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1954 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. i. JAHRGANG. Nr. 39 23. SEPTEMBER 1922 gewicht auf das Kind zu iibertrage Die anatomischeI1 und physiologischell ]3esonderheiten des kindlichen Organismus ffihren zu Modifikationen auch der pharmakologischen Reak- tione die fur jedes Arzlleimittel im besonderen untersucht und werden mfissell.! .i~~~ Literatur: ~) A. FRAENIr Therap. d. Gegenw. 1914 , 5. -- ~) A. ECKSrEIN U. E. Areh. f. Kinderheilk. 7o, 1. 1921. -- a) A. CZERNY, Jahrb. f. Kinderheilk. 33, 1. 1892. -- ~) F. HOFSTADT, M~anctln. med. VVochenschr. 67, 49, 14oo. 1 9 2 o . - ~) ~u t~OTIMEYE~, Mtinchn. med. Wochenschr. 68, 12, 374. 1921. -- ~) ~r. HAPP u. K. D. BLACKFAN, Journ. of the Americ. Med. Assoc. 75, 192o. 1337 . -- ~) A. STRAUCI~, Dtsch. med. Gesellsch. v. Chicago, Sitzung 1. IV. 1921. Ref. Miinch. med. Wochenschr. 68, 31 , ioo2. 1921. -- s) F. A. F~LCIr Arch. f. d. ges. Physiol. 34, 525 1887. -- ") N. P. GUNIIOBIN, Besonderh. d. I(indesalters. Berlin 1912. -- ~o) SCHLUTZ, Zeitschr. f. Kinder- heilk. ~, 197. 191o. -- n) BOUCHUT, Gaz. des hop. civ. et.milit, 8, 132. 1889. -- 1~) MONTI, Jahrb. L Kinderheilk. 5, 63. i872. -- ~a) C. NOEGGERATH, Zeitschr. f. Kinderheilk. 4, 396. 1913. -- 14) F. BERTLING, Berl. klin. Wochenschr. 49, 147. 1912 . __ 1~) C. JAKOBY, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 66, 296. 1911 u. 241 u. 88.1920. 333. -- 16) E. POULSSON,Pharmakologie, Leipzig-t™ 1922. -- 1~) L. SALMONY,Therap. d. Gegenw. 62, 383 . 1921. -- la) GOPeERT U. LANGSTEIN, Prophylaxe u. Therap. d. Kinderkrankh. Ber- lin 192o. -- 19) STRAUB, Zit. n. INIEYER-GoTTLIEB, Exper~ment. Phar- makologie 1921. 113. -- z0) F. R6DER, Therap. Halbmonatsh. 33, 54. 191. -- 11) K. MAJERNS, Therap. Halbmonatsh. 33, 141. 1919. -- 22) E. DOBELI, Monatsschr. f. Kinderheilk. 9, 8. 1921; xx, 439. 1913; 12, 256. 1914 (s. hier einschl. Lit.). -- 2~) A. RAVENNA, Riv. clinic-pediatr. I% 371. 1912. -- ~4) D~•201 ET BOON, Alln. m› et Chirurg. inf. 16, 224 . 1912. -- e~) J. LovE, South. med. journ. 19, 21. I92I~ -- ~~) H. H. MEYER n. R. GOTTLIEB, Experim. Pharmakol., Berlin-Wiell 192o. 46. -- ~~) G. AnSSET, Med. infant. ~I, 185 . 19i 3 . -- ~s) F. LUST, Diagnostik u. Therap. d. Kindš Berlin-Wien 192o. -- 29) F. LUST, Dtsch. med. Wochenschr. 47, I545. 1921.- ~0) L. F. MEYER, Verhdlg. Dtsch. Gesellsch. f. Kinderheilk. 191I. 168.- ~~) GRONFELDER, Therap. Monatsh. 1913. 416. -- st) ~/[OLL, Monatsschr. f. Kinderheilk. 22, 228. 1921 (Jenaer Tagung). 0FFENTLICHES RONTGENSCHADIGUNGEN, IHRE ZlVlL-UND STRAFRECHTLICHEN FOLGEN. Von Dr. med. WILHELM FLASKAMP. Ans der Universit/itsfrauenklinik Erlangen. (Direktor: Professor Dr. med. et phil. HERMANN WINTZ.) Auf dem letzten R6ntgenkongreB in Berlin zu Ostern dieses Jahres wurde alll~13]ich der Besprechung der I(linik der R6ntgellsch/idigungen mit aller Deutliehkeit ausgesproehen, dal3 es an der Zeit set, die geheimnisvollen Schleier, die bisher grundlos flber R6ntgensch/~digungen irgendwelcher Art tramer wieder gebreitet wurden,' zu zerreiBen und freimiifig allch in der 0ffentlichkeit flber diese Tatsachen zu reden. Man haire endlich erkannt -- und ich selbs™ habe in der Sitzung des forensischen Ausschusses darauf aufmerksam machen k6nnen --," daB die v611ig unbegriindete Geheimniskr~imerei nur scha- digende Folgen frit die gesamte R6ntgenologie im Gefolge haben wtirde, bereits gehabt hat. Das mit Vorliebe an medizillischen MaBnahmen kriti- sierende Laienpublikum hat sich l~ingst auch schon mit dem Thema ,,R6ntgenschgdigungen" beiaBt und durch grund- falsche Gedankeng/inge dariiber die R6ntgenologie schwer diskredifiert. Die F~lle von R6ntgensehS~digungen m/issen demnach in aller 0ffentlichkeit besproehen werden, datait dem Laien- publikum auf der einen Seite die unbegrtindete Scheu vor dem R6ntgenmedikament genommen and ihm auf der anderen Seite die gewaltigell Schwierigkeiten der A dieses Medikame klar werden. Dem