St. Ludwig Ibbenbüren: 2. Die Kirche mit dem Roten Punkt

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H e f t 2 : D i e K i r c h e

m i t d e m R

o t e n P u n k

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St. LudwigIbbenbüren



Der Kirchbau1950 bis 1952 wurde die St.-Ludwig-Kirche nach

Plänen des Duisburger Architekten Walter Kre-mer errichtet. Der flach gedeckte Wandpfeiler-saal mit seitlichen Rundbogennischen bietet inseinen Sitzbänken 550 Personen Platz. Außenbetonen der warm-gelbe Ibbenbürener Sand-stein und der Fassadenturm im Südosten das

Bild der Ludwigkirche. Das Gebäude ist mit demChor nach Nordwesten ausgerichtet, 48,2 Me-ter lang und 18,3 Meter breit. Die Kirch-turmhöhe beträgt 28,4 Meter.Am 15. Oktober 1950 legte Dechant AlbertFreude aus Bevergern den Grundstein, am 31.

Juli 1952 konnte Weihbischof Heinrich Baakendas neue Gotteshaus feierlich weihen. Pfarrpa-tron ist der heilige Ludwig IX., König vonFrankreich (1214-1270).

Pfarrgemeinde St. Ludwig1952 wurde das südliche Stadtgebiet mit Lehenund Schierloh von der Stadtpfarre St. Mauritiusabgepfarrt. Im selben Jahr erfolgte die Pfarr-Er-hebung zur selbstständigen Gemeinde. 1963wurde das zur Pfarre gehörende Teilgebiet derBauerschaft Dörenthe als Pfarrrektorat ver-selbstständigt. Ein Jahr später gelangten der

größte Teil von Langewiese und die Bauer-schaft Schierloh zum neuen Pfarrrektorat St. Jo-hannes Bosco.Seit 1997 gab es Überlegungen, eine Seel-sorgeeinheit mit anderen Pfarrgemeinden zugründen. 1999 wurde zwischen St. Ludwig und

St. Johannes Bosco die Zusammenarbeit inForm eines gemeinsamen Seelsorge- undLeitungsteams vereinbart. Im August 2001wurde die Errichtung der Seelsorgeeinheit vonBischof Reinhard Lettmann beurkundet.

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Die Pfarrer von St. LudwigVom 29. September 1953 bis zum 28. Juli 1967stand Pfarrer Antonius Wessels der Gemeindeals Pfarrer vor. Vom 25. September 1967 bis zum

3. Juni 1990 war Bernhard Honsel Pfarrer in St.Ludwig. Seit dem 7. September 1991 ist PfarrerMartin Weber in der Ludwig-Gemeinde tätig,ab dem 1. September 1999 ist er zugleich Pfar-rer von St. Johannes Bosco.

Die Ludwig-Kirche von außen.

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Innenansicht während der Kirchweihe 1952.

Renovierung und Neugestaltung 1971Ab dem 24. Januar 1971 erfolgte eine grundle-gende Renovierung der St.-Ludwig-Kirche, mitder eine Neugestaltung des Innenraumes ein-herging. Nach Entwürfen des münsterischenArchitekten Dieter G. Baumewerd wurde der

Chorraum umgestaltet und den neuen liturgi-schen Erfordernissen nach dem Zweiten Vati-kanischen Konzil (1962-1965) angepasst. DieReformanliegen der katholischen Kirche zieltenauf zeitgemäße Erneuerung, die Einheit derChristen und den Dialog mit der heutigen Welt.

In den Inneneinrichtungen der Kirchen werdendiese Änderungen äußerlich vor allem in der Al-tarraumgestaltung dokumentiert: Der Altarsteht im Zentrum der Gottesdienste.

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Die Ludwig-Gemeinde ging einen Schritt wei-ter: Das große Kreuz mit Korpus wurde von der

Chorraumwand entfernt. Stattdessen schlugArchitekt Baumewerd vor, dem bekanntenKünstler und damaligen Professor für Malereider Düsseldorfer Kunstakademie, RupprechtGeiger, die Gestaltung zu übertragen. Die neueEinrichtung der Kirche sollte sich diesem be-

herrschenden Thema unterordnen.Am 8. Mai 1971 wurde die neu gestaltete Lud-wig-Kirche wieder eingeweiht.

