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Hedvall u. Heuberger. Saureplatxwechsel xwischn festen Phasen. III. 49 Saureplatzwechsel zwischen festen Phasen. 111. Von J. ARVID HEDVALL und J. HEUBEBUEB. Mit 4 Figuren im Text. 1%) Saureplatzwechsel in Syatemen von den Oxyden der alkalischen Erdrnetalle uud den Orthophosphaten von Ag, Sr, Ca, Pb, Co und Cr. b) D : o in Systemen von denselben Oxyden und den Pyrophosphaten von Ag, Sr, Ca, Eg, Zn, Pb, CO und Cr. Umwandlung der Pyro- phosphate in Orthophosphate.' 11. Der EinfluS von Umwandlungspunkten auf die Reaktionstemperaturen der Siiureplatzwecbaelreaktionen und weitere Entwicklung der Reaktionshypothese. III. Verbesaerte Methodik und dadurch ermiiglichte Korrektion der Reaktionstemperaturen fur die Carbonataysteme. la. Wie in den Aufsatzen: Biiureplatzwechsel I und I1 l) die Reaktions- verhaltnisse beim Erhitzen der Gemische von BaO, SrO oder CaO mit verschiedenen Carbonaten oder Sulfaten studiert wurden, so sind hier Systeme von denselben Oxyden mit einigen Orthophosphaten von ghnlichem Qesichtspunkt aus untersucht worden. Es war natiirlich von vornherein kein @und anzunehmen, daB sich diese Qemische beim Erhitzen anders benehmen wiirden als die vorher untersuchten. Die Erfahrung hat auch gelehrt, daS die Verhlilt- nisse vollstandig ahnlich liegen. Uber die dabei wie iibrigens auch schon vorher bei den Sulfat- systemen angewendete verbesserte Methodik wird auf die Abteilung I11 dieser Schrift hingewiesen. Was die Wahl der untersucbten Stoffe anbetrifft, so ware es natiirlich am besten geweaen, hier Phosphate von denselben Metallen l) 2. anorg. u. allg. Chem. 1% (1922), 181 und 128 (1923), 1. Z. anorg. u. allg. Chem. Bd. 138. 4

Säureplatzwechsel zwischen festen Phasen. III

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Hedvall u. Heuberger. Saureplatxwechsel xwischn festen Phasen. III. 49

Saureplatzwechsel zwischen festen Phasen. 111.

Von J. ARVID HEDVALL und J. HEUBEBUEB.

Mit 4 Figuren im Text.

1%) Saureplatzwechsel in Syatemen von den Oxyden der alkalischen Erdrnetalle uud den Orthophosphaten von Ag, Sr, Ca, Pb, Co und Cr.

b) D : o in Systemen von denselben Oxyden und den Pyrophosphaten von Ag, Sr, Ca, Eg, Zn, Pb, CO und Cr. Umwandlung der Pyro- phosphate in Orthophosphate.'

11. Der EinfluS von Umwandlungspunkten auf die Reaktionstemperaturen der Siiureplatzwecbaelreaktionen und weitere Entwicklung der Reaktionshypothese.

III. Verbesaerte Methodik und dadurch ermiiglichte Korrektion der Reaktionstemperaturen fur die Carbonataysteme.

la. Wie in den Aufsatzen: Biiureplatzwechsel I und I1 l) die Reaktions-

verhaltnisse beim Erhitzen der Gemische von BaO, SrO oder CaO mit verschiedenen Carbonaten oder Sulfaten studiert wurden, so sind hier Systeme von denselben Oxyden mit einigen Orthophosphaten von ghnlichem Qesichtspunkt aus untersucht worden. Es war natiirlich von vornherein kein @und anzunehmen, daB sich diese Qemische beim Erhitzen anders benehmen wiirden als die vorher untersuchten. Die Erfahrung hat auch gelehrt, daS die Verhlilt- nisse vollstandig ahnlich liegen.

Uber die dabei wie iibrigens auch schon vorher bei den Sulfat- systemen angewendete verbesserte Methodik wird auf die Abteilung I11 dieser Schrift hingewiesen.

Was die Wahl der untersucbten Stoffe anbetrifft, so ware es natiirlich am besten geweaen, hier Phosphate von denselben Metallen

l) 2. anorg. u. allg. Chem. 1% (1922), 181 und 128 (1923), 1. Z. anorg. u. allg. Chem. Bd. 138. 4

60 J. A. Hedvall und J. Heuberger.

zu nehmen, deren Sulfate vorher untersucht wurden. So weit moglicb, wurde auch diesem Gesichtspunkt Rechnung getragen, aber von Mg, Zn, Cu, Fe" und Fe"', kijnnen wohl kaum wohldefinierte neutrale Ortophosphate erhalten werden. Deshalb wurden Phosphate dieser Metalle nicht untersucht. Der Vollst'andigkeit wegen wurden aber einige andere Ortophosphate - namlich von Ag, P b und Cr, die leicht analysenrein hergestellt werden konnen - in ihrem Ver- halten zu BaO, SrO und CaO beim Erhitzen studiert. Samtliche Praparate mit Ausnahme von den vorher I) besprochenen Oxyden haben wir selbst nach den genauen Angaben der Originalliteratur hergestellt und auf vollstandige Reinheit gepriift. Besondere Auf- merksamkeit wurde auf die Freiheit von anhydrosauren Phosphaten der zu untersuchenden Ortophosphate gesichtet.

Die untersuchten Systeme und ihre charakteristischen Daten sind in Tab. 1 zusammengestellt worden. Keine anderen neutralen Ortophosphate als die von Ba, Sr und Ca haben bekannte Bildungs- wiirmen. Da jedoch die Schwankungen dieser Bestimmungeu, wie ubrigens auch die entsprechenden Bestimmungen von BaO, SrO und CaO derart sind, dad man zu einem positiven oder negativen Wert von Q kommt, je nachdem man den einen oder den anderen Wert nimmt, haben wir darauf verzichtet, die Q-Werte uberhaupt anzu- fuhren. Die Reaktionen der drei verschiedenen Phosphattypen ver- laufen, wie wir nach den ublichen Methoden zur Unterscheidung von Ortho-, Meta- und Pyrosauren nachgewiesen haben a)J in uberein- stimmung mit den in der Tabelle angegebenen Formeln.

Die f-Zahlen nach den T,-Werten bedeuten wie immer die Abweichungen der verschiedenen Bestimmungen von dem angefuhrten Mittelwert. Die bei den verschiedenen Versuchen hijchste, erreichte Temperatur wurde nicht angefiihrt. Sie liegt hochstens 50° hoher als die Anfangstemperatur (T,) der Reaktion.

Die Kurveneffekte werden je nach ihrer Starke mit ,,mhr stark", ,,stark", ,,ziemlicb stark", ,,schwachar, ,,sehr schwach" und ,,auBer- ordentlich schwach" (a. 0. schwach) bezeichnet. Sie werden alle auf die im dritten Teil dieser Schrift als normal angegebenen Erhitzungs-

Ca 0,l-0,2 g und Erhitz. geschw. = 1-3 O ) bezogen.

I) S&ureplatzwechsel I und 11, 1. c. ') Vgl. unter Ib.

Saureplatzwechel xwischm fester, Phasen. III.

; )

51

sehr aus- gedehnt

Sr,(POd, + 3 B a 0 = j a. 0. Bq(P04)m + schwach 3 SrO I

3SrO = unnach- Sr,(PO,), + weisbar

3Ca0 I Pbs(PO4), + B%(PO4)* + 3BaO =

3Pb0 (gelb) (auch Bilduni von Ba,PbO,

(echwarz)

c : a 360

340 f 5

c : a 450

333 f 3

Tabelle 1.

Bemerkungen iiber die Reaktionserscheinungen

_ _ _ ~ __ __ ~

Sehr stark zusammengebacken. Produkt grau von ausgeschiedenem Ag, das mit k. H,S04 (SO,) nachgewiesen wurde. 0,

wird bei der Reaktion plotzlich eutwickelt.

Stark zusammengebsckeu. Produkt gelbgrau von unreagiertem AgsPO, u. gebildetem Ag. Beim UberschuB (c : a 6Sr0) an SrO, verschwindet praktisch

alles Gelbe.

Ziemlich stark zusammengebacken. Produkt gelbgrau. Sehr unvollstlndige Reektion, die allerdings beim Uber- schuS an CaO sichtbar vollstandiger

Dan Produkt ist ein wenig zusammen- gebacken und hat also, wenn auch unvollstindig, reagiert. Mit groEerer Substanzmenge erhalt man einen kleinen aber deutlicb exothermen

Knick auf der Kurve.

Etwas zusammengebacken. Mit gr6Eerer Substanzmenge erhiilt man auch in diesem System einen deutlichen Knick und zwar etwas ausgepriigter als im

vorigen.

Ein Effekt konnte in keiner Weise erhalten werden. Durch aukzeeaivee Erhitzen auf immer wachsende Tempera- turen konnte aber nachgewiesen werden, daS in dem gewohnlichen SrO-Gebiet (c: a 450') ein leichtes Zusemmenbacken der Masse stattfand, was auf eine

Reaktion deutet.

Stark zusammengebacken. Reaktions- produkt gelbgrau. Ee ist eigentiim- lich, d& der Anstiegeffekt in einem BaO-Gemisch schwach ist und erst nach einigen Sekunden seinen hochsten Wert erhiilt. Vielleicht kann es damit zusammenhiingen, daI3 in den Gemischen merkwiirdigerweise immer B a r i u m - p l u m b a t gebildet wird, eine Reaktion,

worauf spater naher eingegangen werden 8011.

4f

wird.

52

System

2CrP04 -+ SBaO =

- I bD3g c@ ,3 e 294

P 3442

z. stark, aber aus- gedehnt

8. schwach und aus- gedehnt

J. A. Heduall und J. Heuberger.

s. stark

z. stark

unnach- weisbnr

s. stark

Tabelle 1 (Fortsetzung).

354 rt 3

466 f 2

-~

> : a 520

342 rt 1

Bemerkungen iiber die Reaktionserscheinungen

Zusammengebacken ungef ah wie voriges Produkt. Rein gelb, woraus man schlieBen kann, daS das gebildete PbO nicht oder wenigstens im weit geringeren Grad mit dem SrO zu 8r,Pb04 (dunkelbraun) reagiert hat. Die Vollstkndigkeit der Reaktion scheint daher auch groBer zu sein, und damit hLnet wohl auch der etwae eriil. Temp.- Ans'iieg(n1s im vorig. Syste&usammen.

Sehr schwsch zusammengebacken. Rein blaBgelb. Sehr unvollstiudige

Resktion.

