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SAINT-VENANT sche Torsionstheorie Bei einer Torsionsbeanspruchung werden die Stäbe um ihre Stabachse x verdreht. Abhängig von der Querschnittsgeometrie kann es dabei auch Verformungen (Verwölbungen) in Richtung der Stabachse geben. Das folgende Bild zeigt drei typische Fälle der Torsionsverformungen in Abhängigkeit von der Querschnittsgeometrie. Der Aufwand zur Berechnung der Spannungen und Verformungen infolge Torsionsbeanspruchung hängt wesentlich von der Querschnittsgeometrie des Stabes ab. Der einfachste Fall ist die in der Praxis häufig vorkommenden Torsion der Kreis- und Kreisringquerschnitte (z. B. Wellen, Achsen, Rohre).
Kreis- und Kreisringquerschnitte: Querschnitte bleiben eben (Punkt P vor und nach Verformung in der gleichen Ebene; keine Verwölbung)! Allgemeine offene und geschlossene Querschnitte: Querschnitte verwölben sich im Allgemeinen (Punkte A verschieben sich in x-Richtung; Punkte B entgegen der x-Richtung)! Folgende Annahmen werden in der ST.-VENANT schen Torsionstheorie getroffen:
1. Der Stab sei gerade und (bereichsweise) prismatisch. 2. Das Torsionsmoment sei (bereichsweise) konstant. 3. Die Oberfläche des Stabes sei lastfrei. 4. Konstante Verwölbung 5. Konturerhaltung, d.h. die Verschiebungen in der Querschnittsfläche resultieren aus einer
(infinitesimalen) Verdrehung. 6. Das Material sei (bereichsweise) homogen und linear elastisch
x
Mt
verformte (verwölbte) Profilmittellinie
A
B
Verwölbung verhindert
• • • •
x
B • •
A
A
B
• •
Mt
Mt
x
Mt Mt
P •
• •
•
ϑϑ
2
Die Verschiebungen in der Querschnittsfläche an einer Stelle x der Stablängsachse berechnen sich zu: )(xzv ϑ−= und )(xyw ϑ= mit dem Torsionswinkel ϑ .
Die Drillung ist gegeben durch dxdD ϑϑ =′= .
Mt
•
••
R
r
verformteMantellinie
Mt
•
••
R
rMt
•
••
R
r
verformteMantellinie
x
•••
dx
••••
d
•
dxx
r•
•••
•
γ
dxx
r•
•••
•
γ
Es ist dxdr γϑ = . Daraus folgt rr
dxdD )(γϑ
== . Die Drillung ist also eine längenbezogene
Verdrehung. Die BREDTsche Torsionstheorie für einzellige Hohlstäbe mit dünnen Wänden (dünnwandige geschlossene Profile) Es wird eine der Profilmittellinie folgende Koordinate s definiert (in der Querschnittsfläche). Die Profilwandstärke ist b(s) oder )(sδ . Der Schubfluss ist )()( sbst sx ⋅= τ .
Die 1. BREDTsche Formel lautet )(2
)()(sbA
Mssm
txssx ⋅
==ττ .
Dabei ist Am die von der Profilmittellinie eingeschlossene Fläche.
ϑϑ dx +)( )(xϑ
)(xϑ
)(xϑϑd
3
Die 2. BREDTsche Formel lautet
∫=
)(
2
)(
4
s
mt
sbds
AI , min2 bAW mt = .
Dickwandige und Vollprofile (Kreis- und Kreisring)
rI
Mt
tt =τ
( ) ( )4444
322 iaiazypt ddrrIIII −=−=+==ππ
2a
t
a
tt d
IrIW ==
andere dickwandige Querschnittsformen:
t
tt W
M=
maxτ (Werte für It und Wt können Tabellenbüchern entnommen werden)
Dünnwandige Vollquerschnitte mit parallelen Rändern (dünnwandige offene Profile)
qIM
t
txs
2=τ mit
22bqb
≤≤− (q senkrecht zur Profilkoordinate s in Dickenrichtung)
∑=i
iit bhI 3
3η
1≈η , abhängig vom Verhältnis hb
, b – Streifendicke, h - Streifenlänge
maxbIW t
t =
Es gilt immer:
maximale Torsionsschubspannung t
tt W
M=
maxτ
Differentialgleichung für die Verdrehung t
t
GIM
dxdD ==′=ϑϑ ( tGI - Torsionssteifigkeit)
Die SAINT-VENANT sche Torsionstheorie erlaubt die ungehinderte Verwölbung des Querschnittes. Es gibt jedoch Querschnittsformen, die wölbfrei sind. Das sind z.B. alle Kreis- und Kreisringquerschnitte und alle dünnwandigen geschlossenen sogenannten Tangentenquerschnitte. Das sind Hohlquerschnitte in die sich ein Kreis zeichnen lässt, der alle Profilseiten tangiert.