1971: Blick zum Chor mit dem Roten Punkt.

Der Rote PunktDie Chorwand-Gestaltung mit dem etwa 6 mal6 Meter großen „Gerundeten Rot“ von Rupp-recht Geiger bestimmt seit 1971 das Erschei-

nungsbild der St.-Ludwig-Kirche. Es steht nichtnur als Symbol für Auferstehung, Licht der Weltund pulsierende Energie, sondern ist auch zumLeitmotiv für die Ludwig-Gemeinde geworden– eine Identitätsmarke.

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1996: Prof. Rupprecht Geiger mit Pfarrer Bernhard Honsel (re) und Pfarrer Martin Weber (li).

Es spiegelt sehr intensiv die Aufbruchstimmungim Gemeindeleben nach dem Zweiten Vatikani-

schen Konzil wider und auch den Dialog zwi-schen Tradition und Zukunftsvisionen.

Dieser Dialog war anfangs sehr heftig; dieGemeinde schwankte zwischen Traditionsbe-wustsein und Mut zum Wagnis der Erneuerung.

Die überregionale, sogar internationale Begeis-terung von Geigers „Gerundetem Rot“ gab derLudwig-Gemeinde Recht in ihrer Entscheidung:Die physische Wirkung des Roten Punktes, dieräumliche Dimension, die sich diese Malerei

verschafft, sind voller Spannung und Kraft, diefür die bedeutende schöpferische Energie desKünstlers stehen und für eine spirituelle Di-mension dieses nicht gegenständlichen, nichtmateriellen Kunstwerkes.

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Der Rote Punkt von Rupprecht Geiger entwi-ckelt sich aus der vorgegebenen Architekturform

des Bogens, widersetzt sich ihm aber letztlichund schafft so eine formale Spannung, die sichauf die ganze Kirche überträgt. Er bezieht denRaum mit ein, wirkt aber andererseits in diesenRaum hinein und überwindet scheinbar diezweidimensionalen Grenzen.

Der neue Rote Punkt nach der Renovierung 1996.

Der neue Rote Punkt

Die Ludwig-Gemeinde stand lange im Zentrumder öffentlichen Aufmerksamkeit: Der RotePunkt machte die Gemeinde und ihre Kircheberühmt. Bald wuchs die Identifizierung derGemeindemitglieder mit ihrem „Markenzei-chen“. Der damalige Pfarrer Bernhard Honsel

interpretierte ihn in Anlehnung an den bren-nenden Dornbusch in der Wüste als „Symbolder Gegenwart Gottes in der Gemeinde“.Als Mitte der 90er Jahre der Rote Punkt seineLeuchtkraft verloren hatte und zu verblassen

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begann, wurde Rupprecht Geiger gebeten, seinKunstwerk zu renovieren. Der inzwischen 88-

jährige Künstler sagte selbst: „Farbe kann nichtrichtig gesehen werden. Wenn wir sie an-schauen, ist sie oft nur ein Symbol für eine Stim-mung, ein Vermittler für Illusion. Um Farbewirklich zu sehen, muss man die Augenschließen und an sie denken.“ So restaurierte

er 1996 nicht einfach sein Kunstwerk, sondernschuf einen neuen Roten Punkt. In einem flam-menden, pulsierenden Pink erstrahlt das „Ge-rundete Rot“ an der Chorwand der St.-Ludwig-Kirche seit 1996 – und war wiederum Anlass zuheftigen Auseinandersetzungen in der Ge-

meinde.Heute – sieben Jahre später – hat sich auchdiese Aufregung gelegt. Vielleicht hat die in-tensivierte Strahlkraft des neuen Roten Punktesdazu beigetragen, die so stark und mächtig ist,dass sie die Herzen der Kirchenbesucher direkterreicht.

