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STAHL U l EISEN M ZEITSCHRIFT ' FÜR DAS DEUTSCHE EISENHÜTTENWESEN. Nr. 14. 7. April 1927. 47. Jahrgang. Die Unfallverhütung beim Eisen- und Stahlwerk Hoesch. Von ®r.=$ng. H. B itter in Dortmund. (Einführung der Unfallverhütung. Amerikanische Unfallverhütung. Berufsgenossenschaften und Neuorgani- sation der Unfallverhütung in deutschen Betrieben. Vorbereitung. Gliederung der praktischen Kleinarbeit. Psychische Einwirkung. Unfallbilder, Aufschriften, Statistiken, Vorträge, Aufsätze. Physische Unfallverhütung. Mechanische Schutzvorrichtungen, Gasschutz, Kleidung, Ordnung. Instandhaltung und Verbesserung. Bureau- arbeit. Erste Hilfe. Vorteile der Unfallverhütung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Zusammenarbeit. Ausblick.) 1 ^ ein Geringerer als Bismarck, der große soziale Gesetzgeber, hat in Deutschland den Gedan- ken, Unfallverhütung zu treiben, wachgerufen. Bei Erlaß des Versicherungsgesetzes im Jahre 1883, welches die Errichtung von Unterstützungskassen für kranke und bei Unfällen beschädigte Arbeiter vorschrieb, wollte Bismarck bei Durchführung der Bestimmungen nicht nur den durch Unfall erlittenen auf den eigenen Vorteilen des Menschen aufbauen. Der Grundsatz, der den Menschen selbst zur Verant- wortung erzieht, ist jedenfalls auch nach deutschen Begriffen sehr gesund. Natürlich ist dies in Amerika leichter zu erreichen, weil dort jeder mehr auf sich selbst angewiesen ist und daher von vornherein ein größeres Verantwortungsgefühl besitzt, was wiederum eine stark persönlich ausgeprägte Teilnahme an der Abbildung 1. Werbung für die Unfallverhütung durch Aufschriften. Schaden ersetzt haben, sondern der Hauptgedanke war, den Schaden einzuschränken und zu verhindern. In Amerika hat der Kampf gegen den Unfall bedeutend später eingesetzt, aber dann in ganz andererWeise, wie er zuvor in Deutschland ausge- fochten wurde. Dort erstreckt sich der Kampf nicht nur auf Unfälle in den Fabriken, sondern er umfaßt das ganze Leben. Man kann daher von der augen- blicklichen Unfallverhütung in Amerika als von einer Art Volksbewegung oder einer Art von Sicherheits- kreuzzügen sprechen. Man muß unbedingt aner- kennen, daß der jetzige Unfallschutz auf hoher Stufe steht, daß dort mit großer Tatkraft neue Formen der Unfallbekämpfung eingeführt worden sind, die sich XIV.4, Unfallverhütung bewirkt. Ijie gemeldeten großen Erfolge durch Werbung (bis zu 75 %) sind daher zum großen Teil auf diese Eigenart des Amerikaners, zum anderen Teil auf die vorher recht mangelhaften Schutzvorrichtungen zurückzuführen. Jedenfalls hat die große nationale amerikanische Sicherheitsbewe- gung in Deutschland den Unfallverhütungsgedanken neu belebt. Die Berufsgenossenschaften bemühen sich be- reits seit längerer Zeit um eine planmäßige Unfall- verhütungsarbeit, sie wirkten so gewissermaßen bahnbrechend. Natürlich mußte es den Berufs- genossenschaften als Außenstehenden versagt bleiben, im Einzelfalle praktische Unfallverhütung in den 72

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STAHL U l EISENM ZEITSCHRIFT '

FÜR DAS DEUTSCHE EISENHÜTTENWESEN.Nr. 14. 7. April 1927. 47. Jahrgang.

Die Unfallverhütung beim Eisen- und Stahlwerk Hoesch.Von ®r.=$ng. H. B it te r in Dortmund.

(E inführung der Unfallverhütung. Amerikanische Unfallverhütung. Berufsgenossenschaften und Neuorgani­sation der Unfallverhütung in deutschen Betrieben. Vorbereitung. Gliederung der praktischen Kleinarbeit. Psychische Einwirkung. Unfallbilder, Aufschriften, Statistiken, Vorträge, Aufsätze. Physische Unfallverhütung. Mechanische Schutzvorrichtungen, Gasschutz, Kleidung, Ordnung. Instandhaltung und Verbesserung. Bureau­arbeit. Erste Hilfe. Vorteile der Unfallverhütung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Zusammenarbeit. Ausblick.)

1 ^ ein Geringerer als Bismarck, der große soziale Gesetzgeber, hat in Deutschland den Gedan­

ken, Unfallverhütung zu treiben, wachgerufen. Bei Erlaß des Versicherungsgesetzes im Jahre 1883, welches die Errichtung von Unterstützungskassen für kranke und bei Unfällen beschädigte Arbeiter vorschrieb, wollte Bismarck bei Durchführung der Bestimmungen nicht nur den durch Unfall erlittenen

auf den eigenen Vorteilen des Menschen aufbauen. Der Grundsatz, der den Menschen selbst zur Verant­wortung erzieht, ist jedenfalls auch nach deutschen Begriffen sehr gesund. Natürlich ist dies in Amerika leichter zu erreichen, weil dort jeder mehr auf sich selbst angewiesen ist und daher von vornherein ein größeres Verantwortungsgefühl besitzt, was wiederum eine stark persönlich ausgeprägte Teilnahme an der

Abbildung 1. W erbung für die U nfallverhütung durch Aufschriften.

Schaden ersetzt haben, sondern der Hauptgedanke war, den Schaden einzuschränken und zu verhindern.

In Amerika hat der Kampf gegen den Unfall bedeutend später eingesetzt, aber dann in ganz andererWeise, wie er zuvor in Deutschland ausge- fochten wurde. Dort erstreckt sich der Kampf nicht nur auf Unfälle in den Fabriken, sondern er umfaßt das ganze Leben. Man kann daher von der augen­blicklichen Unfallverhütung in Amerika als von einer Art Volksbewegung oder einer Art von Sicherheits­kreuzzügen sprechen. Man muß unbedingt aner­kennen, daß der jetzige Unfallschutz auf hoher Stufe steht, daß dort mit großer Tatkraft neue Formen der Unfallbekämpfung eingeführt worden sind, die sich

X IV .4,

Unfallverhütung bewirkt. Ijie gemeldeten großen Erfolge durch Werbung (bis zu 75 %) sind daher zum großen Teil auf diese Eigenart des Amerikaners, zum anderen Teil auf die vorher recht mangelhaften Schutzvorrichtungen zurückzuführen. Jedenfalls hat die große nationale amerikanische Sicherheitsbewe­gung in Deutschland den Unfallverhütungsgedanken neu belebt.

Die Berufsgenossenschaften bemühen sich be­reits seit längerer Zeit um eine planmäßige Unfall­verhütungsarbeit, sie wirkten so gewissermaßen bahnbrechend. Natürlich mußte es den Berufs­genossenschaften als Außenstehenden versagt bleiben, im Einzelfalle praktische Unfallverhütung in den

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Werken zu treiben; daß trotzdem Erfolge zu ver­zeichnen waren, veranlaßte das Eisen- und Stahlwerk Hoesch, im Hinblick auf die Auswirkung der amerika­nischen Maßnahmen eine tatkräftige Inangriffnahme der Unfallverhütungsarbeit aufzunehmen.

Da die amerikanische „Safety first“-ßewegung unter anderen Vorbedingungen arbeitet, mußten die einleitenden Arbeiten sowie natürlich auch die spätere Durchführung der Aufgabe andere, von den amerikanischen abweichende Richtlinien aufweisen. Es galt also zunächst den Gedanken der Unfall-

Abbildung 2. Organisationsschema.

Verhütung erneut in den Vordergrund zu stellen und um die Mitarbeit aller Werksangehörigen zu werben, ohne die ein Erfolg einfach unmöglich ist.

Als erstes Mittel, diesen Zweck zu erreichen, wurden Vorträge vor größeren Versammlungen von Beamten und Arbeitern gehalten, die die Notwendig­keit der Unfallverhütung sowie ihre ideellen und wirtschaftlichen Vorteile für den Arbeiterstand, den Arbeitgeber und die Allgemeinheit erklärten. Nach­dem man annehmen konnte, daß der Gegenstand selbst nicht mehr ganz fremd war, wurden diese Vorträge in ähnlicher Form vor kleineren Arbeiter­gruppen in den Betrieben wiederholt. Parallel mit dem gesprochenen Wort ging eine Bilder- und Auf­schriftenwerbung (s. Abb. 1). Mit diesen Vorberei­tungen war bereits ein Teil der später dauernd an­gewandten psycho­logischen Einwir­kungsarbeit einge­leitet. Der Erfolg war sehr erfreulich, zumal da den Vor­trägen mit Auf­merksamkeitgefolgt wurde. So erschien der Boden für die Wirksamkeit der Unfallverhütung ge­eignet.

Es wurde nun­mehr an die Aus­arbeitung und Auf­stellung einer be­stimmten O rg an i­s a t io n s a r t gegan­gen. Abb. 2 ver­

deutlicht die getroffene Einteilung, wie sie auch heute noch besteht. Aus der Erkenntnis heraus, daß zu einer erfolgreichen Durchführung die Mitarbeit eines jeden Werksangehörigen, von der Direktion bis zu den Arbeitern, unbedingt not­wendig ist, wurde von vornherein — besonders im Hinblick auf die Arbeiterschaft — das Haupt­gewicht auf die p ra k tisc h e D u rch fü h ru n g in so g en an n te r K le in a rb e it , d. h. die der Veran­lagung und Aufnahmefähigkeit des Arbeiters mög­lichst entsprechende Behandlung gelegt. Die Aus­wahl der im Unfallschutz Tätigen mußte daher Anforderungen nach Vorbildung und Wesen voll berücksichtigen.

Von dem le ite n d e n U n fa llin g e n ie u r muß, abgesehen von theoretisch-technischen Kenntnissen, eine umfassende Werkspraxis verlangt werden; er muß die Psyche des Arbeiters aus Erfahrung kennen, um die richtigen erzieherischen Mittel zu dessen Be­einflussung anzuwenden. Es darf ihm an der nötigen Bestimmtheit und Geduld nicht fehlen, die einmal getroffenen Maßnahmen streng durchzuführen. Auf der anderen Seite verlangt der notwendige Eingriff in die Betriebstechnik eine taktvolle Persönlichkeit, die ihre Wünsche m it der betreffenden zuständigen Leitung, gleichsam als willkommener Berater der­selben, bespricht. Letzteres ist besonders wichtig, da die Aenderungen nur dann Wert haben, wenn die betreffende Betriebsführung ihren dauernden Gebrauch und ihre Durchführung mit Sorgfalt über­wacht. Es ist klar, daß die verständnisvolle und gegebenenfalls nachdrückliche Unterstützung der Direktion für alle Fälle dem leitenden Unfallingenieur unerläßlich bleibt. Um eine solche Zusammenarbeit zu sichern und auch um neue Vorschläge zu erhalten, betraute die Direktion sogenannte S icherhe its­in g en ieu re , Assistenten der einzelnen Betriebs­gruppen, nebenamtlich mit dieser Aufgabe. Sie bilden das Bindeglied zwischen Unfallverhütungsabteilung einerseits und den ihnen unterstellten Werkmeistern anderseits. Bei ihrer Wahl ist natürlich Wert darauf zu legen, daß Erkenntnis und Verständnis für die

Abbildung 3. V ortrag vor einer Arbeitergruppe.

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Notwendigkeit der neuen Bewegung bei ihnen vor­handen ist. Die Fühlung wird durch monatlich wiederkehrende Besprechungen gefestigt. Bei diesen Zusammenkünften werden die gegenseitig gemachten Erfahrungen ausgetauscht, die bestehenden Unfall­verhütungsverfahren auf ihre Eignung und Wirkung hin erneut geprüft und etwa einzuführende all­gemeine Aenderungen und Verbesserungen psychi­scher und physischer Art besprochen.

Zum Zwecke des täglichen Außen­dienstes wurden zwei Meister haupt­amtlich angestellt. An diese sind ähnliche ihrer Vorbildung ent­sprechende Anforderungen zu stellen, wie diese bereits oben für den Ingenieur gefordert wurden. Die Meister müssen natürlich möglichst in den Betrieben groß geworden sein.Es liegt ihnen ob, an Hand der ein­gehenden Unfallberichte die jeweili­gen Fälle zu untersuchen, und durch eigene Beobachtung der Betriebsvor­gänge sowie Besprechung mit den Arbeitern und Meistern Mißstände bezüglich Unfallgefahren zu finden, ferner auch auf die Mitarbeit der Arbeiter und deren Vorsicht durch tägliche Be­sprechungen einzuwirken. Aus den genannten Auf­gaben erhellt, daß neben Betriebserfahrung und Tatkraft auch die Gabe eines eindringlichen und ein­wandfreien Vortrages verlangt werden muß (s. Abb. 3).

Wichtig für alle im Unfallschutz tätigen Leute ist sachliches Denken und Handeln, um so das erforder­liche Vertrauen bei Arbeiterschaft, Beamten und Direktion zu haben. Die Wahrung vollkommener Unparteilichkeit ist besonders bei Untersuchung von

Unfällen auf ihre Ursache hin, wie sie stets bei kleinen und großen Unfällen von den Sicherheitsorganen vor­genommen wird, zu beobachten. Neben diesem natürlichen Gerechtigkeitssinn verlangen die Unfall­verhütungsarbeiten ein gutes Maß Idea lism u s. Das Bewußtsein, Menschenleben zu retten und so viel Kummer, Sorgen und Schmerzen zu sparen, geben dem ideell eingestellten Unfallingenieur immer wieder Mut, seine Aufgabe mit Geduld zu verfolgen.

Abbildung 4. Arbeitsgliederung.

Bei der Vorgangs aufgeführten Gliederung der Unfallverhütungsabteilung ist ihr Arbeitsfeld bereits verschiedentlich gestreift. Zum umfassenden Ver­ständnis muß es jedoch näher umrissen werden: Es gliedert sich entsprechend seinen Ursachen in zwei Hauptgruppen: in die psychische und physische Einwirkung, deren Unterteilung aus Abb. 4 er­sichtlich ist.

Hinsichtlich der Unfallbilder wurde beobachtet, daß, selbst einen häufigen Wechsel der Bilder vor­

ausgesetzt, diese nicht zu zahlreich vorhanden sein dürfen, denn gerade der Arbeiter wird sehr leicht überdrüssig, wenn er von Bildern — für Aufschriften gilt das gleiche — auf Schritt und Tritt verfolgt wird. Anderseits muß der ric h tig e Gedanke rekla­mehaft durch ständige Wiederholung gleichsam eingehämmert werden. Er­fahrungen und Empfin­dung müssen hier je nach Größe und Art der Betriebe entscheiden. Es wäre hinzu­zufügen, daß der Inhalt der Sprüche volkstümlich und verständlich sein muß und möglichst Hinweise auf den A rb e ite r einleuch­tende Vorteile der Unfall­verhütung enthalten soll. Das Lichtbild, wiesolcheim Winter an den Ausgängen

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zur Schichtzeit gezeigt werden, wirkt durch seine Größe suggestiv und ist unzweifelhaft sehr empfeh­lenswert (s. Abb. 5). Zahlen sind immer beachtlich. So verfehlen auch leichtfaßliche Statistiken, in an­schaulicher Weise verdeutlicht, nicht ihren Zweck; wir bringen sie im Lichtbild nach verschiedenen Gesichtspunkten der Ursachen, Arten und Wirkun­gen getrennt (s. Abb. 6 bis 10), während auf großen Holztafeln mit umsteckbaren Zahlenbrettchen (siehe

genauer Ausführung des Rettungsvorganges bekannt­gegeben.

Die Hauptsache der p h y sisch en Unfallverhü­tung bilden die Schutzvorrichtungen. Es fiele aus dem Rahmen dieses Aufsatzes heraus, auch nur die

J a n . Sehn Mörz /Ipril Mai Juni Ju/i äug. Sept. OH Mae. Sez. Abbildung 8. Unfallzahlen bezogen auf Arbeitsstunden,

Arbeitsleistung und Erzeugung.

hauptsächlichsten Schutzmaßnahmen zu nennen, welche die Unfallverhütungsvorschriften gesetzlich vorschreiben, geschweige denn die m echanischen S c h u tz v o rric h tu n g e n aufzuzählen, deren An­ordnung über den Zwangsbereich hinaus erforderlich

/frf der Onfä'i/e Mnzahi .7 \Gas-Vergiftungj f | Ge/rinn-frschütterungen2j | | Verstauchungen23 ~~ ~ | X/tnochenbrüche717 \tVunden ujnfk/rtionen \S7______________ | Verbrennungen86_ | Verschiedene Ver/etzungen\_____________________

2U2 | Q u etschungen |Abbildung 9. A rt der Unfälle.

Abbildung 6. Die, ¡Unfälle'Jder Jahre 1925 und 1926 bezogen auf 10 000 Arbeitsstunden.

Abb. 11) die absoluten Unfälle des jeweils ver­flossenen Monats verzeichnet werden.

Zu den bereits erwähnten Vorträgen durch die Werkmeister ist hinzuzufügen, daß die Zeit der Vor­träge möglichst auf Frühstücks- oder Mittagspausen gelegt wird, damit keine Betriebsstörungen entstehen und die Gruppe der Zuhörer möglichst geschlossen ist. Am Schlüsse des Vortrages wird den Arbeitern Ge­legenheit gegeben, Vorschläge und Wünsche zu Ver-

erschien. Die allgemeinen Regeln, wie Räder-, Riemen-, Kessel-, Feuerschutz usw., sind bekannt. Ein Gebiet, das ständiger Aufklärung bedarf, ist die tödliche Wirkung des elektrischen Starkstromes niedriger Spannung (Verwendung von Schwachstrom-

Die Unfälle ereigneten sic/r TveU:

besserungen im Sinne der Unfallverhütung auszu­sprechen. Letzteres stärkt das Vertrauen der Ar­beiter zu den Werksmaßnahmen und verschafft oft brauchbare Winke zur Beseitigung von Unfällen; zieht also einen doppelten, nämlich psychischen und physischen Nutzen. Als Parallele des gespro­chenen Wortes sind knapp gefaßte Aufsätze populärer Form mit Angaben obenerwähnter Statistiken in unserer Werkszeitung anzusehen. In der Werkszei­tung werden auch die für Rettung von Kameraden aus Lebensgefahr belohnten Arbeiter mit Bild und

■ Du selbst unvorsichtig warst.Une mechanische Ursache vor/ag.Du gegen Unfh//- Umschriften handeltest. Dein Mitarbeiter die Schuld hatte-

Unfallverhütung doesch A- ß. Dortmund 7S26

Abbildung 10. Schuldfrage.

lampen bei Kesselreparaturen usw.). Der G asschutz­d ien s t wird, stets mit den neuesten Apparaten versehen, mit peinlichster Sorgfalt überwacht. Mit der Instandhaltung der Apparate ist eigens ein fach­männisch ausgebildeter Gerätewart betraut. Die dazugehörige Gasschutztruppe1), schon vor Jahren

J) Vgl. D regerhefte (1926) Nr. 110; technische B erichte der H iltten- und W alzwerks-Berufsgenossen- sehaft.

Abbildung 7. Die Unfallhäufigkeit des Jahres 1926 bezogen auf die einzelnen Stunden der Tag- und N acht­schicht. (Um eine Vergleichskurve zu erhalten, m ußten die Unfälle der N achtschicht auf das Doppelte erhöht werden, da sich die Belegschaft der Tagschicht zur

N achtschicht verhielt wie 2 :1.)

7. April 1927. Die Unfallverhütung beim Eisen- und Stahlwerk Uoesch. Stahl und Eisen. 573

Wafcw u Auslagen Thomas werk

hier eingerichtet, ist wohl ausgebildet. Die Apparate sind in einem besonderen Raum untergebracht; die Alarmbereitschaft und das Zusammenarbeiten der Truppe wird durch Uebungen in regelmäßigen Zwischenräumen gewährleistet. In einem rd. 250 m langen Film, betitelt „Rettung eines von giftigen Hochofengasen betäubten Arbeiters“ haben wir die Rettungsvorgänge bei Gasvergiftung von Anfang bis zu Ende verdeutlicht. Dem A ugenschu tz an Schleifscheiben ist wegen seiner häufigen Unfall­gefahr besondere Aufmerksamkeit zugewandt. Da die Schutzbrille dem Arbeiter aus hygienischen und anderen Gründen unerwünscht ist, haben wir an den Schleifsteinen eine leicht bewegliche und all­seitig verstellbare Schutzscheibe (s. Abb. 12) ange­bracht. Die K le idung des A rb e ite rs ist von wesentlichem Einfluß auf die Unfallziffer. Wir ermahnen ständig, daß Anzug und Schuhe gut schließen, sie bilden um­laufenden Körpern ebenso wie dem Feuer weniger Angriffspunkte; offene, zu weite Schuhe bilden zu­mal ohne Lasche förm­lich einen Trichter für umherspringende Funken,Schlacke und dergleichen.Auf g la tte W ege, d. h.Ordnung in jedem Be­trieb, wird ständig Obacht gegeben. Umherliegende Gegenstände, namentlich innerhalb der Schienen­profile, können zu schwe­ren Unfällen Veranlassung geben. Sofern Schutzvor­richtungen auf Grund eines Unfalles angeordnet werden, wird Hauptwert auf ihre so fo rtig e An­bringung gelegt; es ist selbstverständlich, daß die Ausführung der Schutz­vorrichtungen technisch einwandfrei sein muß.Unvollkommene oder zu schwache Schutzvorrich­tungen bergen neue, oft größere Gefahrquellen. So kann ein schwaches Gitter die Gefahr des Herab- stürzens vergrößern, ein schadhafter Sauerstoffappa­rat den Tod bedeuten, ein zu dünnes Schutzblech von umlaufenden Scheiben durchschlagen werden. Abb. 13 veranschaulicht z. B. das S chu tzb lech vor dem A bstich loch der Hochöfen. Der Ketten­behang wurde angebracht, weil derselbe sich dichter an die Unebenheiten des Bodens und der Stopf­maschine anlegt und so den Arbeiter besser gegen Verbrennung der Füße und Beine schützt. Ein Unfall, bei dem zwar durch die vorherige Art des Bleches einem Schmelzer nach seiner eigenen Aussage das Leben gerettet wurde, jedoch die Verbrennung der Füße nicht verhindert werden konnte, gab die Veranlassung zu dieser Abänderung. In ähnlicher Weise werden fast täglich Verbesserungen und neue

1 5 Martirwerk. 3 a 4 Mech-Werkstätten

i 2 Bauabteiung

2 ff Stetnfsbr u Phosobaimuhte1 Maschtnen-AMg

1 Orahtverfemerunc1 Lisenbahn

i 1 Blechwalzwerk

1 - Oekfr-AMg- Hammerwerk

6 _ Reslbetnebe

Schutzvorrichtungen beantragt und angebracht; berechtigte Wünsche betreffs technischer Verbesse­rungen von seiten der Arbeiter werden gern entgegen­genommen und nach Möglichkeit berücksichtigt. So ist zu hoffen, daß die z. Zt. auf mechanische Unfälle entfallenden 25 % der Gesamtunfallziffer sich ganz erheblich vermindern werden. Betont sei nochmals, daß nur dann ein voller Erfolg gewähr­leistet wird, wenn sowohl die betreffenden Betriebe als auch die Unfallverhütungsbeamten selbst die dauernde Be­nutzung so­wie Instand­haltung der

Schutzvor­richtungen

peinlich über­wachen.

Abbildung 12. Schleifscheibe m it Schutzvorrichtung.

Abbildung 11. Anzeigetafel fü r die Zahl der Unfälle des verflossenen Monats.

Abbildung 13. Schutzvorrichtung am Abstichloch eines Hochofens.

Wesentlich bei der starken Verzweigtheit des Arbeitsgebietes ist eine gut organisierte Büroarbeit, die sich insbesondere auf das Führen von Statistiken mit Hilfe des in der Werksverwaltung bereits be­stehenden Hollerith-Systems erstreckt und deren Richtigkeit von weittragender Bedeutung für die zu treffenden Verhütungsmaßnahmen, also auch für den Erfolg, sein kann. Infolge der erst kurzen Ge­brauchszeit ist ein abschließendes Urteil, welche Statistiken die besten Fingerzeige bezüglich der Schädenbehebung geben, vorläufig noch nicht mög­lich. Neben der rein zahlenmäßigen Aufführung der Unfälle, das sind alle der Berufsgenossenschaft ge­meldeten Verletzungen, wird eine Statistik, nämlich die Angabe der auf 10 000 st bezogenen Unfälle in Form monatlicher Kurven, wohl die Hauptbedeutung behalten (s. Abb. 6). Sie zeigt den reinen Erfolg bzw. Mißerfolg. Nebenher werden die auf Erzeugung

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bezogenen Unfälle verfolgt. Außerdem werden Statistiken bzw. Kurventafeln in bezug auf das Dienst- und Lebensalter der Verletzten, die Stunden-, Tages-, Nacht-, Wochentags- und Monatszeit, die Ursachen der Unfälle (Schuldfrage), Arten der Ver­letzungen und Gefahrenstaffelung der Betriebe ge­führt.

Das Hauptbetätigungsfeld der Unfallverhütung ist, wie ihr Name schon sagt, die V erhü tung von Unfällen. Wenn jedoch der Schutzring der Unfallverhütung und alle Sicherheitsmaßnahmen ■durchbrochen worden sind und sich ein Unfall er­eignet, so gilt es diesen Unfall in erster Linie so zu behandeln, daß sich in der Zwischenzeit bis zum Eintreffen des Arztes oder während der Beförderung zur Unfallstation das Uebel durch falsche Behandlung nicht verschlimmert. Wie oft hat man schon er­fahren müssen, daß aus kleinen Wunden durch Ver­nachlässigung oder falsche Behandlung (Auswaschen der Wunden) langwierige Unfälle entstehen. Zu diesem Zweck bilden wir aus jeder Abteilung eine entsprechende Anzahl Leute in „e rs te r H ilfe“ aus. Zur Festigung des Gelernten werden nach den eigentlichen Kursen Wiederholungsstunden in größe­ren Zeitabständen abgehalten. Diese ausgebildeten Nothelfer sind geeignet, das Verständnis für die Notwendigkeit der ersten Hilfe auch bei ihren Mit­arbeitern wachzunifen und wachzuhalten. Sie sollen ferner die Träger des Unfallverhütungsgedankens unter den Arbeitern sein und so gewissermaßen ein Bindeglied zwischen den Arbeitern und der Unfall­verhütung werden. Die Sicherheitsingenieure sowie die sämtlichen Meister wurden gleichfalls in einem theoretischen Kursus über erste Hilfeleistung be­lehrt. Besondere Aufmerksamkeit wird der W ied er­belebungsfrage gewidmet. Pulmotor, Inhabad, Sauerstoff-Inhalierapparat zusammen mit einem gut unterrichteten Personal haben ihre Notwendig­keit und ihre Hilfsbereitschaft mit rühmlichem Erfolge schon des öfteren beweisen müssen. Im Hochofenbetriebe wird durch laufende Kurse dafür gesorgt, daß möglichst jeder Hochofenarbeiter mit dem Sauerstoffapparat umgehen und Wiederbe­lebungsversuche anstellen kann. Durch die ge­troffenen Maßnahmen sind bei mehreren größeren Gasvergiftungen im Jahre 1926 Menschenleben ge­rettet worden. Weiter geht das Bemühen dahin, uns über den wissenschaftlichen Stand der Wieder­belebungsfragen auf dem laufenden zu halten. Da, wo kohlenoxydhaltige Luft vermutet wird und durch Gasanalyse festgestellt werden soll, wurden gleichzeitig Versuche mit weißen Mäusen angestellt, weil deren Empfindlichkeit gegen Kohlenoxyd un­gefähr gleich der eines Menschen ist. In ähnlicher Weise wurden die Degea-Masken der Firma Auer auf ihre Absorptionskraft von Kohlenoxyd geprüft. Ueber die abgeschlossenen Versuche wird demnächst besonders berichtet. Das genaue Herausfinden von Gaszonen (abgestuft nach dem Kohlenoxydgehalt) ermöglicht unter Umständen eine Vorausbestim- mung der Verwendungsgrenze zwischen Masken und Sauerstoffapparaten.

Die Verhütung eines Unfalles wird außer durch Maschinenschutz und Arbeiterbelehrung oft durch die Besonnenheit eines Mannes und seine geistes­gegenwärtige Handlungsweise im Augenblick der Gefahr bewirkt. Hieraus erhellt, wie wesentlich es im Sinne der Unfallverhütung ist, den richtigen Mann am richtigen Platz zu haben; d. h. unter Aus­nutzung der bisherigen psychotechnischen Erfahrun­gen sind die Leute, deren Berufe besondere Umsicht und Geistesgegenwart verlangen, E ig n u n g sp rü ­fungen zu unterwerfen. Hierzu gehören in erster Linie Kranmaschinisten, Lokomotivführer, Rangier­personal und verwandte Berufsarten. Die psycho­technischen Eignungsprüfungen können als bekannt vorausgesetzt werden, ihre Anwendung verlangt jedoch für das Gebiet der Unfallverhütung besondere Erfahrung, um die Ergebnisse im Sinne der Unfall­verhütung praktisch verwenden zu können.

Aus dem bisher Gesagten wird jeder gefühls­mäßig erkennen, daß sich ein planmäßiger Kampf gegen den Unfall und die Betriebsgefahren für das Werk wie für den Arbeiter und schließlich für den Staat segensreich bemerkbar machen muß, weil es jedem soziale, gesundheitliche und wirtschaftliche Vorteile bietet. Es ist klar, daß beim Arbeiter die Schmerzen, verursacht durch einen Unfall, Verstimmung, Unzu­friedenheit und körperliche Erschlaffung mit sich bringen, die sich auch nach dem Gesundschreiben noch hindernd bemerkbar machen. Der Ausfall an Arbeitsstunden (im Jahre 1926 = 12 245 Arbeits­tage; die Unfallbetroffenen hatten dadurch einen Lohnausfall von insgesamt 92120 Ji) wird durch das Krankengeld nicht gedeckt, die U nfallrente beträgt stets nur zwei Drittel des Unterschiedes zwischen früherem Verdienst und der mutmaßlichen Einnahme bei der Invalidität; selbst wenn sie die gleiche Höhe ausmachte, so ersetzt sie ihm nie die Ar­beitsfreude eines gesunden Menschen. Die Erziehung zur Umsicht und Vorsicht ist ihm auch im Leben außerhalb des Werkes ein guter Freund; das Gefühl, daß seine Vorgesetzten sich ernst um die Erhaltung seiner Gesundheit kümmern, erleichtert ihm die Arbeit. Die V o rte ile aufseiten der A rbeitgeber sind ebenfalls äußerst vielgestaltig und wirken sich letzten Endes in einer Ersparnis aus, die bereits nach dem verflossenen Jahr dadurch unbestreitbar zutage tritt, daß die Unfallverhütungsarbeit beim Eisen- und Stahlwerk Hoesch trotz einer erhöhten Erzeugungsleistung je Mann eine Verminderung der relativen Unfallziffer um 18 % bewirkt hat, wie aus nachstehenden Zahlen hervorgeht:

Jahr Zahl der Unfälle

Davontödlich

Zahl der verfahrenen Arbeitsstunden

Unfälle auf je 10000 verfahrene Arbeitsstunden

19251926

790538

62

20 838 690 17 093 961

0,380,31

Es besteht die berechtigte und begründete Aus­sicht, daß sich die Unfallziffer mit der Zeit noch wei­ter vermindern wird, da die psychologische, d. h. hier erzieherische Beeinflussung der Arbeiter sich selbst erst nach unermüdlicher zäher Arbeit auswirken

7. April 1927. Die Unfallverhütung beim Eisen- und Stahlwerk Hoesch. S tahl und Eisen. 575

kann, und auch die Abstellung mechanischer Mängel und Anbringung von Schutzvorrichtungen nur Schritt für Schritt durchgeführt werden können.

Die durch die Unfallverhütung ersparten Un­kosten lassen sich vorläufig nicht in ihren Einzel­heiten rechnerisch erfassen, es seien deshalb nur die hauptsächlichsten Verlustursachen aufgeführt. Die Hauptausgaben entstehen aus der Zahlung von Krankengeldern und U n fa llre n te n ; letztere werden freilich von der Berufsgenossenschaft ausgezahlt, wirken sich jedoch auf die Werke dadurch aus, daß diese in ihrer Gesamtheit die Träger ihrer Berufs­genossenschaft sind. Ein Beispiel möge zeigen, in welchem Verhältnis die Mehrbelastung einer Betriebs­einrichtung durch Anlage einer Schutzvorrichtung zum dadurch vermiedenen Unfall steht: In einer Schlosserei sind fünf Schleifscheiben mit dem bereits beschriebenen Augenschutz (s. Abb. 12) versehen. Die Schutzvorrichtungen sollen zusammen 100 M kosten und 10 Jahre halten. Innerhalb dieser 10 Jahre sollen sie nur eine Augenverletzung mit Verlust eines Auges verhüten helfen, so werden diese 100 dl Aus­gabe bei einem angenommenen Alter des Verletzten von 30 Jahren und einem Mindestlohn von 1800 dl eine jährliche Rente von 400 dl, das bedeutet in einem Alter von 60 Jahren des Verletzten 12 000 dt, Unfallausgaben gegenüberstehen. Durchschnittlich kostet jeder rentenpflichtige Unfall etwa 4000 dl; angenommen, daß im ersten Jahre der Unfallver­hütungstätigkeit nur 30 schw ere Unfälle (die genaue Zahl kann noch nicht angegeben werden) gegenüber dem Vorjahre weniger Vorkommen, so bedeutet das hierbei schon eine Ersparnis von 120 000 dl. Da sich nun freilich die Höhe der Abgaben lediglich nach den Belegschaftszahlen und dem von der Berufsgenossen­schaft gruppierten Gefahrtarif der Werke richtet, so kann sich der Erfolg einer tatkräftigen Unfallver­hütung bezüglich Unkosten durch Unfallrenten geldlich vorläufig nicht auswirken; es wäre daher wünschenswert, daß die Anregungen der Unfall­verhütung treibenden Werke sowie der Berufs­genossenschaften, diese wirksame Arbeit in irgend­einer Weise bei den Umlagen zu berücksichtigen, bald in die Tat umgesetzt werden. Dadurch würden sich einerseits die Werke, die den Wert der Unfall­verhütung noch nicht erkannt haben, eher zur Mit­arbeit entschließen, anderseits würde die wirtschaft­liche Bedeutung und betriebstechnische Notwendig­keit der bereits bestehenden Unfallverhütungsab­teilungen deutlicher in Erscheinung treten. Denn diese Arbeit wird dann erst volle Erfolge zeitigen, wenn die Werks- und Betriebsleitungen von dem Gedanken überzeugt sind, daß die Unfallverhütung ein völlig g le ic h b e re c h tig te r F a k to r neben den eigentlichen w ir ts c h a f tl ic h e n F a k to re n sein muß; dann wird sich die Einrichtung auch in den Betrieben selbst durchsetzen. Hat die Betriebs­leitung die richtige Einstellung zum Unfallschutz gewonnen, dann wird es auch am Erfolge bei den Arbeitern nicht fehlen.

Auslagen entstehen dem Werk ferner dadurch, daß die Arbeitsstunden von der Stunde des Unfalles

bis zur Schicht ausgezahlt werden. Hieran an­knüpfend sei die Betriebsstörung und mangelnde Ausführung des verlassenen Postens erwähnt, die jeder Arbeiterwechsel zumal bei gelernten Arbeitern mit sich bringt. Unfälle besonders schwerer Natur verursachen oft eine Unterbrechung des Arbeitsvor­gangs und bedeuten dann eine besonders empfindliche Betriebsstörung, wenn das Ausfallen des Arbeiters gleichzeitig ein Versagen des maschinellen Vorgangs bewirkt.

Schutzvorrichtungen gegen Unfälle bedeuten sehr häufig gleichzeitig Schutz gegen B e tr ie b s s tö ­rungen. Als Beispiel sei nochmals das vorhin bereits erwähnte Schutzblech vor einem Hochofen- Abstichloch (s. Abb. 13) herangezogen. Es wurde bereits erwähnt, wie es dem Arbeiter als Lebensretter diente, wie es die Sicherheit und ungestörte Arbeit des Schmelzers gewährleistet; in welchem Maße es aber auch Schutz gegen Betriebsstörungen bietet, erkennt man klar, wenn man sich vergegenwärtigt, welche Folgen daraus entstehen, wenn beim Zu­stopfen das Abstichloch wieder ausbricht und die noch beschäftigten Arbeiter gezwungen werden, ihr Arbeitsfeld fliehend im Stich zu lassen; die heraus­fließende Masse bildet bald große Bären, deren nach- heriges Wegschaffen in den meisten Fällen ein Still­setzen des Ofens notwendig macht. Daß dadurch eine auch in weiterem Umfange fühlbar werdende Erzeugungsstörung eintritt, die im Verein mit der vielfachen Arbeitsvermehrung erhebliche Unkosten verursacht, ist natürlich. Es ist also klar, daß durch enge Zusammenarbeit von Unfalltechnik und Be­triebstechnik eine Förderung der Entwicklung der Technik erzielt wird, so daß das Ganze wiederum so­wohl Arbeitgebern als auch den Arbeitnehmern dient.

Wie sehr sich Unfälle im großen zum Schaden der gesamten V o lk sw irtsch a ft auswirken, geht aus einer Buchung von F ree hervor. Danach be­deuten die Unfälle in den gewerblichen Betrieben Deutschlands nach einer amtlichen Unfallstatistik des Jahres 1919 für die deutsche Volkswirtschaft einen jährlichen Kapitalverlust von 2,8 Milliarden Goldmark. Die Betriebsausgaben für die Kranken­kassenbeiträge, Betriebsstörungen, Maschinen- und Materialschäden, Verwaltungs- und Versicherungs­kosten sind bei diesem gewaltigen Geldverlust nicht berücksichtigt. Da also jeder Unfall einen Verlust der Arbeitskraft und eine Verringerung des Volks- Vermögens verursacht, so ist, volkswirtschaftlich gedacht, die Erhaltung der Arbeitskraft und der Gesundheit eine Angelegenheit des Volksganzen und des Staates.

Z usam m enfassend sei nochmals hervorgehoben, daß die junge Unfallverhütungsabteilung beim Eisen- und Stahlwerk Hoesch noch manche E rfa h ru n g sam m eln muß, bevor sie alle Möglichkeiten erfaßt hat, die laufend die Unfallziffer auf einem erreich­baren Mindestmaß hält. Wo dieses liegt und wie es am sichersten erreicht und erhalten wird, sollen die kommenden Jahre lehren; die Arbeit erfordert Aus­dauer und Geduld; die vorjährigen Erfolge berech­tigen jedoch zu der Hoffnung, daß die Unfallverhütung

576 Stahl und Bisen. Die spezifische Wärme des Eisens. 47. Jahrg . iNr. 14.

in der Industrie eine wirtschaftliche und soziale Rolle spielen wird, so daß man sie im Großbetriebe jeden­falls nicht wieder fallen lassen kann. Die Schwierig­keiten dieser Pionierarbeit werden erleichtert und die Erfolgsaussichten vergrößert dadurch, daß wir einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch zwischen den Unfallverhütung treibenden Werken eingeleitet haben und weiter ausbauen. So veranlaßte solcher Erfahrungsaustausch ein Hüttenwerk2), seine bis­herige Arbeitsweise im Sinne unserer neuen prak­tischen Verfahren zu ändern; auch Werke, welche die Unfallverhütung erst organisierten, benutzten dabei unsere Gedanken und Richtlinien. Es ist ein­leuchtend, daß mancher Umweg durch gemeinsame Arbeit gespart und die Lehrzeit jedes einzelnen Werkes dadurch erheblich abgekürzt wird. In der­selben Weise wird die Berufsgenossenschaft auf dem

2) Siehe Reichsarb., Arbeiterschutz 6 (1926) S. 760/3.

laufenden gehalten; diese erhält dadurch Unterlagen, die wiederum die Lösung umfassender Aufgaben im Rahmen der jeweiligen Industriegruppen ermöglicht, wodurch die Berufsgenossenschaft von ihrer sonstigen Kleinarbeit befreit wird. Umgekehrt stellt die Berufsgenossenschaft ihren Gesamtüberblick als will­kommenen Zusatz zu unseren Arbeiten zur Ver­fügung. Auch die reine W ir ts c h a f tl ic h k e its ­frage wird am klarsten und erfreulichsten ohne Zweifel erst nach gemeinsamer Inangriffnahme der Unfallverhütungsarbeit durch alle Mitglieder der jeweiligen Berufsgenossenschaft zutage treten.

