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I212 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. I 4. JAHRGANG. Nr. 34 e4. AUGUST '935 anderen Krankheitsfatl, bei dem wir uns fibrigens wegen unserer Erfahrung vor intraven6ser Digitalisgabe scheuten. Der Zweck meiner Mitteilung ist es, trotz der guten, bei 4 Fitllen gesehenen Erfolge BOHN~NKAMPS, vor allzu aktivem und sorglosem Vorgehen mit dem neuen Verfahren auch in den langdauernden, fiberhaupt ftir s01che differenten 2vlaB- nahmen in Frage kommenden FAllen yon p. T. zu warnen, da sonst die gesehilderte Methode sehr schnell in lVliBkredit geraten dfirffe. L i t e r a t u r : SeHK.D~:R, Mflnch. reed. Wschr. I934, I297. -- TH. LEVCIS, Herzkrankheiten. Berlin: Julius Springer I935. -- DR~SSLER, Klinische Elektrokardiographie. Berlin und SVien: Urban & Schwarzenberg I932. RICINUSOL ALS VERSTARKUNGSMITTEL SEROLOGISCHER REAKTIONEN, besonders der Komplementbindung bei Gonorrh~ie (MOR.). Von ROBERT Bt~ANDT. Aus der Serodiagnostischen Station der Uaiversit~itsklinik ffir Geschlechts- und Haut- krankheiten ia Wien (Vorstand: Prof. Dr. W. KERL). Vor einiger Zeit ver6ffentlichten Gi3NSBERGER und FISCHER~ eine Methode zur Verst~rkung serologischer Reak- tionen, namentlich der MOR. (Mfiller-Oppenheim-Reaktion) bei Gonorrh6e, mittels Oliven61. Damit wurde ein unbestreit- barer technischer Fortschritt erziett. Doch besteht noch ein Mangel grundsAtzlicher Art, Diejenigen Antigene und AntigenverstXrker, deren Wirksamkeit yore kolloidalen Zu- stand abhgngt, werden vorwiegend durch Verdfinnung einer alkoholischen L6sung yon Gewebsextrakt, Harzen, Cho- lesterin bzw. deren Gemisch, mit Kochsalzl6sung hergestellt. Es ist wesentlich, daf3 die betreffende Substanz in Alkohol gut 16slich, in \u unl6slich ist, damit das erweiterte Sachs-Rondonische Gesetz (AbhAngigkelt der seroiogischen Wirksamkeit yon der Verdfinnungsart) zur Geltung kommt. Der Fortschritt, der in der Einftihrung eines mit Lues nieht reagierenden Verst~trkungsmittels, nXmlich eines 01s, liegt, wird dadurch verringert, dab Oliven61 schlecht alkoholl6slich ist. Es war also der Schritt naheliegend, ein gut alkoholl6s- liches 01 zu wAhlen, und so verwendete ich Rieinws61. Die gute Alkoho!16slichkeit erlaubt beliebige Variationen bei der Verarbeitung nnd hierin liegt meiner Meinung nach der Grund, warum eine optimale Einstellung zu erzielen und kongtant einzuhalten ist. Meine Technik ist folgende: Eine Ioproz. L6sung yon Ricinus6I in absolntem AlkohoI dient als Ausgangsl6sung. Fiir den Gebraueh wird hieranS eine o,2proz. L6sung in 95proz. Alkohol hergestellt, welche wit als ,,R'" be- zeichnen. Bei Zimmertemperatur wird zu x ccm R I ccm Compli- gon mittels weiter Pipette zugegeben und nach 30 Sekunden Rei- tung, wobei die Mischung ein dicht kolloidales Aussehen gewinnt, erfolgt die Zugabe yon 3 ccm NaC1. Das lZeagens hat nunmehr etwa den Trtibungsgrad eines flblichen Mastixsols (durch Compli- gon gelblich gef~rbt). Es ist nach weiteren 2 Minuten verwendungs- f~hig, vertrAgt aber auch ein Stehenlassen dutch 1--2 Stunden. Nach mehreren Stunden rahmt ein wenig 01 auf and das Antigen zeigt dann, auch nach Aufsch[ltteln, eine Abschw~chung, die manchmaI nnr sehr gering, unter gewissen, noch nicht gekl~rten Bedingungen abet betr~chtlich ist. Ffir die Technik nach R. i~r (S. Gebrauchsanweisung des Compligon) wird dieses R-Antigen in der Menge yon 3 Tropfen verwendet, ttierin ist ungef~hr 1In soviel Comptigon enthalten wie in der Dosis bei Verwendung des nicht vorbehandelten Compligon. Bei der Vergleichsberechnung ist zu berficksichtigen, dab ein Tropfen mit NaC1 verdfinnten Compligons etwa o,04, ein Tropfen R-Compligon etwa o,o25 ccm betr~gt. Da das R-Compligon eine 5faehe Compligonverdfinnnng darstellt, sind in 3 Tropfen o,oi 5 Compligon enthalten, dagegen in 3 Tropfen einer 2fachen NaC1- Verdfinnung, der durchschnittlichen optimalen Dosis, 0,o6 Compli- gon. Dasselbe Mengenverh~ltnis bleibt bestehen, wenn wir die Anti- gene nicht tropfen, sondern messen, wobei, wie dies iiblich ist, yon alien Bestandteilen eines Versuches gleiche Mengen zugesetzt werden. Dann ist das Reagens zur Verwendung im