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Spaniens neue PerspektivenDas ehemalige Krisenland Spanien feiert ein überraschendes Comeback. Deutsche Mittelständler profi tieren von den erfolgreichen Wirtschafts reformen und der Aufbruchsstimmung im Land. Doch politische Risiken bremsen die Euphorie noch
Altes Material, neue Form: die Holz-konstruktion „Metropol Parasol“ des deutschen Architekten Jürgen Mayer in der Altstadt von Sevilla
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Märkte_Länderreport Spanien !"
Friedhelm Runge ist bester Laune. Gerade
erst ist der Geschäftsführer der Unterneh-
mensgruppe EMKA Beschlagteile von einem
Besuch seines Gummiwerks im spanischen Arnedo
zurückgekehrt in die Firmenzentrale im nordrhein-
westfälischen Velbert. „Sehr, sehr positiv“ ist sein
Eindruck: „In den Industriegebieten herrscht eine
regelrechte Aufbruchsstimmung.“ Der Optimismus
seiner spanischen Mitarbeiter und Geschäftspart-
ner hat den deutschen Mittelständler angesteckt.
Die bestehende !" """ Quadratmeter große Produk-
tionsfl äche in Arnedo will er schon bald verdoppeln.
So viel Freude hatte Runge lange nicht an sei-
nem Spanien-Investment. Vor fünf Jahren hatte
der Unternehmer das Gummiwerk Hals über Kopf
von seinem angeschlagenen Zulieferer Saar Gummi
übernommen. Kurz darauf brach die Finanzkrise
über Europa herein. Runge musste, wie viele deut-
sche Mittelständler in dieser Zeit, Umsatz ein-
brüche von mehr als #" Prozent hinnehmen. Die
neugeschaffenen Produktionskapazitäten wurden
erst einmal zur Belastung. Und Spanien, bis eben
noch ein vielversprechender Wachstumsmarkt für
den Beschlagteile-Hersteller aus Velbert, galt plötz-
lich als Pleitekandidat.
Der viertgrößte Wirtschaftsraum Europas wur-
de auf einmal in einem Atemzug mit maroden
Volkswirtschaften wie Griechenland, Portugal und
Irland genannt. „Dieser Vergleich war allerdings
so nie berechtigt“, sagt Barbara Böttcher, Leiterin
des Bereichs Wirtschafts- und Europapolitik bei
Deutsche Bank Research. Natürlich, auch Spanien
habe wirtschaftspolitische Fehler gemacht. Es ließ
eine Immobilienblase und einen enormen Anstieg
der privaten und öffentlichen Verschuldung zu, er-
läutert Böttcher. „Doch Spanien ist trotz alledem
nach wie vor ein funktionierender Staat mit einer
starken, breit aufgestellten Volkswirtschaft. Des-
halb konnte das Land die Krise für einen Neuan-
fang und längst fällige Strukturreformen nutzen.“
Wie schnell es für die Wirtschaft wieder auf-
wärts ging, überraschte dann aber doch viele
Beobachter. Schon im zweiten Halbjahr $"!#
ThesenProbleme: Als „PIIGS-Staat“ wurde Spanien mit
Portugal, Irland, Italien und Griechenland in
einen Topf geworfen und zum Krisenland erklärt.
Doch dieses Etikett hat das Land nie verdient.
Lösungen: Dank Reformen und besserer Kon-
junktur fi ndet das Land gerade aus der
Rezession heraus – mit einem Tempo, das
viele Beobachter überrascht hat.
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Märkte_Länderreport Spanien!" Deutsche Bank_r e s u l t s
Weforma: Enger KundenkontaktProdukte des rheinischen Mittelständlers Weforma kommen überall
dort zum Einsatz, wo Bewegungsenergien gedämpft werden müssen.
Mit !!" Mitarbeitern fertigt das Stolberger Unternehmen Dämpfungs-
und Schwingungskomponenten. Zwei Drittel der Produktion gehen in den
Export. Spanische Großkunden werden direkt vom Standort Deutschland
aus betreut. „Unsere Ingenieure fl iegen regelmäßig nach Spanien“, sagt
Geschäftsführer Thomas Schmidt. „Unsere wichtigsten Kunden sitzen im Dreieck Bilbao–
Madrid–Barcelona, da lässt sich das Geschäft gut auch von Deutschland aus abwickeln.“
zeigten sich zaghafte Zeichen einer Erholung:
Mit einem Miniwachstum von !," Prozent endete
im dritten Quartal #!"$ die längste Rezession seit
dem Ende der Franco-Diktatur. Die Direktinvesti-
tionen aus dem Ausland zogen an, die Arbeitslo-
senzahl sank erstmals wieder unter die symbolisch
wichtige Marke von fünf Millionen, Exporte und
Produktivität legten zu. Spanien schaffte den Aus-
stieg aus dem europäischen Rettungsprogramm.