So mögen denn diese Ausführungen großen wie kleinen Werken Anregung und Anleitung zur erfolg­reichen Unfallverhütungsarbeit sein, zu einer Spar­maßnahme, die dadurch doppelt wertvoll wird, daß sie dem W erke und se inen A rb e ite rn gleich­zeitig und gleichmäßig dient.

Die spezifische Wärme des Eisens.Von P au l O berhoffer und W alte r Grosse in Aachen.

[Mitteilung aus dem Eisenhüttenm ännischen In s ti tu t der Technischen Hochschule Aachen.]

(Wärmeinhalt und allotrope Umwandlung. Die ermittelte Q-t-Linie des reinen E isens wird in bezug auf die Modifikationsfragen des E isens besprochen und m it den Q-t-Kurven der ferromagnetischen Körper Kobalt und Nickel verglichen. Vergleich der neuen Versuchsergebnisse m it denen von Pionchon, Ober­

hoffer und Dürrer. Wärmeinhalt und Schmelzwärme eines 4 % S i enthaltenden Transformatoreisens.)

Spezifische Wärme und allotrope Umwandlung.

^ | t / ird einem Körper kinetische Energie zuge- führt, so ändert sich der Wärmeinhalt um

einen bestimmten von der spezifischen Wärme ab­hängenden Betrag. Ebenso wie durch Aenderung der kinetischen Energie der Wärmeinhalt beeinflußt wird, kann auch durch molekularen Umbau des Kristalls eine Aenderung hervorgerufen werden. So zeigen in der Tat Wärmeinhaltskurven der bisher untersuchten Körper, daß einerseits die spezifische Wärme der einzelnen Modifikationen voneinander verschieden ist, und daß anderseits bei dem Ueber- gangspunkte ein sprunghafter Wechsel in der Wärme­inhaltskurve stattfindet1). Diese plötzliche Unstetig­keit steht bei reinen Metallen in ursächlichem Zu­sammenhänge mit dem Auftreten einer neuen Phase, wie aus der Phasenregel hervorgeht. Daß trotz zahlreicher Untersuchungen die Ansichten einzelner Forscher über die allotrope Eigenart einer Umwand­lung weit auseinander gehen, mag einerseits auf widersprechende Untersuchungsergebnisse, anderseits auf die ganz verschiedenartige Auffassung einer allotropen Umwandlung zurückzuführen sein. Wäh­rend Osmond2) jeder Umwandlung allotrope Eigen­art zuschreibt, kann nach neuzeitlicher Auffassung eine solche nur hervorgerufen werden durch eine Aenderung der Schwingung der Atome, durch Ver­schieben der Anordnung der Atomschwerpunkte

L Eine Ausnahme bildet nach einzelnen Forschern die a-ß-Umwandlung der ferrom agnetischen Körper Eisen, Nickel und K obalt, deren allotrope E igenart allerdings n ich t einwandfrei nachgewiesen ist. An anderer Stelle wird auf die A rt dieser Umwandlung näher ein- gegangen.

2) Ann. chim. 17 (1900) S. 110.

und somit einer Aenderung des molekularen Aufbaues des Kristallgitters, oder durch eine unstetige Aende­rung der Molekulaxgröße. N e rn s t3) nimmt im Sinne der atomistischen Hypothese an, daß bei allotropen Stoffen die Atome in verschiedener Weise zum Molekülverbande zusammengetreten sind. Nach der Theorie von A. S m its4) sind Polymorphismus und Allotropie durch das Vorhandensein zweier oder mehr Arten von Molekülen zu erklären, die in jeder Phase nebeneinander im Gleichgewicht bestehen können. Eine verschiedenartige Ausbildung der Gleichge­wichtsproportionen ist somit jeder Phase eigen. Welche Theorie der Allotropie der Wirklichkeit am nächsten kommt, kann an dieser Stelle nicht ent­schieden werden. Da es jedoch unzweideutig ist, daß der strukturelle Aufbau jeder Modifikation ein für sich jeweilig kennzeichnendes Verhalten seiner physikalischen Eigenschaften zur Folge hat, so können diese als Zeichen der stattgehabten Umwandlungen betrachtet werden. Es muß daher die Kenntnis des Temperaturverlaufes der Wärme­inhaltskurve ein geeignetes Kennzeichen zur Fest­stellung einer allotropen bzw. nichtallotropen Um­wandlung sein.

Verbindet man, wie ausgeführt, mit dem Begriffe der Allotropie einen Uebergang von einer Phase zur anderen, der bei einer bestimmten Temperatur ver­läuft, so muß sich die Umwandlung bei reinen Stoffen durch eine senkrechte bzw. wagerechte Richtungs­änderung in der Wärmeinhaltskurve kund tun. Die Umwandlung kann in der Nähe der kritischen Tempe­ratur jedoch sehr träge sein, so daß sie erst in einem

s) W alter N ernst: Theoretische Chemie (S tu ttg a rt:Ferd. Enke 1926) S. 324.

4) Phys. Chem. 88 (1914) S. 611.

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7. April 1927. DU spezifische Wärme des Eisen.*. Stahl und Eisen. 577

gewissen Abstande von der wirklichen Umwan dl unss- temperatur zur vollständigen Ausbildung gelaust. Die Aenderung des Richtungskoeffizienten bei dem Uebergange von einer Modifikation zur anderen ist bei kalorimetrischen Messungen daher nicht stets als plötzliche feststellbar, und die Wärmetönung, die mit der Umwandlung verknüpft ist, macht sich

Abbildung 1. Q -t-K urre von E lektro ly teisen nach eigenen Versuchen.

in der schaubildlichen Darstellung nicht stets als plötzliche Unstetigkeit bemerkbar, sondern sie weicht um so mehr von der senkrechten bzw. wagerechten ab, je größer der Widerstand der Moleküle gegen eine Verlagerung und je größer die zu dieser Verlagerung nötige Zeit ist. Die Größe der Unstetigkeit läßt sich jedoch durch Extrapolation der Richtung beim Umwandlungspunkte ermitteln. So wurde beim reinen Eisen eine Richtungsänderung beim Aä-Punkte bei 785° gefunden und die 230 senkrechte Aenderung bei A3 und A4 bei den f Temperaturen 906 und 1401° extrapoliert.Der Schmelzpunkt ist zu 1528° angenommen.

von 785 bis 906* verläuft sie geradlinig und erfährt bei dieser Temperatur eine senkrechte Richtungs- änderung, einer Wärmetönung entsprechend, die durch den molekularen Uebergang des kubisch raumzentrierten in das kubisch flächenzentrierte Kristallgitter des 7-Eisens hervorgerufen ist. Die Kurve folgt von 785 bis 906* der Gleichung:

W = 0,165 t.Die Wärmetönung wurde zu 6,765 cal g ermittelt. Von 906 bis 1401* weist die Kurve wiederum einen geradlinigen Verlauf auf, der Gleichung folgend:

W = 0,14622 t - f 23,78.Der molekulare Umbau, der den A4-Punkt zum Aus­druck bringt, ist mit einer Wärmetönung von 2.531 cal/g verknüpft. Die Kurve, die dem S-Eisen eigen ist, folgt derselben Gleichung wie die des ,3-Eisens. Die Schmelzwärme des reinen Eisens wurde zu 64,38 cal g ermittelt. In Zahlentafel 1 sind die gefundenen Werte in cal/g angegeben. Außer den subjektiv ermittelten Werten sind mit Hilfe des Kurnakowschen Apparates optisch selbstregistrierend einige Werte besonders in der vielumstrittenen Aj-Gegend ermittelt worden. Abb. 2 zeigt eine Ab­bildung einer derartigen Original-Kumakow-Kurve. die auf Grund genauer Eichversuche ausgewertet wurde. Die so erhaltenen Werte sind mit in Zahlen­tafel 1 aufgenommen und durch * gekennzeichnet.

Die Verlängerung der dem S-Eisen entsprechenden Linie von 785 bis 906® (in Abb. 1 die dünn gezeichnete Linie) fällt mit der Linie des 8-Eisens zusammen

Ternperrrf-j’ - 779° 6notX * 2,ttr*gr V aftuuT J * OJXH-mm flg

Abbildung 2. Selbstregistrierter Tem peraturverlauf im Kalorim eterblock.

3 200-

\ 760-

180-

Versuehsergebnisse der kalorimetrischen Unter­suchung des reinen Eisens®).

In Abb. 1 sind die von den Verfassern versuchsmäßig ermittelten Werte der Ab­hängigkeit des Wärmeinhaltes von der Tempe­ratur als Kreise eingezeichnet und durch eine mittlere Kurve verbunden. Die gefundenen Wärmeinhalte beziehen sich auf die Gleich­gewichtstemperatur des Kalorimeters 0°. Es ergibt sich demnach bei 0° ein Wärmeinhalt von 0 cal/g. Aus diesem Grunde wurde die Kurve durch den Anfangspunkt des Koordinatensystems gelegt. Die Kurve nimmt von 100 bis 785° einen Verlauf etwa nach der Gleichung:

W = 0,10461 • IO“ 61* - 0,4142 • 10“ 4 1* + 0,13207 t — 1,89804,

*) Analyse des E lektro lv teisen?: 0,02 % C , 0,006 ° 0 Si, Spuren Mn, 0,006 % P , 0,004 % S, 0,0 % Cu.

XIV.47

"

— -

--- --------- --------------

.

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— L - -b 4^■

__---

200 700 600 800 TOCOTe/rrpenrpfi/r irr ° C

7200 7VOO 76BC

Abbildung 3. Q-t-Kurve von K obalt nach D ürrer.

und führt durch den Kullpunkt. Von Bedeutung ist ein Vergleich mit den Wärmeinhaltskurven der Elemente Kickei und Kobalt, die mit dem Eisen zusammen eine Gruppe des periodischen Systems bilden.und die demEisen eng verwandte Eigenschaften besitzen. Kaeh den Untersuchungen Durrers«) zeigen auch diese Kurven bis zum A.-Punkte einen dem

*) Forsch.-Arb. Gebiet Ingenieur^ es. K r. 204 191S

73

578 Stahl und Eisen. Die spezifische Wärme des Eisens. 47. Jan rg . i \r . 14.

ferromagnetischen Eisen grundsätzlich ähnlichen Ver­lauf (Abb. 3 und 4). Auch führt hier die Verlängerung des bei den verschiedenen Curiepunkten einsetzenden geradlinigen Verlaufes durch den Nullpunkt. Bereits Weiss7) hat aus dem gleichartigen Verhalten der Elemente Nickel, Kobalt und Eisen die Schluß­folgerung gezogen, daß die beim Curiepunkte ein­setzenden Aenderungen auf die diesen Körpern anhaftende ferromagnetische Eigenschaft zurück­zuführen sind. Nach der Theorie des Ferro­magnetismus von Weiss soll der Wärmeinhalt eines Körpers in engem Zusammenhänge mit dem inter­molekularen magnetischen Aufbau stehen. Weiss nimmt an, daß die Moleküle ferromagnetischer Metalle stets bis zu ihrer vollen Sättigung magnetisiert sind. Solange jedoch die Molekularmagnete wirr durchein­ander liegen, ist infolge der verschiedenen Lage der magnetischen Achsen das sich ergebende magnetische Moment Null. Seine Theorie führt somit zu der An­nahme eines molekularen Feldes des „spon tanen

0 200 000 eoo 200 7000 7200 7000T em pera tur in °C

Abbildung 4. Q-t-Kurve von Nickel nach Dürrer.

M agnetism us“, so daß beim äußeren Felde gleich Null die Intensität der Magnetisierung bereits einen endlichen Wert hat. Infolge zunehmender thermi­scher Bewegung kann die den ferromagnetischen Körpern eigene spontane Magnetisierung zum Ver­schwinden gebracht werden. Es findet dies bei den Metallen Eisen, Kobalt und Nickel an den kritischen Punkten 769 bzw. 1150 und 352° statt.

Da sich die bei A2 beobachteten Aenderungen der übrigen physikalischen Eigenschaften bei der gleichen Temperatur einstellen, bei der sich der üebergang des stark magnetischen Zustandes in den schwach magnetischen vollzieht, so liegt die Ver­mutung nahe, daß sämtliche Eigenschaftsänderungen in ursächlichem Zusammenhänge mit dieser Aende- rung stehen. Weiss hat so als erster die Beeinflussung des Wärmeinhaltes auf die magnetischen Vorgänge zurückgeführt. Nach seiner Annahme verbraucht die „spontane Magnetisierung“ eine Wärmemenge, die der gefundenen Wärmemenge zugezählt werden muß, um alsdann den Wärmeinhalt zu erhalten, der dem Metall eigen wäre, wenn es keine ferromagnetische Eigenschaften besäße. Weiss hat versucht, im Verein mit Beck7) seine Theorie an einer von ihm aufge­stellten Wäxmeinhaltskurve zu bestätigen. Seine

7) Journa l de Physik 7 (1908) S. 249.

Versuchsergebnisse — besonders beim Curiepunkte — sind jedoch sehr verworren und lassen den letzten Zusammenhang zwischen Wärmeinhalt und ferro­magnetischer Eigenschaft nicht erkennen. Auch hat Weiss die Ansicht vertreten, daß der plötzliche Ver­lust des spontanen Magnetismus eine Wärmetönung von bestimmter Größenordnung hervorrufen muß. die in einem kurzen Temperaturgebiet ihre Auswir­kung findet. Nach den eigenen Versuchsbefunden an reinem Eisen, wie denen Durrers an Kobalt und Nickel, ist das Verschwinden der Magnetisierbarkeit mit keiner sonderlichen Störung verbunden; die zur Erreichung des spontanen Magnetismus not­wendige Kraft verbraucht vielmehr eine Wärme­menge, die beim Curiepunkte gleich Null wird. Es scheint keine Zufälligkeit zu sein, wenn die gerad­linige Verlängerung des Kurventeils rechts des Curiepunktes bei ferromagnetischen Metallen jedes­mal durch den Nullpunkt führt; es gibt vielmehr zu der Vermutung Anlaß, daß die Q-t-Kurven der genannten Körper einen Verlauf entlang dieser Geraden bis zum Nullpunkte nähmen, falls sie keine ferromagnetische Eigenschaft besäßen. Die Q-t- Linie zwingt zu der Schlußfolgerung, die rechts und links von dem Curiepunkte liegenden Teile als gleichartig zu betrachten; sie unterscheiden sich lediglich voneinander durch die Stärke der magne­tischen Eigenschaften. Die Abschnürung des Gebietes zwischen der ermittelten Kurve und der gestrichelten Geraden darf jedoch nicht zu dem Trugschlüsse führen, als ob die Aenderungen den wirklichen Werten der molekularen Magnetisierung entsprächen, sondern sie stellen lediglich die Beeinflussung auf die besondere Art der kalorimetrischen Bestim­mung dar.

Die Verfasser glaubten zunächst, den Verlauf der Kurve bis zum Curiepunkte der Tatsache zusprechen zu müssen, daß das magnetische Feld des elektrischen Ofens eine Einwirkung auf die magnetischen Eigenschaften der Proben ausgeübt habe, die sich thermisch im Kurvenlauf aus­wirkte. Doch lieferten sämtliche mit sorgfältig bifilar gewickeltem Ofen ausgeführten Versuche ausschließlich Ergebnisse, die genau in den zuerst festgelegten Kurvenverlauf fielen. Auch eine Berech­nung des magnetischen Feldes des nicht bifilar gewickelten Ofens ergab einen Wert, der zu klein war, um einen Einfluß auf das magnetische Ver­halten des Probekörpers ausüben zu können. Der gefundene Kurvenverlauf muß somit in engem Zusammenhänge mit den durch den spontanen Magnetismus hervorgerufenen Schwingungsänderun­gen der Moleküle stehen. Die A2-Umwandlung ist somit, wie die thermischen Versuchsergebnisse zeigen, keine bei einer bestimmten Temperatur erfolgende allotrope Umwandlung, sondern eine Aenderung, die innerhalb der Moleküle stattfindet und die gesetzmäßig bis zum Curiepunkte verläuft. Ein Störungsgebiet von 100 bis 150°, in dem sich der Üebergang aus dem ferromagnetischen Zustand in den paramagnetischen durch eine besondere Aende­rung des Energiegehaltes auswirkt, wie viele Forscher annehmen, besteht nicht. Der A2-Punkt bezeichnet

7. April 1927. Die spezifische Wärme des Eisens. Stahl und Eisen. 579

demnach nur den Endpunkt des ferromagnetischen Zustandes bei der Erhitzung und den Anfangspunkt der ferromagnetischen Eigenschaften bei der Ab­kühlung. Genau wie beim Eisen hegen die Verhält­nisse bei Xiekel und Kobalt.

Die Kurve des eigentlichen a-Eisens besinnt somit erst bei 785° und endet bei 906°. Die in der Arbeit gefundene Temperatur von 785° stimmt mit neueren Untersuchungen H o n d a s8) überein. Honda und seine Mitarbeiter haben gezeigt, daß der A2-Punkt mit steigendem Kohlenstoffgehalte langsam von 785 bis 770° fällt und alsdann konstant bleibt. Es genügen nach seiner Untersuchung schon ganz geringe Mengen Kohlenstoff, um das Sinken hervorzurufen.

Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß bei den nichtferromagnetischen Metallen Zinn. Wismut. Kad­mium, Antimon. Aluminium. Silber. Blei. Zink, Gold und Kupfer ein dementsprechender Kurvenverlauf nach den Untersuchungen Durrers nicht festgestellt wurde,

Abbildung 5. Q -t-K urven des Eisens nach Oberhoffer, P ionchon und D ürrer.

vielmehr bei diesen Elementen eine lineare Aenderung des Wärmeinhaltes von 0° an bis zu einer etwa ein­tretenden Umwandlung bzw. bis zum Schmelzpunkte nachgewiesen ist. Auch führten neuere kalorimetri­sche Untersuchungen der Verfasser an Messing zu dem gleichen Ergebnis. Es liegen so keine Bedenken vor, den sich gesetzmäßig vollziehenden Kurvenver­lauf mit den magnetischen Aenderungen in Zusammen­hang zu bringen.Die Q-t-Linien des Eisens ermittelt von Pionehon, Ober­

hoffer und Dürrer.Es ist schon verschiedentlich versucht worden,

aus der Q-t-Linie des Eisens Schlüsse auf die Beein­flussung der ferromagnetischen Eigenschaften zu ziehen, wie auch zu einer Klärung der Modifikations­fragen zu kommen. Die Betrachtungen schließen sich an die Arbeiten von P io n ch o n , S tü c k e r . H a rk e r, O berhoffer, W eiss und B eck und D ü rre r an. Eine ausführliche Beschreibung der kalorimetrischen Untersuchung von Pionchon. Stücker und Harker

s) Science Rep. Tohoku Univ. 2 (1913) S. 59 und5 (1916) S. 785.

brachte Oberhoffer in seiner Arbeit9) „Ueber die spezifische Wärme des Eisens“. Leider gehen die obengenannten Forscher bei ihren Betrachtungen nicht von den direkten Wärmeinhaltskurven aus, sondern sie versuchen, durch das Studium der Kurve der spezifischen Wärme Aufschluß über das Wesen der untersuchten Körper zu erlangen. Da die Kurve der mittleren spezifischen Wärme das Verhältnis der von einem Gramm eines Stoffes aufgenommenen Wärmemenge Q zu der durch sie bewirkten Temperaturerhöhung T' — T wieder­gibt. machen sich bei Ausführung des Ver­suches auftretende kleine Temperaturmeßfehler in dieser Kurve erheblich bemerkbar. Diese Fehler werden um so größer und stellen sich um so leichter bei kalorimetrischen Messungen ein, je weniger mit steigender Temperatur der Wärmeinhalt eines Körpers zunimmt. Diese Tatsache hat sicherlich wesentlich dazu beigetragen, den endgültigen Zusammenhang zwischen Wärmeinhalt und Zustandsänderuna: nicht klar hervortreten zu lassen.

Abb. 5 gibt die Kurven von O berho ffer, P io n ch o n und D ü rre r10) nach der eigenen Auf­fassung wieder. Leider sind die Versuche Pionchons oberhalb 790° nicht zahlreich genug, um einwandfrei den Verlauf der Q-t-Linie von dieser Temperatur an festlegen zu können. Ohne jedoch den Untersuchungs­ergebnissen dieser Forscher einen Zwang anzutun, läßt sich aus den bestimmten Werten eine Wärme­inhaltskurve zeichnen, die bei Pionchon und Dürrer qualitativ, bei Oberhoffer nahezu quantitativ mit der eigenen Untersuchung übereinstimmt; sie kann somit als eine Stütze der eigenen Arbeit angesehen werden. Auch hier entspricht der Verlauf von 0° bis zum Curiepunkte der Auswirkung einer inneren Umwandlung. Dürrer konstruiert ein bei Aa auf­tretendes Störungsgebiet, das sich über ein Temperatur­intervall von 725 bis 785° erstreckt, und nimmt an. daß in dem Gebiete die unterhalb dieser Abweichung befindliche a-Modifikation mit der oberhalb be­ständigen ß-Modifikation ein Gebiet der vollstän­digen gegenseitigen Löslichkeit besitzt. Eine ähn­liche Auffassung vertritt er bei den ferromagnetischen Elementen Kobalt und Nickel. Welchen Zwang Dürrer seiner Kurve antun muß, um zu einem ge­eigneten Störungsgebiet zu kommen, beweist kenn­zeichnend die Originalkurve vom ferromagnetischen Kobalt bei dem Uebergange von dem a- in den ß-Zu- stand (Abb. 6). Die geradlinige Verlängerung des Kurventeils von der A3-UmWandlung bis zum Curie­punkte der Oberhofferschen und der Durrersehen Wärmeinhaltskurven führen ebenfalls durch den Nullpunkt (in Abb. 5 die gestrichelte Linie), eine Bestätigung der neu ausgeführten kalorimetrischen Untersuchung.

Aehnlieh wie bei Eisen, Kobalt und Nickel liegen die Verhältnisse sicherlich bei Eisenkarbid. Es er­fährt Eigenschaftsänderungen bei etwa 200°, die, ähnlich wie die a-ß-Umwandlung des reinen Eisens, sehr schwach ausgeprägt sind, keine Hysteresis

9) D issertation Aachen 1907.10) A. a. 0 .

580 Stahl und Eisen. Die spezifische Wärme des Eisens. 47. Jah rg . Nr. 14.

aufweisen und die, wie W ever röntgenographisch nachgewiesen hat, mit keiner Aenderung der Raum- gitteranordnung verknüpft sind. Die hier vorliegende Umwandlung ist sicherlich eng verwandt mit der magnetischen tx-ß-Umwandlung der ferromagnetischen Metalle. Die bestehende Annahme, das magnetische Verhalten des Eisenkarbids rufe in einem Temperatur­gebiet von 50 bis 60° Eigenschaftsänderungen hervor, beruht sicherlich auf einem Trugschluß; es soll hier

Abbildung 6. Q-t-Kurve für K obalt nach Dürrer.

schon der Vermutung Ausdruck gegeben werden, daß das magnetische Verhalten des Eisenkaxbids einen Einfluß auf sämtliche physikalischen Eigenschaften von 0° bis zum Curiepunkte ausübt.

Die allotrope Art der A3-Umwandlung ist durch die Untersuchung der thermoelektrischen Eigenschaf­ten, des elektrischen Widerstandes, der Ausdehnung, der Dichte und des strukturellen Umbaues seit

Abbildung 7. M ittlere spezifische Wärme von reinem Eisen nach eigenen Versuchen.

langem festgestellt. Die Q-t-Kurve ergibt ein direktes Maß für die mit dieser Umwandlung verknüpfte Wärmetönung. Die Größe ist verschiedentlich fest- gestellt worden und beträgt nach:

M euthen . . . 5—6 cal/g bei 890°D ürrer . . . 6,67 ,, ,, 919°Grosse . . . 6,765 ,, ,, 906°.

Der Verlauf der Kurve des y-Eisens ist ein Beweisfür die Richtigkeit des R ichardsschen Gesetzes, wonach diejenige Modifikation die kleinste spezifische Wärme besitzt, deren spezifisches Gewicht am größ­ten ist.

Der Uebergang aus der y- in die 8-Modifikation ist mit einer Wärmetönung von 2,531 cal/g verknüpft. Wie bereits erwähnt, ist die Q-t-Kurve von 14010 bis zum Schmelzpunkte die geradlinige Fortsetzung des Teiles von 790 bis 906°. Da die Kurve des kubisch flächenzentrierten 8-Eisens den gleichen Richtungs­koeffizienten wie die des strukturell in gleicher Weise aufgebauten ß-Eisens besitzt, so müssen beide Modifikationen als identisch angenommen werden. Auch die Ausdehnungskurve des 8-Eisens bildet die geradlinige Fortsetzung der Kurve des ß-Eisens, was durch neue dilatometrische Versuche von Seik ish i S a tö 11) nachgewiesen wurde. Die Kurve der Thermokraft (nachgewiesen von W. Schneider) und der reziproken magnetischen Suszeptibilität (nachgewiesen von W eiss und Foex) im Bereiche der ß- und 8-Modifikation kann ebenfalls als kontinuierliche Fortsetzung betrachtet werden; es steht dies in Uebereinstimmung mit dem Untersuchungsbefunde der Q-t-Kurve der Verfasser und läßt sich auch zugunsten der Annahme der Gleichheit der beiden Modifikationen auslegen.

Aus der Durrerschen Wärmeinhaltskurve des reinen Eisens glaubt H. B redem eier12) den Schluß der Gleichheit der a-und 8-Modifikation bereits ziehen zu können. Bredemeier faßt die Wärmeinhaltskurve oberhalb 1401° unter Annahme eines magneto-kalo­

rischen Effektes als kontinuierliche Fortsetzung des Kurventeiles unterhalb 700° auf, obwohl diese Ver­längerung weder mit dem Kurventeil oberhalb 1401“ zusammenfällt, noch ihm parallel läuft. Aus dem Vor­stehenden geht aber hervor, daß die wahre Fort­setzung der 8-Kurve nur mit dem Teile von 785 bis 906° übereinstimmen kann.

Der Uebergang von der gesetzmäßigen Raumgitter­anordnung zur absoluten Unordnung der Moleküle ist mit einer starken diskontinuierlichen Aenderung

u ) Science Rep. Tohoku Univ. 14 (1925) S. 513/27.12) Z. anorg. Chem. 151 (1926) S. 109/12.

O 200 YOO 1900 SOO 7000 7200 7000 ZTem peratur ir°C

Abbildung 8. Q-t-Kurve von Transform atoreisen (4 % Si) naoh eigenen Versuchen.

M/O

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7. April 1927. Die spezifische Wärme des Eisens. Stah l und Eisen. 581

Z ahlentafel 1. W ä r m e i n h a l t u n d s p e z i f i s c h e W ä rm e d e s r e in e n E is e n s .

Temperatur«0

W ärmeinhaltcal/g

Temperatur°0

Wärmeinhaltcal/g

97,61 10,81 931 159,5298,00 10,94 960 163,9098,56 11,02 1010 170,72

241,00 28,58 1074 181,00280,00 33,71 1109 185.65302,00 37,50 1165 195,07378,00 47,48 1198 199,11395,00 49,50 1256 208,00404,00 50,59 1345 221,50

i 445,00 58,00 1391 227,63477,00 64,00 1413 231,48493,00 65,12 1452 238,93517,00 70,57 1478 242,90545,00 74,62 1511 248,97555,00 76,03 1528 316,50565,00 79,00 1536 316 72576,00 80,74 1551 319,45581,00 81,92 1581 323,47603,00 86,65* 1590 325,30625,00 91,23 Temperatur Spezifische635,00 94,36* »0 Wärme668,00 97,70 0 - 1 0 0 0,1107677,00 101,00 0 - 2 0 0 0,1161698,00 106,10 0 - 3 0 0 0,1215733,00 111,58 0 - 4 0 0 0,1275761,00 119,45 0 - 5 0 0 0,1337764,00 121,86 0 - 6 0 0 0,1417768,00 122,56 0 - 7 0 0 0,1515770,00 123,60 0 - 7 5 0 0,1572773,00 125,27 0 - 7 8 0 0,1628775,00 125,40 0 - 8 0 0 0,1650

' 780,00 127,60* 0 - 9 0 0 0,1650784,00 128,78 0 - 9 0 6 0,1724796,00 130,50 0 - 1 0 0 0 0,1700804,00 134,30* 0 - 1 1 0 0 0,1688836,00 137,51 0 - 1 2 0 0 0,1660853,00 142,40 0 - 1 3 0 0 0,1645880,00 145,70 0 - 1 4 0 0 0,1632899,00 150,10 0 -1 4 0 1 0,1650909,00 155,90 0 - 1 5 0 0 0,1650

0 - 1 5 2 8 0,20710 - 1 6 0 0 0,2043

0,22

0,27

0,20

0,79

0,1S

0,70-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

0,75------------------------------------------------------ / ----------------------------------------------------------------------

0,7V------------------------------- ------------------------------------------------------

¿¡73---------------------Z s ---------------------------------------------------------------------------

0,72------------------------------------------------------------------------------------------------------------

0.77-----1— J ____ ________ ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ ________ ____0 200 900 600 600 1000 7200 7900 7600Teroperatur ir7 °C

Abbildung 9. M ittlere spezifische W ärme von Transfor­m atoreisen nach eigenen Versuchen.

des Wärmeinhaltes verknüpft. Die Größe der Dis­kontinuität entspricht dem Betrage der Schmelz­wärme. Sie wurde zu 64,38 cal/g ermittelt.

In Zahlentafel 1 sind die ermittelten Wärmeinhalts­werte des reinen Eisens sowie die berechneten Werte der mittleren spezifischen Wärme angegeben. Abb. 7

gibt die Darstellung der Kurve der mittleren spezifi­schen Wärme wieder.

Nach der Hypothese von O berho ffe r13), die später von W ever und G ia n i11) bzw. von E sser und O b erh o ffe r16) experimentell bestätigt wird, wird durch Zusatz von Silizium die A3-Umwandlung erhöht, die A4-Umwandlung erniedrigt, bis bei einem Gehalt von ungefähr 2,5 % Si eine vollkommene Abschnürung des y -Gebietes erreicht ist. Bei Legie-

• rungen mit mehr als 2,5 % Si findet demnach eine Aenderung des Gitters nicht mehr statt. Dies muß auch bei der kalorimetrischen Untersuchung zum Ausdruck kommen. Es wurde daher eine technische Legierung, Transformatoreisen, mit 0,04 % C, 4,04 % Si, 0,07 % Mn, 0,02 % S untersucht. Die Wärmeinhaltskurve wurde von 100 bis 1563° er­mittelt. Sie nimmt bis zu 750° einen Verlauf, etwa der Gleichung folgend:

W = 0,105350 • 10- 6 ■ t 3 - 0,34165 • 10- 4 • t 2 + 0,12116021 • t - 0,208285

Von dieser Temperatur verläuft sie geradlinig bis zu 1476° und erfährt hier in einem Temperatur­gebiet von 1476 bis 1488° eine Richtungsänderung, deren Größe dem Betrage der Schmelzwärme ent­spricht. Die Kurve folgt von 750 bis 1476° der Gleichung:

W = 0,18475 t - 18 und nimmt im flüssigen Zustande, soweit ermittelt, einen Verlauf entsprechend:

W = 0,141 t + 197,092.Die Schmelzwärme wurde zu 62,209 cal/g fest­

gestellt. Sie wirkte sich infolge der Mischkristall­bildung nicht als senkrechte Richtungsänderung bei einer bestimmten Temperatur aus, sondern erfolgte in einem Temperaturgebiet.

Ein Vergleich der Wärmeinhaltskurve des Trans­formatoreisens mit der des reinen Eisens zeigt, daß bei 4 % Si das Kurvenstück, das bei reinem Eisen

Abbildung 10. W ahre spezifische W ärme von Transform atoreisen nach eigenen Versuchen.

der y-Modifikation entspricht, vollkommen fehlt. Es ist hierin eine Bestätigung der Hypothese Oberhoffers über die Abschnürung der y-Modifikation durch

13) St. u. E. 44 (1924) S. 979.14) M itt. K .-W .-Inst. E i enforsch. 7 (1925) S. 59/63. 16) Ber. W erkstoffaussch. V. d. Eisenh. N r. 69 (1925).

582 Stahl und Eisen. Walzenschärfen. 47. Jah rg . N r. 14.

Zusatz von Silizium zu ersehen. Weder eine Rieh- Abb. 8 gibt die Q-t-Kurve, Abb. 9 und 10 dietungsänderung noch eine thermische Störung ober­halb der Temperatur der magnetischen Umwandlung konnte bei der kalorimetrischen Untersuchung fest­gestellt werden. Auch diese Tatsache läßt sich zu­gunsten der Gleichheit der beiden Modifikationen auslegen. Die Q-t-Kurve nimmt bis zum A2-Pimkte einen grundsätzlich ähnlichen Verlauf wie die Kurve des Elektrolyteisens, was mit der ferromagnetischen Eigenschaft der Legierung in Einklang zu bringen ist. Es ist beabsichtigt, in einer späteren Veröffent­lichung die experimentell gefundenen Tatsachen auf Grund der neuzeitlichen Theorien der spezifischen Wärme sowie des Ferromagnetismus zu behandeln.

Silizium übt einen erniedrigenden Einfluß auf die Schmelzwärme aus. Der Größenunterschied ist allerdings nicht sehr beträchtlich.Zahlentafel 2. W ä r m e in h a l t s w e r t e u n d b e r e c h ­

n e te m i t t l e r e s p e z if i s c h e W arm e .

Temperatur°0

Wärmeinhaltcal/g

Temperatur•0

SpezifischeWärme

202 23,11 0 - 1 0 0 0,1080329 40,75 0 - 2 0 0 0,1188402 50,58 0 - 3 0 0 0,1225495 65,06 0 - 4 0 0 0,1250553 73,87 0 - 5 0 0 0,1300600 83,00 0 - 6 0 0 0,1372664 94,61 0 - 7 0 0 0,1504700 103,53 0 - 7 3 0 0,1548732 114,30 0 - 7 5 0 0,1593744 117,40 0 - 8 0 0 0,1622749 119,53 0 - 9 0 0 0,1647766 122,57 0 -1 0 0 0 0,1667789 127,60 0 - 1 1 0 0 0,1683804 130,90 0 -1 2 0 0 0,1697816 132,25 0 -1 3 0 0 0,1709830 135,30 0 - 1 4 0 0 0,1717854 140,90 0 -1 4 8 8 0,2129874 141,92 0 -1 5 5 0 0,2100893 147,80 0 -1 6 0 0 0,2079

1 948 158,001002 165,941030 171,201106 185.701135 192,031149 193,501187 200,901233 209,801254 212,701334 228,131395 240,081452 248,971482 273,071488 316,901491 317,851516 322,501545 324,321563 327,43

Kurve der mittleren und der wahren spezifischen Wärme wieder. In Zahlentafel 2 sind die ermittelten Wärmeinhaltswerte und die berechneten Werte für die mittlere spezifische Wärme wiedergegeben.

Z usam m enfassung .Die Abhängigkeit des Wärmeinhaltes von der

Temperatur im Bereiche von 0 bis 1590° wurde an Elektrolyteisen ermittelt und in bezug auf dessen Modifikationsfragen besprochen. Aus dem gleich­artigen Verlauf der Q-t-Kurven der ferromagnetischen Körper Nickel, Kobalt und Eisen bis zum Curiepunkte wurde die Schlußfolgerung gezogen, daß der inter­molekulare magnetische Aufbau einen Einfluß auf den Wärmeinhalt ausübt, der mit der magnetischen Umwandlung in Einklang zu bringen ist. Die A2-Um- wandlung ist nicht allotroper Natur, sondern ver­läuft gesetzmäßig von 0 bis 785°. Der A2-Punkt ent­spricht dem End- bzw. Anfangspunkte der bei der Er­hitzung verschwindenden und bei der Abkühlung wieder zurückkehrenden ferromagnetischen Eigenschaft. Ein Vergleich der eigenen Versuchsergebnisse mit denen von Pionchon und Dürrer zeigt, daß diese Unter­suchungen keinen grundsätzlichen Unterschied in bezug auf den Verlauf der Q-t-Linie bis zum A3- Punkte aufweisen. Die Wärmeinhaltskurve oberhalb 1401° erwies sich als die kontinuierliche Fortsetzung des Teiles zwischen 785 und 906°, was zugunsten der Gleichheit der Modifikationen in diesen Tempe­raturgebieten spricht. Der A3- und A4-Punkt wurde bei 906 bzw. 1401° ermittelt und die Wärmetönung zu 6,765 und 2,531 cal/g bestimmt. Die Schmelz­wärme ergab sich zu 64,38 cal/g und wurde auf 1528° berechnet.

Die kalorimetrische Untersuchung eines 4% Si ent­haltenden Werkstoffes ergab, daß bei diesem Gehalt keine A3-Umwandlung feststellbar ist, was mit den Untersuchungen Oberhoffers über die Abschnürung des y-Gebietes übereinstimmt. Der Wärmeinhalt und die Schmelzwärme werden durch Zusatz von Silizium erniedrigt. Oberhalb 1100° übersteigt, infolge der Abwesenheit der y-Modifikation, der Wärmein­halt des untersuchten Transformatoreisens denjenigen des reinen Eisens. Die Schmelzwärme wurde in einem Temperaturbereich von 12° zu 62,209 cal/g ermittelt.

Die wahre spezifische Wärme folgt den Glei­chungen :

100-^750° W ' = 0,316050 • 10—6 • t* - 0,68330 ■ IO- 4 • t + 0,121160

7 5 0 -H 4 7 6 0 W ' = 0,18475 1488 — 1600° W ' = 0,141.

Walzenschärfen.Von S)t.=Sng. H ans C ram er in Bochum.

(Erhöhung der Walzleistung durch Schärfen der Walzen. Schärfenformen. Zusammenhang zwischen G e ­

schwindigkeit der Walzen bzw. des Walzgutes und Ueberwalzen der Schärfen. Vorgänge beim Ueberwalzen.Günstigste Schärfenform.)

r V e theoretische Leistungsfähigkeit einer Walzen- dem Austritt des einen Stabes und dem Eintritt desstraße, auf den Fertigstich bezogen, wird unter folgenden Stabes keine Pause liegt, errechnet. Des-

der Voraussetzung, daß der Fertigstich ununter- gleichen ergibt sich die theoretische Leistungsfähig-brochen das Walzgut herauswirft, daß also zwischen keit eines Walzgerüstes, auf dem mehrere Stiche

7. A pril 1927. Walzenschärfen. Stahl und Eisen. 583

gemacht werden, durch Zugrundelegung der Summe der einzelnen Stichzeiten1). Diese Leistung ist selbst­verständlich größer als die im Betrieb im Bestfall erreichbare sogenannte verlustlose Leistung, da zwischen dem Austritt des Walzgutes aus einem Kaliber und dem Wiedereinführen in das folgende stets eine gewisse Zeit liegt. Das Bestreben muß nun darauf hinauslaufen, den Unterschied zwischen theo-

h r

Keibung zwischen Block und Walzgut gleich oder größer ist als die aus der Stauchkraft K und dem Greifwinkel a sich ergebende rückwärts wirkende Kraft R. Aus Abb. 1 ergibt sich R = K • sin a. Die Reibungskraft M ergibt sich als Produkt der senk­recht zu ihr wirkenden, durch die Walzenachse gehen­den Kraft W, die von der Stauchkraft K hervor­gerufen wird, (W = K • cos a) mit dem Reibungs­winkel tg p zu M = K • cos a • tg p. Im äußersten Falle, in dem die Walzen eben noch fassen, ist die Reibungskraft M gleich der rückwärts wirkenden Kraft R. Es ist also:

K • sin a = K

tg p =

cos a sin a

tg p

= tg a

d. h. die Walzen fassen noch, wenn der Greifwinkel a gleich oder kleiner ist als der Reibungswinkel p.

Bei gleichem Walzendurchmesser ist der Greif­winkel eine Funktion des Druckes:

ABc o sa = AC = R ; AB = R — 1/a (hj — h 2)

COS a = B ~ V « ( h » - h »> = I _ h i - h 2R 2 R

Abbildung 1. Beim Fassen des Blockes auftretende K räfte.

retischer und verlustloser Leistung möglichst gering werden zu lassen. Je besser die mechanischen Hilfs­mittel, je größer die Geschicklichkeit der Walzer und je sicherer und glatter das Fassen des Walzgutes durch die Walzen stattfindet, um so kleiner wird der Unter­schied zwischen theoretischer und verlustloser Lei­stung und um so größer die Erzeugung.