Nichffachmanne mfissen ferner die Augen dariibar ge6ffnet werden, mit welchen bio- logischen, physikalischen llnd technisc5en R~tseln heute noch der R6ntgenotoge zu k/~rnpfell hat, damit seiner leichtfertigen und oberfl/~chlichen Kritik das Wasser ab- gegraben wird. Aber nicht nur ffir die Laienwelt, sondern auch f/if die Arztesehaft im allgemeinen ist die Kenatnis der R6ntgen- sch/idigungen .von weiZtragendster Bedeutung, weil dadurch die klinische Forschung und die sachverst/i Behandlung erfolgreich gef6rdert werden k6nnen. FUr die A_rzteschaft wird die Kenntnis der R6ntgensch~digunge weiter de Er- folg haben, die R6ntgenstrahlenamvendung jeder Art, d. h. sowohl in der Diagnostik, Ms auch in der Therapie, mehr wie bisher im Rahme eines peilllich dosierten Medikamelltes, unter BeriickMchtigung der bis heure als feststehend erkanllten Regeln zu handhaben. Ich kalln mir nicht dellken, dal3 die Kenntnis der,,Folge einer Behandlungsart, zumal diese doch nur in einem ga minimaIen Prozelltsatz behandelter Kranken zutage tretell, gegellfiber der klinischen und therapeutischen Bedeutung dieses Medikamentes fiir den Arzt, der doch fiir seine Dar- GESUNDHEITSWESEN. reichung, kraft seines auf dell Krankell, dea Aus- schlag zu geben hat, Grnnd sein kann, vor der A zurfickzuschrecken. Wenn er nun wirklich abat, aufgekHirt fiber die M6glichkei~ von R6ntgensch~den, seine t™ zieht und bel der Strahlenanwendnllg nur mit peinlichster Vorsicht and Sorgfalt vorgeht, danll habell wir ffir die R6239 logie einen weiteren Erfolg, n~mlich den, der leichtfertigen u leider noch so oft beobachtetell unwissenschaItlichen R6ntgenstrahlenanwendung einen Riegei vorgeschoben zu haben, zum Heile und Vorteile der t~611tgenologie. Es soll an dieser Stelle aicht von Ktinik, Pathologie und Therapie der R6ntgensch~digungen die Rede sein, sondern es sollen besproehen werden die Fo!gen von R6ntgensch~Ldi- gungell selbst, Folgen, die ich materiel!e nennen m6chte, n/~mlich die fore Wir erleben immer wieder, dal3 R6ntgengeschgdigte den Klageweg beschreiten und auf Grllnd ihrer Sch~dignag Scha- denersatzansprfiche gegen den R611tgenologen geltend mache oder gar Strafantr~ge stellen. Diese R6ntgenprozesse sind ffir beide Teile, zumal gew6hnlich aueh ein grol3er Gutachter- apparat aufgeboten wird, h6chst unerquicklich u sicher- lich kein geeignetes Propagalldamittel, sich mit R6 wissenschaft zu befassen, oder sich einer R6ntgenstrahle anwendang zu unterziehell. Die Kenntnis eines groBen MateriMs vo R6ntgensch~idi- gungen, das meinem Chef, Prof. WINTZ, fortgesetzt zut Be- gutachtung vorgelegt wird, lieG mich feststellen, daB diese unerquicklichen Prozesse sicherlich teilweise vermieden wer- dell k6nnten, wenn beide Seife Arzt und Patient, sich neben der, ich m6chte sagen, ideelle Seite des R6ntgenmedikamen 7 tes, d. h. also seiner therapeutischen Anwendung, anch mit den Fragen besch/iftigen wtirden, die ich obell materielle Fragen nallnte -- den forensischen Folgen. So komme ich den um so bereitwitliger der Aufforderung dieser Zeitschrift nach, die rein juristischen Gesichtspullkte, deren Beachtu fiir R6ntgenbetdebe mir auf Grund des Aktenstudiums im Laufe der Zeit als bedentsam erschienen gind, ei zusammenzustellen. R6ntgenschiidigungen k6nne auitreten beim Bestrahler sowohl, als auch beim Bestrahlten. Daraus ergibt sich von selbst eine Zweiteilung des Themas, die nm so selbstverst~tnd- licher ist, als auch das gesetzliche Moment fiir beide Kate- gorien verschieden ist Es hat zun~chst die Rede zu sein, von Sch~idigungell an Bestrahlern und ihren gesetzlichen Kon- sequenze In der Praxis sind /3estrahler die Arzte, die die Bestrah- lung leiten und beaufsichtigen und das technische Personal, das die Schalttafeln bediellt ulld die Apparaturen in Ordnung hglt. Ste alle sind, ausgenomme der Chef eiller Privatklinik, d er mit eigener Apparatur bestrahlt, oder diese etwa als Privat- besitz einem_ Kranke~ainstitute zut Verfiigung gestellt ~hat,