Verh~ltnis: 5 Teite R-Compligon +3 Teile NaC1 zu verdfinnem Diese Angabe bezieht sich auf ein bestimmtes Compligon, das in der fiblichen Versuchsanordnung bei 2facher Ver- dfinnung optimal war, doch ist Compligon in seinem Titer aui3erordentlich gleichmABig, so dab bei anderen Operations- nummern die ZahlenverhMtnisse fast identiseh waren. Der Versuch 1ABt sich sowohl ftir R Ms auch bei NaC1-Verdiinnung des Compligon mit kleinerer Dosis durchffihren und gibt in den meisten FAllen ein gutes Resultat, aber der Vergleich mit der Gonoballung zeigt, dab diese Dosierung nicht optimal ist. Es ist ferner folgendes zu beachten: W'enn in einem be- stimmten Fall, etwa bei Verwendung einer sehr konzentrierten Vaccine, statt des Compligons das spezifische Antigen in ge- ringerer Menge verwendet werden soll, dart man nicht die Tropfenzahl des fertigen R-Antigens vermindern, da die optimale Wirksamkeit an eine bestimmte Menge des t31kolloids gebunden ist. Noch weniger ist es gestattet, wie dem Gefibten ja yon vornherein klar ist, bei der Bereitung des R-Antigen zu i ccm R eine geringere Menge als Icem Vaccine znzusetzen. Vielmehr muB die Vaccine gegebenenfalls vorher entsprechend verdfinnt werden, die 13ereitungsart und die MengenverhAtt- nisse sind abet ant jeden Fall genau einzuhalten. Der Vorteil der Antigenersparnis wird bereits yon GOI~S- BERGER und FISCHER unterstrichen. Es mag dies ffir kleinere Laboratorien nicht so belangvoll sein. Wenn es sich aber urn Massenuntersuchungen handelt, dann ist das Gebot ein viel dringenderes, Die yon R. MiJLLER und OPPENHEIM angegebene serologische Untersuchnng bei Gonorrh6e setzt sich trotz mancherlei ]3edenken und Einw~nden durch. WOLFRAM und ich werden demnAchst an rund 5ooo F~llen unserer Klinik (mit rund 2o ooo Untersuchungen) die klinische Bedeutung der Gonoreaktion, namentlich ffir ganz bestimmte Formen, darstellen. Aber auch an anderen Abteilungen steigt das Interesse und damit die Zaht der Einsendungen. So haben wir bereits die Protokollnummer 7oooo erreicht und hatten im ietzten jahre rund 15ooo Untersuchungen. Es ist also leicht einzusehen, was diese Ersparnis bedeutet, wenn sie sieh auch vorlAufig nur auf die Komplementbindung und nicht auf die Gonoballung bezieht. Die KBR. in ihrer bisherigen Ausifihrung steht hinter der yon meinem verstorbenen Lehrer R. IVIOLLER angegebenen Gonoballungsreaktion im Durchschnitt ein wenig an Empfind- lichkeit zurfick. Es gibt nicht so selten FAlle, die mit den beiden Ausfiihrungsarten der Gonobal!ung positiv, mit der KBR. aber negativ sind. ~[st dieses Vorkommnis schon normalerweise st6rend, so fAllt es noch mehr bei LnesfAllen ins Gewicht. Da das Gonoballnngsreagens aus dem Luesballungsreagens bereitet wird und daher naturgem~iB bei seropositiver Lues auch dann reagiert, wenn keine Gonorrh6e vorliegt, sind wir bei allen positiven Luesseren ffir die Gonorrh6ediagnostik auf die KBR. atlein angewiesen. Das ist um so unangenehmer, als stark positive Lnessera eine gewisse Neigung haben, auch mit verschiedenen nichtluischen ,,Antigenen'" zn reagieren, so dab bei seropositiver Lues eine schwache Gonorrh6ekomple- mentbindung, die noch dazu der Stfitze durch andere Reak- tionen entbehren muB, keine Beweiskraft hat. Eine Ver- stArkung (natfirlich bei erhaltener SpezilitAt), anch wenn sie nnr bei einzelnen F~illen jedes Versuchstages zur Geltung kommt, ist also recht wertvoll. Ich kann sagen, dab mit dem R-Compligon die durchschnittIiche Ausfallsbreite der Gonoballung fast erreicht ist, und dab wir eine AnzahI FAlle, darunter auch zwei yon gonorrhoischer Arthritis im Anfangs- stadium, aufweisen k6nnen, bei denen nur die KBR. mit R-Compligon positiv war. Da auch die SpeziJitdit der Modifi- kation eine ausgezeichnete ist, glaube ich sagen zu k6rmen, dab wir mit der gteichzeitigen Ansteltung der Mfillerschen Gonoballung in zweifacher Ausffihrung (Dreistundenversuch und Zentrifugiermethodik) und der KBR. mit R-Compligon einen hohen Grad yon Treffsicherheit erreichen, iJber die klinische Bedeutung soil hier nicht gesprochen werden. Das R ist fiir die KBR, in versehiedensten FAllen zu verwenden und Itihrt zum Beispiet bei Reaktionen gegen