Da die Zeit für die Nebenarbeiten zwischen dem Austritt des Stabes aus einem Kaliber und dem Wiedereinführen in das folgende im allgemeinen unabhängig ist von dem Gewicht des Stabes, so wird man nach Möglichkeit schwere Blöcke zu verwalzen streben. Die Größe der Blöcke ist neben anderen Umständen nach oben begrenzt durch das Greif­vermögen der Walzen. Man kann also keinen größeren Druck anwenden, als es der Greifwinkel gestattet. Wird der Block nicht sicher und glatt von der Walze gefaßt, so ist es besser, bei einem kleinen Block zu bleiben, da durch die infolge des schlechten Fassens der Walzen zwischen den einzelnen Stichen ent­stehenden Pausen die verlustlose Leistung trotz des größeren Blockgewichtes geringer werden wird als beim Verwalzen eines kleineren Blockquerschnittes, der aber noch sicher und glatt von den Walzen erfaßt wird.

Kommt ein Block mit zwei Walzen in Berührung, so werden diese den Block hindurchziehen, wenn die

>) W. T a fe l] : St. u. E . 43 (1923) S. 370.

Will man also mit gleicher Stichzahl durch Er­höhung des Walzdruckes, durch die der Greifwinkel bei gleichem Walzendurchmesser vergrößert wird, eine größere Leistung erzielen, so muß der Reibungs­winkel vergrößert werden. Dieser ist nun von der Rauhigkeit der Walzen und des Walzgutes abhängig. Da an der Rauhigkeit des Walzgutes nichts geändert werden kann, so werden deshalb bei großen Walz­drücken die Walzen künstlich aufgerauht, sie wer­den geschärft.

a, i>

Verschieden vorgenommene Versuche, den Greif­winkel, bei dem die Walzen noch eben fassen, fest­zustellen, haben Werte ergeben, die für glatte Walzen zwischen 22 y2 und 24° und bei gerauhten Walzen zwischen 30 und 34° liegen. Während bei glatten Walzen nur kleine Unterschiede in den Greifwinkeln auftreten können, vergrößern sich diese bei geschärften

aAbbildung 3. Die verschiedene Form der Schärfen

im L ängsschnitt.a = gleiche Tiefe an allen Stellen, b = zu den Enden hin allmählich auslaufend, c = wie b, im gewölbten Kaliber.

Abbildung 2. Verschiedene A rten von W alzenschürfen.

584 Stahl und Eisen. W alzenschärfen. 47. Jah rg . Nr. 14.

Walzen, wo der Unterschied mit 4° mehr als doppelt so groß ist wie bei glatten Walzen, was sich durch die verschieden starke Schärfung erklären läßt.

In Abb. 2 sind verschiedene Arten von Walzen­schärfen gezeichnet, wie sie in der Praxis angewandt werden. Man unterscheidet der Form nach: Parallele Raupenschärfen (a), einfach schräge (b) und gekreuzt schräge Raupenschärfen (c), einfach Winkel- (g), mehrfach Winkel- (e) und Wellenschärfen (f) und Schärfung durch Körner (d) oder durch Flecken (h).

Die Schärfen wer­den entweder an

allen Stellen ihrer Länge mit gleicher Tiefe oder zu den En­den hin allmäh­lich auslaufend

hergestellt. Letztere werden hauptsächlichbei gewölbten Kali­bern angewandt (vgl. Abb. 3). Auch für den

Querschnitt wendet man verschiedenste Formen von denen einige in Abb. 4 wiedergegeben sind.

Um ein sicheres Fassen des Walzgutes durch die Walzen zu gewährleisten, geht man oft in der Form und der Tiefe der Walzenschärfen zu weit, so daß sich diese , wenn sie sich auch noch durch direkten Druck verwalzen, doch nach dem Kanten durch die Kaliber-

cü b

Abbildung 4. Die verschiedenen Quer sehnittsform en von Schärfen,

a = scharfe Spitzschärfen, b = scharfe Spitzschärfen, abgerundet, c = einseitig scharfe Spitzschärfen, d = einseitig scharfe Spitzschärfen, abgerundet, e = Breitschär­fen. f = abgerundete Breitschärfen, g =

Halbrundschärfen, h = Ovalschärfen.

an

VN

>

Abbildung 5a.Ueberwalzen von Schärfen durch die Kaliberränder vor dem Durchgang durch

das Kaliber.

Ausbildung von Schärfen, wenn ohne Breitung ge­

arbeitet werden soll.

ränder des folgenden Kalibers überwalzen und er­heblichen Ausschuß verursachen.

Wenn nun auch das Bestreben dahin zielt, das Strecken des Walzstabes bei gleichem Querschnitt und gleichem absoluten Druck durch möglichste Verhinderung und Ausschaltung der Breitung mög­lichst groß zu machen, so ist das bei geschärften Walzen, wenn das Ueberwalzen der Schärfen ver­hindert werden soll, nicht immer möglich. Während nämlich bei ungeschärften Walzen die geringste Breite eines Kalibers, vor dem gekantet wird, nur gleich der Höhe des vorhergehenden Kalibers zu sein braucht, muß sie bei geschärften Walzen mindestens gleich der Höhe plus der Summe der Schärfentiefen in Ober- und Unterwalze des vorhergehenden Ka­

libers sein. Denn ist das Kaliber zu schmal, so werden die Schärfen schon, entsprechend Abb. 5 a, ehe das Walzgut überhaupt Druck erhalten hat, durch das Vorbeistreifen der Ränder überwalzt sein, wenn sich der Block noch an der schraffierten Stelle der Abb. 6 befindet. Die Ränder haben, da die Eintrittsge­schwindigkeit des Stabes kleiner ist als die Umfangs­geschwindigkeit der Walzen, an allen Stellen größere Geschwindigkeit als der eintretende Block. Die Schärfen werden demzufolge nach einer Seite, in Richtung des Durchganges des Stabes durch das Kaliber, überwalzt. Dadurch, daß also in diesem Falle, in dem man bei ungeschärften Walzen ohne jede Breitung arbeiten würde, was neben dem einen Vor­teil größter Streckung noch den aufweist, daß eine kräftige diagonale Durcharbeitung des Walzgutes eintritt und eine hervorragend gute Führung des Stabes vorhanden ist, entsteht ein nicht zu unter­schätzender Nachteil bei Walzen mit geschärften Kalibern. Man nimmt jedoch vielfach, um die dia­gonale Durcharbeitung besonders bei Edelstahlen zu

erhalten, den durch das Gleiten zwischen Kaliber­rändern und Walzgut entstehenden größeren Rand­verschleiß und größeren Kraftbedarf in Kauf. Zu­dem kommt hier die größere Rauhigkeit der ge­schärften Walzen gegenüber den ungeschärften Wal­zen nicht voll zur Geltung, denn bei den glatten unge­schärften Kalibern wächst das Greifvermögen der Walzen über die dem arbeitenden Kaliberdurch­messer entsprechende Kraft in nicht unbeträcht­lichem Maße durch die Mitarbeit der Kaliberränder hinaus, da dadurch der arbeitende Durchmesser ge­wissermaßen vergrößert wird. Um in allen den Fällen, in denen ohne jede Breitung gearbeitet werden soll,nicht zum Teil auf die Vorteile von geschärften Walzen verzichten zu müssen, wählt man gewölbte Kaliber (vgl. Abb. 3 c), wodurch dann ein Abstreifen der Schärfen, noch ehe der Block überhaupt Druck er­halten hat, vermieden wird (vgl. Abb. 5 b, linke Seite). Um bei dieser Arbeitsweise ein Austreten von Material zu vermeiden, wölbt man nicht nur das Ka­liber an sich, sondern gibt auch den Schärfen eine gewisse Wölbung (Abb. 5 b, rechte Seite). Zudem muß der Abrundungsradius des einzuführenden Blockes größer sein als der Abrundungsradius in der Kalibertiefe. Beim Durchgang durch das Kaliber

Abbildung 6. Durchgang durch ein Kastenkaliber.

7. April 1927. Walzenschärfen. Stahl und Eisen. 585

erhält dann der Block an diesen Stellen weniger Druck als in der Mitte und neigt nicht so stark zur Nahtbildung.

Wie schon oben erwähnt, muß, um ein Abstreifen der Schärfen zu verhindern, während der Block an den schraffierten Stellen der Abb. 6 liegt, die Breite des Kalibers mindestens gleich der Höhe des vor­hergehenden Kalibers plus der Summe der Schärfen in Ober- und Unterwalze sein. Unter der Erfüllung der obigen Bedingung sollen die Verhältnisse beim weiteren Durchgang durch das Kaliber betrachtet werden, wozu zunächst ein Bild über die Geschwin­digkeiten beim Walzen zu entwerfen ist. Als Walz­geschwindigkeit bezeichnet man die Geschwindig­keit, mit der der Stab aus der Walzebene MXM2 (Abb. 6) austritt. Diese Austrittsge­schwindigkeit entspricht weder der auf den arbeitenden Durchmesser der Walzen D, bezogenen, noch der dem mittleren Walzendurchmesser Dm entsprechenden Walzenumfangsgeschwindigkeit, sondern sie ist gleich der Umfangsgeschwindigkeit einer Walze mit dem Radius2) R + h/4.

In Abb. 7 a ist nun die Ge­schwindigkeitskurve für die Kaliber­ränder gezeichnet (Kurve 1' 4' 3'5' 2') und dazu in Gegenüberstellung die gleichbleibende Austrittsgeschwin­digkeit a des Stabes. Die Ordinate entspricht den einzelnen Punkten der Kaliberhöhe, während auf der Abszisse die zur jeweiligen Kaliber­höhe gehörenden Umfangsgeschwindigkeiten aufge­tragen sind. Die Entfernung 1 bis 1' bzw. 2 bis 2' entspricht einem Durchmesser Dx, die von 3 bis 3' einem Durchmesser Dm, die von 4 bis 4' bzw. 5 bis 5' einem Durchmesser von D = Dx + 2 ■ h/4. V onl' bis 4' bzw. von 2' bis 5' hat also der Block eine größere Geschwindigkeit als die Kaliberränder, dagegen von 4' bis 5' die Kaliberränder eine größere Ge­schwindigkeit als der Block. Durch die Breitung des Blockes werden die Schärfen dauernd in Berüh­rung mit den Kaliberrändern gehalten, so daß also bei ungeeigneter Form der Schärfen ein Zurseite- mahlen und damit ein Ueberwalzen der Schärfen eintreten kann. Zwischen 1' und 4' bzw. zwischen 2' und 5' tr itt dieses Ueberwalzen durch die größere Blockgeschwindigkeit, zwischen 4' und 5' durch die größere Randgeschwindigkeit ein. Bei der durch den Pfeilstrich angegebenen Durchgangsrichtung (Abb. 7 b) wird sich also die Schärfe a an ihren Enden zum Eintritt, in ihrer Mitte zum Austritt hin ver- walzen.

Nun sind allerdings die Verhältnisse nicht ganz so einfach, da nicht nur die Walzebene allein, sondern der ganze Raum vom Eintritt EXE2 bis zum Aus­tritt Ax A2 aus den Walzen (Abb. 6) in Betracht ge­zogen werden muß. Da schon in der Eintrittsebene die Breitung beginnt, so sind die Schärfen mit den Kaliberrändern in Berührung und können bei ver­schiedenen Geschwindigkeiten zwischen Kaliber­

2) Vgl. W. T a f e l : Walzen und W alzenkalibrieren(Dortmund: F. W. Ruhfus 1923) S. 63.

X IV .17

rändern und Walzstab abgeschert werden. Während die Geschwindigkeit der Kaliberränder für Ein- und Austritt die gleiche ist, wird die des Blockes von der Walzebene Ax A., bis zur Eintrittsebene geringer, d. h. der Unterschied zwischen den Geschwindigkeiten der Kaliberränder und des Blockes wird sich ver­größern. Die Geschwindigkeit der Ränder wird in all den Fällen, in denen geschärfte Walzen angewandt werden, bei denen also der Greifwinkel größer als 22° ist, in der Eintrittsebene an allen Stellen größer sein als die des Walzstabes (punktierte Linie in Abb. 7a) und erst allmählich bis zum Austritt hin zwi­schen 1' und 4' und zwischen 2' und 5' kleiner werden. Es muß also, falls Gelegenheit dazu vor­handen ist, während des ganzen Blockdurchgangs

ba Gescdn'/'/rd/gAe/f des da/ii/errandes

7 ' /

1 VL , \

1i l S L

/descdtr/nd/g/re/f des ß/ocdes-

e, de/m dm fr/d a. " dusfp/d

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GÜ--CL

Abbildung 7a. Geschwindigkeits- kurve der K aliberränder.

Ourcßgangsp/cMup̂ Abbildung 7 b. Form der

überwalzten Schärfe.

von der Eintrittsebene bis zur Austrittsebene hin zwischen den Punkten 4' und 5' ein Ueberwalzen der Schärfen in der Walzrichtung, zwischen 1' und 4' und zwischen 2' und 5' zuerst ein Ueberwalzen entgegen­gesetzt und dann in der Walzrichtung eintreten, was die Praxis auch tatsächlich zeigt (Abb. 7 b).

Abbildung 8. Versuch von Hollenberger.

A bbildung 9.

Form der überwalzten Schärfe bei

großem Oberdruck.

Abbildung 10. Möglichkeit des Ueberwalzens von Wal- zenschärfen bei b re iten K a­

libern.

Die Schräglage der überwalzten Schärfen ist also gerade umgekehrt wie die Materialfließverhältnisse im Innern des Stabes. Letztere sind durch die be­kannten Versuche von H o llen b e rg 3) geklärt worden. Durch das Vorwerfen der abgescherten Schärfen wird nicht die ganze senkrechte Oberfläche mit­gezogen, sondern nur die überwalzten Schärfen.

3) St. u. E. 3 (1883) S. 121.

74

586 Stahl und Eisen. Bemerkungen zum zweiten Jahresbericht des Reparationsagenten. 47. Jah rg . Nr. 14.

Die senkrechte Fläche selbst wird, da ein Mitreißen durch die Kaliberränder nicht stattfindet, kaum vorgeworfen, sondern wird sich bei stärkerem Druck sogar in ihrer Mitte entgegen der Walzrichtung biegen, wobei sich ein Zurückbleiben der mit der kleineren Walze in Berührung stehenden Fläche gegenüber der mit der größeren Walze — bei Oberdruck — in Be­rührung stehenden Fläche des Walzstabes zeigen wird.

Die Richtigkeit dieses Zurückbleibens, wie es Metz4) bei seinen Versuchen beobachtet hat, konnte auch an überwalzten Walzenschärfen festgestellt werden. In einem offenen Kastenkaliber, das zu mehr als zwei Drittel in der oberen Walze und zu ein Drittel in der Unterwalze eingeschnitten war, wurde mit starkem Oberdruck gearbeitet. Die vorher senkrechten Schärfen zeigten nach dem Stich eine überwalzte Form nach Abb. 9.

Man sieht also, wie die verschiedensten Abscher­formen durch mannigfache Bedingungen auftreten können. Nun sind leichte Ueberwalzungen von Schärfen für gewöhnliche Eisen- und Stahlsorten nicht von großer Wichtigkeit, da sie sich beim weiteren Walzvorgang verwalzen und verschweißen. Dagegen ist bei der Walzung von Edelstahl großes Augenmerk auf richtigste Schärfung zu legen. Die Schärfenform, die größte Sicherheit gegen überwalzte Schärfen bietet, ist die nach Abb. 4 h. Findet hier ein Ab­scheren der Schärfe statt, dann wird sich die Form der Schärfe zwar verändern, aber noch keine Ueber- walzung eintreten. Allerdings ist hier die Rauhigkeit der Walze keine allzu große. Um diese zu erhöhen, muß man schon zu der Kaliberform nach Abb. 3 c greifen. Bei allen Schärfungen ist aber darauf zu achten, daß ein Schärfen in den Abrundungen der Kaliber unter allen Umständen vermieden wird. Da nämlich die Abrundung in dem vorhergehenden Kaliber größer ist, so erhalten die Schärfen nicht sofort direkten Druck. Während der allmählichen Annäherung der Profilabrundung an die Kaliber- abrundung rutscht diese über die Schärfen hinweg, so daß Ueberwalzung eintreten muß.

Wenn man also nicht die Form der Schärfe an­wenden kann, die größte Rauhigkeit der Walzen be-

4) St. u. E. 43 (1923) S. 914/6.

dingt, dann könnte man ja die Kaliber einfach so groß machen, daß ein Vorbeistreichen der Ränder und damit ein Ueberwalzen der Schärfen überhaupt nicht eintreten kann. Aber auch bei Inkaufnehmen der damit verbundenen bereits oben erwähnten Nach­teile ist ein Vermeiden jeglicher Ueberwalzung nicht zu erreichen, wie aus der ohne weiteres zu ver­stehenden Abb. 10 zu ersehen ist.

Das Auftreten von überwalzten Schärfen hat bei einigen Edelstahlwerken dazu geführt, die Walzen nicht zu schärfen und große Streckung durch Ver­meidung jeglicher Breitung zu erreichen. Das aber ist walztechnisch nicht richtig. Tafel5) sagt, daß „der Anteil der Lagerreibung prozentual um so größer sein müsse, je kleiner die Abnahme sei, eine Tatsache, die aus den P u p p esch en Versuchen auch von K ießelbach abgeleitet worden ist. Sie führt zu der leider häufig außer acht gelassenen Forderung, stets so viel Druck anzuwenden, als das Greifvermögen der Walzen zuläßt“ .

In dem Herstellungsverfahren der Schärfen, Ein­meißeln von Hand, Aushauen und Nachschleifcn, liegt eine große Gefahr in der Ungenauigkeit der Schärfen. Man arbeitet jedoch zweckmäßig mit der Sicherheit, daß selbst, wenn eine Schärfe zu stark ausfallen sollte, noch das Ueberwalzen vermieden wird. In jüngster Zeit ist eine selbsttätige Walzen- schärfmaschine auf den Markt gebracht worden, die durch die Genauigkeit, mit der sie die verlangte Form der Schärfe herstellt, gestatten soll, die Form der Schärfe so zu wählen, daß die größte Rauhigkeit der Walze erreicht werden kann.

Z usam m enfassung .Die Erhöhung der Walzleistung durch künstliches

Aufrauhen, d. h. Schärfen der Walzen, bringt bei unzweckmäßiger Gestalt der Schärfen und ungenauer Kalibrierung Schwierigkeiten mit sich, die sich im Ueberwalzen der Schärfen bemerkbar machen. Dieser Vorgang ist auf die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Walze und Walzgut und die Wirkung des Kaliberrandes zurückzuführen. Durch zweckmäßigste Ausbildung und Genauigkeit bei der Herstellung der Schärfen sind derartige Fehler zu vermeiden.

6) A. a. 0 .

Bemerkungen zum zweiten Jahresbericht des Reparationsagenten.Von Dr. M. S ch lenker in Düsseldorf1).

( Die Höhe der Reparationsleistungen in den einzelnen Planjahren. Die Abwicklung der bisherigen Leistungen und die deutsche Wirtschaftslage. Die deutsche Handels- und Zahlungsbilanz. Der Sachlieferungsverkehr. Verwendung unvergleichbarer Statistiken. Eisenbahn und Binnenschiffahrt. Rationalisierung und Lohn­

frage. Der Reparationsagent gegen die überflüssigen Zollschranken. Ueber die Auslandskredite.)

I n einer vielbeachteten Rede hat Kommerzienrat Reusch in seiner Eigenschaft als Präsident

der Handelskammer Duisburg am 24. Januar 1927 von gewissen Voraussetzungen gesprochen, die erfüllt sein müßten, ehe ein wirtschaftlich vertrauensvolles Zusammenarbeiten mit unseren Nachbarn und ehe-

4) Nach einem Vortrage vor den V orstandsm it­gliedern des Vereins Deutscher Eisen- und S tahl-Indu­strieller und der N ordw estlichen Gruppe in Düsseldorf am 18. März 1927.

maligen Feinden Tatsache werden könne. Zur Her­stellung dieses Vertrauens gehöre auch, daß die vielen fremden Behörden, Treuhänder und Aufpasser mit ihrem ganzen Stabe, die uns bevormunden und eine auf die Dauer unerträgliche Nebenregierung darstellen, so bald wie möglich aus Deutschland zu­rückgezogen werden. Diese Empfindungen, denen Reusch Ausdruck gegeben hat, müssen auch jeden Deutschen überkommen, der den zweiten Jahres­bericht des Reparationsagenten zur Hand nimmt

7. April 1927. Bemerkungen zum zweiten Jahresbericht des Reparationsagenten. Stahl und Eisen. 587

und sich in diesen Bericht wie auch in den Bericht der Bevollmächtigten und Treuhänder vertieft. Bei einer Beschäftigung mit diesem Bericht wird wieder klar, welch riesige Last das deutsche Volk auf sich nahm, als es sich bereit erklärte, das Sachver­ständigengutachten nach besten Kräften zu erfüllen. Nur mit tiefer Sorge kann man der Entwicklung der kommenden Jahre entgegensehen, in denen unsere Verpflichtungen aus dem Gutachten immer größer, die Lasten immer schwerer werden.

Nach dem Sachverständigengutachten waren im zweiten Planjahre, d. h. vom 1. September 1925 bis 31. August 1926, 1220 Millionen J lJ l auf­zubringen; für das dritte Planjahr hatten die Gut­achter 1200 Millionen J lJ l vorgesehen. Durch das Anfang September 1926 von dem früheren Reichs­finanzminister Dr. R einho ld mit der Reparations­kommission geschlossene Uebereinkommen zahlen wir jedoch im laufenden Jahre freiwillig.300 Millionen J lJ l mehr, so daß sich für das dritte P lan jahr eine Summe von 1500 Millionen J lJ l ergibt. Die Regelung erklärt sich daraus, daß die bisherigen und wohl auch zu­künftigen Erträgnisse aus den verpfändeten Ein­nahmen größer gewesen sind und sein werden, als man ursprünglich angenommen hatte, und daher mit Ergänzungsbeiträgen aus dem deutschen Haushalt im vierten und fünften Planjahre in Höhe von ins­gesamt 500 Millionen J lJ l gerechnet werden mußte. Das erwähnte Reinholdsche Abkommen ersetzt diese beiden Ergänzungsbeiträge durch eine einzige in diesem Jahre zu leistende Zahlung. Es soll hier in den Streit der Meinungen nicht eingegriffen werden, ob es zweckmäßig war, ein derartiges Abkommen zu treffen, welches das laufende Planjahr zugunsten der beiden nachfolgenden belastet und damit eine .har­monischere“ Kurve der bis zum Normaljahr zu lei­stenden Zahlungen gewährleistet. Bedauerlich bleibt in jedem Falle, daß eine Finanzpolitik betrieben wurde, die der Wirtschaft viel zuviel Geld abpreßte und die öffentlichen Kassen in unnötiger Weise füllte. Der Reparationsagent selbst hat schon in seinem ersten Jahresbericht auf die hohen Ueber- schüsse an Steuern und öffentlichen Abgaben hin­gewiesen und mit vollem Recht betont, daß ein Uebermaß der Besteuerung die Steuerquellen selbst leicht zum Versiegen bringen könne.

Der Bericht erkennt zunächst an, daß auch im zweiten Jahre die Zahlungen pflichtgetreu und pünktlich geleistet wurden und die Verteilung an die Gläubigermächte regelmäßig und ohne Schwierig­keiten vonstatten ging. Er bescheinigt weiter der deutschen Regierung und dem deutschen Volke den guten "Willen zur Erfüllung des Planes und stellt fest, daß bereitwilliges Entgegenkommen hinsicht­lich aller auftretenden Schwierigkeiten gezeigt wurde. Das hervorstechendste Merkmal aus dem allgemeinen Bericht über die w ir tsc h a ftlic h e Lage D eu tsch ­lands ist denn auch die Zuversicht, die der Agent fast in allen Fragen der wirtschaftlichen Entwick­lung Deutschlands — die Arbeitslosenfrage vielleicht ausgenommen — zur Schau trägt. Seine allgemeine Auffassung ist die, daß die deutsche Wirtschaft,

insbesondere die deutsche Industrie, nachdem der Tiefpunkt der Krise überwunden sei, sich auf dem Wege zum Wiederaufstieg befindet, und, wie er sich ausdrückt, „die Vorteile der Stabilisierung in be­trächtlichem Maße zu genießen beginnt“. Während aber Parker Gilbert sich im vorigen Jahre dahin äußerte, Deutschland könne die seiner Ausfuhr ent­gegenstehenden Hindernisse der hohen fremden Zollschranken entweder durch Kreditgewährung oder durch die Gediegenheit seiner Waren überwinden, hütet er sich nunmehr, bestimmte Prophezeiungen für die Zukunft zu machen. Ueber die Fortschritte der nächsten Jahre könne natürlich niemand etwas Voraussagen, die Antwort hänge vielleicht nicht zu­letzt von au ß e rh a lb Deutschlands liegenden Um­ständen ab. „Die Stabilisierung ist noch nicht überall in Europa zur Tatsache geworden“, schreibt der Reparationsagent. „Bevor sie nicht überall erreicht ist, kann man kaum erwarten, daß sich der Welt­handel in normalen Linien entwickeln wird. Valuta­schwankungen und Handelsschranken sind noch ver­antwortlich für die allgemeine Verwirrung. Unter diesen anormalen Umständen ist es sogar noch schwieriger als sonst, die Auswirkungen derartig großer internationaler Zahlungen, wie sie das Reparations­programm vorsieht, auf Produktion und Handel zu beurteilen.“ Gilbert äußert sich also gegenüber den Auswirkungen der großen Zahlungen sehr zu­rückhaltend ; er sieht im übrigen noch nicht den Zeit­punkt fürgekommen, ein endgültiges, umfassendes Ab­kommen über alle Reparations- und verwandten Fragen — worunter er zweifellos auch die interalliierte Schuldenregelung versteht— zu schließen. Dazu reich­ten diebishergesammeltenErfahrungennoch nichtaus.

Die Ursachen, aus denen Parker Gilbert seine Auf­fassungen über die Wirtschaftslage gewonnen hat, gehen im wesentlichen aus den einzelnen Berichten hervor, die er zum Teil selbst, zum Teil durch die einzelnen Beauftragten erstattet. Hier findet man, wenn man im einzelnen die Gesichtspunkte, nach denen die Gesamtlage beurteilt wird, prüft, mitunter ganz eigenartige Feststellungen. Es sei das Kapitel über die E n tw ick lu n g der d eu tsch en H a n ­delsb ilan z vorweg herausgegriffen. Bei der all­gemeinen Uebersicht über die Gestaltung unserer Handels- und Zahlungsbilanz ist die Feststellung bemerkenswert, daß es Deutschland noch nicht mög­lich ist, eine regelrechte Zahlungsbilanz überhaupt aufzustellen. Der Versuch einer Berechnung wird jedoch gemacht, und zwar mit dem Ergebnis, daß im zweiten Reparations jahr (das Kalenderjahr wird von Parker Gilbert absichtlich nicht benutzt) die Handelsbilanz in Uebereinstimmung mit dem Vor­gehen des Instituts für Konjunkturforschung mit ungefähr 300 Millionen J lJ l aktiv war, vubei die Ausfuhr an Sachlieferungen auf Reparationskonto außer Ansatz blieb. Zur Feststellung der Zahlungs­bilanz errechnet der Reparationsagent im Fracht­geschäft und Durchgangsverkehr einen Ueberschuß von ungefähr 600 Millionen; hinzu kommen noch weitere 1750 Millionen Auslandskredite, so daß er einen U eberschuß fü r das zwre ite P la n ja h r

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von insgesam t 2350 M illionen herausrechnet! Auf die Soll-Seite der Bilanz werden u. a. 416Millionen gesetzt, die in fremder Valuta übertragen wurden, nachdem 656 Millionen für Sachlieferungen in Abzug gebracht sind. Diese Berechnungsweise ist jedenfalls unzulässig. Es ist erstaunlich, daß selbst der Re- parationsagent zwischen Sachlieferungen und Bar- iibertragungen unterscheidet, obwohl ihm genau bekannt ist, daß in Wirklichkeit die Auswirkungen auf die deutsche Währung vollkommen gleich sind. Schon im Teil 1, XI des Sachverständigengutachtens heißt es wörtlich: „In ihrer finanziellen Wirkung unterscheiden sich die Sachlieferungen tatsächlich nicht von Barzahlungen, und sie können auf die Dauer den wirklichen für die Ausfuhr verfügbaren Ueber­schuß der deutschen Produktion gegenüber dem Verbrauch nicht übersteigen, ohne die Währung in Unordnung zu bringen oder die Aufnahme auswärti­ger Anleihen notwendig zu machen.“

Der Sachlieferungsverkehr hat sich, wie das auch von unseren Hauptgläubigern beabsichtigt war, in den beiden letzten Jahren besonders stark ent­wickelt. Der Nachweis für das vergangene Repara­tionsjahr ergibt, daß Uebertragungen in ausländischer Währung in Höhe von rd. 415,6 Millionen Sachliefe­rungen in Höhe von 655,5 Millionen gegenüberstehen. Frankreich und Belgien sind hier die Hauptbezieher. Im zweiten Berichtsjahre sind 3650 Verträge unter­breitet worden, in denen Düngemittel und andere chemikalische Erzeugnisse den größten Geldwert neben der Lieferung von Tieren usw. darstellen. I ta lie n bezog neben Kohlen namentlich Textil­maschinen, Ja p a n „kaufte“ Automobile, P o rtu g a l Lokomotiven, G riechen land Holzhäuser, S erbien Sachwerte in Höhe von 37,8 Millionen JlJl, darunter Eisenbahn- und Straßenbahnwagen, Bau- und Brückenbauzeug, Heilmittel und selbst Heeresklei­dung im Werte von 1 Million JlJl. Der Reparations­agent bemerkte in seinem Bericht, daß man b ed eu ­ten d größere S ach lieferungen als bisher zur Durchführung der Uebertragung ins Auge fassen müßte. Diese Auffassung ist vom Standpunkt des Reparationsagenten aus sehr verständlich und schließt die Erkenntnis ein, daß bei einer Erhöhung der deut­schen Leistungen in verstärktem Maße die Schwie­rigkeiten zunehmen werden, zu übertragen und die Reparationsgläubiger in den Genuß der Leistungen zu setzen. In Frankreich haben sich nun bereits zwei Finanzierungsgesellschaften gebildet mit dem Zweck, größere Sachlieferungsverträge sicherzustellen und insbesondere den Teil der Geldmittel aufzubringen, der vom Reparationsagenten nicht bezahlt werden kann. Es ist also beabsichtigt, für die Durchführung gewisser Pläne R ep a ra tio n sg e ld e r auf einen langen Z e itraum festzu legen . Hiergegen sind vom deutschen Standpunkt aus schw ere B eden­ken geltend zu machen, zumal da man bestrebt ist, vor dem Abschluß von solch großen Geschäften von deutscher Seite Sicherheiten zu verlangen, daß diese Geschäfte auch dann zur Durchführung gelangen können, wenn der Reparationsagent seine Zahlungen einstellt. Es liegt auf der Hand, daß wir keinen Anlaß haben, Verpflichtungen zu übernehmen, die über den

Dawesplan hinausgehen, um so mehr, als ja die Repa­rationslieferungen schließlich aus unserem eigenen Gelde bezahlt werden. Natürlich ist es nicht not­wendig, sich allen Sachlieferungsverträgen gegenüber ablehnend zu verhalten, aber es e rsc h e in t doch a n g e b ra c h t, h ie r au f gew isse G efah ren ­q ue llen au fm erksam zu m achen.

In den Ausführungen über den deutschen Außen­handel ist ferner zu bemängeln, daß der R e p a ra ­tio n sa g e n t m it ve rsch ied en en S ta tis t ik e n arbeitet, die u n v e rg le ich b a r sind, da sie auf v e rsch ied en en Z e ita b s tä n d e n aufbauen . Bei den Betrachtungen über den deutschen Außenhandel geht er zunächst aus von dem Zeitraum vom 31. Okto­ber 1925 bis 31. Oktober 1926 und stellt für diesen Zeitraum eine aktive Handelsbilanz von 216 Millio­nen JlJl fest. Bei seinen Betrachtungen über die Richtung des deutschen Außenhandels legt er den Zeitraum zugrunde vom 1. Juli 1925 bis zum 30. Juni 1926, und bei der Zergliederung der deutschen Zah­lungsbilanz legt er den Zeitraum vom September 1924 bis August 1925 zugrunde. Notwendigerweise muß das auf diese Art herausgearbeitete Gesamtbild u n ­z u tre ffe n d und ir re fü h re n d sein.

Den A rb e itsb e sc h a ffu n g sp lan beurteilt der Reparationsagent sehr zurückhaltend. Er führt hier mit einem gewissen Recht aus, daß es zweifelhaft erscheine, ob auf die Dauer irgend etwas Konstruk­tives von einem Regierungsplan der öffentlichen Arbeiten erzielt werden kann, der nur dadurch geld­lich gestützt wird, daß man bei dem an sich knappen Kapitalangebot dem Markt große Summen entnimmt, die besser über den gewöhnlichen Weg der Ent­wicklung der Wirtschaft dienen könnten. Die Be­ziehungen zwischen E isen b ah n u nd B innen­sc h if fa h r t werden besonders gewürdigt; es wird hervorgehoben, die wirtschaftliche Ueberlegenheit der Kanalverfrachtungen sei im allgemeinen sehr zweifel­haft. Zur Durchführung des beabsichtigten Wasser­straßenausbaues müßten beträchtliche Summen auf­gewandt werden, und es sei fraglich, ob die zu er­wartenden Vorteile mit solchen Ausgaben im Ein­klang stehen.

Auch zu der V e rk e h rsk re d itb a n k äußert sich Gilbert ablehnend. Wenn er allerdings von 2500 Büros spricht, in denen die Gelder der Verkehrskredit­bank angelegt sein sollen, so ist diese Mitteilung irre­führend. Der Reparationsagent hat hier wohl die Abrechnungsstellen im Auge, die bei den bestehenden Banken vorhanden sind. Ob die Gelder der Verkehrs­kreditbank einen verwirrenden und störenden Ein­fluß auf die Geldmärkte ausüben, wie angeführt wird, mag dahingestellt bleiben. Es ist im übrigen bekannt, daß sich der Reichsbankpräsident bemüht, der Gold­diskontbank, was in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben soll, neue Aufgaben zuzuweisen.

Der Bericht des Eisenbahnbevollmächtigten lautet im allgemeinen für die Reparationsglänbiger günstig. Ausgangspunkt sind auch hier wieder gewisse Ver­gleichszahlen mit Amerika und England, die man nicht als stichhaltig anerkennen kann. Die angeführten Durchschnittszahlen über die Tariferhöhungen in Deutschland können deshalb leicht zu Trugschlüssen

7. April 1927. Bemerkungen zum ztveiten Jahresbericht des Reparationsagenten. S tahl und Eisen. 589

Anlaß geben, weil in sehr vielen Fällen die Einzeltarife in einem Maße erhöht worden sind, die wesentlich über den Durchschnittszahlen liegen und eine Er­mäßigung durchaus erwünscht und notwendig er­scheinen lassen. Wenn L everve am Schluß seiner Ausführungen betont, es verstehe sich von selbst, daß man der Reichsbahn keine ungebührlichen Lasten auferlegen oder Einnahmeausfälle herbeiführen dürfe, die sich aus unvorsichtigen Tarifermäßigungen oder durch gehäufte Wettbewerbsmöglichkeiten ergeben würden, ohne der Allgemeinheit wirklichen Nutzen zu bringen, so ist hierzu zu sagen, daß nach unsern Erfahrungen wiederholt bei einer Senkung der Tarif­ermäßigungen eine Steigerung des Verkehrs und steigende Einnahmen festgestellt werden konnten, also eine v e rk eh rsw erb en d e W irkung erzielt wurde.

Bei den Betrachtungen über die R a tio n a lis ie ­rung zeigen sich, soweit es die L ohnfrage angeht, auch gew isse W idersp rüche. Zu Beginn der Ausführungen über Deutschlands Wirtschaftslage wird bemerkt, daß die Politik der Rationalisierung und des Zusammenschlusses in der Industrie nur geringe Veränderung in den Inlandspreisen und der Lohnhöhe herbeigeführt habe. „Es gibt einzelne Bei­spiele, daß die Löhne in geringem Maße gestiegen und die Preise von Fertigwaren gesunken sind. Diese Fälle sind jedoch verhältnismäßig vereinzelt. Offen­bar folgen die Industriellen dem Grundsatz, daß es wünschenswert ist, erst die Schulden abzuzahlen und das Betriebskapital zu vermehren. Für die Ge­genwart war dieses wahrscheinlich eine gesunde Politik; wenn man aber in die Zukunft schaut, werden die deutschen Industriellen sicherlich auch zu der Erkenntnis kommen, daß höhere Löhne und demzu­folge eine Erweiterung des Inlandsmarktes geeignete Mittel sind, die Produktionskosten zu verringern und letzten Endes den Profit zu vergrößern.“ Zwanzig Seiten weiter wird dann in einem gewissen Gegensatz zu diesen Ausführungen über die Lohnpolitik aner­kannt, daß seit Januar 1924 der durchschnittliche Wochenlohn eines gelernten Arbeiters nach Mittei­lungen des Statistischen Reichsamts von 28,45 JlJl auf 46,37 JlJl, für ungelernte Arbeiter von 23,18 JlJl auf 34,20 JlJl stieg. Die Betrachtungen über die Rationalisierung lassen, wie schon hieraus ersichtlich ist, eine sachliche Darstellung vermissen. Es hätte in diesem Zusammenhang, wenn überhaupt der Re­parationsagent sich mit diesen Fragen auseinander­setzt, das Gesamtbild gewürdigt werden müssen, die hohe steuerliche Belastung, die z. B. für Stabeisen gegenüber derVorkriegszeitumetwa700%gestiegenist, die ständig zunehmenden sozialen Lasten, die großen Geldmengen, die notwendigerweise zum Zwecke der Rationalisierung aufgewendet werden mußten usw. Darauf hinzuweisen hat der Reparationsagent in diesem Zusammenhang versäumt. Er wäre dann wahrscheinlich zu einer anderen Auffassung gekommen und hätte anerkennen müssen, daß sich die Rationali­sierung sehr wohl auch in der Lohnfrage bereits in erheblichem Maße ausgewirkt hat. Von besonderer Bedeutung zu diesem Punkt ist auch der Bericht der

jid V erein ig ten S tah lw erke über das erste Geschäfts-0

jahr vom 14. Januar bis zum 30. September 1926, in dem es u. a. heißt: „Die Umstellung unserer Be­triebe bedingte gleichzeitig auch eine sehr weitgehende Umschichtung unserer Arbeiterschaft. Soweit Still­legungen von Betrieben und Betriebsteilen erfolgen mußten, waren wir bemüht, die Arbeiterschaft auf die in Betrieb bleibenden Werke zu übernehmen. In vielen Fällen waren jedoch Entlassungen unver­meidlich . . . Insgesamt konnte aber im Verlauf des Geschäftsjahres die Zahl der Arbeiter auf den Zechen und Hüttenwerken nicht unwesentlich vermehrt, die der Angestellten auf ungefähr gleicher Höhe gehalten werden . . . W ährend die Zahl der A rb e ite r sich um etw a 9 % e rh ö h te , nahm die m o n a t­liche G esam tlohnsum m e um fa s t 30% und d asD u rch sch n ittsm o n a tse in k o m m en des e in ­zelnen A rb e ite rs um etw a 20% zu. Dabei ist diese Steigerung des Gesamteinkommens ohne Aende- rung der Tariflöhne erfolgt“2). Diese Zahlen sprechen für sich selbst; sie sollten genügen, um zu beweisen, daß das Schlagwort, die Rationalisierung wirke sich für die Arbeiterschaft nicht aus, nichts als ein Schlag­wort ist. Daß, wie in der Reichsstatistik ausgewiesen wird, die M eßzahl fü r In d u s tr ie s to f fe von März 1924 bis Ende Dezember 1926 von 152,2 auf 123,2 gesunken ist, wird ebenfalls bei den Betrach­tungen meist geflissentlich übersehen. Im übrigen sollte man die Entwicklung zunächst einmal abwarten und sich nicht um den Anteil am Rationalisierungs­vorgang streiten, ehe die Rationalisierung sich aus­zuwirken beginnt und auch in den noch ausstehenden Industrien in Angriff genommen worden ist.