Röntgenschädigungen, Ihre Zivil- und Strafrechtlichen Folgen

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1954 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . i. J A H R G A N G . Nr . 39 23. SEPTEMBER 1922

gewicht auf das Kind zu iibertrage�9 Die anatomischeI1 und physiologischell ]3esonderheiten des kindl ichen Organismus ffihren zu Modif ika t ionen auch der pharmakolog ischen Reak- tione�9 die fur jedes Arzl le imit te l im besonderen un te r such t und �8 werden mfissell.! .i~~~

L i t e r a t u r : ~) A. FRAENIr Therap. d. Gegenw. 1914 , 5. -- ~) A. ECKSrEIN U. E. �9 Areh. f. Kinderheilk. 7o, 1. 1921. -- a) A. CZERNY, Jahrb. f. Kinderheilk. 33, 1. 1892. -- ~) F. HOFSTADT, M~anctln. med. VVochenschr. 67, 49, 14oo. 1 9 2 o . - ~) ~u t~OTIMEYE~, Mtinchn. med. Wochenschr. 68, 12, 374. 1921. -- ~) ~r. HAPP u. K. D. BLACKFAN, Journ. of the Americ. Med. Assoc. 75, 192o. 1337 . -- ~) A. STRAUCI~, Dtsch. med. Gesellsch. v. Chicago, Sitzung 1. IV. 1921. Ref. Miinch. med. Wochenschr. 68, 31 , ioo2. 1921. -- s) F. A. F~LCIr Arch. f. d. ges. Physiol. 34, 525 �9 1887. -- ") N. P. GUNIIOBIN, Besonderh. d. I(indesalters. Berlin 1912. -- ~o) SCHLUTZ, Zeitschr. f. Kinder- heilk. ~, 197. 191o. -- n) BOUCHUT, Gaz. des hop. civ. et.milit, 8, 132. 1889. -- 1~) MONTI, Jahrb. L Kinderheilk. 5, 63. i872. -- ~a) C. NOEGGERATH, Zeitschr. f. Kinderheilk. 4, 396. 1913. --

14) F. BERTLING, Berl. klin. Wochenschr. 49, 147. 1912 . __ 1~) C. J A K O B Y , Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 66, 296. 1911 u. 241 u. 88.1920. 333. -- 16) E. POULSSON, Pharmakologie, Leipzig-t™ 1922. -- 1~) L. SALMONY, Therap. d. Gegenw. 62, 383 . 1921. -- la) GOPeERT U. LANGSTEIN, Prophylaxe u. Therap. d. Kinderkrankh. Ber- lin 192o. -- 19) STRAUB, Zit. n . I N I E Y E R - G o T T L I E B , Exper~ment. Phar- makologie 1921. 113. -- z0) F. R6DER, Therap. Halbmonatsh. 33, 54. 191. -- 11) K. MAJERNS, Therap. Halbmonatsh. 33, 141. 1919. -- 22) E. DOBELI, Monatsschr. f. Kinderheilk. 9, 8. 1921; xx, 439. 1913; 12, 256. 1914 (s. hier einschl. Lit.). -- 2~) A. RAVENNA, Riv. clinic-pediatr. I% 371. 1912. - - ~4) D~•201 E T B O O N , Alln. m› et Chirurg. inf. 16, 224 . 1912. -- e~) J. LovE, South. med. journ. 19, 21. I92I~ -- ~~) H. H. MEYER n. R. GOTTLIEB, Experim. Pharmakol., Berlin-Wiell 192o. 46. -- ~~) G. AnSSET, Med. infant. ~I, 185 . 19i 3 . -- ~s) F. LUST, Diagnostik u. Therap. d. Kindš Berlin-Wien 192o. -- 29) F. LUST, Dtsch. med. Wochenschr. 47, I545. 1 9 2 1 . - ~0) L. F. MEYER, Verhdlg. Dtsch. Gesellsch. f. Kinderheilk. 191I. 1 6 8 . - ~~) GRONFELDER, Therap. Monatsh. 1913. 416. - - st) ~/[OLL, Monatsschr. f. Kinderheilk. 22, 228. 1921 (Jenaer Tagung).

0FFENTLICHES R O N T G E N S C H A D I G U N G E N ,

I H R E Z l V l L - U N D S T R A F R E C H T L I C H E N FOLGEN.

V o n

Dr. med . WILHELM FLASKAMP. Ans der Universit/itsfrauenklinik Erlangen.

(Direktor: Professor Dr. med. et phil. HERMANN WINTZ.)

Auf dem le tz ten R6ntgenkongreB in Berl in zu Ostern dieses Jahres wurde alll~13]ich der Besprechung der I ( l inik der R6ntgel lsch/ idigungen mi t aller Deut l iehke i t ausgesproehen, dal3 es an der Zeit set, die geheimnisvol len Schleier, die bisher grundlos flber R6ntgensch/~digungen i rgendwelcher Ar t t ramer wieder gebre i te t wurden, ' zu zerreiBen und freimiif ig allch in der 0 f fen t l i chke i t flber diese Ta t sachen zu reden. Man ha i r e endlich e rkann t -- und ich selbs™ habe in der S i tzung des forensischen Ausschusses darauf au fmerksam machen k6nnen --," daB die v611ig unbegr i inde te Geheimniskr~imerei nur scha- digende Folgen frit die gesamte R6ntgenologie im Gefolge haben wtirde, �9 berei ts gehab t hat .

Das mi t Vorl iebe an medizi l l ischen MaBnahmen krit i- sierende La ienpub l ikum ha t sich l~ingst auch schon mi t dem T h e m a ,,R6ntgenschgdigungen" beiaBt und durch grund- falsche Gedankeng/ inge dari iber die R6ntgenologie schwer diskredif ier t .

Die F~lle von R6ntgensehS~digungen m/issen demnach in aller 0 f fen t l i chke i t besproehen werden, da ta i t dem Laien- pub l ikum auf der einen Seite die unbegr t indete Scheu vor dem R 6 n t g e n m e d i k a m e n t genommen and ihm auf der anderen Seite die gewalt igel l Schwier igkei ten der A�9 dieses Medikame�9 klar werden. D e m Nich f fachmanne mfissen ferner die Augen dari ibar ge6ffnet werden, mi t welchen bio- logischen, physikal ischen llnd technisc5en R~tseln heu te noch der R6ntgenotoge zu k/~rnpfell h a t , dami t seiner le icht fer t igen und oberfl/~chlichen Kr i t ik das Wasser ab- gegraben wird.

