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Seite 1
Sicherheitsföderalismus im Ausnahmezustand
Einsatz der Bundespolizei zur Unterstützung der
Länder am Maßstab der Bundestreue
Dissertation
von
Alexander Schmelzer (M.A.)
Band II
Methodisches Vorgehen und Materialien
Kabul, 20. Februar 2015
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Seite 2
Inhaltsverzeichnis
1 Methodisches Vorgehen ................................................................................... 3
2 Experteninterviews ........................................................................................... 9
2.1 Leitfaden für die Experteninterviews - Masterarbeit ................................ 9
2.2 Leitfaden für die Experteninterviews - Dissertation ............................... 11
2.3 Kategorieschema Masterarbeit ................................................................ 12
2.4 Kategorieschema Dissertation ................................................................. 13
2.5 Auswertung PD Frommholz (2011) ........................................................ 14
2.6 Auswertung PHK Heppekausen (2011) .................................................. 22
2.7 Auswertung damaliger IBPdL Schubert (2011) ...................................... 26
2.8 Auswertung PD Lipp (2011) ................................................................... 33
2.9 Auswertung PD Bähr (2011) ................................................................... 35
2.10 Auswertung IBPdL Lohmann (2013) ...................................................... 40
2.11 Auswertung PD Lipp (2013) ................................................................... 47
2.12 Auswertung RD Du Bois (2013) ............................................................. 50
2.13 Auswertung Präsident Eichele (2013) ..................................................... 58
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1 Methodisches Vorgehen
Die Untersuchung baut auf die Erkenntnisse sowie dem Ansatz der Masterarbeit „Einsatz
der Bundespolizei zur Unterstützung der Länder – Achillesferse föderaler Polizeihoheit“ auf
und setzt damit erneut auf den wissenschaftlichen Ansatz der Triangulation. Diese basiert
auf einer Kombination aus den drei Forschungsmethoden Literaturrecherche, Akten- und
Dokumentenanalyse sowie dem Leitfadeninterview. Damit werden die Validierung sowie
die Anreicherung der mit Einzelmethoden nur begrenzt zu gewinnenden Erkenntnisse
verfolgt. 1 Hierzu wurden durch Studium von Primär- und Sekundärliteratur zum
Untersuchungsgegenstand die historischen, verfassungsrechtlichen und fiskalischen
Grundlagen der Bundestreue, der föderalen Polizeihoheit, des Krisenmanagement des
Bundes sowie der Rolle der Bundespolizei im grundgesetzlich vorgesehenen „kontrollierten
Systems der Eskalation“ erfasst und dargestellt.2
Den zweiten Teil bildeten die Akten- und Dokumentensichtung und deren Auswertung bei
den zuständigen Bundesbehörden. Die bereits erhobene Datenbasis aus der Masterarbeit zur
Qualität und Quantität der Länderunterstützungsersuchen, zum Umfang der geleisteten
bundespolizeilichen Unterstützung, zur Haushalts- und Personalentwicklung bei den
Polizeien der Länder und der Bundespolizei einschließlich deren Bereitschaftspolizeien
wurde auf den Zeitraum 2000 bis 2012 erweitert. Eine Grundlage für die Untersuchung der
Einsatz-, Personal- und Haushaltsentwicklung bildeten existierende Akten 3 des
Bundesministerium des Innern beim Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder, der
Abteilung Krisenmanagement, der Abteilung B, des Bundespolizeipräsidiums bei der
Abteilung 2 „Gefahrenabwehr“ und der Direktion Bundesbereitschaftspolizei. Hierzu
zählten insbesondere BMI-Erlasse, freigegebene und bereitgestellten Beschlüsse der IMK
und des AK II. Darüber hinaus wurden Landes- und Bundestagsdrucksachen aus diversen
Wahlperioden – insbesondere die Antworten der Bundesregierung auf Anfragen der
Fraktionen – sowie die Haushaltspläne und -rechnungen der Länder und des Bundes
analysiert. Den wesentlichen Baustein für die Untersuchung der Einsatzentwicklung
bildeten erneut die durch den IBPdL erstellten Unterlagen (Kräfteübersichten/ -statistiken).
Alle länderübergreifenden Unterstützungseinsätze werden dort erfasst und archiviert.
1 Vgl. Flick (2010), S. 519-520. 2 Vgl. Flick (2010), S. 72-75. 3 Vgl. Flick (2010), S. 323-324.
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Seite 4
Schwerpunkt der Dokumentenanalyse stellten daher erneut die für jeden Bund-Länder-
übergreifenden Unterstützungsfall durch den IBPdL zusammengestellten Kräfteübersichten,
welcher Einsatzanlass, welche Einsatzdauer, Anforderung, Angebote und die letztendlich
eingesetzten Kräfte von Bund und Ländern dokumentieren. Wie in der Masterarbeit bereits
dargestellt, wurden diese Übersichten nach einheitlichen Standards für jeden Einsatzanlass
angelegt sowie fortgeführt und beruhen auf den Angaben der Länder und der Bundespolizei.
Die Bezeichnungen der einzutragenden Kräfte basieren auf Bund-Länder-einheitlichen
Abkürzungen. Freitextfelder sind nur bei Anlass und Datum vorgesehen. Grundsätzlich ist
nur der Eintrag von Ziffern zugelassen. Dies gewährleistet, dass die Eintragungen anhand
der tatsächlichen Sachlage und unabhängig von der Person des verantwortlichen
Sachbearbeiters erfolgen. Daher erfüllen diese Unterlagen die Qualitätskriterien für
Dokumente (Authentizität, Glaubwürdigkeit, Repräsentativität, Bedeutung) und eignen sich
im besonderen Maße für die Fortsetzung der in der Masterarbeit begonnenen Analyse.4 Jede
einzelne Kräfteübersicht aus den Jahren 2000 bis 2012 wurde gesichtet, fortlaufend
nummeriert, archiviert und ausgewertet. Dabei wurde erneut ein repräsentatives Sample
erstellt und weniger ein Dokument gezielt herausgegriffen. 5 Um die Objektivität und
Vergleichbarkeit der Unterstützungseinsätze sicherzustellen wurde an dem festgelegten
kleinsten gemeinsamen Nenner eines Einsatztages festgehalten. Demfolgend wurde jede
Anforderung für einen Einsatztag mit einer laufenden Nummer versehen, eine
Kräfteanforderung für drei Tage - die Kräfte waren aus einem Anlass an drei
aufeinanderfolgenden Tagen eingesetzt - erhielt demfolgend drei laufende Nummern, was
eine Verdreifachung des Kräfteansatzes bedeutet. So konnten der Kräfteumfang und die
Gewichtung von Qualität und Dauer des jeweiligen Einsatzes realitätsnah abgebildet
werden. Nach diesem Raster wurden insgesamt 1.544 länderübergreifende
Unterstützungseinsätze aus den Jahren 2000 bis 2012 gesichtet und nach Zeitpunkt, Anlass,
Dauer, Art und Umfang der angeforderten, angebotenen und eingesetzten Kräfte der Länder
und der Bundespolizei ausgewertet. 6 Die 1.213 untersuchten Datensätze aus der
Masterarbeit für die Jahre 2000 bis 2010 wurden in diesem Zusammenhang
qualitätsgesichert und überprüft. Diese Informationen wurden für die Datenauswertung in
eine Excel-Tabelle „Rohdaten-Einsätze“ übertragen und zusammengefasst. Daraus wurden
4 Vgl. Scott (1990), S. 6; Flick (2010), S. 325. 5 Vgl. Flick (2010), S. 326. 6 Ausnahme bildeten die auf Dauer angelegten Unterstützungseinsätze der Bundespolizei zu Gunsten des
Landes Berlin u. a. zum Schutz der US-Botschaft und des Bundestages. Der Kräfteansatz wurde wie oben
beschrieben in Einsatztagen bemessen, ein Monat erhielt dagegen nur eine lfd. Nummer.
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Seite 5
Erkenntnisse zum Umfang der Anforderungen, der Angebote und der tatsächlich
eingesetzten Kräfte sowie zur Entwicklung des Anforderungs- und Angebotsverhaltens
insgesamt, einzeln nach Ländern und der Bundespolizei, sowie nach Art der Kräfte7 für den
Untersuchungszeitraum generiert. In Einzelfällen wurde auf die bereitgestellten,
konkretisierenden Informationen in Unterstützungsersuchen, BMI-Erlassen bzw. Bundes-
und Landestagsdrucksachen zurückgegriffen. Die Entwicklung bundespolizeilicher
Unterstützungseinsätze wurde tiefergehend ausgewertet. So wurden alle Einsätze nach
Umfang der Anforderung8, nach Umfang bundespolizeilicher Beteiligung9 und die Fälle
einer 100 prozentigen Beteiligung, nach dem dortigen Umfang der Kräftegestellung
kategorisiert.10 Die auf Grundlage der Länderangaben in den IBPdL-Akten gewonnenen
Erkenntnisse zur Einsatzentwicklung wurden mit den durch die Bundespolizei 11
bereitgestellten Einsatzdaten abgeglichen. Nach der Untersuchung der Einsatzentwicklung
wurden Daten zur Personalsituation der Polizeien der Länder und der Bundespolizei
erhoben. Hierzu dienten die Personalstatistik des Statistischen Bundesamtes zum
Öffentlichen Dienst und die bereitgestellten Daten aus der zweijährlichen Abfrage des
Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen zu den Polizeistärken der Länder. Da
die dortigen Angaben trotz vergleichbarer Rahmenbedingungen variierten, musste auf die
Stellenpläne in den Haushaltsplänen ausgewichen werden. Die Länder erfassen auch diese
unterschiedlich. So fassen einige Länder wie Hamburg, Hessen, Mecklenburg-
Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Sachsen-Anhalt und
Schleswig-Holstein ihre Stellen der Polizei unter einen Titel „Landespolizei“ zusammen,
andere splitten diese in „Landespolizei“, „Bereitschaftspolizei“, „LKA“ und sonstige. Da für
die Untersuchung die tatsächlichen operativen Beamten der Landespolizei,
Bereitschaftspolizei und der Landeskriminalämter (als nicht zu vernachlässigende Größe)
Relevanz entfalteten, wurden diese Einzelangaben summiert und ausgewertet. Die
Personalentwicklung der Bereitschaftspolizeien von Bund und Ländern konnte über den
7 Abteilungsführungen (AF), Bereitschaftspolizeihundertschaften (BPH), Beweissicherungs- und
Festnahmehundertschaften (BFHu), Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) und Technische
Einsatzeinheiten (TEE). 8 Kategorie 1 : Ersuchen bis zur Größe 1 BPH/BFHu; Kategorie 2 : Ersuchen bis zur Größe von 3
BPH/BFHu; Kategorie 3 : Ersuchen ab einer Größe von 3 BPH/BFHu. 9 Kategorie 1 : 100 Prozent der Anforderung; Kategorie 2 : mehr als 50 Prozent der Anforderung; Kategorie
3 : weniger als 50 Prozent der Anforderung. 10 Kategorie 1 : Kräftegestellung bis 1 BPH/BFHu; Kategorie 2 : Kräftegestellung bis 3 BPH/BFHu;
Kategorie 3 : Kräftegestellung ab 3 BPH/BFHu. 11 U. a. BGS-Jahresberichte, Alt-Statistiken BMI Abteilung B, Referat BGS II 1, B II 1, B 3; Statistik der
ehemaligen Bundesgrenzschutzdirektion (BGSDIR) zum Einsatz der Bundespolizeiabteilungen,
Jahresberichte und Statistiken der BPOLD BP.
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Seite 6
jährlichen Meldedienst des IBPdL und über Berichte, Statistiken der ehemaligen
Bundespolizeidirektion sowie Angaben der Direktion Bundesbereitschafts-polizei erhoben
werden. Diese Personaldaten wurden in einem Datenblatt „Rohdaten-Personal“ erfasst und
ausgewertet. In einem dritten Schritt wurden die Einzelpläne der Innenressorts in den
Haushaltsplänen aller Länder und der Bundespolizei für den Zeitraum 2000 bis 2012
untersucht. Die in der Masterarbeit nicht vorliegenden Angaben wurden ergänzt. Der Fokus
lag dabei auf den Titeln „Bezüge der planmäßig beschäftigten Beamten“, „Stellenpläne für
die Polizei“ sowie auf den Ausgaben und Einnahmen, welche für Unterstützungseinsätze
veranschlagt worden bzw. angefallen waren. Verwendet wurden die im Internet und
Bibliotheken öffentlich zugänglichen Haushaltspläne und vereinzelt die
Haushaltsrechnungen. Die Bezeichnungen der Kapitel oder Titel konnten trotz teilweiser
heterogener Bezeichnungen und unterschiedlicher Qualität der Eintragungen in
grundsätzlich einheitliche Kategorien eingeteilt werden, so dass eine Vergleichbarkeit der
Daten sichergestellt war. Diese Informationen wurden in ein Datenblatt „Rohdaten-
Haushalt“ übertragen, ausgewertet und dargestellt. Den Abschluss der Dokumenten- und
Aktenanalyse bildete die Gegenüberstellung von Einsatz-, Haushalts- und
Personalentwicklung bei der Polizei. Diese Ergebnisse konnten die aufgestellten
Hypothesen bestätigen bzw. falsifizieren und gestatteten Prognosen für die zukünftige
Entwicklung.12 Perspektiven und Sichtweisen einzelner Personen wurden bei dieser Form
der Erkenntnisgewinnung nicht berücksichtigt.
Dies erfolgte im dritten Teil der Untersuchung, indem durch Rekonstruktion subjektiver
Sichtweisen mittels leitfadengestützter Experteninterviews die gewonnenen Erkenntnisse
verifiziert wurden.13 In der qualitativen Forschung werden verbale Daten sowohl durch
Erzählung oder unter Einsatz eines Leitfadeninterviews gewonnen. In der vorliegenden
Untersuchung stand die Fachexpertise zur Bewältigung von besonderen Einsatzlagen und
länderübergreifenden Unterstützungseinsätzen im Vordergrund. Die benötigten
Fachinformationen konzentrierten sich beim IBPdL im Bundesministerium des Innern
(Abteilung Bundespolizei), beim Bundespolizeipräsidium und der Direktion
Bundesbereitschaftspolizei. Als Experten14 haben sich der IBPdL (Herr Lohmann), und sein
Vertreter (Herr Lipp), der Präsident der Direktion Bundesbereitschaftspolizei (Herr Eichele)
12 Vgl. Flick (2010), S. 330-331. 13 Vgl. Flick (2010), S. 215; vgl. auch Mayer (2008), S. 37. 14 Vgl. Meuser/Nagel (1997), S. 484; Mayer (2008), S. 41.
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und der Leiter des Referates Krisenmanagement 1 im BMI (Herr Du Bois) zur Verfügung
gestellt. Der frühere IBPdL (Herr Schubert), der frühere Leiter des Referates 21 (Herr
Frommholz) und ein Mitarbeiter dieses Referates (Herr Heppekausen) sowie der Leiter des
Referates 81 (Herr Bähr) im BPOLP haben erklärt, dass ihre Interviews aus Anlass der
Masterarbeit vollumfänglich für diese aktuelle Untersuchung verwendet werden können.
Vor diesem Hintergrund und der noch bestehenden Aktualität der Befragungen im Rahmen
der Masterarbeit (2011) war ein erneutes Interview mit diesen Experten nicht erforderlich.
Die Wahl der Experten in leitender Funktion verursachte einen nicht unerheblichen
Zeitdruck beim Interview. Der Status eines Sachverständigen schränkte die Bandbreite der
potentiell relevanten Informationen ein, die der Befragte liefern sollte. Insoweit wären
andere Interviewformen weniger zweckdienlich und teilweise undurchführbar gewesen.
Zudem machten die konkrete Erkenntnislage und die sich daraus ergebenden spezifischen
Fragestellungen ein Leitfadeninterview alternativlos. 15 Überdies konnte dadurch
ausgeschlossen werden, dass sich das Gespräch in sachfremden Themen verliert. Jeder
Befragte hatte die Möglichkeit, seine Ansicht der Dinge bezogen auf ein Themenfeld
darzustellen, zu erläutern und etwaige Einzelfragen zu beantworten. Den Experten wurden
in einem Vorgespräch das methodische Vorgehen und der Inhalt der Untersuchung
vorgestellt. Nach dem Leitfaden16 sollten die Experten im Fragenkomplex 1 konkret zu den
Untersuchungsergebnissen Stellung. Die Fragen zwei bis fünf zielten auf die Hypothesen
der Untersuchung und die konkreten Einzelaspekte ab. Der Leitfaden für diese Dissertation
entsprach den grundsätzlichen Inhalten dem der Masterarbeit. 17 Dadurch wurde die
Vergleichbarkeit bei der Auswertung der Aussagen sichergestellt. Im Rahmen von zwei
Pretests wurde die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit des Leitfadens überprüft.
Zunächst mit einem Mitarbeiter des BMI, der jahrelang für die Prüfung von bund-
länderübergeifenden Unterstützungsersuchen zuständig war. Danach mit einem Mitarbeiter
der Bereitschaftspolizei des Landes Sachsen-Anhalt in leitender Funktion. Zwei Wochen vor
den Interviews wurde den Experten der Leitfaden ohne Untersuchungsergebnisse übersandt.