In der Uebersicht über die große Krise des ver­gangenen Jahres wird das Ausschalten zahlreicher überflüssiger Stellen vom Reparationsagenten als erfreulich bezeichnet. Wenn Gilbert allerdings davon spricht, daß der größte Teil der Firmen, welche in dieser Zeit erloschen, aus Händlern, zum Unterschied von Herstellern, bestand, so dürfte auch diese Dar­stellung den Tatsachen nicht in ausreichender Weise Rechnung tragen.

Erfreulich ist der Kampf des Reparationsagenten gegen die überflüssigen Zollschranken und die Viel­heit der Grenzen. In dieser Auffassung liegt ein be­merkenswerter Fortschritt gegenüber den Ausfüh­rungen im ersten Jahresbericht. Die Zölle werden mit Recht nur als die erste Belastung für den inter­nationalen Flandel betrachtet. Die förmliche Hem­mung und die weniger anerkannte Tatsache,' daß durch diese Hemmnisse auch Betriebskapital in verschwenderischer Art und Weise vergeudet wird, seien zusätzliche Lasten, deren Bedeutung nicht un­terschätzt werden dürfe. Wörtlich heißt es sodann: „Die internationale Feindschaft ist zwar in einem gewissen Ausmaß einer besseren Verständigung ge­wichen, die vielen Schranken gegenüber dem freien Güteraustausch stehen jedoch immer noch Europas Wiederaufbau hemmend entgegen. Die A u sd eh ­nung des A ußen h an d els D eu tsc h la n d s so-

2) Lediglich im Steinkohlenbergbau is t durch ver­bindlich e rk lärten Schiedsspruch m it W irkung vom1. Septem ber eine durchschnittliche Lohnerhöhung von4 % vorgenomm en worden.

590 Stahl und Eisen. Bemerkungen zum zweiten Jahresbericht des Reparationsagenten. 47. Jahrg . Nr. 14.

wohl wie des seiner N achbarn w ird in b e ­träch tlich em Maße davon abhängen . bis zu welchem G rade diese S chranken b e se itig t w erden können .“

Dr. R e ichert hat in seinen Ausführungen zum ersten Bericht des Generalagenten3) nachdrücklich und mit vollem Recht darauf hingewiesen, daß bei den wichtigsten Ländern der Gegenseite nicht der Wille erkennbar sei, ihre H an d e lsp o litik m it der R e p a ra tio n sp o litik in E in k lan g zu b ringen und den natürlichen Ausgleich zwischen Schuldner- lind Gläubigerländern entwickeln zu lassen. Das letzte Jahr hat gezeigt, daß diese Kritik Dr. Reicherts auch heute noch leider zu Recht besteht. Neue Ausfuhrmöglichkeiten — von den vorübergehenden Auswirkungen des englischen Streiks abgesehen — hat das vergangene Jahr nicht gebracht. Der d re ifach e In te re s s e n k o n f lik t in den Gläubiger­staaten, den S ta m p 4) in treffender Weise als Kampf zwischen den Interessen des K r e d i t ­gebers (möglichst hohe Zinszahlung der im Ausland angelegten Gelder), des S te u e rz a h le rs (Zahlungen zur Ermäßigung der Besteuerung und Entlastung des Staatshaushaltes) und des F a b r ik a n te n und E x p o rte u rs (Wunsch auf Eindämmung der deut­schen Ausfuhr) kennzeichnet, hat sich eher v e r ­sc h ä rf t als g em ild e rt. Immerhin ist erfreulich, daß der Reparationsagent nunmehr seinerseits anscheinend die Gefahrenquellen, die mit dieser Politik verbunden sind, erkannt hat und sinn­gemäß unterstreicht, daß von der H e rs te llu n g der norm alen H andelsbez iehungen die w ei­te re E n tw ick lu n g der R e p a ra tio n s fä h ig k e it D eu tsch lands abhäng t.

Der Raum verbietet es, an dieser Stelle auf weitere bemerkenswerte Aeußerungen des Reparationsberich­tes, in dem eine Fülle von Zahlen und Hinweisen enthalten ist, einzugehen. Der Reichsfinanzminister K öhler hat mit Recht anläßlich seiner Haushalts­rede darauf hingewiesen, daß zwar die inneren Kriegs­lasten von Jahr zu Jahr fallen, der Betrag für eigent­liche Wiederherstellungszahlungen jedoch ständig zunehme und im Augenblick noch keine Möglichkeit zu sehen sei, wie wir trotz allem guten Willen die hohen Lasten aufbringen können. Diese sorgen­vollen Aeußerungen des Reichsfinanzministers stellen zweifellos die Antwort dar auf die Bemerkungen im Reparationsbericht, daß der tatsächliche Verlauf der Dinge die Erwartungen der Sachverständigen noch übertroffen (!) und Deutschland die gesamte zweite Annuität aus seinen eigenen M itte ln in der in dem Plan vorgesehenen Art bezahlt habe. Diese Bemerkungen des Reparationsagenten fordern zum schärfsten Widerspruch heraus; denn es ist klar, daß namentlich in den Jahren 1924 und 1925 die Aufbringung der Reparationsleistungen n u r m ög­lich gew esen is t durch H eran z ieh u n g der aus A u s la n d sk re d ite n h e rrü h re n d e n Gelder. Ohne diese Auslandsgelder wäre es dem deutschen

3) Siehe St. u. E. 46 (1926) S. 223 ff.4) Sir Josiah S ta m p : W eltmeinung und W ieder­

herstellungen. Köln. Zg. Nr. 327 vom 3. Mai 1926.

Volke unmöglich gewesen, die Milliardenzahlungen zu leisten. Deutschland soll nach dem Dawesplan nur so viel an das Ausland abführen, als es an Wirtschaftsüberschüssen erzielt, als aus dem „ w ir t­schaf t l i chen Ueberschuß der A r b e i t s ­le i s tung des La nd es“ bezahlt werden kann. Durch die Auslandskredite ist, wie Reichsbank­präsident Schacht mit Recht hervorgehoben hat, der Bestand Deutschlands an Fremdwechseln künst­lich angereichert worden; es ist aber nach außen nicht erkennbar, ob diese Devisenbestände aus dem Erlös von Ausländsanleihen herrühren oder Erspar­nisse Deutschlands darstellen. Hier liegt eine Täuschun g der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Deut sch lan ds vor, auf die nachdrücklichst hin­gewiesen werden muß. Es ist darum nicht erstaunlich, daß die Uebertragung b isher nicht allzu schwer war. In Wirklichkeit beginnt die eigentliche Uebertragungs- frage erst, namentlich in dem Augenblick, in dem die fälligen Zahlungen nicht, wie es bisher überwiegend der Fall war, aus au f g e n o m m e n e n Schu lde n , son­dern aus der d e u t s c h e n A r b e i t s l e i s t u n g an das Ausland gezahlt werden müssen. Anderseits ist es unzweifelhaft, daß die deutsche Wirtschaft auch weiterhin noch der Auslandskredite bedarf. Das plötz­liche Abstoppen dieser aus dem Ausland hereinfließen­den Gelder, wie wir es seit Beginn dieses Jahres beobachten können, ist in diesem überstürzten Ausmaß jedenfalls nicht ganz ohne Gefahr. Der Uebertra- gungsausschuß hat nun nicht nur die Aufgabe, bei seinen Maßnahmen darauf zu achten, daß die deutsche Währung intakt bleibt, er wird auch eine Rücklage an Auslandswechseln in seine Rechnung als notwendig einzustellen haben, die dazu Verwendung finden muß. vor den politischen Zahlungen die Jahreszinsen aus­zahlen zu können, welche gegen die privaten aus­ländischen Anleihen und Kredite geschuldet werden, wie dies übrigens auch durch die offiziellen Er­örterungen über die Frage der Priorität des privaten Schuldendienstes klargestellt wurde. Der Reichs­bankpräsident S c h a c h t führt in seinem jüngst er­schienenen Buch5) mit Recht aus: „Alles, was wir Deutschen zur Lösung dieser Frage (der Reparations­frage) beitragen können und wollen, ist, daß wir ehr­lich das Aeußerste leisten, was die Welt vernünftiger­weise von uns verlangen kann; aber wir würden uns vertrauensunwürdig und verantwortungslos zeigen, wenn wir nicht immer wieder die Aufmerksamkeit der Welt darauf lenken würden, daß ein internatio­naler friedlicher Wiederaufbau nur möglich ist, wenn man den natürlichen Wirtschaftsgesetzen ihren Lauf läßt.“ Natürliche Wirtschaftsgesetze aber vermögen sich erst dann auch in Deutschland wieder auszu­wirken — und damit komme ich zum Ausgangspunkt dieser Betrachtungen zurück —, wenn neben der Beendigung der politischen und militärischen Be­setzung auch die wirtschaftlich-geldliche Besetzung aufgehört hat zu bestehen, wenn auch der letzte land­fremde Beamte seine Tätigkeit auf deutschem Gebiet aufgpgeben hat.

6) H jalm ar S c h a c h t : Die Stabilisierung der Mark. (S tu tt­gart, Berlin und L eipzig: Deutsche Verlagsanstalt 1927.)

7. April 1927. Umschau. Stahl und Eisen. 591

Umschau.

Erzreduktionsversuche.

Bei den bisher bekannt gewordenen Versuchen, im direkten Verfahren schmiedbares Eisen aus Eisenerzen unter Umgehung des Roheisens zu gewinnen, wurde scheinbar nu r W ert auf die vollständige R eduktion der Eisenoxyde zu metallischem Eisen gelegt; m an erhielt Eisenschwamm. Der Brennstoffbedarf w ar dabei jedoch sehr hoch und der Verlust an Eisen im Erz und bei der folgenden Verarbeitung höher, als es für eine technische Ausführung zulässig sein konnte. Sind diese Einwände auch berechtigt, so is t der d ritte , daß näm lich bei den direkten Verfahren nu r ausgewählte, vor allem sehr eisenreiche Erze in B etrach t kommen, n ich t berechtig t, und zwar dann n ich t, wenn aus diesen ausgewählten Erzen ein Sondereisen m it geringem Phosphor- und Schwefelgehalt erzeugt wird, für das ein höherer Ver­kaufspreis erzielt werden kann. Auch der Brennstoff­aufwand läß t sich vielleicht so w eit herunterdrücken, daß er nicht höher ist, als den U nkosten entspricht, die die Hochofenarbeit verursacht. Der hohe A bbrandver­lust bliebe noch herabzusetzen, was dadurch geschehen kann, daß die R eduktion der Erze n ich t bloß bis zu Eisenschwamm geführt wird, weil dieser beim E in ­schmelzen unweigerlich s ta rk oxydiert wird, sondern so weit, daß nach der R eduktion noch eine leichte K oh­lung des Eisens e in tr itt . Dieser aufgenommene Kohlen­stoff kann sehr wohl die Frischwirkung beim E in ­schmelzen w ettm achen, so daß kein höherer A bbrand als sonst, z. B. im Siemens-M artin-Ofen, e in tr itt . Der Kohlenstoff kann ferner n ich t reduzierte E rzteilchen noch nachträglich reduzieren, weil die Einschm elztem ­peratur höher als die R eduktionstem peratur ist. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, darf als R e­duktionsm ittel n ich t Koks, sondern nur ein Gas ver­wendet werden. Auch darf das Gas n ich t im Gaserzeuger aus Kohle oder Koks gewonnen sein, weil es dann fast den gesamten Schwefel der Ausgangsstoffe en thä lt, wenn seine Menge auch nach B r o n n 1) heruntergedrückt werden kann. Auch wäre eine nachträgliche Reinigung des Generatorgases zu um ständlich und zu kostspielig. Um neben der R eduktion gleichzeitig die gewünschte schwache Aufkohlung zu erreichen, erscheint die Ver­wendung von Koksofengas oder einem diesem gleich­wertigen Gas durch den hohen Gehalt an W asserstoff und Kohlenwasserstoffen als am besten geeignet. So ist es dem Verfasser bei den später beschriebenen U n ter­suchungen gelungen, bei der R eduktion von Eisenerzen m it Leuchtgas, das zuvor m it konzentrierter Schwefel­säure getrocknet wurde, im Anfangszustande, d. h. in den ersten zwei Stunden, die Bildung erheblicher W asser­mengen festzustellen. Das behandelte Erz zeigte in den ersten drei Stunden einen gleichmäßig hohen Kohlen­stoffgehalt von 0,1 % C, bei w eiterer R eduktion m it der Länge der Einw irkung steigend einen solchen von 0,7 % C, 1,68 % C, ja sogar von 2,23 % C. Eine R eduk­tion der in großer Menge vorhandenen Phosphorsäure konnte bei dem bis zu 1,68 % C getriebenen R eduktions­versuch nicht festgestellt werden, wodurch bestä tig t wird, daß vor allem Koksofen- oder ein diesem gleich wirksames Gas Verwendung finden kann, und daß selbst aus phosphorreichen Erzen, wenn sie nu r schwefelarm sind, ein hochwertiges Eisen gewonnen werden kann. Auch bezüglich einer etw aigen Schwefelaufnahme wurden günstige Ergebnisse erzielt, worüber spä ter noch berichtet werden wird.

Es is t klar, und das bestätigen auch die Versuche, daß der F o rtsch ritt der R eduktion bis ins Innere des Erzes von der Korngröße abhängig sein wird, weswegen das Erz in verschiedenen K ornklassen vorliegen oder gebracht werden m uß, und daß jede Kornklasse eine angepaßte Reduktionszeit erhalten muß. Das Gas w ird sich, das braucht n ich t bewiesen zu werden, günstiger

4) St. u. E. 46 (1926) S. 78/80.

bei der R eduktion der Erze auswirken, wenn es n ich t vollständig dafür ausgebraucht w ird; es is t aber zu teuer, als daß es nur zum Teil ausgenutzt verloren ge­geben werden könnte. Darum wird es sich empfehlen, es nur so weit, wie es die E igentüm lichkeit des Erzes erheischt, reduzierend arbeiten zu lassen, und es dann zur Erzielung der R eduktionstem peratur, die m it 760 bis 800 0 als g u t ausreichend festgestellt wurde, zu ver­brennen. Diese doppelte Verwendungsart schließt eben­falls die Heranziehung des an und für sich schon wenig reduktions- und heizkräftigen Generator- oder G icht­gases aus. E ine Vorwärmung des Koksofengases selbst is t n ich t erforderlich, es reagiert auch bei R aum tem pera­tu r, wenn nur der zu reduzierende K örper die verlangte T em peratur hat. W enn sich das Gas an dem reduzierten E insatz vorwärm t, so kom m t dies der R eaktion zugute, und es w ird ein Verlust an fühlbarer W ärme vermieden.

Als Ofen zur Durchführung der R eduktion ist der Tunnelofen zu empfehlen, wie er in der keramischen Praxis und neuerdings zum Tem pern des schm iedbaren Gusses in Anwendung gekommen ist, weil er die doppelte Verwendung des Gases (zur R eduktion und dann zur Heizung) bequem g esta tte t, weil bei ihm in der Bewegung von Erz und Gas das Gegenstromverfahren gew ahrt ist, und weil er leicht zu überwachen und zu regeln ist. Der W ärm einhalt der nach der R eduktion abziehenden Gase kann bei ihm zur Vorwärmung des ka lt eingeführten Gutes dienen; der R estante il an W ärme in den Gasen w ird der Erzielung gu ter V erbrennungstem peraturen Vor­schub leisten, und die im reduzierten G ut enthaltene W ärme kann wieder zur Vorwärmung des (kalt einge­führten) Frischgases ausgenutzt werden. Das Erz kann auf Hordenwagen m it m ehreren E tagen, die der K orn­größe des Erzes entsprechend gelocht sein können, in den Ofen ein- und ausgebracht werden oder den Ofen auf einem endlosen Bande durchstreichen.

Das Ausschmelzen des Eisens kann sowohl im Siemens-Martin-Ofen als auch im Elektroofen erfolgen, wobei durch Auswahl un ter verschieden hoch gekohltem R eduktionsgut dem Verfahren ein bestim m ter Verlauf vorgeschrieben werden kann. N atürlich können dabei gewünschte oder erforderliche Zusätze an Mangan, Silizium usw. gem acht werden.

Zur E rhärtung des eben Gesagten wie auch als Vorschlag, wie Erze für dieses angegebene d irekte Ver­fahren einer Voruntersuchung unterw orfen werden können, mögen die nachfolgende Beschreibung und E r­läuterung der Reduktionsversuche dienen.

Zunächst wurde in Vorversuchen an einem sehr derben R oteisenstein (aus Frankreich m it 50 % Ge- sam t-Fe) festgestellt, daß zur R eduktion n ich t höhere Tem peraturen als 700 bis 800 0 erforderlich sind, daß ferner die R eduktionszeit von der Stückgröße abhängt, was daraus hervorgeht, daß ein E rzstück von 15 g Gewicht nach dreistündiger Behandlung einen ebenso hohen R eduktionsverlust ergab wie ein 9 g schweres nach nu r zweistündiger Behandlung, und das nach 4 st vollständig reduziert war. An M agneteisensteinen, die als die schwerst reduzierbaren Erze gelten, wurde fest­gestellt, daß sie, so _fest sie auch waren, bald ein sehr loses Gefüge aufwiesen, wenn sie m ehr oder weniger deutlich kristallinisch waren. Sie wurden so lose, daß sie schon nach ein- bis zweistündiger R eduktion n icht m ehr fü r Feinschliffe zu gebrauchen waren. An einem sehr dichten und sehr fein kristallinischen M agneteisen­stein wurde nach 2 s t schon ein R eduktionsverlust von fast 18 % e rm itte lt, was wohl auf die sehr energische R eduktion durch den W asserstoff und die Kohlenwasser­stoffe des Leuchtgases zurückzuführen ist. Die R eduk­tio n verläuft zunächst an den Begrenzungsflächen der einzelnen K ristalle, w om it das leichte Mürbewerden der Erzstücke zu erklären ist. Auf eine Bestim m ung des Sauerstoffgehaltes wurde verzichtet, da diese bei dem hohen K ohlenstoffgehalt des reduzierten Erzes nur schwer genau auszuführen gewesen wäre.

Die H auptversuche wurden in einem Laboratorium s- Marsofen m it einem kanadischen R oteisenstein ange­stellt, der außerordentlich h a rt und fest war, so daß das

592 Stahl und Eisen. Umschau. 47. Jah rg . Nr. 14.

Zurechtsägen des Erzes zu Blöckchen von 9 x 9 mm Querschnitt und 20 mm Länge sehr viel Mühe machte.

Die Analyse des bei 125 0 getrockneten Erzes e rg ab : 78,71 % F e20 3 = 55,10 % Fe \ = 58,30 % Gesamt-

4,11 % FeO = 3 ,20% F e / Fe1,25% P 20 6,2,23 % Glühverlust einschl. 0,25 % C 0 2 ( = 0,06 % C),

11,90 % säureunlöslicher Rückstand.Geschliffen und poliert zeigte das Erz bei fünfzig­

facher Vergrößerung ein bald feiner, bald gröber aus­gebildetes Netzwerk von hellgrauer Farbe, fast metallisch glänzend, in dem dicht eingelagert fast gleich große hell­braune und dunkelbraune Kristalle gleichmäßig verteilt waren. In viel geringerer Menge waren schwarze und sehr vereinzelt rein weiße (Quarz-) Kristalle zu erkennen.

Die Ofentem peratur wurde gleichmäßig auf 760 bis 800 0 gehalten. Als reduzierendes Gas wurde der E in­fachheit halber, und weil es dem gereinigten Koksofen­gas nahesteht, Leuchtgas verwendet, das sowohl durch K adm ium azetatlösung als auch durch angefeuchtetes, m it Sägespänen aufgelockertes Raseneisenerz geleitet, in beiden keine Schwefelspuren zurückließ, obwohl es noch Schwefel enthielt. Kurz vor dem E in tr itt in das Reduktionsrohr wurde das Gas durch konzentrierte Schwefelsäure getrocknet.

Die Ergebnisse der Reduktion bei verschieden langer Einwirkungsdauer zeigt Zahlentafel 1.

Zahlentafel 1. E r g e b n i s s e d e r R e d u k t i o n s v e r ­s u c h e b e i v e r s c h i e d e n l a n g e r E in w i r k u n g s ­

d a u e r .

Nr.der

Probe

Gewicht in g vor | n ach

der Reduktion

Dauerder

Ein­wir­

kungst

Verlust

%

p 2o5

%

s

%

0

%

5 6,3757 5,5425 1 12,93 n. best. n. best. 0,1196 6,1924 5,0854 2 17,89 n. best. n. best. 0,0997 6,0424 4,7207 3 21,87 n. best. n. best. 0,1048 6,4055 4,9287 4 23,05 n. best. n. best. 0,7089 5,5065 4,3743 7 20,56 1,51 0,027 1,683

Es ist daraus ersichtlich, daß bei dieser Korngröße das vorliegende Erz bei vierstündiger Reduktionszeit schon vollständig reduziert ist und sogar schon 0,71 % C aufgenommen hat. Bei länger dauernder Reduktion nim m t der Reduktionsverlust durch Aufnahme von Kohlenstoff ab, der in Probe Nr. 9 auf den Gehalt höchst- übereutektoiden Stahles kommt. Der mikroskopische Befund der in der M itte durchgesägten Blöckchen am Kugelmikroskop nach Martens ergab bei 54facher Ver­größerung und bei schräger Beleuchtung folgendes.

Bei Probe Nr. 5 ist das ursprünglich hellgraue Netz­werk am Rande dunkelgrau geworden, die Zahl der Kristalle ist geringer, ihre Farbe ist nur hellbraun und schwarz; die inneren Teile sind gegenüber der unbehan­delten Probe nicht verändert. Die Probe Nr. 6 (also nach 2 st) zeigt, daß die Randzone 1,5 mm tief aus dem dunkelgrauen der Probe Nr. 5 in ein reines (nicht Hell-) Grau übergegangen ist; es sind noch einige hellbraune Kristalle vorhanden, das Innere ist dunkelgrau geworden und h a t das Aussehen der Randzone von Nr. 5. Bei Probe Nr. 7 (nach 3 st Reduktion) ist die rein graue Randzone 3 mm breit geworden; die in ih r enthaltenen hellbraunen Kristalle sehen zerfetzt aus und bestehen aus metallisch blitzenden und hellrostroten Füttern . Das Innere h a t das Aussehen der Randzone von Probe Nr. 6. Die R eduktion ist in Probe 8 scheinbar beendet; das Innere h a t die S truk tu r des Randes von Probe Nr. 7 m it den zerfetzten, teils metallisch blitzenden, teils hell- rostroten (ursprünglich hellbraunen) Kristallen. Nach siebenstündiger R eduktion is t gegenüber der v ierstün­digen nichts Auffälliges zu bemerken. Eine Aetzung der Schliffe zeigt allerdings ein anderes Bild.

Die am Metallmikroskop von Reichert, Wien, be­obachtete S truk tu r der ungeätzten Schliffe läß t die fol­genden Schlußfolgerungen zu.

Die hellgraue, netzartige Grundmasse des R oh­erzes könnte wegen ihres flußartigen, nichtkristallinischen Aussehens und wegen des im Erz vorhandenen Eisen­oxyduls in Verbindung m it dem Eisenoxyd als Eisen­oxyduloxyd anzusprechen sein, zum al die geringe Menge an Kohlensäure (0,25 % ) fü r die Bindung als K arbonat n ich t ausreicht. D aß sie beim Reduzieren von hellgrau in dunkelgrau und schließlich in reingrau über­geht, könnte als Uebergang von Eisenoxyduloxyd zu Eisenoxydul und dann zu Eisen bedenkenlos ange­nommen werden. Der U nterschied im Farb ton der braunen K ristalle is t wohl aus einem gewissen Wasser­gehalt zu erklären, der sich aus dem Glühverlust (nach Abzug der Kohlensäure) ergibt. Das Glühen war nur bei 750 bis 800 0 ausgeführt worden, und die Probe hatte dabei ihre Farbe n ich t geändert, so daß der Glühverlust nich t etwa als eine Sauerstoffabgabe aufgefaßt werden kann, etw a nach der Gleichung: (3 F e20 3 = 2 F e30 4 -j- O). Dagegen is t beim Reduzieren das Verschwinden der dunkelbraunen und das A uftreten von dunkelgrauen K ristallen als Uebergang von Eisenoxyd zu Eisenoxydul und schließlich das Zersetzen der am längsten beständigen hellbraunen Kristalle zu metallisch blitzenden und hell­rostroten K ristallen und endlich auch das Verschwinden der letzteren als eine R eduktion von Eisenoxyd un­m ittelbar zu Eisen aufzufassen, zumal in dieser Phase die Menge des auf genommenen Kohlenstoffs schon erheb­lich ist, etwa nach folgender Gleichung:

F e20 3 + 3 C = 2 F e + 3 CO, oder wahrscheinlicher F e20 3 + 3 F e3C = 11 Fe + 3 CO.

Aus den in Zahlentafel 1 angeführten W erten geht weiterhin hervor, daß nach siebenstündiger Reduktion noch 1,51 % P 20 6 vorhanden sind; zu dieser Feststellung wurde die Probe un ter Luftabschluß in Salzsäure gelöst und anhaltend gekocht, so daß etw a zu elementarem Phosphor (bzw. Eisenphosphid) reduzierte Phosphor­säure dann als Phosphorwasserstoff h ä tte entfernt sein müssen. 1,51 % P 20 6 entsprechen un ter Berücksich­tigung von 20,56 % R eduktionsverlust ebensoviel, näm­lich 1,25 % P 20 6, wie im Roherz. Wie zu erwarten war, is t also eine R eduktion der Phosphorsäure nicht ein­getreten.

Der ursprüngliche Schwefelgehalt des Roherzes betrug 0 ,016% . Nach siebenstündiger Reduktion sind noch 0,027 % oder, un ter Berücksichtigung von 20,56 % R eduktionsverlust, 0,022 % S vorhanden; es sind dem­nach 0,006 % S aus dem Gas aufgenommen, obwohl die R eduktion Dis zur Aufnahme von 1,683 % C, also viel zu lange gedauert ha tte , so daß dies als ein außerordent­lich gutes Ergebnis zu gelten hat.

Die Kohlenstoffbestim mung wurde im Marsofen vor­genommen und das Aussehen der Proben nach der Ver­brennung festgestellt. Die Ergebnisse sind in Zahlen­tafel 2 wiedergegeben.

Zahlentafel 2. K o h l e n s t o f f g e h a l t e d e r E r z ­p r o b e n n a c h v e r s c h i e d e n e r R e d u k t io n s d a u e r .

Probe

Nr.

ßeduktions-dauer

st

C02 bzw. C

%Aussehen der Proben

Roherz _ 0,25 % C 0 2 schw ach gefritte t( = 0,06 % C)

5 1 0,119 % C s ta rk gefritte t6 2 0,099 % „ eb en so ; ein Teil ge­

schm olzen7 3 0,104 % „ fa s t vollständig ge­

schm olzen8 4 0,708 % „ vollst, geschmolzen9 7 1,683 % „ wie Nr. 8, aber

s ta rk gebläht

Hiernach b leib t die Kohlenstoffaufnahm e während 3 s t auf ungefähr gleicher Höhe, woraus zu schließen ist, daß der aufgenommene Kohlenstoff zu einem gewissen Teil m it zur R eduktion des Erzes verbraucht wird und erst (Probe Nr. 8), wenn die R eduktion beendet ist, in seiner Menge ansteigt. Aus dem äußeren Befunde der

7. April 1927. Umschau. Stahl und Eisen. 593

Proben, die m it fortschreitender R eduktion bei der K ohlenstoffbestim mung eine größere Menge zusammen­geschmolzener Masse ergeben, ist in deren Menge der Fortgang der R eduktion ebenfalls zu erkennen. W ährend Probe Nr. 8 n u r deutlich die Verbrennung des Kohlen­stoffs erkennen ließ, brannte Probe Nr. 9 außerordentlich lebhaft ab. Man kann schon bei B etrachtung der nur polierten Proben un ter dem Mikroskop ganz deutlich besondere Eigenheiten in der A rt des Angriffes bei der R eduktion erkennen; so fä llt beispielsweise in Abb. 1, die den Schliff einer Erzprobe nach vierstündiger R e­duktion w iedergibt, die Erscheinung auf, daß schwarze Stellen hellere, noch als K ristalle erkennbare eng um ­schließen, sich in diese hineinzufressen scheinen. Um diese Erscheinungen besser verfolgen zu können, wurden die polierten Schliffe m it Pikrinsäure geätzt. Leider

x 50

Abbildung 1. Erzprobe nach vierstündiger Reduktionsdauer (ungeätzt).

X 1900

Abbildung 2. Erzprobe wie in Abb. 1 nach vierstündiger Reduktionsdauer (m it Pikrinsäure geätzt).

gestattet es der zur Verfügung stehende R aum nicht, die zahlreichen erhaltenen Bilder h ier wiederzugeben. Lediglich eins der kennzeichnenden Bilder sei nachfolgend gebracht (vgl. Abb. 2). Die d o rt gezeigte Probe stellt die gleiche Probe wie die in Abb. 1 dar, jedoch in 1900- facher Vergrößerung und m it P ikrinsäure geätzt. Die durch den Pfeil angezeichnete Stelle läß t die beginnende Reduktion eines K ristalls zu streifigem P erlit erkennen, der sich bei längerer G lühdauer zu körnigem P erlit um ­wandelt (Schlierenbildung). Auch sind rechts oben und unten Anhäufungen von P erlit neben F e rrit zu sehen. Die übrigen Bilder zeigten teils Ausbildung von kör­nigem Perlit und Schlieren sowie K ristalle, an die und in die K arbid vorzudringen scheint. E in anderes Bild zeigte Perlitbildung zwischen den einzelnen Kristallen, woraus folgt, daß hier tatsächlich die R eduktion an den K ristallflächen entlang in das Erzinnere vorgedrungen ist. Deshalb ist gröber ausgebildeter M agneteisenstein schon nach nur kurzer R eduktion zum Zerbröckeln geneigt, was für die Durchführung der R eduktion nu r von Vorteil sein kann, und ein vorheriges R östen zum Mürbemachen erübrigt.

Fortschritte im ausländischen Walzwerksbetrieb1).S e c h s w a lz e n - K a l tw a lz g e r ü s t f ü r S o n d e rb le c h e .

Die E . W. Bliss Co., Brooklyn, N. J ., h a t ein neues Verfahren zur Erzeugung der bei der H erstellung von Kraftw agen, Eisenbahnwagen, Fahrrädern usw. benötig­ten kaltgewalzten Sonderbleche entw ickelt, das die Möglichkeit b iete t, die je tz t übliche, kurz beschriebene Herstellungsweise abzuändern2).

Die auf W alztem peratur erh itzten P la tinen werden in bestim m te Längen, entsprechend den daraus herzu­stellenden Blechen, zu zweien auf dem V orsturzgerüst zu Sturzen von ungefähr 60 % der Besteilänge ausgewalzt, gebeizt, gewaschen und zu dreien im W armwalzwerk geglüht, nachdem das m ittlere Blech, um das Kleben zu vermeiden, in eine Mischung von Holzkohle und Wasser, die durch Dam pf auf einer geeigneten T em peratur ge­halten wird, getauch t worden ist. Die Zahl der Zwischen­glühungen beim W alzen ergibt sich aus der verlangten Dicke und Länge der Bleche.

Nach dem W armwalzen werden die Bleche ge­schnitten , bei der üblichen T em peratur geglüht und zur E ntfernung des Glühzünders gebeizt. H ierauf folgen zwei Stiche in den Kaltw alzen und nach nochmaligem Glühen zwei Stiche in den Kaltw alzen oder ein Stich in den K altw alzen und zwei Stiche in der R ollenricht­maschine.

U Siehe St. u. E. 47 (1927) S. 504/5.2) Iron Trade Rev. 78 (1926) S. 989/91.

Um auch die Bildung übereutektoiden Karbids, die bei 1,68 % C nach siebenstündiger R eduktion be­stim m t eingetreten sein muß, und die bei den kürzere Zeit reduzierten Proben wahrscheinlich auch, wenigstens in den Randzonen, ein treten wird, nachzuweisen, wurde eine Probe % st lang in alkalischer Natrium pikratlösung gekocht, um durch alleinige Schwärzung des K arbids dieses kenntlich zu machen. Abb.3 stellt die Mi­kroaufnahm e der N atrium pik rat­

ätzung dar. Bei dem oberen K ri­stall befindet sich fast in der M itte eine schwarze Karbidmasse, die

den K ristall durchfressen hat, während sich bei dem anderen (nur teilweise sichtba­ren K ristall) das K arbid am R an­de angehäuft hat, um ihn von da aus reduzierend

anzugreifen.Beide K ristalle zeigen außerdem auf der Ober­fläche verschie­den orientierte,

stäbchenartige Gebilde, die wohl als die Anfangsbildung des Karbids anzusprechen sein werden.

Zusammenfassend kann aus den R eduktionsver­suchen gefolgert werden, daß die R eduktion des Erzes (Roteisenstein und Magneteisenstein) sowohl über die Zwischensauerstoffstufen als auch unm ittelbar zu m etal­lischem Eisen erfolgt, daß bei Gegenwart von Kohlen­wasserstoffen in den Gasen neben metallischem Eisen auch kohlenstoffhaltiges Eisen (Fe3C) en tsteh t, daß letzteres m it ersterem Perlit zu bilden vermag und auch, wenn im Ueberschuß vorhanden, als freies (übereutek- toides) K arbid a u f tr i t t und als solches die R eduktion von Eisenoxyd unm ittelbar zu Eisen bewirken wird.

®r.=$ng. V i k t o r L in d t .

oben x 530

untenAbbildung 3. Erzprobe nach

siebenstündiger Reduktion (m it Natriumpikrat geätzt).

X IV .17

594 Stahl und Eisen. 47. Jahrg . Nr. 14.

Es sind deshalb bei den handelsüblichen kaltgewalz­ten Sonderblechen 13 Arbeitsgänge nötig, und zwar:1. Anwärmen der Platinen; 2. Vorsturzen auf 6 0 % der Pertiglänge; 3. Beizen; 4. E intauchen in Holzkohle­lösung; 5. Zusammenlegen zu drei in Packen; 6. E r­wärmen; 7. W armwalzen; 8. Schneiden; 9. Glühen;10. Beizen; 11. zwei Stiche in den Kaltw alzen; 12. noch­mals Glühen; 13. zwei Stiche in den Kaltwalzen oder ein Stich in den Kaltwalzen und zwei Stiche in der Rollenrichtmaschine.

Bei Verwendung des S e c h s w a lz e n - K a l tw a lz g e ­r ü s te s können diese 13 Arbeitsgänge verm indert werden.

Es werden sechs Walzen benutzt (vgl. Abb. 1), und zwar je zwei obere und untere um die A rbeits­walzen angeordnete 610-mm-Hart- guß-Stützwalzen und die beiden dünneren Arbeitswalzen. Die un ­teren Stützwalzen werden durch Keile un ter den Einbaustücken, die oberen Stützwalzen durch schräge Druckschrauben eingestellt, die senkrecht zur D ruckrichtung der oberen Stützwalzen angeordnet

sind. Diese Druckschrauben werden durch eine be­sondere Anstellvorrichtung be tä tig t (vgl. Abb. 2). Die beiden Schneckenräder auf den Druckschrauben der oberen Stütz walzen jedes Ständers werden durch Schnek- ken, die auf einer gemeinsamen Welle sitzen, gleichzeitig durch ein H andrad auf der H interseite des Gerüstes angestellt. Durch E inschaltung eines gewissen Spiels zwischen Schneckenrad und Druckspindel kann die Anstellung auch beim Durchgang eines Bleches be tä tig t werden.

Die Arbeitswalzen m it 305 mm (j) sind aus gehärte­tem Stahl. A nsta tt sie durch ein an einer Gerüstseite

Abbildung 2. Sechswalzen-Kaltwalzgeriist.

stehendes Kammwalzengerüst gemeinsam anzutreiben, werden Oberwalze und Unterwalze einzeln durch ein Vorgelege an jeder Gerüstseite von einer gemeinsamen Welle aus durch einen 350-PS-Motor m it veränderlicher Drehzahl angetrieben. Die Arbeitswalzen haben eine Höchst-Umfangsgeschwindigkeit von 1,27 m/sek. Die Stütz- und Arbeitswalzen sowie die Einbaustücke werden durch W asser gekühlt. Jede der oberen Stützwalzen h a t auf einem Zapfen ein Reibungsrad m it Zahnkranz der in ein auf dem einen Zapfenende der oberen A rbeits­walze befestigtes Zahnrad eingreift. Die beiden unteren Stützwalzen sind ebenfalls durch Zahnräder m it der unteren Arbeitswalze in derselben Weise verbunden,

doch is t das Zahnrädergetriebe auf der anderen Seite des W alzgerüstes. Diese E inrichtung wurde ausgeführt, um die Walzen in wirksamer Weise anzutreiben und so zu verhindern, daß sie durch kaltes F e tt oder aus anderen Ursachen schleifen.

Die auf Walzwerken dieser besonderen Ausführung gewalzten Bleche werden bei dem kleinen Durchmesser der Arbeitswalzen nur auf einer kurzen Strecke gedrückt und können deshalb eine starke Abnahme erhalten. Der Druck der Arbeitswalzen wird gleichmäßig auf ach t Lager von großem Durchmesser verteilt, und da die Geschwin­digkeit der Stützwalzen und der Flächendruck niedrig sind, so w ird nu r ein geringer Teil der K raft zum Drehen der Walzen verwendet, oder m it anderen W orten, es w ird m ehr K ra ft zum Strecken der Bleche verwendet und weniger K raft für die Reibung der Walzen in den Lagern verbraucht.

Es haben sich nun zwei Verfahren zur Herstellung von kaltgewalzten Sonderblechen entw ickelt, die sich von dem üblichen Verfahren unterscheiden. Beim ersten Verfahren werden die P la tinen auf eine verhältnis­mäßig hohe Tem peratur e rh itz t und auf etw a 75 % der Länge der fertigen Bleche warm gewalzt. Diese Sturze werden bei der üblichen Tem peratur ausgeglüht und gebeizt. Danach werden sie im Sechswalzengerüst auf die Besteilänge k a lt gewalzt. D ie Bleche werden hierauf in K isten bei einer T em peratur geglüht, die un ter der gewöhnlichen liegt oder so niedrig ist, daß das Kleben der Bleche vermieden wird.

Da durch die gehärteten Stahlwalzen des Sechswalzen­gerüstes Oberflächenfehler oder Mängel der Bleche ent­fern t werden, so ist der gleiche Aufwand an Sorgfalt beim Anwärmen und Vorsturzen der P latinen wie beim gewöhnlichen Herstellungsverfahren n ich t nötig. Nach der neuen Arbeitsweise kann m an die P latinen und Packen rascher anwärm en und stärkere Drücke beim Warmwalzen anwenden als beim üblichen Verfahren für Handelsbleche. Es sind nur ach t Vorgänge bei dieser Arbeitsweise nötig, und zwar: 1. Anwärmen der Platinen;2. Vorsturzen bis zu 75 % der Fertiglänge; 3. Schneiden;4. erstes Glühen; 5. Beizen; 6. K altw alzen; 7. zweites Glühen; 8. R ichten.

Die bei weichen Stahlsorten und niedriger Glük- tem peratur auftretende, durch eine kritische Reckung von etwa 10 % hervorgerufene Sprödigkeit infolge G robkristallisation gab Anlaß zur Ausbildung einer zweiten Arbeitsweise.

Hierbei werden die P la tinen erwärm t und bis auf etwa 75 % der Länge des fertigen Bleches warm aus­gewalzt; sie verlassen die W armwalzen bei der üblichen Tem peratur, werden geschnitten und gebeizt, um den Sinter zu entfernen, dann im Sechswalzengerüst bis auf Fertiglänge ka lt ausgewalzt. H ierauf werden die Bleche bei einer verhältnism äßig niedrigen T em peratur geglüht, wobei durch die starke Abnahme die Möglichkeit einer Grobrekristallisation n ich t zu befürchten ist.

®ipl.*^ng. H. Fey.

Körnung von Metallen und Schlacken.

B. B o g i tc h 1) berichtet über ein neues Körnungs­verfahren von Metallen und Schlacken Metalle wie Kupfer, Nickel, Silber, K obalt werden zu bestimmten Zwecken gekörnt, indem m an das in dünnem Strahl fließende Metall m it hohem Fall in einen Wasserbehälter einlaufen läßt. E ine große Fallhöhe ist erforderlich, um das Metall genügend abzukühlen, bevor es im Wasser abgeschreckt und in K örner zerteilt wird. Jedoch lassen sich Explosionen dabei nie ganz verm eiden, die durch plötzliche Dam pfentwicklungen entstehen, wenn zuviel flüssiges Metall in das stehende W asser fällt. Bei Schlak- ken m it hohen M etalloxydgehalten vollzieht sich der Vorgang ähnlich, nur ist wegen der geringen W ärmeleit­fähigkeit nicht die große Fallhöhe und der große Wasser­behälter erforderlich. Bei der K örnung von Hochofen­schlacken tre ten Explosionen nur selten auf, meistens nur dann, wenn Schlacken m it hohem Eisenoxydulgehalt,

l ) Comptes rendus 182 (1926) S. 1221/3.

