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232 K. I). FRIEDBEI~G und F. SAKe: c) PAM ist v511ig unwirksam gegeniiber der tSdlichen Eserinvergiftung. d) Die stark gesteigerte Antidotwirkung von PAM durch die Kombination mit Atropin, die y o n ~]~EWITZ, WILSON und NAC~A~SOHN gezeigt wurde, spricht dagegen, dab eine atropinartige Wirkung yon PAM fiir den Mechanismus der Antidotwirkung am gesamten Tier eine wesentliche Rolle spielt. Das Hervor- zuhebende an der Verbindung ist meines Erachtens der vSllig andere Wirkungs- mechanismus, der in eigenen Arbeiten 1 durch Messung der Cholinesteraseaktivitgt direkt am vergifteten und mit PAM behandelten Tier demonstriert werden konnte. 3. Aus eincr VerSffentlichung yon LOOMIS kann geschlossen werden, dab kristallisiertes ])AM erhebliche Beinlengungen enthalten kann, denn die LD50 des von WILSOn und GINS~U~G hergestellten PAM betrug an der Maus 135 mg/kg i.p., die der yon Loo.~m verwendeten Pr~tparation tiber 200 mg/kg. Ware cs vielleicht m5glich, dab die hier vorgetragenen atropinartigen Wirkungen durch Beimengun- gen verursacht wurden? 4. Wegen einiger Besonderheiten der fiir die Aufrechterhaltung der Funktion notwendigen Cholinesteraseaktiviti~t und dcr groBen Bedeutung des Zeitfaktors, wegen der irreversiblen chemischen Reaktion zwischen Cholinesterase und Alkyl- phosphat und wegen der mSglichen, bei den einzelnen Giften verschieden schnell ablaufenden direkten Rcaktion zwischen Alkylphosphat und l~eaktivator, halte ich die verwendete protrahierte Vergiftung in diesem Fall zur Erlangung quantitativer Aussagen iiber die Wirkungsstgrke yon Reaktivatoren fiir unzwcckm~l~ig. Schluflwort W. D. ERD~A~N: 1. Der Ausdruck ,,Wilson-KSrper" stammt yon FUNKE und Mitarb. und gilt fiir NHMJ, nicht fiir PAM. 2. Es ist kcin Wunder, wenn ein kompetitiver Stoff fiir Acetylcholin wie PAM (vgl. curareartige Wirkung, Esterasehemmung u. a.) auch atropinartige Wirkungen besitzt. Interessant ist lediglich, dab dieser atropinartigen Wirkung in dem Zeit- raum bis zur Fermentrcaktivierung eine lebensrettende- symptomatische -- Bedeutung zukommt. Auch bei der Eserin-Vergi]tung tritt der atropinartige PAM-Effckt deutlich hervor (Beseitigung yon Bradykardie und A.V.-Block). 3. Das von uns verwendete PAM ist uns yon Herrn Prof. WmT~ und Herrn Dr. Scm~AD]~R freundlieherweise iiberlassen worden. Naeh den LDso-Werten handelt es sich um ein reineres Produkt, als es yon Loor~m benutzt wurde. 4. Eine direkte Umsetzung zwischen Alkylphosphat und PAM ist in unseren Versuchen natiirlich genau so mSglich wie bei anderen akuten Versuchen (z. B. bei pr~ventiven PAM-Gaben). K. D. Friedberg und F. Sakai (GSttingen): Spezifischer Nachweis von Alkylphosphaten (E 600, E 605, Systox) in Blut und Gewebe bei Ver- giftungen mit Hilfe eines fermentreaktivierenden Antidots (Pyridin- Aldoxim-Methjodid, PAM) Der eindeutige Nachweis der Alkylphosphate bei Vergiftungsf~llen ist in der Praxis immcr noch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden; nur die Kombination verschiedener chemiseher und biologiseher Tests gibt dem Untersucher eine gewisse Sicherheit ffir die Diagnose. 1 KEWlTZ, It. : Arch. of Biochem. a. Biophysics 66,263 (1957). --~EWITZ, H., and D. NACHM~SOHN: Arch. Biochem. a. Biophysics 66, 271 (1957).

