten, Gewalt, ungünstige, ausbeuterische Arbeitsbedingungen akzeptieren
• Dem Leiden ausweichen, Leid und Traurigkeit „wegtrösten“
• Schnelle Lösungen und Veränderungen anstreben, um Leiden zu entkommen
• Gedanken an unsere Vergänglichkeit und Endlichkeit verdrängen
Risikofaktoren• Chronische Disharmonie in der Familie
• fehlende Bindungsbeziehungen, keine Ermutigung
• eine indifferente Erziehungshaltung
• eine gefühlskalte Familienatmosphäre
• chronischer Stress, schwere Krankheiten
• Misshandlung und Missbrauch
• niedriger sozioökonomischer Status (Armut) u. beengte Wohnverhältnisse
• dem Kind wenig zutrauen, keine Ermutigung, starke Verwöhnung
• Kriminalität eines Elternteils
• psychische Störung eines oder beider Elternteile
• Suchtproblematik bei Eltern
• soziale Isolation der Familie oder unzureichende Verfügbarkeit von Stützsystemen
Schutzfaktoren in der Familie
• autoritativer/demokratischer Erziehungsstil
• Zusammenhalt, Stabilität und konstruktive Kommunikation in der Familie
• enge Geschwisterbeziehungen
• altersangemessene Verpflichtungen des Kindes im Haushalt
• harmonische Paarbeziehung der Eltern
• unterstützendes familiäres Netzwerk (Verwandtschaft, Freunde, Nachbarn)
In den Bildungsinstitutionen
• klare, transparente und konsistente Regeln und Strukturen
• wertschätzendes Klima: Wärme, Respekt und Akzeptanz gegenüber dem Kind (und seinen Eltern)
• hoher, angemessener Leistungsstandard
• positive Verstärkung der Leistungen und Anstrengungsbereitschaft des Kindes
• positive Freundschaftsbeziehungen
Förderung von Resilienzfaktoren –Elternkooperation und Soziales Umfeld
•Gleichwertige (!) Zusammenarbeit mit dem Elternhaus und anderen sozialen Institutionen
• kompetente und fürsorgliche Erwachsene außerhalb der Familie…
- die Vertrauen fördern und ermutigen
- Sicherheit vermitteln und
- als positive Rollenmodelle dienen
Selbstentwicklungsförderung und Resilienzförderung bei Kindern und Jugendlichen
• Menschenbild der Ermutigung, Kooperation, Gleichwertigkeit
• Sichere, verlässliche, verbindliche Bindung
• Lernen am Modell
• Demokratische Erziehungs- und Kommunikationsmethoden
• Förderung der Problemlöse- und Stressbewältigungs- und Konfliktlösungsfähigkeiten
• Interesse, Zuhören, Ermutigung statt Lob, Zeit haben
• Wertschätzung, Feinfühligkeit, Zutrauen, Geborgenheit
• Wie gehe ich mit dem Alltag und mit mir um?
• Feedback, Kinderparlament, Familienrat, Morgenkreis
• Kinder streiten lassen, Kindern vertrauen beim Selberlösen
Hilf mir, es selbst zu tun!
• Selbstwirksamkeit
• Erfolgserlebnisse, kleine „g“ Geschichte
• Ich kann etwas verändern
• Ich kann etwas bewirken
• Ich kann etwas schaffen
• Ich bin Teil von einem Großen Ganzen
• Ich gehöre dazu!
Selbstentwicklungsförderung und Resilienzförderung bei sich selbst als Erwachsene• Gute, unterstützende, ermutigende, nährende
Kontakte
• Angemessene Ideale: mit sich selber freundlich umgehen
• Realistische, erreichbare Ziele setzen
• Sich nicht für alles verantwortlich fühlen, sich abgrenzen: Wer hat das Problem eigentlich? Wer ist zuständig dafür? Wo kann ich meinen Beitrag leisten? Wir sind Menschen, und wir haben Grenzen.