A bbildung 1.Schema der Sechs­walzen-Anordnung.

7. April 1927. Umschau. Stahl und Bisen. 595

sogenannte „schwere Schlacken“ , gekörnt werden, oder wenn plötzlich zu große Mengen in das stehende W asser gelangen. Meistens w ird auch n icht in stehendes, sondern fließendes W asser gekörnt, wobei die Gefahr einer E x ­plosion weiter gem indert wird. Bogitch verm eidet nun Explosionen bei der K örnung von Metallen und Schlacken in stehendes W asser in der W eise, daß er in den Boden des W asserbehälters und un ter die Einlaufstelle des Me­talls oder der Schlacke Preßluft einbläst. D adurch ge­rä t das W asser in W allung, und DampfentWicklungen werden bei ihrem E n tstehen zerrissen. Außerdem wird die K ornbildung besser, und B ehälter und Fallhöhe können kleiner gehalten werden. Durch dies Verfahren wird also — auf die K örnung von Hochofenschlacken angewrendet —- der Vorteil des fließenden W assers bei stehendem W asser erreicht sowie an Kühlwasser gespart.

R. Cordes.

Die Natur der schützenden Schicht auf Eisen.Setzt m an auf die polierte Oberfläche einer E isen­

probe einen Tropfen destillierten W assers, so entsteht nach Versuchen von T. F u j i h a r a 1) in wenigen Minuten im Kern des Tropfens eine Zone, die von einer anfänglich weißen, später braun werdenden Membrane eingehüllt und außen von einer zunächst klar bleibenden Randzone umgeben wird. L etztere zeigt ausgesprochene A lkalität, die sich z. B. durch Phenolphtalein deutlich nachweisen

A bbildung 1. K orrosion durch einen Tropfen destillie rten Wassers.

läßt. In Abb. 1 ist die Ansicht einer solchen Korrosions­erscheinung wiedergegeben.

E v a n s 2) schreibt diesen Vorgang elektrolytischen Einflüssen zu; sobald in der M itte des Tropfens der vor­handene Sauerstoff aufgebraucht ist, bildet der Außen­rand eine K athode, während sich im K ern durch die

Zone m/Y . Zone m/Ya/Aa/isc/ren / / a/Aa//scAenAeaAY/onen/ / \\AeaAY/onen

yK / FnYsYeAendeFerro-Sa/ze \

Anfängr/Ych weiße, s/oäier braun w erdende YYydroxijd-fYaut

A bbildung 2. Schema d e r H ydroxyd-H autb ildung .

anodische Einwirkung lösliche Ferrosalze bilden. An der Berührungsfläche dieser beiden Zonen en tsteh t Oxydul- bzw. O xydhydrat (Rost). Abb. 2 zeigt einen senkrechten Schnitt durch einen Tropfen m it der sich nach kürzerer Zeit bildenden Innenzone und dem k lar bleibenden R and. Dam it wird jedoch die vorhandene A lkalität nicht erklärt.

Fujihara untern im m t nun folgenden Versuch: Einem Exsikkator, der konzentrierte Natronlauge en thält, wurde

l ) Trans. Am. Electrochem . Soc. 49 (1926) S. 327/37. -) Chem. Met. Eng. 30 (1924) S. 949.

ein Erlenm eyerkolben und ein U-Rohr m it verdünnter Natronlauge vorgeschaltet und durch diese A pparatur m ittels einer W asserstrahlpum pe dauernd frische Luft gesaugt, die also von Kohlensäure frei war. In diese Atmo­sphäre brachte er einen auf Hochglanz polierten Schliff aus Armco-Eisen und benetzte ihn m ittels eines kleinen Syphons dauernd m it frischem Wasser. Die Probe zeigte nach zwei W ochen noch immer die klare Randzone. Brachte m an nun das P rüfstück an die Außenluft, so bedeckte sich die ganze benetzte Fläche im Verlaufe von 2 s t m it einer Rostschicht.

D araus schließt der Vortragende, daß die alkalische Lösung in dem nicht angegriffenen Außenring des Tropfens einem löslichen O xydhydrat zuzuschreiben ist, welches un ter Um ständen den Angriff des Eisens ganz aufhält, sofern die Anwesenheit von Kohlensäure aus­geschlossen wird. 0. Tichy.

Studien über die Prüfung der Transformatorenöle.

U nter obiger Ueberschrift veröffentlicht der Deutsche Verband für die M aterialprüfungen der Technik1) die erste Gem einschaftsarbeit seines Ausschusses 9 (Oelausschuß).

Die nach dem Kriege einsetzende Verschlechterung der Isolieröle zwang zur eingehenden Untersuchung der h ierfür maßgebenden Gründe, die durch die bisher bekannten Prüfverfahren einwandfrei geklärt werden konnten. W eder die Heraufsetzung der Durchschlag­festigkeit noch die Herabsetzung der Verteerungszahl brachten eine Erleichterung. Zur Vermeidung von Zer­splitterung und D oppelarbeit wurde schließlich die Be­arbeitung der Fragen dem Ausschuß 9 des Deutschen Verbandes für die M aterialprüfungen der Technik über­tragen.

Im Vorwort weist der Obmann H i l l ig e r darauf hin, daß die Veröffentlichung in e rster Linie den Zweck hat, eine lebhafte E rörterung einzuleiten und nam entlich zu M itteilungen praktischer E rfahrungen über das Ver­halten der Oele im Betriebe anzuregen.

Ueber E r f a h r u n g e n m it T r a n s f o r m a to r e n ­ö le n berich te t H a n s S tä g e r und schildert die Aufgaben, die das Oel im Transform ator zu erfüllen h a t, nämlich1. die durch elektrische Verluste erzeugte W ärme a b ­zuführen und 2. als Isolation zu dienen. Der Einfluß von Luftsauerstoff und die gebildeten Oxydations­produkte werden untersucht. Ferner werden die in- und ausländischen Prüfverfahren einer K ritik unterzogen.

D ie B e w ir ts c h a f tu n g d e r I s o l i e r ö le in d e r P r a x i s behandelt G. S c h e n d e ll . E r verlangt eine e in ­gehende Ueberwachung der im Betriebe befindlichen Isolieröle, Pflege der Oele bei der Lagerung, Beratung beim Einkauf und nach M öglichkeit Schaffung eines Einheitsöles und weist auf die Gefahr des Mischens solcher Oele, die sich n ich t vertragen, hin. Von ganz besonderer W ichtigkeit ist die Reinigung der gebrauchten Oele. Schendell verlangt schließlich u. a. Verbesserung der Prüfvorschriften, Festlegung von Bedingungen für das Mischen von Oelen, Erforschung der E inw irkung von Isolier-, Im prägnier- und Farbstoffen, von Holz sowie von kolloidal gelösten M etallen auf das Oel, Ausschaltung ölschädlicher Isolierstoffe und Festlegung von Bedin­gungen für W iederverwendung gereinigter Gebrauchsöle.

Ueber M e th o d e n z u r B e s t im m u n g d e r W id e r ­s t a n d s f ä h ig k e i t v o n T r a n s f o r m a to r e n ö le n g e g e n O x y d a t io n a rbeite te E v e r t N o r l in von der S taatlichen M aterialprüfungsanstalt Stockholm. Leider erstrecken sich die besonders gründlich durchgeführten Prüfungen nur auf vier amerikanische, n ich t aber auf russische Oele. Norlin berücksichtigt n ich t nu r die verschiedenen Form en der Oxydation, sondern auch den E influß von bestim m ten Verunreinigungen, wechselnde Tem peraturen, Reagenzien verschiedener H erkunft, E inw irkung von Tages- und Sonnenlicht und E influß von M etallen als K o n tak t­substanz. Es zeigt sich, daß einige Arbeitsweisen von größerem, andere von geringerem E influß auf das E nd­ergebnis sind.

J) Zwanglose M itteilungen (1926) Nr. 77, S. 1/39.

596 Stahl und Eisen. Umschau. 47. Jah rg . Nr. 14.

v. d. H e y d e n und T y p k e bringen eine Z u s a m m e n ­fa s s u n g ih r e r A r b e i te n im C h e m isc h e n L a b o r a ­to r iu m d e r A .-E .-G .-T ra n s fo rm a to re n fa b r ik ü b e r T r a n s fo r m a to r e n - u n d S c h a l te r ö le , in s b e s o n d e re ü b e r d e re n P rü fu n g .

Es ist sehr zu begrüßen, daß die rd . 30 Arbeiten der letzten drei Jahre übersichtlich und kurz zusammen­gefaßt sind. Bearbeitet werden1. Verbesserung der Prüfbedingungen, hauptsächlich auf

die W iderstandsfähigkeit der Oele gegen Oxydation,2. Erhöhung der W iderstandsfähigkeit (E rhaltung der

Oele),3. Regeneration gebrauchter Oele und4. Raffination von Oelen, um den P u n k t zu erreichen,

an dem bei möglichst geringer Versäuerung bei nor­malem Gebrauch keine Schlammbildung m ehr ein- tr it t .

Anschließend schlagen die beiden Verfasser einen Weg vor, wie die bisher üblichen Prüfverfahren zu verbessern sind.

S c h m ie r- u n d I s o l ie r ö le a ls c h e m isc h e s P ro b le m werden von F. H e y d in einer A rbeit behandelt. Der Verfasser v e rtr itt die Ansicht, daß nur Versuche von über 300 bis zu 1000 s t Dauer ein richtiges Bild über die zu erwartende Veränderung der Oele beim Gebrauch geben. Als kurzes Ersatz verfahren schlägt er die Be­stimmung der optischen Eigenschaften vor, wobei das Absorptionsspektrum Einblick in die qualitativen U nter­schiede gestattet, die R efraktom etrie — Brechungsindex und Dispersion — dagegen m ehr die quan titativen Ver­hältnisse erfaßt. Eine entsprechend vereinigte physi­kalisch-chemische Arbeitsweise nennt der Verfasser Refraktolyse, wobei das Oel wenigstens in zwei optisch genau gekennzeichnete Gruppen zerlegt wird.

D ie B e s c h a f f e n h e i t s - u n d U n t e r s u c h u n g s ­v o r s c h r i f t e n z u r B e u r te i lu n g d e r G e b r a u c h s ­f ä h ig k e i t d e r T r a n s f o r m a to r e n - u n d S c h a l t e r ­öle u n d A u s b lic k a u f d ie G e s ta l tu n g z u k ü n f t i g e r A rb e i te n benennt sich ein Beitrag von W. E r n s t . E r bringt eine Gegenüberstellung und K ritik der gebräuch­lichen Prüfungsvorschriften und m acht Vorschläge zur Ueberwachung der Betriebsöle durch den Ingenieur und den Chemiker, deren Gem einschaftsarbeit noch m ehr ge­fördert werden muß.

H. S tä g e r bringt noch eine weitere A rbeit: B e ­m e rk u n g e n z u r P r ü f u n g v o n D a m p f tu r b in e n ö le n . Obgleich seine Bemerkungen n ich t in den Rahm en der M itteilung passen, die ausschließlich Isolieröle be­handeln soll, kann man die Veröffentlichung doch g u t­heißen. Die Einwirkung des Luftsauerstoffs is t nämlich bei beiden Oelsorten der Grund für die Alterung, weshalb auch die Prüfverfahren bei beiden die gleichen sind. Beachtenswert is t die Schlußfolgerung Stägers, die für beide Oele paßt, daß nämlich die Prüfung der Oele im Anlieferungszustande nur ganz geringen W ert h a t, daß man die B eständigkeit durch Dauerversuche erm itteln muß, und daß die Bestimmung einer Gruppe von R eak­tionsprodukten, wie das bei der Verteerungszahl gemacht wird, keinen W ert hat. Mit dieser Ansicht ste llt sich der Verfasser in einen W iderspruch zu anderen Forschern, z. B. v. d. Heyden und Typke; die Betriebserfahrungen geben Stäger aber durchaus recht.

A llg e m e in e s ü b e r d ie A u fg a b e n , A r b e i t s ­w e ise n z u r V o r a u s e r m i t t lu n g d e r V e r w e n d b a r ­k e i t v o n O e l ty p e n f ü r T r a n s f o r m a to r e n - u n d T u r b in e n f ü l lu n g u n d e in e n c h e m is c h e n B e i t r a g ü b e r d ie V e rä n d e ru n g d e r O ele im G e b ra u c h behandelt F. F r a n k , wobei er nochmals ausdrücklich darauf hinweist, daß in allen Fällen die Oele dadurch leiden, daß sie durch den Luftsauerstoff angegriffen und verändert werden. Metalle, besonders aber Eisen, wirken als K atalysatoren beschleunigend. Die gebildeten Oxydationsprodukte werden gekennzeichnet und Vor­schläge zur Reinigung der Betriebsöle gemacht. Zum Schluß bringt der Verfasser einen Hinweis auf seine neueren Arbeiten, die sich auf die Beobachtung der Oele im ultraviole tten L ichte der Quarzlampe erstrecken.

E in B e r ic h t ü b e r d ie V e r h a n d lu n g e n des F a c h a u s s c h u s s e s Nr. 10 f ü r I s o l i e r ö le d e r I n t e r ­n a t io n a le n E le k t r o te c h n i s c h e n K o m m is s io n 1) bildet den Schluß der Veröffentlichungen. Der Bericht zeigt, daß die Ansprüche der einzelnen Länder an die Beschaffenheit der Isolieröle noch rech t weit ausein­andergehen, und daß eine Normung dieses wichtigen Betriebsstoffes unbedingt erforderlich ist.

Dr. phil. O. Baum.

Blohm & Voß.

Am 5. April 1877 wurde der erste Spatenstich zu einer der heute bedeutendsten Schiffbauanstalten, der W erft von Blohm & Voß, auf der Elbinsel Steinwärder in Ham burg getan. Das U nternehm en wurde sofort in verhältnism äßig großem R ahm en geplant. Es fiel ihm aber bei dem derzeit alles überragenden Einfluß des eng­lischen Schiffbaues in den ersten Jah ren außerordentlich schwer, Beachtung und A rbeit zu finden. Die spätere stolze Entw icklung des U nternehm ens is t im wesent­lichen dem persönlichen Einfluß der beiden Gründer, dem zähen W illen von H erm ann B lo h m und den her­vorragenden Kenntnissen von E rn st V o ß auf dem Ge­biete der W erkstoffkunde und des Maschinenbaues, zu verdanken. Auch als im Jah re 1891 infolge der Größe der erforderlichen M ittel eine andere Geschäftsform für das U nternehm en gesucht werden m ußte, wurde in der damals noch ungewohnten und seltenen Form der Kom­m anditgesellschaft auf Aktien eine Lösung gefunden, die den persönlichen Einfluß und die Verantw ortung der bis­herigen Inhaber und nunm ehrigen persönlich haftenden Gesellschafter in demselben Maße sicherzustellen geeignet war, wie er bisher zur Geltung gekommen war. Durch starke Betonung des Ind iv idualcharak ters und das Ein­setzen w eitgehender persönlicher Verantwortung in idealer wie m aterieller Beziehung ist das Unternehmen durch alle Zeitenstürm e nach innen und außen dauernd aufrecht erhalten worden. Der in H erm ann Blohm ver­körperte Idealism us, der hohe Anforderungen an sich selbst und an andere stellte, is t auch bestim m end für die Firm a in ihrem öffentlichen W irken, ihren Beziehungen zu Reichs- und Länderregierungen und zu den Organi­sationen und Körperschaften, die wirtschaftliche und sozialpolitische Belange vertre ten , und in denen Hermann Blohm lange Jah re m itarbeitend und führend für die ge­sam ten Interessen des deutschen A rbeitgebertum s durch seine Persönlichkeit gew irkt hat.

Im Laufe der verflossenen 50 Jah re sind auf der W erft von Blohm & Voß e rdach t und gebaut worden insgesamt 230 Handelsfahrzeuge von 118 000 Brutto- Register-Tonnen und M aschinenanlagen von 713 000 PS, 200 Kriegsfahrzeuge von 376 021 t Wasserverdrängung und M aschinenanlagen von 1 621 000 PS, sowie 43 Docks von 280 000 t T ragfähigkeit. U nter d er Flagge der be­deutendsten Reedereien haben diese Schiffe, zu denen auch das derzeitig größte Schiff, der frühere Dampfer „B ism arck“ m it 56 551 Brutto-Register-Tonnen, gehört, ungezählte Tonnenladungen und viele tausend Passagiere über das W eltmeer hin und her befördert; ruhmvoll haben die Kriegsschiffe ihre Flagge geführt, und alle haben zu allen Zeiten in den verschiedenen E rdteilen Zeugnis ab­gelegt von ste tig w eiterschreitendem Können und Wollen der W erft. LTeber 14 000 Schiffe aller N ationen von mehr als 50 Millionen B rutto-R egister-Tonnen wurden im Laufe der Jah re bei d er W erft eingedockt, eine größere Zahl noch ist außer diesen ausgebessert worden.

Zu d en vornehm sten, nachdrücklich betriebenen Bestrebungen der W erft gehörte es, die deutsche Eisen- und M aschinenindustrie für die besonderen Aufgaben der W erft und ihrer Erzeugnisse heranzuziehen. Ausgedehnte Beziehungen zu den führenden F irm en im Reiche, z. B. K rupp, H aniel & Lueg, G utehoffnungshütte, Thyssen, M annesmann, Borsig, Heckm ann, Siemens & Halske, Phoenix, Demag, Reinecker, Schieß, und vielen anderen

x) Ins Deutsche übertragen aus: R eport of New York P lenary Meeting.

7. A pril 1927. Umschau. Stahl und Eisen. 597

entw ickelten sich daraus und haben sich zu gegenseitigem Nutzen ausgewirkt.

Im Jah re 1912 gab E rnst Voß im 72. Lebensjahre seine T ätigkeit als persönlich haftender Gesellschafter der F irm a auf und t r a t in den A ufsichtsrat über. Im Jahre 1914 sind R udolf und 1916 W alther Blohm, Söhne von H erm ann Blohm, als persönlich haftende Gesell­schafter in die F irm a eingetreten, der sie je tz t gemeinsam mit ihrem V ater vorstehen, beide m it dem W erke ver­traut, entschlossen, es in bisheriger Weise zu erhalten und weiterzuführen. Möge es ihnen zusammen m it ihren M itarbeitern vergönnt sein, das gesteckte Ziel auch in Zukunft zu erreichen.

Die F irm a g ib t zu ihrem Gedenktage eine F e s t ­s c h r i f t heraus, der wir die obigen Angaben entnom m en haben.

Sechzig Jahre Germanischer Lloyd.Lange vor der Gründung der heutigen K lassifika­

tionsgesellschaften h a t dem Wesen nach eine Schiffs­klassifikation, d. h. die Feststellung und Bescheinigung der Tauglichkeit von Schiffen und Ausrüstungsgegen­ständen von Schiffen zu ih rer bestim m ungsgemäßen Ver­wendung, bestanden. Sie wurde zuerst von den Ver­sicherern allein ausgeübt. Anfangs waren es nur geschrie­bene L isten; im Jah re 1764 wurde die erste gedruckte Liste von dem R egister of Shipping in London heraus­gegeben, das 1500 Schiffe en th ie lt; 1828 wurde das Bureau Veritas in Paris und 1834 das L loyd’s Register of British and Foreign Shipping in London gegründet. Beide In ­stitute gewannen großen E influß in allen schiffahrt­treibenden L ändern; auch in Deutschland erfolgte bis in die sechziger Jah re des vorigen Jah rh u n d erts die Klassifikation der Handelsschiffe ausschließlich durch diese beiden nichtdeutschen Klassifikationsgesellschaften.

Am 16. März 1867 wurde in einer Versammlung deutscher Reeder in H am burg beschlossen, auf genossen­schaftlicher Grundlage eine deutsche K lassifikations­gesellschaft, den „G erm anischen L loyd“ , ins Leben zu rufen. Zum Sitz der Gesellschaft wurde H am burg ge­wählt. Im Jahre 1868 wurde der Sitz von H am burg nach Rostock verlegt und das erste R egister veröffentlicht. Im Jahre 1872 siedelte die Gesellschaft nach Berlin über, und Preußen verlieh ih r im Jah re 1875 die Rechte einer juristischen Person. Da die H am burger Reederkreise sich der Gesellschaft gegenüber ziemlich ablehnend ver­hielten und fortfuhren, ihre Schiffe teils beim englischen Lloyd, teils beim Bureau Veritas klassifizieren zu lassen, gelang es der deutschen Gesellschaft, die im wesentlichen von den Bremer Reedereien g estü tz t wurde, nicht, ihren Wirkungskreis erheblich auszudehnen. Das Bedürfnis aber, die deutschen Schiffe von den ausländischen K lassi­fikationsgesellschaften unabhängig zu machen, wurde immer stärker em pfunden. Die Reichsregierung nahm sieh daher 1888 der Sache an und em pfahl nach Anhörung der beteiligten Kreise, die Gesellschaft neu aufzubauen, wobei sie sich bereit erk lärte , eine Reichsbeihilfe zu ge­währen. Die Gesellschaft wurde daraufhin im Jah re 1889 in eine Aktiengesellschaft um gewandelt. Von der a lten Gesellschaft übernahm die neue Gesellschaft damals 1186 Schiffe m it einem R aum gehalt von 566 223 Br. R eg .t.

Im Jahre 1893 fanden Verhandlungen wegen s ta a t­licher Ueberwachung des deutschen Schiffbaues im Reichsamt des Innern s ta tt , doch verhie lten sich die befragten Schiffahrtskreise dem P lan gegenüber durch­weg ablehnend.

Im Jahre 1894 schloß der Germanische Lloyd m it der See-Berufsgenossenschaft in H am burg einen Vertrag, durch welchen ihm die Ueberwachung der regelmäßigen Ueberholungen der zur Genossenschaft gehörenden Schiffe und der Befolgung der U nfallverhütungsvorschriften sowie die Mitwirkung bei ih rer Fortb ildung übertragen wurde.

In weiterer Folge t r a t zu Ende des Jah res 1895 durch ein zwischen dem Verein H am burger R eeder und dem Germanischen Lloyd getroffenes Abkom m en ein sehr erheblicher Teil der Ham burger R eeder m it ihren Schiffen zum Germanischen Lloyd über. Die Gesellschaft gewann

dadurch und durch anderw eitigen Zugang im genannten Jah re einen Zuwachs von 845 000 Br. Reg. t . Von dieser Zeit her stam m t der steigende Einfluß, den der Germ ani­sche Lloyd gewonnen hat.

Zu Beginn des Krieges waren beim Germanischen Lloyd 2500 deutsche Schiffe m it 4 409 212 Br. Reg. t und 555 Schiffe frem der Flagge m it 467 215 Br. Reg. t, zusammen 3055 Schiffe m it 4 876 427 Br. Reg. t klassi­fiziert. Nach dem Kriege und der Ablieferung fast aller deutschen Handelsschiffe sank die Ziffer der beim Ger­manischen Lloyd klassifizierten Schiffe im Jah re 1920 auf 1906 Schiffe m it 768 904 Br. Reg. t. Inzwischen sind die Zahlen wieder erheblich gestiegen. Im Jah re 1927 sind 2770 Schiffe m it 3 879 494 Br. Reg. t klassifiziert.

Als Grundlage für die Bauaufsicht des Germanischen Lloyd dienen die B a u v o r s c h r i f t e n , die ständig fo r t­entw ickelt wurden. Sie bezwecken, den Schiffen den höchstmöglichen Grad von Seetüchtigkeit zu geben und sie den besonderen Zwecken, denen sie dienen sollen, nach Möglichkeit anzupassen. Bei der Bearbeitung seiner B auvorschriften fand der Germanische Lloyd die U nterstü tzung hervorragender Sachverständiger aus allen Gebieten der Schiffbauindustrie. Fü r den Ausbau der w ichtigsten B auvorschriften, derjenigen für fluß­eiserne Seeschiffe, e rfreu t sich der Germanische Lloyd seit vielen Jah ren der M itarbeit eines besonderen, aus V ertretern der W erften und Reedereien bestehenden Aus­schusses. F ü r einzelne Gebiete, wie das des Baum aterials, der elektrischen Anlagen, der Verbrennungsmotoren, der Kühlanlagen usw., wirken maßgebende V ertre ter der betreffenden Industrien m it, die ihre E rfahrung stets bereitwillig in den D ienst der Allgemeinheit stellten.

Die un ter Berücksichtigung der B auvorschriften aufzustellenden Bauzeichnungen werden von den W erften dem Germanischen Lloyd vorgelegt. Der zum Bau be­stim m te W erkstoff (Eisen und Stahl) wird auf den W alz­werken von Besichtigern des Germanischen Lloyd u n te r­sucht und — wenn er für gu t befunden w ird — gestem pelt. Die auf den Schiffswerften tä tigen Sachverständigen des Germanischen Lloyd — Ingenieure, Schiffbaum eister und K apitäne — haben zu überwachen, ob jeder beim Bau eines Schiffes zur Verwendung kom mende W erk­stoff den vorgeschriebenen Stem pel träg t. Sie haben ferner die Stärke der Verbände nachzumessen und die Arbeitsausführung in allen A bschnitten des Baues zu überwachen. Nach Fertigstellung des Schiffes haben sie auf vorgeschriebenen Form ularen über den Befund ih rer Aufsicht an den V orstand des Germ anischen Lloyd zu berichten, der dann die Klasse bestim m t, die dem Schiffe e rte ilt werden kann.

Das jährlich erscheinende R e g is te r d e s G e rm a ­n is c h e n L lo y d en th ä lt die Klassen sowie alles W issens­werte der klassifizierten Schiffe (Reederei, Tonneninhalt, D atum der Klasse, O rt und D atum der letz ten Besichti­gung, Größe, B auart, Bauw erft, Maschine, A usrüstung usw.). Das R egister e n th ä lt w eiter die Bauvorschriften, die Agenten und Besichtiger des Germanischen Lloyd, die technischen A ufsichtsbeam ten der See-Berufsgenos­senschaften, ein Verzeichnis der deutschen Reedereien, der deutschen W erften, der Slips, Hellinge, Trockendocks und Schwimmdocks sowie die Havariekom m issare der hauptsächlichsten Versicherungsvereine. Das Register en th ä lt ferner ein Verzeichnis der deutschen Schiffe m it Kühlanlagen für Ladung und P roviant, fü r Schiffe m it A pparaten zum E rsticken des Feuers durch Gase, der Dam pfer m it Oelfeuerungsanlagen sowie den Tiefgang, T ragfähigkeit, In h a lt der Laderäum e und Geschwindig­k e it d er deutschen Dam pfer und Motorschiffe über 500 Br. Reg. t . M it dem R egister verbindet der Ger­manische Lloyd eine S ta tis tik über die N eubauten säm t­licher deutschen W erften und über die im Auslande e r­bau ten deutschen Schiffe1). W eiter gib t der Germanische Lloyd gleichzeitig m it den m onatlich erscheinenden N achträgen zum R egister eine S ta tis tik über die Verluste und Beschädigungen der W elthandelsflotte heraus.

i) Vgl. St. u. E. 47 (1927) S. 560/1.

598 Stahl und Eisen. Patentbericht. 47. Jah rg . N r. 14.

Der Vorstand h a t an allen für die Seeschiffahrt wichti­gen Plätzen Besichtiger angestellt, deren U nparteilichkeit ste ts überwacht wird, denn der Grad des Vertrauens, den die an der Schiffahrt beteiligten Kreise einer Klassifi­kationsgesellschaft entgegenbringen, beruht in erheb­lichem Maße auf dieser Unparteilichkeit.

Den Seeämtern ist der Germanische Lloyd sehr häufig bei der A u f k lä ru n g v o n U n fä l le n behilflich gewesen, bei denen das Schiff, seine maschinellen E in­richtungen oder seine Ausrüstung in Frage kommen. Anderseits wird durch die Feststellung von Mängeln am Schiff oder seinem Zubehör durch die Seeämter eine scharfe Ueberwachung über die Pflichterfüllung der Klassifikationsgesellschaften ausgeübt.

Der Germanische Lloyd arbeite t als Mitglied in einer Reihe den Schiffbau betreffenden Ausschüssen. Zahlreich sind auch die wissenschaftlichen Versuche, die der Germanische Lloyd teils auf eigene Kosten, teils im Verein m it dem Reichsm arineam t und der Schiffbau- und W alzwerksindustrie angestellt hat, um Aufschluß zu g e w in n e n über die technisch wichtigen Eigenschaften der zum Schiffbau und Maschinenbau verwendeten W erk­stoffe und der üblichen Vernietungen.

Im A u s la n d e erfreut sich der Germanische Lloyd eines steigenden Ansehens, was dadurch zum Ausdruck kommt, daß von den Schiffahrtsbehörden der wichtigsten Länder seine Anerkennung ausgesprochen ist. Auch Ver­sicherungsgesellschaften aller Länder behandeln in ihren Tarifen den Germanischen Lloyd als den einheimischen Klassifikationsgesellschaften gleichberechtigt. In vielen Fällen bedienen sich auswärtige Behörden des Germani­schen Lloyd zur Abnahme von Schiffen, Maschinen und W erkstoffen, die für auswärtige Rechnung in Deutsch­land hergestellt werden. Auch die zunehmende Klassifi­kation ausländischer Schiffe ist ein Beweis für das wach­sende Vertrauen, das der Germanische Lloyd im Auslande findet.

Die sechzigjährige Geschichte des Germanischen Lloyd zeigt, daß es ihm in stetem F o rtsch ritt gelungen ist, den Aufgaben gerecht zu werden, die einer Schiffs­klassifikationsgesellschaft obliegen. Das Ansehen des Germanischen Lloyd ist in den Schiffahrtskreisen des In- und Auslandes fest begründet, und auch die deutsche Reichsregierung dürfte die seinerzeit auf den Germani­schen Lloyd gesetzten Erw artungen als erfü llt ansehen. Man darf daher hoffen, daß der Germanische Lloyd zum Wohle aller Beteiligten den bisher beschrittenen Weg weiterverfolgen wird.

Patentbericht.D eu tsch e P aten tan m eld u n gen 1).

( P a te n tb la t t N r . 13 v om 31. M ärz 1927.)

Kl. 7 a, Gr. 12, K 101 014. Haspelantrieb für Um- kehrwalzwerke. Fried. Krupp, Grusonwerk, A.-G.,Magdeburg-Buckau.

Kl. 7 a, Gr. 26, K 97 636. K ühlbett bei W alzwerks­anlagen. Fried. K rupp, Grusonwerk, A.-G., Magdeburg- Buckau.

Kl. 7 b, Gr. 5, E 34 238. Haspel für Drahtwalzwerke. E h rh ard t & Sehmer, A.-G., Saarbrücken.

Kl. 7 b, Gr. 12, P 51 679; m it Zus.-Anm. P 51 690. Ziehbank für Rohre. Preß- und Walzwerk, A.-G., Reis­holz.

Kl. 7 b, Gr. 21, E 33 167. Verfahren zur Herstellung von Siederohren o. dgl. m it elliptischem Querschnitt. Elektrowerke, A.-G., Berlin W 62, K urfürstenstr. 112.

Kl. 7 c, Gr. 4, Sch 78 769. Abkantmaschine. L. Schüler, A.-G., Göppingen (W ürttb.).

Kl. 7 c, Gr. 20, S 68 400; Zus. z. Pat. 441 523. Rohrwalze. Slesazeck & Co., G. m. b. H., Maschinen­fabrik, Berlin-Reinickendorf, K lixstr. 24.

1) Die Anmeldungen liegen von dem angegebenen Tage an w ährend zweier Monate fü r jederm ann zur E insicht und E insprucherhebung im P aten tam t zu B e r l in aus.

Kl. 10 a, Gr. 4, B 109 241. Regenerativ-Koksofen- batterie . Joseph Becker, P ittsbu rgh , Penns. (V. St. A.).

Kl. 10 a, Gr. 18, K 84 346. V erfahren zur Verschwe­lung und Vergasung von Torf, Braunkohle, Sapropel und ähnlichen b itum enhaltigen Stoffen. Naamlooze Vennoot- schap Handelsonderneming „F ey n a ld “ , Amsterdam.

Kl. 10 a, Gr. 26, D 44 720; Zus. z. Anm. D 44 652. Schweivorrichtung. Karoline Dobbelstein, geb. Bußmann, Rolf Dobbelstein, A lin ita Dobbelstein, O tto Dobbelstein und Irm gard D obbelstein in Essen, Schubertstr. 5.

Kl. 12 e, Gr. 2, T 31 333. Vorrichtung zur Erzeu­gung von Druck, Saugung oder Förderung von Luft, Gasen, Däm pfen u. dgl. E duard Theisen, München, Herschelstr. 25.

Kl. 12 e, Gr. 5, E 33 469. Verfahren und Vorrichtung zur Schwingungsdämpfung der A usström elektroden elek­trischer Gasreiniger. „ E lg a “ , E lektrische Gasreinigungs- Ges. m. b. H ., K aiserslautern.

Kl. 12 e, Gr. 5, S 52 104. V erfahren und Einrichtung zur Abreinigung d er stab-, d rah t- oder bandförmigen E lektroden elektrischer Niederschlagsanlagen. Siemens- Schuckertwerke, G. m. b. H., Berlin-Siem ensstadt.

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Kl. 13 b, Gr. 18, S 72 342. E inrich tung zum elek­trischen Schutz der Heizflächen und insbesondere der Heizrohre von Kesseln, V erdam pfern o. dgl. gegen das Ansetzen von Ablagerungen. Siemens-Schuckertwerke,G. m. b. H., Berlin-Siem ensstadt.

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Kl. 24 a, Gr. 15, St. 40 462. Kesselfeuerung mit Luftvorw ärm er, der in den an die Heizzüge des Kessels sich anschließenden Abgaskanal eingebaut ist. L. & C. Steinm üller, Röhrendam pfkessel- u. Maschinenfabrik, Gummersbach (Rhld.).

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Kl. 80 c, Gr. 14, V 20 203. Verfahren und Vorrich­tung zum B rennen von Zem ent, Kalk u. dgl. im Dreh­rohrofen. Mikael Vogel-Jorgensen, Kopenhagen.

D e u ts c h e G eb rau ch sm u stere in tragun gen .(P a te n tb la tt N r. 12 vom 24. M ärz 1927.)

Kl. 7 a, Nr. 983 953. V orrichtung zum wechsel­seitigen seitlichen Ableiten von auf einem Rollgang vor­w ärtsbewegtem W alzgut. Fried. K rupp, Grusonwerk, A.-G., M agdeburg-Buckau.

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Kl. 24 c, Nr. 983 352. Großgasbrenner. EisenwerkG. Meurer, A.-G., Cossebaude bei Dresden.

Kl. 24 e, Nr. 983 803. Abw ärm everwerter für Gas­erzeugungsanlagen. A.-G. fü r restlose Vergasung, Nord­hausen.

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Kl. 24 k, Nr. 983 457. W asserrohrschutz für Feuer­raum w ände. L. & C. Steinm üller, Gummersbach (Rhld.).

7. April 1927. Patentbericht. Stahl und Eisen. 599

Kl. 40 a, Nr. 984 162. B ajonettverschluß fü r Rühr- arme von Röstöfen, T ellertrockner u. dgl. Maschinenbau- Anstalt H um boldt, Köln-Kalk.

Kl. 49 c, Nr. 983 396. E inrich tung zum Hobeln konischer V ierkant-Edelstahlblöcke auf Spezialhobel­maschinen. H. A. W aldrich, G. m. b. H ., Siegen i. W.

Kl. 49 h , Nr. 984 063. Biegevorrichtung fü r Rohre. Paul Max Dünger, N iederwürschnitz.

( P a te n tb la tt N r. 13 vom 31. M ärz 1927.)

Kl. 7 a, Nr. 984 805. V orrichtung zum Ueberheben von W alzgut. Fried . K rupp, Grusonwerk, A.-G., Magde­burg-Buckau.

Kl. 7 a, Nr. 985 109. W alzwerk. M aschinenfabrik Sack, G. m. b. H., Düsseldorf-Rath.

Kl. 7 d, Nr. 984855. Verstellbare D rahthaspel. Paul Rudolph, Merseburg.

Kl. 10 a, Nr. 984 536. Entleerungsklappe für K oks­lösch- und andere W agen m it geneigtem Boden. Deutsch- Luxemburgische Bergwerks- und H ütten-A .-G ., A btei­lung Friedrich-W ilhelm s-H ütte, und Willi Böhm, Weiße- ner Str. 104, Mülheim a. d. Ruhr.

Kl. 10 a, Nr. 984 656. Füllgasabsaugvorrichtung für Koksöfen. Laube & Co., techn. Büro, Bochum.

Kl. 10 a, Nr. 985 089. V orrichtung zum Absaugen der Gase, insbesondere der Füllgase aus den Koks- und Gasanstaltsöfen. W ilhelm Zirfas, Bochum, Schillerstr. 33.

Kl. 241, Nr. 984 709. Entleerungswalze für Bunker. Zeitzer Eisengießerei und Maschinenbau-A.-G., Zeitz.

Kl. 31 c, Nr. 984 702. K ernstü tze. Ludwig Föbus, Barop i. W.

Kl. 35 b, Nr. 984 413. Glockenselbstgreifer für Eisenschrott und Erz. Reichm ann & Co., G. m. b. H., Duisburg, A ntonienstr. 45.

Kl. 42 h, Nr. 984 353. O ptischer R ohrprüfer m it seitlich angeordneter Glühlampe. E rnst Bode, Berlin W 30, Goltzstr. 40.

Kl. 42 h , Nr. 984 354. Optisches Instrum en t zum Prüfen von R ohren u. dgl. E rn st Bode, Berlin W 30, Goltzstr. 40.

D e u ts c h e R eich sp aten te .Kl. 10 a , Gr. 17, Nr. 432 711, vom 22. Mai 1924;

ausgegeben am 12. August 1926. M a s c h in e n f a b r ik A u g s b u r g - N ü r n b e r g , A .-G ., in N ü r n b e r g . Einrich­tung zum trocknen Löschen von Koks.

Die Kühlgase führen in der Anlage einen Kreislauf aus vom V entilator a durch die R ohrleitung b in den K okskühlschacht c und von dort durch den W ärm eaus­tauscher d in den V en tila to rs zurück. Die beiden V er­schlüsse desKokskühlschach- tes e, f sind m it den en t­sprechenden Absperrahm en g, h in den benachbarten Zu- oder A bführungsleitun­gen für den Gasum laufstrom zwangläufig derartig verbun­

den, daß beim Oeffnen eines Verschlusses zwangsweise stets der benachbarte Zweig der U m laufleitung abge­schaltet wird.

Kl. 10a , Gr. 17, Nr. 433 067, vom 17. Mai 1924; ausgegeben am 19. August 1926. B a m a g -M e g u in , A k t.-G e s ., in B e r l in . Behälter zum Kühlen von K oks­kuchen.

Um eine m öglichst gleichmäßige V erteilung des Kühlgases beim D urchström en der Koksmasse und dam it eine rasche, vollständige A bkühlung des Kokses zu e r­zielen, ist der Löschbehälter in eine A nzahl von V erteiler­kamm ern eingeteilt, von denen jede m it einer besonderen Kühlgaszuleitung versehen ist.

Kl. 10 a, Gr. 22, Nr. 433 414, vom 16. A pril 1925; ausgegeben am 30. August 1926. C o llin & C o . und J o s e f S c h a e fe r in D o r tm u n d . Verfahren und Anlage zur Ausnutzung der fühlbaren Wärme des garen Kokses.

Die Verbrennungsluft w ird regenerativ oder rekupe- ra tiv vorgewärm t, und nur ein Teil des glühenden Kokses findet zur Vorwärmung des Heizschwachgases Ver­wendung, während die fühlbare W ärm e der restlichen Koksbrände durch indifferente Gase entzogen wird.

