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500 KLINISCHE WOCHENSCH Zusammen/assung. I. Es konnte vom VerI. gezeigt werden, dab wenn man bei einem Hunde RingerI6sung dureh den Ureter in das Nierenbecken einspritzt und auf diese W~eise einen pyeloven6sen Reflux hervorruft, nach etwa 15 Sekunden Latenzzeit ein schnelles Fallen des Blutdruckes urn etwa 5 ~ bis 7 ~ mm Hg (auf uligef~hr 50 % des Normalwertes) statt- finder. Diese Senkulig des Blutdruckes, die IIicht init Asystoiie und anch nicht mit einer Verringerung der Pulsamplitude ver- bunden ist, dauert ein paar Minuten, Dann steigt der Blut- druck im Laufe yon ein paar Minuten wieder auf den ursprfing- lichen Wert. Die Atmung wird dagegeli nicht einheitlich be- einfluBt -- bisweilen erhMt man eine frequelite Atmung mit relativ oberfl~chlichen Atemzfigen, bisweilen eine leichtere Apnoe, welcher gruppenweise geordnete, tiefeAtemzfige folgen. 2. Der Verf. sucht zu zeigen, dab diese Selikung des Btut- druckes nicht reflektorisch durch die Ausdehnung und das ZerreiBen des Nierenbeckens hervorgerufen wird, sondern dab sic dadurch verursacht wird, dab der in Ureter und Nieren- becken vorhandene tlarli vor der Ringerl6sulig her in die Blutbahlien geprel3t wird, woselbst die physiologischen hypo- tensiven Substanzen des Hams den Blutdruck senken. In den Versuchen des Verf. scheineli es haupts~chlich die kokto- labilen hypotensiven Substalizen gewesen zu sein, welche das Fallen des Blutdruckes verursacht habeli. 3. Der Verf. ist der Ansicht, dab die oft in direktem An- schlul3 an eine retrograde Pyelographie auftretenden An- zeichen yon l~ollaps, die sic\ als Schmerzen in der Nieren- gegend, B1Xsse, SchweiBausbrfiehe, Schfittelfrost nnd Er- brechen ~uBern, auf einer solehen, durch die physiotogischen hypotensiven Substanzen des Harris ausgel6sten Senkling des Blutdruckes beruhen. 4- SchlieBtich wird darauf hingewiesen, dal3 diese Blut- drucksenkung bei Tierversuchen, die ein gleichzeitiges Stu- dium des Blutdruekes und der Physiolog/e der Harnwege be- zwecken, eine m6gliche Fehlerqlielle darstellt. Diese Untersuchung wurde mit Hilfe yon Mitteln aus- geffihrt, die mir durch die Schwedische Gesellschaft ffir Medi- zinische Forschung zur Verffigung gestellt wurdeli. Literatur: J.-E. ABELOUS U. E. BARDIER, C. r. Soe. Biol. 66, 511 (19o9); 67, 88 (19o9). -- C. G. AI~LSTR61~, Acta chir. scand. (Stockh.) 75, 162 (I934). -- J. ARBNDT U. H. BROCKMANN, Fortschr. R6ntgenstr. 49, 335 (1934). --- J- BARTRII~A, Z. Urol. 28, 553 (1934)- -- A. BAUER, Arch. f. exper. Path. 168, 111 (1932). --- BLUM, KongreB. Dtsch. Ges. Urol. Berlin 1924. Zit. nach FucHs. -- H. BOEMINGHAUSU. A. HENDRIOCK, Arch. klin. Chir. I55,' 435 (1929). -- H. O. CALVERY, J. O~ biol. Chem. 86, 263 (193o). -- A. J. CARLSSON u. A. ]3. LUCR~IARDT,Amer. J. Physiol. 55, 31 (1921). -- U. v. EULBI~ U. J. H. GADI)n~, J. of Physiol. 72, 74 (1931) ` -- TI~. FAHR, Dtsch. reed. Wschr. I916, 137. -- K. FELIX u. A. v. PUTZI~R REYB~GO, Mfinch. reed. Wschr. 193o, 2o97 -- Arch. f. exper. Path. I64, 403 (1932). -- E. K. FRxY, Verb. dtsch. Ges. inn. Med. 44, 55 (1932). -- F. FucHs, Z. urol. Chir. 22, 435 (1927); 23, 21o (1927); ~7 (1929); 3o, 392 (193o); 33, I (1931). -- F. HINMAN n. I~. LEE- BROWN, J. amer. med. Assoc. 82, 607 (I924). - - M. JAc0BY,Verh. dtsch. Ges. Urol. 8. KongreB, 1928, 558. -- F. LANGE, Mt~nch, med. Wschr. 193o, 2o95 -- Arch. f. exper. Path. I64, 417 (1932). -- R. K. LEE-BRow~ u. J. LAI~LBu J. am er. reed. Assoc. 89, 2o94 (1927). -- K. LIEDttOLM, Skand. Arch. Physiol. (Bert. u. Lpz.) 69 (1934)- -- J. M. MASON, J. amer. reed. Assoc. 62, 839 (1914). -- J. MINDER, Z. urn1. Chir. 3 o, 404 (193o). --- E. PFLALIMER, Verb. dtsch. Ges. Urol. 6. KongreB 573 (I928) Disknssion. -- R. ROSSLE, Mfinch. reed. V~schr. I9II. -- R. T6PPNER, Fortschr. t~6ntgenstr. 50, 281 (1934). -- J- *~rlTTELS, Z. urol. Chir. 32, 80 (1931). -- E. \'VoLnHEI~ U. K. LANaE, Dtsch. med. Wschr. I932, 572. -- K. ZlPF, Z. Kurortwiss. I932. Zit. nach B.