Aber n ich t nur ffir die Laienwelt , sondern auch f/if die Arz tesehaf t im al lgemeinen ist die Kena tn i s der R 6 n t g e n - sch/ idigungen .von weiZtragendster Bedeutung , weil dadurch die kl inische Forschung und die sachverst / i �9 Behand lung erfolgreich gef6rder t werden k6nnen. FUr die A_rzteschaft wird die Kenntn i s der R6ntgensch~digunge�9 wei te r de�9 Er - folg haben, die R6n tgens t r ah l enamvendung jeder Art , d. h. sowohl in der Diagnost ik, Ms auch in der Therapie , mehr wie bisher im Rahme�9 eines peilll ich dosier ten Medikamel l tes , un te r Beri ickMchtigung der bis heure als fes ts tehend erkanl l ten Rege ln zu handhaben .

Ich kal ln mir n icht dellken, dal3 die Kenntn is de r , ,Fo lge �9 einer Behandlungsar t , zumal diese doch nu r in e inem ga�9 minimaIen Prozel l t sa tz behande l te r Kranken zutage tretel l , gegellfiber der kl inischen und the rapeu t i schen Bedeu tung dieses Medikamentes fiir den Arzt, der doch fiir seine Dar-

GESUNDHEITSWESEN. reichung, kraf t seines �9 auf dell Krankel l , dea Aus- schlag zu geben hat, Grnnd sein kann, vor der A�9 zurfickzuschrecken. W e n n er nun wirkl ich abat, aufgekHirt fiber die M6glichkei~ von R6ntgensch~den, seine t™ zieht und bel der S t rahlenanwendnl lg nur mi t peinl ichster Vorsicht and Sorgfal t vorgeht , danll habell wir ffir die R6�9239 logie einen wei te ren Erfolg, n~mlich den, der le icht fer t igen u�9 leider noch so oft beobachte te l l unwissenschaI t l ichen R6n tgens t r ah lenanwendung einen Riegei vorgeschoben zu haben, zum Heile und Vortei le der t~611tgenologie.

Es soll an dieser Stelle a i ch t von Ktinik, Pa thologie und Therapie der R6ntgensch~digungen die Rede sein, sondern es sollen besproehen werden die Fo!gen von R6ntgensch~Ldi- gungell selbst, Folgen, die ich materiel!e nennen m6chte, n/~mlich die fore�9

Wir er leben immer wieder, dal3 R6ntgengeschgdig te den Klageweg beschrei ten und auf Grllnd ihrer Sch~dignag Scha- denersatzansprf iche gegen den R611tgenologen gel tend mache�9 oder gar St rafant r~ge stellen. Diese R6ntgenprozesse sind ffir beide Teile, zumal gew6hnlich aueh ein grol3er Gutach te r - appa ra t aufgeboten wird, h6chst unerquickl ich u�9 sicher- l ich kein geeignetes Propagal ldamit te l , sich mi t R6�9 wissenschaft zu befassen, oder sich einer R6ntgens t rah le �9 a n w e n d a n g zu unterziehel l .

Die Kenn tn i s eines groBen MateriMs vo�9 R6ntgensch~idi- gungen, das me inem Chef, Prof. WINTZ, for tgese tz t zu t Be- gu tach tung vorgelegt wird, lieG mich feststellen, daB diese unerquickl ichen Prozesse sicherlich tei lweise ve rmieden wer- dell k6nnten, wenn beide Seife�9 Arz t und Pa t ien t , sich neben der, ich m6chte sagen, ideelle�9 Seite des R 6 n t g e n m e d i k a m e n 7 tes, d. h. also seiner therapeut i schen Anwendung, anch m i t den Fragen besch/if t igen wtirden, die ich obell mater ie l le F ragen nal ln te -- den forensischen Folgen.

So k o m m e ich den�9 um so berei twit l iger der Auf fo rde rung dieser Zei tschr i f t nach, die rein jur is t ischen Gesichtspullkte , deren Beachtu �9 fiir R 6 n t g e n b e t d e b e mir auf Grund des Aktens tud iums im Laufe der Zeit als beden t sam erschienen gind, ei�9 zusammenzuste l len .

R6ntgenschi id igungen k6nne�9 au i t r e t en be im Bes t rah le r sowohl, als auch be im Best rahl ten . Daraus ergib t sich von selbst eine Zwei te i lung des Themas , die n m so selbstverst~tnd- l icher ist, als auch das gesetz l iche Momen t fiir be ide Kate - gorien verschieden i s t Es ha t zun~chs t die Rede zu sein, von Sch~idigungell an Bes t rah le rn und ihren gesetzl ichen K o n - sequenze�9

In der Praxis sind /3estrahler die Arzte, die die Bes t rah- lung leiten und beaufs icht igen und das technische Personal , das die Scha l t t a fe ln bediel l t ulld die A p p a r a t u r e n in Ordnung hglt. Ste alle sind, ausgenomme�9 der Chef eiller Pr iva tk l in ik , d er mi t eigener Appara tu r bes t rah l t , oder diese e twa als P r i va t - bes i tz einem_ Kranke~ainsti tute zut Verf i igung gestell t ~hat,

23. SEPTEMBER x922 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

Angestellte ira Sinne des Gesetzes. Der Ansteller ist ent- weder die Klinik- oder Krankenhausverwaltung, oder der Chefarzt eines s01chen Insti tutes, ganz allgemein gesprochen der Apparatebesitzer. Angestellte sind die Assistenz/irzte und Ingenieure, die R6ntgenassistenten (-innen), oder die Tech- niker.