Ricinusöl als Verstärkungsmittel Serologischer Reaktionen

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Page 1: Ricinusöl als Verstärkungsmittel Serologischer Reaktionen

I212 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . I 4. J A H R G A N G . Nr . 34 e4. AUGUST '935

anderen Krankheitsfatl, bei dem wir uns fibrigens wegen unserer Erfahrung vor intraven6ser Digitalisgabe scheuten.

Der Zweck meiner Mitteilung ist es, trotz der guten, bei 4 Fitllen gesehenen Erfolge BOHN~NKAMPS, vor allzu akt ivem und sorglosem Vorgehen mit dem neuen Verfahren auch in den langdauernden, fiberhaupt ftir s01che differenten 2vlaB- nahmen in Frage kommenden FAllen yon p. T. zu warnen, da sonst die gesehilderte Methode sehr schnell in lVliBkredit geraten dfirffe.

L i t e r a t u r : SeHK.D~:R, Mflnch. reed. Wschr. I934, I297. -- TH. LEVCIS, Herzkrankheiten. Berlin: Julius Springer I935. -- DR~SSLER, Klinische Elektrokardiographie. Berlin und SVien: Urban & Schwarzenberg I932.

RICINUSOL ALS VERSTARKUNGSMITTEL SEROLOGISCHER REAKTIONEN,

besonders der Komplementbindung bei Gonorrh~ie (MOR.).