Ziemlich stark zusammengebacken. Schwarz (von zu Co,O, oxyd. COO) mit einem Stich ins Violette von dem noch in kleinen Mengen befindlichen, unreagierten , hellvioletten Co&PO,), , Etwas zusammengebacken. Sehr dunkel- violett. Die Vollstandigkeit der Reak- tion iet also geringer als im vorigen

System. Weder durch Verwendung grSBer& Substanzmengen noch durch Erhitzen im Op (um die Bildungswtirme von ConOl mitzubekommen) konnte ein Effekt erhalten werden. Durch suk- zessives Erhitzen auf jedesmsl erhtihte Temperntur und Herausnehmen von Proben konnte aber durch die im 0, eintretende Verdunkeluup; der Ur- sprungsfilrbe, wenn die Reaktion ein- tritt, eine Anfangstemperatur von etwa 520° festgestellt werden. Das Produkt ist grauviolett. Der Farbeniibergang von den beinahe rein schwarzen Pro- dukten der BaO-Gemische zu den grau- violetten der CaO-Produkte, zeigt sehr schKn die in derselb. Reihe abnehmende Vollstliniligkeit dt!s Reaktionsverlaufa. %dark zusainmineebacken. Dunkeleriin (Cr,OJ mit eincm Stich ins Graue-von dem urepriinglichen, nicht reagierten graubraunen CrPO,. Die Reaktion wird unter Bildung von rein dunkel- griinsm Produkt vollstgndig erst bei recht groBem Ifbersehul an BaO und ist dann auch eteinhart zusammen-

gebacken.

Sauwptatxwechsel xwischm festan Phasen. III. 53

Tabelle 1 (Fortsetzung).

2CrP0, + 3Ca0 =

I L .

Reaktion a!?o sehr unvollstfindig. Bei gr6Berem UberschuS (9 CaO) an CaO wird aber ein rein giines Produkt erbalten. DaS die Reaktionen in den

a' O* K i ' 7 I d 7 P-DA . Q v m + n - n - flha-~mhs.R a-

I

Bemerkungen iiber die Beaktionserscheinungen

Ziemlich stark zusammengebscken. Produkt graugrun. Die Reaktion nicht

464 * I 4 I so vollstindin wie in entsmechenden

I I BaO-GemischYn, aber bediutend voll-

I I Sehr echwach zusammengebacken. I I I Graubraun mit einem Stich ins Griine.

I etandiger als im CaO-System

" " r l "~ -" ,oU.zYLUu "YUU " " ~ ~ D c i Y u y ..u

suffallend unvollstaindig ver- laufen, beruht darauf, daS die Oxyde sehr vie1 dichter Bind als das sehr

Cas(PO,), + 1 schwach I "I' = I 1 Oxyd Cr,O,

lockere Phosphatpulver, woraus natiir- lich eine sehr unvollstiindige Durch-

Wie ersichtlich liegen auch in den Phosphatgemischen die T,-Temperaturen der einzelnen Oxyde in fur sie charakteristischen engen Temperaturintervallen, d. h. jedes Oxyd reagiert mit samt- lichen Phosphaten bei etwa derselben Temperatur, gerade wie in den Carbonatsystemen (vgl. diese Schrift S. 79) und Sulfatsystemen, (vgl. Saureplatzwechsel 11). Daraus darf man wohl auf eine be- deutende Unabhangigkeit im SCHAEFEESChen Sinne von dem Kation des Salzes auch fur die PO,-Gruppen schlieBen konnen.')

i I l l mivchung erfolgt.

Ib. Beim Studieren der Orthophosphatreaktionen liegt es sehr nahe,

auch die Salze der anhydrosauren Phosphorsauren zu untersuchen. Bekanntlich lassen sich auch leicht gut kristallisierbare und wohl definierte P y r o p h o s p h a t e herstellen. Die umfangreiche Literatur der M e t a p h o s p h o r s a u r e n und M e t a p h o s p h a t e zeigt aber die Existenz einer grogen Zahl VOL Typen dieser Verbindungen, von denen ubrigens die einzelnen Individuen manchmal sehr leicht in- einander uberfuhrbar sind oder sich nicht ganz sicher definieren lassen. Es liegt demnach auf der Hand, daB die Metaphospha te wenigstens bei dem jetzigen Standpunkt des Studiums der Platz-

l) Vgl. Z. anorg. u. nllg. Chem. 128 (1923), 12.

54 J . A. Eedvall m d J. Eeaberger.

wechselreaktionen nicht gerade geeignet sind zur Klarlegung dieser neuen Reaktionsverhiiltnisse. Im folgenden wurden daher nur die schon oben genannten P y r o p h o s p h a t e untersucht.

Die Frage, die sich bei dieser Untersuchung zuerst aufdrangte, war ob die Pyrophosphate analog den anderen untersuchten Salzen reagieren wiirden, also nach folgender Formel: ffir z. B. ein Pyro- phosphat eines zweiwertigen Metalls :

Ein solches Verhalten ist schon vom chemischen Gesichtspunkt aus betrachtet, nicht sehr wahrscheinlich, weil das Gemisch durch den Zusatz von dem basischen Oxyd (MO) weniger sauer wird. Dadurch ware die Bildung von Orthophosphat ermaglicht. Auch a m rein kristallographischen Griinden ist eine zur Reaktion nach der angefiihrten Formel geniigende Stabilitat der P,O,-Qruppe auch nicht plausibel.1) Diese Vermutung wurde selbstverstandlich noch wahrscheinlicher, seitdem es sich gezeigt hatte, daB in Gemischen von BaO mit Ba,P,O,, SrO mit Sr,P,O, und CaO mit Ca*,P,O, schon nach ziemlich kurzem und verhaltnismal3ig gelindem Erhitzen Orthophosphate gebildet wurden, also nach folgender Formel:

Im Verhaltnis zu den gewohnlichen Platzwechselreaktionen verlaufen diese Reaktionen aber weniger lebhaft, und nur die BaO-Reaktion konnte auf der Erhitzungskurve beobachtet werden, allerdings nur wenn etwas gr8Sere Substanzmengen genommen wurden. Daher muB nach den nberlegungen im Abteil 111 dieser Schrift die notierte Anfangstemperatur 306O als etwas zu niedrig angesehen werden. Besonders in Anbetracht dessen, daB auch die Erhitzungsgeschwindig- keit etwas gr6Ser als normal gewiihlt werden muBte (5O/10 Sek.), weil die sich im vorliegenden Falle anscheinend sehr leicht aus- bildenden Schutzschichten die Reaktion sehr bald zum Stillstehen brachten. Durch Probenehmen wurde allerdings festgestellt, daS eine bis 325O langsam erhitzte Masse zu groBem Teil reagiert hatte. Mit dem SrO-Sr,P,O,-Gemisch wurde keine registrierbaren Warme- effekte erhalten, aber es konnte jedoch durch Herausnehmen von

Me,P,O, + 2MO = M,P,O, + 2MeO. a)

Me,P,O, + Me0 = Me,(PO,), b)

l) Professor NIQQLI, Zurich teilte im Friihjahr 1923, ds diese Unter- suchungen zum grijSten Teil ausgefuhrt wurden, brieflich freundlichst mit, d d vom kristallographischen Gesichtspunkt nus zwei Art en von Gruppen in den

Prophosphatgittern wahrscheinlich wliren, etwa wie P PO. 0 0 0

0 0 0

Saureplatxwechsel xwischen festen Phasen. 111. 55

Proben festgestellt werden, da6 der Anfang der nicht sehr lebhaften Reaktion zwischen 400 und 450° liegen muS. Nachdem das Gemisch wahrend etwa 2 Minuten von 400 bis 450° erhitzt war, konnten niimlich reichliche Mengen von PO/ nachgewiesen werden. Ein Gemisch von CaO und Ca,P,O, zeigte noch nach einem zweiminutigen Erhitzen von 500 auf 540° keine nennenswerte Orthophosphat- bildung.

Es wurde jetzt zu den Gemischen von BaO, SrO und CaO mit ande ren Pyrophosphaten ubergegangen. Py rophospha te von demselben Metallen, deren Orthosalz e vorher untersucht wurden, wurden gewahlt und auBerdem noch die Pyrophosphate von Mg und Zn, die sich auch leicht vijllig rein herstellen lessen. Wie gewohn- lich haben wir die Verbindungen nach den genauesten und mit Analysen belegten Literaturangaben selbst hergestellt und auf vollstandige Reinheit gepriift. Die Reaktionsprodukte wurden auf ihren Gehalt an Ortho- oder Pyrosaure genau gepriift. Metaphos- phate werden (vgl. unten) aicht gebildet.

Zur qualitativen Analyse werden die Reaktionsprodukte am besten in zwei Parallelprobon rnit verdunuter Essigsiiure und Amman- carbonatl6sung behandelt, wovon erstere meist mehr Orthophosphat, letztere dagegen mehr Pyrophosphat 16st. Die in der Kalte genau neutralisierten Losungen werden mit Silbernitrat versetzt. Erhlilt man beim Neutralisieren eine Fallung von Erdakaliphosphat, so wird diese gesondert untersucht. Aus dem Gemenge der beiden Phosphate wird das gelbe Silberorthophosphat mit Essigsaure gelost, in welcher das weiBe Silberpyrophosphat auch in der Warme sehr schwerliislich ist. Um aus der essigsauren L6sung durch genaues Neutralisieren rnit Ammoniak die Orthophosphatftillung wieder zu erhalten, mu6 man neuerlich Silbernitrat zusetzen. Die mit Ammoncarbonat erhaltenen Lijsungen geben oft nur gelbe Opaleszenz.

Die Untersuchung hat die Vermutung bestatigt. Wenn Gemische in Ubereinstimmung mit der Formel a) hergestellt und erhitzt werden, erhalt man Produkte, die meistens schon nach dem ersten Erhitzen praktisch frei von Pyrophosphat sind, und nur Orthophosphat ent- halten. E in einfacher Platzwechsel d e r Pyrophosphatgruppe finde t a1 so nic h t s t a t t.

Aber die Reaktionsprodukte von solchen Gemischen, deren Phosphatmetall ungleich gefarbte Ortho- und Pyrophosphate geben, zejgen auch, da6 der Orthophosphatgehalt nicht nur von dem gebildeten Ba-, Sr- oder Ca.0rthophosphat stammt, sondern auch

56 J. A. Hdvall und J. Heubtvgw.

von aus dem ursprlinglichen Pyrophosphat gebildetem Orthophosphat. So waren die betreffenden Gemische - besonders die mit SrO und CaO, vgl. Tab. 2 - deutlich gefarbt vom gelben Ag,PO, (Ag,P,O, wei8), violetten Co,(PO,), (Co,P,O, grauviolett) und braunen CrPO, [Cr,(P,O,), schmutzig grun]. In den betreffenden Oemischen mit dem Molekularverhiiltnis 1 : 2, sieht man aber auch, daS die Reaktion weiter geht, so daI3 das Oxyd (oder im Falle Ag,P,O, : Ag + 0,) von dem Pyrophosphatmetall gebildet wird. Letztere Reaktion wird beim Molverhaltnis 1 : 3 vollstindig [l : 9 fur Cr,(P,O,),], so daI3 kein anderes Orthophosphat als von Ba Sr oder Ca mehr vorhanden ist und so, daS alles urspriinglich als Pyrophosphat vorliegende Metal1 nach der Reaktion als Oxyd (oder im Falle Ag,P,O, als Ag) vor- kommt. Werden wieder Gemische mit dem Molverhiiltnis 1 : 1 [oder im Falle Cr,(PaO,)s, 1 : 31 erhitzt, so erhiilt man kein solches Oxyd, sondern blob ein Gemisch von Orthophosphatenl), teils von Ba, Sr oder Ca, teils auch von dem Pyrophosphatmetall. Und zwar kann auch in diesen Gemischen eventuell nach erneutem Erhitzen den Pyrophosphatgehalt beliebig klein gemacht werden.