Für #!"% sagt das Research-Team der Deutschen
Bank ein Wachstum von #,% Prozent voraus. „Das
ist das stärkste Wachstum der vier großen Euro-
länder“, sagt Böttcher.
Davon profi tieren nicht zuletzt deutsche Un-
ternehmer. So sind etwa die Exporte nach Spa-
nien #!"& um mehr als elf Prozent gestiegen. Die-
ser Trend könnte sich fortsetzen: Viele spanische
Unternehmen holen aufgeschobene Investitionen
nach, berichtet Miriam Neubert, Repräsentantin
der deutschen Gesellschaft für Außenwirtschaft
und Standortförderung Germany Trade and Invest
(GTAI) in Madrid. „Dass vor allem Ausrüstungsgüter
und langlebige Konsumgüter gefragt sind, begüns-
tigt deutsche Anbieter.“ Exporteure aus Auto mobil-
industrie und Maschinenbau profi tieren bereits
vom spanischen Aufschwung. „Erstmals leben #!"%
aber auch die Bauinvestitionen auf“, berichtet Neu-
bert. Das könnte Nachfrage nach baubezogenen
Produkten nach sich ziehen.
Auch Thomas Schmidt verspricht sich gute
Geschäfte durch den spanischen Aufschwung. Der
Geschäftsführer des Dämpfungstechnik-Herstellers
Weforma mit Sitz im rheinländischen Stolberg belie-
fert rund zwei Dutzend Großkunden und eine Vielzahl
kleinerer Betriebe in Spanien mit Komponenten für
Maschinen, für die Wehrtechnik und den Schiffbau.
Einen nachhaltigen Einbruch der Geschäfte hat die
spanische Krise für Weforma nicht mit sich gebracht.
„Die großen, exportorientierten spanischen Unter-
nehmen, unsere Großkunden also, waren von der
Krise kaum betroffen“, berichtet Schmidt. „Teilweise
konnten wir mit diesen Unternehmen sogar schon
während der Krisenjahre den Umsatz steigern.“
Auch kleinere spanische Firmen, die vorwiegend
für den eigenen Markt produzieren, seien nun lang-
sam wieder positiver gestimmt. „Während der Krisen-
jahre hatten diese Unternehmen große Schwierig-
keiten, baten uns oft um verlängerte Zahlungsziele“,
sagt Schmidt. „Wir haben uns dann sehr genau ange-
schaut, wie sie aufgestellt sind, und Kunde für Kun-
de entschieden, wie wir unser Geschäft sichern kön-
nen.“ Mit Erfolg: Seit dem Jahr #!"$ konnte Schmidt
seinen Umsatz in Spanien sechsstellig steigern. Jetzt
sei spürbar, dass die spanischen Geschäftspartner
auch wieder längerfristige Investi tionen angehen,
berichtet er: „Wir haben gerade einen großen Rah-
menauftrag über zwölf Monate abgeschlossen. Mit
einem Kunden, der in den Jahren zuvor noch sehr
vorsichtig und kurzfristig agiert hat.“
Viele mittelgroße und große spanische Unterneh-
men arbeiten #!"% wieder auf Vorkrisenniveau, sagt
Antonio Gallardo, bei der Deutschen Bank zuständig
für das Geschäft deutscher Unternehmen in Spanien.
Das sei nicht zuletzt auf die erfolgreiche Konsolidie-
rung des Bankensektors und die verbesserte Zah-
lungsmoral des öffentlichen Sektors zurückzuführen.
Denn während die deutschen Unternehmen vor Ort
ihre Niederlassungen auch während der Krise fi nan-
zieren konnten, mithilfe ihrer hiesigen Hausbanken
und durch Cash-Pool-Lösungen der deutschen Müt-
ter, hatten spanische Firmen oftmals Probleme auf
der Finanzierungsseite. „Wir haben während der
Krisenjahre die Unternehmen mit Niederlassungen
hier in Spanien intensiv beraten“, sagt Gallardo. Auch
Auch kleinere Firmen sind wieder positiv gestimmt
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Märkte_Länderreport Spanien !"Deutsche Bank_r e s u l t s
EMKA: Zukauf in ArnedoDie Unternehmensgruppe EMKA ist Weltmarktführer für Verschlüsse,
Scharniere und Dichtungen, die in Elektrotechnik, Klimatechnik und der Trans-
portbranche zum Einsatz kommen. Das Unternehmen ist mit !"## Mitar-
beitern in "$ Ländern vertreten. Spanien ist für EMKA aus zwei Gründen ein
wichtiger Standort: als Heimat einer Vertriebsniederlassung und weil
EMKA ein Gummiwerk im spanischen Arnedo aus der Insolvenz eines deutschen
Zulieferers übernommen hat. „Wir produzieren in Arnedo %# Millionen Meter Gummidich-
tungen, &# Prozent davon für den Weltmarkt“, berichtet Geschäftsführer Friedhelm Runge.