Ausgesuchte Ergebnisse der Dokumentenanalyse wurden erst unmittelbar vor dem Beginn
der Interviews präsentiert. Letztere wurden mit einem digitalen Diktiergerät aufgenommen
und anschließend transkribiert. Ausschließlich der sachliche Inhalt der Interviews wurde
einer Analyse unterzogen. Daher musste die Transkription lediglich den Gesprächsinhalt
15 Vgl. Flick (1999), S. 114. 16 Siehe Kapitel 2. 17 Siehe Kapitel 2.
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enthalten. Zusätzliche Transkriptionsregeln wie Pausen, Stimmlagen und sonstige
parasprachliche Elemente waren daher nicht erforderlich.18 Die konsequente Nutzung des
Leitfadens und die Reduzierung der Fragenkomplexe erhöhten die Vergleichbarkeit der
Informationen und deren Struktur sowie deren qualitative Inhaltsanalyse. Diese erfolgte
nach dem Auswertemodell von Mühlfeld19 mit Hilfe eines Suchrasters, welches aus den
Kategorien des Interview-Leitfadens gebildet wurde und dem der Masterarbeit entsprach.20
Zur Nachvollziehbarkeit der Extraktion wurden die Zeilen der Interviews mit Randnummern
versehen. Die Aussagen der Experten wurden mit den Erkenntnissen aus der
Literarturrecherche sowie der Dokumentenanalyse abgeglichen und überwiegend in den
Kapiteln vier, fünf und sechs dieser Arbeit verwendet. Auf die Erhebung zusätzlicher
Informationen bei den Innenministerien der Länder mittels standardisierter Fragebögen
wurde aufgrund des zu erwartenden geringen Rücklaufes und der Inhaltsgleichheit
vorliegender IBPdL-Informationen verzichtet. Durch dieses Vorgehen und die umfangreiche
Unterstützung durch die beteiligten Bundesbehörden konnten die aufgrund der Sensibilität
des Themas und differierender Interessen erwarteten Gatekeeper-Fälle21 bei den Ländern
vermieden werden. Eine weitergehende Einzelbetrachtung in den Ländern war aufgrund der
gewonnenen, ausführlichen Erkenntnisbasis nicht erforderlich. Die Dissertation wurde unter
Nutzung öffentlich zugänglicher Quellen und bereitgestellter Akten des BMI erstellt. VS-
eingestufte Dokumente wurden nicht verwendet, um eine (auch teilweise) Einstufung der
Dissertation zu verhindern. Die vom BMI nachträglich als Verschlusssache „Nur für den
Dienstgebrauch“ eingestuften Jahresberichte sowie diverse Statistiken wurden durch den
IBPdL ausdrücklich freigegeben. Ebenso hat das Referat B 6 im BMI eine Verwendung von
Einzelinformationen bzw. Antwortschreiben einzelner Länder im Rahmen der
Projektgruppe „Wasserwerfer“ freigegeben. Aufgrund der methodologischen Prinzipien der
Nachvollziehbarkeit, sind sowohl die Interview-Leitfäden, das zur Extraktion genutzte
Kategorieschema für die zu Grunde liegende Masterarbeit und die aktuelle Dissertation, als
auch die semantisch überarbeitete Zusammenfassung der Interview-Kernaussagen im
Kapitel 2 aufgeführt.
18 Vgl. Mayer (2008), S. 47-48. 19 Vgl. Lamnek (2005), S. 207; Mayer (2008), S. 47 ff. 20 Vgl. Flick (2010), S. 224, 476; Lamnek (2005), S. 207. 21 Der Zugang zu allen relevanten Dokumenten ist nicht in allen Fällen gegeben.
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Seite 9
2 Experteninterviews
2.1 Leitfaden für die Experteninterviews - Masterarbeit
Eine Auswertung der Bund-Länder-Übergreifenden Unterstützungseinsätze im Zeitraum 2000 bis 2010
hat im Wesentlichen folgende Ergebnisse ergeben.
a) Die Anzahl länderübergreifender Unterstützungseinsätze hat sich von 33 (2000) über 160 (2009)
auf 120 (2010) erhöht.
b) Die Anzahl der angeforderten Kräfte (insbesondere BPH) hat sich nahezu halbiert.
c) Während Unterstützungsersuchen in den Jahren 2000-2005 nahezu im vollen Umfang
entsprochen wurde, konnte der Unterstützungsbedarf (BPH) der Länder 2010 nur noch zu rd. 80
Prozent durch Bund und Länder, ohne Unterstützung des Bundes nur noch zu rd. 60 Prozent
gedeckt werden.
d) Der Umfang an Unterstützungsleistungen (Einsatzstunden) durch die Bundespolizei zu Gunsten
der Länder ist grundsätzlich konstant geblieben. Gleichwohl steigt die Anzahl der
Unterstützungseinsätze, bei denen die Bundespolizei 100 Prozent der angeforderten Kräfte stellt.
Frage 1: Welche Gründe sind nach Ihrer Meinung maßgeblich für diese Entwicklung bei a)-d)? Wie sieht
die künftige Entwicklung der Unterstützungseinsätze – ohne Gegenmaßnahmen – aus?
Frage 2: Die Unterstützungseinsätze der Bundespolizei erfolgen auf Grundlage von Art 35 Abs. 2 Satz 1
GG zur Gewährleistung bzw. Wiederherstellung der Öffentlichen Sicherheit in besonders bedeutsamen
Fällen und wenn das Land nicht über ausreichend eigene Kräfte verfügt.
a) Was ist ihrer Meinung nach ein besonders bedeutsamer Fall?
b) Ab welchem Zeitpunkt reichen nach Ihrer Meinung die Kräfte der BPdL nicht aus?
e) Welche weiteren Gründe lassen die Länder Kräfte der Bundespolizei anfordern?
Frage 3: Für die Bewertung, ob eine nothilfefähige Gefahrenabwehrreaktion vorliegt, verfügt das
anfordernde Land mit Blick auf das Gefahrenpotential und eigene Polizeikräfte über eine
Einschätzungsprägorative. Welche Folgen hat dies auf die Anforderungskultur der Länder? Haben wir
eine (einheitliche) Anforderungskultur?
Frage 4: Die Bedeutung der Inneren Sicherheit gebietet es, diese unabhängig von der jeweiligen
Haushaltslage zu gewährleisten. Welchen Einfluss hat die Haushaltslage der Länder auf die
länderübergreifenden Unterstützungseinsätze bzw. auf die Anforderung von Bundesunterstützung?
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Seite 10
Frage 5: Aus Gründen der Bundestreue darf die Bundespolizei ein Unterstützungsersuchen nur bei
Vorliegen dringender Bundesaufgaben verweigern. Andererseits ist eine zu umfangreiche Einmischung
des Bundes in Landesangelegenheiten – insbesondere in deren Polizeihoheit – nach dem GG unzulässig.22
Welchen allgemeinen Handlungsbedarf für die Länder bzw. erweiterten Bundesinterventionsbedarf
begründet vor diesem Hintergrund die aktuelle Entwicklung der Unterstützungsleistungen?
22 von Danwitz in: v. Mangoldt/Klein/Stark, GG II, Art. 35 Rn. 62; Gubelt in: Münch/Kunig, GG-Kommentar,
Bd. 2 Art. 35 Rn. 23; Jarass/Pieroth: GG Kommentar, Art 35 Rn. 6.
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Seite 11
2.2 Leitfaden für die Experteninterviews - Dissertation
Leitfadengestütztes Experteninterview
Sicherheitsföderalismus im Ausnahmezustand – Einsatz der Bundespolizei zur Unterstützung der
Länder am Maßstab der Bundestreue
Eine Auswertung der Bund-Länder-Übergreifenden Unterstützungseinsätze im Zeitraum 2000 bis 2012
hat im Wesentlichen folgende Ergebnisse ergeben.
f) Die Anzahl länderübergreifender Unterstützungseinsätze hat sich von 33 (2000) über 160 (2009)
auf 113 (2012) erhöht.
g) Die Anzahl angeforderter Kräfte p. a. (insbesondere BPH) hat sich in diesem Zeitraum nahezu
halbiert.
h) Während Unterstützungsersuchen in den Jahren 2000 bis 2005 nahezu im vollen Umfang
entsprochen wurde, konnte der Unterstützungsbedarf (BPH) der Länder 2012 nur noch zu rd. 80
Prozent durch Bund und Länder, ohne Unterstützung des Bundes nur noch zu rd. 60 Prozent
gedeckt werden, Tendenz sinkend.
i) Der Umfang an Unterstützungsleistungen (Einsatzstunden) durch die Bundespolizei zu Gunsten
der Länder reduziert sich kontinuierlich. Gleichwohl steigt die Anzahl der Fälle an
Unterstützungseinsätzen, bei denen die Bundespolizei 100 Prozent der angeforderten Kräfte
stellt.
Frage 1: Welche Gründe sind nach Ihrer Meinung maßgeblich für die unter a) bis d) dargestellte
Entwicklung? Wie sieht nach Ihrer Meinung die künftige Entwicklung der Unterstützungseinsätze bei
Beibehaltung des status quo aus?
Frage 2: Die Unterstützungseinsätze der Bundespolizei erfolgen überwiegend auf Grundlage von Art. 35
Abs. 2 Satz 1 GG zur Gewährleistung bzw. Wiederherstellung der Öffentlichen Sicherheit in besonders
bedeutsamen Fällen und wenn das zu unterstützende Land nicht über ausreichend eigene Kräfte verfügt.
c) Was ist ihrer Meinung nach ein Fall von besonderer Bedeutung?
d) Ab welcher Schwelle reichen nach Ihrer Meinung die Kräfte der BPdL nicht aus?
e) Welche weiteren Gründe lassen nach Ihrer Meinung die Länder Kräfte der Bundespolizei
anfordern?
Frage 3: Für die Bewertung, ob eine notstandsähnliche Situation vorliegt, verfügt das anfordernde Land
mit Blick auf das Gefahren- und das zu Verfügung stehende Reaktionspotential über eine eigene
Einschätzungsprägorative.
a) Welche Folgen hat dies Ihrer Meinung nach auf die Anforderungskultur der Länder?
b) Welche Rolle spielt nach Ihrer Meinung dabei die Verfügbarkeit bereitschaftspolizeilicher
Kräfte?
c) Haben wir nach Ihrer Meinung eine (bundesweit einheitliche) Anforderungskultur?
Frage 4: Die Bedeutung der Inneren Sicherheit gebietet es, diese unabhängig von der jeweiligen
Haushaltslage zu gewährleisten. Welchen Einfluss hat nach Ihrer Meinung die Haushaltslage der Länder
auf die länderübergreifenden Unterstützungseinsätze bzw. auf die Anforderung von
Bundesunterstützung?
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Seite 12
Frage 5: Aus Gründen der Bundestreue darf die Bundespolizei ein Unterstützungsersuchen nur bei
Vorliegen dringender Bundesaufgaben verweigern. Eine zu umfangreiche Einmischung des Bundes in
Landesangelegenheiten – insbesondere in deren Polizeihoheit – ist nach dem GG unzulässig.23 Welchen
Handlungsbedarf für Bund und Länder begründet vor diesem Hintergrund die aktuelle Entwicklung der
Sicherheits- und Kräftelage nach Ihrer Meinung?
2.3 Kategorieschema Masterarbeit
- Kategorieschema (Suchraster)24 zur Auswertung der Experteninterviews -
Einsatz der Bundespolizei zur Unterstützung der Länder -
Achillesferse föderaler Polizeihoheit?
A:
Unterstützungsumfang
B:
Fall von besonderer Bedeutung
C:
Anforderungskultur
D:
Haushaltslage
E:
Bundestreue
F:
Handlungsbedarf
23 von Danwitz in: v. Mangoldt/Klein/Stark, GG II, Art. 35 Rn. 62; Gubelt in: Münch/Kunig, GG-Kommentar, Bd. 2 Art. 35 Rn. 23;
Jarass/Pieroth: GG Kommentar, Art 35 Rn. 6. 24 Vgl. Lamnek (2005), S. 207; Mayer (2008), S. 47 ff.: nach Mühlfeld.
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Seite 13
2.4 Kategorieschema Dissertation
- Kategorienschema (Suchraster)25 zur Auswertung der Experteninterviews -
Sicherheitsföderalismus im Ausnahmezustand -
Einsatz der Bundespolizei zur Unterstützung der Länder am Maßstab der Bundestreue?
A:
Unterstützungsumfang
B:
Fall von besonderer Bedeutung
C:
Anforderungskultur
D:
Haushaltslage
E:
Bundestreue
F:
Handlungsbedarf
G:
Verfügbarkeit
25 Vgl. Lamnek (2005), S. 207; Mayer (2008), S. 47 ff.: nach Mühlfeld.
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Seite 14
H:
Polizeihoheit der Länder
2.5 Auswertung PD Frommholz (2011)
- Kategorienschema (Suchraster)26 zur Auswertung der Experteninterviews -
Sicherheitsföderalismus im Ausnahmezustand - Einsatz der Bundespolizei zur Unterstützung der
Länder am Maßstab der Bundestreue
A:
Unterstützungs-
Umfang
B:
Fall von
besonderer
Bedeutung
C:
Anforderungs-
kultur
D:
Haushaltslage
E:
Bundestreue
F:
Handlungs-
bedarf
G:
Verfügbarkeit
H:
Polizeihoheit
der Länder
Kategorie Experte /
(Zeile)
Erkenntnisse
A PD
Frommholz
(Zeile 19-23)
(Zeile 26-30)
(Zeile 83-89)
A1. die Art der Einsatzanlässe und die zunehmende Brutalität bei
solchen Einsätzen führen dazu, dass es vermehrt zu Einsätzen
kommt, wo man eben die Unterstützung anderer Länder braucht,
d.h. die Qualität der Einsätze hat sich mit Sicherheit verändert.
Es gibt eine höhere Anzahl von Unterstützungseinsätzen.
A2. Dass es viele Anlässe gibt, aber bei diesen vielen Anlässen
insgesamt die Anzahl der Kräfte geringer ist. Und das könnte
man dahingehend interpretieren, dass es zum Beginn der
Aufzeichnung, die Sie verwendet haben, viele Großeinsätze oder
größere Einsätze mit hohen Kräfteanforderungen gab und heute
viele Anlässe gibt, die Anzahl der unterstützenden Einheiten
geringer ist.
A3. Im Durchschnitt ist es eben konstant geblieben.Was man immer
wieder auch aus dem politischen Bereich hört, dass die
Bundespolizei immer stärker die Polizeien der Länder unterstützt
und damit vermeintlich aufgrund des Abbaus der Polizeien der
Länder in diese Bresche reinspringt. Das ist hier deutlich durch
diese Untersuchung dargestellt, dass dies nicht der Fall ist,
sondern dass hier die Unterstützungsleistung für die Länder
konstant geblieben ist.
26 Vgl. Lamnek (2005), S. 207; Mayer (2008), S. 47 ff.: nach Mühlfeld.
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Seite 15
(Zeile 93-96)
(Zeile 155-
157)
A4. Die Anzahl der der Unterstützungseinsätze, bei denen die
Bundespolizei 100 Prozent der angeforderten Kräfte stellt,
interpretiere ich, ohne die Details der Untersuchung zu kennen in
die Richtung, dass es sich hierbei mit Masse um kleinere
Anforderungen handelt, wo eine Hundertschaft angefordert wird.
A5. D.h. wir werden auch zukünftig vermehrt mit Einsätzen leben
müssen, wo der polizeiliche Ansatz höher ist als vielleicht bei
friedlichen Demonstrationen in der Vergangenheit war. Insoweit
sehe ich da keinen positiven Trend.
B PD
Frommholz
(Zeile 216-
219)
(Zeile 219-
222)
(Zeile 225-
226)
(Zeile 228-
230)
(Zeile 307-
310)
B1. Ja dieser Fall des Art. 35 GG ist immer wieder auch in der
Besprechung von Einsatzreferenten von Bund und Ländern in der
Diskussion. Eine Legaldefinition in dem Sinn existiert nicht.
B2. So das Länder und Bund es durchaus immer wieder anders
definieren. Ein bedeutsamer Fall zur Wiederherstellung der
Öffentlichen Sicherheit wird unterschiedlich vom Niveau
gesehen.
B3. Dann muss das schon so sein, dass ein Land tatsächlich wirklich
an eigenem Personal alles ausgekehrt und das ist der erste Schritt.
B4. Mit dem eigenen Personal eine Einsatzlage nicht bewältigen, das
ist für mich dann ein Fall, wo die Anforderung eines anderes
Landes notwendig und nachvollziehbar ist.
B5. Wir haben in einer Telefonschaltkonferenz beschlossen, dass wir
den Papstbesuch zu einer sogenannten besonderen Einsatzlage
erklären, die gem. UAFEK dann dazu führt, dass man an die DFL
herangeht und darum bittet, dass der Fußballspieltag an diesem
Wochenende ausgesetzt oder verschoben wird.
C PD
Frommholz
(Zeile 39-45)
C1. Man geht also in eine Anforderung sehr moderat ran, weil man
weiß, vielmehr werde ich auch nicht bekommen. Das man schon
im Auge hat, dass die Lage, also die Gesamtlage der
Bereitschaftspolizeien geringer ist. Auf der Ebene der
Einsatzreferenten sind wir uns dessen sehr bewusst und sind auch
immer wieder am diskutieren. Wir gehen sehr moderat mit
Kräfteanforderungen deswegen um, weil wir wissen, dass eben
die Anzahl der Hundertschaften endlich ist.
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Seite 16
(Zeile 45-49)
(Zeile 69-73)
(Zeile 74-75)
(Zeile 96-99)
(Zeile 99-
100)
(Zeile 230-
234)
(Zeile 234-
236)
(Zeile 259-
262)
(Zeile 262-
264)
C2. Deswegen geht man glaube ich schon sehr bewusst und vielleicht
nicht mit einer Vollkaskomentalität wie in der Vergangenheit
bewusster, maßvoll an die Einsatzbewältigung heran,
wohlwissend dass die Größenordnung der zur Verfügung
stehenden Einheiten nicht so ist.
C3. mir bei vielen Einsätzen klar ist, dass das was angefordert ist,
nicht auch tatsächlich zur Verfügung gestellt werden kann. Diese
Erfahrung habe ich gemacht. Wir sind was die Bundespolizei
betrifft, regelmäßig bemüht mindesten zu 25 Prozent der
angeforderten Hundertschaften zu decken. Das haben wir auch
durchgängig so geschafft.
C4. Aber es ist spürbar, dass es bestimmten Ländern immer
schwieriger fällt, Unterstützungsbedarfe für andere Länder zur
Verfügung zu stellen.
C5. Das ist halt die Grundmentalität, dass die Länder sehr gerne und
sehr schnell an die Bundespolizei den Bedarf äußern und wir sind
auch eben in unserer Rolle, dass wir auch etwas anbieten und
dann wird sehr gerne Bundespolizei genommen.
C6. Wir sind manchmal die ersten die anbieten und werden immer
gerne angenommen.
C7. Das ist leider nicht flächendeckend der Fall. Sehr frühzeitig
werden schon Anforderungen gestellt, wo nach meiner
Einschätzung ein besonders bedeutsamer Fall noch nicht da ist.