Es ist also klar, da6 das urspriingliche Pyrophosphat beim Erhitzen mit BaO, SrO oder CaO in Orthophosphat umgewandelt wird. Nach den erwahnten Erfahrungen muB dieser ,,Abbau" der Pyrophosphate fur die vorliegenden drei Typen in fjbereinstimmung mit den folgenden als Beispiele gewiihlten Formeln verlaufen ,):

c) 4 4

Ein Versuch den entsprechenden Gittermechanismus zu erkl'iren, ist natiirlich eine etwas gewagte Aufgabe wenigstens solange, als die Struktur der Pyrophosphate nicht bekannt ist. Wiixen sie aber so aufgebaut wie auf S. 54 nach NIGC~LI angedeutet ist, so kiinnte man

3Ag4P,0, + 3 M 0 = 4Ag,PO, + M,(PO& (1 : 1) 3 Co,P,O, + 3MO =I 2C0,(P04), + M,(PO,), (1 : 1) Cr,(P,O,), + 3MO = 4CrP0, + Ms(P04), (1 : 3)

I) In den BaO-Gemischen von der Proportion 1: l findet iifters, wie in der Tabelle ersichtlich ist, auch Platzwechselreaktion statt, der groBen Lebhaftig- keit der Reaktion in diesen Systemen wegen.

x) DaB der ,,Abbau" nicht nach der ubrigens schon a priori sehr un- wahrscheinlichen Formel unter Metaphosphatbildung

2Ag4P,0, + SrO = 2Ag,PO, i- Sr(PO,), -I- 2Ag i- &O, verlluft, wurde dadurch bewiesen, daB beim Erhitzen eines solchen Gemisches weder Ag noch 0, gebildet wurde. Erst nach Zusatz von mehr als 1SrO und erneutem Erhitzen wird 0, entwickelt und Ag ausgeschieden.

SZureplatxweohsel xwisohen. feslen Phasen. III. 57

sich in groben Ziigen die Sache folgendermaSen vorstellen: A18 Beispiel des Pyrophosphatabbaus nehmen wir den einfacheren Fall Formel b), wo ein Pyrophosphat zu einem Orthophoaphat von demse lben Metal1 abgebaut wird, wobei der Mechanismus wohl von demjenigen der Formeln c), d) und e) nicht wesentlich verschieden

sein kann. Nimmt man namlich an, daf3 die PO-Gruppe ein Bestreben

hat sich zu PO,-Gruppen zu erganzen, so wiirde die folgende Formel 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

Me P MeOP+OMe=Me P MeOPOMe=Me P Me P Me 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

ein wenn auch grobes Bild des Vorgangs geben.

Wie in den Gemischen von Pyrophosphat und Oxyd von dem- selben Metal1 (Formel b), so sind es auch in den anderen Systemen (vgl. die Tabelle) eigentlich nur die BaO-Reaktionen dieser Art, die von einer betrachtlicheren Warmeentwicklung begleitet sind, d. h. einen groSeren Effekt auf den Erhitzungskurven geben.

Werden die so erhaltenen Reaktionsprodukte nun mit neuen Oxydmengen gemischt, so daS das Molverhaltnis (auf die urspriingliche Pyrophosphatmenge berechnet) 1 : 3 [fur Cr,(P,O,), = 1 : 93 betrggt, so erhalt man wie oben erwahnt nur Erdalkaliorthophosphat und Oxyd des Pyrophosphatmetalles. Diese Reaktion ist also ein Saure- platzwechsel vom Orthophosphattypus und verlauft fur die drei Pyrophosphattypen nach folgenden Formeln, die also als Fortsetzung von den Formeln c), d) und e) geachrieben sind:

0

0

4Ag3P0, + 6MO = 12Ag + 30, + 2M,(PO4), 2C0,(P04), + 6M0 = 6 c 0 0 + 2M,(P04), 4CrP0, + 6MO = 2Cr,O, + 2M,(POJ2

f ) g) h)

Werden Gemische, die direkt im Molverhaltnis 1 : 3 [oder 1 : 9 fiir die Cr4(P,0,),-Systeme] hergestellt worden sind, erhitzt, so erhalt man Reaktionsprodukte in Ubereinstimmung mit den drei Formeltypen :

Ag4P207 + 3MO = 4Ag + 0, + M,(PO4), CO,P,O, + 3 M 0 = 2C00 + M,(PO,), Cr,(P,O,), + 9MO = 2Cr,O, + 3M,(P04),

i) k) 1)

die als Summaformeln von c) und f), d) und g), e) und h) aufzu- fassen sind. Es la& sich nicht streng beweisen, daB die Reaktionen auch in diesen Gemischen uber Orthophosphatbildung verlaufen.

58 J. A. Hedvall und J. Heubergm.

Die IT,-Werte der Orthophosphate (Tabelle 1) und der Pyrophosphate (Tabelle 2) geben dariiber keinen AufschluB, da sie in den meisten Fallen praktisch zusammenfallen und auch sonst keine eindeutigen Abweichungen aufweisen. Nach der zur Erklarung der Formel b) (S. 57) erwiihnten Anschauungsweise ist es allerdings sehr wahr- scheinlich, da8 jede Sprengung der P,O,-Qruppe iiber eine Erganzung der PO,-Gruppe geht. Ubrigens konnen wohl in den hier in Frage kommenden Temperaturintervallen iiberhaupt keine nennenswerten Veranderungen in der Pyrophosphatstruktur geschehen, ohne daS es zu einer gleichzeitigen Platzwechselreaktion kommt an Stellen, wo ein UberschuB an Oxyd vorkommt.

In der folgenden Tabelle 2 sind die Daten der verschiedenen Systeme zusammengefaBt worden. Die Bemerkuagen sind vielleicht etwas weitlaufig. Sie enthalten aber eine Reihe zwischen den ver- schiedenen Produkten zu vergleichenden Beobachtungen, die wir in Anbetracht der bisherigen Unbekanntheit dieser neuen Reaktionsart haben mitteilen wollen.

Die Q-Werte sind aus deaselben Griinden wie in Tabelle 1 nicht angegeben, und ebenso nicht die erreichten Hochsttemperaturen. Die f-Zahlen geben wie gewohnlich die Abweichungen der aus- gefiihrten T,-Bestimmungen vom angefuhrten Mittelwert an.

a. 0 . echwach

Tabelle 2.

Bemerkungen iiber die Reaktionserscheinungen

Sehr menia zusammengebacken. Gelb (Ag,PO,) &a. (Ag). -Enthalt freies Ag, P O P und wenig P o O y . Sehr wenig 0, entwickelt. Einerseits ist also Kch< slles Pyrophosphat abgebaut, andererseits iet die Reaktion aber

weiter gegangen. Sehr stark eusammeneebacken. Grau von freiem Ag. 0, ge'ht bei der Reak- tion plotzlich sturmisch weg. Pyrofrei. Nicht zusammengebacken. Eein gelb (Ag,PO,). 0, und Ag nicht nscbeu- weisen. Entblllt noch etwas P,O,"". Wenn dae Produkt mit neuen Mengen SrO gerieben und erhitzt wurde, wurde ein graues (Ag)-Produkt erhalten und

vie1 0, wurde entwickelt.

System

L Ma 8 & , $ a , & d c L.3 $&; g zz ~ 4 @ 4 & # 4zP5i-gz

Bemerkungen uber die M=*2v 2 i Reaktionserscheinungen Z a

Allgemeinee uber die Ag,P,O,-Systeme. Die Reaktionstemperatur ist unabhangig von den Proportionen.

Die Urnwandlung des Pyrophosphates in Orthophospbat verlauft ohne dentlichen Effekt auf den Kurven und bei Temperaturen, die also nicht genau angegeben werden konnen. Es ist auffallend, daB dieser Abbau vollstandiger geschieht in dem CaO-Gemisch (1 : 1 pyrofrei) als in den entsprechenden SrO- und BaO-Gemischen. Dies beruht anscheinend darauf, daS die CaO-Reaktionen langsamer verlaufen als die anderen. Es hat sich nlimlich gezeigt, dal3 der Abbau auch in den SrO- und BaO-Gemischen je vollstandiger wird, desto lang- samer die Erhitzung geschieht. Eine grol3e Erhitzungsgeschwindig- keit nnd eine grol3e Lebhaftigkeit der Reaktion (BaO=Gemische) disponieren zur Platzwechselreaktion auch in 1 : 1 -Gemischen. Dabei spielt wohl wie gewijhnlich die mehr oder weniger vollstandige Aus- bildung der Schutzschichten eine Rolle.

Ag,P,O, -I- 3 SrO _______

System

Sr,P,O, + 2 BaO

Ca,P,O, + 2 BaO

Ziemlich stark zusammengebacken. Grau 446 f 4 (A@. 0, eeht wea, aber nicht so

schnell wie im entaprechenden BaO- System. Pyrofrei.

a. 0. schwach

(aus- gedehnt)

336 f 0 1 3

I

841 f 4 3

Bemerkungen uber die Reaktionserscheinungen

Ziemlich stark zusammengebacken. Enthalt nur souren von PYrODhOSDhat S e h r s c h w a c h zusammengebacken. Geringe Spuren von Pyrophosphat. Die ungew. Erscheinung, da8 der Effekt in einem Ba-Ca-System kleiner ist ale im entsprechenden Ba-Sr-S stem (vorhergehend) diirfte wohl ihren &and haben, entweder in einer sehr lang- samen Reaktion im Ba-Ca-System oder in einem ebnoi-men Verhaltnis der Bildungswiirmen von Sr,P,O, und Ca,P,O,. Auf die letztere Erkliirung deutet aber nicht der Effekt des fol-

genden Systems.

60 J. A. fleduall und J. HeGberger.

Mg9p907 1 B a 0

2 BaO Mg*P207 I stark 1 351 3 BaO

I stark 1 354 ic 2

MgSP,07 f 1 stark

M ~ * P , O ~ + I a. 0. 1 505 2 CaO 1 schwach

:&3O7 1 schwach I 606 I

Sehr schwach zusammengebacken. Geringe Spuren von Pyrophosphat.