~UER. STORUNG DER CORONARDURCHBLUTUNG DURCH ERGOTAMIN. Von Dr, OSKAR ZIMMERMANN, Assistenfi der II. Medizinisehen UniversitAtsklinik in Wien (Vorstand: Professor Dr. N. v. JAGI~). Die sympathicushemmende Wirkung der Secalepr~parate war vielfacher Gegenstand experimeliteller und klinischer Studien, auf deren Basis sich dalin vor allem das Ergotamin RIFT. 14. JAHRGANG. Nr. 14 6. APRIL I935 und Ergotamintartrat (Gynergen) ein anerkanntes therapeu- tisehes Feld bei vielen Krankheitszust~nden erworben haben, deren Symptome haupts~tchlich oder alich nur teilweise auf einem gesteigerten Sympathicnstonus beruhen oder zurfiek- geffihrt werden. In dieser Voraussetzung land es Eingang in die interne Therapie der Thyreotoxikosen (ADLERSBERG und PORGES), der Sehweit3sekretion der Phthisiker (H~uMANN) und in die Behandlung der Migr~ne (TRAUTMANN, .~r~OTTtvIENN), Auf seine groBe Bedeutung in mancher theoretisehen Frage des Kohlehydratstoffweehsels sei nur kurz hingewiesen. Gleich wiehtig, aber nicht ganz eindeutig sind die Ergebnisse der Ergotaminwirkung auf den Kreislauf, mit der sich auch unsere Beobachtungen befassen wollen. Nach )/[EYER-GOTTLIEB-PIcK 1ABt sich die IZreislauf- wirkung des Ergotamins wie folgt zusammentassen: L~h- mung der sympathischen Vasomotoreli, Herabsetzung der vasocolistrictorischen Adrenalinwirkung, Umkehr einer fol- genden Adrenalinwirkung mit Blutdrucksenkung, Ullter- drfickulig der vasomotorischen Sinusreflexe, nicht unbetr~cht- ]iehe langdauernde Blutdrucksteigerung, evtl. Dauerkrampf der Gef~tl3e mit nachfolgender Thrombose und Gangr~.n. RAYMOND-HAMET fiihren die Adrelialinumkehr auf einen zweifachen antagonistischen Sympathicusmechanismus zu- rfick, bei dem Ergotamin den steigernden Mechanismus mittlerer und groBer Adrenalindosen l~hmt, w~Lhrend die antagonistische Wirkung kleiner Adrenalilidosen nicht be- einflul3t wird. AuBer der sylnpathicusbemmenden Wirkung he\men aber ROTHLIN, HEYMANS und REGNIERS sowie PAClFICO auch eine Sensibilisierung des Herzvagus durch Ergotamin an. HEYMANS und REGNIERS erkl~.reli damit die Steigerung der herzhemmenden Carotissinusreflexe, PACI- VlCO h~lt vor atlem bei Vagotonikern eine gleichzeitige energische Vaguserregung ffir wahrscheinlich und ffihrt auch eine negative inotrope Herzwirkung des Ergotamins darauf zurfiek, ebenso eine Verstarkung der respiratorischen Ar- rhythmie sowie das Auftreten oder eine Verst~rkung yon Extrasystolen. Hingegen sehen RASOLT und \VALA~,u in der Bradykardie, der negativ ehrono- und dromotropen Herzwirkung und dem 6fiefs elektrokardiographisch beob- achteten Sinlis-Vorhofblock blog eine Sympathicushemmung und keine Vagusreizung. \V~hrend die frequenzherabsetzende Wirkung der Secale- prgparate vor allem in den F~lleli, wo eine Frequenzsteigerling durch einen erh6hten Sympathicustonus (LEv und HAM- BURGER) wie bei den Thyreotoxikosen vorliegt, allgemein anerkannt wird, ist die Frage der Blutdrucksteigerung bei der Verwendung voli therapeutischen Dosen umstritten. Im Tierexperiment fand HERRIK eine merkliche Blutdruck- steigerung, YOUMANS, TRIMBLE und FRANK sowie LEV und HAMBURGER b e i m Menschen eine geringe Steigerung des systolischen und etwas deutliehere des diastolischen Blut- drucks. 1ROTHLI~ hingegen land den Blutdruck kaum merk- lich verAndert, und GEOR~OPOULOS konnte feststelten, dab klimakterische Blutdracksteigerungen, auf Ergotamin tells mit einer vorfibergehenden Senkulig, ~eils mit einer leichten Steigerung reagierten, oft aber auch v611ig unver~ndert blieben, w~hrend die Hypertonie ~tterer M~nner fast regel- m~Big keine Beeinflussung erkelinen lieS. M~RI<~ und EIs~'~R Ianden nachtherapeutischen Gynergen- dosen (o,5--I,oecm i.m.) als Ausdruck der sympathicus- l~hmenden ~Virkung auBer der Pulsverlangsamling eine deut- liche Verkleinerung der VorhoI- und Nachschwankung im ElektrokardiogTamm. LABB~, BESANCON und GouY~x be- richten bei einer Basedowpatientin fiber das Auftreten yon schweren Angina pectoris-Aiif~llen nach jeder Gynergen- injektion. In1 folgenden wollen wit nun auf eigene ldinische Beobachtungen yon Kreislaufst6rungen bei der Verwendung yon therapeutischen Ergotamindosen in der normal gebrXueh- lichen H6he eingeheli. Vor kurzem konnten wir (N. JaGI6 und O. ZINNERMA~X) ant paroxysmales Vorhofflimmern bei einer Thyreotoxikose hinweisen, das wiederholt w~hrend einer Ergocholintherapie auitrat und nach Aussetzen derselben auch sofort wieder verschwand, t(urze Zeit sp~ter konnten wir einen ~hnlichen Fall beobachten. So wie bei