Von

ROBERT Bt~ANDT. Aus der Serodiagnostischen Station der Uaiversit~itsklinik ffir Geschlechts- und Haut -

krankheiten ia Wien (Vorstand: Prof. Dr. W. KERL).

Vor einiger Zei t ver6ffentlichten Gi3NSBERGER und FISCHER ~ eine Methode zur Verst~rkung serologischer Reak- tionen, namentlich d e r MOR. (Mfiller-Oppenheim-Reaktion) bei Gonorrh6e, mittels Oliven61. Damit wurde ein unbestreit- barer technischer Fortschri t t erziett. Doch besteht noch ein Mangel grundsAtzlicher Art, Diejenigen Antigene und AntigenverstXrker, deren Wirksamkeit yore kolloidalen Zu- stand abhgngt, werden vorwiegend durch Verdfinnung einer alkoholischen L6sung yon Gewebsextrakt, Harzen, Cho- lesterin bzw. deren Gemisch, mit Kochsalzl6sung hergestellt. Es ist wesentlich, daf3 die betreffende Substanz in Alkohol gut 16slich, in \u unl6slich ist, damit das erweiterte Sachs-Rondonische Gesetz (AbhAngigkelt der seroiogischen Wirksamkeit yon der Verdfinnungsart) zur Geltung kommt. Der Fortschritt , der in der Einftihrung eines mit Lues nieht reagierenden Verst~trkungsmittels, nXmlich eines 01s, liegt, wird dadurch verringert, dab Oliven61 schlecht alkoholl6slich

i s t . Es war also der Schritt naheliegend, ein gut alkoholl6s- liches 01 zu wAhlen, und so verwendete ich Rieinws61. Die gute Alkoho!16slichkeit erlaubt beliebige Variationen bei der Verarbeitung nnd hierin liegt meiner Meinung nach der Grund, warum eine optimale Einstellung zu erzielen und kongtant einzuhalten ist.

Meine Technik ist folgende: Eine Ioproz. L6sung yon Ricinus6I in absolntem AlkohoI dient

als Ausgangsl6sung. Fiir den Gebraueh wird hieranS eine o,2proz. L6sung in 95proz. Alkohol hergestellt, welche wit als ,,R'" be- zeichnen. Bei Zimmertemperatur wird zu x ccm R I ccm Compli- gon mittels weiter Pipette zugegeben und nach 30 Sekunden Rei- tung, wobei die Mischung ein dicht kolloidales Aussehen gewinnt, erfolgt die Zugabe yon 3 ccm NaC1. Das lZeagens hat nunmehr etwa den Trtibungsgrad eines flblichen Mastixsols (durch Compli- gon gelblich gef~rbt). Es ist nach weiteren 2 Minuten verwendungs- f~hig, vertrAgt aber auch ein Stehenlassen dutch 1--2 Stunden. Nach mehreren Stunden rahmt ein wenig 01 auf and das Antigen zeigt dann, auch nach Aufsch[ltteln, eine Abschw~chung, die manchmaI nnr sehr gering, unter gewissen, noch nicht gekl~rten Bedingungen abet betr~chtlich ist. Ffir die Technik nach R. i~r (S. Gebrauchsanweisung des Compligon) wird dieses R-Antigen in der Menge yon 3 Tropfen verwendet, ttierin ist ungef~hr 1In soviel Comptigon enthalten wie in der Dosis bei Verwendung des nicht vorbehandelten Compligon.

Bei der Vergleichsberechnung ist zu berficksichtigen, dab ein Tropfen mit NaC1 verdfinnten Compligons etwa o,04, ein Tropfen R-Compligon etwa o,o25 ccm betr~gt. Da das R-Compligon eine 5faehe Compligonverdfinnnng darstellt, sind in 3 Tropfen o,oi 5 Compligon enthalten, dagegen in 3 Tropfen einer 2fachen NaC1- Verdfinnung, der durchschnittlichen optimalen Dosis, 0,o6 Compli- gon.