Kaum zusammengebacken. Spuren von Pyrophosphat.

Ziemlich stark zuaammengebacken. 3 i

- l1 Pyrofrei.

1 I Stark zusammengebacken. Pyrofrei.

Kaum zusammengebacken. Geringe

Schwach zusammengebacken. Spuren l I von Pyrophosphat. , 1 Ziemlich stark zusammengebacken.

Mengen Pyrophosphat. ~-

L Pyrofrei. _ - Nicht zusammengebackey Enthalt fast nur Orthophosphat. Sehr wenig

Pyrophosphat. Sehr schwach zusammengebacken.

1 Etwas mehr Orthophosphat als im vorhergehenden System.

Schwach zusammengebacken. Enthklt 1 noch vie1 Pyrophosphat.

I

Allgemeinee iiber die SrzPzO,-, Ca,P,O,- und Mg2P,0,-Syeteme.

Die T, sind unabhangig von den Molverhaltnissen. Die Um- wandlung von Pyro- in Orthophosphat erfolgt in den Ba-Systemen mit Ausnahme von Ba-Ca (evtl. jedoch nur sehr langsam), unter ziemlich bedeutender Warmeentwicklung, ein Verhaltnis, das aus den Erfahrungen von dem Abbau eines Pyrophosphatea mit dem- selben Oxyd (S. 54) zu erwarten ist. Die drei ersten Systeme im Molverhaltnis 1 : 2 wurden genommen, um die eventuelle Moglichkeit eines einfachen Pyroplatzwechsels nach Formel a) zu untersuchen. Die Gehalte der Reaktionsprodukte an PzO,"" zeigen, dab dies nicht der Fall sein kann. Die Wkmeentwicklung stammt hier sicher zum grof3ten Teil von dem Abbau, weil die Orthophosphatplatz- wechsel in diesen Systemen, wie RUS Tabelle 1 hervorgeht, nur sehr schwache EEekte geben. Dies scheint aber in den Mg-Systemen nicht der Fall zu sein. Hier stammt anscheinend der Heinere Effekt von der Pyro-Orthoumwandlung und, wenn sich das Misch- verhaltnis von 1 : 1 zu 1 : 3 nahert, werden die Effekte des Ortho-

Saureplatxwechsel xwisohen festen Phasen. III. 61

phosphatplatzwechsels wegen grofler. Durch eine mit UberschuB an Oxyd vollstindiger werdende Pyroumwandlung konnen dieae Ver- haltnisse namlich nicht erkliirt werden, denn schon in den Ba- und Sr-Systemen 1 : 1 ist das Produkt praktisch pyrofrei. Dies wiirde also bedeuten, daE die Reaktionen Mg,(PO,), + 3Ba0 oder SrO Ba,(PO,), oder SrJPO,), + 3 MgO viel Warme entwickeln wurden.

System

Zn,P,O, + 1 BaO

Zn,P,O, + 2 BaO

Zn,P,O, + 3 BaO

Zn,P,O, + 1 SrO

Zn,PqO, + 2 SrO

Zn,P,O, I- 3 SrO

Zn,P,O, + 3 CaO

1 - .__

stark 1 (aus- 305 4

gedehnt)

atark (aus- 381 f 2

gedehnt)

e. stark

gedehnt) (aus- 472 f 0

stark 1 461 f 3

(aus- 510 & 2 schwach

gedehnt)

schwach (sue- 511 f 2

gedehnt)

"*(,":",Tk 1 509 f 1 gedehnt) I

Bemerkungen uber die Reaktionserscheinungen

Schwach zusammengebacken. Nicht gelb (ZnO) in der Hitze, also nur ab- gebaut. Enthalt neben viel P O P

noch ein wenig P,O,"". Ziemlich stark zusammengebacken. Gelb in der Hitze, woraus folgt, daB die Platzwecbselreaktion schon zum Teil stattgefunden hat. Euthglt noch

Pyrophosphat. Stark zusammengebacken. Gelb in der Hititee. Alles Pyophosphat noch nicht

abgebaut. Kaum zusammengebacken. Nicht gelb in der Hitee, aleo abgebaut, aber un- vollstindig, weil noch Pa07"" nacb-

aewiesen wurde. Ziemlich stark zusammengebacken. Gelb in der Hitze. Enthalt noch

Pyrophosphat. Stark zusammengebacken. Gelb in der

Ritze. Spuren von Pyropbosphat. Kaum eusammengebacken. N i c h t w b in der Hitze, enthalt noch Pyrophosphat. Also wie gewshnlich nur (unvollet8ndig)

abgebaut. Sehr schwach zusammengebacken. Gelb in der Hitze. Enthalt noch

Pyrophosphat, aber wenig.

Schwach zusammengebacken. Gelb in der Hitze. Spuren von Pyrophosphat.

Allgemeines uber die Zn,P,O,-Systeme. Wie gewohnlich sind die Temperaturen innerhalb der Fehler-

grenzen unabhangig von der Mischungsproportion. Besonders in den BaO-Systemen liegen sie etwas hoher als die gewohnlichen BaO- Temperaturen. Dies h&ngt damit zusammen, daS samtliche Zn,P,O, -

62 J. A. Hedvdl und J . Heubergw.

Effekte sehr ausgedehnt sind. Dies gilt besonders den ersten schwachen Anfang der Reaktion und beeinflubt daher die BaO-Temperaturen relativ mehr als die SrO-Temperaturen. Die CaO-Temperaturen werden natiirlich davon unberiihrt. Wie in den Mg,P,O,-Systemen ist auch hier der Abbaueffekt ziemlich grob; der Platzwechseleffekt anscheinend noch grijber.

System

Pb,P,O, + 3 BaO

Pb,P,O, + 1 SrO

Pb,P,O, + 2 SrO

Pb*P,Oq + 3 SrO

stark

8. stark

schwach (am-

gedehnt

stark

s. stark

unnach. weisbar

schwach (aus-

gedehnt

schwach (aus-

gedehnt:

458 f 2

458

-

528 -+ 1

529 f 3

Bemerkungen uber die Reaktionserscheinungen

~ __.___

Kaum zusammengebacken. Grau (BhPbO,). Enthlllt Orthophosphat und viel Pyrophosphat. Also teilweise ab- gebaut, teilweise weiter reagiert. Da- neben Bildung von B@'bO, (vgl.

Tab. 1). Stark zusammen ebacken. Graugelb (PbO). Enthllt &thophosphat, Pyro-

phoaphat und Ba,PbO,. Sehrstarkeusammengebacken. Schwarz- breun. Enthalt viel Orthophosphat, kein Pyrophosphat und auaerdem --9__e_ Ba PbO (mehr als im vorhergehenden). Wenig zusammengebacken. Qelb (PbO) weib. EnthLlt Ortho- und Pyrophoe- phat also teilweise abgebmt, teilweise weiter reagiert. Anscheinend keine

Orthoplumbatbildung. Ziemlich stark zusammengebacken. Gelbweib. Sehr wenig Pyrophosphat. Viel Orthophosphat. Rein Ortho- plumbat. Der Abbau also weiter- gegangen, und die Platzwechselreaktion

hat aneefanaen. Sehr stark eusammengebacken. Rein eelb. Nur Souren von PVrODhOSDhat.

Enthalt wenyg Orthophosphat, vie1 PvroDhosDhat

Sehr schwach zusammengebacken. Weil?. Enthalt viel Orthophosphat, wenig Pyrophosphat. Der Abbau ist also weiter gegangen, aber eine Plate- wechselreaktion hat noch nicht an-

gefangen. Schwach zusammengebacken. Gelblich. Sehr wenig Pyrophosphat. Der Abbau also beinahe vollstllnndig, und die Platz-

wechselreaktion hat angefangen.

Saureplatxweehsel xwischen festeiny Phasen. III. 63

Allgemeinea iiber die Pb,P,O,-Systeme. Die Anfangstemperaturen wie vorher unabhangig Tom Mischungs-

verhaltnis. Die Platzwechselreaktion ist von bedeutender Warme- entwicklung begleitet. Die Ca-Reaktionen wie gewohnlich, aber wenig lebhaft. Das BaO-System 1 : 1 zeigt die gewohnliche UnregelmaSig- keit, daI3 . beide Reaktionen eintreten. AuBerdem wird Ortho- plumbat gebildet was nicht mit SrO und CaO der Fall ist, gerade wie in den Orthosystemen Tabelle 1.

System

Co,P,O, + 1 SrO

s. stark

- - - . . .. ..

unnach- weisbar

unnach- weisbar

460 f 2

. _.-__

> 500

500-55C

Bemerkungen Reaktionser seheinungen

- Nicht zusammengebacken. Violett [Co,(PO,),] und nicht grauviolett Go, P,O, J wie das unreagierte Gemisch. Enthalt neben viel Orthophosphat auch noch Pyrophosphat. Nur abgebaut :unvollstandig). Das Produkt wurde [nit noch 2Ba0 zusammengerieben und erhitzt. Es reagierte bei 358O wie das Orthophosphat in Tab. 1,gab ein dunkel- I Co,O,) violettes, zusammengebaekenes Produkt mit nur Spuren von Pyro-

phosphat. Stark zusammenzebacken. schware (CO~O,). Enthalt -kein Pyrophosphat. Ein Gemisch mit 2Ba0 war wie zu erwarten nach der Reaktion grauviolett, also eine Zwischenfarbe ewischen 1 : 1 und 1: 3. Enthielt nur Spuren von

Pyropbosphat. Nicht eusammengebacken. Dunkler violett ale die Ausgangsmasse. Enthalt neben viel Orthophosphat auch ein

wenig Pyrophosphat. Ziemlich stark zusammengebacken, Schwarzviolett. Pyrofrei. Abbau also vollstandig, aber die Platzwechsel-

reaktiou unvollstandig. Nicht eusammengebacken. Kurz ober- halh 500' scheint der Abbau einzu- treten. Das Produkt erhalt namlich dieselbe Farbe wie Orthophosphat. Enthalt sowohl Orthophosphat als Pyro-

DhosDhat.

~- -

Sehr sehwach zusammengebacken Auch nicht in 0, (COO 3 Co80,) konnte ein Effekt erhalten werden. Grau. Die Platzwechaelreaktion hat also teil- weise stattgefunden. Enthalt noch

Pyrophosphat.

64 J . A. Hedvall und J. Heubwger.

Allgemeines uber die Co,P,O,-Syateme. Die Anfangstemperaturen wie gewohnlich unabhangig von den

Mischungsproportionen. Der Abbau ist von einer deutlichen aber schwachen Warmeentwicklung begleitet, die allerdings nicht so betrachtlich ist wie die der Platzwechselreaktionen. Der aukzesaive Farbeniibergang der Reaktionsprodukte (1 : 3) der Ba-, Sr- und Ca- Systeme geben sehr guten AufschluB iiber die von Ba- zu Ca-Systemen abnehmende Vollstanndigkeit der betreffenden Reaktionen.