Störung der Coronardurchblutung Durch Ergotamin

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Page 1: Störung der Coronardurchblutung Durch Ergotamin

500 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

Zusammen/assung. I. Es konnte v o m VerI. gezeigt werden, dab wenn m a n bei e inem Hunde RingerI6sung dureh den Ure t e r in das Nierenbecken e inspr i tz t und auf diese W~eise einen pyeloven6sen Ref lux hervorruf t , nach e twa 15 Sekunden La tenzze i t ein schnelles Fa l len des Blu tdruckes urn e twa 5 ~ bis 7 ~ m m H g (auf uligef~hr 50 % des Normalwertes) s t a t t - finder. Diese Senkulig des Blutdruckes , die IIicht ini t Asystoi ie und anch nicht m i t einer Verr ingerung der Pu l sampl i tude ver- bunden ist, daue r t ein paa r Minuten, D a n n steigt der Blu t - druck im Laufe yon ein paar Minuten wieder auf den ursprfing- lichen Wer t . Die A t m u n g wird dagegeli n ich t einhei t l ich be- einfluBt - - bisweilen erhMt man eine frequel i te A t m u n g m i t re la t iv oberfl~chlichen Atemzfigen, bisweilen eine leichtere Apnoe, welcher gruppenweise geordnete, t ie feAtemzf ige folgen.

2. Der Verf. sucht zu zeigen, dab diese Selikung des Btut - druckes n icht ref lektorisch durch die Ausdehnung und das ZerreiBen des Nierenbeckens hervorgerufen wird, sondern dab sic dadurch verursach t wird, dab der in Ure te r und Nieren- becken vorhandene t l a r l i vor der Ringerl6sulig her in die Blu tbahl ien geprel3t wird, woselbst die physiologischen hypo- t ens iven Subs tanzen des H a m s den B lu td ruck senken. In den Versuchen des Verf. scheineli es haupts~chl ich die kokto- labilen hypotens iven Substal izen gewesen zu sein, welche das Fal len des Blu tdruckes ve ru r sach t habeli.

3. Der Verf. ist der Ansicht, dab die of t in d i r ek tem An- schlul3 an eine re t rograde Pyelographie auf t re tenden An- zeichen yon l~ollaps, die s i c \ als Schmerzen in der Nieren- gegend, B1Xsse, SchweiBausbrfiehe, Schfi t te lfrost nnd Er - brechen ~uBern, auf einer solehen, durch die physiotogischen hypo tens iven Subs tanzen des Harris ausgel6sten Senkling des Blu tdruckes beruhen.

4- SchlieBtich wird da rauf hingewiesen, dal3 diese Blut - d rucksenkung bei Tierversuchen, die ein gleichzeitiges S tu- d i u m des Blu tdruekes und der Physiolog/e der Harnwege be- zwecken, eine m6gliche Fehlerql iel le darstel l t .

Diese Unte rsuchung wurde m i t Hilfe yon Mi t te ln aus- geffihrt, die mi r durch die Schwedische Gesellschaft ffir Medi- zinische Forschung zur Verff igung gestel l t wurdeli .