Dasselbe Mengenverh~ltnis bleibt bestehen, wenn wir die Anti- gene nicht tropfen, sondern messen, wobei, wie dies iiblich ist, yon alien Bestandteilen eines Versuches gleiche Mengen zugesetzt

werden. Dann ist das Reagens zur Verwendung im Verh~ltnis: 5 Teite R-Compligon + 3 Teile NaC1 zu verdfinnem

Diese Angabe bezieht sich auf ein bestimmtes Compligon, das in der fiblichen Versuchsanordnung bei 2facher Ver- dfinnung optimal war, doch ist Compligon in seinem Titer aui3erordentlich gleichmABig, so dab bei anderen Operations- nummern die ZahlenverhMtnisse fast identiseh waren. Der Versuch 1ABt sich sowohl ftir R Ms auch bei NaC1-Verdiinnung des Compligon mit kleinerer Dosis durchffihren und gibt in den meisten FAllen ein gutes Resultat, aber der Vergleich mit der Gonoballung zeigt, dab diese Dosierung nicht optimal ist.

Es ist ferner folgendes zu beachten: W'enn in einem be- s t immten Fall, etwa bei Verwendung einer sehr konzentrierten Vaccine, s ta t t des Compligons das spezifische Antigen in ge- ringerer Menge verwendet werden soll, dart man nicht die Tropfenzahl des fertigen R-Antigens vermindern, da die optimale Wirksamkeit an eine bestimmte Menge des t31kolloids gebunden ist. Noch weniger ist es gestattet , wie dem Gefibten ja yon vornherein klar ist, bei der Bereitung des R-Antigen zu i ccm R eine geringere Menge als I c e m Vaccine znzusetzen. Vielmehr muB die Vaccine gegebenenfalls vorher entsprechend verdfinnt werden, die 13ereitungsart und die MengenverhAtt- nisse sind abet ant jeden Fall genau einzuhalten.

Der Vorteil der Antigenersparnis wird bereits yon GOI~S- BERGER und FISCHER unterstrichen. Es mag dies ffir kleinere Laborator ien nicht so belangvoll sein. Wenn es sich aber urn Massenuntersuchungen handelt, dann ist das Gebot ein viel dringenderes, Die yon R. MiJLLER und OPPENHEIM angegebene serologische Untersuchnng bei Gonorrh6e setzt sich trotz mancherlei ]3edenken und Einw~nden durch. WOLFRAM und ich werden demnAchst an rund 5ooo F~llen unserer Klinik (mit rund 2o ooo Untersuchungen) die klinische Bedeutung der Gonoreaktion, namentlich ffir ganz bestimmte Formen, darstellen. Aber auch an anderen Abteilungen steigt das Interesse und damit die Zaht der Einsendungen. So haben wir bereits die Protokollnummer 7oooo erreicht und hat ten im ietzten j ahre rund 15ooo Untersuchungen. Es ist also leicht einzusehen, was diese Ersparnis bedeutet, wenn sie sieh auch vorlAufig nur auf die Komplementbindung und nicht auf die Gonoballung bezieht.