Cr,(P,07)B + a. 0. 8SrO I schwach

I

unnach- weisbar

Cq(P,O,), + unnach- 9Ca0 I weisbar

347

348 f 0 ___

c : a 470

468 f 4

__-

< 550

< 550

Bemerkungen iiber die Reaktionseracheinungen

- _ _ ~ _ _ _ ~ ~ _ Schwach tueammengebacken. Dae schmutziggriine [Cr~(P,,O&J Gemisch war nach der Reaktion griin (Cr,?,) braun (CrPO,). Enthiilt neben viel Orthophosphat auch noch Pyrophoe-

1 phat. Die Reaktion scheint wie ofters in den Ba0,Syetemen (mit nur Abbnu- proportionen) nicht beim Abbau stehen zu bleiben, sondern ist such weiter gegangen (Cr208). Vermutlich riihrt der grijBte Teil dee Effekte von letzterer

Rerktion her. Sehr stark zueammengebacken. Griin (Cr20a). Nur Spuren von Pyrophosphat.

auch noch Pyrophosphat. Hat abgebaut aber nicht geplatzwechaelt.

Schwach zusammengebacken. GrIin aber nicht so scharf wie daa entepre- chende BaO-Gemisch. Rein Pvro-

i phosphat. Nicht zueammengebacken. Braun (CrPO,) griin [Cr,(P,O,X] Enthtilt neben PvroDhosDbat betrachtliche I Mengin Oithophosphat.

I Sehr schwach zusammenaebaeken. Braungriin. Enthalt noch ziemlich - I viel Pyrophosphat.

Allgemeines iiber die Cr,(P,O,),-Systeme. Die Anfangstemperaturen wie gewijhnlich unabhangig von den

Mischungsproportionen. Der reine Sbbaueffekt scheint sehr gering zu sein. Der Platzwechseleffekt ist groB nur im Ba-System. Der Farbeniibergang zwischen den drei 1 : 9 Systemen zeigt sehr deutlich die wie gewohnlich abnehmende Vollst'andigkeit der Platzwechael- reaktionen von den Ba- zu den Ca-Systemen.

Saweplatnwechsel xwischen. festen Phasm. III, 65

Uber den Vollstandigkeitsgrad des SPureplatzwechsels der verschiedenen Reaktionsgemische gibt Tabelle 3 AufschluB. Darin ist natiirlich der Abbau von dem Pyrophosphat zu Ortho- phosphat nicht rnit einbegriffan, dessen Vollstandigkeitsgrad aber aus den qualitativen Analysen auf Pa07”” und PO,’” in Tabelle 2 geschatzt werden kann.

Da der Saureplatzwechsel in den Silberphosphatsystemen immer zu metallischem Ag (Ag,O = 2 Ag + go,) fuhrt, konnten die Prozentzahlen der Tabelle 3 so erhalten werden, daB die reagierten Gemische erst mit einer (H,N),CO,-haltigen H,N-Losung ausgelaugt und dann das ubrig gebliebene in HNO, gelost wurde. Aus den beiden Losungen wurde dann AgCL wie gewohnlich geftillt und ge- wogen.

Wie zu erwarten, nimmt der Vollstandigkeitsgrad des Saure- platzwechsels fur entsprechende Gemische von BaO zu CaO ab. In den Gemischen von Ag,P,O, rnit 1MO hat in den vorliegenden Fiillen nur Abbau stattgefunden.

Tabelle 3.

- 0,0000 0,0753 0,2282 0,0000 0,0875 0,0939 0,0000 0,0000 0,0096

System

0,oo 54,09 94,30 0,oo 37,14 64,58 0,oo 0,oo 7,39

Ag,P,O, + I BnO Ag,P,O, + 2 RaO Ag4P,0, + 3 BaO Ag,P,07 + 18r0 Ag4P,07 + 2 SrO Ag,P,O, + 3 SrO Ag,P,O, + 1 CaO Ag4P,0, + 2 CaO Ag,P,O, + 3 CaO

2Ag3P0, + 3 BaO 2 Ag8P04 + 3 SrO 2 AgsPO, + 3 CaO

AgCL aue der ammoniakal. Liisung in g

0,1117 0,0639 0,0138 0,1317 0,1481 0,0515 0,1293 0,1338 0,1202

~ _ _ _ ~~

0,0305 0,1030 0,0856

11. In zwei friiheren Aufsatzen l) wurden einige vorher nicht beob-

achteten Erscheinungen beim Erhitzen pulverformiger Gemische von wasserfreien Carbonaten und Sulfaten rnit Oxyden der alkalischen Erden beschrieben. Wir haben den Typus der dabei bei verhaltnis- maBig niedrigen Temperaturen und mit unerwartet groBer Intensifat

1) Stiueplatnwechsel I und 11, 1. c. 2. anorg. u. allg. Cham, Bd. 1%. 5

66 J. A. Hedvall und J. Hederger.

und Vollstiindigkeit verlaufenden Reaktionen ,,Siiureplatzwechselic genannt. Durch folgende generelle E-ormel konnen diese Reaktionen bezeichnet werden:

MO + MeAc = MAC + Me0 + Q, wo MO ein stilrker basisches Oxyd ist als Me0 und Ac das Anion einer Sauerstoffsaure ist. Nach den friiher beschriebenen Erfahrungen uber die Reaktionsverhaltnisse, wenn Me Ac ein Carbonat oder Sulfat bedeutet l) und nach den damit in beater 'ijbereinstimmung stehen- den Ergebnissen der ersten Abteilung dieses Aufsatzes, wo MeAc ein Phosphat ist, kiinnen wir uber diesen Reaktionstypus ganz allgemein folgendes aussagen:

1. Eine Reaktion findet statt, wenn Q eine Warmeentwicklung bedeutet.

2. Die Lebhaftigkeit der Reaktion ist desto groBer, je starker basisch MO ist als MeO. Die Reaktionen verlaufen in wenigen Sekunden oder Bruchteilen davon ; die lebhaftesten bis zu einer Voll- stiandigkeit von etwa 90°/,, Die weniger lebhaften reagieren un- vollstandiger zufolge besser ausgebildeter Schutzschichten.

3. Die Temperatur, bei welcher die Reaktion beginnt, steigt mit abnehmend basischen Eigenschaften des zugesetzten Oxyds. Sie ist also am niedrigsten fur BaO und am hSchsten fii CaO von den Oxyden: BaO, SrO und CaO.

4. Diese Reaktionstemperatur beruht sowohl auf der Art dss zugesetzten Oxyds wie auch gewissermaBen auf der Art des Salzes. So reagieren z. B. a l l e Sulfate mit BaO in einem engen Temperatur- intervall. Uber einen geringen KationeinfluB vgl. unten S. 50.

5. Die Reaktionen konnen nicht durch die Annahme einer reagierenden Gasphase erklart werden, sondern sind reine Gitter- reaktionen.

6. Die Zusammenbackung der reagierten Massen ist ein reines Reaktionsphanomen und etwa proportional der Intensitat und Voll- standigkeit der Reaktion.

In ,,Saureplatzwechsel zwischen festen Phasen 11" wurde S. 59-62 eine Reaktionshypothese in gro6en Zugen entwickelt. Nach dieser Auffassungsweise ist es wahrscheinlich, daB die Reaktions- temperaturen von einer mit geniigender Beschwindigkeit vorgehen- den Umwandlung einer der gemischten Reaktionskomponenten stark beeinflu5t werden sollen. Und zwar so, da5 die bei der Umwandlungs- temperatur eintretende Erschutterung und Veranderung des Gitters

- +

O V d I Beaktione- I Umwandlungs- temperatur temperatur

I) Mittel von den Bestimmnngen v. HISSINX uud v. ZAWIDBXY, Landoh-

s, D : o v. FRIEDRICE und v. NACKEN. a) Die Analyse des Salzes ergab: Ag = 69,11°/,, Ber. 69,09O/,.

Bornatein.

5*

+ Ag,S0,8) Reaktions- Umwandlungs- temperatur 1 temperatur

BaO+ I 170° f 1 172O f 3 SrO + 411° 160°

Saureplatxwechsel xwkchen festen Phmen. III. 67

eine gleichzeitige Reaktion rnit der anderen Komponente hemor- rufen sollte. Die Erfahrung hat diesen SchluB sehr schon bestbtigt.

Da in der Literatur nichts uber eventuelle Umw andlungspunkte von BaO, SrO oder CaO gesagt wird, bestand die Aufgabe also zunachst darin, ein geeignetes Salz rnit einer gentigend schnellen - und in einem fur die Untersuchun g passenden Temperaturgebiet belegenen - Umwandlung aufzufinden. Eine sorgfaltige Revision ergab nur zwei Verbindungen der erwunschten Art, niimlich AgNO, rnit dem Umwandlungspunkt bei 159,701) und Ag,SO, mit der ent- sprechenden Temperatur 41 Vorauegesetzt, da6 die Oxyde BaO, SrO, CaO bei 1 60° eine geniigende Gitterbeweglichkeit erreicht hatten, um tiberhaupt in Reaktion treten zu konnen, kbnnte man also erwarten, da6 sie alle drei kurz oberhalb 160" mit AgNO, reagieren wiirden. Und also genugend tief, um nicht in Kollision rnit dem Schmelzpunkt des Silbernitrats zu geraten (208,5O).

Mit Ag,SO, mufiten die Verhaltnisse ein wenig anders liegen. I n Saureplatzwechsel I1 wurde gezeigt, daS die Sulfate bei einer Temperatur yon etwa 350" rnit BaO, etwa looo hirher rnit SrO und etwa bei 5200 mit Ca0 reagieren. Es war also zu vermuten, daS BaO normal bei etwa 350° mit Ag,SO, reagieren wurde, aber, daS sowohl SrO wie CaO be ide kurz oberhalb 411" zu reagieren beginnen sollten. (Ag,SO, schmilzt nach N a c k e n erst bei 651O.)

Die folgende Tabelle enthalt die Ergebnisse. Die k-Zahlen bedeuten wie gewirhnlich die Abweichungen von dem angefuhrten Mittelwert der verschiedenen Bestimmungen.

Die Abhiingigkeit der Reaktionstemperatur von der betreffenden Umwandlungstemperatur ist auffallend. DaB die Reaktionstempe- raturen etwas hoher liegen, ist ganz naturlich, weil die Umwandlungs-

I) Mittel von den Bestimmungen v. HISBINX uud v. ZAWIDBXY, Landoh-

s, D : o v. FRIEDRICE und v. NACKEN. a) Die Analyse des Salzes ergeb: Ag = 69,11°/,, Ber. 69,09O/,.