Zwischen Ansteller und Angestellten besteht, gleichgfiltig, ob ein schriftliches oder miindliches oder i iberhaupt kein ausdrfickliches, also stillschweigendes Ubereinkommen sta t t - gefunden hat, ein Dienstvertrag im Sinne der w167 6II!f . ]3GB. Nach w 611 BGB. !iegt dem Angestellten ,,die Leistung der versprochenen Dienste", dem Ansteller ,,die Gews der versproehenen Vergii tung" ob. Der zitierte Paragraph tr/igt noch den Nachsatz , ,Gegenstand des Dienstvertrages k6nnen Dienste jeder Ar t sein", woraus zu folgern ist, dag die Eigen- art der Bet/~tigung durch den Vertrag nicht berfihrt wird.

Dag nun aber dem Angestellten bel seiner Dienstverrich- tung ein Schaden an Leben und Gesundheit erwachse, ver- hindert w 618 BGB., wonach der Dienstberechtigte ( = An- steller) Rgume, Vorrichtungen und Ger/itschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten, und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln bat, dag der Verpflichtete ( = Angestellte) gegen Gefahr f/ir Leben und Gesundheit so weit geschiitzt ist, ,,als die Natur der Dienstleistung es gestattet".

Der gleiche w 618 BGB. sagt in seinem letzten Absatze: ,,Erffillt der Dienstberechtigte (vorliegend also der Ansteller) die ihm in Ansehung des Lebens und der Gesundheit des Dienstverpil ichteten (= Angestellten) obliegenden Verpflich- tungen nicht, so finden auf ,,seine Verp/lichtung zum Schaden- ersatze" die ffir nnerlaubte Handlungen geltenden Vor- schriften der w167 842--846 entsprechende Anwendung."

Das Gesetz 1/igt also hier fiber die Pflichten von Ange- steilten und Ansteller keinen Zweifel. Der Angestellte ba t die ,,versprochenen Dienste zu leisten", der Ansteller dagegen bat, neben der Ers ta t tung der vereinbarten Vergfitung, seinen Betrieb derarfig einzurichten, dag der Schutz des Ange- s te l l ten gegen Gefahr ffir Leben und Gesundheit garantier t is%. Die Verpflichtungen des Anstellers gehen jedoch nur so weit, ,,als .die Natur der Dienstleistung es gestattet".

In diesem so schwer definierbaren Begriff, dessen prak- tische Auslegung frit R6ntgenbetriebe in allen gerichtlichen Klagen fiber R6ntgensch~dignngen den Angelpunkt der Ent- scheidungen der Gutachter nnd Richter bilden, l iegt einer der wichtigsten Punkte der forensischen Bedeutung der Ange- stelltenschgdigungen. Es ist Sache des-IRichters, nach An- h6ren, des Gutachters, einen VerstoB gegen den Sinn des zitierten Paragraphen Iestzustellen. Stel l t er einen solchen Verstog test, dann ist der Ansteller dem Angestellten gegen- fiber schadensersatzpflichtig. Die Schadensersatzpflicht ba- siert auf dem w 618 13G13. In seinem Absatze 3 verweist dieser Paragraph, wie schon erw/ihnt, auf die entsprechende An- wendung der w167 842--846 BGB. Diese Paragraphen regeln lediglich die H6he des Schadensersatzes, ihre Besprechung er- fibrigt sich an dieser Stelle.

Neben der berechtigten Anwendung der Paragraphen des Bfirgerlichen Gesetzbuches wirft sich von selbst die Frage auf, oh der Ansteller sich auch strafrechtiicher Verfolguug aussetzt, wenn eine Angestelltenentsch~digung eingetreten ist. Auch diese Frage ist zu bejahen.

Das Deutsche Reichsstrafgesetzbuch sieht Strafen vor frit vors/itzliche sowohl als auch fahrl/issige K6rperverletzung. Ich nehme den FMI des Vorsatzes ans, weil diese FNle nur verschwindend wenig vorkommen werden und den Rahmen dieser Mlgemeinen Betrachtungen fiberschreiten w/irden. Einen Anhalt f/if den Begriff der Fahrl/issigkeit bieten nur die w167 222 und o-3o StGB., insofern ste zur Fahr!/~ssigkeit die ,,Vernachldissigung p/lichtgem(ifier A~]merlcsamlceit" fordern (zit. nach FR.y StGt3K.). Fahrl~ssigkeit ist aber auch die Nichtvoraussicht des voraussehbaren Erfolges bel Vornahme der Willensbet~itigung. Voraussehbar ist der Erfolg, wenn ihn der T~ter hgt te voraussehen k6nnen und sollen (LIszT, Lehrbuch d. Deutschen StraIrechts), Zum Begriff der Fahr-

R I F T . L J A H R G A N G . Nr. 39 I955

l~issigkeit .geh6rt der Mangel an Vorsicht sowohl, als auch der Mangel an Voraussicht. Aus diesen Voranstellungen ergibt sich von selbst, wann der Begriff der Fahrls bei 1R6nt- gensch/idigungen gegeben ist oder nicht. Die Entscheidung liegt beim Richter. Nach w 222 StGB. ha t der IRichter beim Tode des Angestel]ten, falls Fahr]~ssigkeit des Anstellers er- wiesen, auf Gef~ngnis, nach w 23o StG]3. bei t™ auf 90o Mark Geldstrafe oder Gef/ingnis bis zu 3 Jahren zu erkennen.