Die KBR. in ihrer bisherigen Ausifihrung steht hinter der yon meinem verstorbenen Lehrer R. IVIOLLER angegebenen Gonoballungsreaktion im Durchschnit t ein wenig an Empfind- lichkeit zurfick. Es gibt nicht so selten FAlle, die mit den beiden Ausfiihrungsarten der Gonobal!ung positiv, mit der KBR. aber negativ sind. ~[st dieses Vorkommnis schon normalerweise st6rend, so fAllt es noch mehr bei LnesfAllen ins Gewicht. Da das Gonoballnngsreagens aus dem Luesballungsreagens bereitet wird und daher naturgem~iB bei seropositiver Lues auch dann reagiert, wenn keine Gonorrh6e vorliegt, sind wir bei allen positiven Luesseren ffir die Gonorrh6ediagnostik auf die KBR. atlein angewiesen. Das ist um so unangenehmer, als stark positive Lnessera eine gewisse Neigung haben, auch mit verschiedenen nichtluischen ,,Antigenen'" zn reagieren, so dab bei seropositiver Lues eine schwache Gonorrh6ekomple- mentbindung, die noch dazu der Stfitze durch andere Reak- tionen entbehren muB, keine Beweiskraft hat. Eine Ver- stArkung (natfirlich bei erhal tener SpezilitAt), anch wenn sie nnr bei einzelnen F~illen jedes Versuchstages zur Geltung kommt, ist also recht wertvoll. Ich kann sagen, dab mit dem R-Compligon die durchschnittIiche Ausfallsbreite der Gonoballung fast erreicht ist, und dab wir eine AnzahI FAlle, darunter auch zwei yon gonorrhoischer Arthritis im Anfangs- stadium, aufweisen k6nnen, bei denen nur die KBR. mi t R-Compligon positiv war. Da auch die SpeziJitdit der Modifi- kation eine ausgezeichnete ist, glaube ich sagen zu k6rmen, dab wir mit der gteichzeitigen Ansteltung der Mfillerschen Gonoballung in zweifacher Ausffihrung (Dreistundenversuch und Zentrifugiermethodik) und der KBR. mit R-Compligon einen hohen Grad yon Treffsicherheit erreichen, iJber die klinische Bedeutung soil hier n i ch t gesprochen werden.

Das R ist fiir die KBR, in versehiedensten FAllen zu verwenden und Itihrt zum Beispiet bei Reaktionen gegen

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24. AUGUST 1935 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 14. J A H R G A N G . Nr . 34 12I 3

Menschenserum zu einer 8 - - Io fachen Herabsetzung der kteinsten wirksamen Antigendosis. Bei der Mischung ist allerdings zur Vermeidung der Eiweii3f~llung durch Alkohol ein anderes Mengenverh~ttnis einzuhMten.

Es sei noch die Verst~rkung des Tuberkuloseantigens nach WITEBSKY-KUHN-KLINGENSTEIN angeffihrt. Bei einem yon uns nach der Vorschrift erzeugten und verwendeten Antigen (I ccm eingedampft, mit I ccm NaC1 aufgenommen und mit weiteren 5 ccm NaC1 versetzt) war die Dosis 3 Tropfen. Wenn wir ein R-Antigen herstellten und davon ebenfalls 3 Tropfen verwendeten, mul3te dieses durchschnittl ich ilur den drit ten Teil an spezifischem Antigen enthalten.

Bereitung des R-Antigen bei Tbe. I ccm Tbc.-Antigen wird eingedampft, mit i ccm NaCt aufgenommen und entsprechend einer u zwei- bis viermal mit NaC1 verdfinnt. Die VCeiter- verarbeitung erf0tgt wie bei Compligon, nur mit geringer &nderung der Mengen: i Teit R + I Tell Tbc.-Antigen in der eben be- schriebenen Verdtinnung, 3 ~ Sekunden Reifung, sodann 5 ccm NaC1. Gebrauchsdosis, in der Technik nach R. MtJLLER, 3 Tropfen. Da das gew6hnliche Antigen 6real, das R-Antigen i2--24mal ver- dflnnt ist, betrAgt di e Ersparnis, bei gleicher Wirksamkeit, 5o-- 75 %.