Spezifischer Nachweis von Alkylphosphaten (E 600, E 605, Systox) in Blut und Gewebe bei Vergiftungen mit Hilfe eines fermentreaktivierenden Antidots (Pyridin-Aldoxim-Methjodid, PAM)

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232 K. I). FRIEDBEI~G u n d F. S A K e :

c) PAM ist v511ig unwirksam gegeniiber der tSdlichen Eserinvergiftung. d) Die stark gesteigerte Antidotwirkung von PAM durch die Kombination mit

Atropin, die y o n ~]~EWITZ, WILSON und NAC~A~SOHN gezeigt wurde, spricht dagegen, dab eine atropinartige Wirkung yon PAM fiir den Mechanismus der Antidotwirkung am gesamten Tier eine wesentliche Rolle spielt. Das Hervor- zuhebende an der Verbindung ist meines Erachtens der vSllig andere Wirkungs- mechanismus, der in eigenen Arbeiten 1 durch Messung der Cholinesteraseaktivitgt direkt am vergifteten und mit PAM behandelten Tier demonstriert werden konnte.

3. Aus eincr VerSffentlichung yon LOOMIS kann geschlossen werden, dab kristallisiertes ])AM erhebliche Beinlengungen enthalten kann, denn die LD50 des von WILSOn und GINS~U~G hergestellten PAM betrug an der Maus 135 mg/kg i.p., die der yon Loo.~m verwendeten Pr~tparation tiber 200 mg/kg. Ware cs vielleicht m5glich, dab die hier vorgetragenen atropinartigen Wirkungen durch Beimengun- gen verursacht wurden?

4. Wegen einiger Besonderheiten der fiir die Aufrechterhaltung der Funktion notwendigen Cholinesteraseaktiviti~t und dcr groBen Bedeutung des Zeitfaktors, wegen der irreversiblen chemischen Reaktion zwischen Cholinesterase und Alkyl- phosphat und wegen der mSglichen, bei den einzelnen Giften verschieden schnell ablaufenden direkten Rcaktion zwischen Alkylphosphat und l~eaktivator, halte ich die verwendete protrahierte Vergiftung in diesem Fall zur Erlangung quantitativer Aussagen iiber die Wirkungsstgrke yon Reaktivatoren fiir unzwcckm~l~ig.

Schluflwort W. D. ERD~A~N: 1. Der Ausdruck ,,Wilson-KSrper" stammt yon FUNKE und Mitarb. und gilt fiir NHMJ, nicht fiir PAM.

2. Es ist kcin Wunder, wenn ein kompetitiver Stoff fiir Acetylcholin wie PAM (vgl. curareartige Wirkung, Esterasehemmung u. a.) auch atropinartige Wirkungen besitzt. Interessant ist lediglich, dab dieser atropinartigen Wirkung in dem Zeit- raum bis zur Fermentrcaktivierung eine l e b e n s r e t t e n d e - symptomatische - - Bedeutung zukommt.

Auch bei der Eserin-Vergi]tung t r i t t der atropinartige PAM-Effckt deutlich hervor (Beseitigung yon Bradykardie und A.V.-Block).

3. Das von uns verwendete PAM ist uns yon Herrn Prof. WmT~ und Herrn Dr. Scm~AD]~R freundlieherweise iiberlassen worden. Naeh den LDso-Werten handelt es sich um ein reineres Produkt, als es yon Loor~m benutzt wurde.

4. Eine direkte Umsetzung zwischen Alkylphosphat und PAM ist in unseren Versuchen natiirlich genau so mSglich wie bei anderen akuten Versuchen (z. B. bei pr~ventiven PAM-Gaben).

K. D. F r i edbe rg u n d F. Sakai (GSttingen): Spezifischer Nachweis von Alkylphosphaten (E 600, E 605, Systox) in Blut und Gewebe bei Ver- giftungen mit Hilfe eines fermentreaktivierenden Antidots (Pyridin- Aldoxim-Methjodid, PAM)

D e r e indeu t i ge N a c h w e i s de r A l k y l p h o s p h a t e bei Verg i f tungs f~ l l en i s t in de r P r a x i s i m m c r n o c h m i t e rheb l i chen Schwie r i gke i t en v e r b u n d e n ; n u r die K o m b i n a t i o n v e r s c h i e d e n e r c h e m i s e h e r u n d b io logiseher Tes t s g ib t d e m U n t e r s u c h e r eine gewisse S i che rhe i t ffir die Diagnose .