C8. Das Problem hierbei ist: in Form eines Vertrauensvorschusses
wird dieses von Seiten der Länder und des Bundes nicht
hinterfragt. Das heißt, wenn ein Land einen Bedarf stellt, wird
dieser Bedarf nicht geprüft. Er wird also darauf vertraut, dass
man mit gleichem Maßstab misst.
C9. Jetzt hat sich aber gezeigt, dass insbesondere in der guten
Kooperation der Einsatzreferenten, nochmal in „medias reis“
geht und bei einer neuen Beurteilung der Lage dann doch die
Anforderungen heruntergeschraubt werden.
C10. Ich hab den Eindruck, dass bei der einen oder anderen Lage
mehr Kräfte angefordert werden, eben in einer gewissen
Vollkaskomentalität, als man eigentlich brauchen könnte.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 17
(Zeile 270-
274)
(Zeile 274-
276)
(Zeile 276-
280)
(Zeile 290-
295)
(Zeile 295-
300)
(Zeile 365-
369)
C11. Aber es ist eben so, dass in einigen Ländern nicht das Maß
angenommen wird, wie bei der Bundespolizei. In Großlagen
werden in erster Linie alle Mobilen Kontroll- und
Überwachungseinheiten neben allen zur Verfügung stehenden
Hundertschaften eingesetzt. Darüber hinaus werden durch die
Aus- und Fortbildung Hundertschaften zur Verfügung stellen.
C12. Dazu wird noch das regelmäßige planbare freie Wochenende
alle 4 Wochen bei Großeinsätzen verschoben.
C13. Diese gleiche Herangehensweise wollte ich bei der letzten
Besprechung der Einsatzreferenten als „Definition“ festlegen.
Wie ist die optimale Verfügbarkeit, wie definieren wir die für uns
einheitlich für alle Länder. Das ist nicht gelungen. Insofern habe
ich das Gefühl, dass hier noch mit anderem Maßstab
herangegangen wird.
C14. Sondern wir haben zunächst eine Beurteilung der Lage
gemacht, dann untersucht, wo die Anforderungen und die
tatsächlich zur Verfügung stehenden Einheiten, auch nach dem
Punkt der Wirtschaftlichkeit Einsparpotentiale haben.
C15. Das nächste Treffen wird sich rund um den Papstbesuch
drehen und Anfang September sein. Auch hier ist jetzt schon
absehbar, dass was die Bundespolizei betrifft, auf jeden Fall alle
Einsatzkräfte gebunden sein werden – insbesondere durch das
Bundeskriminalamt. So dass wir keine Möglichkeit haben
werden, die Bundesländer zu unterstützen und das hier eben die
angrenzenden Länder gefragt sind.
C16. Denn das ist im Moment von mir nicht belegbar, aber scheint
mir doch die Anforderungskultur der Länder unterschiedlich zu
sein. Da kann man durchaus nach meinem Gefühl, ohne die
Länder zu nennen, durchaus identifizieren, dass der eine oder
andere mehr - erheblich mehr - anfordert als der andere bei
gleicher Lage. Der eine ist etwas mutiger mit seiner
Kräfteanforderung und seinem Kräfteansatz. Und der andere ist
etwas großzügiger mit dem Kräfteansatz. Da sehe ich schon
große Unterschiede.
C17. Und damit auch auf die Frage. Nein - es gibt keine einheitliche
Anforderungskultur. Ja, wir sollten eine einheitliche haben.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 18
(Zeile 370-
371)
D PD
Frommholz
(Zeile 388-
390)
(Zeile 390-
392)
(Zeile 392-
397)
(Zeile 397-
399)
(Zeile 402-
408)
D1. Das heißt es ist unerheblich, ob ein Land zur Unterstützung die
Bundespolizei oder eine andere Landespolizei anfordert. Sofern
hat das keinen Einfluss.
D2. Insgesamt wird die Haushaltslage der Länder und des Bundes
nach meiner Einschätzung aber durchaus Einfluss haben.
D3. Denn wenn wir feststellen, dass wir eine erheblich höhere Anzahl
länderübergreifender Unterstützungseinsätze haben und nach
meiner Prognose das bleiben wird, müssen diese
Unterstützungseinsätze bezahlt werden. Das heißt man wird unter
Umständen bei der Anforderung für Unterstützungsleistungen
nicht mehr so großzügig anfordern, weil man es sich schlicht –
schlichtweg nicht mehr leisten kann.
D4. Das heißt durch die Haushaltslage kann es möglicherweise der
Effekt passieren, dass die Länder doch mit eigenen Kräften oder
mit erheblich weniger fremden Kräften arbeiten müssen, weil sie
es gar nicht leisten können.
D5. Wir sind derjenige Teil der die Länder unterstützt. Die Länder
haben eine Unterstützung auf Gegenseitigkeit, bei uns gibt es nur
eine Richtung. Und das was wir an Kosten für unsere Einsätze
wiedererstattet bekommen, ist nicht das was wir an tatsächlichen
Kosten haben. Das heißt bei einer Verringerung der
Haushaltssituation des Bundes, wird man unter Umständen auch
darüber nachdenken müssen, ob wir aus haushalterischen
Gründen die Unterstützung der Länder noch auf dem Niveau
halten können, wie derzeit.
E PD
Frommholz
(Zeile 445-
450)
E1. Wir werden es uns in den nächsten Jahren unter Umständen
erlauben müssen, eine Unterstützung aus haushalterischen
Gründen zu versagen. Das muss möglich sein. Grundsätzlich
könnten wir, die Bundesaufgaben sind auch zu erledigen.
F PD
Frommholz
F1. Gegenmaßnahmen sind eher gesellschaftliche Natur.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 19
(Zeile 158-
165)
(Zeile 171-
173)
(Zeile 181-
191)
(Zeile 192-
200)
(Zeile 308-
314)
F2. Insofern kann das was sich abzeichnet, dass einige Länder
weiterhin Polizeikräfte abbauen, nicht zu einer Entwicklung
führen, dass die Bundespolizei scheinbar dann diese Lücken füllt.
F3. Wenn sich dieser Trend weiter bestätigt, dass man eben gerade
nicht Bereitschaftspolizei abbaut, sondern andere Polizeikräfte,
wäre das für das Kräftemanagement eine positive Entwicklung.
F4. Vielleicht noch einen Hinweis zu den Gegenmaßnahmen. Man
darf hier vielleicht auch nicht unterschätzen, dass man nicht nur
beim Bund, sondern auch bei den Ländern vermehrt darauf
achten sollte, ob das IST der Bereitschaftspolizei auch das
tatsächlich zur Verfügung stehende IST darstellt. Denn wir haben
hier gerade bei der Bundespolizei ein nach meiner Einschätzung
noch zu hohes Maß an abgeordneten Kräften innerhalb der
Bundespolizei, die die Unterstützungsmöglichkeiten der
Bereitschaftspolizei schwächt. Und ich nehme es auch ohne es
belegen zu können in den anderen Ländern wahr. Das heißt, wir
müssen dazu übergehen, dass wir die Komponenten der
Einsatzeinheiten in Bund und Ländern wieder vermehrt auffüllen
und nicht wieder die Bereitschaftspolizei nehmen und aus ihr
Personallücken oder ähnliches stopfen in Form Personalreserve.
F5. 2008 gleich mit der Neuorganisation geschafft haben
schnellstmöglich auf ein höchstmögliches Maß der
Einsatzfähigkeit zu kommen. Es ist sowohl überlegenswert so
wie es die Bundespolizei gemacht hat, dass wir hier neben der
Bereitschaftspolizeikomponente die mobilen Kontroll- und
Überwachungseinheiten vielleicht auch auf Ebene der Länder
Kräfte vorhalten, die ich sage mal die eigenen Lagen außerhalb
der Allgemeinen Aufbauorganisation abdecken können. Die
Bereitschaftspolizei dann erst bei darüber hinaus gehenden
größeren Lagen eingesetzt werden. Das ist so eine Komponente,
die sich bei uns bewährt hat. Dies sollte auch im Bereich der
Länder für Entlastung – was das Kräftemanagement betrifft –
sorgen.
F6. Die gem. UAFEK dann dazu führt, dass man an die DFL
herangeht und darum bittet, den Fußballspieltag an diesem
Wochenende auszusetzen oder zu verschieben. Da sind wir auf
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 20
(Zeile 360-
364)
(Zeile 460-
462)
(Zeile 463-
465)
(Zeile 488-
490)
dem guten Weg mit der Zusammenkunft der Einsatzreferenten
der Länder, dass wir ähmm hier etwas vereinheitlichen müssen.
F7. zum Beispiel Aussetzen der Fortbildung oder Einsetzen von äh
Ausbildungszügen darstelle mit dem Hintergrund, um auch von
den anderen Ländern die Maßnahmen zu hören oder zumindest
die Aussage, ja wir gehen genauso vor.
F8. dass der ein oder andere äh noch gar nicht darüber nachdenkt,
Fortbildung auszusetzen oder Aus-und Fortbildungspersonal
einzusetzen. Also hier ist eine ist eine Vereinheitlichung der
Herangehensweise förderlich.
F9. Das man also im ersten Schritt sagt, die Länder müssen erstmal
sich selber unterstützen und nur wenn dann, nur dann wenn alle
Länderunterstützungsressourcen ausgeschöpft sind, tritt der
Bund ein.
F10. Ich halte es für unrealistisch. Ein fachliches Prüfungsrecht in
Belange, polizeilichen Belange der Länder halte ich für ein ganz
schwieriges Unterfangen, was denke ich mal nach meinem,
meinem Gefühl auch verfassungsrechtlich äußerst schwierig zu
betrachten ist. Insofern glaube ich ist es unrealistisch so ein
Prüfungsrecht.
G PD
Frommholz
(Zeile 182-
192)
(Zeile 192-
200)
G1. Nicht nur beim Bund, sondern auch bei den Ländern sollte man
vermehrt darauf achten, ob das IST der Bereitschaftspolizei auch
das tatsächlich zur Verfügung stehende IST ist. Denn wir haben
hier gerade bei der Bundespolizei ein nach meiner Einschätzung
noch zu hohes Maß an abgeordneten Kräften innerhalb der
Bundespolizei, die die Unterstützungsmöglichkeiten der
Bereitschaftspolizei schwächen. Und ich nehme es auch - ohne
es belegen zu können - in den anderen Ländern wahr. Das heißt,
wir müssen dazu übergehen, dass wir die Komponenten der
Einsatzeinheiten in Bund und Ländern wieder auffüllen und
nicht die Bereitschaftspolizei verwenden, um Personallücken zu
stopfen in Form von einer Personalreserve.
G2. Das darf die Bereitschaftspolizei nicht sein sondern sollte – so
wie wir es 2008 gleich mit der Neuorganisation geschafft haben
schnellstmöglich auf ein höchstmögliches Maß der
Einsatzfähigkeit zu kommen. Es ist sowohl überlegenswert so
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 21
wie es die Bundespolizei gemacht hat, dass wir hier neben der
Bereitschaftspolizeikomponente die mobilen Kontroll- und
Überwachungseinheiten vielleicht auch auf Ebene der Länder
Kräfte vorhalten, die ich sage mal die eigenen Lagen außerhalb
der Allgemeinen Aufbauorganisation abdecken können. Die
Bereitschaftspolizei erst bei darüber hinaus gehenden größeren
Lagen eingesetzt werden. Das ist so eine Komponente, die sich
bei uns bewährt hat. Dies sollte auch im Bereich der Länder für
Entlastung – was das Kräftemanagement betrifft – sorgen.
H PD
Frommholz
(Zeile 445-
450)
(Zeile 485-
493)
H1. Wir werden es uns in den nächsten Jahren unter Umständen
erlauben müssen, eine Unterstützung aus haushalterischen
Gründen zu versagen. Das muss möglich sein. Und das erwarte
ich schließlich auch. Die Bundesaufgaben sind auch zu erledigen.
Aber wir können aus finanziellen Gründen diese Unterstützung
nicht leisten.
H2. Ich war vor Kurzem im Innenministerium. Es ist dort diskutiert
worden, dass die Herangehensweise der Bundespolizei zurzeit,
nämlich sofort 25 Prozent des Unterstützungsbedarfes
anzubieten, eventuell zur Überprüfung ansteht. Das man also im
ersten Schritt sagt, die Länder müssen erst mal sich selber
unterstützen und nur wenn dann alle
Länderunterstützungsressourcen ausgeschöpft sind, tritt der
Bund ein. Das war zumindest in der Diskussion in der Abteilung
Bundespolizei. Ich finde es einen interessanten Aspekt, über den
man nachdenken könnte.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 22
2.6 Auswertung PHK Heppekausen (2011)
- Kategorienschema (Suchraster)27 zur Auswertung der Experteninterviews -
Sicherheitsföderalismus im Ausnahmezustand - Einsatz der Bundespolizei zur Unterstützung der
Länder am Maßstab der Bundestreue
A:
Unterstützungs-
Umfang
B:
Fall von
besonderer
Bedeutung
C:
Anforderungs-
kultur
D:
Haushaltslage
E:
Bundestreue
F:
Handlungs-
bedarf
G:
Verfügbarkeit
H:
Polizeihoheit
der Länder
Kategorie Experte /
(Zeile)
Erkenntnisse
A PHK
Heppekausen
(Zeile 175-
179)
A1. Ich gehe davon aus, dass in den nächsten Monaten und auch
Jahren die Bundespolizei ähnliche Anzahl an Einsatzeinheiten
stellen wird und auch stellen kann. Interessant wird es werden,
wie sich die Entwicklung bei den Landespolizeien entweder
verstärkt oder auch wieder gegenläufig sein wird. Das wird
natürlich entsprechend auch Auswirkung haben.
B PHK
Heppekausen
(Zeile 238-
241)
(Zeile 241-
245)
(Zeile 245-
248)
B1. Kurz für mich definiert ist es so, wenn das betroffen Land mit
den Maßnahmen, die gerade dargestellt wurden, Aus- und
Fortbildung bzw. auch die eigenen Kräfte, Alarmeinheiten
zusammenfassen kann, nicht mehr genug Kräfte zusammen
bekommt.
B2. Zum Zweiten: die benachbarten Länder oder die Länder
können allgemein diese Unterstützung nicht mehr sicherstellen.
Dann ist für mich der Fall durchaus gegeben, wo die
Bundesbereitschaftspolizei dieses Kontingent auch noch
auszufüllen und diese Kräfte auch zu stellen hat. Das wäre ein
besonders bedeutsamer Fall.
B3. Das wäre allerdings nicht der Fall, wenn nur eine Hundertschaft
angefordert wird. Das gibt es in unterschiedlichen Fällen. Es
27 Vgl. Lamnek (2005), S. 207; Mayer (2008), S. 47 ff.: nach Mühlfeld.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 23
(Zeile 316-
326)
muss machbar sein, dass andere Länder diesen Bedarf des
Landes XY decken können.
B4. wenn es sich nicht um regelmäßig wiederkehrende
Einsatzlagen handelt. Damit meine ich jetzt nicht, wenn sie
einmal im Jahr stattfinden, das war auch regelmäßig, aber das
ist ein Highlight. Das betroffene Land muss sich vielleicht
nicht unbedingt darauf einstellen. Wenn es sich aber um
Fußballlagen handelt, die jedes Wochenende oder auch jedes 2.
Wochenende in einem Ort ergeben, muss das betroffene Land,
sich entsprechend auch mit polizeilicher Stärke,
Einsatzeinheiten auf diese Lage einstellen. Lagen die für mich
nicht darunter fallen, sind 1. Mai, vielleicht auch die der
Jahrestag der Bombardierung Dresdens, der Papstbesuch und
ähnliche Fälle.
C PHK
Heppekausen
(Zeile 52-57)
(Zeile 138-
143)
(Zeile 346-
352)
C1. Das zeigt sich auch insbesondere vor dem 1. Mai seit 2 Jahren,
dass die Telefonschaltkonferenzen im Vorfeld auf Ebene der
Einsatzreferenten natürlich dazu beitragen, dass abgestimmt
auch angefordert wird. Das heißt nicht immer, dass man den
Bedarf komplett decken kann, aber zumindest maßvoll
abgestimmt diese Anforderung an die Länder und an den Bund
abgegeben wird.
C2. Grund dafür könnte auch sein, dass Standorte bevorzugt, die
nahe liegen am Einsatzort, um die Kosten geringer zu halten.
Berlin wird bei geringer Anforderung natürlich gerne auch auf
die Blumberger Hundertschaften zurückgreifen, wenn
Brandenburg beispielsweise nicht unterstützen kann. Weniger
Anfahrtskosten, als wenn jetzt Nordrhein-Westfalen in Berlin
unterstützen müsste, das gilt für andere Länder wahrscheinlich
ähnlich.
C3. Grund, dass Einsatzeinheiten der Bundespolizei angefordert
werden ist die Spezialisierung. Ich denke an die hohe Anzahl
von Beweissicherungs- und Festnahmehundertschaften, die ja
auch disloziert übers Land verteilt in Standorten zu finden sind
und natürlich Ortskenntnis besitzen. Das heißt also die BFHu
aus Uelzen wird gerne genutzt für Einsätze in Hamburg
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 24
(Zeile 373-
376)
(Zeile 376-
378)
genauso wie Blumberg in Berlin, auch wenn ich an das TOA
Konzept denke. Auch wenn das dafür spricht, die
Bundespolizei gezielt anzufordern.
C4. Es gibt Länder, die regelmäßig bei Fußballspielen
Unterstützungskräfte benötigen, und es gibt Länder, die so gut
wie gar nicht, ohne dass ich es belegen kann, für
Fußballeinsätze einen Unterstützungsbedarf haben.
C5. Es ist definitiv so, dass wir im Süden der Bundesrepublik
weniger für Fußballeinsätze unterstützen. Was im Osten und
auch im Norden der Republik anders aussieht.
D PHK
Heppekausen
(Zeile 411-
416)
(Zeile 416-
420)
D1. Unterstützungsbedarf könnte ansteigen. Aus folgendem Grund:
Wenn die Lage es rechtfertigt, die Kräfte im - die
Voraussetzung müssen natürlich erfüllt sein – dass die Kräfte
benötigt werden, dass es auf eine Art günstiger ist,
Einsatzeinheiten aus anderen Ländern oder auch des Bundes
anzufordern, weil dort eben nur die Mehrkosten bezahlt werden
müsse und zwar günstiger als eigene Kräfte vorzuhalten, die
diese Lage eigentlich bewältigen müssten. So kann es auch
dazu kommen, dass natürlich einzelne Hundertschaften
angefordert werden.