L i t e r a t u r : J . -E. ABELOUS U. E. BARDIER, C. r. Soe. Biol. 66, 511 (19o9); 67, 88 (19o9). -- C. G. AI~LSTR61~, Acta chir. scand. (Stockh.) 75, 162 (I934). -- J. ARBNDT U. H. BROCKMANN, Fortschr. R6ntgenstr. 49, 335 (1934). --- J- BARTRII~A, Z. Urol. 28, 553 (1934)- -- A. BAUER, Arch. f. exper. Path. 168, 111 (1932). --- BLUM, KongreB. Dtsch. Ges. Urol. Berlin 1924. Zit. nach FucHs. -- H. BOEMINGHAUS U. A. HENDRIOCK, Arch. klin. Chir. I55,' 435 (1929). -- H. O. CALVERY, J . O~ biol. Chem. 86, 263 (193o). -- A. J. CARLSSON u. A. ]3. LUCR~IARDT, Amer. J. Physiol. 55, 31 (1921). -- U. v. EULBI~ U. J. H. GADI)n~, J. of Physiol. 72, 74 (1931) ` -- TI~. FAHR, Dtsch. reed. Wschr. I916, 137. -- K. FELIX u. A. v. PUTZI~R REYB~GO, Mfinch. reed. Wschr. 193o, 2o97 -- Arch. f. exper. Path. I64, 403 (1932). -- E. K. FRxY, Verb. dtsch. Ges. inn. Med. 44, 55 (1932). - - F. FucHs, Z. urol. Chir. 22, 435 (1927); 23, 21o (1927); ~7 (1929); 3o, 392 (193o); 33, I (1931). -- F. HINMAN n. I~. LEE- BROWN, J. amer. med. Assoc. 82, 607 (I924). - - M. JAc0BY,Verh. dtsch. Ges. Urol. 8. KongreB, 1928, 558. -- F. LANGE, Mt~nch, med. Wschr. 193o, 2o95 -- Arch. f. exper. Path. I64, 417 (1932). -- R. K. LEE-BRow~ u. J. LAI~LBu J. am er. reed. Assoc. 89, 2o94 (1927). -- K. LIEDttOLM, Skand. Arch. Physiol. (Bert. u. Lpz.) 69 (1934)- - - J. M. MASON, J. amer. reed. Assoc. 62, 839 (1914). - - J. MINDER, Z. urn1. Chir. 3 o, 404 (193o). --- E. PFLALIMER, Verb. dtsch. Ges. Urol. 6. KongreB 573 (I928) Disknssion. -- R. ROSSLE, Mfinch. reed. V~schr. I9II . -- R. T6PPNER, Fortschr. t~6ntgenstr. 50, 281 (1934). -- J- *~rlTTELS, Z. urol. Chir. 32, 80 (1931). - - E. \'VoLnHEI~ U. K. LANaE, Dtsch. med. Wschr. I932, 572. -- K. ZlPF, Z. Kurortwiss. I932. Zit. nach B.~UER.

S T O R U N G D E R C O R O N A R D U R C H B L U T U N G D U R C H E R G O T A M I N .

Von

D r , OSKAR ZIMMERMANN, Assistenfi der II. Medizinisehen UniversitAtsklinik in Wien

(Vorstand: Professor Dr. N. v. JAGI~).

Die sympa th i cushemmende W i r k u n g der Secalepr~parate war vie l facher Gegens tand exper imel i te l ler und klinischer Studien, auf deren Basis sich dalin vor al lem das E r g o t a m i n

R I F T . 14. J A H R G A N G . Nr . 14 6. APRIL I935

und E r g o t a m i n t a r t r a t (Gynergen) ein anerkanntes therapeu- t isehes Feld bei vielen Krankhei t szus t~nden erworben haben, deren S y m p t o m e haupts~tchlich oder alich nur teilweise auf e inem geste iger ten Sympa th icns tonus beruhen oder zurfiek- geff ihrt werden. I n dieser Voraussetzung land es E ingang in die in terne Therapie der Thyreo tox ikosen (ADLERSBERG und PORGES), der Sehweit3sekretion der Phth is iker (H~uMANN) und in die Behandlung der Migr~ne (TRAUTMANN, .~r~OTTtvIENN), Auf seine groBe Bedeu tung in mancher theore t i sehen Frage des Kohlehydra ts tof fweehsels sei nur kurz hingewiesen. Gleich wiehtig, aber n icht ganz e indeut ig sind die Ergebnisse der E rgo t aminwi rkung auf den Kreislauf, m i t der sich auch unsere Beobach tungen befassen wollen.