sind sogar gestiegen.“ Korruptionsskandale tragen
zur Politikverdrossenheit bei. Wenn die linke Protest-
partei deutlich mächtiger wird, fürchten Beobachter,
werde der Abbau der nach wie vor hohen Staatsver-
schuldung nicht mehr vorangetrieben. Aller dings
sei ein Vergleich von Podemos mit der griechischen
Linkspartei Syriza nicht angemessen, sagt Gallardo:
„Podemos ist bei Weitem nicht so radikal.“
Auch Unternehmer Runge ist gespannt auf die
Wahlergebnisse. „Ein Erfolg von Podemos könnte
einen zumindest kurzen Einbruch der Wirtschafts-
lage mit sich bringen“, sagt er. Doch selbst wenn
es so käme, werde sich die Lage schnell wieder sta-
bilisieren, „im Grunde ist Spanien ein stabiles und
konservatives Land“. Ähnlich sieht es Weforma-Chef
Thomas Schmidt. „Unsere Geschäftspartner vor Ort
sind relativ gelassen, was die Wahlen angeht. Selbst
bei einem Linksruck setzt sich erfahrungsgemäß
über kurz oder lang die Realpolitik durch.“
Die verbliebenen wirtschaftspolitischen Un-
sicherheiten wirken einstweilen als Konjunktur-
bremse. Spanien erlebt keinen Boom, sondern eine
langsame Erholung in kleinen Schritten. Das hat
auch positive Seiten: Übertreibungen, wie sie in der
Vergangenheit beim Immobilienboom zu beobach-
ten waren, sind kaum zu erwarten.
DAVID SELBACH, SARAH SOMMER
WEITERE INFORMATIONEN
Kontakt: Antonio Gallardo, Deutsche Bank Madrid
E-Mail [email protected]
Werden die bevorstehenden Wahlen der Protestpartei Podemos Auftrieb geben? Unter-nehmer sehen die Frage gelassen
in mancher deutschen Unternehmenszentrale habe
es Sorgen gegeben, dass Spanien zu einem zweiten
Griechenland werden könnte. „Meist konnten wir die
Muttergesellschaften aber davon überzeugen, dass
sich die Situation in Spanien bald bessern werde.“
Arbeitsmarktreformen wirkenDerweil mussten viele spanische Mittelständler
Konkurs anmelden, weil einheimische Banken kei-
ne Kredite mehr vergaben und öffentliche Auftrag-
geber ihre Schulden nicht zahlten. Diese Probleme
seien nun weitgehend behoben, berichtet Gallardo.
Zudem haben Arbeitsmarktreformen die Pro-
duktivität der Wirtschaft erhöht und die Lohn-
stückkosten reduziert – ein großer Vorteil für Un-
ternehmer wie EMKA-Chef Runge, die in Spanien
Produktionsstätten betreiben. „In Spanien wird
inzwischen gearbeitet wie in Deutschland“, fasst
Runge den Effekt der Reformen zusammen. Die
spanischen Fachkräfte hätten schon immer gute
Arbeit geleistet. Jetzt aber erlebe er eine noch fo-
kussiertere, effi zientere Arbeitshaltung. „Es gibt
keine dreistündigen Mittagspausen mehr mit ein
oder zwei Gläsern Wein. Die Arbeitswoche hat jetzt
!" Stunden, die Mitarbeiter sind sehr motiviert“,
sagt Runge. Gleichzeitig liege das Lohnniveau bei
#" Prozent der deutschen Löhne. Für Runge bes-
te Voraussetzungen für weiteres Wachstum: „Wir
sind froh, dass wir in den Krisenjahren an unserer
Investitionsentscheidung festgehalten haben. Wir
haben keinen einzigen Mitarbeiter entlassen, so
konnten wir im Aufschwung direkt durchstarten.“
Doch eines sorgt bei Volkswirten und Unter-
nehmern derzeit noch für Stirnrunzeln: Im Herbst
stehen in Spanien Wahlen an. Die neu gegründete
linkspopulistische Partei Podemos kann sich Be-
obachtern zufolge Chancen auf einen Sieg aus-
rechnen. Das liegt nach Ansicht von Deutsche Bank
Experte Gallardo zum einen an der nach wie vor ho-
hen Arbeitslosigkeit, die nur langsam sinkt und wohl
auch in den kommenden Jahren nicht unter $" Pro-
zent fallen dürfte. „Außerdem sind die Abgaben auf
Gehälter nicht, wie versprochen, gesenkt worden. Sie
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