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Spuren im Staub

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Page 1: Spuren im Staub

210 | Phys. Unserer Zeit | 4/2009 (40) www.phiuz.de © 2009 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

M AG A Z I N |

worden war, gab es eine stern- odereine ringförmige Struktur (Abbildung1). Dies sahen einige Forscher alsBeleg dafür an, dass es zwei elektri-sche Fluida gäbe und nicht nur eines– insofern sollte dieser Versuch eineEntscheidung in einer der anhalten-den Kontroversen der Elektrizitätsfor-schung des 18. Jahrhunderts liefern.

Lichtenberg schloss sich dieserInterpretation aber nicht an, sondernschlug vor, die mathematischenSymbole + und – einzuführen, aberoffen zu lassen, ob damit verschiede-ne Fluida gemeint seien oder Über-fluss beziehungsweise Mangel einesFluidums. Unklar blieb aber, wie dieFiguren überhaupt entstanden.

Die heutige Erklärung geht vonder Annahme von wenig beweg-lichen positiven Ionen aus. Bei einerpositiven Figur werden die negativenLadungen gut zur Anode geführt,dadurch entstehen Ladungskanäle,die weit ausgebreitet sind und durchden Staub sichtbar gemacht werden.Bei der negativen Figur werdendagegen die Elektronen schlechtgeführt, da sie sich in alle Richtungenausbreiten. Damit wird die entspre-chende Figur deutlich kleiner.

Der Reiz, den die Staubfiguren zuLichtenbergs Zeiten ausübten, führtdazu, dass entsprechende Objekteauch heute noch in etwas modifizier-ter Form, beispielsweise als Kunst-stoffkörper mit dreidimensionalenEntladungsfiguren, hergestellt wer-den. Daneben gibt es aber auch einetechnische Anwendung des zugrundeliegenden Effekts: Bei Kopierern undLaserdruckern wird der Toner aufEntladungsstellen gestreut undanschließend fixiert.

Literatur und InternetG. C. Lichtenberg, Über eine neue Methode, dieNatur und die Bewegung der elektrischenMaterie zu erforschen, Akademische Verlags-gesellschaft, Leipzig 1956; Nachdruck alsOstwald's Klassiker 246.www.lichtenberg-gesellschaft.net/leben/l_wirk_phys.html205.243.100.155/frames/lichtenbergs.htmlwww.rzuser.uni-heidelberg.de/∼gj7/lichtenberg.pdf

Peter Heering, Uni Oldenburg

PH YS I K G E S T E R N U N D H EU T E |Spuren im StaubGeorg Christoph Lichtenberg ist den meisten Menschen heute wegenseiner Aphorismen bekannt. Zu seinen Lebzeiten war er dagegen inseiner Rolle als Professor für Experimentalphysik an der UniversitätGöttingen berühmt. Dieser Ruhm gründete sich ganz wesentlich aufseine sehr populären Experimentalvorlesungen. Aber ihm gelang zu-mindest eine Entdeckung, die seinen Namen auch heute noch in Physik-lehrbüchern vorkommen lässt: die Lichtenbergschen Staubfiguren.

In den 1770er Jahren machte deritalienische Naturforscher AlessandroVolta ein Gerät in der Elektrizitätsfor-schung populär, das als Elektrophorbezeichnet wurde. Vereinfacht gesagthandelt es sich um einen als Nichtlei-ter dienenden Harzkuchen, der sichauf einer geerdeten metallischenOberfläche befindet. Das Harz wirdzunächst durch Reibung elektrisiert.Setzt man nun einen mit Schnürenisolierten Metallteller auf den Ku-chen und erdet ihn kurzzeitig, sokann nach dem Abheben ein Funkenaus dem Teller gezogen werden.Dieser Effekt lässt sich sehr oftwiederholen, da sich der Teller nurdurch Influenz auflädt: Der Harzku-chen wird also nicht entladen.

Voltas Gerät kann als sehr früheInfluenz-Elektrisiermaschine aufge-fasst werden und wurde im letztenViertel des 18. Jahrhunderts schnellpopulär. Einerseits war es wenigerstöranfällig und zudem preiswerter alsdie verbreiteten Reibungselektrisier-maschinen, andererseits ließen sichdamit sehr große Funken produzieren.

Einer der Forscher, der sichintensiv mit diesem Gerät beschäftig-te, war Georg Friedrich Lichtenberg.Er war insbesondere für seine spekta-kulären Experimentalvorlesungenbekannt, zu denen auch viele Studie-rende anderer Fakultäten kamen. Fürseine Demonstrationen fertigteLichtenberg eine Reihe von Elektro-phoren mit Durchmessern von bis zuzwei Metern an.

Für ein möglichst gutes experi-mentelles Ergebnis musste die Ober-fläche des Harzkuchens sehr glattsein und wurde deshalb abgeschlif-fen. Ein ungewolltes Nebenergebnisdieses Prozesses war das Einstaubendes gesamten Raumes. Im Staub aufdem Elektrophor bemerkte Lichten-berg Bereiche, die besondere Musteraufwiesen

Lichtenberg konnte schnellzeigen, dass sich diese Staubfigurenan Stellen bildeten, wo eine Entla-dung in den Harzkuchen stattfand.Dabei traten zwei verschiedeneFormen auf. Je nachdem, ob positiveoder negative Elektrizität entladen

Abb. 1 Nachgebildete Lichtenberg-Figuren, links bei positiver, rechts bei negativerElektrizität (Foto: Museum Natur und Mensch Oldenburg).