1 KEWlTZ, It . : Arch. of Biochem. a. Biophysics 66,263 (1957). --~EWITZ, H., and D. NACHM~SOHN: Arch. Biochem. a. Biophysics 66, 271 (1957).

Nachweis yon Alkylphosphaten (E 600, E 605, Systox) in Blut und Gewebe 233

Die gebr / iuehhchen A l k y l p h o s p h a t e s ind alle s t a rke Ant ichol in- es te rasen; m a n z ieht diese E igenschaf t gelegent l ich zur E r k e n n u n g einer f ragl ichen Verg i f tung heran, muI3 aber d a m i t reehnen, da~ aus anderen Ursachen H e m m u n g e n der Chol inesterase-Aktivi t i~t au f t r e t en kSnnen. Man k a n n aul3erdem keine N o r m fiber die HShe der Cholinesterase- A k t i v i t ~ t in versch iedenen Geweben aufstel len, wenn es sich u m Mater ia l hande l t , das verwesenden Leichen e n t n o m m e n wird.

I n einigen Versuehsre ihen konn t en wir uns andererse i t s d a v o n i iberzeugen, dait Chol ines terasen in P l a sma u n d E r y t h r o c y t e n in v i t ro und im Hi rn yon T i e r k a d a v e r n lange den Tod des Organismus fiberleben. Es wurde d a r u m der Versuch gemacht , den A lky lphospha tna e hw e i s e indeut iger und e infacher durehzuff ihren m i t Hilfe eines yon WILSON u. N A C H ~ S O H N entwicke l ten spezifisehen f e rmen t r eak t iv i e r enden Ant i - dots , dem P y r i d i n - A l d o x i m - M e t h j o d i d (PAM). Bei Messnng der Cholin- e s t e ra se -Akt iv i t~ t nach der Ammonsehen Methode in Serum, E r y t h r o - ey ten u n d t t i r n wurde gefunden, dab das durch E 600, E 605 u n d Sys tox sowohl in v i t ro als aueh in v ivo verg i f te te F e r m e n t noch Tage und Woehen nach der Vergi f tung durch PAI~I in erhebl ichem Ausmal3 r e a k t i v i e r t werden kann . Eine dera r t ige R e a k t i v i e r u n g kann somit als e indeut iger Nachweis einer Verg i f tung m i t A l k y l p h o s p h a t e n be nu t z t werden.

Mit D F P verg i f te tes F e r m e n t wurde nur in ger ingerem U m f a n g reak t iv ie r t . Die an unverg i f t e t en Chol ines terasen gemessene Eigen- h e m m u n g des P A M war bei dieser lYIethode auch in de r hohen Kon- zen t r a t ion (10-3), die a n g e w a n d t wurde, sehr klein. Versuche an B lu t u n d Hi rngewebe yon Leiehen Verg i f te te r h a b e n uns die B r a u e h b a r k e i t dieses Nachweisver fahrens in der P rax i s best / i t igt .

Dislcussion. H. KEWITZ (Berlin-Dahlem): Die MSglichkeit der Enzymreakti- vierung nimmt mit zunehmender Vergiftungsdauer erheblich ab (eigene Versuche, HOBBIGER). Dieses Verhalten wird als Folge einer intramolekularen Transphospho- rylierung gedeutet, die temperaturabh~ngig ist. Folglieh ist die Zeit n~ch dem Tode des Tieres und Aufbewahrung des Kadavers im Kiihlschrank fiir das AusmaB der Reaktivierung yon geringerem Einflul3 als die ~berlebenszeit des Tieres naeh Applikation des Alkylphosphates. Wir haben festgestellt, dal~ bei Tieren, die 3 Tage nach der Injektion yon Mintacol getStet wurden, keine Reaktivierung der Aeetyl- cholinesterase des Gehirns mehr mSglieh ist. Naeh DFP nimmt die Reaktivier- barkeit noch viel sehneller ab. Bei der OMPA-Vergiftung ist gar keine Wirkung von PAM in vitro festzustellen. Die dargestellten Untersuehungen sind also nur fiir den Naehweis der Vergiftungen dm'ch einige Alkylphosphate verwertbar und auch d~nn nut bei positivem Ausfall.