Nach )/[EYER-GOTTLIEB-PIcK 1ABt sich die IZreislauf- wi rkung des E rgo tamins wie folgt zusammentassen: L~h- m u n g der sympath ischen Vasomotorel i , Herabse tzung der vasocol is t r ic tor ischen Adrenal inwirkung, U m k e h r einer fol- genden Adrena l inwirkung mi t Blutdrucksenkung, Ull ter- drfickulig der vasomotor i schen Sinusreflexe, n icht unbet r~cht - ]iehe langdauernde Blutdruckste igerung, evtl . Daue rk rampf der Gef~tl3e mi t nachfolgender Thrombose und Gangr~.n. RAYMOND-HAMET fi ihren die Adre l ia l inumkehr auf einen zweifachen antagonis t i schen Sympath icusmechan ismus zu- rfick, bei dem E r g o t a m i n den s te igernden Mechanismus mi t t l e re r und groBer Adrenal indosen l~hmt, w~Lhrend die antagonis t ische Wi rkung kleiner Adrenal i l idosen nicht be- einflul3t wird. AuBer der sy lnpa th icusbemmenden Wi rkung h e \ m e n aber ROTHLIN, HEYMANS u n d REGNIERS sowie PAClFICO auch eine Sensibil isierung des Herzvagus durch E r g o t a m i n an. HEYMANS und REGNIERS erkl~.reli d a m i t die Ste igerung der he rzhemmenden Carotissinusreflexe, PACI- VlCO h~lt vo r atlem bei Vagotonikern eine gleichzeitige energische Vaguser regung ffir wahrscheinl ich und ffihrt auch eine nega t ive inot rope Herzwi rkung des Ergo tamins darauf zurfiek, ebenso eine Vers ta rkung der respirator ischen Ar- r hy thmie sowie das Auf t re ten oder eine Vers t~rkung yon Ext rasys to len . Hingegen sehen RASOLT und \VALA~,u in der Bradykard ie , der nega t iv ehrono- und d romot ropen Herzwi rkung und dem 6fiefs e lekt rokardiographisch beob- ach te ten Sinl is-Vorhofblock blog eine S y m p a t h i c u s h e m m u n g und keine Vagusreizung.

\V~hrend die f requenzherabse tzende Wi rkung der Secale- p rgpara te vor al lem in den F~lleli, wo eine Frequenzs te iger l ing durch einen erh6hten Sympath icus tonus (LEv und HAM- BURGER) wie bei den Thyreo tox ikosen vorliegt, a l lgemein anerkannt wird, ist die Frage der Blu tdrucks te igerung bei der Verwendung voli therapeut i schen Dosen umst r i t ten . Im Tie rexper iment fand HERRIK eine merkl iche Blu tdruck- s t e ige rung , YOUMANS, TRIMBLE und FRANK sowie LEV und HAMBURGER beim Menschen eine geringe Steigerung des systol ischen und etwas deut l iehere des diastol ischen Blu t - drucks. 1ROTHLI~ hingegen land den B lu td ruck k a u m merk- lich verAndert, und GEOR~OPOULOS konnte feststelten, dab k l imakter ische Blu td racks te ige rungen , auf E r g o t a m i n tells mi t einer vorf ibergehenden Senkulig, ~eils mi t einer le ichten Steigerung reagierten, of t aber auch v611ig unver~nder t blieben, w~hrend die Hype r ton i e ~tterer M~nner fas t regel- m~Big keine Beeinflussung erkel inen lieS.

M~RI<~ und EIs~'~R Ianden n a c h t h e r a p e u t i s c h e n Gynergen- dosen ( o , 5 - - I , o e c m i.m.) als Ausdruck der sympath icus- l~hmenden ~Virkung auBer der Pulsver langsaml ing eine deut - liche Verkle inerung der VorhoI- und Nachschwankung im Elekt rokardiogTamm. LABB~, BESANCON und GouY~x be- r ichten bei einer Basedowpat ien t in fiber das Auf t re ten yon schweren Angina pectoris-Aiif~llen nach jeder Gynergen- injekt ion. In1 folgenden wollen wi t nun auf eigene ldinische Beobach tungen yon Kreis laufs t6rungen bei der Verwendung yon therapeut i schen Ergo tamindosen in der normal gebrXueh- l ichen H6he eingeheli.

Vor kurzem konnten wir (N. JaGI6 und O. ZINNERMA~X) ant paroxysmales Vorhofflimmern bei einer Thyreotoxikose hinweisen, das wiederholt w~hrend einer Ergocholintherapie auitrat und nach Aussetzen derselben auch sofort wieder verschwand, t(urze Zeit sp~ter konnten wir einen ~hnlichen Fall beobachten. So wie bei

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6. APRIL I935 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 14. J A H R G A N G . N r . 14 5o~