4
Berechnung von It und WtQuerschnittsart Berechnung von It und WtQuerschnittsart
allgemeine It und W t aus einer Torsionsfunktion Φ, für die eine POISSONsche Differential -gleichung zu lösen ist.
allgemeine It und W t aus einer Torsionsfunktion Φ, für die eine POISSONsche Differential -gleichung zu lösen ist.
Modifizierte BREDTsche Formeln.dünnwandig,mehrzellig
Modifizierte BREDTsche Formeln.dünnwandig,mehrzellig
( ) max
tt
3i
iit
IW31I
δ≅δ≅ ∑ l
Näherungsformeln:dünnwandig, offenδi li
( ) max
tt
3i
iit
IW31I
δ≅δ≅ ∑ l
Näherungsformeln:dünnwandig, offenδi liδi liδi li
dünnwandig, ein-oder mehrzelligund offen Teile
l0l0
Im Allgemeinen Vernachlässigung deroffen Teilabschnitte l0.
dünnwandig, ein-oder mehrzelligund offen Teile
l0l0 l0l0
Im Allgemeinen Vernachlässigung deroffen Teilabschnitte l0.
( )minmt
2m
t 2AW
sds
4AI δ⋅=
δ
=
BREDTsche Formeln:
Am = von Profilmittellinie eingeschlossene Fläche
dünnwandig,einzellig
s δ
Am
( )minmt
2m
t 2AW
sds
4AI δ⋅=
δ
=
BREDTsche Formeln:
Am = von Profilmittellinie eingeschlossene Fläche
dünnwandig,einzellig
s δs δs δ
Am
∫
Tabelle aus Gabbert/Raecke: Technische Mechanik für Wirtschaftsingenieure, FV Leipzig, 2005 Hinweis: zypt IIII +=≤ Ip ist das polare Flächenträgheitsmoment. Die Torsionsfunktion Φ ist mit den Querschnittsschubspannungen verbunden über
zGD
yGD
xy
xz
∂Φ∂
−=
∂Φ∂
=
2
2
τ
τ
und hat außerdem noch, da die Schubspannungen die Randkurve des Querschnittes tangieren müssen, die Bedingung .konstRand =Φ zu erfüllen.
Es gilt in kartesischen Koordinaten die Gleichung 12
2
2
2
−=∂
Φ∂+
∂Φ∂
zy.
5
Beispiele zur Torsionsbeanspruchung Kragträger der Länge a, belastet durch die Kräfte F1 und F2, Profilstärke t, Gurtbreite b, Steghöhe h, (t << b,h), e
F1
F2
ey
xz
M
Welche Beanspruchungssarten treten auf? • Biegung infolge F1 und F2 • Torsion infolge F1 • Querkraftschub infolge F1 • Längskraft F2 Wo liegt der Schubmittelpunkt des Profils? • im Angriffspunkt von F2 Wo liegt der Flächenmittelpunkt des Profils?
tbth
tbhthzM +
+=
02 gemessen vom Angriffpunkt der Kraft F2
Wie groß ist die maximale Torsionsschubspannung?
(Es sind die Formeln für dünnwandige offene Profile anzuwenden.) Freischneiden und Schnittgröße Torsionsmoment bestimmen !
tt
tt W
eFWM 1==τ
( )hbteF
t += 2
13τ
Wie groß ist die Drillung?
( )hbGteF
GIMD
t
t
+== 3
13
( ) ( )
( )hbttIW
hbthtbttlI
tt
i)i(
it
+==
+=+== ∑
3
331
31
2
3333
6
mit den Zahlenwerten
a = 1000 mm b = 100 mm h = 150 mm e = 40 mm t = 10 mm F1 = 10 kN F2 = 20 kN G = 80770 Nmm-2
ergibt sich:
( )( )
( )( )( )
( )
°=⋅===
⋅=⋅=+⋅
⋅⋅=
=+
⋅⋅=
=⋅+⋅
⋅⋅=
−
−−
∫ 43106
110611061501001080770
40100003
481501001040100003
451001015010
7515010
2
0
2523
232
2
3
,radaDdxD
mmmNmmNmmD
mmN
mmNmm
mmmm
mmz
a
t
M
ϑ
τ
Der Drehwinkel ist positiv bei positiver Drehung um die x-Achse (Rechtsdrehung).