Bornstein.

5*

68

geschwindigkeit etwas wachsen mu6, ehe merkliche Mengen vom Reaktionsprodukt gebildet werden kiinnen. Samtliche Reaktionen verlaufen sehr schnell (einige Sekunden und weniger) und sehr vollsttndig. Am wenigsten naturlich wie gewohnlich die CaO- Reaktionen. D iese R e s u l t a t e s i n d of fenbar e ine schone Bes tg t igung d e r Reakt ionshypothese . Das Verhaltnis, da6 alle drei Oxyde schon bei so niedriger Temperatur wie 170° reagieren konnen, beweist auch, daS die normalen Reaktiomtemperaturen von BaO (etwa 350°), SrO (etwa 450O) und CaO (etwa 5204') keiner not- wendigen Minimalbeweglichkeit der Oxydgitter entsprechen, unter welchem Wert eine Reaktion der Oxyde uberhaupt nicht moglich ware. Die Reaktionstemperatur mu6 vielmehr eine Funktion von der Partikelbeweglichkeit, sowohl in dem Oxyd- wie in dem Salz- gitter sein. Und zwar so, da6 eine gewisse Beweglichkeit in dem einen Gitter eine zur Bildung merklicher Mengen der Reaktions- produkte geniigende Minimalbeweglichkeit in dem anderen Gitter verlangt. Es ist nach den bisherigen Erfahrungen von Carbonaten, Sulfaten und Phosphaten aber auffallend, da6 es bei Reaktionen ohne Umwandlungen in weit haherem Grade die Oxyde sind als die Salze, die die Reaktionstemperaturen bestimmen. Die verhaltnis- ma6ig gut getrennten Reaktionsintervalle von BaO, SrO und CaO berechtigen wohl zur Annahme von oharakteristischen BaO-, SrO- und CaO-Temperaturen, aber gar nicht von Carbonat-, Sulfat- und Phosphattemperaturen. BaO reagiert mit anderen Worten in etwa demselben Gebiet, sowohl mit einem Carbonat wie mit Sulfat oder Phosphat. Nun ist natiirlich fur jeden 'Salztypus oder fur jede Anionart die Vermehrung der Partikelbeweglichkeit eine individuelle Temperaturfunktion, wie es die Temperaturdruckkurven zeigena) Darum kann das eben erwahnte Verhiiltnis kaum in anderer Weise gedeutet werden als folgenderma6en. Bei den in Frage kommen- den Reaktionstemperaturen ist die Partikelbeweglichkeit samtlicher untersuchten Salzgitter sehr geringfugig, was ubrigens auch damit stimmt, da6 die Reaktionstemperaturen ausnahmslos weit unter den Dissoziationstemperaturen der Salze belegen sind [und die Tempe- ratur-Druck- @-, Y-) Kurven zeigen samtlich erst in den letzten Teilen einen steilen Verlauf]. Die Reaktionstemperaturen sollten somit in vorliegenden Fallen hauptsachlich von den AffinitatsgroBen und von der Partikelbeweglichkeit der Oxydgitter bestimmt werden. Das

1) Vgl. Saureplatemechsel11, 1. c. 2, Vgl. z. B. W ~ H L E B und PL~~DDEMANN, Ber. 41 (1) (1908), 707.

J. A. Hedvall und J. Heuberger.

Sawqlatxwechsel zwischen festen Phasen. IIl. 63

Entgegengesetzte ware dann offenbar der Fall bei den Reaktionen zwischen AgNO, und BaO, SrO und CaO oder in den Systemen SrO + Ag,SO, und CaO + Ag,SO,, wo naturlich zufolge der Um- wandlung die Beweglichkeit in dem Salzgitter g le ich so groB wird, daB auch die schwacher basischen Oxyde reagieren konnen.

Wir haben aber gesehen, daB ein Oxyd, z. B. BaO mit einem gewissen Salztypus wie z. B. einem Sulfat nicht bei einer ganz bestimmten Temperatur reagiert, sondern bei Temperaturen, die fiir jedes einzelne Sulfat charakteristisch sind, jedoch aber alle ein verhaltnismaBig enges Temperaturintervall bilden. Oberflachlich betrachtet kiinnte es nun aber nahe liegen zu glauben, da6 die Reaktionstemperatur a l l e r Sulfate mit einem gewissen Oxyd g a n z dieselbe sein sollte. Man mu8 aber hedenken, daB es in den vor- liegenden Fallen wirklich zu einer Reaktion kommt und also auch zur Bildung von dem Oxyd des Salzmetalles. Wir haben demgemaB bei unseren Reaktionen ebenso wie bei der normalen thermischen Zersetzung einea Salzes ganz gewiB mit einer z. B. fiir jedes Sulfat ind iv idue l len Lebhaftigkeit der Reaktion zu tun, und dabei spielt das Metall des Salzes eine gro0e Rolle. Dies findet z. B. einen Ausdruck in den verschiedenen Bildungswarmen, die selbstverstiind- lich auch fiir die Lebhaftigkeit der vorliegenden Reaktionen von groBer Bedeutung sind.

Um auf der Kurve beobachtet werden zu konnen, muB selbst- verstandlich eine gewisse minimale Warmeentwicklung pro Zeitein- heit stattfinden. Oder ea miissen in den verschiedenen Sulfat- gemischen fur jedes System charakteristische Minimalmengen des Reaktionsprodukts pro Zeiteinheit gebildet werden. Diese Minimal- mengen werden aber in den Systemen von z. B. BaO + den ver- schiedenen Sulfaten nach etwas ungleichen und fur jedes Sulfat- praparat charakteristischen Zeiten (vom ersten, unbeobachtbaren Anfang der Reaktion gerechnet), d. h. bei etwas verschiedenen Temperaturen erreicht.

111. Schon bei den ersten Versuchen l), die Reaktionsverhaltnisse in

pulverfijrmigen Gemischen mit Hilfe von Erhitzungskurven zu studieren, erwies sich die Verfahrungsweise nicht nur als ein auBerordentlich bequemes Hilfsmittel, sondern auch als eine in vielen Fallen sehr g e n a n e Methode die Temperatur zu bestimmen, wo eine Reaktion

--

2. onorg. u. allg. Chem 96 (1916), 84; 98 (1916), 47.

70 J. A. Hedvall und J. Heuberger.

mit merklicher Geschwindigkeit zu verlaufen beginnt. Und es war sogar moglich, die - verschiedenen Herstellungsweisen entsprechenden - hderungen des Reaktionsvermijgens zu studieren. Es konnte z. B. den diesbezliglichen EinfluS verschiedener KorngrbBe und Kornform ebenso wie von verschiedenen Modifikationen nachgewiesen werden. Gleich anfangs lieBen sich auch die Dissoziationstemperaturen (p = 1 Atm.) eigener Oxyde und Carbonate bestimmen, und zwar mit einer Genauigkeit, die der mit anderen, umstandlicheren Methoden erreichten gleichkam. Spatere Untersuchungen uber Reaktionen in pulverfdrmigen Qemischen, wo es ijfters auf eine mijglichst genaue Angabe von der Temperatur ankam, bei welcher ein Reaktionsprodukt in merklichen Mengen gebildet wird, haben allerdings erwiesen, daS

Fig. 1. eine solche B estimmung erst unter Beriicksichtigang einiger ein- fachen VorsichtsmaSregeln mit hinreichender Qenauigkeit ausfiihrbar ist. I n Anbetracht, daB die Methode jetzt auch von anderen Forschern angewendet wird, durfte es berechtigt sein, hier eine kurze Zusammenfassung spaterer Erfahrungen zu geben. Dadurch kann den Gebrauchern eine Reihe von Fehlerquellen erspart werden.

Als Wkmequelle eignet sich am besten ein Tammannofen, welcher ein beliebiges Regulieren des Warmezuflusses in jedem Temperaturintervall bis etwa 1600-1 700° gestattetl) Als Reaktions- gefabe, bis etwa dieselbe Hijchsttemperatur, haben sich die,,Pythagorastr- Rijhrchen der Firma HALDENWANGER sehr gut bewiihrt, da sie sehr

I) Niiheres iiber die Konstruktion vgl. Preieliste von Gebr. RUHBTEAAT, Gtittingen.

Saureplatxwechel xwisohen festal Phasen. IIL 71

haltbar sind und von den erhitzten Oxyden oder Salzen unan- gegriffen bleiben. Die Temperaturablesung wird schlieI3lich er- miiglicht durch ein gewohnliches Pt-PtRh-Element, ein geeichtes Millivoltmeter und eine Weckuhr mit 6-10-Sekundenperiode. Fig. 1 stellt schematisch einen solchen Ofen dar.

E ist das Heizrohr, R das Reaktionsgefa, welches am besten durch ein enges Loch in einer auf die obere Kupferbacke B gelegten, dicken Asbestplatte A befestigt wird und in der Figur bis etwa die heiBeste Zone des Ofens eingesenkt ist. T ist das Thermo- element, dessen Ende bis zum Zentrum des Reaktionsgemiaches S reicht.

Wird ein Gemisch erhitzt, wo keinerlei Reakt ionen ein- treten, so erhalt man eine Erhitzungskurve etwa von dem Aussehen

- r Fig. 2.

Fig. 2 : 1 mit einem verhaltnisma6ig steilen Gebiet a b, das ubrigens steiler oder flacher gemacht werden kann durch Regdierung des Ofens und durch Veranderung der vertikalen Lage des Rohrea, und ein Intervall (bc) mit langsamerem Annahern an die Konvergenz- temperatur (0).

F’indet aber eine warmeverbrauchende Reaktion statt, wie bei einer thermischen Dissoziation, z. B. Co,O, = 3CoO + 0, - 63,O Cal. oder CaCO, = CaO + CO, - 42,O Cal., so erhillt man Kurven vom Typus 2 oder 3, auf welchen ein mehr oder weniger ausgepriigtes Verzijgerungsintervall (ef, k2) erscheint. Danach folgt ein Intervall (fg, Zm) mit im Verhaltnis zu der normalen Ofenkurve (1) etwas griiBerem Temperaturanstieg, weil der Temperaturfall, vom Heizrohr zum Thermoelement, jetzt zufolge des Warmeverbrauchs abnorm groS geworden ist. Wenn er seinen normalen Wert wieder angenommen hat @, m), steigt die Temperatur wieder normal, bis zur Konvergenztemperatur (h, n).