G~NSBERGER und FISCHER heben auch die theoretische Bedeutung ihrer Untersuehungen hervor. Diese stellen tat- st~chlich ein wichtiges Glied in der Reihe jener Beobachtungen dar, welche zur LSsung der mannigfachen mit dem Herz- extrakt zusammenh~ngenden serologischen Probleme heran- gezogen werden k6nnen. Ich glaube, dab a uch hier die gr613ere Bewegungsfreiheit, welche mit der Einffihrung eines gut alkoholl6slichen (31s verbunden ist, ein besseres Eindringen erm6glicht. ~be r verschiedene Versuche zur Klt~rung theore- fischer Fragen werde ich gesondert berichten. Hier will ich nur folgendes sagen : Wenn die Wirkung der hierhergeh6rigen Kolloide nur als Versttkrkung betrachtet wird, dann ist das Problem zu eng gefal3t. Schon E. P. PICK und SCHWARZ, auf deren Untersuchungen ~ das ganze Fragegebiet zurfick- zuf/ihren ist, haben erkannt, daI3 durch Versetzen des spezi- fischen Antigens mit dem kolloidalen Gebilde ein neues biologisches Individuum eotsteht. Es ist nun hervorzuheben, dal3 diesem neuen Komplex nieht nur eine erhShte Reaktions- st~rlce, sondern eine neue Reaktions]orm eigen ist. Das war schon bei dem Rotzdiagnosticum yon MEINICKE 3 erkennbar, ist aber noch deutlicher bei den neueren Reaktionen, die auf MEINICKE S Prinzip aufgebaut sind. Wenn wir Gonokokken- antigen mit dem Kltkrungs- oder Ballungsantigen versetzen, so wird hierdurch nicht etwa eine Agglutination oder eine Pr~zipitation der gel6sten Bestandteile versttLrkt, sondern die spezi]ische Reaktion, die auf dem Gonolcokkenantigen be- ruht, vert~uft unter dem Bilde der Klgrung bzw. Ballung, welches dem kolloidalen Anteit des Gemisches zukommt (wAhrend dessen luesspezifischer Bestandteil nicht in Funk- tion t r i t t bzw. bei der Verwertung unter Umst~nden st6rt). \Vorin liegt nun das Wesen der ,~nderung, die durch die Mi- schung eintrit t? Es ist wohl deutlich, dab durch die erwAhnte Behandlung Antigene, welche aus L6sungen, aus lyophilen Kolloiden oder aber aus Suspensionen bestehen, in lyophobe Kolloide verwandelt werden (oder - - anders ausgedrfickt - - dab ein lyophobes Kolloid die Eigenschaften eines spezifischen Antigens erwirbt). Lyophobe K011oide stellen augenscheinlich die gfinstigste F o r m fiir die Wirksamkeit yon Antigenen dar. Das ist bei den direkten Methoden am deutlichsten erkennbar, wo ja eben die leichte Flockbarkeit der Suspensionskolloide und die Massigkeit der Reaktionsk6rper das ~vVesen der Lipoid- f lockungsreaktionen ausmachen, es gilt aber anch aus ver- schiedenen, anderwArts zu er6rternden Grfinden fiir die KBR. Es unterstehen auch nur die Iyophoben Kolloide jenen Ge- setzen, deren Ausnfitzung es erlaubt, durch relativ einfache physikalische Mal~nahmen bei der Verdfinnung das giinstigste VerhAltnis zwischen Floekungsbereitschaft und Stabiliti~t zu e rz ie len . Wenn wir so einerseits daran festhalten, dab die speziJische Wirkung der Antigene und die verstarkende Wirkung der Kolloide zwei an und ~fir sich verschiedene Dinge sind, andererseits aber erkennen, dal3 dutch die Vereinigung der beiden Faktoren ein Reagens entsteht, welches den spezi- fischen Charakter mit den wertvollen Eigensehaften des

Kolloids verbindet, dann werden wir fiberhaupt die Be- deutung der Kolloide ffir die Immunit~itsreaktionen verstehen. Eine Zurtickffihrung dieser Reaktionen auf rein koUoidale Grundlagen ist nicht nur bis jetzt nicht gelungen* - - sie kann auch niemals gelingen.

Zusammen]assung: Die Einfiihrung eines ~)lkolloids zur VerstArkung serologischer Reaktionen wird in ihrem Weft betr~chtlich erh6ht, wenn man stat t Oliven61 das alkohol- 16stiche Ricinus61 w~hlt. Mit diesem, als R bezeichneten, Reagens wird nicht nur eine wesentliche Ersparnis an spe- zifisehem Antigen erzielt; bei der MOR. mit Compligon finder auch eine unverkennbare Zunahme der Reichweite statt .