• Krisen und Probleme sind nicht unbedingt persönliche Hürden und persönliches Versagen
• Unterstützung holen, Gemeinschaft suchen, nicht alles alleine lösen wollen, delegieren
• Alles hat zwei Seiten: das „Gute“ im Schlechten sehen, ermutigendes Menschenbild
• Die Relationen im Blick behalten: wie ist das langfristig zu betrachten, wie ist die Verhältnismäßigkeit? Welcher Familie entstamme ich? Was hatte ich bis jetzt alles zu bewältigen? Nicht jeder ist auf die Butterbrotseite gefallen!
• Bewusst Gelungenes und Erfolge vor Augen führen, aufschreiben, festhalten
• Eigene Fertigkeiten anbieten, einsetzen können
• Selbstfürsorge
• Sinnhaftigkeit der eigenen Tätigkeit suchen und einordnen im Großen Ganzen
• Fähigkeit, sich wo nötig zu distanzieren
• Sinn für Humor pflegen!
• Hilfe und Beratung/Supervision in Anspruch nehmen!
Selbstentwicklungsförderung durch Ressourcenaktivierung bei sich selbst
• Was läuft bei mir alles gut?
• Was kann so bleiben?
• Wo liegen meine Stärken? Was kann ich alles gut?
• Worauf bin ich sogar stolz?
• Welche Fähigkeiten könnten mir helfen, dieses Problem zu lösen?
• Wie habe ich ähnliche Probleme in anderen Situationen gelöst? Wie habe ich das geschafft?
• Wer könnte mir dabei helfen und mich unterstützen?
Praktische Möglichkeiten zur Resilienzförderung:
„Jedes Kind braucht jemanden,für den die Sonne aufgeht,wenn es den Raum betritt.“
Erica Freeman, öst.am. Psychoanalytikerin
Praktische Umsetzungsmöglichkeiten zur Resilienzförderung• Kinder ernst nehmen: zuhören, eigene Meinung zugestehen
• Positive, ermutigende Stimmung und Atmosphäre in KiB
• Individuelle, kindliche Fähigkeiten spiegeln und benennen: „Mir gefällt, wie du…“ „Habt ihr gesehen, wie Paul…“
• Kinder auf ihre individuellen Leistungen aufmerksam machen und spiegeln (auch in der Gruppe): „Wie hast du das geschafft?“ „Toll, wie ihr das gemeinsam gelöst habt!“ „Habt ihr das auch gesehen, Mia hat…“
• Aufbau von Kontakten innerhalb der Gruppe fördern, Rückzugsmöglichkeiten für Partnerarbeit, Kleingruppen schaffen, gegenseitige Hilfe unter Kindern fördern, indem Kooperation und nicht Konkurrenz geschürt wird (Achtung! Lob!)
• Hilfe mir, es selbst zu tun
• Mitgestalten, Partizipation, Teilhabe ermöglichen – auch jenen, die nur wenig oder noch nicht viel können… Selbstwirksamkeit ermöglichen damit die eigenen Kontrollüberzeugungen im Sinne von „Ich kann etwas bewirken“ bestätigt oder verändert werden
Praxis II
• Krisen als Chancen wahrnehmen: Vergangenes kann nicht rückgängig gemacht werden, aber wir können beeinflussen, wie wir darüber denken
• Bei Konflikten helfen, aus der Opfer Rolle heraus zu gehen und selbst aktiv zu werden, indem wir dabei helfen, dass Kinder sagen lernen „Ich will“ und „Ich will nicht“
• Nur problematisches Verhalten kritisieren, und nicht das Kind im Gesamten als Person: „Warum bist du so wütend?“ „Was hat dich eigentlich so zornig gemacht?“
• Neugierde und Interesse fördern
Praxis III
• Rollenspielen ermöglichen zum Verarbeiten von Alltagserlebnissen
• Beispiele, Übungen und Spiele zum Einfühlen und empathisch sein lernen und das auch kommunizieren: „Wie könnten wir Sarah helfen, sich nicht mehr so traurig/wütend/verletzt zu fühlen?“ „Was denkt ihr, wie fühlt sich die Katze jetzt wohl?“ „Was denkst du, warum will Paul jetzt mit dir nicht spielen?“
• Kinder in angemessener Weise als „Beraterinnen, Ratgeberinnen, Helfende, Tröstende, Tutorinnen,…“ einsetzen: „Was würdest du mir raten? Was hältst du davon? Wie seht ihr das? Wie würdet ihr diesen Streit lösen?“
Ergebnisse der Resilienzforschung
• Schärfen den Blick für die Ressourcen, Potentiale und Kraftquellen von Kindern und Jugendlichen
• Zeigen, dass Verbundenheit viel stärker ist als Konkurrenz
• Fordern uns heraus, zu sehen, was das Kind „noch“ nicht kann
• Lenken unsere Aufmerksamkeit auf das „kleine g“ in jedem von uns
• Perspektiven auf „Schätze“ und „Anlagen“, noch nicht ausgereifte, aber vorhandene Potentiale von Kindern
• Fördern den Mut und das Vertrauen und das Zutrauen
Und wenn alles nichts hilft?