D2. Das heißt also die Tagespauschale, die bei 1, 30 € liegt pro
PVB, ist natürlich etwas anderes, als wenn man diese Kräfte,
ausbilden muss, für die Ausstattung entsprechend auch
Haushaltsmittel einsetzen muss.
E PHK
Heppekausen
(Zeile 438-
440)
E1. Darf ich ganz kurz einhaken? Wenn natürlich die Kräfte nicht
mehr ausreichen um alle Anforderungen zur erfüllen, muss es
ja durchaus eine Möglichkeit geben, Prioritäten festzusetzen.
F PHK
Heppekausen
(Zeile 440-
442)
F1. Ich denke, dass dadurch eine etwas umfangreichere
Anforderung mit einer gewissen Begründung und
möglicherweise auch dann mit einer Überprüfung unter
anderem durch die Bundespolizei angemessen wäre.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 25
(Zeile 452-
453)
(Zeile 453-
455)
F2. Dargestellt werden könnte beispielsweise durch das
anfordernde Land, was für eigene Schritte unternommen
wurden, um diese Lage mit eigenen Kräften zu bewältigen.
F3. Wir haben mehrfach über Alarmeinheiten gesprochen, über die
Aus- und Fortbildungsorganisation. Diese Aspekte könnten
durchaus noch eine größere Rolle spielen.
H PHK
Heppekausen
(Zeile 373-
378)
H1. Ja. Sehe ich genauso. Es gibt Länder, die regelmäßig bei
Fußballspielen Unterstützungskräfte benötigen, und es gibt
Länder, die so gut wie gar nicht zumindest gefühlt jetzt bei mir,
ohne dass ich es belegen kann, für Fußballeinsätze keinen
Unterstützungsbedarf haben. Um da regionale Bereiche zu
nennen. Es ist definitiv so, dass wir im Süden der
Bundesrepublik weniger für Fußballeinsätze unterstützen. Was
im Osten und auch im Norden der Republik anders aussieht.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 26
2.7 Auswertung damaliger IBPdL Schubert (2011)
- Kategorienschema (Suchraster)28 zur Auswertung der Experteninterviews -
Sicherheitsföderalismus im Ausnahmezustand - Einsatz der Bundespolizei zur Unterstützung der
Länder am Maßstab der Bundestreue
A:
Unterstützungs-
Umfang
B:
Fall von
besonderer
Bedeutung
C:
Anforderungs-
kultur
D:
Haushaltslage
E:
Bundestreue
F:
Handlungs-
bedarf
G:
Verfügbarkeit
H:
Polizeihoheit
der Länder
Kategorie Experte / (Zeile) Erkenntnisse
A IBPdL Schubert
(Zeile 15-20)
(Zeile 20-26)
(Zeile 26-33)
A1. Wir haben im Augenblick eine Dreiteilung der Schwerpunkte,
teilweise eine Vierteilung. Wir haben Rechts/Links Einsätze,
wir haben Fußball und wir haben im Augenblick auch das
Themenfeld Rockerkriminalität. Das müssen wir auch sehr
genau nehmen. Wir haben natürlich auch eine
Internationalisierung. Wir sehen das G8-Gipfel, NATO-
Tagungen sehr personalintensiv sind.
A2. Komme also dazu, wenn man auf der einen Seite
Forschungsergebnisse hat und man erkennt, dass die Gewalt
zugenommen hat. Gem. Verfassungsschutzbericht, ist auch im
Bereich Links und Rechts eine Zunahme erfolgt. Das spiegelt
sich auch automatisch bei den länderübergreifenden
Unterstützungseinsätzen wider. Zunahme an Gewalt,
Zunahme an politisch motivierter Kriminalität hat natürlich
Auswirkung auf die Einsatzanlässe.
A3. Beispiel PMK Rechts, wenn man sieht, dass 2009 zwar
insgesamt die Anzahl der Mitglieder abgenommen hat,
gleichzeitig aber die Anzahl der Neonazis gestiegen ist und die
Anzahl gerade aus dem neonazistischen Bereich von
Demonstrationsanmeldungen über 50 Prozent gestiegen ist.
Dagegen stehen 160 länderübergreifende
Unterstützungseinsätze. Wie gesagt das Themenfeld Rocker
28 Vgl. Lamnek (2005), S. 207; Mayer (2008), S. 47 ff.: nach Mühlfeld.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 27
(Zeile 33-36)
(Zeile 71-74)
(Zeile 74-78)
(Zeile 86-87)
(Zeile 98)
(Zeile 103-106)
(Zeile 133-135)
(Zeile 106-110)
spielt seit 2 oder 3 Jahren eine Rolle die uns das ebenfalls nach
oben treibt. Also von daher hier ganz klar die Tendenz.
A4. Wir erkennen aus meiner Sicht immer öfter, dass nicht nur eine
Hundertschaft angefordert wird, sondern dass es immer wieder
Tage gibt, nicht nur 1. Mai nicht nur CASTOR, wo die
Einsatzreferenten miteinander arbeiten, um die geforderten
Hundertschaften überhaupt zu stellen.
A5. Und wir sehen, das ganz oft Länder keine Bereitschaftspolizei
schicken, nicht weil sie diese selbst bereits in
Anführungsstrichen eingesetzt haben, sondern weil sie dann
ihre Einsatzhundertschaften oder Aufrufhundertschaften
gerade im Verbundsbereich schicken, um sich zu unterstützen.
A6. Und wenn man das heute gesamt betrachtet, sind die
Bereitschaftspolizeien plus die Einsatzhundertschaften der
Länder als Direktions- oder Aufrufhundertschaften heute
vielmehr eingebunden als früher. Und sie reichen in ihrer
Gesamtheit viel öfter nicht aus, wie wir das am Anfang haben
wahrnehmen können.
A7. Man merkt so. Ab 2003, 2004 da hat‘s ganz leicht begonnen.
2005 aus meiner Sicht ging dieses Thema Rechts/Links
Auseinandersetzungen in Deutschland richtig hoch.
A8. Von daher würde ich Ihre Aussage zu d) nicht unterschreiben.
A9. Dann stellen wir fest, dass die Bundespolizei nicht über das
Verhältnis 16.400 Bereitschaftspolizisten runden wir jetzt ab
5.500 Bundespolizisten. Sie unterstützt in diesem Verbund
wenn man die personelle Situation nimmt nie über Ihr
Verhältnis. Sondern eher drunter. Das heißt, wenn man sich
die Zahlen der Bundespolizei in den letzten anderthalb Jahren
ansieht merkt man, dass der Anteil der Bundespolizei an
Unterstützungseinsätzen deutlich reduziert worden ist.
A10. Wenn man aber liest, oftmals war es die Bundespolizei, die
gerettet hat. Da muss man sehen, hätte es nicht bei intensiver
Nachfrage weitere Angebote gegeben oder war es nicht
einfach nur die kostengünstigste Möglichkeit. Ihr habt gerade
ganz nah am Bedarfsland und am Bedarfsort die Hundertschaft
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 28
stationiert und das muss man dann sicherlich auch
berücksichtigen.
B IBPdL Schubert
(Zeile 125-130)
(Zeile 140-147)
(Zeile 19-23)
B1. Wenn wir jetzt uns die reine Rechtslage ansehen, müsste man
Seitens der Bundespolizei jedes Mal abwarten, kommen die
Länder alleine hin und wenn Sie nicht alleine hinkommen,
dann kümmern wir uns auch um den Punkt, was ist ein
bedeutsamer Fall. Das wir sagen, wenn wir keine eigenen
Kräfte haben, müssen wir sicherlich konstatieren, wenn ein
Einsatz durch Kräfteunterdeckung droht zu scheitern, dass das
aus meiner Sicht immer ein Grund ist dafür, dass man sagt hier
liegt ein bedeutsamer Fall vor für die Innere Sicherheit.
B2. Und kann man sich deshalb erlauben zu warten und zum
Schluss etwas zu geben, oder ist es nicht wichtig als
bedeutsamer Fall dass man Einsatzabschnitte von vornerein
bereit ist, mit zu übernehmen. Also hier wäre meine Vernunft
wenn eine gewisse Größenordnung und Bedarf zu erkennen
ist, wo man auch sehr früh analysieren kann, dass der Bedarf
wahrscheinlich nicht gedeckt wird. Dann ist für mich der
Punkt gegeben, wo die Bundespolizei sich von der Struktur bis
hin zur Abteilungsführung einbringen sollte, damit man dann
auch eigene Einsatzabschnitte übernimmt. Das ist heute
glaube ich auch kein Problem mehr.
C IBPdL Schubert
(Zeile 38-43)
(Zeile 44-48)
C1. Wir erkennen dass das System der Einsatzreferenten sehr gut
funktioniert. Wir haben ein sogenanntes mittlerweile
Bündnissystem. Nordverbund, Südverbund, Mitteldeutscher
Verbund. Dort sind kostenerstattungsfreie
Verwaltungsabkommen geschlossen. Das heißt, wenn ein
Land im mitteldeutschen Verbund Kräfte anfordert, schaut sie
immer zuerst kann mir der eigene Verbund helfen und dann
geht man erst mal darüber hinaus.
C2. wir brauchen in Sachsen eine Hundertschaft. Aber Sachsen-
Anhalt kann nicht, Thüringen kann nicht. Und jetzt geht man
sofort an Pirna ran, weil alle anderen müssten anreisen,
Unterbringung, ein Tag Abreise, haben etc.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 29
(Zeile 48-60)
(Zeile 65-71)
(Zeile 138-142)
(Zeile 158-164)
C3. Und von daher ist dann oft die Forderungen auch nicht mehr
im länderübergreifenden Verbund über die Verbundsgrenzen
hinaus umgesetzt. Sondern gerade und da kann man sehen,
dass oftmals südliche Länder andere Kräfte anbieten, die dann
nicht angefordert werden. Gerade die Länder warten erst mal,
wie der eigene Verbund reagiert. Und erst wenn sozusagen per
Telefonat gesagt wird, wir kriegen es nicht im Verbund hin,
dann steigen auf die Kräfteanforderungen auch wirklich
andere ein. Also es gibt da so auch sozusagen ein
Verbundsdenken und da ist die Bundespolizei mit drin. Darum
ist es aus meiner Sicht auch oftmals gegeben, das dann bei
Ihnen rauskommt, oh da ist wieder mal nur eine Hundertschaft
der Bundespolizei. Und da muss man näher schauen, haben sie
zufällig auch eine Liegenschaft, die in diesem Verbund ist.
Und dann ist es sehr oft so ergeben, dass die anderen nicht
mehr reagieren, obwohl sie gekonnt hätten. Das hätte aber
bedeutet, das An- und Abfahrt, Rückfahrt Kosten erzeugt
hätten.
C4. Aus unserer Sicht. Ich glaube schon dass es immer mehr dahin
geht, dass wir eine zentrale Koordinierung brauchen, die sehr
genau die Bedarfe steuern kann. Und wir müssen auch eins
sehen. Wir können nicht nur den Blick auf die
Bereitschaftspolizei legen. Es hat da eine Untersuchung
gegeben von Olterstorf, wie viel Einsatzeinheiten hat die
Bundesrepublik überhaupt.
C5. Will also damit sagen, Achtung eine sehr schwierige Lage. Es
ist auch deshalb schwer, weil man natürlich auch sehen muss,
dass ein Land ja irgendwann mit der Planungsgröße beginnen
muss. Und kann man sich deshalb erlauben zu warten und zum
Schluss etwas zu geben, oder ist es nicht wichtig als
bedeutsamer Fall dass man bedeutsame Einsatzabschnitte von
vornerein bereit ist, zu übernehmen.
C6. Ja zur Frage 3 da habe ich mich auch andeutungsweise im
Artikel Polizei am Jahresanfang schon geäußert, dass die
Beurteilung der Lage oftmals nicht alleine nur wirklich den zu
beurteilenden Lagefeldern ausschließlich unterliegt. Will
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 30
(Zeile 166-168)
(Zeile 168-173)
(Zeile 174-178)
(Zeile 182-190)
damit sagen, dass man gezwungen ist sehr frühzeitig auf den
Markt zu gehen und Einsatzeinheiten anzufordern. Und zu
diesem sehr frühen Zeitpunkt, oftmals gerade alle Lagefelder
noch nicht vorliegen. Heißt also, dass hier
Kräfteanforderungen gestellt werden, das merkt man auch
manchmal, wenn sie nicht erfüllt werden können, dass dann
nicht nachgefordert wird.
C7. Heißt also, oftmals ist die Anforderung von Kräften in der
Anfangsphase davon geprägt, dass nicht alle Lagefelder
abschließend bereits beurteilt werden konnten.
C8. auch die jeweilige politische Bedeutung des Einsatzes. Es
muss nicht nur aufs Land bezogen sein, es kann auch für die
kommunale Bereiche einfach sein, für die Stadt mit allem
drum und dran. Da gibt es Erpressungen im rechten Bereich,
die sagen, wenn wir nicht laufen, dann kommen wir solange
wieder, bis wir laufen. Allein dieses prägt natürlich in der
Beurteilung der Lage. Wir wollen die maximal hier einmal
sehen also tun wir alles, das es passiert.
C9. In dieser frühen Phase werden Ereignisse in näherer
Vergangenheit berücksichtigt, die vielleicht suboptimal
gelaufen sind. Auch da merkt man sofort, dass die
Anforderungen absolut nach oben gehen. Es kommen andere
Punkte rein wie anstehende Wahlkämpfe besonders politisch
brisante Themen und die führen leider dazu, dass in den einen
oder anderen Fällen ein Faktor X auf die anfordernden Kräfte
plus reagiert wird.
C10. Ich würde eher sagen das ist die Anforderungspraxis. Man
könnte sie auch manchmal als Anforderungsunkultur
bezeichnen. Aber dann würde ich nie auf den Bereich des
Landes mit dem Finger zeigen. Weil dort die Mitarbeiter halt
oft sitzen. Lagebild nicht vollständig, politisch kocht das
Thema wahnsinnig hoch und man weiß wirklich gar nicht,
gehen 10.000 Teilnehmer auf die Straßen, 50.000 oder
100.000. Man merkt nur, die Presse macht Druck. Man hat
aus Sicht LFV, ähh LKA und BKA noch gar keine klassische
Einschätzung, wie viel wirklich kommen. Das ist ein ganz
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Seite 31
schwieriger Part zu diesem Zeitpunkt dann sich wirklich schon
auf die Kräfte festzulegen.
D IBPdL Schubert
(Zeile 199-201)
(Zeile 203-208)
(Zeile 211)
(Zeile 211-222)
(Zeile 222-225)
D1. Die Haushaltssituation hat keinerlei Einfluss darauf, in
welchem Umfang man im Ereignisfall Kräfte anfordert oder
nicht.
D2. Aber ansonsten steht ganz oben, der Einsatz muss so
abgewickelt werden, dass kein innenpolitischer Schaden
bleibt. Das heißt, die Haushaltssituation spielt an zweiter
Stelle eine Rolle, weil die entstehenden Kosten hinterher
durch die Polizei irgendwie zu erbringen sind. Das trifft in
zweiter Phase dann die Polizeiorganisation, dass Gelder für
Investitionen und möglicherweise nachträglich für den Kapitel
länder-unterstützende Einsätze geopfert werden müssen. Es
wird eher alles angefordert, um aus der Situation vernünftig
rauszukommen.
D3. Ich glaube, dass auch der Haushalt, und so müsste man die
Frage auch verstehen nicht 100 Prozent von Anfang an auf
länderübergreifende Unterstützungseinsätze direkt wirkt.
Aber er wirkt natürlich indirekt. Weil jedes Land jedes Jahr
analysiert. Wie stark sind meine eigenen Kräfte ausgelastet,
wie viele Kräfte muss ich eigentlich anfordern? Nehmen wir
Sachsen, auch wenn Sie Sachsen hier ein bisschen kritisch
darstellen. Sachsen hat lange gesehen, wir sind Nehmerland.
Sehr starkes Nehmerland. Und hat sich jetzt aufgrund der
Situation bei der Polizeireform 2020 entschieden, dass man
gerade bei der Bereitschaftspolizei, trotz 3.200 Stellen, ähm
im Bereich der operativen Einheiten, nicht reduzieren wird.
Weil man in der Analyse sagt, wir kriegen das nicht mehr hin.
Ja und wir würden dem Verbundgedanken nicht mehr treu
werden, wenn wir jetzt in der sächsischen Polizei von ich sag
mal über 700 vielleicht auf 500 runtergehen und noch mehr
Fremdkräfte brauchen.
D4. Aber der Haushalt stellt von Anfang an immer die Frage,
reichen unsere Kräfte aus. Man kann nicht nur Spitzen sehen,
sondern reichen sie im Durchschnitt des Jahres zur
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 32
Bewältigung der Einsätze aus, da achtet man haushalterisch
schon sehr genau.
E IBPdL Schubert
(Zeile 247-249)
E1. Ich glaube, das ist keine Einmischung sondern ich sehe
eigentlich dass das ein vernünftiges sich ergänzendes System
im Rahmen der originären Zuständigkeiten ist.
F IBPdL Schubert
(Zeile 239-241)
(Zeile 241-244)
(Zeile 244-247)
F1. Nein. Also ich denke, dass was in den letzten Jahre im Rahmen
der Einsatzreferenten und der Koodinierungsfunktion zur
Kräfteverteilung getan hat, ist aus meiner Sicht sehr positiv.
F2. Ich denke auch dass die Art in den letzten anderthalb Jahren
seitens der Bundespolizei mit ihren Unterstützungsangeboten
umzugehen, auch sich sehr der Sichtweise von Rechungshof
und der verfassungsrechtlichen Sichtweise angenähert hat.
F3. Und ich sehe auch das Faktische, dass die Bundespolizei
gerade bei Großereignissen sehr viele eigene Zuständigkeiten
hat, wenn man Nato Tagung sieht. Es sind die Flughäfen, es
sind die Grenzkontrollen, wenn wir beim Fußball sind sehen
wir die Europameisterschaft, werden sie Grenzkontrollen
einführen.