L i t e r a t u r : 1 Schweiz. reed. Wschr. 1934, Io28. -- ~ Biochem. Z. 115, 453 (19o9). --- a BerL klim ~Vschr. 1917, 12o8. - - 40. POR= GES n. M. SPIEGEL-ABoLF, Handb. d. pathogen. Mikroorganismen (KOLLE, KRAUS U. UHLENHU~rH) Bd. 1/2, lO27 (1928).

D E R MIKROSKOPISCHE NACHWEIS VON VITAMIN A IM ANIMALEN GEWEBE.

ZUR KENNTNIS DER PARAPLASMATISCHEN LEBER- ZELLEINSCHLOSSE. (III. Mitteilung.)

Yon

FRIEDRICH R. WON QUERNER, W'ien.

Zu den noch nicht get6sten Fragen der Medizin, deren Erforschung heute einen breiten Raum einnimmt, geh6rt das biochenlische Geschehen der Aufnahme und Bildung yon Vitaminen im Organismus; nachdem es nun gelungen ist, die Konsti tution einzelner dieser Faktoren, welche an- fangs einer besonderen K6rperklasse anzugeh6ren sctiienen, zu erschlieBen, liegen die Voraussetzungen vor, ihre Be- ziehung zu den Zellen selbst und ihren Stoffwechsel auf- zukl~kren.

Der mengenm~if3ige Bedarf an solchen Stoffen ist so klein, dal~ sie als Baubestandteil ffir die Zellsubstanz und Calorien- tr~iger nicht in Betracht gezogen werden dfirfen, obwohl, soviel wir bisher wissen, wahrscheinlich alle Zellen ein Vitamin- bedfirfnis haben. Das t~13t sich aus dem Einflut3 der Vitamine auf den Gesamtstoffwechsel schliel3en, der in der Haupt- sache auf eine Steuerung der OxydationsvorgAnge deutet, fiber die Lokalisation dieser Substanzen in den verschiedenen Organen und ihren cellul~ren Elementen aber wenig aussagt: Was hier an Zellen und Gewebe festgestellt werden konnte, beruht auf Analysen yon Gewebskomplexen; man hat dann die Ergebnisse auf ihre Zelten angewendet, denn unter halb~ wegs giinstigen Bedingungen war wirklich eine einheitliche Zellzusammensetzung anzunehmen. Eine Best immung irgend- welchen Vitaminvorkommens nach histologischen Momenten ist damit aber keinesfalls gegeben.

Ich babe reich bestrebt, an das Problem in diesem Sinne heranzukommen und histologische Methoden anzuwenden, ohne die Zellen in ihrem Stoffwechsel zu stfiren und die Be- ziehungen ihrer Bestandteile zur Form, welche dutch Reagens- einwirkung meist verlorengehen, zu vernichten. Tats~chlich konnte ich an Untersuchungen mit dem Fluorescenzmikroskop der optischen Werke C. Reichert, Wien, die ich anfangs allein und sparer in gemeinsamer Zusammenarbeit mit K. STURM im Histologischen Inst i tut der Universit~t Wien durchgeffihrt habe, in den isotropen Lipoidtr6pfchen der Leberparenchymzellen eine bisher noch nicht bekannte Sub- stanz darstellen, die unter normalen physiologischen Be- dingungen bei allen Wirbelfieren vorkommt und sich in keine der bekannten organischen Verbindungen der Leber einreihen l~il3t. In meiner ersten Mifteilung isf sie als ,,Leucht- stoff X " (LX) bezeichnet.

Bei Prfifung ihrer chemischen Beschaffenheit land sich, dab sie in Benzol, ~ ther u n d Aceton gelSst wird, in Wasser unl6slich und gegen verdiinnte S~iuren, Alkalien und Tem- peratur besf~ndig ist; die zur Aufkl~rung ihrer funktioneUen Bedeutung durchgefiihrten Fermentreakt ionen blieben in allen Ftkllen ergebnislos. Die Tr~ger der Substanz siad in