Schluflwort K. D. FP~EDBERG : Das Problem der Transphosphorylierung wurde bei unserer Untersuchung beachtet und im Vortrag diskutiert. Die vorgesehlagene MSgllehkeit eines spezifisehen Alkylphospha~naehweises in der Leiche bezieht sieh in erstor Linie auf beabsich~igte Vergfftungsf~lle, die praktisch aUe akut t6dlich verlaufen. Wir haben auch bei protrahierten Vergiftungen mit E 605 an Meer- schweinchen mi~ der immer angewandten hohen PAM-Konzentration (10 -3) und der 1 stiindigen Einwirkungszeit dieses Stoffes aufdie Cholinesterase Reaktivierungen

234 D. MAIBAUER: [Tber die Leberverfettung nach Athionin

dieser Fermente erhalten. Weiterhin m6chte ich erg~nzen, dab eine PAlV[-Behand- lung yon Alkylphosphatvergiftungen, die dann doch tSdlich verlaufen, den Alkyl- phosphornachweis nicht ausschlioBt. Wir haben in entsprechenden Versuchert an Katzen an der Hirncholinesterase deutliche I~oaktivierungen gesehen. Es ist auch bekarmt, dal] das PAM in vivo diese Cholinesterasen nur schlecht erreicht.

D. MAIBAUER (Berlin): t~ber die Leberverfettung naeh Athionin

Das 1)roblem des Stofl\vechse]antagonismus ist in letzter Zeit in den Vordergrund des Interesses geriiekt. Im Athionin, welches sich nur durch die Athyl-Substitution am Schwefelatom vom Methionin unterseheidet, liegt nach dem bisher Bekannten ein Antagonist des Methionins vor. Sowohl die akute als auch die chronische Athioninvergiftung ist durch eine lReihe morphologischer Ver~nderungen charakterisiert, unter denen eine hochgradige Leberverfettung und eine Degeneration der exkreto- risehen Pankreasepithelien besonders imponieren. Es sind andererseits bisher nur wenige Fermente bzw. Fermentsysteme bekannt, deren Funktion bei der Athioninvergiftung Schaden ]eider. Beispiele sind die Cholin- bzw. Sarkosinoxydase. Alle dureh Athionin hervorgerufenen Ver£nderungen sind durch Methionin zu verhindern bzw. rfiekg~ngig zu machen.

Im Anschlult an morphologisehe Untersuehungen von DoERI~ u. Mitarb. haben wir uns mit der Leberverfettung bei der J~thionin- vergiftung der Ratte beseh~ftigt. Bekanntlieh wird das Zustande- kommen einer Leberverfettung zum Tefl auf einen Energiemangel der Leberzelle zuriickgefiihrt. Wir haben daher geprfift, ob sich eine Sch~- digung der energieliefernden Mechanismen der I,eberzelle naehweisen 1£13t und haben a]s erstes die oxydative Phosphorylierung des Sucein- oxydase-Systems untersucht. Zu diesem Zwecke wurden Lebermitochon- drien normaler und itthioninvergifteter Tiere nach der Methode yon SCHNEIDEt¢ isoliert und die Atmung und Phosphataufnahme bestimmt. Es ergab sich kein I-linweis auf eine Seh~Ldigung dieses Systems. Damit ist jedoch nieht ausgeschlossen, dal~ nieht an anderer Stelle der energie- liefernden Stoffwechselreaktionen ein Eingriff erfolgen kann. Versuche an anderen Substraten (Fumarat) zeigen, dab hier eine Entkoppelung der oxydativen Phosphorylierung mSglich ist.

Es ist bei der J~thioninvergiftung sehr auff~llig, dab bei der Ratte ein deutlicher Geschleehtsuntersehied bezfiglich der Toxiciti~t und des Ausmal3es der Leberverfettung besteht: die weibliehen Tiere sind wesent- lich empfindlicher und weisen bei der akuten Vergiftung eine st/irkere Leberverfettung auf. Die Abhitngigkeit yon endokrinen Faktoren liel3 nach anderen Fermentsystemen suchen, die ebenfalls eine bei beiden Gesehlechtern verschiedene Aktivitiit besitzen. Dies ist bei dem yon B~oI)I]~ u. Mitarb. beschriebenen Fermentsystem der Fall, welches in den