G IBPdL Schubert ---
H IBPdL Schubert
(Zeile 185-190)
H1. Lagebild nicht vollständig, politisch kocht das Thema
wahnsinnig hoch und man weiß wirklich gar nicht, gehen
10.000 Teilnehmer auf die Straßen, 50.000 oder 100.000. Man
hat aus Sicht LFV, ähh LKA und BKA noch gar keine
klassische Einschätzung, wie viel wirklich kommen. Das ist
ein ganz schwieriger Part zu diesem Zeitpunkt dann sich
wirklich schon auf die Kräfte festzulegen.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 33
2.8 Auswertung PD Lipp (2011)
- Kategorienschema (Suchraster)29 zur Auswertung der Experteninterviews -
Sicherheitsföderalismus im Ausnahmezustand - Einsatz der Bundespolizei zur Unterstützung der
Länder am Maßstab der Bundestreue
A:
Unterstützungs-
Umfang
B:
Fall von
besonderer
Bedeutung
C:
Anforderungs-
Kultur
D:
Haushaltslage
E:
Bundestreue
F:
Handlungs-
bedarf
G:
Verfügbarkeit
H:
Polizeihoheit
der Länder
Kategorie Experte / (Zeile) Erkenntnisse
A PD Lipp
(Zeile 89-93)
A1. Ein weiterer Grund mag sein, dass vor die allem das
Demonstrations- und das Fußballgeschehen immer mehr
verlangen, dass beweissichere Festnahmen durchgeführt
werden. Und die Durchführung solcher Festnahmen und dann
die anschließende Abarbeitung, dies bedingt natürlich auch
einen sehr hohen Personaleinsatz, um das qualifiziert
durchführen zu können.
B PD Lipp ---
C PD Lipp
(Zeile 150-155)
C1. Also ich würde auch vor allem auf b) eingehen wollen mit der
Aussage, dass es einfach bei einer guten und professionellen
Einsatzvorbereitung durch die entsprechenden Strukturen in
den Länderbehörden einfach frühzeitig notwendig ist, mit
Fremdkräften zu kalkulieren und das man immer wirklich im
Sinne einer Professionalität nicht bis zum knappen Zeitfenster
vor dem Einsatzanlass warten kann, um dann anzufordern
bzw. um dann die Einsatzkräfte sinnvoll auf den Einsatzanlass
vorzubereiten.
D PD Lipp ---
29 Vgl. Lamnek (2005), S. 207; Mayer (2008), S. 47 ff.: nach Mühlfeld.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 34
E PD Lipp
(Zeile 251-254)
E1. Ich denke auch, dass hier eine gelebte Bund-Länder Solidarität
vorliegt. Und ich würde auch nicht von einer Einmischung des
Bundes sprechen wollen, da keinerlei Kompetenzen
übergehen. Sondern die Bundespolizei wird unter der
Einsatzleitung des Landes eingesetzt.
F PD Lipp ---
G PD Lipp ---
H PD Lipp
(Zeile 251-254)
H1. Und ich würde auch nicht von einer Einmischung des Bundes
sprechen wollen, da keine Kompetenzen übergehen. Sondern
die Bundespolizei wird unter der Einsatzleitung des Landes
eingesetzt.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 35
2.9 Auswertung PD Bähr (2011)
- Kategorienschema (Suchraster)30 zur Auswertung der Experteninterviews -
Sicherheitsföderalismus im Ausnahmezustand - Einsatz der Bundespolizei zur Unterstützung der
Länder am Maßstab der Bundestreue
A:
Unterstützungs
-
Umfang
B:
Fall von
besonderer
Bedeutung
C:
Anforderungs-
Kultur
D:
Haushaltslage
E:
Bundestreue
F:
Handlungs-
bedarf
G:
Verfügbarkeit
H:
Polizeihoheit
der Länder
Kategorie Experte / (Zeile) Erkenntnisse
A RD Bähr
(Zeile 24-29)
(Zeile 119-122)
A1. Die Inanspruchnahme der Bundesbereitschaftspolizei als größte
Bereitschaftspolizeikomponente in Deutschland überhaupt wird
tendenziell zunehmen. Die Einsatzbelastung für die Bundespolizei
wird sich tendenziell auf dem bisher bestehenden Niveau deutlich
verstärken. Das ist für mich ein Trend, den ich ablese und diese
Bewertung leite ich her aus meiner primären
Ressourcenverantwortung als Haushaltsreferatsleiter.
A2. Und auch in Zeiten wo die Unterstützung allen Beteiligten zunehmend
eigene Anstrengungen abfordern wird. Das ist aus meiner Sicht
unausweichlich bei der perspektivischen Entwicklung der Haushalte
in Bund und Ländern.
B RD Bähr
(Zeile 54-56)
(Zeile 56-60)
B1. Als besonders bedeutsamen Fall würde ich zunächst mal einen Fall
bezeichnen, eine Lage bezeichnen, die von vorneherein erkennbar
über das mittlere Maß dessen hinausgeht, was ein Land mit eigenen
Kräften bewältigen müsste.
B2. Es gibt den Maßstab der besonderen gesamtstaatlichen
Inanspruchnahme in Vergleich zu anderen Ländern. Klassischer Fall
CASTOR Transport und Ausrichtung von Staatsbesuchen. Tragen
30 Vgl. Lamnek (2005), S. 207; Mayer (2008), S. 47 ff.: nach Mühlfeld.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 36
(Zeile 65-68)
(Zeile 80-86)
einer Sonderlast im gesamtstaatlichen Interesse. Das sind mit
Sicherheit besonders bedeutsame Fälle.
B3. Ein besonders bedeutsamer Fall auch immer nach der
gesamtstaatlichen Abwägung, was über das Maß dessen hinausgeht,
was man üblicherweise nicht einem Land allein zur Bewältigung
überlassen kann.
B4. Was mit Sicherheit ein sachgerechter Grund ist, dass im Bund-
Länder-Verhältnis stärkere Länder Schwächeren gegenüberstehen.
Und von daher vor dem Hintergrund der Bundestreue natürlich auch
im gewissem Maße auf eine angemessene Lastenverteilung Wert
gelegt werden darf. Und das würde ich hier also auch als besonderen
Grund im Raum stehen lassen. Selbst die individuelle
Lagebewältigung und die individuelle Lageeinschätzung des
Polizeiführers vor Ort, die mit Sicherheit hier eine Rolle spielt, würde
ich nicht als tragende Gründe…
C RD Bähr
(Zeile 36-41)
(Zeile 73-77)
(Zeile 80-83)
(Zeile 111)
C1. Jedenfalls aus praktischen Beratungen zu diesen Fragestellungen auch
in Bund-Länder Arbeitskreisen habe ich den persönlichen Eindruck
gewonnen, dass jedenfalls von Polizeiverwaltungsseite und das ist die
Seite, die ich jetzt hier auch selbst authentisch als
Polizeiverwaltungsbeamter vertreten kann. Jedenfalls, die
Unterstützungsbereitschaft und die Unterstützungsnotwendigkeit des
Bundes als quasi unausgesprochene Geschäftsgrundlage zu Grunde
gelegt wird.
C2. Man hat eben Parameter zu Grunde zu legen, was brauche ich zu einer
sachgerechten Einsatzbewältigung und welche Reservekräfte muss
ich dafür zweckmäßiger Weise vorhalten. Das wären aber für mich
die Parameter, die ein Polizeiführer zu Grund zu legen hätte.
C3. Was mit Sicherheit ein sachgerechter Grund ist, dass im Bund-
Länder-Verhältnis stärkere Länder Schwächeren gegenüberstehen.
Und von daher vor dem Hintergrund der Bundestreue natürlich auch
im gewissem Maße auf eine angemessene Lastenverteilung Wert
gelegt werden darf.
C4. Wir haben leider keine einheitliche Anforderungskultur.
D RD Bähr
(Zeile 29-33)
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 37
(Zeile 121-125)
(Zeile 133-137)
(Zeile 137-139)
(Zeile 142-145)
(Zeile 147-148)
(Zeile 149-151)
(Zeile 152-156)
D1. Das ist auch überhaupt die Basis aufgrund derer ich diese
Trendaussage treffen kann, dass nämlich die Haushaltsentwicklung in
Bund und Ländern, die aktuell auch den Bund vor besondere
Belastungen und Herausforderungen stellt. Gleichwohl im Bund-
Ländergefüge zu einer erheblichen zusätzlichen Inanspruchnahme des
Bundes führen wird.
D2. ist aus meiner Sicht unausweichlich bei der bei der perspektivischen
Entwicklung der Haushalte in Bund und Ländern. Auch vor dem
Hintergrund der aktuellen Vorgabe der Einhaltung der Maastrichter
Verschuldungskriterien, der allgemeinen Finanzkrise, damit hier auch
weiterhin auf einer gemeinsamen Basis polizeiliche Unterstützung
geleistet werden kann.
D3. Aus meiner Sicht als Haushälter darf die Haushaltslage keinerlei
Einfluss darauf haben, wie ich Einsatzlagen angemessen bewältige.
Wenn ich beginne, die Bewältigung von Einsatzlagen am Maßstab
verfügbarer, ausschließlich am Maßstab verfügbarer Haushaltsmittel
zu orientieren, stelle ich auch meinen Gewährleistungsauftrag im
Bereich der inneren Sicherheit zu einem gewissen Grad auf den
Prüfstand.
D4. Andererseits muss jeder Polizeiführer im Rahmen seiner
Verantwortung für das Kräftemanagement, natürlich sicherstellen,
dass die Haushaltslage bei der Bewältigung von Einsätzen
berücksichtigt wird.
D5. Haushaltsgesetz und Fachgesetz sind kein Widerspruch sondern
müssten einheitlich gelesen werden. Jedem Polizeiführer wie auch
jedem anderen Beamten muss bewusst sein, dass das Fachgesetz
erfüllt werden muss genau mit dem was der Haushaltsgesetzgeber für
die Erfüllung des Fachgesetzes zur Verfügung stellt.
D6. Und der Haushaltsgesetzgeber verbindet das mit der Erwartung, dass
der gesetzliche Auftrag genau im Rahmen dessen erfüllt wird, was der
Haushaltsgesetzgeber zur Verfügung stellt.
D7. Und das ist auch genau der Maßstab, der bei der Einsatzbewältigung
zu Grunde gelegt werden muss. Es wäre grundfalsch, zu sagen,
bestimmte Einsatzszenarien finden nicht statt, weil kein Geld da ist.
D8. Die Fragestellung ist, wie stelle ich auch den polizeifachlichen
Auftrag mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen sachgerecht
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Seite 38
(Zeile 157-159)
sicher. Und das setzt voraus, eine Einschätzung, eine kluge
Abwägung der Verhältnismäßigkeit und ein sehr bewusstes
Kräftemanagement, was aus meiner Sicht perspektivisch noch stärker
ausgeprägt werden müsste als es jetzt schon der Fall ist.
D9. dass natürlich auch jeder Polizeiführer an den Grundsatz des
wirtschaftlichen und effektiven Haushaltsmitteleinsatzes unabhängig
von der konkreten Haushaltsmittelausstattung gebunden ist.
E RD Bähr
(Zeile 80-83)
(Zeile 175-179)
E1. Was mit Sicherheit ein sachgerechter Grund ist, dass im Bund-
Länder-Verhältnis stärkere Länder Schwächeren gegenüberstehen.
Und von daher vor dem Hintergrund der Bundestreue natürlich auch
im gewissem Maße auf eine angemessene Lastenverteilung Wert
gelegt werden darf.
E2. Die Systematik geht ja nach wie vor davon aus, dass um
Unterstützung gebeten wird und Unterstützung gewährt wird. Die
Systematik geht ja nicht davon aus, dass einseitig Unterstützung
angeboten oder gar aufgedrängt wird. Weil einer der beteiligten der
Sicherheitsarchitektur meint, er könnte die Lage besser bewältigen,
als der originär zuständige.
F RD Bähr
(Zeile 111-114)
(Zeile 114-119)
(Zeile 172-174)
F1. Wir sollten aber sehr daran arbeiten eine einheitliche
Anforderungskultur zu entwickeln. Dabei geht es gerade nicht darum,
dass sich die Einschätzungsprägorative präjudiziere. Das würde mit
Sicherheit der einzelnen Entscheidungsnotwendigkeit nicht gerecht
werden.
F2. Aber was ich schon für erforderlich und notwendig halte auch im
Hinblick auf die zukünftige Zusammenarbeit von Bund und Ländern,
ist die Verständigung auf Mindeststandards und auf Eckpunkte, unter
denen man Bundestreue und ich greife jetzt mal ganz bewusst auf
dieses Merkmal zurück, in Anspruch nimmt. Damit der
Solidargedanke natürlich auch in der Unterstützungskultur steckt,
angemessen berücksichtigt wird.
F3. Solange die Bunderepublik Deutschland als föderaler Staat
strukturiert ist, und ich habe überhaupt gar keinen Zweifel daran, dass
das perspektivisch die richtige Aufstellung für Deutschland ist, ist
auch die bisherige Unterstützungskultur nicht in Frage zu stellen.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 39
(Zeile 179-181)
(Zeile 182-185)
(Zeile 185-189)
(Zeile 189-192)
(Zeile 150-151)
F4. Von daher geht die Fragestellung für mich nur darum, wie ich
angemessen anfordere, wie unter den Gesichtspunkten des klugen
Ressourcenmanagements mich auch perspektivisch auf Unterstützung
vereinbare.
F5. Unabhängig davon, wie angespannt und wie heikel sich eine
Haushaltssituation darstellt oder perspektivisch darstellen könnte, ist
die Gewährleistung der Inneren Sicherheit eine der Kernfunktionen
die ein öffentliches Gemeinwesen unter allen denkbaren
Gesichtspunkten aufrechterhalten muss, wenn es sich nicht selbst in
Frage stellen will.
F6. Von daher kann es niemals darum gehen, Leistung zu verweigern,
weil angeblich kein Geld mehr da ist. Sondern es kann immer nur
darum gehen, wie kann ich Leistung bestmöglich zur Verfügung
stellen, im Rahmen zur Verfügung stehender Ressourcen. Das ist der
Gesichtspunkt, unter dem die Diskussion sachgerecht weiterzuführen
ist.
F7. Und ich habe keinen Zweifel daran, dass die vorhandenen Strukturen,
wenn sie denn klug angewandt und weitergedacht werden, auch
perspektivisch tragfähig sachgerechte Lösungen im Interesse der
Inneren Sicherheit gewährleisten können.
F8. Es wäre grundfalsch, zu sagen, bestimmte Einsatzszenarien finden
nicht mehr statt, weil kein Geld mehr da ist.
F9.
G RD Bähr ---
H RD Bähr
(Zeile 175-179)
H1. Die Systematik geht ja nach wie vor davon aus, dass um
Unterstützung gebeten wird und Unterstützung gewährt wird. Die
Systematik geht ja nicht davon aus, dass einseitig Unterstützung
angeboten oder gar aufgedrängt wird. Weil einer der beteiligten der
Sicherheitsarchitektur meint, er könnte die Lage besser bewältigen,
als der originär zuständige.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 40
2.10 Auswertung IBPdL Lohmann (2013)
- Kategorienschema (Suchraster)31 zur Auswertung der Experteninterviews -
Sicherheitsföderalismus im Ausnahmezustand - Einsatz der Bundespolizei zur Unterstützung der
Länder am Maßstab der Bundestreue
A:
Unterstützungs-
Umfang
B:
Fall von
besonderer
Bedeutung
C:
Anforderungs-
Kultur
D:
Haushaltslage
E:
Bundestreue
F:
Handlungs-
bedarf
G:
Verfügbarkeit
H:
Polizeihoheit
der Länder
Kategorie Experte / (Zeile) Erkenntnisse
A IBPdL Lohmann
(Zeile 12-23)
(Zeile 24-29)
A1. Ich persönlich glaube, wenn ich die Einsatzsituation in
Deutschland in den nächsten Jahren beurteile, dass wir auch
für die Zukunft zahlreiche Einsatzanlässe haben werden, die
den Einsatz von Bereitschaftspolizeien erfordern. Wenn ich
auf das Jahr 2013 und den Einsatzanlass Walpurgisnacht, 1.
Mai schaue dann hatten wir in Deutschland sehr viele
Einsatzanlässe an unterschiedlichsten Orten und diese
entsprechend der Prognose in den einzelnen Ländern mit
zahlreichen Kräften zu bedienen waren. Allerdings zeigte sich
hier, dass die Kräftelage dafür nicht ausreichte. Das heißt,
konkret, wir werden weiterhin solche Situationen haben, die
Sicherheitslage wird sich aus meiner Sicht nicht grundlegend
verändern. Sie wird weiter in dem Rahmen bleiben, wie wir
sie in der Vergangenheit erlebt haben und von daher müssen
wir auch vorbereitet sein, hierfür ein entsprechendes
Kräftereaktionspotential zur Verfügung zu haben.
A2. Bund und Länder sind gleichermaßen gefordert. Wir haben
etwa nach Aktenlage 16.000Kräfte Bereitschaftspolizeien der
Länder und zwischen 5.000 und 6.000 Kräfte im Bereich des
Bundes. Dies reicht teilweise nicht um die Anforderungen
31 Vgl. Lamnek (2005), S. 207; Mayer (2008), S. 47 ff.: nach Mühlfeld.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 41
(Zeile 40-45)
(Zeile 96-101)
tatsächlich zu decken. Insoweit benötigen wir auch diesen
Kräfteumfang mindestens weiter für die Zukunft.
A3. Jüngst ändern wir gerade mit einem Bundesland das
Verwaltungsabkommen, das künftig zwei
Einsatzhundertschaften weniger haben wird. Das betrachte ich
mit einer gewissen Sorge, weil man dazu auch in Beziehung
setzen muss, insgesamt die personelle Reduzierung in den
Polizeien. Und ich bin der festen fachlichen Überzeugung,
dass Bereitschaftspolizeien das wesentliche Instrument in
Bund und Ländern sind, um besondere Lagen zu bewältigen.