der ersten Beobacli tung handel te es sich auch bet dieser Pat . um eine postkliraakterische Struraa nodosa toxiea, deren Herzbefmld jedoch im Gegensatz zura x. Fail, der klinisch keine nachweisbaren auffallenderen Ver~inderungen darbot, eindentige Zeichen eines gesch~digten Herzens auflvies. Das Herz zeigte eine deutliche diffuse DiIatat ion und Linkshypertrophie. Ira Etektrokardiograrara (Ekg.) sprachen Knotungen in den Hauptschwankungen und eine mangelhafte Entwickhmg der Naehschwankung in alien drei Ableitungen, sowie eine Verbrei terung und Aufspli t terung der P-Zacken ffir eine diffuse Myokardsch~digung. Auch in diesera Falle handel te es sich um eine bradykarde Form einer Thyreotoxi- kose, die Putsfrequenz lag raeist unter 7 ~ pro Minute. Bei dieser Pat . kam es w~hrend der F~rgoeholintherapie bei t ig l ieh 3 Tablet ten gIeichfalls zu wiederholtem Au~treten yon kurz bis zu ein p a i r S tnnden dauerndem tachykarden Vorhoffl immern mit eiuer Ven- trikelfrequenz zwischen ~5 o und 17o pro Minute. GIeichzeitig ver- spfirte die Pat . iuBers t l ist iges Herzklopfen und ein deutliches OppressionsgeffihI fiber der Brust. N i t Aussetzen der Ergocholin- therapie blieben auch diese AnfMle aus, kamen aber sofort wieder zum Vorschein, als wir nach einigen Wochen die gleiche Therapie wiederholten. Da die Anf~lle je tzt fast t~glich, 6fters aueh zweimal ira Tag auf t ra ten und sich nach 8t~giger Verabreichung yon Ergocholiu geringe Zedchen einer kardiMen Insufs einstellten, brachen wit diesen therapeut ischen Versuch endgfiltig ab und die AnfMle yon Ftiramertachykardie blieben je tz t aueh wieder w~hrend der ganzen weiteren Beobachtung s t ind ig aus.

S icher l ich h a n d e l t e es s ich in b e i d e n F i l l e n , wie in d e m zwei ten e indeu t ig n a c h w e i s b a r war , u m prim~tr m y o k a r d - geschf idigte Herzen , die auBerdem als H i n - weis au f e inen e r h 6 h t e n V a g u s t o n u s die b r a d y - k a r d e F o r m e iner T h y r e o t o x i k o s e aufwiesen. Dieser U m s t a n d wie die b e k a n n t e Ne igung de r Abb. t h y r e o t o x i s c h gesch~d ig ten H e r z e n zu Vorhof- f i i m m e r n w a r e n unse re r M e i n u n g n a c h die Vor- a u s s e t z u n g ffir die Aus l6sung de r p a r o x y s m a l e n F l i m m e r t a e h y k a r d i e n d u r c h Ergochol in . D i s regelm~Bige u n d g e h i u f t e A u f t r e t e n d ieser An- Abb. 2 l i l l e btoB w ~ h r e n d cler E r g o c h o l i n t h e r a p i e u n d ih r soforf iges u n d a n d a u e r n d e s S is t ie ren n a c h Ausse t zen dieser T h e r a p i e l i B t ande r se i t s abe r k e i n e n Zweifel a n d e m kausa l en Z u s a m m e n - h a n g m i t der E r g o c h o l i n t h e r a p i e zu. D a die Genese des V o r h o f f l i m m e r n s bis h e u t e n o c h Abb. a e in unge l6s tes P r o b l e m dars te l l t , a u c h s icher- l ich n i c h t e inhe i t l i chen U r s p r u n g s i s t u n d o f t au I m a n n i g f a l t i g e n d i s p o n i e r e n d e n F a k t o r e n bas ie r t , l a g t s ich de r endgt i l t ige lVlechanismus a u c h in u n s e r e m Fa l le n u t h y p o t h e f i s c h er- l d i r e n . Als d i spon ie rende F a k t o r e n b e s t a n d bei u n s e r e n b e i d e n F~ l l en eine T h y r e o t o x i k o s e u n d eine Coronarslderose, die wi t bei d e m A l t e r de r P a t i e n t i n n e n ffir be ide FXlle a n n e h m e n , w e n n sie a u c h n u r be i der e inen e lek t ro - k a r d i o g r a p h i s c h n a c h w e i s b a r war . Als aus l6sende U r s ach e t r a t a b e r n u n n a c h unse r e r M e i n u n g eine wei te re Versch tech- t e r u n g de r C o r o n a r d u r c h b l u t u n g Ms d i r ek t e Folge de r Ergo- c h o l i n w i r k u n g h inzu . De r Io lgende n ~ h e r b e s c h r i e b e n e Fa l l b e s t ~ r k t uns in dieser A n n a h m e , au f d e r e n wei tere t3egrfin- d u n g wi r d a n n sp~te r e ingehen wollen.

Marie Cz., 43 Jahre, ]3figterin. Frfiher nie ernsflich krank ge- wesen, Potus, Venetia negiert, Menses stets regelmigig und mittel- s tark gewesen, kein Partus, kein Abortns. Ira Dezember 1933 auBergew6hnlich starke Menses, die 14 Tage anhiel ten und mi t betr~chtl ichem Blntver lns t einhergingen. Gleichzeitig stellte sieh bald bei leichter k6rperlicher Ans• ein dentliehes Oppres- sionsgeffihl in der Herzgegend ein, d i s aber bei Be t t ruhe sofort wieder verschwand. Nach Stil lstand der Blutungen konnte die Pat . wieder bald v611ig beschwerdefrei ihrer frfiheren Besehif t igung nachgehen. Nnr blieben die ~vIenses je tz t ein halbes Jah r voll- komraen aus und t r a t en erst wieder am 9. VI. 1934 auf. Auch dies- mal stell ten sich inBers t s tarke Blutungen mi t Abgang groger Koagula ein. Die Pat . verlor t~iglich reichlich Blur, und bald t r a t wieder wie vor einem halbert Jahre nach geringster Anstrengung d i s Oppressionsgeffihl fiber dem Herzen auf, diesmal aber wesentlich starker und ausgesprochen schraerzhaft, wobei die Schmerzen jetzt in den Rficken und gegen beide Schultern auss t rahl ten und sieh die Pat. auch beim Reden behinder t ffihlte. Bei Bet t ruhe stellte sich jedoeh auch diesmal schnell wieder v611ige lgeschwerdefreiheit ein. Wegen der Aniimie und der angin6sen 13eschwerden suehte die Pat. am 2o. VI. 1934 die Klinik auf.