7
Angerissenes dünnwandiges Rohr der Länge a, Anrisslänge b, Durchmesser D, Profilstärke t, belastet durch M0 , Material Stahl
M0Riss
y
z
x1
x2
Wie groß sind die Verdrehung des ungerissenen und des gerissenen Bauteils? ungerissene Länge (a-b) d.h. dünnwandiges geschlossenes Profil gerissene Länge b d.h. dünnwandiges offenes Profil
222
22
2
222
111
11
1
111
CxGIMdx
GIM)x(
CxGIMdx
GIM)x(
t
t
t
t
t
t
t
t
+==
+==
∫
∫
ϑ
ϑ
Rand- und Übergangsbedingungen:
)x())ba(x()x(
000
2211
11
==−===
ϑϑϑ
daraus folgt: )ba(
GIMC
C
t
t −=
=
1
12
1 0
Verdrehwinkel
)ba(GIMb
GIM)bx(
)ba(GIMx
GIM)x(
t
t
t
t
t
t
t
t
−+==
−+=
1
1
2
222
1
12
2
222
ϑ
ϑ
Schnittgrößen (Gleichgewicht am negativen Schnittufer)
01
02
MMMM
t
t
==
8
Torsionsträgheitsmomente
322
31
31
42
2
44
4
333
2
3
22
2
1
tDtDblI
tDD
tD
)s(bdsAI
)i(iit
mt
ππ
π
π
π
===
=
==
∑
∫
alle Zwischenwerte eingesetzt:
−+=
=43 33
02
2 tD)ba(
tDb
GM
eGesamtläng.bzwbx
ππϑ
ungerissenes Rohr, b=0
20
30 44
DtDGaM
tDa
GM
ungerissen ⋅==ππ
ϑ
vollständig gerissenes Rohr, a=b
20
30 33
ttDGaM
Dta
GM
gerissen ⋅==ππ
ϑ
Verhältnis der Verdrehwinkel
34 2
2t
Dgerissen
ungerissen =ϑ
ϑ also ungerissengerissen ϑϑ >>
9
Getriebewelle Abmessung lt. Skizze, Wellendurchmesser 40 mm, Material Stahl (G=80770 Nmm-2)
Wie groß ist die Verdrehung der Wellenenden relativ zueinander? Wie groß ist die Torsionsschubspannung in der Welle zwischen den Zahnrädern? Koordinatenrichtung x von A nach B Schnittbilder
Schnittgrößen
( )NmM
NmNmMNmM
t
t
t
400200500300
300
3
2
1
==+−=
−=
)mm(lx)mm(lx)mm(lx
500040003000
33
22
11
=≤≤=≤≤=≤≤
Mt1
Mt2
Mt3
10
Torsionsschubspannung zwischen den Zahnrädern, Vollwelle mit Kreisquerschnitt
t
ta
t
tmaxt
t
tt
WMr
IM
rI
M
==
=
τ
τ
33333
44444
125664016216
2513274032232
mmmmrdrIW
mmmmrdI
aa
tt
at
=====
====
πππ
πππ
232 9215
12566200000
mmN,
mmNmm
WM
t
tmaxt ===τ
(Die größte Torsionsschubspannung gibt es im Abschnitt 3 mit 28431mm
N,maxt =τ , da
hier das größte Moment auftritt und der Wellendurchmesser überall gleich ist.)
Die relativen Verdrehwinkel der einzelnen Abschnitte lassen sich (vorzeichenbehaftet) in Richtung x addieren.
DBCDACAB ϑϑϑϑ ++=
es ist 0044025132780770
300300000421
1
01
1
11
,mmNmm
mmNmmlGIMdx
GIM
t
tl
t
tAC −=
⋅⋅−
=== −∫ϑ
0039025132780770
400200000422
2
01
2
22
,mmNmm
mmNmmlGIMdx
GIM
t
tl
t
tCD =
⋅⋅
=== −∫ϑ
00985025132780770
500400000423
3
01
3
33
,mmNmm
mmNmmlGIMdx
GIM
t
tl
t
tDB =
⋅⋅
=== −∫ϑ
°==++= 536,000935,0DBCDACAB ϑϑϑϑ
11
Torsionsstab, statisch unbestimmt (Drehstabfeder) Abmessung lt. Skizze, Wellendurchmesser 40 mm, Material Stahl
Wie groß sind die Einspannmomente bei A und B? Das angreifende Moment hat die Größe NmmmkNM 30050320 =⋅⋅= Das Momentengleichgewicht liefert 201 tt MMM =− Koordinatenrichtung x von A nach B Verformungsbetrachtung
222
22
111
11
CxGIM)x(
CxGIM)x(
t
t
t
t
+=
+=
ϑ
ϑ
)mm(lx
)mm(lx
6000
4000
22
11
=≤≤
=≤≤
Rand- und Übergangsbedingungen
00
00
222
22111
11
=====
==
)lx()x()lx(
)x(
ϑϑϑ
ϑ daraus folgt:
11
22
211
1
0
0
lGIMl
GIM
ClGIMC
t
t
t
t
t
t
+=
=
=
Multiplizieren der letzten Gleichung mit der Torsionssteifigkeit und Einsetzen der Gleichgewichtsbedingung
( ) ( ) 2021111201
1122
11
22
00
0
lMllMlMlMMlMlM
lGIMl
GIM
ttt
tt
t
t
t
t
−+=+−=+=
+=
Mt1
Mt2
12
NmmmmmNm
lllMM t 180
1000600300
21
201 ==
+
=
NmmmmmNm
lllMM
lllMMMM
t
tt
1201000400300
1
21
102
21
20012
−=−=
+
−=
−
+=−=
Dies sind gleichzeitig auch die Einspannmomente.
Mt2
MBMt1
MA
13
Anhang
2 bh tmin
14
0,208 a3
15
Tabellen aus Mayr: Technische Mechanik, Hanser Verlag, 1995