A4. Darüber hinaus muss man allerdings bedenken, dass wir heute
durch hohe Mobilität schon ein geändertes Störerverhalten
und sehr häufig Situationen erhalten, die sich relativ schnell
verlagern können. Dies erfordert von daher auch in der
Beurteilung der Lage ein hohes Maß an Kräften. Nüchtern
betrachtet sind die Ressourcen auch begrenzt und daher eine
gegenseitige Unterstützungspflicht geboten.
B IBPdL Lohmann
(Zeile 101-107)
(Zeile 119-126)
B1. Wenn ein Land bei einer Lage beurteilt und vor dem
Hintergrund der Prognose einschätzt, diese nicht alleine
bewältigen zu können, dann liegt - nicht juristisch formuliert -
aus praktischer Sicht ein Fall vor, der vom normalen Regelfall
abweicht.
B2. Ich denke auch, dass man hier wirklich auf polizeiliches
Erfahrungswissen im Rahmen der Beurteilung der Lage
zurückgreifen muss und das man natürlich im Vorfeld klären
muss, wie eine mögliche Lageentwicklung aussieht. Wie ist
sie nach Erfahrung realistisch zu erwarten und was hat das
dann für Auswirkungen auf den eigenen Kräftebedarf. Wenn
man die Hürde sehr hoch hebt, dann kommt man natürlich
juristisch betrachtet, auf den Punkt ein besonderer Fall liegt
nur in einer Extremsituation vor. Da glaube ich einfach, dass
sich die Verhältnisse durch die Störersituation und die
allgemeine Situation sich verändert haben.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 42
C IBPdL Lohmann
(Zeile 29-34)
(Zeile 164-167)
(Zeile 181-185)
(Zeile 187-193)
C1. Was die Situation der Anforderungen betrifft, da glaube ich
einfach, dass man hier insgesamt vertieft untersuchen muss,
welche Einsatzanlässe wir in Deutschland haben. Wie kann
man diese kategorisieren. Welchen Bedarf kann man daraus
formulieren und dazu müsste man ins Verhältnis setzen die
tatsächliche Kräftesituation. Eine solche Betrachtung ist mir
nicht bekannt. Würde ich aber im Interesse der Sicherheit in
unserem Land für Länder und Bund für erforderlich halten.
Mit einer gewissen Sorge sehe ich ohne auf die Einzelzahlen
einzugehen, dass obwohl die Innenminister schon vor vielen
Jahren sich wiederholt dazu bekannt haben, die Einsatzstärken
der Bereitschaftspolizeien zu erhalten, dies gleichwohl
reduzieren.
C2. Ich würde in den Vordergrund stellen, aus der Praxis heraus,
dass es die besonderen Fähigkeiten sind, die in der
Bundespolizei in den letzten Jahren ausgebildet wurden.
Effizienzgründe mögen das sein, aber dafür habe ich
zumindest keine Belege.
C3. Da wir 16 Länder haben, lässt es sich einfach nicht vermeiden,
dass es Unterschiede auch in der Bewertung gibt. Ich gehe
sogar soweit, dass ich vermute, dass es selbst innerhalb der
Länder auch unterschiedliche, Beurteilungen ähnlicher
Sachverhalte gibt und dadurch wird man glaube ich nie eine
gewisse Einheitlichkeit erreichen, die natürlich
wünschenswert wäre.
C4. Das hat natürlich auch Auswirkungen, letztendlich auf die
Anforderungen. Ob man da von Anforderungskultur sprechen
kann, lass ich mal dahinstehen. Aber Anforderungsverhalten
würde ich das mal nennen. Und das steht in einem
unmittelbaren Zusammenhang mit der Beurteilung der Lage
und dessen, was man glaubt an Kräften für die Bewältigung
dieser Lage zu benötigen. Von daher wie gesagt, glaube ich
gibt es auch Unterschiede, und wünschenswert wäre, wenn
man hier zu einer gewissen Vereinheitlichung kommen könnte
ohne Einschränkung im föderalen System damit zu verbinden.
Das liegt mir vollkommen fern.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 43
D IBPdL Lohmann
(Zeile 93-95)
(Zeile 244-251)
(Zeile 252-255)
D1. Zunächst mal vorweg muss man feststellen, dass in unserem
föderalen System jedes Land selbst die nötige Vorsorge zu
treffen hat, bestimmte denkbare Lagen allein bewältigen zu
können. Das ist eine Grundverpflichtung für jedes Land.
D2. Wie es dann dort aussieht mit der Bewältigung der Lage Innere
Sicherheit. Ich denke hier muss man sich die Fakten
anschauen, die Haushaltssituation wirkt sich natürlich ganz
klar in Ländern und Bund aus. Auch auf die Polizei, und nicht
allein deshalb aber im Wesentlichen deshalb gibt es eben auch
in vielen Ländern und beim Bund Polizeireformen, um mit
dem vorhandenen Potential die Aufgaben die anfallen, für die
Zukunft noch besser erledigen zu können, in Ländern teilweise
mit weniger Personal. Insoweit hat natürlich die
Haushaltslage in den Ländern erst mal ganz grundsätzliche
auch Einfluss auf den Bereich innere Sicherheit.
D3. Wenn man in einem Land zum Ergebnis kommt,
Bereitschaftspolizei zu reduzieren, was es ja auch gibt, dann
hat das am Ende natürlich Auswirkungen auf
länderübergreifende Unterstützungseinsätze und insoweit
muss ein Land eine bestimmt Lage, dass es zu bewältigen hat,
auch sicher bewältigen können.
E IBPdL Lohmann
(Zeile 318-323)
(Zeile 323-327)
E1. Man muss natürlich bedenken, der Bund hat und muss ein
Interesse daran haben, dass wir die Gesamtlage innere
Sicherheit möglichst einheitlich bewältigen ohne in föderale
Strukturen eingreifen zu wollen. Er hat von daher auch selbst
eine gewisse Verpflichtung, hier mit zu unterstützen, wenn
Länder die Aufgaben allein nicht erledigen können und dafür
gibt es nicht nur für den eigenen Aufgabenbereich der
Bundespolizei, die Bundesbereitschaftspolizei.
E2. Wenn allerdings in Ländern aus möglicherweise
Haushaltsgründen die Bereitschaftspolizei im erheblichen
Maße abgebaut werden würde und im Gegenzug dazu mehr
Kräfte angefordert würden, denke ich liegt hier ein Fall vor,
den man etwas kritischer beleuchten müsste. Weil man dann
nicht mehr dem Grundsatz folgen würde, selbst die nötige
Eigenvorsorge zu treffen.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 44
(Zeile 327-335)
(Zeile 358-359)
E3. Und von daher kann der Bund an der Stelle in einem solchen
Fall nicht der „Lückenbüßer“ sein. Allerdings habe ich nichts
dem Grundsatz hinzuzufügen, dass das der Bund natürlich
Unterstützungsersuchen nicht ohne Gründe ablehnen kann.
Aber das muss man dann eben im Gesamtzusammenhang
sehen und muss eben dann auch schauen, inwieweit wird die
nötige Eigenvorsorge auch wirklich vorgenommen. Letztlich
ist das natürlich schwierig vor dem Hintergrund des
Umstandes dass wir eben diese Bewertungsmaßstäbe in der
Bundesrepublik Deutschland, die zu einer validen,
sachgerechten, einheitlichen Bewertung kommen, nicht
haben.
E4. Ich glaube einfach auch, man muss man hier schon ehrlich
miteinander umgehen.
F IBPdL Lohmann
(Zeile 130-139)
(Zeile 142-146)
(Zeile 193-194)
F1. In Ermangelung einer validen Zahlen, Daten, Fakten
Grundlage zur Einsatzsituation insgesamt in Deutschland kann
man zumindest aus Erfahrung heraus sagen, dass die Kräfte in
der Größenordnung, wie wir sie heute haben, aus fachlicher
Sicht erhalten bleiben müssen in der Bereitschaftspolizei in
Ländern und Bund. Ich wage sogar die Prognose, dass wir vor
dem Hintergrund der Reduzierungen der Gesamtstärke von
Polizei zunehmend ein schnell verfügbares, hochprofessionell
agierendes Reaktionspotential brauchen. Im Segment
Bereitschaftspolizei und von daher gibt es selbst in einem
kleinen Land sogar schon die Überlegung, Absolventen aus
der Ausbildung nicht gießkannenartig im Einzeldienst zu
verteilen. Sondern die Bereitschaftspolizeikomponente zu
erhöhen.
F2. Denn die Bereitschaftspolizeien haben sich über die
Jahrzehnte so hoch professionell entwickelt, dass sie
vielfältigste Aufgaben auch zur Unterstützung des
Einzeldienstes wahrnehmen können. Und ein Minus, wenn
man die Bereitschaftspolizei erhöht insgesamt im Bereich der
Polizei, und in der täglichen Lagebewältigung meines
Erachtens nicht entstehen wird.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 45
(Zeile 208-211)
(Zeile 261-266)
(Zeile 276-282)
(Zeile 295-300)
(Zeile 359-362)
(Zeile 365-368)
F3. Wobei ich denke, eine gewisse Standardisierung könnte hier
hilfreich sein.
F4. im Prinzip habe ich es auch schon ausgeführt, aber ich bleibe
dabei, dass ich glaube, dass jedes Land ein Mindestmaß an
bereitschaftspolizeilichen Kräfte im Verhältnis zur jeweiligen
Lage im Land vorhalten sollte.
F5. Die Polizeidichte haben wir aber inzwischen als Maßstab
aufgegeben. Ich sehe aber nicht, dass wir dafür eine
Alternative haben. Das wäre wünschenswert, wenn man
wirklich eine Messgröße hätte. Und von daher ganz klar: wird
reduziert, reichen die eigenen Kräfte für die Lagen nicht aus.
Dann müssen umso mehr andere Kräfte aus Ländern oder dem
Bund an zur Verfügung gestellt werden.
F6. Und die Sicherheitslage, die für die nächsten Jahre dann in
einer bestimmten Region zu bewältigen ist, muss man erst mal
sehen, wie viel Polizei braucht man dafür in Gänze. Das
bedeutet, ich brauche eine bestimmte Basisversorgung im
polizeilichen Einzeldienst und ich brauche eine Ergänzung
durch Bereitschaftspolizei. Durch ein hochprofessionelles,
flexibles Reaktionspotential. Und, dieses
zusammengenommen wäre schön, wenn man das
standardisiert berechnen könnte.
F7. Da sage ich mal, dass man davon daher eben mehr
Bereitschaftspolizei braucht und wenn man die Möglichkeit
nicht hat, Bereitschaftspolizeien zu erhöhen, dann bleibe ich
dabei, dass man gut beraten ist aus rein fachlicher Betrachtung
heraus, dass man sie auf keinen Fall weiter reduzieren sollte.
Und ich begrüße es, wenn es in einem oder anderen Land jetzt
die Vorstellung gibt, genau aus den genannten Gründen heraus
Bereitschaftspolizei, zu erhöhen.
F8. Aber ich glaube man muss insoweit auch die föderale Struktur
etwas weiterentwickeln. Im Bereich der inneren Sicherheit
muss überlegt werden wie man gemeinschaftlich zwischen
allen 16 Ländern und dem Bund die Herausforderungen der
Zukunft bewältigen kann.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 46
(Zeile 373-379)
F9. Und ich glaube auch einfach, dass man hier an dieser Stelle
ein Stückchen weiter gehen muss und schauen muss, was man
dann noch möglicherweise in Kooperationen gemeinschaftlich
bewältigen kann. Und dazu gibt es ja auch schon
verschiedentliche Ansätze.
F10. Das ist nur ein kleines Beispiel, aber das sind Ansätze, die
man sicherlich in anderen Bereichen noch weiter ausbauen
kann und ich glaube, die Möglichkeiten der gegenseitigen
Unterstützung und Kooperation insgesamt im Feld Polizei
sind überhaupt noch nicht ausgeschöpft. Und die Polizeiarbeit
ist nicht so unterschiedlich von Flensburg bis Rosenheim, und
von Aachen bis Frankfurt Oder, das hier alles getrennt und
einzeln in den Ländern vorgehalten werden muss.
G IBPdL Lohmann
(Zeile 195-204)
H1. Es ist natürlich so, wenn ich nach einer soliden Beurteilung
der Lage zum Ergebnis komme, dass ich eine bestimmte
Anzahl an Einsatzkräften benötige, dann muss ich das
natürlich meinen Bedarf ins Verhältnis setzen zum IST. Und
wenn ich in einem Land eine Situation habe, wo ich für die
Bewältigung eine erhebliche Anzahl an Kräften benötige und
habe diese selber nicht, dann brauch ich eben mehr
Unterstützung. Und bei Einsatzanlässe, wenn wir zum
Beispiel mal an den G8-Gipfel denken, den zurückliegenden.
Dann muss man einfach sagen, dass das keine normale,
vorhersehbare Lage für ein Land wie Mecklenburg-
Vorpommern ist oder war. Und insoweit hier dann natürlich
ein deutlich größeres Unterstützungspotential erforderlich ist.
H IBPdL Lohmann
(Zeile 313-323)
H1. Also zunächst würde ich erst mal was sagen wolle, dass das
zur Verfügung stellen von Kräfte durch die Bundespolizei aus
meiner Sicht keine Einmischung in die Polizeihoheit eines
Landes ist. Es geht ja hier um den Fall einer Organleihe und
die Organleihe bedeutet ja im Ergebnis – ohne das jetzt im
Detail ausführen zu wollen – dass Bundespolizisten quasi als
Landespolizisten tätig werden. Und von daher sehe ich
überhaupt keine Einmischung in die Polizeihoheit der Länder.
Man muss natürlich bedenken, der Bund hat und muss ein
Interesse daran haben, dass wir die Gesamtlage innere
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 47
Sicherheit möglichst einheitlich bewältigen ohne in föderale
Strukturen eingreifen zu wollen und hat von daher auch selbst
eine gewisse Verpflichtung hier mit zu unterstützen, wenn
Länder die Aufgaben allein nicht erledigen können und dafür
gibt es nicht nur für den eigenen Aufgabenbereich der
Bundespolizei, die Bundesbereitschaftspolizei.
2.11 Auswertung PD Lipp (2013)
- Kategorienschema (Suchraster)32 zur Auswertung der Experteninterviews -
Sicherheitsföderalismus im Ausnahmezustand - Einsatz der Bundespolizei zur Unterstützung der
Länder am Maßstab der Bundestreue
A:
Unterstützungs-
Umfang
B:
Fall von
besonderer
Bedeutung
C:
Anforderungs-
Kultur
D:
Haushaltslage
E:
Bundestreue
F:
Handlungs-
bedarf
G:
Verfügbarkeit
H:
Polizeihoheit
der Länder
Kategorie Experte / (Zeile) Erkenntnisse
A PD Lipp
(Zeile 49-57)
(Zeile 70-75)
A1. denke ich muss man auch auf die gesamtgesellschaftliche
Entwicklung blicken. Wo man doch feststellen muss, dass
Gewalt in unserer Gesellschaft, ja fast schon einen legitimen
Anstrich bekommt. Gewalt bekommt im Zusammenhang mit
Fußball, im Zusammenhang mit Demonstrationen zu einem
Eventcharakter. Insgesamt sind es auch die Ergebnisse unserer
Analyse, dass insbesondere bei Fußballspielen oder bei rechts-
links Versammlungslagen die Gewalt zunimmt. Und dass
wiederum bei der Lagebeurteilung nach sich zieht, dass man
mit einem erhöhten Kräfteansatz an die Einsatzbewältigung
rangehen muss.
32 Vgl. Lamnek (2005), S. 207; Mayer (2008), S. 47 ff.: nach Mühlfeld.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 48
(Zeile 79-82)
A2. Nicht wissenschaftlich verifizierbar oder empirisch belegbar.
Sondern mein Eindruck durch das was ich hier in meinen
täglichen Dienst mitbekomme, dass hier in Deutschland mehr
Kleinlagen festzustellen sind, als eine große zentrale
Veranstaltung, Versammlung zu einem bestimmten Thema.
Sondern disloziert über die ganze Bundesrepublik, viele
Bundesländer sind dann betroffen.
A3. Problem in Deutschland, dass man die Lage flächendeckend
feststellt. Die Problematik Rechts-Links wurde zunächst
hauptsächlich in den neuen Bundesländern beobachtet. Jetzt
kann man davon ausgehen, dass auch in den alten
Bundesländern diese Einsatzlagen auftreten.
B PD Lipp
(Zeile 109-112)
B1. Ich hätte den besonders bedeutsamen Fall in Verbindung zu
einem Rechtsbegriff gesetzt und hätte definiert, dass dieser
Fall eintritt, wenn die Lagebewältigung in Gänze in Frage
gestellt ist und das staatliche Gewaltmonopol nicht mehr
durchsetzbar ist. Dann wäre aus meiner Sicht dieser Fall
eingetreten.
C PD Lipp
(Zeile 57-66)
(Zeile 153-156)
C1. Zu b) würde ich ausführen, dass man die Halbierung
begründen kann mit dem Umstand, dass auch die Polizei
insbesondere die Bereitschaftspolizei sich fortentwickelt. Man
kann durchaus von einer Professionalisierung sprechen, die
durch ein Plus an Qualität der Ausstattung, die unter anderem
auch durch uns geliefert wird, festzustellen ist. Aber auch der
verstärkte Einsatz an BFHu oder BFE trägt Früchte. Es ist
wirklich ein Qualitätssprung den die Bereitschaftspolizeien da
vorgenommen haben. Weg von der reinen Lagebereinigung
hin zu einer Bewältigung durch professionelle,
gerichtverwertbare Festnahmen. Das hat aus meiner Sicht zur
beigetragen, dass man eventuell in den letzten Jahren etwas
reduzieren konnte.
C2. Sicherlich haben Organisationseinheiten der Bundes-
bereitschaftspolizei einen sehr guten Ruf, was die
Professionalität angeht, insbesondere die BFHu. Das wird ein
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 49
(Zeile 216-220)
(Zeile 222-234)
Grund sein bei den Ländern speziell diese Einheiten
anzufordern.
C3. Ja. Ich würde noch, ausführen, dass eine Anforderungskultur
ja eigentlich Teile einer Polizeikultur ist. Und die Polizeikultur
ist in einem föderalen Staat natürlich sehr unterschiedlich. Das
wird geprägt vom Selbstverständnis der Polizei, das wird aber
auch geprägt davon, was für ein Ansehen zum Beispiel auch
die Polizei bei der Bevölkerung hat. Und da haben wir ja
durchaus in der Bundesrepublik Unterschiede.