Der Auinahmesta tus ergab auszugsweise: Grazile, hochgradig aniraisehe Pat. rait sehr btassen SehieimhAuten. Teraperatur nor- mal, Atmung leicht besehteunigt. Puls rhythmisch, i~qual, deuflieh celer, aber nicht altus, Frequenz 12o pro Minute, RR. ITO/85. Pupillen o. B. Caput-Collum-Thorax-Pulmo o. B. Cot: keine sicht- baren Pulsationen, der SpitzenstoB im 5. Intercosta l raum 2 Quer- finger auBerhalb der I~iCtL. verbrei ter t und deutlich hebend, die Herzdirapfung nach oben und links verbreitert , ranhes systolisches Ger/iusch fiber der Spitze, leises systohsches und lautes giel3endes diastolisches Ger~Lusch fiber der Aorta und der Herzbasis. Die Herzt6ne o. B. Abdomen und Ext remi t~ ten o. B. Reflexe normal. Derzeit nur raehr geringe genitale Blutung.

Harnbefnnd o. B, Mittlere Senkungsgeseliwindigkeit nach LI~ZENM~I~R IO Mimlten. Blutbefund: Ery tb rocy ten 247o000, Sahli 35, F I rbe index 0,72, Leukocyten 7050. Differeutialbitd, rotes Blutbi ld und Throrabocyten o. ]3. D i s Ekg., d i s sofort nach der Einlieferung der Pat . aufgenoramen wurde, bet der es infolge des Transportes wieder zu leiehten angin6sen Beschwerden gekom- men war, zeigte typische coronare Ver~nderungen in Ablei tung I und II (Abb. i). Die Kontrolle des Ekg. am n~ehsten Tag bet v611iger subjektiver Beschwerdefreiheit ergab ietzt fast einen nor- raalen Befund (Abb. 2) und lieB keinen SchluB raehr auf eine an- hat tende schwere Coronaxinsuffizienz zu. Der Konsiliarbefund der gyn~kologiscben Abtei lung Prof. KAtlR (Assistent Dr. KozAIr ergab Metropathie, und als Therapie wurde x Ampulle Gynergeu jeden 2. Tag vorgeschAagen, Kontrolle erbeten nach der 3. Injekt ion.

Nachdera die Pat. den ganzen Tag fiber beschwerdefrei war, wurde ihr am Abend I Ampulle Gynergen injiziert. Wenige Minuten

Abb. ~. Ekg. Imrz nach der E/~llefertmg der Pat. bet angin6~en Beschwerden. Abb. 2. Ekg. am n~chsten Tag bel xaSlliger Beschwerdefreiheit. Abb, 3- Ekg, Jm Status anginosus nach der Gynergeninjekfion.

naeh der Injektion t r a t en heftigste anhal tende anginSse Beschwer- den atff. Auf Nitroglycerintropfen keine ]3esserung. Das je tz t auf- genomraene Ekg. (Abb. 3) zeigte wieder typische Zeichen ether schweren Coronaraffektion. Die Pat . erhielt n un Papaver in o,o8 intravenSs. Keine wesentliche Ver~nderlmg des schweren Zusta.nds- bildes und der sub~ektiven Besehwerden. Die abermalige Ekg.-Kon- trolle ergab unver~,ndert die schweren Ver inderungen der Nach- schwankung. Auf Pantopon geringe Beruhigung. In den Morgen- s tunden des n~ichsten Tages unter ZUnahrae der angin0sen Be- sehwerden pl6tzlicher Exitus.

Wir faBten unsere SchluBdiagnose folgendermaBen znsaramen: Sehwere sekund~re Animie nach Metropathie. Mitral- und Aorten= instfffizienz. Status anginosus, Coronarinsaffizienz.

Bet dem korabinierten Vit ium muBten wir eine Entscheidung infolge des Ausstehens des \u (der sich dann spiiter als posit iv erwies) und bet v6IIig negat iver Anamnese zwisehen Mesaortitis valvularis e t coronaria und einera kombinier ten endo- kardifischen Vit ium often lassen. Als Grundlage der Angina pec- toris-Beschwerden wurden gleiehfalls luische oder endo- und rayokarditische Ver inderungen in Erw&gung gezogen, wahrend der An/~raie nur ein ausl6sendes Moment beira Auftreten der angi- n6sen Beschwerden zuerkannt wurde. Wichtig erschien uns das Auftreten des Status ang~nosus nach vorheriger vSlliger Beschwerde- freiheit -and bet absoluter Bettruhe, w~brend der die Pat. bisher hie Beschwerden hat te , wenige Minuten im AnschluB an die Gyner- geninj ektion.