Kl. 241, Gr. 5, Nr. 436 812, vom11. A ugust 1923; ausgegeben am9. Novem ber 1926. I.-G . F a r b e n ­i n d u s t r i e , A k t .-G e s ., i n F r a n k - f u r t a. M a in . (E rfinder: SUpl.'Qng.Georg Zim m erm ann in Leverkusen.) fähin/ass,Durch gewundene Züge unterteilte frnfr¡// Brennstaubdüse. ——=-

Um säm tliche Kohleteilchen zu zwingen, an einer m öglichst in ten ­siven Drehbewegung teilzunehmen, die na tü rlich an der Peripherie des D üsenquerschnitts am größten ist, w ird in die Düse ein fester K ern b eingebaut, der die K ohleteilchen aus der M itte verdrängt und gegen die Peripherie tre ib t. Der Zwischen­raum zwischen diesem K ern b und dem äußeren R ohr a ist durch die Scheidewände c in eine Anzahl gleich großer, parallel v er­laufender Züge eingeteilt, die um das R ohr b schrauben­förmig verdreh t sind .'

Kl. 40a, Gr. 7, Nr. 437 018, vom 9. Mai 1924; a u s­gegeben am 13. Novem ber 1926. Zusatz zum P a ten t 435 703. G u s ta v A d o lf S t r e c k e r in S ie g e n i. W e s tf . Schachtofen zum Rösten von Erzen und zum Brennen von anderem fein­körnigen Gut.

Die W andung des u n te r­halb des Brenn- und Glüh- schachtes a bzw. b liegenden K ühlschachtes c ist rosta rtig gestaltet, so daß die im K ühl­schacht aufsteigende Luft durch die W andung hindurch in die den Kühlschacht um ­gebenden L uftkanäle d ge­langen und dann dem B renn- schacht vorgewärm t zuge­fü h rt werden.

Kl. 241, Gr. 9, Nr. 436 871, vom 15. Jan u a r 1922; ausgegeben am 11. Novem ber 1926. Zusatz zum P aten t 384 585. (Frühere Zusatzpatente 397 547 und 408 966.) E l e k t r i c i t ä t s - A k t . - G es. v o r m a ls S c h u c k e r t & Co. i n N ü r n b e r g u n d G u s ta v P e t r i in E l b e r f e l d .Staubfeuerung in Verbindung m it einer eigens be­schickten Rostfeue­rung.

Der Druck des senkrecht oder a n ­nähernd senkrecht auf die R ostbe­schickung gerich­te ten B rennstaub- L uft - Gemisches und der durch die R ostbahn betrie­bene U nterw ind werden durch R e­gelvorrichtungen derart gegeneinander abgestim m t, daß ste ts das erforderliche an der U nterseite des Rostes nach der Oberseite hin wirkende Druckgefälle au frech t­erhalten und ein Durchschlagen der Staubflam m e durch den R ost verh indert wird.

600 Stahl und Eisen. Statistisches. 47. Jah rg . Nr. 14.

Statistisches.Der Außenhandel Deutschlands in Erzeugnissen der Bergwerks- und Eisenhüttenindustrie im Februar 1927.

Die in K lam m ern stehenden Zahlen geben d ie P os.-N um m ern der „M onatl. Nachweise Uber den ausw ärtigen H andel D eutsch­

lands“ an .

E i n f u h r A u s f u h r

F eb ru ar 1927 t

Jan .-F eb r. 1927 t

F eb ru a r 1927 t

Ja n .-F e b r . 1927 t

Eisenerze (237 e) .................................................................. 1 310 299 2 476 358 11 590 20 040Manganerze (237 h ) ..............................................................Eisen- oder m anganhaltige Gasreinigungsmasse;

11 321 29 771 36

Schlacken; K iesabbrände (237 r ) ................................... 63 450 135 697 17 913 36 814Schwefelkies und Schwefelerze (237 1 ) .......................... 64 668 151 963 269 798Steinkohlen, A nthrazit, unbearb. Kännelkohle (238 a) 422 945 816 231 2 155 686 4 300 912Braunkohlen (238 b ) .............................................................. 190 775 357 679 1 980 6 874Koks (238 d ) ........................................................................... 11 576 19 186 608 478 1 475 636Steinkohlenbriketts (238 e ) ................................................ 1 549 1 591 55 934 126 946Braunkohlenbriketts, auch Naßpreßsteine (238 f) . . 13 399 29 464 85 805 212 521

Eisen und Eisenwaren aller A rt (777 a bis 843 b) D arunter

195 632 383 849 387 302 902 263

Roheisen (777 a) ..................................................................Eerrosilizium, -mangan, -aluminium, -chrom, -nickel,

-wolfram und andere n ich t schmiedbare E isen­

9 775 22 295 27 481 63 931

legierungen (777 b) ......................................................... 38 175 4 208 7 132Bruoheisen, Alteisen, Eisenfeilspäne usw. (842; 843 a, b) Röhren und Röhrenformstücke aus nicht schmiedbarem

49 990 106 654 28 804 57 723

Guß, roh und bearbeitet (778 a, b ; 779 a, b). . . . 5 122 10 732 8 495 13 594Walzen aus nicht schmiedb. Guß, desgl. [780A,A1,A 2] Maschinenteile, roh und bearbeitet, aus n icht schmied­

94 140 931 1 935

barem Guß [782 a ; 783 a 1), b 1), c1), d 1)]......................Sonstige Eisenwaren, roh und bearbeitet, aus nicht

424 799 128 293

schmiedb. Guß (780 B ; 781; 782 b; 783 e, f, g, h) Rohluppen; Rohschienen; Rohblöcke; Bramm en;

vorgew. Blöcke; P latinen; K nüppel; Tiegelstahl in

419 897 7 643 15 921

Blöcken ( 7 8 4 ) ...................................................................... 28 964 57 300 25 807 84 432Stabeisen; Formeisen; Bandeisen [785 A1, A2, B] . . . 60 668 109 218 66 883 178 964Blech: roh, entzundert, gerichtet usw. (786 a, b, c) 6 475 12 171 51 962 119 712Blech: abgeschliff., lackiert, poliert, gebräunt usw. (787) 6 40 75 114Verzinnte Bleche (Weißblech) (788 a ) ............................... 1 340 2 288 3 083 6 131Verzinkte Bleche (788 b ) ..................................................... 299 530 1 758 4 320Well-, Dehn-, Riffel-, Waffel-, W arzenblech (789 a, b) 473 706 605 2 175Andere Bleche (788c; 7 9 0 ) ................................................ 108 250 336 834D raht,gewalztod.gezog., verzinkt usw. (791a, b ;792a,b) Schlangenröhren, gewalzt oder gezogen; R öhrenform ­

9 437 18 563 38 832 87 020

stücke (793 a, b ) ............................................................. 2 6 394 891Andere Röhren, gewalzt od. gezogen (794a, b; 795a, b) Eisenbahnschienen usw.; Straßenbahnschienen; Eisen­

501 1 628 29 799 61 917

bahnschwell.; Eisenbahnlasch.; -un terlagsp la tt.(796) 17 661 31 706 23 706 56 145Eisenbahnachsen, -radeisen, -räder, -radsätze (797) Schmiedbarer Guß; Schmiedestücke usw.; Maschinen­

teile, roh und bearbeitet, aus schmiedbarem Eisen

42 62 5 598 10 597

[798 a, b, c, d, e; 799 a 1), b1), c1), d 1), e, f], . . . 1 321 2 431 16 549 31 715Brücken- u. Eisenbauteile aus schmiedb. Eisen (800 a, b) Dampfkessel u. Dampffässer aus schmiedb. Eisen sowie

zusammenges. Teile von solch., Ankertonnen, Gas- u. and. Behält. Röhrenverbindungsstücke, Hähne, Ven­

397 1 456 2 623 7 243

tile usw. (801 a, b, c, d ; 802; 803; 804; 805). . . . Anker, Schraubstöcke, Ambosse, Sperrhörner, Brech­

eisen ¡Häm m er; Kloben und Rollen zuFlaschenzügen;

151 240 4 080 9 376

W inden usw. (806 a, b ; 8 0 7 ) ...................... 42 70 483 1 050Landw irtschaftl. Geräte (808 a, b; 809; 810; 816 a, b) Werkzeuge, Messer, Scheren, Wagen (W iegevorrichtun­

gen) usw. (811 a, b ; 812; 813 a, b, c, d, e ; 814 a, b ;

71 117 3 402 7 144

815a, b, c; 816c, d; 817; 818; 819). . . 174 304 2 828 5 797Eisenbahnoberbauzeug (820 a) . . 961 1 629 603 1 599Sonstiges Eisenbahnzeug (821 a, b ). .Schrauben, Nieten, Schraubenm uttern, Hufeisen usw

29 52 360 1 389

(820 b, c ; 825 e ) ..............................................................Achsen (ohne Eisenbahnachsen), Achsenteile usw.

109 316 3 330 7 165

(822; 823) ............................................ 7 29 121 345Eisenbahnwagenfedern, and. W agenfedern (824 a, b) 132 244 732 1 174Drahtseile, D rahtlitzen (825 a) . . . . 82 121 1 068 2 350Andere Drahtwaren (825 b, c, d; 826 b) 117 189 9 012 18 312D rahtstifte (Huf- u. sonst. Nägel) (825 f, g; 826 a ; 827) 15 26 3 995 10 015Haus- und Küchengeräte (828 d, e, f) 13 32 2 571 5 126K etten usw. (829 a, b ) ............................................Alle übrigen Eisenwaren (828 a, b, c; 830; 831- 832-

3 44 ' 683 1 504

833; 834; 835; 836; 837; 838; 839; 840; 841) 170 389 8 334 17 178Maschinen (892 bis 9 0 6 ) .......................... 2 081 4 830 29 184 57 390

) Di6 Ausfuhr is t un ter Maschinen nachgewiesen.

7. April 1927. Wirtschaftliche Rundschau. S tahl und Eisen. 601

Kohlenförderung des Deutschen Reiches im Monat Februar 19271).

Erhebungsbezirke

F eb ruar 1927 J an u a r und F ebruar 1927

Stein­

kohlen

t

B raun­

kohlen

t

Koks

t

P reß ­kohlen

ausStein­kohlen

t

Preßkohlen aus B raun­

kohlen

t

Steinkohlen

t

Braunkohlen

t

Koks

t

Preßkohlen aus S tein­

kohlen

t

Preßkohlen aus B raun­

kohlen

t

Oberbergam tsbezirk: gfP®» v*Breslau, Niederschlesien 485 790 791 387 73 396 14 790 180 942 1 008 237 1 606 839 156 402 30 149 369 616

,, Oberschlesien . 1 562 148 — 94 618 37 759 — 3 179 007 __ 203 920 77 287 —H a l l e ................................... 3 927 4) 5 479 318 — 3 373 1 407 635 8 721 11 168 205 _ 7 052 2 871 766C la u s th a l.............................. 51 312 159 257 7 762 9 745 14 850 104 072 326 637 16 150 20 586 30 469D o r tm u n d .......................... 2)9 461 742 — 2 114 933 317 845 _ 19 367 739 __ 4 320 911 641 164 _Bonn, ohne Saargebiet 3) 814 993 3 519 679 189 664 40 469 812 189 1 677 528 7 123 571 403 881 79 809 1 655 442

Preußen, ohne Saargebiet 12 379 912 9 949 641 2 480 373 423 981 2 415 616 25 345 304I

20 225 252 5 101 264 856 047 4 927 293V o r j a h r .......................... 10 252 061 9 155 980 1 945 926 419 314 2 229 828 21 061 772 19 267 316 4 011 738 854 308 4 624 366

Berginspektionsbezi r k :M ü n c h e n .......................... — 100 874 — — — — 207 137 _ _ —B a y re u th .......................... 828 41 270 — — 6) 1 591 93 128 _ __A r n b e r g .......................... 53 924 — — __ 108 664 __ __Z w e ib rü c k e n ................. 95 — — — 189 — — —

Bayern, ohne Saargebiet . 923 196 068 — __ . «) 1 783 408 929 -V o r j a h r .......................... 3 715 179 956 — 51 13 503 7 747 367 446 226 24 973

Bergamtsbezirk:Z w ic k a u .......................... 165 381 — 19 304 2 174 — 339 191 — 39 611 4 630 —Stollberg i. E ................... 153 402 — — 1162 — 322 233 — — 2 694 —Dresden (rechtselbisch) . 31 545 169 971 — 420 16 735 6 6 871 354 488 771 32 985Leipzig (linkseibisch) 721 583 — — 235 204 — 1 481 458 - 468 178

S a c h s e n .............................. 350 328 891 554 19 304 3 756 251 939 728 295 1 835 946 39 611 8 095 501163V o r j a h r .......................... 345 437 823 817 17 167 5 642 236 889 711 255 1 692 262 33 204 10 504 476 014

Baden ................................... __ — — 30 141 — — — - 63 289 __Thüringen.............................. — 598 310 — — 5) 219 741 — 1 211 058 5) 440 433H e sse n ................................... _ 33 920 — 7 460 275 — «) 71 950 — 6) 15 238 «) 910B raunschw eig ..................... - 273 467 — — 52 225 — 563 760 — __ 105 400'A n h a l t .................................. 92 794 — — 7 723 — 183 622 — __ 17 227Uebriges D eutschland . . 11 536 — 29 893 1 879 — 23 443 - 63 746 4 155

Deutsches Reich,ohne Saargebiet . . . 12 712 699 12 035 754 2 529 570 467 217 2 947 519 6) 26 098 825 «) 24 500 517 5 204 621 6) 946 824 6) 5 992 426i

Deutsches Reich (je tzigerGebietsum fang ohneS aargebiet): 1926 . . . 10 611 224 11 076 931 1 984 765 465 885 2 734 773 2 1 801 228 23 298 969 4 091 115 954 474 5 654 414

Deutsches Reich (jetzigerGebietsumfang ohneSaargebiet): 1913 . . . 11 346 170 6 836 190 2 309 464 442 749 1 649 769 23 512 856 14 211 756 4 813 968 911 004 3 420 956

i Deutsches Reich (a lte r Ge­bietsumfang): 1913 . . 15 608 956 6 836 190 2 522 639 475 923 1 649 769 32 145 071 14 211 756 5 247 510 974 211 3 420 956

*) N ach „Reichsanzeiger“ N r. 73 vom 28. M ärz 1927. *) Davon entfallen auf das Ruhrgebiet rechtsrheinisch 9 416 564 t . 8) Davon Ruhrgebiet linksrheinisch 409 828 t . 4) Davon aus G ruben links der Elbe 3 072 896 t . 6) E inschließlich Bayern. 6) Einschließlich der B erich­tigung aus dem V orm onat.

Wirtschaftliche Rundschau.

D ie Lage d es d eu tsc h e n E isen m ark tes im März 1927.I. RHEIN LA N D -W ESTFA LEN . - Nach allge­

meinem U rteil ist die deutsche W irtschaft seit ungefähr Jahresfrist in ihrem W iederaufstieg, wenn auch langsam, so doch stetig vorw ärts gekommen, und auch für eine günstige W eiterentw icklung liegen im m erhin einige An­haltspunkte vor. W enn sich tro tzdem kein befreiendes Gefühl einstellen will, m an vielm ehr die Grundlagen der wirtschaftlichen Zukunft als unsicher em pfinden muß, so tragen in erster Reihe die im ganzen Reiche auftretenden Lohnkämpfe und m ehr noch die B estrebungen zur Ver­kürzung und w eiteren Schem atisierung der Arbeitszeit die Schuld d aran ; denn sie drohen der W irtschaft jede feste Rechnung auf lange Sicht unmöglich zu m achen und die vorhandenen Ansätze einer beginnenden Erholung und Festigung rücksichtslos zu zerschlagen. E in end­gültig gesicherter, alle Gebiete der W irtschaft um fassender W iederaufstieg muß unmöglich bleiben, solange bei jeder Konjunkturwendung zum Besseren h in d er W irtschaft immer wieder neue Lasten und Fesseln aufgelegt werden, und solange M aßnahmen von entscheidender w irtschaft­licher B3deutung, wie die vorgesehene Arbeitszeitregelung, nicht aus sachlicher Notwendigkeit, sondern rein zu ta k ­tischen Zwecken der politischen Parte ien ohne jede R ück­sicht auf die Erfordernisse der w irtschaftlichen Lage e r­folgen. In der B eurteilung der zukünftigen W irtschafts­entwicklung ist daher angesichts dieser Störungsm öglich­keiten größte Zurückhaltung am Platze, und dies um so mehr, als zu den vielen der deutschen W irtschaft eigen­tümlichen Schwierigkeiten noch die aus der W eltw irt­

schaftslage im allgemeinen und der eigensüchtigen Politik vieler S taaten im besonderen erwachsenden großen Hemmnisse tre ten .

E inen G efahrenpunkt ersten Ranges für die ge­deihliche Entw icklung der W irtschaft b ildet noch fo rt­gesetzt das Heer der Erwerbslosen. Zwar is t die Gesam t­zahl der H auptunterstü tzungsem pfänger inzwischen wiederum etwas zurückgegangen; sie betrug am 15. Jan u ar 1 838 289, am 1. Februar 1 825 931, am 15. Februar 1 760 949, am 1. März 1 696 000. Aber dazu kom men zunächst noch die vielen Zuschlagsempfänger (am 1. März1 983 000) sowie die der Krisenfürsorge überwiesenen Ausgesteuerten. N icht nu r belasten die einschließlich Krisenfürsorge auf m onatlich 130 Mill. berechneten hohen U nterstützungs-G esam tbeträge die W irtschaft und ver­teuern deren Erzeugnisse, sondern fü r diese sind die fast2 Mill. Erwerbslosen, zu denen h ier noch die K urzarbeiter kommen (deren Zahl nach der H aushaltsrede des R eichs­arbeitsm inisters im Jah re 1926 um 23 auf 7 % der Ge­werkschaftsm itglieder zurückgegangen ist), sowie die Millionen Fam ilienangehörigen beider Gruppen infolge der verringerten K aufkraft nu r sehr geschwächte Ver­braucher. f jji

Der verhältnism äßig rech t schwache und langsame Rückgang der Gesam tzahl d er deutschen Erwerbslosen zeigt, wie überaus zögernd der A rbeitsbeschaffungsplan der Regierungen und überhaup t der am tlichen Stellen in W irkung t r i t t , und wie sehr viel rich tiger und w irk­sam er es gewesen wäre, wenn die Regierungen neben

X IV .17 76

Ö02 Stahl und Eisen. Wirtschaftliche Rundschau. 47. Jahrg . Nr. 14.

ihrer Auftragserteilung die Industrie durch Lasten­erleichterung in den Stand gesetzt h ä tten , in erfolg­reicherem W ettbewerb m it dem Ausland mehr Aufträge vom W eltm arkt hereinzunehmen. Die Lastenerleichte­rung wäre dann zum guten Teil durch Erwerbslosen­unterstützung wieder eingespart worden. Zuzugeben ist freilich, daß selbst im besten Falle die Höhe der In- und Auslandslieferungen aus der Vorkriegszeit und die Be­schäftigung aller Erwerbslosen nicht zu erreichen ge­wesen wäre. Um so wichtiger ist daher das vom E rnäh­rungsminister angekündigte soziale Agrarprogramm, das neue Aufstiegmöglichkeiten zu Selbständigkeit und Eigentum erschließt, aber auch den ganzen deutschen Innenm arkt beleben würde.

Nun ist Deutschland im Begriff, die Erwerbslosen­f ü r s o rg e durch eine E rw erb s lo sen v e rs ich eru n g , den sogenannten „Schlußstein“ der Sozialgesetzgebung, zu ersetzen, nachdem jene bereits in eine „klassifizierte“ umgewandelt worden ist. Diese Versicherung soll nach der Schätzung des Ministers ebensoviel kosten wie die bisherige Fürsorge. W enn die Reichsregierung ih r folgen­schweres Vorhaben durchzuführen gewillt ist, dann sollten sowohl sie als auch der R eichsrat und Reichstag wenig­stens die in England gemachten und der dort beabsich­tigten gleichen Gesetzgebung zugrunde liegenden E rfah­rungen zum Besten der Versicherten wie des deutschen Volkes nutzbar machen. Grundsatz ist in England, die Unterstützung nie so hoch zu bemessen, daß sie den Versicherten dazu verleitet, während eines Arbeitsver­dienstes nicht zu sparen, ferner sie merklich h in ter dem Lohn eines ungelernten Arbeiters Zurückbleiben zu lassen, dam it niemand versucht wird, der A rbeit die U nter­stützung vorzuziehen. Im Reichstage fiel übrigens bereits die Aeußerung, die Arbeitslosenversicherung sei un ter den heutigen Verhältnissen ein hoffnungsloses U nter­nehmen.

Die Regierung h ä lt sich aus sozialen Gründen für verpflichtet und daher auch für berechtigt, im Wege der Gesetzgebung in ungeheurem Ausmaß über die in den Händen der W irtschaft befindlichen oder in der Zukunft in sie gelangenden Gelder und sonstigen W erte zu ver­fügen, auch soweit diese keineswegs Gewinne sind oder werden, sondern sonst irgendwie aufgebracht werden müssen, sei es durch Entnahm e aus dem Vermögen oder durch dessen Belastung, sei es soweit als möglich auch durch Aufrechthaltung hoher Verkaufspreise. Zu dem allen kommt noch die Absicht der Regierung, die R enten aus der Alters- und Invalidenversicherung zu erhöhen, was nach der Aeußerung des Arbeitsministers im Reichs­tage jährlich 120 Mill. J l Kosten verursacht, die zum Teil natürlich durch Beitragserhöhung aufgebracht, im übrigen aber aus dem Steueraufkommen gedeckt werden müssen. Unter Hinzurechnung des bereits Bestehenden ergibt sich ein Ausmaß von sozialen Einrichtungen und Lasterr, von dem man befürchten muß, daß es die W irtschaft er­drückt, namentlich wenn das Ausland etwa n ich t im gleichen Maße solche Einrichtungen trifft und das ohnehin ungünstiger arbeitende Deutschland den W ettbewerb m it ihm nicht zu bestehen vermag.

Das Maß der auf der deutschen W irtschaft ruhenden Lasten wird schließlich noch durch die schon erwähnte allgemeine Lohnbewegung der Arbeiterschaft gesteigert, die auf Beteiligung an den vermeintlichen R ationali­sierungsgewinnen abzielt, aber auch die bevorstehenden M ieterhöhungen (ab 1. April 1927 10 %, ab 1. Oktober 20 % Zuschlag zur Friedensmiete) berücksichtigt wissen will. So h a tten bereits Ende Januar u. a. auch die Metall­arbeiterverbände das im Bezirk der Nordwestgruppe ge­troffene Lohnabkommen zum 28. Februar gekündigt und durch den inzwischen für verbindlich erklärten Schiedsspruch1) eine 8prozentige Lohnerhöhung erzielt. Eine Mietsteigerung von 10 % bedingt dabei, wie der Reichsarbeitsm inister selbst vor dem Reichstag am11. März ausgeführt hat, nur eine Lohnsteigerung von i y 2 bis etwa 2 % . Lohnerhöhungen müssen aber m it N aturnotw endigkeit preissteigernd wirken und sind, weil

J) Siehe St. u. E. 47 (1927) S. 378.

die Teuerung nicht noch gesteigert werden darf, nicht angebracht. Die Besserstellung der A rbeiter, Ange­ste llten und Beam ten muß daher rich tiger auf dem Wege der allgemeinen Preissenkung geschehen.

Die Gefahr, die unserer W irtschaft aus dieser Ueber- spannung der Forderungen auf dem Gebiete der Lohn- und Sozialpolitik d roh t, h a t Dr. V o g le r auf der H aupt­versam m lung der Vereinigten Stahlwerke am 30. März 1927 nachdrücklich gekennzeichnet. Ausgehend von der Bedeutung der R ationalisierungsbestrebungen für eine Gesundung des W irtschaftslebens, wies er darauf hin, daß es ein Unglück fü r Deutschland wäre, wollte man, noch ehe die Früchte dieser Politik sich zum N utzen der g a n z e n deutschen W irtschaft in vollem Umfange zeigen können, sie d u r c h s o z i a lp o l i t i s c h e E x p e r im e n te und durch eine u n t r a g b a r e L o h n - u n d A r b e i t s z e i t ­p o l i t i k g e f ä h r d e n , zumal da die Belastung aus dem Dawesplan in ih rer ganzen W ucht sich e rst im kommenden Jahre zeigen werde.

„V erm ehrte Soziallasten und steigender Lohn sind scheinbar tragbar in Zeiten einer anhaltenden In f la t io n . Diese Zeiten sind v o r b e i ; a n u n s is te s , zu v e rh in d e rn , daß sie jemals w ie d e rk o m m e n . In Zeiten einer festen W ährung bedeutet ein künstlich über das wirtschaftlich Mögliche hinaus gesteigerter Lohn Verminderung der Konkurrenzfähigkeit, Verminderung der W ettbewerbs­fähigkeit auf dem A uslandsm arkt, Verm inderung des Absatzes im In land , Verm inderung auch d er Konkurrenz­fähigkeit der w eiterverarbeitenden Industrie und damit letz ten Endes Verm ehrung der Arbeitslosigkeit.“ Vogler rich tete dann die dringende Mahnung an die Arbeiter­schaft, an alle verantw ortlichen Stellen, ja an die gesamte öffentliche Meinung, zugunsten des wirtschaftlichenW ohl- ergehens des deutschen Volkes und im besonderen gerade der deutschen A rbeiterschaft alle sozialen und sozial­politischen Forderungen zu unterlassen, deren Durch­führung uns wieder auf den T iefstand zurückbringen würde, auf dem die deutsche W irtschaft vor einigen Jah ren stand.

Wie sehr der w irtschaftliche Aufschwung der letzten zwölf Monate gerade auch der A rbeiterschaft zugute ge­kommen ist, zeigte Vogler an der Entw icklung des auf den einzelnen A rbeiter der Vereinigten Stahlwerke ent­fallenden Lohnes, wonach heu te das d u r c h s c h n i t t l i c h e M o n a ts e in k o m m e n rd . 22 % m e h r b e träg t a ls vor e in e m J a h r e , ungeachtet dessen, daß heute in den Betrieben der V ereinigten Stahlwerke 10 % m e h r A r­b e i t e r a ls v o r J a h r e s f r i s t beschäftigt sind. Er betonte auf eine Anfrage ausdrücklich, daß diese Lohn­steigerung nicht durch U eberstunden herbeigeführt sei, sondern bei Eisen und Stahl durch das Akkordsystem; im Bergbau sei durch Ueberschichten etw a eine 6- bis 8prozentige Steigerung des Einkom m ens erzielt worden, w ährend die Gesam tsteigerung über 20 % hinausgehe.

„D ie beste Sozialpolitik in unserer Lage — ja ich möchte fast sagen, die einzige Sozialpolitik, die für uns tatsächlich möglich is t ,“ so schloß Vogler diesen Teil seiner Ausführungen, „ is t die, unsere gesamte Wirtschaft so gesund und so s ta rk wie möglich zu machen. Eine gesunde, im In- und Auslande konkurrenzfähige Indu­strie wird auch das A r b e i ts lo s e n p r o b le m n a c h und n a c h lösen. S o z ia lp o l i t i s c h e E x p e r im e n te v e r ­r i n g e r n n i c h t die Zahl der Arbeitslosen, sondern v e r ­m e h re n sie. W ir können nur d er Hoffnung Ausdruck geben, daß die E rkenntnis dieser Tatsache bald Allge­m eingut w ird .“

Eine weitere Erscheinung des Berichtsm onats, die hinsichtlich ihrer Einwirkung auf die zukünftige deutsche W irtschaftslage bedenklich stim m en m uß und daher hier besonders hervorgehoben sei, ist die erheblich gestiegene Passiv ität der deutschen Handelsbilanz, die sich nunmehr seit ungefähr einem halben Jah re ständig vergrößert h a t. Das Bedenklichste dabei ist n ich t die Passivität der Bilanz an sich, sondern die Tatsache, daß diese P assiv ität hauptsächlich hervorgerufen is t durch eine sinkende Ausfuhr und eine gleichzeitig steigende Einfuhr von Fertigw aren. R eparationspolitisch b e trach te t liegt in dieser Entw icklung ein neuer zuverlässiger Beweis-

7. A pril 1927. Wirtschaftliche Rundschau. Stah l und Eisen. 603

grund dafür, daß die deutsche E rfüllungsfähigkeit w esent­lich geringer einzuschätzen ist, als sie sich beispielsweise nach dem letz ten B ericht des R eparationsagenten d a r­stellt.

Ueber das E rgebnis des deutschen Außenhandels unterrichten nachstehende Zahlen:

D eutschlands G esam t- G esam t- G esam t-W aren- W aren- W aren- E in fuhr- A usfuhr- E in fuh r A usfuhr Ueberschuß

in M illionen J l

8798,4 3629,7 —732,6 304,8 —

9818,1 131,9 —818,1 11,0 —832.5 228,0 —798.5 294,7 —755,8 338,6 —

deutsche A ußenhandel in

Jan . bis Dez. 1925. M onatsdurchschnitt.Jan . bis Dez. 1926. M onatsdurchschnitt. Dezember 1926 . .Januar 1927. . . .F e b r u a r .................. 1094,4

Anschließend folgt der

12 428,1 1037,4 9 950,0

829,1 1 060,5 1 093,2

E ise n : Eisen-E infuhr

Eisen - A usfuhr

in 1 0 0 0 t

EiseD-Ausfuhr-

Ueberschuß

Jan. bis Dez. 1925. . 1448 3548 2100M onatsdurchschnitt 120 295 175Jan. bis Dez. 1926. . 1261 5348 4087M onatsdurchschnitt 105 445 340Dezember 1926 . . . 171 478 307Januar 1927.................. 188 515 327Februar ...................... 196 387 191

Danach stieg also der Gesam t-Einfuhr-U eberschuß andauernd sehr erheblich. Z uletzt war im Mai 1926 die Ausfuhr 'größer als die E infuhr, aber nur noch um 26,9 Mill. J l ; seit Ju n i w ar die E infuhr größer als die Ausfuhr, im ganzen Jahresdurchschn itt 1926 um m onat lieh 11 Mill. J l, im Dezember aber um 228 Mill. J l, und diese sind nun schon bis E nde Februar auf 294,7 + 338,6 = 633,3 Mill. J l, oder im M onatsdurchschnitt auf316,6 Mill. J l, angewachsen. D aran is t auch der R ück­gang der Eisenausfuhr beteiligt, was freilich u. a. eine Folge des w iederaufgetretenen englischenW ettbewerbs ist.

Der S tand der Teuerung ist m ehr oder m inder u n ­verändert gebliehen; der M onatsdurchschnitt der Groß­handelsmeßzahlen im März ergab 1,350 gegen 1,356 im Februar und 1,359 im Ja n u a r; die M ärz-Lebenshaltungs- meßzahl ste llte sich auf 1,449 gegen 1,454 im Februar und 1,446 im Januar. Die E inlagen in die preußischen Spar­kassen betrugen E nde Novem ber 1926 1925,7, Ende Dezember 1926 2018,9 Mill. J l. Im März wurden 557 Konkurse und 132 Geschäftsaufsichten eröffnet gegen 473 Konkurse und 132 G eschäftsaufsichten im Februar und 493 bzw. 93 im Januar. Im März h a t die Zahl der er- öffneten Konkurse w ieder um 82 zugenommen. Im ganzen betrugen die Konkurseröffnungen des ersten V ierteljah­res 1927 1561 gegenüber 1418 im v ierten V ierteljahr 1926; sie weisen m ithin nach längerem allm ählichen Absinken von ihrer Höchstzahl im ersten V ierte ljahr 1926 (6013) zum ersten Male w ieder eine Zunahm e auf, was in der Hauptsache auf das Mehr an K onkursen im März zurück­zuführen ist. Die Zahl der verhängtenG eschäftsaufsichten hat dagegen von 394 auf 363 abgenom m en; im ersten Vierteljahr 1926 betrug ihre Zahl noch 4641, also m ehr als das Zehnfache.

Die allgemeine Lage der E isen schaffenden Industrie läßt sich wie folgt um schreiben: Schon aus dem B ericht des Stahlwerks-Verbandes für Februar w ar ersichtlich, daß in A- wie B -Produkten die W erke gu t beschäftigt waren und auf Abschlüsse flo tt abgerufen wurde, woraus sich schließen ließ, daß die verkauften bzw. abgerufenen Mengen alsbald in den Verbrauch übergingen. D arin war gegen den V orm onat Jan u a r zum Teil schon eine Besserung wahrzunehmen. Die N achfrage nahm aber vielfach noch zu, und teilweise kam es, da die Abschlüsse zur Neige gingen, auch schon zu neuen Geschäften. Zum Teil h a tten sich die K äufer allerdings aus Furch t vor Preiserhöhungen reichlich eingedeckt, was sich dann zunächst natürlich in entsprechend verm indertem neuem Geschäft bemerkbar machte. Soweit durch die Beendi.

gung des englischen B ergarbeiterstreiks Auftragslücken en tstanden waren, z. B. in Halbzeug, erleichterte das die U nterbringung neuer Aufträge bei den Lieferwerken. N ach und nach wurde im März die gesam te Nachfrage noch lebhafter als bisher. Der bis Anfang des B erichts­m onats anscheinend zurückgehaltene V erbraucherbedarf kam nun heraus, was viele neue K äufe zur Folge h a tte , auf die auch wieder flo tt abgerufen wurde. D aher kann die Fortführung der B etriebe im bisherigen vollen U m ­fang auf absehbare Zeit wohl als gesichert gelten. T r o tz d e r s t a r k e n N a c h f ra g e h a b e n d ie V e r k a u f s v e r ­b ä n d e ih re b is h e r ig e n P r e is e u n v e r ä n d e r t g e ­l a s s e n , w ie a u s d e r b e ig e f ü g te n Z a h le n t a f e l 1 h e r v o r g e h t . Ob es gelingen wird, auch in Zukunft eine Preissteigerung zu vermeiden, was aus allgemeinen volkswirtschaftlichen Gründen zu begrüßen wäre, ein Standpunkt, den die Eisen schaffende Industrie ein­hellig v e r tr i t t , ist heute noch eine offene Frage. An­derseits läß t sich n ich t verkennen, daß die Gestehungs­kosten der Werke bedeutend gestiegen sind. Die Erze haben sich besonders infolge des Anziehens der See­frach ten und der Aenderungen in den W ährungsVer­hältnissen der Erz liefernden L änder um rd. 20 % ver­teuert, der Schrottpreis ist innerhalb Jah resfris t um 12 Jl je t in die Höhe gegangen. Welche Bedeutung gerade diese K ostensteigerung für die deutsche S tahl­industrie h a t, läß t die Tatsache erkennen, daß von den rd . 12 Mill. t jährlicher Rohstahlerzeugung über die H älfte auf Siemens-M artin-Stahl entfallen. Die deutsche E isen­industrie ist som it je tz t an der Grenze ihrer Tragfähigkeit angelangt. Jede weitere Belastung, aus welchen Quellen sie imm er stam m en mag, muß sich in Preiserhöhungen auswirken.

Auch das Ausfuhrgeschäft wurde wieder stärker. Die W eltm arktpreise für Halbzeug zogen etw as an, und ebenso forderte der ausländische W ettbew erb für S tab ­eisen schließlich etwas bessere Preise, was den deutschen Verbänden größere neue Geschäfte ermöglichte, während in Grobblechen der gar zu niedrigen Auslandspreise wegen das Ausfuhrgeschäft still wurde. Die Kurse des fran ­zösischen Franken hielten sich auf dem bisherigen Stande von ungefähr 16,50 Jl fü r 100 Fr.

Die gute Beschäftigung nam entlich der E isen indu­strie kam, neben der R eichsbahn und der Rheinschiffahrt, zum Teil auch dem Kohlenbergbau zusta tten , wenn sich auch seit einiger Zeit infolge der Beendigung des Streiks der englischen B ergarbeiter die Kohleneinfuhr, besonders aus E ngland, wieder sehr bem erkbar m achte. Das K ohlen­syndikat berichte te aber, der i n d u s t r i e l l e B e s c h ä f t i ­g u n g s g r a d biete noch ein freundliches Bild.

D er wegen der A r b e i t s z e i t und L ö h n e der R u h r­bergleute am 18. März gefällte, dann aber beiderseits abge­lehnte S c h ie d s s p r u c h is t durch den Reichsarbeitsm ini­s te r fü r verbindlich e rk lä rt worden. Das W esentlichste daraus ist, daß fü r die A rbeit un ter Tage nunm ehr die 7-Stunden-Schichtgilt, die aber in einem besonderenM ehr- arbeitsabkom m en um eine Stunde verlängert wird. Fü r diese Stunde M ehrarbeit wird ein Lohnzuschlag von 25 % gezahlt. Die A rbeitszeit ist praktisch also der bisherigen gleich und versteh t sich auch wieder wie bisher e in ­schließlich Ein- und A usfahrt usw. Die bisherigen A rbeits­löhne sind allgemein um 5 % erhöht. Die a lten A b­machungen waren zwar zum 31. März gekündigt, aber das neue Abkommen t r i t t e rst am 2. Mai in K ra ft, und bis dahin g ilt noch die a lte Arbeitszeit. Das neue A rbeits­zeitabkom m en ist e rst zum 31. Ja n u a r 1928 kündbar, dagegen der R ahm entarif zum 1. A pril 1929. Die im rheinisch-westfälischen K ohlengebiet bestehende L ohn­ordnung is t inzwischen von den vier A rbeiterverbänden des R uhrbergbaues in einem gemeinsamen Schreiben an den Zechenverband zum 30. April 1927 un ter gleichzeitiger B eantragung einer Lohnerhöhung gekündigt worden.

Ueber die M arktlage ist im einzelnen noch folgendes zu berichten:

D er V erkehr auf der R e ic h s b a h n nahm in der B erichtszeit etw as zu, die Tagesgestellung stieg auf 137 000 laufende W agen. Im R uhrgebiet wurden im T agesdurchschnitt 27 800 O-Wagen fü r Brennstoffe,

604 Stahl und Eisen. Wirtschaftliche Rundschau. 47. Jah rg . Nr. 14.

Zahlentafel 1. D ie P r e i s e n tw ic k l u n g im 1. V i e r t e l j a h r 1927.

1927 1927

Jan u ar F ebruar März Jan u a r F ebruar M ärz

K o h len u. K o k s : A i je t A i je t A i je t A i je t A i je t A i je t

Flammförderkohlen 14,39 14,39 14,39 Stahleisen, Sieger­abKokskohlen . . . 15,97 15,97 15,97 länder Q ualität,

8 8 ,— 8 8 ,— 8 8 ,—Hochofenkoks . . 21,45 21,45 21,45 Siegen . . . .Gießereikoks . . . 22,45 22,45 22,45 Siegerländer Zusatz­

E r z e :eisen, ab Siegen:

w eiß................. 99,— 99,— 99,—Rohspat (tel quel) 13,65 13,65 13,65 m eliert . . . 1 0 1 ,— 1 0 1 ,— 1 0 1 ,—Gerösteter S pat­

18,25grau . . . . 103,— 103,— 103,—

eisenstein . . . 18,25 18,25 Spiegeleisen, abM anganarmer ober- Siegen:

1 0 2 ,— 1 0 2 ,— 1 0 2 ,—hess. Brauneisen­ 6 — 8 % M anganstein ab Grube 8 — 1 0 % „ 107,— 107,— 107,—(Grundpreis auf 1 0 — 1 2 o/o „ 1 1 2 ,— 1 1 2 ,— 1 1 2 ,—Basis 41% Metall, Temperroheisen grau ,15% S i0 2 u. 15% großes F orm at, abNässe) . . . . 8 ,— 8 ,— 8 ,— W e r k ................. 97,50 97,50 97,50

M anganhaltiger Brauneisenstein:1. Sorte ab Grube2. Sorte ,, ,,

Gießereiroheisen I I I ,

1 1 ,—9,50

1 1 — 9,50o

1 1 —9,50a __

Luxemburg. Q uali­tä t , ab Sierck . .

Ferrom angan 80 % Staffel 4- 2,50.4Ub

75,— 75,— 75,—

3. Sorte ,, ,, o»— D,--- D ,-----O berhausen . . 295,— 295,— 295,—

Nassauer Roteisen­ Ferrosilizium 75 %stein (G rund­ (Skala 7 bis 8 ,— A i) 380,— 370 bis 380 380,—preis auf Basis Ferrosilizium 45 %von 42% Fe u. (Skala 6 ,— A i) . 235,— 225 bis 235 235,—28 % Si 0 2) ab Ferrosilizium 10 %G r u b e ................. 8 ,— 8 ,— 8 ,— ab W erk . . . 1 2 1 ,— 1 2 1 ,— 1 2 1 ,—

Lothr. M inette, B a­ nominell 5,75 bis 6,00 R .-A i franz. Fr. Vornewalztes undsis 32% Fe . . frei Grenze Sierck (Skala

0.3028— 30

ab Grube gew alztes EisenG rundpreise, soweit

Briey-Minette(3 7bis franz. Franken31—34

n ich t anders be38% Fe), Basis 40 36— 38 m erkt, in Thomas-35% Fe ab Grube (Skai 1,75 bis 2,0 ) F r.) H andelsgiite

Bilbao-Rubio-Erze: Rohblöcke \ ¿ r:„ . . 1 *3 r 01 0 0 ,— 1 0 0 ,— 1 0 0 ,—

Basis 50 % Fe cif R otterdam . .