Bisher habe ich mich mit de�9 Tatsache der RSntgensch~di- gung des Angestelltenpersonals und den daraus resulfierenden Folgen ffir den Besitzer des R6ntgenapparates befagt. Auf die zweite I(ategorie von Sch/idigungen, die Patientenschs gungen, lassen sich eine Anzahl der bisher erlguterten Begriffe analog anwenden. Da der gesch/~digte Pat ient den Klageweg meist gegen den Arzt, in dessert Behandlung er sich begeben bat, beschreitet, ist es notwendig, zun~chst das ge- setzliche Verhgltnis beider zueinander zu charakterisieren und daraus die Haftpfl icht des Arztes gegeniiber dem Patienten abzuleiten.

Wenn der Kranke den Arzt aufsucht und dieser die Be- handlung fibernimmt, schlieBen beide einen Vertrag. Ob im einzelnen Falle ein Dienst- oder Werkver t rag vorliegt, ist eine rein juristische Frage, die hier zu er6rtern nicht der Platz ist. Vertragspartei - - auch das ist nebenss - - ist entweder der Pat ient selbst oder der gesetzliche Vertreter (z. t3. der Vater eines Kindes). Wenn Krankenkassen oder Versiche- rungsanstalten und ~hnliche Gesellschaften mit s /iber Krankenbehaudlung kontrahieren, sind die Genannten Ver- t ragspartei (Vertrag zugunsten Dri t ter in Gem~Bheit der w167 328ff BGB.). Bei der gleich zu erSrternden t taf tungsfrage stoBen wir auf Grund des vorliegenden Vertragsverh~ltnisses auf die w167 276 und 278 BGB.

In ganz seltenen F~llen kann zwischen Arzt und Kranken ein Verh/~ltnis eintreten, das gesetzlich Ms Gesch~ftsffihrung ohne Auftrag charak™ ist (w 677 BGB.). Diese liegt dann vor, wenn der Arzt dem vermuflichen Wi!len des Kranken ent- sprechend Dienste leistet. Als ]3eispiel set angeffih�9 die Behandhng eines Verunglfickten usw. Ffir die R6ntgen- therapie liegt die Gefahr solcher Haftbarwerdung fast auBer- halb des Bereiches der M6glichkeit. Hier erw//hne ich ste trotzdem, weil ich sus meiner Praxis den Fall der Milz- bestrahlung eines an schwerster Hgmopt6e akut erkrankten, bewuBtlosen Mannes kenne und mir auBerdem in der Li teratur auffiel, dag die ffir diese ganz seltenen F/ille bel fahrl~ssigem Handeln geltenden w167 823 und 83x BGB. verallgemeinert wurden und an Stelle der von mir oben erw~hnten w167 276 und 278 als maggebend zitiert wurden. Da aber festgestellt wurde, dag die t-Ia™ in der fiberwiegenden Mehrzahl der F~lle aus Vertrag resultiert, haben lediglich die w167 276 und 278 Gfiltigkeit.

Nach dem w 276 ]3GB. ha t d e r Schuldner (vorliegend der Arzt), sofern nicht ein anderes best immt ist, d. h. sofern nicht Sonderabmachungen getrofIen wurden, Vorsatz und Fahr- 1/issigkeit zu vertreten. Der Vorsatz ist wiederum, wie beim Verh/fftnis zum Angestellten, als Ausnahmsfall sus der Be- t rachtung auszuschlieBen. Fahrl/issig aber handel t der Arzt, .wenn er ,,die ira Verlcehr erJorderliehe Sorg]alt aufier acht ldiflt". In den R6ntg› handel t es sich tramer wieder darum, den Begriff der ,,erforderlichen Sorgfalt" frit jeden ein- zelnen Fall festzulegen und zu entscheiden, ob Fahrl/~ssigkeit vorliegt oder nicht.

DerAnwendungsbereich des w 276BGB. erstreckt sich auf den Schuldner, da also bisher immer von Arzt und Pat ienten ge- sprochen wurde, sui den Arzt. Is t nun aber der 1RSntgen- appara t ira Besitze einer Klinik oder eines Krankenhauses und r ichtet sich die Klage gegen diese, dann haften diese als juristische Personen nach w 278 BGB. ffir ihre gesetzlichen Vertreter bzw. ihre Erffilhngsgehilfen.

Eine wich™ Frage ist nun die, inwieweit der Apparat- besitzer frit seine Angestellten haftpflichtig ist. t~esteht doch die M6glichkeit, dag der Besitzer des Apparates bel der l~6nt- genstrahlenanwendung gar nicht zugegen war. In Frage kommen hier prakt isch die Assistenz/irzte und das tech-

1956 K L 1 N I S C H E W O C H E N S C H

nische PersonM. Diese s ind n a c h d e m Gese tz die �9 gehi l fen des A p p a r a t b e s i t z e r s u n d fiir sie h a I t e t dieser n a c h w 278 B G B . g e n a u so als ob eignes V • vorl/ige. Es i s t gleichgii l t ig, ob A p p a r a t b e s i t z e r n u n ein A r z t se lbs t oder eine K r a n k e n a n s t a l t war . W i c h t i g f/if den A nges t e l l t en is t es na t / i r l i ch zu wissen, daB sich der Ans te l l e r auf G r u n d des D i e n s t v e r t r a g e s w BGB. a n i h n h a l t e n u n d Ies t s te l len wird, ob die gemgl3 w 276 BGB. e r forder l iche Sorgfa l t aul3er a c h t gelassen wurde .