72 J. A. Hedvall zcnd J. Heuberger.

Der andere Fell, daE die Reaktion u n t e r Warmeentwick-

= CaCO, + 42,O Cal. lung verlauft, wie z. B. bei

oder entspricht den Kurventypen 4 und 5. Dabei kann der durch die Reaktionswarme vergroberte Temperaturanstieg, je nach der Erhitzungsgeschwindigkeit, der Substanzmenge, der Warmeentwicklung und der Lebhaftigkeit der Reaktion entweder einen ziemlich schwachen Effekt auf der Kurve bewirken wie im Typus 4, wo die Temperatur in dem Gebiete @q) etwas schneller steigt a18 auf der normalen Ofenkurve. Oder die Kurve erhalt ab t (Fig. 2, 5 ) einen plotzlichen Ruck und schnellt in die Hiihe bis mehr oder weniger uber der gleichzeitigen Ofentemperatur, und f allt dann wieder von der erreichten Maximaltemperatur u auf die Konvergenztemperatur (v).

Fur eine genaue Temperaturbestimmung eignen sich am besten natilrlich die Typen 3 und 5. Im folgenden wird beschrieben, wie man verfahrt, um Kurven mit moglichst deutlicben Knicken zu erhalten und unter welchen Bedingungen die Knicke die ,,richtigen" Reaktionstemperaturen angeben.

Zunachst ist es denn ohne weiteres verst'anndlich, daB die zu untersuchende Reaktionsmasse so gut gemahlen und so innig gemischt wie moglich sein mu6, und dab sie durch Zusammenklopfen eine so gleichma0ige Schicht wie mijglich zwischen dem Thermoelement und den Wilnden des Tiegelrohrs bilden soll. In solchen Fiillen allerdings, wo bei der Reaktion ein Gas gebildet wird, wie z. B. bei CaCO, = CaO + CO,, darf die Masse nicht allzu fest zusammen- geklopft werden, um das - durch die iifters sehr lebhafte Ent- wicklung des Gases bewirkte - Aufblahen oder sogar Herausfliegen der Masse zu vermeiden. Dasselbe gilt fur €euchte Priiparate bei etwa 1004 Erst nach der Wasserabgabe klopft man die Reaktions- substanz etwas zu. Der Tiegel darf an keiner Stelle das Heizrohr beruhren. Durch die oben erwahnte Asbestplatte und andere ein- fache Anordnungen kann der Tiegel leicht so gefestigt werden, daB eine uberall gleich dicke Luftschicht (Fig. 1 und 3, L) eine gleich- maf3ige Warmezufuhr besorgt. Die Latstelle des Thermoelements reicht bis ins Zentrum der Masse hinein, wiidurch beim Innehalten der oben erwahnten VorsichtsmaSregeln eine gleiche Temperaturdifferenz zwischen dem Thermoelement und der ganzen Peripherie des Rohres aufgehalten wird. 1st dies nicht der Fall, empfangt die Lijtstelle

CaO + CO, BaO + CuSO, = BaSO, + CuO + 68,4 Cal.,

Saureplatzwedasel xzuischelz festem Phasen. III. 73

den Warmeimpuls von der am Rande des Tiegels beginnenden Reaktion nach ungleichen Zeiten von verschiedenen Teilen der Rohr- peripherie, ein Verhgltnis, das selbstverstandlich den Kurvenknick undeutlicher macht. Ehe auf den EinfluB der Erhitzungsgeschwindig- keit, der Substanzmenge und der individuellen Eigenschaften der Reaktion eingegangen wird, sol1 bl06 noch darauf aufmerksam gemacht werden, daB die Homogenitit des Heizrohres eine groBe Rolle spielt. Wenn das Heizrohr zu lange gebraucht gewesen ist, so ist es namlich sehr leicht zu sehen, daB die Temperatur nicht gleichmaBig gesteigert wird. Ee entstehen vielmehr spitze, glithende Zungen, die eine ungleichmaBige Erhitzung des Tiegels verursachen.

Die folgenden Uberlegungen werden zeigen, wie man den Ein- fluB der eben erwghnten Faktoren beriicksichtigen muB, nm zu

/'T

'.S Fig. 3.

richtigen und reproduzierbaren Werten zu gelangen. E'ig. 3 steIlt von oben gesehen das Heizrohr K, Tiegelrohr R und Thermoelement T dar. L ist die Luftschicht zwischen Heizrohr und Tiegel. Der Abstand zwischen dem Thermoelement und der Tiegelwand ist gleich r.

Zunachst nehmen wir an, daB der Tiegel mit einem Pulver- gemisch beschickt ist, worin eine warmeentwickelnde Reak t ion bei einer gewissen Temperatur T,, in einem auf der Erhitzungskurve beobachtbaren MaBstab zu verlaufen beginnt. Wenn die oben besprochenen Erhitzungsbedingnngen berucksichtigt sind, ist man zu der Annahme berechtigt, da8 nach einer gewissen Zeit die ganze Tiegelperipherie einer Substanzschicht, deren Dicke von der mehr oder weniger gleichfdrmigen Temperatur des Heizrohrs abhiingt (die aber mit einem guten Rohr reichlich 0,5 bis 1 cm betragt) die Temperatur T, erhalten hat. Bei dieser Temperatur ist die Partikel- beweglichkeit der in Frage kommenden Oitter geniigend lebhaft geworden, urn merkliche Mengen von den Molekitlgattungen in

74 J. A. Hedvall wad J. Heuberger.

Reaktion treten zu lassen. Wir nennen diese Temperatur die ,,Anfangstemperaturic des Reaktionsverlaufs, d. h. unter Ta0 konnen in den hier in Frage kommenden Zeitriiumen keine merklichen Mengen von Reaktionsprodukten nachgewiesen werden. Zwischen der Peripherietemperatur und der Elementtemperatur (Zentrums- temperatur) besteht nun ein von dem Temperaturanstieg des Heiz- rohres, dem Radius des Tiegels, dem Warmeleitungsverm6gen der Tiegelwande, dem Reaktionspulver und dem Thermometer- achutzrohr abhiingiger Temperaturfall. Und zwar ist die Thermo- elementtemperatur um so viel niedriger als die innere Tiegelwand- temperatur, je gro6er die Erhitzungsgeschwindigkeit, je schlechter leitend die Tiegelwande, das Reaktionspulver und die Thermometer- schutzrohrmasse, und j e gr6Ber de r Tiegelradius r ist. Von den angegebenen Faktoren kann man eigentlich nur die Tiegel- rohrweite (Substanzmenge) und die Erhitzungsgeschwindigkeit einiger- ma6en beliebig variieren.

Angenommen, die Elementtemperatur ware in dem Moment, als die Peripherietemperatur den Wert Ta erreicht, To. Dann ist T, niedriger als T, und dieser Unterschied kann bei groBer Erhitzungs- geschwindigkeit und mit den weiteren Tiegelrohren (iluf3erer Radius = 18 mm, innerer = 15 mm) d. h. mit grbBeren Substanzmengen, leicht looo betragen. Sitzt das Rohr auSerdem schief oder beruhrt es sogar an einer Stelle das Heizrohr, was mit den weiteren Rohren sehr leicht passiert, so kdnnen noch gro6ere Temperaturdifferenzen beobachtet werden. - In dem gewahlten Beiepiel findet nun bei Ta0 eine wiirmeerzeugende Reaktion statt. Dadurch wird aber der normale (Ofenkurve) Temperaturfall in dem Pulver veriindert, und das Element erweist kurz oberhalb TSo eine Beschleunigung des Temperaturanstiegs, die ihren gr66ten Wert erreicht, wenn die Reaktionszone bis an die unmittelbare Nahe des Thermoelements vorgeriickt ist.. Man erhalt also eine Kurve wie Fig. 4, 1 mit ober- halb T, wachsenden Temperaturspriingenf 10 Sekunden. Wie aus obigem erhellt, kann T, viel niedriger liegen ale die richtige T,, die sich aus einer Kurve von diesem Typus nur unsicher bestimmen rat. Dies ist z. B. der Fall bei einigen sehr lebhaften Reaktionen in der Arbeit zusammen mit v. ZWEIQBERQK~), wo als eine Tor- liiufige Mitteilung etwas uber die spater eingehender zu unter- suchenden Reaktionsverhaltnisse in Gemischen von BaO, und ctnderen Metalloxyden berichtet wurde.

l] 2. anorg. u. alZg. Chern. 108 (1919), 119.

Saureplatxweohsel xwisohelt festen Phasen. IZI. 75

Es ist jetzt auch sehr verstandlich, daS der Temperaturfall von T, zu T, - besonders fur stark exotherme und sehr lebhafte Reaktionen - von der BroSe der Erhitznngegeschwindigkeit rind

Erhitzunga- I 16' (1) geschwindigkeit I 10 Mek.

Substanzmenge abhangig ist. Dies geht z. B. aus der

1

6O 1 3O 10 Sek. 1 10Sek.

folgenden

Erhihungs- (2) geschwindigkeit

2 - Fig. 4.

Tabelle hervor, wo allerdings nur mit wechselnder Erhitzungs- geschwindigkeit experimentiert wurde. Fiir die erste, stark wilrme- erzeugende Reaktion sieht man ein vie1 stiirkeres Beruhen auf der Erhitzungsgeschwindigkeit als fur die andere, weniger exotherme Umsetzung.

Tabelle 5. 1. BaO + CaSO, = BaSO, + CaO + 46 Gal. 2. BaO + SrSO, = BaSO, + SrO + 11 Gal.

-. I b 1

200 I 120 I 40 10 Srk. I ioSek. 1 108ek.

l) Fur sehr kleine Werte dieaer Faktoren erlauben wieder die entaprechen-

'1 Vgl. 1. c. und Abt. I. den Kurven keine genaue Temperaturbestimmung.

76 J. A. HedvaEl und J. Heuberger.

also eigentlich erst, wenn die Reaktionszone an das Element hervor- geriickt, ist, auf der Kurve erscheinen, also bei einer Temperatur, die in besonders geeigneten FBllen nicht viel niedriger liegt als die richtige Temperatur. I n einigen giinstigen Fallen letzterer Art kiinnte man mijglicherweise auch rnit weiten Rohren, d. h. mit viel Substanz zu ziemlich genauen Werten von T, gelangen. In jedem Fall iibt aber selbstverstandlich eine grol3e Erhitzungsgeschwindig- keit einen unvorteilhaften Einflu5 aus.