Bilbao-Rostspat: Basis 50% Fe cif

S 19/—

S19/—

S2 0 / - bis 2 1 /-

vorgewaizte 1 5 -e 3 £ Blöcke . Sg a S 3

Knüppel . 1® 0 . % ^ P latinen .J -^ Q 'g

105,—112.50117.50

105,—112.50117.50

105,—112.50117.50

R otterdam . . 18/6 17/6 bis 18/6 18/- bis 19/- Stabeisen . ^ ab 134 bzw. i)128 134 bzw. i)128 134 bzw. i)128Algier-Erze: Formeisen . > Ober- 131 bzw. i)125 131 bzw. 1)125 131 bzw .1)125

Basis 50% Fe cif19/— 19/- bis 19/6 19/3 bis 20/-

Bandeisen .1 hausen 154 154 154Rotterdam . .

M arokko-Rif-Erze: Kesselbleche ^Basis 60 % Fe cif S. M. . . I ab 173,90 173,90 173,90

R otterdam . . 22/- bis 23/- 2 2 /— 2 2 /—, ehe r Grobbleche . > „etw as höher 5 mm u. Jissen

Schwedische phos­ darüber .) 148,90 148,90 148,90phorarme Erze: Basis 60% Fe fob K r. Kr. Kr. Mittelbleche

155 bis 160N arvik . . . 15,75 15,75 15,75 3 b isu .5 mm 1 ab 155,— bis 160,— 155,— bis 160,—n o m i n e 1 Feinbleche >

Ia hochhaltige1 bisu.3 mm W erk 170,— bis 1 7 5 ,- 170,— bis 175,— 170,— bis 175,—unter 1 mm ) 180,— bis 185, - 180,— bis 185,— 180,— bis 185,—M angan -E rze d d d

Flußeisen-W alz­m it 52 % Mn . 2 0 2 0 19 bis 19 i/2d ra h t . . . . d 139,30 139,30 139,30

R o h e is e n : Gezogenerblanker æaGießereiroheisen M A i A i H andelsdrah t . c3¿3 195,— bis 202,50^ r* ^ 1 ab Ober­ 8 8 ,— 8 8 ,— 8 8 ,— V erzinkter H an ­ *-■a>e r I I I > , 8 6 ,— 8 6 ,— 8 6 ,— delsdrah t . . . -Q 235,— bis 242,50

H äm atit / hausen 93,50 93,50 93,50 Schraubenu.N ie­O u-arm es S tahl­ te n d rah t S. M.. cö 225,— bis 232,50

eisen, ab Siegen 8 8 ,— 8 8 , - 8 8 ,— D rah tstifte . . . 202,50 bis 210,—

!) Frachtgrundlage Neunkirchen-Saar.

6700 O-Wagen für andere Güter, 2800 G-Wagen und 1250 Sonderwagen gestellt. Der Versand nach den Duis- burg-R uhrorter Häfen nahm zu; in der zweiten H älfte Februar wurden an Brennstoffen rd. 55 000 t, in der ersten H älfte März rd. 65 000 t täglich umgeschlagen. Der Bedarf an G-Wagen war infolge stärkeren Lebens­m ittel- und Getreideversandes sehr hoch, so daß besondere Maßnahmen zur Vermeidung von Gestellungsschwierig­keiten angeordnet werden m ußten. Vorübergehend t r a t im Ruhrgebiet auch K nappheit an O-Wagen ein.

Der R h e in w a s s e r s ta n d war im B erichtsm onat außerordentlich günstig, die Schiffe konnten daher wieder voll abgeladen werden. Die Kohlenverladungen nach H o l­la n d haben sehr nachgelassen, was darauf zurückzuführen ist, daß anscheinend ein großer Teil von Brennstoffen auf dem Bahnwege nach den deutschen Seehäfen zum Versand gebracht wurde. Die F rach ten nach R otterdam blieben bis zum 15. m it 0,90 M je t bei freiem Schleppen und1,05 M einschließlich Schleppen unverändert. Am 16. wurden diese Sätze auf 0,80 bzw. 0,90 M und am 21. auf

0,70 bzw. 0,80 M herabgesetzt. Die Kohlenverladungen nach dom O b e r r h e in sind als gu t zu bezeichnen. Da infolge des günstigen W asserstandes eine vollständige Ausnutzung der L adefähigkeit der Schiffe'V ährend der ganzen Beriohtszeit wieder möglich war, wurde das Angebot an leeren Schiffen größer. 1 Die Folge davon war, daß auch die F rach ten im Laufe des Monats herab­gesetzt wurden. Sie betrugen bis zum 16. 1 J t, am 17. 0,90 M , am 18. 0,80 J l und am 22. 0,70 M je t F racht­grundlago R u h ro rt—Mannheim. Das Schleppgeschäft erfuhr keine Aenderungen. Die Schlepplöhne nach Mann­heim betragen unverändert 1 bis 1,10 M je t.

Im ganzen blieb auch in diesem Monat die A r b e i ts ­m a r k t l a g e unverändert, wenn auch in beschränktem Umfange Neueinstellungen bei den W erken vorgenommen wurden. Die G ehälter der A ngestellten änderten sich gegen den Vorm onat nicht. Die Löhne der Arbeiter jedoch wurden, wie bereits im letz ten Bericht mitgeteilt, durch Schiedsspruch, der durch das Reichsarbeitsmini­sterium verbindlich e rk lä rt wurde, erhöht. Inzwischen

7. April 1927. W irtschaftliche Rundschau. Stahl und Eisen. 605

haben die drei am T arifvertrag beteiligten M etallarbeiter­verbände den R ahm entarif fü r die Eisen- und Metall­industrie der N ordw estlichen Gruppe zum 31. Mai ge ­kündigt. Die neuen Forderungen der Gewerkschaften sind im gegenwärtigen Z eitpunkt noch n ich t bekannt.*»« Der K oM f n a b s a tz war m it Ausnahm e von M ager­kohlen und einigen Gasflam m kohlensorten im m er noch befriedigend. Eine Notlage bestand zwar n ich t mehr, aber imm erhin war bei den hauptsächlichsten Industrie ­sorten noch eine gewisse Spannung vorhanden. Der Inlandsabruf behielt in diesem M onat e ine 'ansteigende Linie, die als Zeichen einer gewissen K onjunkturbesse­rung gew ertet werden darf. Der A uslandsabsatz war vielfach von der Preisfrage abhängig und beschränkte sich auf die billigeren Sorten.

Der K o k s m a r k t weist keine nennensw erte Ver­änderung auf. Die Abrufe von Brechkoks ließen zu wünschen übrig.

Die E r z z u f u h r e n für die Hochofenwerke gingen im Laufe des Monats März regelmäßig und ohne Schwierig­keiten vonstatten . Die Lage auf dem E rzm ark t selbst hat sich gegenüber dem Vorm onat kaum geändert. Bei den Gruben im S ie g - , L a h n - und D i l lg e b ie t bewegte sich die Förderung auf der Höhe des Vormonats und ging voll in den Verbrauch über. Preisänderungen wurden nicht vorgenommen. F ü r S ie g e r lä n d e r Erze blieben die Preise auch im Monat April unverändert. Die Preise für L ah n - u n d D i l l - E r z e w erden am 1. April um 0,20 Ai je t erhöht. Die S taatsun terstü tzung soll bis Ende Oktober 1927 um 0,10 M je t und Monat erm äßigt werden bis zum Betrage von 1,20 M ; dafür soll versucht werden, einen w eiteren Ausbau des A usnahm etarifs 7 i zu erreichen. Auf dem M arkte fü r a u s lä n d is c h e Erze bemerkte m an teilweise ein stärkeres Angebot mit einer leichten Neigung zu Preiszugeständnissen, hauptsächlich in den Sorten, in denen keine oder aber nur kleinere Abschlüsse g e tä tig t worden sind. Dies trifft insbesondere bei spanischen und afrikanischen Erzen zu. Einzelne L a d u n g e n e rs tk la s s ig e n B ilb a o -R o s tsp a ts wurden so zu 16/3 S je t frei R heinkahn R otte rdam an- geboten. Die Preise fü r S tandardsorten , wie Marokko- Rif, Ouenza usw., in denen größere Abschlüsse laufen, stehen noch auf 2 2 /— bis 23/ — S bzw. auf 18 /— bis 19/— S, alles frei R heinkahn R otte rdam und 1000 kg, doch kann m an bestim m t m it einem Rückgang der Preise im Laufe des Jahres rechnen, da diese Erze für den Thomas- Möller nicht wettbewerbsfähig sein würden, gegenüber den sonst auf dem M arkt vorliegenden Angeboten, insbe­sondere M inette. Die Preise für p h o r p h o r h a l t i g e u n d p h o s p h o r a r m e s c h w e d is c h e Erze blieben unver­ändert, weil h ier der B edarf der Hochofenwerke durch Ab­schlüsse gedeckt ist. Das Angebot in schwedischen K on­zentraten war gi o 3. dagegen bestand h ierfür bei den Hoch­ofenwerken nur sehr geringe K auflust. Einzelne Käufe sind indessen zustande gekomm en in der Preislage von 10 bis 10,50 schwed. Kr. je t fob m ittelschwedischem Hafen. In M in e tte w ar das Angebot ungemein groß. Der Bedarf hierin für das zweite Jahresv iertel dürfte bei den rheinisch-westfälischen H üttenw erken gedeckt sein, doch wird das Angebot, da es viel größer als die Nachfrage ist und die gute M inette sich ziemlich billig v erhü tte t, einen Preisdruck auf die übrigen angebotenen Erze aus­üben. In A b b r ä n d e n sind auch im März einzelne K"ufe zustande gekommen, und zwar in der Preislage von ,80 bis 8 fl. je t frei R uhr. Die Nachfrage nach M ar i n ­s c h la c k e n war nach wie vor rege. In Puddel-, Schweiß- und W alzenschlacken m achte sich infolge der noch zu hohen Preisforderungen der Verkäufer eine gewisse Zu­rückhaltung bem erkbar. In M a n g a n e rz e n war infolge verstärkter Zufuhren, nam entlich von georgischem Man­ganerz, von den deutschen W erken Zurückhaltung beob­achtet worden. Anderseits beurteilen die M anganerzgru­ben die weitere Entw icklung des M arktes n ich t ungünstig. Dampferraum von Indien war im m er noch schwer e rh ä lt­lich und die Seefracht noch un v erän d ert hochstehend. Der Preis des Erzes gab daher nu r wenig nach.

Die Verhältnisse auf dem S c h r o t tm a r k t zeigten zunächst keine Veränderung. E rs t gegen Ende des Monats

m achte sich eine Versteifung bem erkbar, die sich in einem Anziehen der Preise äußerte. W ährend der Preis für S tahlschrott in den ersten W ochen auf 61/62 J lJ l stehen blieb, stieg er in der letz ten Woche auf 63/64 JtJU.

Aus dem R o h e i s e n - I n l a n d s m a r k t m achte sich eine kleine Belebung bemerkbar. Eine Anzahl von Gieße­reien und M aschinenfabriken war besser beschäftigt und t r a t infolgedessen m it einem erhöhten B edarf hervor. Es kann jedoch noch im m er n ich t von einer norm alen Beschäftigung gesprochen werden. Nach wie vor wurde nur der dringendste Bedarf bestellt. Die Abrufe an S tah l­eisen wiesen keine Besserung auf. Auch auf den A u s ­l a n d s m ä r k te n hob sich das Geschäft, die Preise gaben aber w eiter nach.

Im abgelaufenen B erichtsm onat h ie lt die Nachfrage nach W a lz e r z e u g n is s e n aus dem I n l a n d e un v erän d ert an ; zum Teil erfuhr sie sogar eine Zunahme, indem nun­m ehr auch der Früh jahrsbedarf stä rker und sich tbarer in Erscheinung tra t . Die V erkaufstätigkeit war daher rech t lebhaft. W enn auch diese verm ehrte Nachfrage zum Teil auf um laufenden G erüchten über eine Preishebung für Walzerzeugnisse infolge der eingetretenen Lohnerhöhun­gen beruhen m ochte, so bleibt doch bem erkenswert, daß H ändler und Verbraucher n ich t nu r gekauft haben, sondern auch s ta rk w eiter abrufen. Die Käufe haben also nicht rein spekulativen Charakter, sie ergeben sich viel­m ehr zwangläufig aus einem wirklich zu deckenden Bedarf. — Auf dem A u s la n d s m ä r k te wiesen die Preise keine Besserung a u f ; wenn sie sich auch von ihrem tiefsten Stande zunächst etwas erholten, so gingen sie zwischen­zeitlich doch wieder zurück. Infolgedessen und m it R ücksicht auf die stärkere Nachfrage des Inlandes konnte dem Auslandsgeschäft weniger scharf nachgegangen werden. Der Auftragseingang in H a lb z e u g aus dem In ­lande war gut. Die gebesserte Nachfrage nach H alb­zeug m it G ütevorschriften läß t auf stärkeren B edarf der E isenbahnverw altung schließen. — Das Auslandsgeschäft dagegen blieb h in ter dem üblichen D urchschnitt zurück, da England, der H auptabnehm er fü r festländisches Halbzeug, m it seinen Abrufen zurückhielt. Die im Februar einsetzende Aufwärtsbewegung der W eltm ark t­preise kam infolgedessen wieder zum S tillstand.

In F o rm e is e n war das Inlandsgeschäft sehr lebhaft. M it Beginn des Berichtsm onats setzte eine rege Abschluß­tä tig k e it ein, die bis heute angehalten h a t. Die starken Käufe sind in der H auptsache auf die verm ehrte B au­tä tig k e it und die bessere Beschäftigung der w eiterver­arbeitenden Industrie zurückzuführen. — Das Auslands­geschäft verlief ruhig.

In schweren E i s e n b a h n o b e r b a u s to f f e n waren die W erke nach wie vor gut b eschäftig t; die rege Nachfrage aus dem In land h ie lt w eiter an. Auch der A uftragseingang an Grubenschienen aus dem In land war befriedigend. Im Ausland w ar die Nachfrage schwächer, wenn auch die Abrufe auf früher getä tig te Abschlüsse flo tt eingingen.

r Bei S ta b e i s e n m achte sich im In landsgeschäft schon zu Beginn des Monats eine deutliche Besserung bemerkbar. Die K auftä tigke it war in säm tlichen Be­zirken sehr rege, und die Abrufe auf die getä tig ten Ab­schlüsse gingen prom pt ein. — Das Auslandsgeschäft bewegte sich in verhältnism äßig 'ruhigen Bahnen;'Tnur Holland t r a t stä rk er als K äufer auf.

In B a n d e is e n h ie lt sich das Geschäft im I n l a n d e auf der gleichen Höhe wie im Vorm onat. Das Auslands­geschäft wurde nach wie vor scharf u m stritten .

Die Beschäftigung in r o l le n d e m E is e n b a u z e u g war im B erichtsm onat nicht befriedigend. Der Auftrags­eingang, sowohl vom In lande als auch vom Auslande, war indessen lebhafter, so daß es voraussichtlich gelingen wird, den Beschäftigungsgrad in den nächsten M onaten wiederum etw as zu heben. W enn auch die Aufträge bei weitem nich t genügten, um die vorhandenen E inrich­tungen einigerm aßen ra tionell auszunutzen und die P ro ­duktion lohnend zu gestalten , so wird es u n te r B erück­sichtigung d er noch zu erw artenden Bestellungen voraus­sichtlich doch möglich sein, wenigstens im R ahm en der bisherigen E inschränkungen die B etriebe aufrechtzu­erhalten .

606 Stahl und Eisen. Wirtschaftliche Rundschau. 47. J ahrg. Nr. 14.

Das G ro b b le c h g e s c h ä f t e rfuhr im I n l a n d eine stärkere Zunahme, und auch aus dem Ausland kamen mehr Aufträge als im Vormonat herein. Der Eingang an Spezi­fikationen auf Abschlüsse war befriedigend. Die Preise blieben unverändert.

In M i t te lb le c h e n war das I n l a n d s g e s c h ä f t bis M itte März ruhig. Dann tr a t eine Belebung mitAbschluß- tätigkeit ein, die sich bis Monatsende fortsetzte . Aus­führungsaufträge gingen so zahlreich ein, daß die Werke genügend beschäftigt waren. Die Auslandspreise haben sich von ihrem Tiefstand noch n ich t erholt und boten daher keinen Anreiz zu größeren Geschäften.

Der F e in b le c h m a r k t lag auch in der Berichtszeit im allgemeinen noch ruhig. Im m erhin aber war doch eine erhöhte Verkaufstätigkeit festzustellen. Namentlich die Großhändler deckten sich m it größeren Mengen ein, und ebenso m achte sich schon ein geringer Einfluß der be­ginnenden B autätigkeit bemerkbar. Die vorliegenden Spezifikationen gestatteten den W erken auch im März die volle Beschäftigung ihrer Betriebe, obwohl die Liefer­fristen für gewöhnliche Handelsbleche etwas kürzer geworden sind. Kastengeglühte Bleche waren lebhaft gefragt, so daß hierfür längere Ziele gefordert werden mußten. Die Preise hielten sich auf bisheriger Höhe. Es dürfte auch bestim m t nicht zu weiteren Ermäßigungen kommen. W enn die erhöhte Nachfrage, womit im F rüh­jahr bestim m t zu rechnen ist, anhält, dürften die Werke vielmehr rech t bald zu Preiserhöhungen schreiten, zumal da die heutigen Preise, von einigen hochwertigen, besser bezahlten Sorten abgesehen, nicht die Selbstkosten der Werke decken.

Der M arkt in Q u a l i t ä t s b le c h e n , die auf der ganzen Linie verstärk t gefragt wurden, gestaltete sich freundlich, so daß Lieferfristen von 3 Monaten und darüber bewilligt werden mußten.

Die Lage auf dem M arkt der v e r z in k te n und v e r b le i t e n Bleche wird gekennzeichnet durch den Preis­kampf, der nach Beendigung der Verkaufstätigkeit des Verbandes entstanden ist. Es sind zwar Anzeichen zur Besserung des Geschäftes vorhanden, doch wird die Mehrung des Auftragsbestandes von der Preisfrage stark abhängig sein. Die führenden Werke des Verbandes scheinen entschlossen zu sein, den Kam pf gegen die Außenseiter, die durch ihre maßlose Quotenforderung eine Einigung auf der ganzen Linie und dam it die Ord­nung auf diesem Sondermarkte vereitelt haben, m it allen K räften zu führen und ihren Besitzstand unbedingt zu verteidigen.

Nachdem in den ersten beiden Monaten des Jahres das Geschäft in s c h m ie d e i s e r n e n R ö h r e n auffallend ruhig und der Auftragseingang unbefriedigend war, kenn­zeichnete sich seit Anfang März die Lage am R öhrenm arkt durch eine wesentliche Belebung, Es ist dabei besonders zu erwähnen, daß das I n la n d s g e s c h ä f t einen erfreu­lichen Aufschwung genommen hat, der sowohl bei H an­delsröhren, in erster Linie Gasröhren, als auch bei Quali­tätsröhren der verschiedenen Sorten zu verzeichnen ist. Vom Handel gingen im Zusammenhang m it der zunehm en­den B autätigkeit umfangreiche Spezifikationen ein, und auch die Auftragserteilung der W erften, Lokomotiv- und Maschinenfabriken, die im Vormonat schon eine Besse­rung erkennen ließ, erfuhr eine weitere Steigerung. Das gleiche ist bezüglich des S ta h lm u f f e n r o h r g e s c h ä f te s zu sagen, bei welch letzterem die Aussichten für die kom­menden Monate in Anbetracht einer Reihe zur Aus­führung reifer Gas- und W asserleitungspläne als durchaus günstig zu bezeichnen sind. Bestellungen auf Röhren kleinerer Abmessungen gingen immer noch in verhältnis­mäßig geringem Umfange ein, der in keinem Verhältnis zum Arbeitsbedarf der Werke steht.

Auf dem A u s la n d s m a r k t blieb, wenigstens soweit die europäischen Absatzgebiete dabei in B etracht kommen, die Lage im großen und ganzen unverändert. Anzeichen einer Belebung des Geschäftes waren indessen auch hier unverkennbar. Eine preisliche Auswirkung der besseren Lage war noch nicht möglich, zumal da die bisher fehlende Verständigung m it den polnischen W erken in einzelnen Gebieten noch zur Zurückhaltung m ahnte. Im Ueber-

seegeschäft war aus einigen Gebieten eine erhöhte Nach­frage nach Stahlm uffenröhren zu verzeichnen; auch hat das Geschäft in B ohrröhren einen erfreulichen Auf­schwung genommen.

Nachfrage und Auftragseingang in g u ß e is e rn e n R ö h re n waren zufriedenstellend; es ist, soweit sich heute übersehen läß t, auch für den nächsten Monat m it ähn­lichen Verhältnissen zu rechnen.

Die Marktlage in G ie ß e r e ie r z e u g n is s e n hat sich gegenüber dem Vorm onat n ich t geändert.

Das Inlandsgeschäft in D r a h t und D r a h te r z e u g ­n is s e n muß als zufriedenstellend bezeichnet werden, da im V erhältnis zu den Vorm onaten n ich t die übliche Ab­schwächung e in tra t, sondern die Kurve eher noch etwas nach oben zeigte. Das A u s la n d s g e s c h ä f t war durchaus zufriedenstellend und gut. Die P r e is e haben weder im In- noch Auslandsgeschäft eine Aenderung erfahren.

II . M ITTELDEUTSCHLAND. - Im Gebiete dts m itteldeutschen Braunkohlenbergbaues betrug dieTRoh­kohlenförderung im Februar, an 24 Arbeitstagen, 8 198 241 t (Vormonat 8 616 254 t an 25 Arbeitstagen), während sich die H erstellung an B riketts auf 2 072 314 (2 169 959) t stellte. Bei der Rohkohlenförderung machte sich m ith in ein Rückgang von 4,9 % bem erkbar, bei der B rikettherstellung ein solcher von 4,5 %. Die arbeits­tägliche Kohlenförderung belief sich auf 341 593 t gegen­über 344 650 t im M onat vorher, die arbeitstägliche B rikettherstellung betrug 86 346 t gegenüber 86 798 t im Monat vorher.

Das leichte F rostw etter, das im ersten D ritte l des Monats Februar einsetzte, w irkte sich im Gebiete des M i t te ld e u t s c h e n B r a u n k o h le n s y n d ik a t e s erst nach und nach etw as günstiger auf den Brikettabsatz aus, so daß die erste H älfte des Berichtsm onats noch unter dem Zeichen des flauen Absatzes stand. Gegen Anfang der zweiten M onatshälfte m achte sich dann beim Absatz im H ausbrandgeschäft eine Besserung bem erkbar, so daß die Werke noch einigerm aßen befriedigend beschäftigt werden konnten. Das Ende des Monats Februar wieder einsetzende milde W etter bew irkte ein Nachlassen des Auftragseingangs. Die Folge davon war, daß ziemlich erhebliche Brikettm engen auf Stapel gelegt werden muß­ten . Im Abruf von In d u strieb rik etts m achte sich eine leichte Besserung bem erkbar. Im Gebiete des o s te lb i- s c h e n B r a u n k o h le n b e r g b a u e s m achte sich im Februar gleichfalls eine leichte Verschlechterung gegen­über dem Vormonat bem erkbar, und zwar hauptsächlich auf dem Gebiete des Rohkohlenabsatzes.'' Der Brikett­absatz war im allgemeinen noch befriedigend. S tre ik s und A u s s p e r r u n g e n sind im Berichtsm onat nicht vorgekommen. Die W a g e n g e s te l lu n g war im all­gemeinen befriedigend.

Auf dem R o h s to f f m a r k t blieb die allgemeine Marktlage gegenüber dem vorigen 'M onat unverändert. Verschiedentlich w urden neue Versuche gemacht, Preis­erhöhungen durchzusetzen, denen aber begegnet werden konnte. Am S c h r o t tm a r k t wurden zeitweilig Liefe- rungs- und Mengenprämien gew ährt, während die Preise förmlich n ich t erhöht wurden. Auch die G u ß b ru c h ­p re is e blieben unverändert, ebenso die Preise für R o h e is e n , K o h le n und K oks. Die Lieferer für f e u e r f e s te S te in e versuchten erneut, Preiserhöhungen durchzusetzen, ohne daß sie dam it Erfolg hatten . Für W e iß s tü c k k a lk , D o lo m it und M a g n e s i t blieb die Lage unverändert. Auf dem M e ta l lm a r k t zogen Zink und Blei im Preise an.

D a s 'W a lz e is e n g e s c h ä f t h a t sich gegenüber dem Vorm onat wesentlich belebt. H ändler und Verbraucher deckten ihren F rühjahrsbedarf ein und spezifizierten flo tt auf die inzwischen getä tig ten Abschlüsse.

Auf dem R ö h r e n m a r k t war eine leichte Besserung zu verzeichnen.

In G ie ß e r e ie r z e u g n is s e n is t die allgemeine Ge­schäftslage besser geworden, Der Auftragseingang war fast zufriedenstellend, die Abrufe d er Großhändler ent­sprachen ungefähr der Herstellung. Durch Leistungs­steigerung ist im nächsten Monat die Lieferung vom Lager möglich. Die K undschaft rechnet jedoch m it weiteren

7. April 1927. Wirtschaftliche Rundschau. Stahl und Eisen. 607

Preissenkungen, die aber kaum in größerem Ausmaße durchzuführen sein werden, da die erzielten Preise nur ganz geringen N utzen lassen.

In F i t t i n g s wurde das Inlandsgeschäft ruhiger, was |8ich 'sowohl an dem Eingang von Anfragen als auch an A ufträgen bem erkbar m achte. F ü r die Aus­fuhr ließen sich Geschäfte in norm alem Umfange ab­schließen.

Der Auftragseingang in g u ß e is e r n e n R ö h r e n und F o r m s tü c k e n w ar normal. Durch die infolge des Frühjahrs aufgenom menen Bau- bzw. R ohrverlegungs­arbeiten war die Beschäftigung zufriedenstellend.

In S t a h lg u ß und G r u b e n w a g e n r ä d e r n konnte der A uftragsbestand auf der Höhe des Vormonats ge­halten werden. Bei dem außerordentlich scharfen W ett­

bewerb waren naturgem äß nur sehr gedrückte Preise zu erzielen.

Nach R a d s ä tz e n war eine lebhafte Nachfrage zu verzeichnen, welche die Beschäftigung im Umfange wie bisher gewährleistete.

In S c h m ie d e s tü c k e n wurde jeder auftre tende Bedarf vom W ettbew erb sehr heiß um stritten .

Die M arktlage im E is e n b a u war nach wie vor schlecht. Es scheint jedoch Aussicht auf eine leichte Besserung vorhanden zu sein infolge der A bsicht der H üttenw erke, die Aijlagen zu verbessern, was aus den vorliegenden Anfragen hervorgeht.

Im M a s c h in e n b a u war die Lage unverändert. Aufträge gingen nach wie vor äußerst gering ein, und jedes aufkommende Geschäft war heiß um stritten .

D ie Lage d e s o b e r s c h le s i s c h e n E isen m ark tes im 1. V ier te ljahr 1927.Die im letz ten V ierteljahr 1926 zu beobachtende

leichte Geschäftsbelebung h a t in der Berichtszeit nur zum Teil angehalten. Die Nachfrage nach Kohlen, die sich im Jan u ar noch sehr lebhaft gestaltete, flau te in der Folgezeit n ich t unwesentlich ab, so daß ein Teil der Förderung auf die H alde gestürzt werden m ußte. W enn es sich auch vorläufig nur um verhältnism äßig geringe Mengen der kleineren Sorten handelte, so ist dies doch ein Zeichen dafür, d aß in der M arktlage für Kohlen ein gewisser Umschwung eingetreten ist. Auch in der N ach­frage nachW alzeisen h a tte sichM itte Februar eine gewisse Ruhe bem erkbar gem acht, die allerdings nicht von langer Dauer war. Schon im März belebte sich das Geschäft wieder zusehends, so daß im letz ten M onat der B erichts­zeit die H auptbetriebe der E isenhütten im wesentlichen voll besetzt waren.

Die günstige Entw icklung, die der deutsche K o h le n - m a rk t im 2. H alb jah r 1926 genommen ha tte , h ie lt zu Beginn des neuen K alendervierteljahres noch w eiter an. Die Nachfrage nach Steinkohlen aller A rt war nach wie vor rege, so daß das Verfahren von Uebersehichten auch im Monat Jan u ar noch w eiter beibehalten werden mußte. Insbesondere brach te die im Ja n u a r und Februar auf­getretene Kältewelle eine lebhafte Nachfrage nach Haus- brandkohlen. Das B estreben des englischen Bergbaues, sich seine Stellung an den K üstenplätzen N orddeutsch­lands wieder zu erkäm pfen, fü h rte im Februar zu einer Verringerung der Nachfrage nach deutschen Kohlen in Norddeutschland, so daß schon in der zweiten H älfte des Monats Februar keine Uebersehichten m ehr v e r­fahren wurden. Das E insetzen der m ilden W itterung im Monat März brachte eine weitergehende Verringerung der Nachfrage nach H ausbrandkohlen m it sich. Der gleichzeitig sich bem erkbar machende Auftragsrückgang in den M ittelsorten N uß Ia , Nuß Ib und E rbs füh rte wieder zu einer Auffüllung der H aldenbestände. Grobe Sorten, Industriekohlen und S taub blieben nach wie vor rege gefragt.

Anders lagen die Verhältnisse auf dem K o k s m a r k t . W ährend in den M onaten Novem ber, Dezember das B e­streben der P latzhändler, sich fü r den W interbedarf ein­zudecken, zu einer vorübergehenden Belebung des K oks­m arktes führte, w ar schon im M onat Jan u a r wieder ein Rückgang zu beobachten. Die K okereibetriebe konnten demgemäß nur m it E inschränkungen w eiter aufrecht erhalten werden. S t e in k o h l e n und B r i k e t t s fanden im Januar und Februar vornehm lich an die Reichsbahn glatten Absatz. Infolge der im März wieder m ehr verfüg­baren groben Kohlen sah sich jedoch auch die Reichs­bahngesellschaft zu einer E inschränkung ihrer B rik e tt­aufträge veranlaßt.

Die Lage auf dem E r z m a r k t war durchweg fest. Die m itteleuropäische E isenindustrie war nach wie vor stark beschäftigt und benötigte daher große Erzm engen. Die englische E isenindustrie war nach dem Zusam m en­bruch des B ergarbeiterstreiks rasch wieder in B etrieb ge­kommen, so daß heute in E ngland m ehr Hochöfen im Feuer stehen als unm ittelbar vor dem Streikausbruch, zumal da auch die Koksversorgung der englischen H och­ofenwerke nunm ehr besser geworden ist. Da die eng­

lischen Hochofenwerke in E rw artung des Streiks ihre V orratshaltung an E rzen m öglichst eingeschränkt ha tten , waren sie genötigt, unm ittelbar nach Beendigung des Streiks erheblich Mengen einzukaufen, so daß das v er­fügbare Erz knapp ist. D ie S e e f r ä c h t e n sind im laufen­den V ierteljahr — allerdings nur sehr langsam — w eiter zurückgegangen. Sie sind heute immer noch bedeutend höher als vor Ausbruch des englischen Streiks.

In R o h e is e n w irkte sich die Beendigung des eng­lischen Streiks in einem wesentlichen Rückgang der Ausfuhrm öglichkeiten aus, ein Um stand, der naturgem äß auch die Versandmöglichkeiten der westoberschlesischen W erke ungünstig beeinflußte. Dazu kam, daß auch der In landsm ark t im Jan u ar und Februar gegenüber dem letzten Vierteljahr eine geringere Aufnahm efähigkeit zeigte, so daß in der B erichtszeit zwei Oefen gelöscht werden m ußten, zumal da auch der B edarf an S tah lroh ­eisen infolge der wieder stärkeren Bevorzugung von Schrott bei der Stahlerzeugung nachgelassen hatte . Im M onat März m achte sich eine gewisse Belebung in der Nachfrage nach Roheisen aus dem benachbarten Ausland bemerkbar, die jedoch wegen der niedrigen tschechischen W ettbewerbspreise nur geringe Berücksichtigung finden konnte.

Der Geschäftsgang in S t a b - , B a n d - und F o r m ­e is e n stand im ̂ laufenden V ierteljahr im Zeichen des Frühjahrsgeschäfts und kann im Vergleich zu den letzten Jah ren als befriedigend bezeichnet werden. E rfreulicher­weise war auch der Auftragseingang an E i s e n b a h n ­o b e r b a u z e u g nicht unbefriedigend und sicherte den oberschlesischen W erken eine mehrwöchige B eschäfti­gung in diesen Erzeugnissen.

Im Gegensatz dazu war das Geschäft in s c h m ie d ­e is e r n e n R ö h r e n im 1. V ierteljahr 1927 sowohl im In lande als auch im Auslande verhältn ism äßig ruhig. Die E rw artungen auf ein lebhafteres F rühjahrsgeschäft haben sich leider n icht erfüllt. Die Verladung konnte ohne weiteres aus den B eständen erfolgen, da die W erke in der B erichtszeit gezwungen waren, m it R ücksicht auf den geringen Bestellungseingang auf Lager zu arbeiten. Die Inlandspreise blieben unverändert. F ü r Dänem ark wurden die N otierungen im März erm äßigt, da die po l­nischen, außerhalb der in ternationalen Verständigung stehenden R öhrenwerke m it billigen Angeboten den M arkt beunruhigten.

Die n ich t unbefriedigende Entw icklung des D r a h t ­g e s c h ä f t s im letz ten V ierteljahr 1926 ha t auch in der Berichtszeit angehalten. W enn auch in der zweiten H älfte des Februar eine gewisse Stille vorübergehend P latz griff, so zeigte sich doch schon im M onat März eine größere Belebung, so daß am Vierteljahrsende die D rahtw erke in ihren H auptbetrieben eine auskömmliche Beschäftigung aufwiesen. N ur in einigen Nebenerzeug­nissen (z. B. N ieten) ließ das Geschäft zu wünschen übrig.

Die Belebung, die der B le c h m a r k t im letz ten V iertel des vergangenen Jahres erfahren h a t, h a t in der B erichts­zeit angehalten. Sowohl in M ittel- als auch in G rob­blechen w ar der A uftragseingang zufriedenstellend, so daß die Erzeugung auf dem in den letz ten M onaten des

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Jahres 1926 erzielten Stande gehalten werden konnte. Die Preise blieben für Grobbleche unverändert, für M ittel­bleche konnte, nachdem Ende 1926 eine etwa öprozentige Aufbesserung erfolgt war, eine weitere Erhöhung zunächst nicht erzielt werden. E rst im März ließ die Marktlage eine geringe Heraufsetzung der M ittelblechpreise zu, die jedoch nicht durchgreifend genug war, um das schon seit langem bestehende M ißverhältnis zwischen den Grob­blechpreisen und denen der Mittelbleche beseitigen zu können. Die Lieferfristen beliefen sich durchschnittlich auf etwa 5, bis 6 Wochen.

In r o l le n d e m E is e n b a h n z e u g sind während der Berichtszeit nicht genügend Aufträge e rte ilt worden, um die Radreifenwalzwerke und R adsatzfabriken ausreichend beschäftigen zu können. Der Mangel an R eichsbahn­bestellungen konnte durch anderweitige In- und Aus­landsaufträge tro tz großer Bemühungen nur in unge­nügendem Umfange ausgeglichen werden.

W ährend des gesamten Berichtsvierteljahres waren die Abrufe in G u ß r ö h r e n für den Inlandsbedarf ver­hältnism äßig befriedigend und steigerten sich im letzten Monat, wo die Rohrverlegungsarbeiten lebhafter wurden, recht erheblich, so daß die Betriebe m it A rbeit genügend versehen waren. Eür die Ausfuhr nach den Nordländern, die für Oberschlesien vorzugsweise in Frage kommt, lagen entsprechend den im W inter ruhenden R ohr­verlegungsarbeiten nur sehr wenig Abrufe vor. Auch das Geschäft nach den südosteuropäischen Ländern lag völlig still. Das E is e n g ie ß e r e ig e s c h ä f t war mengenmäßig einigermaßen befriedigend, blieb aber hinsichtlich der Preise stark gedrückt.

Die bereits gegen Ende des Jahres 1926 im M a ­s c h in e n b a u eingetretene, wenn auch schwache Bele­bung, hielt im B erichtsvierteljahr an, so daß die Be­schäftigung etwas lebhafter geworden ist. Doch ist von einer vollen Beschäftigung noch n icht die Rede und dem ­entsprechend sind die Erlöse auch noch unbefriedigend. Im E is e n h o c h b a u , B r ü c k e n b a u , K e s s e l- und A p p a r a te b a u ist leider von einer Belebung noch keine Rede. Es fehlt noch völlig an größeren Neuanlagen, welche den Betrieben nennenswerte Arbeitsmengen zu­führen könnten. Auch sind die von der Reichsbahn zur Vergebung kommenden Aufträge für B rückenbauten wenig zahlreich und auf den Gesam tbeschäftigungsgrad der Eisenbauwerkstätten nicht von durchschlagendem Einfluß.

Siegerländer Eisensteinverein, G. m. b. H., Siegeni. W. — Der wirtschaftliche Niedergang im zweiten H alb­jahr 1925 nahm in den ersten Monaten des Geschäfts­jahres 1926 noch schärfere Form en an. Im m er mehr Gruben sahen sich gezwungen, ihren Betrieb ganz still­zulegen oder die Förderung einzustellen, da die geldliche Lage den Gruben nicht gestattete, zu den bereits vo r­handenen großen Lagerbeständen noch neue zu stürzen. Die Förderung der wenigen noch in Betrieb befindlichen Vereinsgruben betrug im April 1926 nur noch 63258 t, gegenüber 162972 t im gleichen Monat des Vorjahres. Die Belegschaftszahl war auf 4411 Mann gesunken, betrug also weniger als ein D ritte l der Vorkriegsbelegschaft, und die Entlassung weiterer 2000 Mann schien unvermeidbar. Eine plötzliche W endung dieser katastrophalen Lage tr a t am 1. Ju n i 1926 ein, als die seit Jahresfrist erbetene H ilfsaktion von Reich und S taat einsetzte, indem den Gruben an Sieg, Dill und Lahn für vom 1. Ju n i an geför­derten und zum Versand gebrachten E isenstein eine Absatzpräm ie von 2,— J lJ l je t gewährt wurde. Durch die gleichzeitig erfolgte Herabsetzung der Eisensteinver­kaufspreise in demselben Umfange wurde die W ettbe­werbsfähigkeit der Siegerländer Erze gegenüber auslän­dischen wieder hergestellt. Die rheinisch-westfälischen H ütten tra ten sofort wieder als Käufer Siegerländer Erze auf und erhöhten von Monat zu M onat ihre Bezüge. Die Förderung der Gruben konnte immer mehr v e rstärk t werden. Sie betrug im Ju li 1555601, im Oktober 1619401, im Dezember 172020 t, wies also gegenüber dem Monat April eine Steigerung von 108763 t = 171,9 % auf.

Die Belegschaftszahl der Vereinsgruben erhöhte sich in dergleichen Zeit auf 7196, 7985 bzw. 8574 Mann. Durch

das Entgegenkom m en von R eich und S taa t wurde also nicht nur verh indert, daß weitere 2000 M ann zur E ntlas­sung kamen, sondern es wurde auch die W iedereinstellung von 4600 arbeitslosen Bergleuten ermöglicht. Die dadurch erreichte E rsparnis an A rbeitslosenunterstützung ist größer als die an die Gruben gezahlten Beihilfsbeträge.

Die Hoffnung, daß der Siegerländer Bergbau auch auf anderen Gebieten fühlbare E rleichterungen erlangen würde, h a t sich leider nicht erfüllt. Zwar ha t die Eisen­bahn den M engentarif 7i eingeführt, indessen gewähren dessen R abattsä tze für den Versand nach dem Ruhrbezirk nur geringe Vergünstigungen. Der B rennstofftarif 6a steh t auch heute noch etw a 46 % über dem Vorkriegssatz. Anderseits sind den Gruben durch die schiedsrichterliche Erhöhung der Löhne und Steigerung der knappschaft- lichen Beiträge neue B elastungen en tstanden.