Gemeinde unterwegsDer ständige Dialog, die lebendige Auseinan-dersetzung, die um den Roten Punkt und dieChorraumgestaltung kreiste, war wichtig für

die Identitätsfindung und Weiterentwicklungder Ludwig-Gemeinde. Die Weiterentwicklung, ja Steigerung von Rot zu provozierend grellemPink beinhaltet auch das Wagnis von alter Formund neuem Inhalt – Wandelbarkeit als Pro-gramm. Die „Gemeinde mit dem Roten Punkt“

versteht sich ganz bewusst als „Gemeinde un-terwegs“ und Ort der gemeinsamen Suche –nach mehr Menschlichkeit, Gerechtigkeit undFrieden in der Welt. Diese Aufbruchstimmungkommt in der Ludwig-Gemeinde auch seit der

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Fernsehübertragung des Pfingstgottesdienstes1973 zum Ausdruck. Die Pfingstgottesdienste in

St. Ludwig sind seitdem von großer Bedeutungfür die ganze Gemeinde.

Blick vom Chorraum ins Kirchenschiff.

Der neue ChorraumNeu und ungewöhnlich ist auch die neue Chor-raum-Gestaltung nach den Vorschlägen von Ar-chitekt Dieter G. Baumewerd: Nach den Plänendes Designers Winfried Hegger, der damals ge-rade den Jugendkunstpreis für Design in West-falen errungen hatte, wurde der Altarraumweiß gefliest, Altarplatte, Priestersitz, Ambo

und Leuchter wurden aus Acrylglas und Edel-stahl gefertigt. So ordnet sich der Altarraumoptisch dem alles beherrschenden Roten Punktunter. Acrylglas, Edelstahl, weiße Fliesen sollenaber auch deutlich machen, dass das VolkGottes unterwegs ist und in der Kirche keine

bleibende, wohnliche Stätte hat.Die neue Gestaltung bot neue liturgischeMöglichkeiten: Chor und Orchester kamen vonder Orgelempore nach unten in den Altarraum,kleine Gruppen können hier Gottesdienste

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feiern. Altar und Ambo als „Tisch des Brotes“und „Tisch des Wortes“ nebeneinander bieten

ebenso neue Möglichkeiten der Gottesdienst-gestaltung. Evangelienspiel, Bereicherung derGottesdienste durch die Ausdrucksmeditationund Pantomime der Tanzgruppe und vieles an-dere ist seitdem in St. Ludwig möglich. Musikund Tanz schaffen in der umgestalteten St.-

Ludwig-Kirche eine Atmosphäre der Offenheit,die Gemeinschaft neu erleben lässt.

Tanz-Meditation im Chorraum.

Unterhalb des Altares sind die Reliquien zweier

Heiliger unter Acrylglasplatten zu sehen: dieder heiligen Märtyrer Felix und Clarus. Außer-dem sind hier auch die Urkunden der beiden Al-tarweihen (1952 und 1971) eingemauert.Ungewöhnlich ist das zwei Meter hohe Kreuzaus Acrylglas: Transparent nimmt es den Roten

Punkt in sich auf, spielt mit der Farbe und demLicht der jeweiligen Beleuchtung des Chor-raumes. Pfarrer Bernhard Honsel griff in einerOsterpredigt Gedanken von Kindern zu diesemKreuz auf:

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Das Acryl-Kreuz vor dem Roten Punkt.

Gedanken zum Kreuz

„Da ist Rot, viel Rot, und davor ist ein Kreuz ausGlas. Das Rot ist wie Licht: Licht, das ist Freude,Wärme, Glück und Heil. Und das alles wird vondiesem Kreuz empfangen, es scheint durch dasKreuz hindurch.

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Wir sind gewohnt, das Kreuz anders zu sehen:aus Holz, mit dem leidenden und sterbenden Je-

sus. Wenn das Kreuz vor dem Rot so wäre, könn-te es nicht aufleuchten. Dann stünde da einKreuz vor einem roten Punkt. Beides hätte nichtsmiteinander zu tun, denn das Kreuz würde keinLicht auffangen.Das Glaskreuz hat das Licht, die Wärme schon

empfangen, in sich aufgenommen. Es leuchtet.Es ist nicht tot. Es ist lebendig. Es strahlt mit. DasKreuz bedeutet: Jesus ist tot. Rot – das ist Licht,Wärme, Leben. Und das Rot im Kreuz bedeutet:Das Leben ist stärker als der Tod; Jesus ist aufer-standen. Das ist unser Glaube und der Grund un-

serer Hoffnung. An sie kann das Kreuz in unse-rer Kirche erinnern.“

Die FensterDie Fenster der St.-Ludwig-Kirche wurden ent-worfen vom Kölner Künstler Bodo Schrammund entstanden 1971 (Kreuzweg- und Chor-fenster) beziehungsweise 1985. Auch sie ord-nen sich dem alles überstrahlenden RotenPunkt unter, sind in ihrer Gestaltung jedoch sobedeutsam, dass ihnen ein Extra-Kirchenführerdurch St. Ludwig gewidmet ist.