Die M6g l i chke i t en der z iv i t rechf l i chen H a f t u n g des A p p a - r a t b e s i t z e r s gegen den P a f i e n t e n s ind d a t a i t ersch6p~t. Die s t ra~rechf l iche H a f t u n g l~13t sich in Ana log ie zu der oben aus- e i n a n d e r g e s e t z t e n Anges t e l l t ensch / id igung l e i ch t e r l~u te rn . De r R i c h t e r ha t , wie oben, n a c h den w167 222 bzw. 23 o S tGB. zu en t sche iden , ob der Begri ! I der fahrl/~ssigen I ™ 2 5 2 t a t s / i ch l i ch vor l iegt . W i c h t i g i s t jedoch, zu wissen, dal3 s t ra t - r e ch t l i ch nie die j u r i s t i s che Person, also I™ u n d K r a n k e n - h~user , Ms Bes i tze r de r R 6 n t g e n a p p a r a t u r zur R e c h e n s c h a f t gezogen w e r d e n k6nnen , s o n d e r n i m m e r nu r der B e s t r a h l e r selbst .

Mi t d iesen A u s I i i h r u n g e n s ind die wich f igs t en P u n k t e der fo rens i schen B e d e u t u n g v o n R6n tgensch /~d igungen ersch6pf t . Es wfirde zu we i t f i ihren, a u c h n o c h fiber die B e d e u t u n g von Sch/~digungen zu sprechen, die d u r c h Fah r l g s s i gke i t des be- s t r • K r a n k e n se lbs t e n t s t e h e n . A u c h i iber die B e d e u t u n g des v i e l u m s t r i t t e n e n , vo r der B e s t r a h l u n g zu u n t e r s c h r e i b e n - den Reverses k a n n h ie r n i c h t gesp rochen werden . Dieser h a t ju r i s f i sch ke iner le i B e d e u t u n g , i s t n u r morMisch wicht ig .

R I F T. r. J A H R G A N G. N r. 39 OE3. SEPTEMBER I92~

Es geh t !dar aus den Aus f f ih rungen hervor , dal3 die An- w e n d u n g des Gesetzes gegen oder fiir den B e s t r a h l e r / iuBerst kompI iz ie r t ist, weil der R i c h t e r m i t Begri~fen wie ,,Natur der Dienstleistung" u n d ,,Sorg]alt ira Verkehr" zu a r b e i t e n ha t , die er ge rade in u n s e r e m Fal le se l ten 0 h n e Z u h i l f e n a h m e von Sachvers tXndigen M/iren k a n n . A u c h fiir die med iz in i schen u n d t e c h n i s c h e n S a c h v e r s t s e rgeben s ich h ie raus F ragen , die h/ iufig m i t e inem pr/ izisen J a oder Ne in n i c h t b e a n t - w o r t e t werden k6nnen . SVir als R 6 n t g e n o l o g e n h a b e n das allergr613te In t e re s se daran , daB die R 6 n t g e n p r o z e s s e v o n der T a g e s o r d n u n g ve r schwinden , daB aber a u c h d e m Arzte , wie d e m d u r c h R 6 n t g e n s t r a h l e n Gesch~dig ten , das R e c h t geschieht , das i h m z u k o m m t . D a r a u s folger t fiir uns w e i t e r h i n die No t - wendigke i t , m6g l i chs t u m s c h r i e b e n e B e t r i e b s v o r s c h � 9 u n d R i c h t l i n i e n aufzus te l !en . D iens tvo r sch r f f t en , die n a m e n t - l ich f/ir den Anges t e l l t en das Aul3ere des R 6 n t g e n b e t r i e b e s regeln u n d Rich t l in i en , die den P a t i e n t e n e inen w e i t g e h e n d e n S e h u t z gegen R 6 n t g e n s t r a h l e n s c h s ga r an t i e r en . Sind solche R ich f i i n i en e inma l festgelegt , d a n n wird es l e i ch t sein, Vers t6Be dagegen ~estzulegen u n d gesetz l ich zu a h n d e n .

Die AuIs t e l lung sotcher , , R 6 n t g e n g e s e t z e " i s t na t i i r l i ch eine u n g e m e i n schwier ige Arbe i t . ]3iologische, t echn i sche u n d phys ika l i s che F r a g e n drfi,ngen hier zue inande r . T a u s e n d - I~! t ige E r f a h r u n g e n m/ issen g e s a m m e l t u n d ans i h n e n h e r a u s Ge- setze mode l l i e r t werden , die als a l lgemein gi i l t ig a n e r k a n n t wurden . An unse re r K l in ik s ind wir m i t d e r a r t i g e n A r b e i t e n b e s c h M t i g t u n d w e r d e n d a m i t bMd an die 0 f f e n t l i c h k e i t t r e ten , wie wir hof fen z u r F 6 r d e r u n g der g e s a m t e n R 6 n t g e n o l o g i e .

VITALISMUS UND ARZTLICHES DENKEN.

Von Dr. HELMUTH PLESSNER�87 Privatdozent der Philosophie~ KNn.