Wenn es sich wieder um eine w5rmeverbrauchendeBeakt ion handelt, wie z. B. bei der thermischen Dissoziation von CaCO,, so liegen die Verhaltnisse folgendermaben. Bei einer Temperatur, die wir wieder T, nennen, fiingt die Reaktion gleichzeitig an der ganzen Pulverperipherie an. Dadurch wird der WarmezufiuS an das Thermo- element verlangsamt, und bei Ta fiingt auf der K.urve ein Ver- zijgerungsintervall an (Fig. 4, 2)) dessen Anfang mit einem weiten Rohr (viel Substanz), in Anbetracht dessen, da5 die endotheimen Reaktionen nie so schnell verlaufen wie die exothermen, zwar niedriger, aber nicht notwendig viel niedriger liegen mui3 ah die richtige. J e grijSer die Erhitzungsgeschwindigkeit ist, desto unwahr- scheinlicher wird natiirlich das Zustandekommen eines horizontalen oder annahernd horizontalen Intervalls auf der Kurve, das jedoch immer notwendig ist, um die Temperatur genau bestimmen zu konnen. Zufolge Warmebindung verlaufen die Dissoziations- reaktionen, wie eben erwahnt, nie so schnell wie die warmeerzeugen- den, die manchmal beinahe explosionsartige Umsetzungen aufweisen. Daher findet man nur rtuanahmsweise thermische Zersetzungen, deren Lebhaftigkeit noch mit den mittelechnellen exothermen Verlaufen verglichen werden kiinnen. Die Dissoziation von CaCO, und Co,O, gehijren z. B. zu den schnellsten, und da sie aui3erdem von bedeuten- der Warmebindung (42 und 63 Cal.) charakterisiert sind, so erhalt man sehr leicht schijne horizontale Intervalle auf ihren Kurven, entsprechend den Dissoziationstemperaturen (918O und 91 20 bzw.).') In solchen Fallen kijnnen sich grol3e Substanzmengen (weite Rijhren) und erhebliche Erhitzungsgeschwindigkeit teilweise kompen- sieren. Denn es ist, wenn aus irgendeinem Grunde mit schneller Erhitzung im Falle von Reaktionen dieser Art gearbeitet wird, selbst- verst'andlich aussichtsreicher ein horizontales Interval1 auf der Kurve zu erhalten, wenn man viel Substanz hat. So erklart es sich, dal3

l) Vgl. 2. anorg. u. allg. Chem. 96 (1916)) 64; 96 (1916), 47.

Saureplatxwechsel zwisohen. festen Phasen. IlI. 77

bei den oben erwahnten friiheren Bestimmungen bezuglich der Reaktionen:

CaCO, = cao + CO, und

C O , ~ , = 3c00 + 'la 0,

die entsprechenden Dissoziationstemperaturen nicht - durch nach spaterer Erfahrung ausgefuhrten Versuchen - korrigiert werden mu fiten.

Es hat sich aber allmahlich erwiesen, da6 man am schnellsten (wenige Yinuten) und auch am genauesten eine Bestimmung ausfiihrt, wenn mit einer Substanzmenge von etwa 0,l-0,2 g und einer Erhitzungsgeschwindigkeit von etwa 1--2O/10 Sek. arbeitet. Der Tiegel ist ein Haldenwangerrohr von 10 mm auBerer und 8 mm lichter Weite, das mittels der oben erwahnten Asbestplatte mehr oder weniger tief eingesetzt werden kann. Unter diesen Bedingungen erscheint der Reaktionsanfang auf der Erhitzungskurve als ein scharfer Knick, und zwar bei einer Temperatur, die - wie ein zweites am inneren Rande des Tiegels ohne Schutzrohr placiertes Thermoelement zeigt - innerhalb der Fehlergrenzen von der Zen- trumstemperatur nicht abweicht. Die exothermen Reaktionen geben dabei Kurven wie Fig. 4, 3, auf denen der erste Temperatursprung der groBte ist (vgl. Fig. 4, 1, wo dies nicht der Fall ist). Beim Feststellen dieser Temperatur mu6 man, um den wirklichen Ruck registrieren zu kdnnen, das Pyrometer ununterbrochen beobachten und nicht nur alle 10 Sekunden, wie im ubrigen Gebiet. Wieder- holte Bestimmungen geben dann Werte, die meistens keine 5 O von- einander abweichen. Bei sehr schwach exothermen Reaktionen (etwa 5 Cal. und weniger), die auch langsam verlaufen, wird natiir- lich die Temperaturbestimmung sehr erschwert und oft unmoglich. In solchen Fiillen kann man sich aber manchmal helfen, mit aus der Reaktionsmasse gepreBten Pastillen. I n der Absicht, wenigstens einen ungefahren Wert des Tntervalls zu erhalten, wo die Reaktion verliiuftj kann man dabei den Knick durch Vermehrung der Masse und VergroSerung des Temperaturanstiegs etwas versttken. Dabei erhalt man aber eine zu niedrige Temperatur. Durch wiederholtes Erhitzen bis immer wachsende Hochsttemperaturen und Beobach ten der Masse kann man naturlich, besonders in den Fallen, wo anders gefBrbte Reaktionsprodukte gebildet werden, einen ungef ahren Begriff iiber die gesuchte Temperatur erhalten. Aber auch wenn alles gleich gefarbt ist, hat es sich gezeigt, da6 eine Reaktion immer

18 J. A. Hedvall zcrtd J. Heubergw.

von einem stkkeren oder schwacheren Zusammenbacken des Pulvers gefolgt ist, wahrend die unreagierten Maesen diese Erscheinung bei den hier in Frage kommenden Temperaturen niemals zeigen.’)

In gewissen Fallen kijnnen auch andere Kunstgriffe sehr gute Resultate liefern. So war, wie aus der Reaktion

MgO + CoSO, = MgSO, + COO + 1,5 Cal. erhellt, der Effekt vie1 zu klein, um einen Knick auf der Kurve zu erhalten. Dann wurde das Gemisch im Sauerstoffstrom erhitzt, wobei schon die erste Bildung von COO von einer sekundaren Bildung von Co,O, gefolgt wird, und dabei wird so viel Wiirme entwickelt, da6 ein sehr schSner Knick auf der Kurve erhalten wurde :

COO + I/, 0, = I/, Co,O, + 21 Cal. Mit endothermen Reaktionen wurde bis jetzt nicht viel gearbeitet.

Wie schon erwahnt, verlaufen sie viel langsamer. Die Zersetzung ist im allgemeinen desto langsamer, j e positiver das Metal1 und je weniger fliichtig der abdissoziierende Bestandteil ist. Daher lii6t

.sich z. B. die Dissoziationstemperatur von CaCO, viel sicherer als von SrCO, und BaCO, bestimmen. Rurven vom Typus Fig. 4, 4 werden in solchen Fallen erhalten. Allerdings stimmen die nach dieser Methode ermittelten Temperaturen noch fiir SrCO, (1141O) und BaCO, (136193 ziemlich gut mit denen von BRILL und FINICELBTEIN gemessenen (1 155O und 1352”) iiberein, besonders in Anbetracht dessen, da6 auch mit einer und derselben Met.hode auf diesem Qebiet ijfters groBe Abweichungen erscheinen.

SchlieBlich sol1 darauf aufmerksam gemacht werden, da0 die Erhitzungsgeschwindigkeit nicht kleiner gemacht werden darf als etwa l0/1O Sek. Bei noch langsamerer Erhitzung haben die aus dem gebildeten Reaktionsprodukt bestehenden, erzeugten Schutz- schichten geniigend Zeit um sich dlmahlich und vollstiindig aus- zabilden. Die Menge des Reaktionsprodukts, die von den Schute- echichten reprasentiert wird, ist natiirlich zu klein, um eine Diskontinuitiit der Kurve zu veranlassen. Und wenn sie fertig gebildet sind, kann die Reaktion nicht weiter gehen. Auf diese Weise kann man ein Gemisch also weit iiber die normale Reaktions- temperatur erhitzen, ohne einen Knick zu bekommen.

1) Vgl. 2. aawg. u. a&. Chm. 128 (1923), 11, die Tabelle. ’) Vgl. 2. a w g . u. allg. Chem. 96 (1916), 47.

Saureplatxwsohsel xwischn festen Phasen. XI. 79

Zum SchluS sei endlich die Tabelle aus Saureplatzwechsel I mit den nach den oben beschriebenea Erfahrungen ermtiglichten Korrektionen der 5':-Werte mitgetei1t.l)

SrCO, + 1

Tabelle 6.7

1 1 I (280°1i 1 5,8 398O f 5 Th. B. SrCO, + 1 1 1 I (280°1i 1 5,8 398O f 5 Th. B.

Zunachst ist bier zu bemerken, daB die erste bestimmte Temperatur des SrO-MgC0,-Systems = 240° wegen unrichtiger Deutung des entsprechenden Kurvenverlaufs 8) urn etwa looo zu niedrig angegeben ist. Wie aus der Kurve deutlich erhellt, beginnt der abnorme Temperaturanstieg erst zwischen 300 und 4009 Eine Neubestimmung hat aber die Reaktionstemperatur in das normale SrO-Gebiet bis 456O erhoht, wo man einen deutlichen ,,Platzwechsel- knickl' auf der Kurve bekommt. Der mehr ausgedehnte Effekt zwischen 3G0 uud 400° hat sicher seinen Grund in der Reaktion zwischen SrO und dem bei der Bildung von einem noch basischeren Carbonat (als 6 Mg0-5 CO,) abgespalteten, gasformigen CO,. Auf diese Weise konnte man vielleicht auch die erst, allerdings etwas zu niedrige Temperatur fur die Reaktion zwischen CaO und Magnesium- carbonat erklken. Die Neubestimmung ergab in zwei Fallen 522 und 5234 In den jetzt erwahnten Fallen haben die ursprunglichen, eehr niedrigen Temperaturen kaum ihren Grund in den allerdings etwas ungiinstig gewahlten GroSen von Substanzmenge und Erhitzungs- geschwindigkeit. Dies ist aber sicher der Fall in den BaO-Reak- tionen ihrer grogen Warmeentwicklungen und Intensitaten wegen. Es ist auffallend, daS die neubestimmten Temperaturen in vie1

1) Vgl. 2. alaorg. u. allg. Chem. 122 (1922), 187. 8) Die *-Zahlen geben die IluBeren Grenzen der verschiedenen Bestim-

mungen, vom sngegebenen Mittelwert aus berechnet, an. Die in Klammern angefuhrten Temperaturwerte sind die alten Bestimmungen. Die Wiirme- tonungen sind aus Landolt-Biirnsteine Tabellen genommen. Th. = THOMSEN, B. = BEBTEELOT, de F. = DE FOBCEAND.

s) 5. 185, Fig. 1, Kurve 4a der erwiihnten Abhandlung.

80 Hedvall u. Heuberger. Saureplatzwechsel xwischen festen Phasen. III.

besserer Ubereinetimmung mit der in Saureplatzwechsel I1 l) gegebenen Theorie stehen als die friiheren. Fordert die Hypothese iiber den Reaktionsverlauf doch, dab ein zugesetztes Oxyd mit allen in dem in Frage kommenden Temperaturgebiet bestandigen Carbonaten bei Temperaturen reagieren sol1 , die voneinander nicht weit ge- trennt sind.

Untersuchungen iiber Platzwechselreaktionen in Systemen mit sogenannten ,,Mischverbindungen" (z. B. COO A1,0,) und anderen bisher nicht unterauchten Salztypen sind in Arbeit.

~

1) 1. c.

Orebro, Chemisches Laboratorium dw Technkhen Schule. 20. Februcrr 1924.

Bei der Redaktion eingegangen am 25. Februar 1924.