C4. Da hat die Polizei natürlich ein anderes Selbstverständnis. Ich
bin zu dem Ergebnis gekommen, dass man dies vielleicht mit
so Ebenen am besten darstellen kann. Auf der ersten Ebene
stehen natürlich die rein taktischen und tatsächlichen
Erfordernisse zur polizeilichen Lagebewältigung. Aber auf
einer zweiten, darunter liegenden Ebene spielt vermutlich im
Unterbewusstsein doch eine gewichtige Rolle, was habe ich
denn überhaupt zur Verfügung. Aus was für Reserven kann ich
schöpfen. Was ist der Pool, in den ich greifen kann. Und damit
komme ich auch schon zur Frage vier. Als dritte Ebene kann
ich mir das überhaupt leisten. Was für einen
Gesamtressourcenansatz habe ich, um meine Aufgabe
erfolgreich bewältigen zu können.
D PD Lipp ---
E PD Lipp ---
F
PD Lipp
(Zeile 337-340)
(Zeile 343-346)
(Zeile 350-354)
F1. Wir brauchen eine offene und ehrliche Analyse des
tatsächlichen IST-Zustandes. Ich denke, wir stellen nicht nur
auf dem Feld der Bereitschaftspolizeien sondern auch in ganz
anderen Feldern des polizeilichen Handelns und der
polizeilichen Organisationsstrukturen fest, dass wir
Schwierigkeiten haben.
F2. Man muss sich mit unterschiedlichsten Denkmodellen
auseinandersetzen, die auch nicht vor einem Grundgesetz halt
machen sollten. Man sollte vielmehr weiter denken sich
fragen, was ist denn der „Volonté générale“. Was will denn
der Bürger, was will denn der Steuerzahler.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 50
F3. Der Bürger, der Steuerzahler will Sicherheit. Der möchte ein
Umfeld haben, eine Welt in der er sich und sein Leben
entwickeln kann. Und ich denke da sollte man einfach auch
eine Diskussion ermöglichen und denken, Denkmodelle
entwickeln, die eben nur eins zum Ziel haben, nämlich eine
sichere Zukunft für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes
zu entwickeln.
G PD Lipp ---
H PD Lipp ---
2.12 Auswertung RD Du Bois (2013)
- Kategorienschema (Suchraster)33 zur Auswertung der Experteninterviews -
Sicherheitsföderalismus im Ausnahmezustand - Einsatz der Bundespolizei zur Unterstützung der
Länder am Maßstab der Bundestreue
A:
Unterstützungs-
Umfang
B:
Fall von
besonderer
Bedeutung
C:
Anforderungs-
kultur
D:
Haushaltslage
E:
Bundestreue
F:
Handlungs-
bedarf
G:
Verfügbarkeit
H:
Polizeihoheit
der Länder
Kategorie Experte / (Zeile) Erkenntnisse
A RD Du Bois ---
B RD Du Bois ---
C RD Du Bois ---
D RD Du Bois
(Zeile 16-19)
D1. Zunächst würde ich die Bedeutung der inneren Sicherheit
daran orientieren, welche Ziele die aktuelle Politik verfolgt
zum Schutz der Bevölkerung. Also die Bedeutung an sich der
33 Vgl. Lamnek (2005), S. 207; Mayer (2008), S. 47 ff.: nach Mühlfeld.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 51
(Zeile 19-25)
(Zeile 27-34)
(Zeile 34-35)
(Zeile 64-70)
Inneren Sicherheit glaube ich, kann man so pauschal in diesem
Verhältnis nicht bezeichnen.
D2. Wenn eine Regierung festlegt, dass hier bestimmte
Schutzziele für die Bevölkerung einhalten möchte, dann sind
diese Schutzziele, das ist die Erfahrung aus der Untersuchung
verschiedener Länder, schon immer orientiert gewesen an der
Haushaltspolitik. Also dass man sagt, ich möchte einen
allumfassenden Schutz, eine möglichst große Sicherheit
erzeugen, das ist ein heeres Ziel, aber letztlich wurden bisher
immer Gefahrenabwehrpotentiale, Haushaltsmöglichkeiten,
Dislozierung von Kräften usw. betrachtet, um ganz konkrete
Schutzziele, Programme usw. festzulegen.
D3. Deswegen ist es so in einzelnen Bundesländern, wenn wir jetzt
mal bei der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr bleiben,
Schutzziele in Gesetzen festgeschrieben sind. Bei anderen
Ländern, und da wird man sich nicht wundern, dass es eher die
sind, die haushaltsschwach sind, die haben vermieden
Schutzziele, also ganz konkrete Eintreffzeiten zum Beispiel
festzulegen, weil es natürlich politisch schwierig ist,
Eintreffzeiten später die man einmal festgelegt hat, noch zu
verringern. Wenn die Kassenlage es entsprechend gebietet,
dass man Dienststellen schließt, Wachen schließt und damit
Eintreffzeiten, Radien erhöht. Kräfte vor allem im
Rettungsdienst reduziert, durch Ausschreibung auf Private
nach günstigeren Lösungen sucht usw..
D4. So gesehen ist seit Jahrzehnten Realität, dass bestimmte
Schutzziele in bestimmten Bereichen immer an der
Haushaltspolitik ausgerichtet wurden.
D5. Wenn wir Länder nehmen wie Mecklenburg-Vorpommern
oder andere die sehr wenig Geld für den Katastrophenschutz
zum Beispiel in die Hand nehmen. Dann bekommen sie die
Ausstattung von dem Bund. Sie haben disloziert, ähem
flächendeckend in 668 Ortsverbänden das Technische
Hilfswerk. Und wir sehen ja, dass schon bei kleinsten
Ereignissen in den Ländern, Unfälle auf den Autobahnen oder
Ähnliches, immer blaue Fahrzeuge zu sehen sind. Das
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 52
Technische Hilfswerk ist aber eigentlich Amtshilfe in der
zweiten Welle und nicht in der unmittelbaren
Gefahrenabwehr.
E RD Du Bois
(Zeile 35-43)
(Zeile 43-48)
(Zeile 48-56)
(Zeile 88-93)
E1. Das hat nichts damit zu tun, dass die, die Bundesländer nicht
für sich den Anspruch der allumfassenden Zuständigkeit
weiter reklamieren. Das ist ein kleiner Widerspruch. Denn
einerseits reklamieren sie für sich die umfassende, die
allumfassende Zuständigkeit in den Bereichen des
Brandschutzes, des Rettungsdienstes, im gesundheitlichen
Bevölkerungsschutz, im Krisenmanagement und all diesen
Dingen. Gleichzeitig wollen sie aber, dass die fehlenden
Fähigkeiten und Kompetenzlücken, durch einen Dritten,
nämlich durch den Bund ausgeglichen werden.
E2. Wir hatten bis vor wenigen Jahren eine Ausstattung von
ungefähr 10.000 Fahrzeugen in verschiedenen
Fähigkeitsprofilen, die wir den Ländern zur Verfügung gestellt
hatten, die haben wir um 5.000 Fahrzeuge reduziert. Wir
haben auf 5.000 reduziert, aber letztlich ein immensen
politischen Diskussionsaufwand erzeugt, durch unsere
Reduktion von Fahrzeugkapazitäten Quantität aber auch
Qualität, eine unmittelbare Auswirkung der örtlichen
Gefahrenabwehr entstanden ist.
E3. Die hätte gar nicht entstehen dürfen, weil der Bund ja
zusätzlich im Rahmen des Doppelnutzens Fähigkeiten zur
Verfügung stellt, die in ganz besonderen Gefahrensituationen
von einer besonderen Dimension erst zum Tragen kommen
müssten. Unsere Fahrzeuge sind aber, wenn man als Beispiel
die Brandschutzfahrzeuge nimmt, unmittelbar in den
Kommunen eingesetzt worden für die Brandbekämpfung. Da
widerspricht sich natürlich die grundgesetzliche
Zuständigkeit. Und die Ansprüche, welche die Länder im
politischen Raum geltend machen für die Wahrnehmung ihrer
eigenen Aufgaben und die Möglichkeiten, die sie finanziell
überhaupt haben, um diese noch auszustatten.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 53
E4. Mit dem Wegfall der Aufträge in diesem Kernbereich wurden
insbesondere nach 2011 Strategien entwickelt, um all unsere
Fähigkeiten in einem quasi Doppelnutzen unmittelbar in die
Gefahrenabwehr integrieren zu können. Und unsere
Argumentation für das Vorhalten von Ressourcen nunmehr
eigentlich im Gegensatz zu unserem eigentlichen Auftrag
schon darauf beruht, wir müssen die Gefahrenabwehr der
Länder stärken.
F RD Du Bois
(Zeile 98-105)
(Zeile 105-113)
(Zeile 119-127)
F1. Das wird durch den Bundesrechnungshof beklagt. Weil wir
uns von dem Auftrag aus dem Grundgesetz etwas entfernt
haben. Das entspricht natürlich den politischen Vorgaben,
dass man eine einheitliche Strategie zum Schutz der
Bevölkerung entwickeln will. Aber das man von der
Verfassung sich schon ein Stücken entfernt hat, und ich
glaube das ist der richtige Weg, wieder zurückzukehren, zu
einem klaren eigenen Auftrag. Die Verfassung dahingehend
zu untersuchen, ob es nicht Bedrohungslagen gibt, die den
Ansprüchen der Verfassung gerecht werden, nach 1973 den
Schutz der Bevölkerung durch den Bund sicherzustellen.
F2. Und wir sehen auch mindestens zwei Szenarien, die das
rechtfertigen und das werden wir 2014 im März im
Haushaltsausschuss auch berichten. Zum einen haben wir
einen, einen umfassendes Bedrohungsszenario durch
ballistische Raketen aus verschiedenen Staaten, die darüber
verfügen und wo wir zu keinem Zeitpunkt abschließend
einschätzen können, ob sie nicht irgendwann unter bestimmten
politischen Rahmenbedingungen verwenden würden. Allein
diese Gefahr besteht. Die ist nicht wegzudiskutieren. Sonst
würden wir keinen NATO-Raketenschirm aufbauen. Diese
Bedrohung erfüllt zwei Tatbestände, die man nach der
Verfassung haben muss. Eine Wirkung wäre einer
militärischen Wirkung gleich und es ist eine Bedrohung von
außen.
F3. Und der zweite Punkt wäre ein Cyberwar. Ein Angriff, es gibt
reichlich Staaten, die über die Fähigkeit verfügen, durch
Cyberangriffe - es geht jetzt um Staaten nicht andere
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 54
(Zeile 127-133)
(Zeile 133-139)
(Zeile 169-173)
(Zeile 173-183)
Gruppierungen, die gibt es auch noch - die Fähigkeit verfügen
vitale Strukturen anderer Staaten anzugreifen. Das wäre ein
Angriff von außen, auch wenn man ihn nie nachweisen wird.
Man wird nur die Wirkung erleben. Man wird vielleicht nie
nachweisen, welcher Staat hat mir meine Elektroversorgung
abgeschaltet. Aber die Möglichkeit besteht, und es wäre eine
Auswirkung die allemal erheblicher militärischer Einwirkung
gleichkäme.
F4. So versuchen wir derzeit über eine Neubedrohungsanalyse in
der Politik aber auch in allen anderen gesellschaftlichen
Bereichen dafür Akzeptanz zu finden, dass wir nicht kalte
Krieger sind, wenn wir zurückkehren zum Erfüllung unseres
Kernauftrages, sondern dass wir den modern interpretieren.
Und dann können wir auch darüber nachdenken, welche
Fähigkeiten wir wie weiterentwickeln, andere vielleicht
reduzieren oder neue hinzugewinnen. Und die würden dann
natürlich den Ländern zur Unterstützung auch ihrer Lagen zur
Verfügung stehen.
F5. Unterm Strich bedeutet das jedoch, dass die Länder in der
Zukunft nicht mehr ihre eigenen Gefahrenabwehrstrukturen
und Bedürfnisse in Richtung Fähigkeiten des Bundes oder
ausschließlich an den Fähigkeiten des Bundes ausrichten
können. Sondern dass wir wieder dazu zurückkehren, selbstlos
eigene Aufgaben zu definieren, dafür Vorsorge zu treffen und
mit den Fähigkeiten, die wir dann haben, natürlich die Länder
weiterhin unterstützen werden.
F6. Alle zwei Jahre trainieren wir mit den Ländern die LÜKEX
Übungen, Szenarien von denen wir meinen, dass hier eine
nationale Abstimmung erforderlich wäre. Manchmal auch nur
sektorenspezifisch, sowie jetzt wieder im Gesundheitsbereich
und Lebensmittelbereich. Da gibt es überhaupt keinen
Widerstand der Länder diese Koordination des Bundes
anzuerkennen.
F7. Und bei der große Hochwasserlage, die wir gerade hatten,
haben die Länder von sich heraus die Koordinationsangebote
intensiv genutzt, haben von sich heraus dem Bund auch schon
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 55
(Zeile 183-187)
(Zeile 187-193)
(Zeile 203-212)
Aufgaben übertragen, insbesondere das Land Sachsen-Anhalt,
wie es bisher noch nie vorgekommen ist. Also sie haben nicht
nur um Ressourcen, um Spezialressourcen, unsere Ressourcen
gebeten. Sondern sie haben auch noch gesagt: Wir übertragen
Dir Bund das Recht, diese Ressourcen dann auch
heranzuführen und dementsprechenden Bedarfsträgern auch
zuzuführen. Das sind so Vorgänge, die Stück für Stück die
Aufgabenspektrum des Bundes erweitern. Bisher war es so,
dass man eine Ressource erbeten hat. Dann hat man die
Information bekommen, wo die Ressource abzuholen ist. Jetzt
haben wir im Prinzip schon ein bisschen operatives Geschäft
übertragen. Und ich glaube das ist auch der richtige Weg.
F8. Und es hat sich gezeigt, dass sich eine Koordination im Sinn
zentralstaatlicher Führung von Einsätzen überhaupt nicht
erforderlich war, sondern eine zentralstaatliche Koordination
von Engpassressourcen, insbesondere aber auch dann von
Hilfeleistung die danach kamen, also nach der wirklichen
Gefahrenabwehr.
F9. Die Bereitstellung von Soforthilfeprogrammen, die
Bereitstellung und Entwicklung von Aufbauhilfeprogrammen,
die Koordination dieser Maßnahmen länderübergreifend. Und
gerade heute hat das Bundeskabinett die entsprechende
Verordnung zur Aufbauhilfe beschlossen. In einem Zeitraum
von anderthalb Monaten. In einem Abstimmungsprozess, wo
es um acht Milliarden Euro geht, haben Bund und Länder
sieben Programmen entwickelt. Also das ist extrem schnell,
einvernehmlich entwickelt.
F10. Es gäbe ganz wenige Spezialfälle, wo es eine zwingende
rechtliche Grundlage geben muss, dass der Bund nicht nur
koordiniert sondern auch klare Vorgaben geben kann. Das
sind dann eine geringe Prommilleanzahl von denkbaren
Lagen. Da ist es die Frage, muss es die Verfassung sein, die
man ändert oder kann man das spezialgesetzlich regeln. Also
ein Beispiel wäre wirklich pandemische Lagen, da ist es so
dass man nicht nach den 16 Gesundheitsgesetzgebungen der
Länder unterschiedlich umgehen kann mit Impfstoffausgabe,
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 56
(Zeile 215-219)
(Zeile 232-236)
(Zeile 240-242)
(Zeile 244-250)
(Zeile 250-252)
mit Impfung der bestimmter Zielgruppen und vieler anderer
Dinge auch. Das wäre aber heute so. Und die Länder werden
nicht gezwungen, sich an den Empfehlungen des Bundes, des
Robert Koch Instituts, des BMG, des gemeinsamen
Krisenstabes BMI/BMG zu halten.
F11. Wir sind mit dem BMG im Gespräch, ob wir das mit dem
Infektionsschutzgesetz machen können. Das müsste nicht
zwingend die Verfassung sein. Bei Naturkatastrophen und
anderen Lagen glaube ich kommen wir mit den jetzigen
Regelungen der Verfassung und mit den Spezialregelungen
des ZivilschutzKatastrophenhilfegesetzes zu einer guten
Lösung.
F12. Also wir brauchen das polizeiliche Krisenmanagement mit
seinen vielen Fähigkeiten genauso wie das nichtpolizeiliche in
den verschiedensten Facetten oder die militärische
Komponente. Ich glaube einzelne Ausfälle, in bestimmten
Sektoren, regional begrenzt wird man kompensieren können.
In dem ich andere der Fähigkeiten nahe gelagerte operative
Bereiche verpflichte hier etwas zu tun.
F13. Das wird nicht gehen. Jeder muss in seinem Segment, und
das muss definiert sein, eine bestimmte Qualitäts- und
Quantitätskriterien erfüllen können.
F14. Das heißt es ist nicht statisch, das ist variabel, aber für
Gesamtkrisenmanagement ist es unverzichtbar auch im
polizeilichen Bereich das ganze Spektrum von
Verkehrslenkung bis Absperrung oder Strafverfolgung
einsetzen zu können. Das ist überhaupt nicht kompensierbar,
Einzelbereiche wären militärisch kompensierbar. Aber das
glaube ich sind nur wirklich sehr wenige. Das merken wir im
Ausland, genauso wie bei nationalen Lagen. Also jeder
Partner muss hier sein Fähigkeitsspektrum bedienen können.
F15. Und auch da werden wir im internationalen Bereich gerade
in Europa, auch nicht beliebig auf unsere Partner ausweichen
können. Und gerade im polizeilichen Bereich glaube ich
würde das mit erheblichen Problemen zu tun haben, während
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 57
(Zeile 257-262)
(Zeile 268-270)
(Zeile 271-273)
wir im nichtpolizeilichen Bereich eher mal bestimmte
Komponenten auch von Nachbarländern zuführen können.