Kaum eine Frage von philosophischer Bedeutung besch~tftigt den Mediziner gegenw~rtig so wie das Probiem des Vitalismus. Einmal bildet die Theorie von der Eigengesetzlichkeit, ja die M6g- lichkeit einer Ungesetzlichkei™ des Lebens das Hauptdiskussions- thema der Philosophie in den le tzten Jahrzehnten. Um die duali- stische Weltansicht in dem Gegensatz von Natur und Freiheit und die Zerspli t terung unseres Weltverst~ndnisses durch die spezial- wissenschaftliche Ausbildung vieler ineinander nicht flberfiihrbarer Betrachtungsweisen zu flberwinden, haben NIETZSCHE, D�92 BERGSON und heure SPENGLER das Wesen des Lebens als syn- �9 Kraff gelehrt. Nur die einheitliche sch6pferische Ge- walt des organisehen Lebens gibt" . ihnen die Perspektive, in welcherli der menschliche Geist die gesicherten Tatsachen seiner Entwicklungsgeschichte mi t den zeitlosen Forderungen des Gewissens, mi t den metaphysischen Hoffnungen der Mensch- heit vers6hnen kann. Dieses Leben XuBert sich wohl in der Natur, aber s teh t n icht unter ihren Gesetzen. Eine eigene In tui t ion macht uns sein Wesen zuganglich. Als Wissenschafter wird der Mediziner noch in einem anderen Sinne auf das Lebens- problem hingelenkt. Hier sind es vor allem die Entdeckungen der von Roux, DRIBSCt�9 und HEaBST begrfmdeten Entwicklungs- und Formbildungsphysiologie, die Umw~lzungen der Betriebsphysio- logie durch die Lehre von der inneren Sekretion, die erbbiologischen Tatsachen gewesen, welche das materialist iseh-mechanistisch ge- schulte Denken vor die gr613ten Schwieri~keiten stellt. Je mehr die Anschauung sich beIestigte, dag man den einzelnen Organismus Ms ein Ganzes und nicht als eine Summe ansehen miisse, einer desto vollstandigeren Revision ha t te die allgemeine Pathologie ihre Grund- lagen zu unterziehen. So entwickelte sich die Konsti tut ions- und Dispositionspathologie. ~onfo rm zu dieser langsam und stetig sich vollziehenden Umbildung in der medizinischen Theorie aber gewinnt schlieBlich der Gedanke an Macht, der Heilkunst des prak- t ischen Mediziners neben dem st~ndig erneuerungsbedfirftigen wissenschaftlichen Fundamen t Richtl inien zu geben, die ihn daran erinnern, daB er nicht nur ein Laboratoriumsobjekt , sondern einen Mitmenschen vor sich hat, nicht nur einen Organismus, sondern eine Person.

FUr den Mediziner enth~lt also die Vitalismusfrage drei Probleme : i. Das Wesen des Organischen, seine Erkl~rbarkei t oder Unerkl~r- barkei t nach allgemeinen Naturgesetzen; 2. Das Wesen der Indivin

dualit~tt inl Verh~ltnis zu Art und Typus; 3- Das Wesen der Per- son als psychophysischer und als verst~ndlicher Einheit . Das erste Problem l~13t sich .nur von einer bes t immten Auffassung natur- wissenschaftlicher Erkenntnisweise ans diskutieren. Das zweite Problem greift tief in das Material der Erbbiotogie, der EiweiB- chemie, der t™ hinein, ebenso in die Psycho- logie der individuel!en Differenzen. Hier ist nach phflosophischer i~ompetenz nichts Wesentliches zu bemerken. Das dri t te Problem fflhrt wieder an die Grenzen der Naturwissenschaft, in die Streit- fragen der modernen Psychopathologie und Psychiatrie, in das Problem von Verstehen und Erkennen.

Den Lesern der k l in i schen Wochenschrift sind diese Fragen durch drei Aufs~tze:nahegebracht worden, durch MARTIUS: ,,Be- merkungen flber die Grundlagen des ~rztlichen Denkens von heure" (Nr. 2), BUMKE : ,, Psychologie und Psychiatr ie" .(Nf.5) und K~ETSCH- MER: ,,Das Kons t i tu t ionsproblemin der Psychiatr ie" (Nr. i3). An den Aufsatz von NMRTIUS schloB sich eine kleine Diskussion fiber DRIESCH an (Nr. 9), auf den als klassischen Begrflnder des exaktš Vitalismus Dr. WOLFSBERa die Leser der Zeitschrfft besonders hinwies. Die Diskussion berflhrte wesentlich erkenntnistheore- tische Dinge. Entwicklungsgang und Aufbau des Systems meines Lehrers D~IESCH machen es eben dem Biologen und Mediziner am ieichtesten, wieder in Kontak t mit dem lange Zeit miBtrauisch ge- miedenen Gebiet der Philosophie zu kommen.

DRIESCH geht von bes t immten Ergebnissen der experimentellen Formbildungsphysiologie aus. Versuche an Echinus, Clavellina und Tubularia, die an verschiedenstem Material von anderen Forschern bis heure wiederholt und vert ieft worden sind, beweisen die Unhal tbarke i t der klassisc.hen Maschinentheorie des I™ plasmas, wie W~IS~ANN und R o u x sic formuliert haben. Die F~hig- keit vieler, den verschiedensten Tierst~mmen angeh6renden Orga- nismen -- ganz zu schweigen von dem groBen botanischen Versuchs- material -- zu B~ginn, im Verlauf und selbst nach Beendigung der Formentwicklung nicht nur entnommeue Telle zu regenerieren, sondern aus beliebigen Fragmenten auch durch v611ige Umdifferen- zierung das Ganze zu bilden bzw. wiederherzustellen, freilich nicht mehr in seiner ursprtinglichen Gr6Be, machen die Vorstellung einer unsichtbaren, aber festgelegten goEikrostruktur Ms ei¡ Faktors der Entwicklung unmSglich. Ira normMen EntwicMungsgang ha t jede Zelle als Bildungsstelle �9 weitere Zellen eine bes t immte