Bei stark entmutigten Kindern muss man mit Widerstand rechnen. Es dauert lange, bis die Spirale der Entmutigung und der Resignation überwunden werden kann.
Manchmal müssen wir anerkennen, dass unsere Leistungen, Bemühungen und all unser Zutun nicht wirksam sind.
Das ist das Geheimnis vom Leben und vom Lernen.
Entmutigte Heranwachsende brauchen Zeit, um ihre entmutigenden und demütigenden Erfahrungen, den Verlust ihres Zugehörigkeitsgefühls abzubauen und zu verändern.
Mein gegenwärtiges Befinden und meine Selbstsorge:
•Wie fühle ich mich gegenwärtig?
•Wann habe ich das letzte Mal geweint?
•Was erfreut mich?
•Worüber kann ich herzhaft lachen?
•Was ärgert mich?
Selbstfürsorge…
•Welche Freudenbringer gibt es in meinem täglichen Leben?
•Was beruhigt, besänftigt und tröstet mich?
•Was sagt mir mein bisheriges Lebensalter?
•Wie stehts mit meinem Vertrauen in mich selbst?
•Was kann ich tun für mein Wohlbefinden – jetzt?
… was noch?
• Welche Menschen, Ereignisse, Tätigkeiten, Orte und Dinge geben mir Kraft, Lust und Mut?
• Was entzieht mir Kraft? Was deprimiert mich?
• Was sagen meine Träume?
• Was belastet mich zurzeit besonders?
• Was sollte ich lassen?
• Was ängstigt mich?
• Was nährt mich?
Aber ich liege in Vogelfedern, hoch ins Leere gewiegt.Mir schwindelt. Ich schlafe nicht ein.Meine Handgreift nach einem Halt und findetnur eine Rose als Stütze.
Hilde Domin
Oder, mit den Worten von Dorothee Sölle, der christlichen Mystikerin:
Grenzenlos glücklichabsolut furchtlos immer in Schwierigkeiten
Nicht die Dinge selbst beunruhigen uns,sondern die Meinung und die Vorstellungen, die wir von diesen Dingen haben.Epiktet, griech. Philosoph
Der Augenblick ist mein,und nehm ich den in Acht,so ist der mein,der Zeit und Ewigkeit gemacht.
Angelus Silesius, Arzt, Theologe, Mystiker im Zeitalter des Barock
„Das ist die Angst, Verzweiflung, Unruhe, … des anderen Menschen, nicht meine! Mitfühlend kann ich erst dann Angebote machen, um den Schmerz der anderen Person zu lindern - wenn ich zwischen ihrem und meinem Empfinden und Erleben unterscheide.“ (Reddemann)
Leider… Gott sei Dank? …ist der Mensch fehlbar!
Emotionen, wie Freude, Hoffnung, Glück,
sind flüchtiger
als schwere und belastende,
wie Trauer, Verzweiflung, Schmerz.
Jeder Mensch besitzt eine Kraftreserve, deren Ausmaß er nicht kennt:
sie kann groß, klein oder gleich null sein, nur die äußere Zerreißprobe
ermöglicht ihre Einschätzung.
Primo Levi, Holocaust Überlebender
Wo habe ich diese Antreiber gelernt?Von wem und wann habe ich diese Antreiber verinnerlicht?Was ist passiert, wenn ich nicht funktioniert habe?Welche Schlüsse hab ich daraus gezogen?Was sind heute meine wichtigsten Werte und Antreiber?Und wann kommen mir meine „alten Antreiber“ als Blockade vor, wann hemmen sie mich? Wo entsteht der Konflikt in mir?