Für die ersten M onate desneuen Geschäftsjahreskann m it vollem Absatz der geförderten Mengen gerechnet werden. Ob dies auch w eiterhin der Fall sein w ird, hängt davon ab, in welchem Umfange die Reichs- und Staats­beihilfe w eiterhin gew ährt w ird, um den Gruben die Möglichkeit zu geben, die noch in der Entw icklung be­findliche Rationalisierung zu E nde zu führen.

Die F ö r d e r u n g der Vereinsgruben einschließlich der außenstehenden Gruben ist gegenüber dem Vorjahre um 21 % zurückgegangen. Sie betrug:

J a h rG lanz- und B rauneisen­

stein t

R ohspat

t

G eröste terSpateisen­

s te int

Zusammenum-

gerechnet')t

192019211922192319241925

90 490 85 290 99 764 83 468 74 860 93 120

416 002 400 682 440 804417 571 315 004 366 688

913 328 997 984 959 u70 678 824 853 047

1 154 840

1 693 822 1 783 345 1 787 352 1 383 509 1 498 821 1 961 095

Im B erichtsjahre förderten die Vereinsgruben 1 477 516 (i. V. 1802160) t und die außenstehenden Gruben 69571 (158935) t. Abgesetzt wurden von den Vereinsgruben insgesamt 1619 826 t ( = 109 ,6% der Förderung); davon entfallen 1345113 t (8 3 ,0% ) auf den Selbstverbrauch und 274 713 t auf den Versand. In s Siegerland gingen37,4 % und nach R heinland-W estfalen 62,6 % der ver­sandten Mengen.

United States Steel Corporation. — D er Auftrags­bestand des S tah ltrustes nahm im Februar 1927 um 206 307 oder 5,3 % gegenüber dem Vorm onat ab. Wie hoch sich die jeweils zu Buch stehenden unerledigten A uftragsm engen am Monatsschlusse w ährend der letzten Jahre bezifferten, ist aus folgender Zusammenstellungersich tlich : 1925 1926 1927

in t zu 1 0 0 0 kg31. Jan u a r . . . . 5 117 920 4 960 863 3 860 98028. F ebruar . 5 369 327 4 690 691 3 654 67331. März . . . . 4 941 381 4 450 014 —

30. April . . . . . 4 517 713 3 929 864 —

31. Mai , , 4 114 597 3 707 638 —

30. Ju n i . . 3 769 825 3 534 300 —

31. Ju li . . . . 3 596 098 3 660 162 —

31. August . . . . 3 569 008 3 599 012 —30. Septem ber . . 3 776 774 3 651 005 —

31. Oktober . . . . 4 174 930 3 742 600 —

30. Novem ber . . . 4 655 088 3 868 366 —

31. Dezember . . . 5 113 898 4 024 345 -

Vereinigte Stahlwerke van der Zypen und WissenerEisenhütten, Aktien-Gesellschaft, Köln-Deutz. — Nach dem B ericht über das Zwischengeschäftsjahr vom 1. Ju li 1926 bis 28. Februar 1927 wurden die seit Erwerb fast sämtlicher Kuxe der Gewerkschaft H ürtherberg in Angriff genom­m enen Vergrößerungen und Verbesserungen auf der Braunkohlengrube im großen und ganzen zum Abschluß

x) S ta tt des R ostspates ist die zu seiner Herstellung erforderliche Menge R ohspat nach dem Umrechnungsver­hältn is 100: 130 eingesetzt.

7. April 1927. Buchbesprechungen. Stahl und Eisen. 609

gebracht, so daß die Gewerkschaft nunm ehr über eine neuzeitlich eingerichtete, leistungsfähige B rikettfabrik verfügt, die wohl zu den ersten im rheinischen B raun­kohlengebiet zählen dürfte . Die Gewinn- und Verlust­rechnung weist einen R e in g e w in n von 1 432 227,46 M aus. H iervon werden 32 400 M Gewinnanteile an den Aufsichtsrat und 204 M (4 % ) Zinsen auf 5100 M noch rückständige Genußrechte von Vorkriegsschuldverschrei­bungen gezahlt, 1 296 000 M Gewinn (8 % ) ausgeteilt sowie 103 623,46 M auf neue R echnung vorgetragen.

Aktiengesellschaft der Eisen- und Stahlwerke vor­mals Georg Fischer, Schaffhausen (Schweiz). —Im Ge­schäftsjahre 1926 m achte sich im Auslandsgeschäft während der ersten 7 M onate der starke Rückgang der französischen und italienischen W ährungen und der englische K ohlenkonflikt bem erkbar, die ein großes Ab­satzgebiet schw ächten; auch die schwierige Lage der deutschen Maschinen- und A utom obil-Industrie beein­trächtigte das Stahlgußgeschäft. Der Absatz der W eich­gußfittings h a t infolge einer im allgemeinen regen B au­tätigkeit einen befriedigenden Um fang beibehalten. In ändern Gebieten konnte ein gewisser Ausgleich gefunden werden gegenüber den L ändern m it verm inderter Auf­nahmefähigkeit. Die M a s c h in e n f a b r ik R a u s c h e n ­b a c h , A.-G., konnte einen w eiteren F o rtsch ritt und eine neue Verbesserung ih rer Geschäfte feststellen. Im E is e n b e rg w e rk G o n z e n , A.-G., haben sich die schwierigen Verhältnisse des Vorjahres nicht wesentlich verbessert. Die Erzförderung konnte wegen der F o r t­dauer ungünstiger Absatzverhältnisse nur in einem be­schränkten Um fang durchgeführt werden.

Die Gewinn- und Verlustrechnung ergibt einen R o h g e w in n von 10 467 641,30 Fr. und nach Abzug sämtlicher Abschreibungen aller übrigen Unkosten, Gehälter, Belohnungen und vertraglichen Vergütungen einen R e in g e w in n von 3 065 570,31 Fr. H iervon sollen 100 000 Fr. der Sonderrücklage und 150 000 F r. der Angestellten-Ruhegehaltskasse zugewiesen, 300 000 Fr. für W ohlfahrtszwecke verwendet, 152 115,87 Fr. Gewinn­anteile an den V erw altungsrat gezahlt, 1 800 000 Fr. Ge­winn (9 % wie im Vorjahre) ausgeteilt und 563 454,44 Fr. auf neue Rechnung vorgetragen werden.

Buchbesprechungen.Darmstaedter, E rn st: B e rg - , P r o b i r - und K u n s t ­

b ü c h le in . M it einer Bibliographie und 12 Abb. München: Verlag der M ünchener Drucke 1926. (111 S.) 8°. 7 R - J L

(Münchener B eiträge zur Geschichte und L ite ratu r der Naturw issenschaften und Medizin, hrsg. von E. D arm staedter, München. H. 2/3.)

Im Anfang des 16. Jah rh u n d erts benutzten un ter­nehmende Verleger den neu erfundenen Buchdruck, um die vorher nu r durch Abschreiben vervielfältigten tech­nischen Vorschriften allgemein zugänglich zu machen. E rnst D a r m s t a e d te r g ib t h ier eine Uebersicht über diese damals weit verbreiteten, aber heute in ihrer ge­schichtlichen Bedeutung n ich t genügend gewürdigten kleinen Druckschriften.

An erster Stelle s teh t das „Bergwerksbüchlein“ , dessen älteste Ausgabe 1505 erschienen ist. Der Verfasser desselben ist der Freiberger A rzt und Bürgerm eister U lr ic h R ü le in v o n K a lb e . Das Büchlein w ird von A g r ic o la in seiner M etallurgie erw ähnt. Die ä lteste Aus­gabe des „Probirbüchleins“ stam m t aus der Zeit um 1518. Der In h a lt um faß t die gesam te P robierkunst; demgegenüber bringen B ir in g u c c io und A g r ic o la nicht wesentlich Neues. Unzweifelhaft haben beide diese Probierbücher gekannt und benutzt. Den Berg- und Probierbüchem stehen inhaltlich die , .K unstbücher“ nahe. Es sind dies Sammlungen chemisch-technischer Rezepte für die Herstellung von Gußformen, Vergol­dungen und Versilberungen, Lötm ittel, Messingfabrikation, Probieren und Scheiden der Metalle, Verfahren zum H är­ten, Erweichen und Aetzen von Eisen und Stahl, Gold­m acherkunst, Herstellung und R einigung von Alaun,

Borax und anderen Salzen, für Tinten, Farbstoffe und Färberei, Fleckenreinigung u. dgl.

Diese interessanten alten Bücher zeigen in hellem Lichte die damalige Ueberlegenheit der Deutschen in der chemischen und m etallurgischen Technik und ver­dienen schon deshalb Beachtung. Man kann daher dem Verfasser für seine sorgfältige Studie nur dankbar sein.

Völklingen (Saar). Otto Johannsen.Steinkohlenlelder, D e u ts c h la n d s . E in Ueberblick für

Geologen, Bergleute und W irtschaftler. U nter M it­wirkung von Fr. Frech f , A. Dannenberg, P. Kessler, P. K ukuk hrsg. von S. v o n B u b n o f f , a. o. Professor der Geologie an der U niversität in Breslau. Mit 10 Taf., 27 Textfig. u. 1 Uebersichtstabelle. S tu ttg a r t: E. Schweizerbartsche Verlagsbuchhandlung (Erwin N ä­gele), G. m. b. H., 1926. (V III, 251 S.) 4°. 26,50 R .-M .

Das vorliegende W erk ste llt sich als Neubearbeitung des Frechschen Buches „D eutschlands Steinkohlenfelder und Steinkohlenvorräte“ , das im Jahre 1912 erschienen ist, vor. Wie der B uchtitel zeigt, haben sich verschiedene Forscher, deren Nam en auf diesem Sondergebiete einen guten Klang haben, an dieser A rbeit beteiligt. Das E r­gebnis ist ein vorzügliches, m it K arten, Textabbildungen und allen wünschenswerten Einzelangaben reich ausge­sta tte tes Werk.

Nach einem allgemeinen Teil über die Steinkohlen Deutschlands, in dem auf die Entstehungsbedingungen der Kohle und der Kohlenflöze und auf deren spätere Lageveränderungen eingegangen wird, folgt die Bearbei­tung der einzelnen Kohlenfelder, nämlich der ober- und niederschlesischen sowie der kleineren m ittel- und süd­westdeutschen Felder (nach der Um- und Neubearbeitung des H e ra u s g e b e r s ) , des niederrheinisch-westfälischen Steinkohlengebiets, das von Dr. K u k u k vollständig neu bearbeitet worden ist, des Aachener Kohlenreviers, dessen Beschreibung Prof. D a n n e n b e rg nach der A rbeit von Frech ergänzt ha t, der Kohlenbecken an der Saar und in Lothringen, die in Prof. K e s s le r ihren Bearbeiter gefunden haben, und der Kreidekohlenvorkommen bei Bückeburg, die Prof. v. B u b n o f f geschildert hat. Es wird dann noch eine zusammenfassende Darstellung des Baues der deutschen Steinkohlenlager von Prof. v. B u b ­n o ff gebracht, der eine umfassende Vergleichstafel der verschiedenen Kohlenvorkommen in Deutschland und den westlichen N achbarländern beigegeben ist. Sodann folgt noch ein wichtiger A bschnitt über die V orrats­berechnung und Zukunft der Steinkohle in Deutschland, an dem sich die verschiedenen B earbeiter entsprechend den von ihnen beschriebenen Teilbezirken beteiligt haben. Den Schluß bildet ein Vergleich der deutschen Stein­kohlenvorräte m it denjenigen anderer Länder.

Den w irtschaftlichen Erörterungen über den Saar­bezirk ist ein geschichtlicher Ueberblick vorausgeschickt, der wertvoll ist und m anchem Leser erwünscht sein wird, freilich etwas aus dem Rahm en des Werkes herausfällt.

Unsere Steinkohlenvorräte sind durch den Friedens­vertrag, der uns so m ancher N aturschätze beraub t ba t, von noch wesentlich höherer Bedeutung fü r jeden D eut­schen geworden, als sie es schon früher waren. E in so gediegenes W erk wie das vorliegende, das so gründlichen und wertvollen Aufschluß über dieses wichtige Gebiet gibt, darf daher der besten Aufnahme in allen m it der Kohle in Berührung kommenden Kreisen versichert sein. Ich kann dem Buche nu r einen möglichst zahlreichen Leserkreis wünschen. Fr. Bei bst.Handbuch der E x p e r im e n ta lp h y s ik . U nter Mitw.

von G. Angenheister-Potsdam [u. a.] hrsg. von W. W ie n , München, und F . H a r m s , W ürz bürg. Leipzig: Akademische Verlagsgesellschaft m. b. H. 8°.

Bd. 2. H a a s , A rthur, Dr. phil., a. o. Professor der U niversität W ien: M e c h a n ik der M a s s e n ­p u n k te und der s t a r r e n K ö rp e r . M it 236 Abb.1926. (XIV, 355 S.) 28 R .-J i , geb. 30 R .-J i .

Der vorliegende B and1) bring t für den E isenhütten­m ann kaum m ehr als eines der Lehrbücher der M echanik;

1) Wegen des 1. Bandes vgl. St. u . E . 46 (1926)S. 1613.

X IV .47 77

610 Stahl und Eisen. Buchbesprechungen. a/. uanrg. xm. it.

im Sinne des Handbuches sind im H auptteil m athem a­tische Formulierungen ganz vermieden. Der für den Physiker ausgezeichnete Schlußabschnitt: „M athem a­tische Ergänzungen zur Mechanik fester K örper“ , der Kürze m it didaktischer Vollendung verbindet, bleibt für den E isenhüttenm ann ohne Kenntnis, insbesondere auch der Vektoranalysis, unverständlich.

Düsseldorf. Hermann Schmidt.

Aumund, H., $r.«^ng. ®. f»., ordentl. Professor an der Technischen Hochschule Berlin: H e b e - u n d F ö r d e r ­a n la g e n . E in Lehrbuch für Studierende und In ­genieure. 2., verm. Aufl. Berlin: Julius Springer. 4°.

Bd. 2. Anordnung und Verwendung für Sonder- zwecke. Mit 306 Abb. im Text. 1926. (X V III, 480 S.) Geb. 42 B.-JC.

Der erste Band des Werkes ist in dieser Zeitschrift1) schon besprochen worden. Der vorliegende zweite Band ist in der Hauptsache eine W iederholung des entsprechen­den Teiles der im Jahre 1916 erschienenen ersten Auflage2). Erw eitert sind die Ausführungen über Großraumwagen, Selbstentlader und Kipper. Neu sind kurze Angaben über Kübelförderung im Bergbau und besondere Aus­führungen für den Tagebau des Braunkohlenbetriebes. Auch der H auptabschnitt über Hebe- und Förderein­richtungen für den Hochofenbetrieb ist ergänzt worden. Hinzugekommen ist weiter der etwa 40 Seiten umfassende Abschnitt „Rundblick und Ausblick auf die Entw icklung der Hebe- und Förderanlagen“ , in dem Vergleiche m it amerikanischen Anlagen angestellt und insbesondere auch Fordsche E inrichtungen besprochen werden.

Eine erschöpfende Behandlung des großen Gebietes ist in dem etwa 450 Seiten fassenden Text nicht möglich. Die eigentlichen Hüttenwerksanlagen sind nur kurz be­handelt. Das Buch hat daher für den Spezialkonstrukteur dieses Sondergebietes nicht dieselbe Bedeutung wie für den Studierenden und den jungen Ingenieur, der sich über die gebräuchlichsten Transport- und Hebeeinrich­tungen unterrichten will; letzteren kann das Buch sehr empfohlen werden. Otto Engelbach.L u e g e rs Lexikon d e r g e s a m te n T e c h n ik u n d

ih r e r H i l f s w is s e n s c h a f te n . 3., vollst, üeubearb. Aufl. Im Verein m it Fachgenossen hrsg. von Ober­regierungsbaurat a. D. E. F re y . Mit zahlr. Abb. S tu ttgart, Berlin und Leipzig: Deutsche Verlags­anstalt. 4°.

Bd. 2: Bohröle — E lektrum . 1926. (2 Bl.,808 S.) Geb. 40 R .-M.

Bei der Durchsicht fä llt es zunächst auf, daß in der alphabetischen Folge un ter „B raunkohle“ nur „B rau n ­kohlenformation“ erwähnt ist, während die Braunkohle selbst un ter „B rennstoff“ zusammen m it säm tlichen festen, flüssigen und gasförmigen Brennstoffen behandelt wird. U nter dem Stichwort „B rike ttieren“ is t zum Schlüsse in dem Abschnitt „D as Brikettieren und Sintern der Erze“ die eigentliche Brikettierung nur m it wenigen Sätzen abgetan, während die gar nicht dahin gehörenden Agglomerier- oder Sinterverfahren, die allerdings un ter „Agglomerieren“ im ersten Bande nicht berücksichtigt worden waren, einbezogen werden. (Nebenbei sei noch erw ähnt, daß es s ta tt „Dwight- u n d Lloyd-Verfahren“ richtig „Dwight-Lloyd-Verfahren“ heißen muß.) Der Abschnitt „Eisengießerei“ geht an vielen Stellen reich­lich weit auf Einzelheiten ein; ausführlichere Angaben der n e u e r e n Sonderliteratur wären zweckmäßiger ge­wesen.

Auch die U nterteilung der Stichwörter in U ntergrup­pen kann manchmal nicht als glücklich bezeichnet werden. So sind z. B. die „B rem sen“ u n terte ilt nach Bremsen für Krane, elektrische Bremsen und Bremsen für Eisen­bahnfahrzeuge; richtiger wäre es wohl, die Bremsen zunächst nach A rten und dann nach dem Verwendungs­zwecke zu gliedern. U nter dem Stich wort „ E lek triz itä t“ sind als Anwendungsgebiete E lek triz itä t auf Schiffen

J) St. u. E . 46 (1926) S. 1415.2) St. u. E. 37 (1917) S. 463/4.

und im Bergbau besonders hervorgehoben; wenn auch dieser U nterteilung m it R ücksicht auf die Schwierig­keiten, die der E inführung der E lek triz itä t in diese Ge- qiete noch im Wege stehen, unbedingt eine gewisse Be­rechtigung zukomm t, so d ü rften doch andere Anwen­dungsgebiete n ich t vollständig übergangen werden. Ob nicht durch Verweise auf H auptstichw örter unnötige W iederholungen (z. B. Cosinus, K otangens un ter H aupt­stichw ort Goniometrie, Dam pfdom un ter Dampfkessel, Dekapieren un ter Abbeizen u. a. m.) verm ieden werden könnten, bleibe dahingestellt. Fehler in der alphabeti­schen Anordnung dürften in einem derartigen Nach­schlagewerke eigentlich n ich t Vorkommen (Dämpf - ap para t vor Dämmerung). Obwohl u n te r „E isen“ an­geführt wird, daß die U nterteilung in Schweißeisen und Schweißstahl, Flußeisen und F lußstah l usw. als veraltet anzusehen ist und gemäß einem Beschlüsse des Normen­ausschusses der Deutschen Industrie diese Ausdrücke einheitlich durch „ S ta h l“ ersetz t werden sollen, ist dies in dem vorliegenden Bande nicht geschehen (s. Dampf­kessel u. a.). U nter den Stich Wörtern Dampf wärme­speicher, Dampfspeicher undD am pfakkum ulatoren, deren Erklärung im übrigen verfehlt ist, wäre ein Hinweis auf den Ruths-W ärm espeicher unbedingt erwünscht gewesen. Ueber die Abgrenzung des technischen Gebietes könnte m an hin und wieder gete ilter Meinung sein. Zu entbehren wäre wohl das Stichw ort „E au de Cologne“, selbst wenn seine genaue Zusamm ensetzung dabei an­gegeben wird.

Sieht m an von diesen kleinen Beanstandungen, die dem Herausgeber vielleicht Winke geben können, wo bei den späteren B änden noch Verbesserungen möglich wären, ab, so findet m an auch viele andere der durchgesehenen Abschnitte, z. B. Brauneisenerz, Braunstein, Eisenlegie­rungen, Eisenportlandzem ent u. a. m., in der kurzen, knappen und doch ausreichenden Form behandelt, wie m an sie gerade von einem derartigen Nachschlagewerke erw arten kann; die Darstellung ward zudem durchweg, ebenso wie im ersten Bande des W erkes1), durch gut ver­ständliche Skizzen und A bbildungen ergänzt.

Wie weit der vorliegende B and seinem Zwecke ent­spricht, wird sich natürlich auch e rs t bei ausgiebigem Gebrauche heraussteilen können. Im allgemeinen herrscht derselbe nicht ungünstige E indruck vor, der in dem früheren U rteil1) seinen Ausdruck gefunden hat. Sg.

Hische, W., Dr., D irektor des s täd t. psychologischen In s titu ts und Leiter des s täd t. Berufsam ts in Hanno­ver: Das E ig n u n g s p r in z ip . R ichtlin ien psycho­logisch-menschenwirtschaftlicher Berufsberatung. Hallea. d. S.: Carl Marhold 1926. (44 S.) 8°. 1,50 R .-Jf.

(Deutsche Psychologie. Band 4, H. 4.)E in kleines, anspruchsloses, aber tüchtiges Büchlein

aus der P raxis des Berufsberaters und darum demjenigen besonders wertvoll, der aus seiner w irtschaftlichen oder industriellen B erufstätigkeit heraus Sinn für die Auf­gaben der Berufsberatung h a t. Der Verfasser schildert die berufliche Tragik des Berufsberaters, die darin liegt, daß gleichzeitig das allgemeine w irtschaftliche Bedürfnis nach A rbeitskräften und das persönliche materielle und ideelle Interesse des Berufsanw ärters in der Handlung der Berufsberatung befriedigt werden müssen. Die Schilderung der sich aus dieser N otw endigkeit ergebenden Schwierigkeiten is t kurz, aber zutreffend. Trotz dieser Schwierigkeiten, die der Berufsberatung nach dem reinen Eignungsprinzip im Wege stehen, bekennt er sich zu dieser die Eignung voranstellenden Form der Berufs­beratung. Die E ignung is t ihm auch m it Recht der sozial-sittlich unanfechtbare Ausgangspunkt für die Rationalisierung des Menschenvorrates. Auf der Grund­lage dieser Forderung nach einer die Eignung betonenden Berufsberatung un tersuch t er die alten Auslesemaßstäbe, nach denen sich in den Anfängen die Berufsberatung ab­spielte. Was er in diesem A bschnitt über das Schulzeugnis als Auslesemaß3tab sagt, ist außerordentlich beherzigens­w ert und gehört in die H and eines jeden, der in der Wirt-

M Vgl. St. u. E. 46 (1926) S. 1414.

7. April 1927. V er eins- N achrichten. Stahl und Eisen. 611

sehaft m it der Einstellung von Lehrlingen zu tu n h a t. Auch die kritische W ertung der n e u e n Auslesemaß­stäbe, die der Verfasser gib t, ist gut, gu t im Rahm en der volkstümlichen Darstellung, die das Büchlein zu geben versucht. Schwach wird der Verfasser e rst im letzten Teil, wo er die Stellung der Berufsberatung als K rä fte ­ausgleich im Rahm en der M enschenwirtschaft untersucht. Die Darstellung praktischer Dinge liegt ihm offenbar mehr. Es sei w iederholt, daß das Schriftchen im ganzen ein sehr brauchbares M ittel ist, sich knapp und grundlegend mit der Bedeutung des Eignungsprinzips für die Berufs­beratung und die W irtschaft bekanntzum achen. Dr. 0.

Tänzler, F ritz , Dr. ju r.: I n t e r n a t i o n a l e S o z ia l ­p o l i t ik . Berlin: Verlagsbuchhandlung Fr. Z il le s s e n (Heinrich Beenken) 1926. (160, IV S.) 8°. 4,80 R .-J i.

(Schriften der Vereinigung der Deutschen A rbeit­geberverbände, E. V., H. 14.)

Dr. T ä n z le r , der langjährige frühere Geschäfts­führer der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeber­verbände, Berlin, h a t eine Reihe von Jah ren hindurch im Internationalen A rbeitsam te zu Genf in der Vertretung der deutschen Arbeitgeber praktisch an den Arbeiten der internationalen Sozialpolitik m itgewirkt. Seine Schrift gibt einen Ueberblick über die auf Grund des Vertrages von Versailles geschaffene internationale Arbeitsorgani­sation. E in Anhang en thä lt eine Zusammenstellung der bisherigen T ätigkeit der internationalen Arbeitskonfe­renzen. Die B etrachtungen, die der Verfasser an Ge- wolltes und Gewordenes knüpft, tragen bei aller Sach­lichkeit den Stempel des Schilderns aus persönlicher Erfahrung. Die internationale Sozialpolitik h a t für alle Staaten eine außerordentliche Bedeutung. Das g ilt in besonderem Ausmaße fü r das dem Ausland gegenüber schwer belastete Deutschland, zumal seit seinem B eitritt zum Völkerbunde. Die Tänzlersche Schrift is t allen, die sich m it Sozialpolitik beschäftigen, zu empfehlen.

Dr. E. Hotf.

Vereins-Nachrichten.V erein d e u tsc h e r E isen h ü tten leu te .

Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung des Vor­standes und Vorstandsrates am Donnerstag, dem 24. März 1927, vormittags 10.30 Uhr in Düsseldorf, Geschäftshaus,

Breite Straße 27.A n w esen d s in d v o m V o r s ta n d : 3)r.«3ng. F.

S p r in g o ru m se n ., Dr. A. V o g le r (Vorsitz), Dr. m ont. A. A p o ld , F. B a r t s c h e r e r , P. B o e h m , ®r.»Q;ng. M. B ö k e r , ®r.»^ng. W. B o r b e t , F. D o rfs , ®r.*5n9- W. E s s e r , S)r.*§ng. A. F la c c u s , 2>r.»3>ng. K. G ro s se , K. H a r r , 2)t.=3n9- G. H a r tm a n n , 0 . H o lz , K. J a e g e r , H. K le in , A. K l in k e n b e r g , H. K o p p e n ­b e rg , ®r.=Qng. R. K r ie g e r , ®r.*$ng. G. L ip p a r t , K. R a a b e , ®r.=^ng. P. R e u s c h , S r .^ n g . W. R e u te r , Dr. rer. pol. H. R ö c h lin g , 3)r.=3ng. E. S c h r ö d te r , ®r.*3ng. F. S p r in g o r u m jun., Dr. jur. F r. T h y s s e n , ®r.=3n9- 0- W e d e m e y e r , ®r.«3;ng. A. W ie c k e ,3)l.=5ng. F. W in k h a u s , 25r.»3ng. A. W ir tz .

Vom V o r s ta n d s r a t : H. D o w e rg , Dr. H. H i lb e n z ,H. H o ff , W. P e t e r s e n , 3)t.*Qng. K. R e in h a r d t , R. S e id e l , $t.<$ng. A. T h ie le , $r.=3ng. 0 . Fr. W e in lig .

A ls G a s t : Dr. M. S c h le n k e r .Vom E i s e n i n s t i t u t : Dr. F r . K ö r b e r .V on d e r G e s c h ä f t s f ü h r u n g : S r .^ ü g - 0 . P e te r s e n ,

K. B ie r b r a u e r , E . L o h , S r .^ n g . K. R u m m e l, ®r.*^ng. W. S c h n e id e r , B. W e iß e n b e rg .

T a g e s o r d n u n g .I. ( g e s c h ä f t l i c h e r ) T e il :

1. Geschäftliches.2. Neuwahl des Vorstandsausschusses.3. Vorstandswahlen.4. Neuwahlen zum V orstandsrat.

5. Vorlage der Abrechnung fü r das Geschäftsjahr 1926; Bericht über die finanzielle Lage. W ahl der R ech­nungsprüfer.

6. Stellungnahm e zu dem Voranschläge des E isen­in stitu ts fü r das Ja h r 1927.

7. Aussprache über die Tagesordnungen usw .:a) der H auptversam m lung 1927,b) der Gem einschaftssitzung der Fachausschüsse

am 22. Mai 1927.8. F ragen der Hochschulausbildung:

a) Ausbildung von P rak tikan ten ,b) Einstellung und Ausbildung von Ingenieur­

prak tikan ten ,c) A ntrag des Hochschulausschusses auf Bewilligung

von M itteln für die eisenhüttenm ännischen Hoch­schul institute,

d) Allgemeines zum Stande der Entw icklung unserer Hochschulen.

9. Bericht über den S tand der A rbeiten der Geschäfts­stelle.

10. Verschiedenes.

11. T e il (V o r trä g e ) u n t e r T e i ln a h m e v o n G ä s te n :

11. Uebergabe der neu erstellten Räum e des Geschäfts­hauses.

12. Aus der G em einschaftsarbeit des E isen institu ts und des Vereins:a) Ueber neuere A rbeiten des E iseninstitu ts. Be­

rich t von Professor Dr. F r. K ö r b e r , Düsseldorf.b) Ueber die W erkstofftagung 1927. B ericht von

Sr.egng. W. S c h n e id e r , Düsseldorf.c) Zur Entw icklung der W erkstoff- und Profil­

normung. B ericht von $ipl.=Qrtg. B. W e iß e n ­b e rg , Düsseldorf.

d) Der Anteil der Lohnkosten an den Erzeugungs­kosten der E isenindustrie. B ericht von ®r.»Qttg. K. R u m m e l, Düsseldorf.

Den V o rs i tz fü h rt G eneraldirektor Dr. V o g le r .

Vor Beginn der Sitzung widm et der Vorsitzende den seit der le tz ten Vorstandssitzung heimgegangenen Vor­standsm itgliedern warm em pfundene W orte des Ge­denkens. Es sind gestorben: K om m erzienrat W ilhelm B r ü g m a n n am 3. Oktober 1926, Dr. ®r.»lyiTtg. (£. t). W ilh. B e u m e r am 29. Dezember 1926 und K om m erzienrat $r.-Qng. ©. 1). Heinr. K a m p , d er dem V orstand in den Jah ren 1903 bis 1913 angehört h a t, am 13. Ja n u a r 1927. Die Anwesenden haben sich zu E hren der V erstorbenen erhoben.

Nach Begrüßungsworten an die H erren Dr. F ritz T h y s s e n , H ü ttend irek to r Hugo K le in und H ü tte n ­d irek tor Heinrich K o p p e n b e r g , die nach ih rer W ahl in den V orstand zum ersten Male an einer V orstands­sitzung teilnehm en, eröffnet der H err Vorsitzende die Verhandlungen.

Zu P u n k t 1. Das geschäftsführende V orstands­m itglied m acht M itteilungen über die glückliche E n t­wicklung der Arbeiten in den Z w e ig v e re in e n , von denen der V orstand m it D ank K enntnis nim m t. Es wird beschlossen, den Zweigvereinen zu empfehlen, in Zukunft von der Erhebung von Sonderbeiträgen abzusehen.

Eine Reihe w eiterer geschäftlicher Angelegenheiten wird besprochen und erledigt.

Z u d e n P u n k t e n 2 u n d 3, die gemeinsam behandelt werden, w ird im Verfolg eines in der V orstandssitzung vom 30. Septem ber 1926 gefaßten Beschlusses H err D irektor Dr. E s s e r zum zweiten S te llvertre te r des Vor­sitzenden gew ählt, un ter besonderer Zustim m ung der H erren Vorsitzenden der Zweigvereine E isenhütte Ober­schlesien und Südwest. Der V o r s ta n d s a u s s c h u ß se tz t sich dem nach im Jah re 1927 wie folgt zusam m en: Dr. V o g le r , Vorsitzender, Dr. S p r in g o r u m jun.,1. stellv . V orsitzender, Dr. E s s e r , 2. stellv. V orsitzender, Dr. B r e n n e c k e , Dr. P e te r s e n , Dr. S p r in g o r u m sen.

612 Stahl und Eisen. Vereins-Nachrichten. 47. Jah rg . Nr. 14.

Z u P u n k t 4 wird beschlossen, die H erren 3)r.«Qltg. ®. f). W. H ä n e l , Dr. H. H i lb e n z , H. H o ff , ®r.»3ng. ©. fj. K. R e in h a r d t , F. S a e f te l , R. S e id e l , © t.^jttg. ©. f). A. T h ie le , $t>3ing. ©. £). 0 . F r. W e in lig und Dr. F. W ü s t , die Ende des Jahres 1926 turnusgem äß aus dem V orstandsrat ausgeschieden sind, wiederzuwählen. Neu in den V orstandsrat gewählt wird nach seinem satzungsgemäßen Ausscheiden aus dem V orstand Herr Geh. Kom m erzienrat W. v. O sw ald .

Zu P u n k t 5 berich tet das geschäftsführende Vor­standsm itglied über die Bilanz zum 31. Dezember 1926 und die Gewinn- und Verlustrechnung für das Ja h r 1926. Die Prüfung der Bücher und des Abschlusses ist durch eine Treuhand-Gesellschaft und die vom Vorstand ge­w ählten Rechnungsprüfer vorgenommen worden. Es wurde alles in bester Ordnung gefunden.

Der B erich tersta tter m acht sodann M itteilungen über die augenblicklichen finanziellen Verhältnisse des Vereins, aus denen hervorzuheben ist, daß der früher vom Vorstand beschlossene A u s b a u d e s G e s c h ä f t s ­h a u s e s seinen Abschluß gefunden hat. Uebrig bleibt eine notwendige Erneuerung der a lten Teile des Geschäfts­hauses, für die M ittel vom Vorstand erbeten werden. Der Vorstand genehm igt die Bilanz zum 31. Dezember 1926 sowie die Gewinn- und Verlustrechnung und be­willigt die zur Erneuerung der a lten Teile des Geschäfts­hauses erforderlichen M ittel. Zu Rechnungsprüfern für das Jah r 1927 werden die H erren H. D o w erg und S r .’xjftg- S c h r ö d te r un ter dem Ausdruck des Dankes für ihre bisherige Tätigkeit wiedergewählt m it der Maß­gabe, daß bei Behinderung eines der beiden Herren H err B ergrat R. S e id e l um Stellvertretung gebeten werden soll.

Zu P u n k t 6 faß t der V orstand Beschlüsse zu dem H aushalt des E iseninstitu ts für das Ja h r 1927.

Zu P u n k t 7 wird der früher über Zeit und O rt der H a u p tv e r s a m m lu n g 1927 gefaßte Beschluß aufge­hoben. Der Vorstand beschließt, die Hauptversam mlung m it Rücksicht auf die W erkstofftagung, die vom Verein gemeinsam m it dem Verein deutscher Ingenieure und anderen Vereinen Ende Oktober in Berlin veransta lte t wird, am 23. Oktober 1927 in Berlin sta ttfinden zu lassen. Es wird in Aussicht genommen, die Teilnahme der M it­glieder aus dem W esten und Osten nach Möglichkeit zu erleichtern. Mit Rücksicht auf die Verlegung der dies­jährigen Hauptversam m lung nach Berlin beschließt der Vorstand, die G e m e in s c h a f t s s i tz u n g d e r F a c h ­a u s s c h ü s s e am 22. Mai 1927, die ursprünglich an einem anderen O rt sta ttfinden sollte, in Düsseldorf abzuhalten. Die von der Geschäftsführung vorgeschlagene Tages­ordnung findet die Billigung des Vorstandes.

Z u P u n k t 8. Die Ueberzeugung, daß es notwendig und möglich ist, die P r a k t ik a n t e n a u s b i ld u n g zu verbessern, besteh t weiter in vollem Umfange. Es ist klar, daß der Schwerpunkt dieser A rbeit bei den einzel­nen W erken selbst liegen muß. Zur U nterstützung wird die Praktikantenstelle des Vereins folgende Aufgaben übernehm en:

Erfassung der jungen Leute möglichst noch vor Beginn des Studiums zwecks Aufklärung über A rt und Anforderungen des Berufes (Neuherausgabe des R a t­gebers)«

Ausstellung von Empfehlungen, auf Grund deren die P rak tik an ten sich im übrigen ihre Stellung bei den W erken unm ittelbar beschaffen sollen. Die P rak ti­kantenstelle greift nur ein, wenn diese Bemühungen ohne Erfolg sind.

K arteim äßige Verfolgung der P rak tikan ten beim Verein. D urchleitung der A rbeitsberichte und Zeug­nisse der Werke und gegebenenfalls Ausstellung eines Gesamtzeugnisses.

H erbeiführung eines E rfahrungsaustausches der Praktikantenpfleger der einzelnen Werke zur E r­zielung einer möglichst hochwertigen Ausbildung,. Der Abschluß eines Ausbildungsvertrages, für den

eine Fassung vorliegt, wird empfohlen. Im Zusammen­

hang dam it wird ein M erkblatt für P rak tikan ten heraus­gegeben, das die für den P rak tik an ten geltenden Be­stim m ungen kurz zusam m enfaßt.

D er Vorstand beschließt, die E inrichtung der I n g e n i e u r p r a k t i k a n t e n s t e l l e n zum 1. April 1927 zunächst in beschränktem Umfange ins Leben treten zu lassen. Es werden R ichtlin ien fü r die Ausbildung solcher Ingenieurpraktikanten genehm igt. Ablegung der Diplomprüfung soll Voraussetzung fü r die Einstellung sein. Auch für Ingen ieurprak tikan ten wird der Ab­schluß eines A usbildungsvertrages nach M uster emp­fohlen.

Eine U n t e r s t ü tz u n g d e r e i s e n h ü t t e n m ä n ­n is c h e n L e h r s tü h le w ird auch fü r das laufende S tudienjahr beschlossen.

Zu den a l lg e m e in e n F r a g e n d e r H o c h s c h u l ­a u s b i ld u n g stim m t der V orstand den in der R ektoren­konferenz vom 12. Jan u ar d. J . aufgestellten R icht­linien1) in vollem Umfange zu.

Zu P u n k t 9. Nachdem die B erichte der Fachaus­schüsse einschließlich der W ärm estelle im Mitglieder- kreise usw. festen Boden gewonnen haben, m uß versucht werden, ihnen eine bessere „ P u b liz itä t“ und „Periodi­z itä t“ zu verschaffen. Auf Grund des Berichtes des ge­schäftsführenden Vorstandsm itgliedes wird daher folgen­der Plan gutgeheißen:

Die Berichte der Fachausschüsse einschließlich der. jenigen der W ärm estelle und des Ausschusses für Be­triebsw irtschaft werden nicht m ehr wie bisher einzeln und m it zwanglosen Erscheinungsterm inen, sondern un ter dem T ite l „ A r c h iv f ü r d a s E i s e n h ü t t e n ­w e se n , F a c h b e r i c h t e , herausgegeben vom V e re in d e u ts c h e r E i s e n h ü t t e n l e u t e “ , periodisch (voraus­sichtlich jährlich 12 H efte im D in-Form at A 4) heraus­gegeben. Sie gehen dadurch sicher in das Schrifttum über. Die Berichte sollen n icht m ehr, wie es bisher viel­fach notwendig war, sowohl als Berichte der Fachaus­schüsse und außerdem in „ S tah l und E isen“ , sondern nur noch einmal, also entw eder im „A rch iv“ oder in „Stahl und Eisen“ erscheinen. Bei Veröffentlichung in dem „A rchiv“ werden sie in „S tah l und E isen“ lediglich referiert.

Durch entsprechende E inrichtung des Archivs sollen folgende Verwendungsmöglichkeiten gegeben werden:1. Das Archiv kann jahrgangweise gesam m elt und ge­

bunden werden. Die Lieferung von Einbanddecken ist in Aussicht genommen.

2. Der In h a lt des Archivs w ird nach m ehreren Gruppen un terteilt und kann in diesen G ruppengehunden werden, so daß jeder Bezieher die Möglichkeit besitzt, nur die ihn besonders interessierenden Gruppen zu beziehen und in Jahresbänden zu vereinigen.

3. Die im Archiv veröffentlichten Fachberichte sind so angeordnet, daß sie aus den H eften herausgenommen und in R ingbüchern oder Sam melmappen, entweder nach den vorgesehenen Gruppen oder nach anderen G esichtspunkten entsprechend dem Arbeits- und Interessengebiet des Beziehers gesamm elt werden können.

Zu P u n k t 10 liegen keine Beratungsgegenstände vor.

N achm ittags 3 U hr t r i t t der V orstand un ter Be­teiligung von G ästen zu dem z w e i te n T e il d e r S i tz u n g in dem neuen großen Saal des Geschäftshauses zusammen.

Zu P u n k t 11 übergibt d er Vorsitzende in einer besonderen Ansprache die neuen Räum e. Das geschäfts­führende V orstandsm itglied spricht dem Vorstande für die Erstellung dieser Räum e herzlichen Dank aus.

Z u P u n k t 12 werden m ehrere Vorträge e rsta tte t, die von den Versamm elten m it großem Beifall und Dank aufgenommen werden.

Schluß der Sitzung 5.50 Uhr.

J) Vgl. St. u. E. 47 (1927) S. 366.