Der KreuzwegWie die Fenster ist der Kreuzweg, eine sich spi-ralförmig entwickelnde Abfolge von rundenGlasbildern, eine Schöpfung von BodoSchramm. Im Vorderteil des linken Seiten-schiffes beherrscht der Kreuzweg die Wand.

Bodo Schramm erweiterte die 14 Kreuzwegsta-tionen um Verkündigung und Auferstehungauf 16. Dabei bildet der gestalterische Stil derKreuzweg-Stationen eine Brücke zwischen Tra-dition und Moderne.

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Im realistischen Stil Dürerscher Zeichnungengestaltete Schramm die meisten Szenen. Die

Bilder, die das Leiden Jesu zeigen, sind dagegenin bewusst skizzenhaftem Stil gehalten: DasLeid ist unvorstellbar grausam und deshalbnicht darstellbar.

Kreuzweg-Detail: Das Schweißtuch der Veronika.

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Kreuzweg-Detail: Die weinenden Frauen.



Kreuzweg-Detail: Jesus stirbt am Kreuz.

Kreuzweg-Detail: Grablegung

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Die Madonna aus dem 16. Jahrhundert.

Die MadonnaAm Choraufgang steht eine Madonna aus der

ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die Holz-statue zeigt französische Anklänge, Stilmerk-male weisen in die Übergangszeit von Spät-gotik zu Renaissance.

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Beeindruckend ist die tiefe Innigkeit, die ausder Madonnenfigur zu uns spricht. Maria hält

das Kind zärtlich und voller Zuneigung; in ihrerHaltung schließt sie die Betenden mit ein.

Gedenkkapelle für die VerstorbenenNeben dem Turmeingang befindet sich eine

Gedenkkapelle für die Verstorbenen der Lud-wig-Gemeinde. Hier ist ein Holzkreuz auf-gestellt, das durch eine dick aufgetragene,wohl originale Kreidefassung mit aufgemaltenstilisierten Blumen auffällt. Rudolf Breuingdatiert das Kreuz in das Ende des 13. Jahrhun-derts und hält es für ein Werk der spätesten Ro-manik Oberitaliens.Der Korpus dagegen scheint jünger zu sein.Wesentlich grober in der Bearbeitung, wirkt erwie eine spätere Zugabe, vielleicht aus dem 16.Jahrhundert.Das Pult neben dem Kreuz trägt ein Totenge-denkbuch: Die Gefallenen der beiden Welt-kriege sowie die Verstorbenen der Ludwig-Gemeinde seit 1946 sind in diesem Buch ver-zeichnet. Hier kann man ihnen ein stilles Gebetwidmen.Das Fenster in der Totengedenk-Kapelle wurdevon Winfried Hegger entworfen, demselbenDesigner, der 1971 den Chorraum umgestaltethatte. Vor allem morgens, wenn die Sonne hierhindurchscheint, strahlt es seine intensive Wir-kung aus.

Die OrgelZu Ostern 1957 war die Orgel mit drei Ma-nualen und 36 klingenden Registern (über 3.000Pfeifen) der Orgelbaufirma Rohlfink fertig.

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Die GlockenIm Bochumer Verein wurden 1955 die

Stahlglocken für St. Ludwig gegossen: Heilig-abend 1955 läuteten sie zum ersten Mal. Ge-stimmt sind sie folgendermaßen: h (180 cm), d`(151 cm), e`(135 cm), g`(112 cm).

Das alte Kreuz in der Gedenkkapelle.

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Das Chorfenster

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Impressum:Herausgeberin: Kath. Kirchengemeinde

St. Ludwig, IbbenbürenRedaktion: Dr. Annette Kleinert

Fotos und Repros: Winfried BöderUmschlag: Heinz BookDruck: Gräuler Druck

In dieser Reihe sind außerdem erschienen:Heft 1: Strom vom Himmel · Heft 3: Die Fenster

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