„Jede Person weiß am besten selbst, was ihrguttut und was nicht. Wir verfügen überinnere Weisheit, die unssagen kann, was zu unspasst.“ Luise Reddemann
„Ich hatte viel Bekümmernis in meinem Herzen; aber deine Tröstungen erquicken meine Seele. –Alle Sorgen werft auf ihn, denn Er sorgt für Euch.“
aus der Bachkantate
„Denn wer da meint, ein Menschenleben müsse ein Schreiten von Erfolg zu Erfolg sein, der gleicht wohl einem Toren,der kopfschüttelnd an einer Baustelle steht und sich wundert, dass da in die Tiefe gegraben wird, da doch ein Dom entstehen soll. Gott baut sich einen Tempel aus jeder Menschenseele.“
Viktor Frankl
„Wir sollten unsere Widerstandskraft dafür benutzen,
unsere Zeit nicht mit Dingen zu verschwenden, die nicht zu uns
passen.“
Luise Reddemann
Resilienz und Resilienzförderung Literaturliste• Antonovsky, Aron (1997): Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Tübingen: dgvt.
• Brisch, Karl Heinz, Hellbrügge, Theodor (2003): Bindung und Trauma, Risiken und Schutzfaktoren für die Entwicklung von Kindern. Stuttgart: Klett-Cotta.
• Buber, Martin (1979): Das dialogische Prinzip. Heidelberg: Lambert Schneider.
• Dinkmeyer, Don; Kühn, Trudi (Hrsg.) (2008): Step. Das Buch für Erzieherinnen. Kinder wertschätzend und kompetent erziehen. Berlin: Cornelsen.
• Frankl, Viktor E. (1984): Trotzdem Ja zum Leben sagen. Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager. München: dtv (EA 1947)
• Frick, Jürg (2007): Die Kraft der Ermutigung. Grundlagen und Beispiele zur Hilfe und Selbsthilfe. Bern: Verlag Hans Huber.
• Fröhlich-Gildhoff, Klaus; Rönnau-Böse, Maike (2009): Resilienz. München: Reinhardt.
• Grossmann, Karin; Grossmann, Klaus E. (2004): Bindungen – das Gefüge psychischer Sicherheit. Stuttgart: Klett-Cotta.
• Harris, Thomas (1977): Ich bin ok, du bist ok. Reinbek: Rowohlt.
• Hüther, Gerald (2009): Ohne Gefühle geht es nicht. Worauf es beim Lernen ankommt. Vortrag Juni 2009. Mühlheim: Auditorium DVD.
• Kirchmayr, Alfred (2009): Rettet die Purzelbäume: Kinderwitz und Lebenskunst. Wien: Edition Vabene.
• Redemann, Luise (2001): Imagination als heilende Kraft. Zur Behandlung von Traumafolgen mit ressourcenorientierten Verfahren. Stuttgart: Pfeiffer bei Klett-Cotta.
• Luise Reddemann, unter Mitarbeit von Peer Abilgaard (2006): Überlebenskunst/Was uns stärker macht. Von Sebastian Bach lernen und Selbstheilungskräfte entwickeln. Klett-Cotta Leben
• Luise Reddemann (2005): Eine Reise von 1000 Meilen beginnt mit dem ersten Schritt. Seelische Kräfte entwickeln und fördern, Verlag Herder Freiburg.
• Dieses Buch ist nichts weniger als eine kleine Schule der Lebenskunst, die uns zeigt, wie wir uns aus Blockaden befreien und Leichtigkeit und Gelassenheit zurückgewinnen können.
• Rothschild, Babette (2011): Der Körper erinnert sich: Die Psychophysiologie des Trauma und der Traumabehandlung. Synthesis Verlag
• Werner, Emmy (2007a): Entwicklung zwischen Risiko und Resilienz. In: Opp, Günter; Fingerle, Michael (Hrsg.): Was Kinder stärkt: Erziehung zwischen Risiko und Resilienz. München, Reinhardt, S. 311-325.
• Wustmann, Corina (2004): Resilienz. Widerstandsfähigkeit von Kindern in Tageseinrichtungen fördern. Weinheim: Beltz.