F16. Also ein Grundspektrum muss jeder aufrecht erhalten. Und
das ist jetzt auch der politische Auftrag im föderalen Staat,
dass hier jeder seinen Beitrag leistet. Und der muss definiert
werden. Und vor den vielen Anforderungen, die wir gerade
jetzt haben ist es im nichtpolizeilichen Bereich eine der
nächsten Herausforderungen der nächsten zehn Jahre,
festzulegen, wie reagieren wir auf die verminderten
Ressourcen.
F17. Wir werden mehr Professionalisierung haben, dafür
weniger Kräfte. Wir werden spezialisierte Kräfte haben und
wir werden sie nicht mehr so disloziert sehen, wie heute.
F18. Aber eine, eine Komponente aus dem Gesamtsystem
aufzugeben ist undenkbar. Weil dann funktioniert das System
natürlich nicht mehr. Oder so zu reduzieren, dass es förmlich
aufgegeben ist, das bringt es dann auch nicht.
G RD Du Bois ---
H RD Du Bois
(Zeile 35-42)
(Zeile 149-154)
(Zeile 156-159)
H1. Das hat nichts damit zu tun, dass die, die Bundesländer nicht
für sich den Anspruch der allumfassenden Zuständigkeit
weiter reklamieren. Das ist ein kleiner Widerspruch. Denn
einerseits reklamieren sie für sich die umfassende
Zuständigkeit in den Bereichen des Brandschutzes, des
Rettungsdienstes, im gesundheitlichen Bevölkerungsschutz,
im Krisenmanagement und all diesen Dingen. Gleichzeitig
wollen sie aber, dass die fehlenden Fähigkeiten und
Kompetenzlücken, durch einen Dritten, nämlich durch den
Bund ausgeglichen werden.
H2. Nach wie vor damals aber auch heute noch, vehemente
Ablehnung jeglicher Veränderung der Kompetenzregelung.
Die Länder sind der Auffassung, sie können auch weiterhin
von der alltäglichen Gefahrenabwehr bis zur große
Schadenslage, auch wenn sie länderübergreifend ist, mit
eigenen Mitteln begegnen. Und im Ausnahmefall natürlich
auch mit Unterstützung des Bundes. Das ist die ganz klare
Auffassung der entsprechenden Fachgremien.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 58
(Zeile 165-169)
H3. dass der Bund bei länderübergreifenden Lagen eine
Koordinierung vornehmen kann. Das haben die Länder
ebenfalls abgelehnt. Und in dem Gesetz steht jetzt drin, dass
der Bund im Einvernehmen mit den Ländern, oder auf Antrag
mindestens eines Landes die Koordinierung übernehmen
kann.
H4. Wenn man die moderate Pandemielagelage die wir 2009
hatten. Ausgenommen von Einzelfragen wie: Wer bezahlt den
Impfstoff oder solche Dinge, gab es eine koordinierte Bund-
Länder Abstimmung noch ein überwiegendes, einmütige
Bereitschaft der Länder, sich einem in solchen
Abstimmungsprozess unter Bundesführung zu begeben.
2.13 Auswertung Präsident Eichele (2013)
- Kategorienschema (Suchraster)34 zur Auswertung der Experteninterviews -
Sicherheitsföderalismus im Ausnahmezustand - Einsatz der Bundespolizei zur Unterstützung der
Länder am Maßstab der Bundestreue
A:
Unterstützungs-
Umfang
B:
Fall von
besonderer
Bedeutung
C:
Anforderungs-
kultur
D:
Haushaltslage
E:
Bundestreue
F:
Handlungs-
bedarf
G:
Verfügbarkeit
H:
Polizeihoheit
der Länder
Kategorie Experte / (Zeile) Erkenntnisse
A P Eichele
(Zeile 13-22)
A1. ein Grund dürfte sicherlich auch die Entwicklung nach dem
11.09.2001 sein, wo eine verstärkte Zusammenarbeit aller
Sicherheitsbehörden gefordert wurde. Das hat sicherlich einen
maßgeblichen Einschnitt dargestellt. Ebenfalls als wichtiger
Grund ist die Kostenreduktion bei Personal anzuführen, wo
34 Vgl. Lamnek (2005), S. 207; Mayer (2008), S. 47 ff.: nach Mühlfeld.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 59
(Zeile 23-25)
(Zeile 33-36)
insbesondere vor diesem Hintergrund die Bundesländer ihre
Bereitschaftspolizei und auch Polizeipersonal einigermaßen
spürbar reduziert haben. Verstärkte Zusammenarbeit,
Kostenersparnis, das Vorhalten von geschlossenen Einheiten
kostet sehr viel Geld, hat dazu geführt, dass bei uns die Anzahl
der Anforderungen seitens der Bundesländer eher nach oben
ging, deutlich nach oben ging. Allerdings können wir
feststellen, dass in den letzten fünf Jahren der Betrag der
Einsatzstunden in etwa gleich blieb.
A2. Also zahlenmäßig geht es nach oben, das heißt also es werden
kleinere Kontingente unterhalb von Abteilungsstärke sehr
häufig angefordert. Spricht auch deutlich dafür, dass man
Lückenfüller ist.
A3. Also ich erwarte eher noch eine weitere Zunahme, weil gerade
auch dieser Trend der verstärkten Zusammenarbeit, ohne dass
man Kosten erstatten werden muss seitens der Bundesländer
anhält. Und insoweit erwarte ich eine weitere verstärkte
Einbindung auch mit kleineren Unterstützungskontingenten.
B P Eichele
(Zeile 55-61)
(Zeile 66-70)
(Zeile 155)
B1. Also da hat natürlich das anfordernde Bundesland eine
gewisse Definitionsmacht und die wird auch leidlich
ausgenutzt. Und grundsätzlich können wir eine
Lagebeurteilung nicht in Frage stellen. Und deshalb hat das
Land natürlich mit seiner Definitionshoheit schon eine
präjudizierende Wirkung. Und insoweit kommt man
grundsätzlich nicht aus diesen Definitionsaspekten heraus.
Man wird also unterstützen müssen. Jetzt geht es lediglich
noch darum, inwieweit man in diesen sehr häufigen
bedeutsamen Fällen unterstützt. Und da haben wir noch
Spielraum.
B2. Das ist relativ rasch nach meinen Feststellungen der Fall. Da
wird also sehr zügig dieser interne Notfall erklärt und der
genaue Zeitpunkt lässt sich natürlich nicht definieren. Das
wird schneller als vielleicht vor 15 oder 20 oder 25 Jahren
ausgesprochen oder konkludent mitgeteilt.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 60
B3. Das maße ich mir schon an, ja. (auf die Frage, ob die
Bundespolizei einschätzen könne, ob ein besonders
bedeutsamer Fall vorliegt)
C P Eichele
(Zeile 76-81)
(Zeile 81-90)
(Zeile 96-99)
(Zeile 122-124)
C1. Dazu zähle ich auch sogenannte politische Gründe. Deshalb
sind wir auch relativ häufig am Brennpunkt. Warum. Weil
wenn etwas aus dem Ruder läuft, ist die Bundespolitik auch
mit im Spiel. Aus diesem Grunde sind wir relativ häufig auch
an gewissen politisch sensitiven Brennpunkten mit eingesetzt.
Können Rechts-Links Demos, kann 1. Mai hier da und dort,
kann auch eine Blockupy Veranstaltung sein, oder auch eine
größere Veranstaltung wo man auch den Bund in
Verantwortung haben will.
C2. Sehr häufig ist gefragt, dass wir unsere besonderen
Fähigkeiten einbringen oder Technik. Wir haben fünf
Technische Einsatzhundertschaften, die natürlich sehr versiert
und auch sehr gut ausgestattet sind, wir haben fünf BFHun, die
ebenfalls nach einem einheitlichen Standard fortgebildet sind
und einen Einsatzwert, der in etwa vergleichbar ist, haben.
Und wir haben darüber hinaus noch bei uns Fähigkeiten
implementiert, die woanders nicht vorhanden sind. Als da sind
beispielsweise Einsätze bei lebensbedrohlichen Lagen. Oder
Einsätze, wo Polizeikräfte in größerer Anzahl in zivil
eingesetzt werden müssen wie beispielsweise bei der
Bekämpfung von KFZ-Inbrandsetzungen.
C3. Effizienzgründe natürlich auch. Bei uns bekommen sie relativ
viele Kräfte im Vergleich von gestückelten aus anderen
Bundesländern. Also bei uns hat man immer grundsätzlich die
Gewähr, 20 bis 25 Prozent des benötigten Kontingentes ohne
große Diskussionen zu bekommen. Also es ist wirtschaftlicher
bei uns anzufragen, als woanders.
C4. Diese Prägorative wird natürlich ausgenutzt. Und das wirkt
sich auch auf die Kultur in Bezug auf die Anforderung aus.
Und wir haben, um das mal für alle Länder anzuführen, keine
einheitliche Anforderungskultur. Das muss man deutlich
feststellen.
http://www.nomos-shop.de/24548
Seite 61
D P Eichele
(Zeile 104-107)
(Zeile 254-256)
(Zeile 265)
D1. Natürlich, das merken wir relativ häufig ja auch. Wenn die
schon belastet sind durch bestimmte Anlässe, dann greift man
natürlich lieber auf uns zurück, um eigene Personalressourcen
zu schonen. Oder wenn da schon vorher Personal reduziert
wurde, sind wir halt die „Lückenfüller, Lückenbüßer“.
D2. Aus meiner Sicht eine sehr große. Habe ich aus
Haushaltsgründen wenig Personal, fordere ich schneller an, und
umfangreicher. Und umgekehrt.
D3. Ja. Und auch ggfs. Kostenverzicht andiskutiert wird.
E P Eichele
---
F P Eichele
(Zeile 146-151)
(Zeile 199)
(Zeile 204-205)
(Zeile 279-283)
(Zeile 308)
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F1. Bedingt ja. Uns fehlen natürlich einige Informationen, die vor
Ort verfügbar sind. Aber ganz generell haben wir bei über 9.000
Einsätzen in den letzten 6 Jahren, ein wahnsinnig großes
Erfahrungspotential gewonnen. Wir können also relativ gut
einschätzen, wie viel Kräfte zur Bewältigung welches Einsatzes,
weil wir den zum Teil zum 6. / 7. Mal fahren, notwendig ist. Da
haben wir schon ein ganz gutes Gespür entwickelt. Und können
da mit Kompetenz aufwarten.
F2. Haben wir leider nicht. (Auf die Frage nach Mindeststärken bei
den EHu wie bei den BFHu)
F3. Natürlich wäre das zu begrüßen. Nur faktisch. Wenn wir jetzt
auf die BFHu schauen, muss ich auch feststellen, wir bekommen
relativ wenig Nachwuchs für die BFHu.
F4. Ich glaube dass der Bund sich nicht allzu sehr einmischt. Aber
ich sehe natürlich gleichwohl Handlungsbedarf. Ich glaube dass
man durch eine bessere Vernetzung, ich meine jetzt nicht
Sicherheitskooperation, ich meine ganz generell eine bessere
Vernetzung noch gewaltige Ressourcen sparen könnte. Ich
könnte mir beispielsweise vorstellen, was wir sowieso schon für
die Bundespolizei tun. Dass wir bundesweit Eingreifkräfte
vorhalten.
F5. Ja. Zusammenführung. (von Lageinformations- und Kräftelage)
F6. Das kann man zu einem Teil machen. Man kann aber auch
idealerweise auch alle erfassen. Es ist beispielsweise eine
Bereitschaftspolizeihundertschaft des Landes xy in der Nähe
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eines Bahnhofes, wo wir gerade ein Problem haben oder weil
dort gerade ein Zugunfall passiert ist. Dann können die erst mal
einspringen, bis weitere Kräfte zur Verfügung stehen. Oder auch
das ganze übernehmen. Man kann das ja auch auf Stundenbasis
übernehmen. Man könnte da jedenfalls in vielerlei Hinsicht,
Ressourcen sparen.
F7. Es wäre kurz ausgedrückt, schon viel geholfen, wenn eine
einheitliche Fachaufsicht über alle MKÜ ausgeübt werden
würde, damit zum einen die Konzeptionen eingehalten würden.
Und zum Anderen, das auch eine einheitliche Ausübung und
Wahrnehmung der Obliegenheiten gegeben wäre. Also man
sieht optisch sofort, ob MKÜ im Einsatz sind oder nicht.
Erkennbar auch daran, dass viele sich leider nicht an die
Kleiderordnung halten.
F8. Da würde ich mir wünschen, dass auf unsere Erfahrungen und
Kompetenzen mehr zurückgegriffen würde. Weil das wird
vielfach so empfunden, dass die Bereitschaftspolizei
Übergewicht bekäme. Aber wenn ich einen Malermeister
beauftrage mein Haus zu renovieren, dann sage ich ihm auch
nicht, welchen Pinsel er benutzen soll oder welchen Gesellen er
einsetzt. Sondern ich sage ihm, erstellen Sie mir einen
Kostenvoranschlag mit folgenden Bestandteilen. Und dann
nicke ich den ab, vielleicht noch mit zwei/drei Modifikationen.
Und dann gebe ich ihm den Auftrag. Und nicht seinen Gesellen
direkt und halte ihn außen vor als kompetenten Malermeister.
Schlichtes Beispiel. Macht es aber deutlich.
F9. Wir können uns mehr einbringen mit Führungskompetenzen.
Dazu zähle ich Führungs- Hundertschaftsführungsgruppen. Ich
zähle natürlich auch die Abteilungsführungsführungsstäbe
dazu. Und es könnte auch noch weiter gehen.
F10. Ich stelle sehr häufig fest, dass wir aufgrund unserer
Einsatzerfahrung viele Instrumente entwickeln, viele
Werkzeuge, die Dienstgruppenleiter, Inspektionsleiter oder
auch Direktionsleiter überhaupt nicht kennen. Deshalb haben
wir gute Instrumente, die nicht benutzt werden.
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F11. Ich halte das für Großeinsätze doch für machbar. (Auf die
Frage, ob auch Landeseinsätze durch die Bundespolizei geführt
werden könnten.)
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G1. Auch das ist bedeutsam. Wenn wir Kräfte in größerer Anzahl
zur Verfügung haben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir eher
unterstützen können natürlich größer, wobei wir innerhalb der
Bundespolizei derzeit die Maßgabe haben, unsere vorrangigen
originärer Aufgaben im Blick zu behalten.
G2. Also unsere Verfügbarkeit ist seit dem 1.3.2008 leicht
gesunken. Das liegt daran, dass unser ODP SOLL reduziert
wurde. Also wir haben eine internationale Einsatzeinheit
verloren. Wir hoffen, dass wir nicht noch weiter herangezogen
werden. Aber unsere tatsächliche Verfügbarkeit hat gelitten.
Auch dadurch dass wir nach wie vor mit 950 also knapp 1.000
Mitarbeiter die entweder im Aufstieg, die beurlaubt,
teilzeitbeschäftigt oder wie auch immer nicht verfügbar sind.
Natürlich bei 5.300 nach SOLL vorgesehenen
Polizeivollzugsbeamten schlagen diese Zahlen erheblich zu
Buche schlagen.
G3. Also wenn es ganz gut läuft und wir höchste Verfügbarkeit
angeordnet haben, dann dürften wir mit 12 bis 15
Hundertschaften rechnen. Aber dann müssen wir kräftig
zusammenstückeln und auskehren.
G4. Derzeit sind die BFHu unwesentlich stärker als die
Einsatzhundertschaften. Wir haben zwar sicherlich diese
Maßgabe 95 Prozent zu gewährleisten. Können wir aber
faktisch nicht. Es gibt Aufstiegslehrgänge, die beschickt werden
müssen. Und es gibt GSG 9, Fliegergruppe, dann
Personenschutz Ausland, Flugsicherheitsbegleiter. Alle fordern
ihren Tribut. Und mit Masse kommen ja auch viele aus den
BFHu. Das sind nun mal halt gute Leute mit
Entwicklungspotential. Und deshalb kann man sicherlich
Mindeststandards, Mindeststärken fordern. Aber ich muss sie
auch gewährleisten können.
G5. Richtig. Die Einsatzhundertschaften sind am Ende der
Nahrungskette. Die Einsatzhundertschaften sind die Quellen für
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die BFHu, die GSG9, die Fliegergruppe, die
Flugsicherheitsbegleitung und auch Personenschutz Ausland.
Insoweit sind die EHu das Fundament, auf das alles aufbaut.
Aber das Fundament muss auch tragfähig sein. Und da habe ich
so langsam auch meine Zweifel.
G6. Ich glaube, dass der Einsatzwert von Aufrufhundertschaften
oder Alarmeinheiten oder der Bereitschaftskräfte Einzeldienst
sehr gering ist. Die haben sicherlich einen Einsatzwert in Bezug
auf Absperren und Melden, aber ansonsten weiß ich ja, welchen
Aufwand wir betreiben, damit man nachhaltige Polizeiarbeit
gewährleisten kann. Und es ist ein riesen Unterschied, ob ich
eingespielte, für den geschlossenen Einsatz vorbereitete Kräfte
habe. Das mache ich ja im Prinzip hauptberuflich. Und ich weiß
wie aufwendig das ist. Um wirklich polizeilich nutzbringende
Arbeit dort verrichten zu lassen. Weil, es muss beispielsweise
Videodokumentiert werden. Es müssen beispielsweise auch
Fahndungshilfsmittel bereitgestellt werden. Das kann eine
Aufrufeinheit so nicht leisten. Dann ist da ein Sanitätsdienst mit
dabei. Feuerlöschtrupps für den Fall der ungünstigen Fälle und
und viele Spezialisten. Dann auch IT-Technik. Ich muss die
polizeilichen IT-verfahren beherrschen. All das bezweifle ich,
dass es in der Gesamtheit innerhalb einer geschlossenen Einheit,
mittels Alarmeinheiten überhaupt machbar ist. Und da ich ja
auch schon mehrfach in vielen Einsätzen solche erlebt habe,
sage ich, beruhigt das Gewissen, wenn ich Stiefelspitzen zähle,
aber der Einsatzwert ist zu vernachlässigen.
G7. Leider nicht die besten. Hmm. Es wäre schon viel geholfen
wenn die bestehenden Konzeptionen eingehalten würden. Aber
wir stellen fest, dass etwas überspitzt formuliert, die MKÜ
aufgrund ihrer Nähe zu den einsatzführenden Direktionen,
Rosinenpickerei betreiben.
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