Die pathologisch-anatomische Diagnose (Inst i tut Prof. MARXSCI~, Obduzent Doz. FI~LL]~R) ergab auszugsweise: Mesaortitis luetica der Aorta ascendens lind des AEUS rait folgender Insuffizienz der halbmondf6rmigen Klappen und hochgradiger, ffir eine Steeknadel eben durchgi~ngiger Einengung beider Coronarostien. An der

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502 K L I N I S C H E ~ V O C H E N S C H

Mitralis Residuen ether ausgeheilten Endokarditis. iKleinfinger- gliedgroBer Schleimhautpolyp am Fundus uteri. Cystisehe Dege- neration beider Ovarien. Schwere An~imie.

Der bis zum Tode noch ausstehende ~Vassermann-Befund sowie das Fehlen eines R6ntgenbefundes -- wir wollten der Pat. die ersten Tage jede fiberflfissige ]3ewegung ersparen --, der wahrscheinlich die beginnende Erweiterung der Aorta h~tte erkennen ]assen, lieBen uns als alleinige ~tiologie des vorliegenden kardialen Zu- standsbildes nicht ausschtieBlich eine Lues annehmen. Wie die endokarditischen Veriinderungen an der Mitralis erkennen lieBen, war der Gedanke an eine endokarditische ~-tiologie atach wohl be- grflndet, wenn wir uns auch bet der M6glichkeit einer lgngeren Mini- schen ]Beobachtung des I~irankheitsbildes vielleicht ausschlieBlich der Annahme ether luischen Genese angeschlossen und die gleich- zeitige Mitralinsuffizienz bloB als relativ bedingt angesehen hiitten.

Wenn wit jetzt die funktionelle Pathogenese der 3 IZrank- heitsf~ille in bezug auf ihren Zusammenhang mit der Ergot- amintherapie und unter Berficksiehtigung der einleitend zitierten Literatur yon einem gemeinsamen Gesichtspunkt aus besprechen wollen, mfissen wir uns nun wieder den beiden mit Ergoeholin behandelten F~illen zuwenden. ]3ekanntlieh stellt Ergocholin eli1 kombiniertes Pr~iparat dar und enth~ilt eine Originaltablette 0,000 5 g Secale-Reinalkaloide und o,oo8 g des Cholinesters Pacyl. Der Zweck der Kombination ist, die sympathicushemmende Wirkung des Ergotamins teils durch die vagotrope Wirkung des Cholins in seinem therapeutischen Effekt gegentiber sympathicotonischen tfrank- heitszust~inden, mit denen wit es fiberwiegend bet den Thyreo- toxikosen zu tun haben, zu verst~irken, teils den vasoconstric- torischen Eifekt des Ergotamins durch die capillarerweiternde Wirkung des Cholins herabzusetzen. In nnseren beiden F~illen glanben wir nun, dab die vagotrope Wirkung beider I~iom- ponenien des Ergocholins nnd vor allem die des Ergotamins die ausl6sende Ursache ffir die anfallsweisen Flimmertachy- kardien abgab. Ein geringer vasoconstrictorischer Effekt auf die Coronararterien und die dadurch bedingte sehlechtere Durchblutung des Herzmnskels dtirften den AnstoB zum Auf- treten des Vorhofflimmerns bet diesen flimmerbereiten Herzen gegeben haben. Da es sich bet llnseren Fi~llen um eine bradykarde Form einer Thyreotoxikose handelte, konnte sieh der normalerweise frequenzherabsetzende Effekt des Ergo- cholins nicht mehr auswirken, der ansonsten dadurch zu ether besseren Durchblutung des Herzmuskels geffihrt h~itte. Nachdem also diese gfinstige Wirkung bet unseren primer vagotonisch eingestellten Herzen zu keiner Besserung der Herzfnnktion mehr ffihren konnte - - in beiden F~llen fibrigens die niedrige Pulsfrequenz auch v611ig unbeeinfluBt lieB -- , scheint sich die Sensibilisierung des Herzvagus nur in einer nnerwfinschten Tonussteigerung der Coronargef~Be und in einer dadurch bedingten schlechteren Durchblutung des Herzmuskels bemerkbar gemacht zu haben. Unsere Ergeb- nisse best~itigen vor allem die frfiher erw~hnte Ansicht PAClFICO s, der insbesondere bei Vagotonikern eine energische Sensibilisierung des Herzvagus durch Ergotamin feststellen konnte.

Die Erfahrung in nnseren beiden F~illen spricht somit gegen die Anwendung yon Ergocholin bei einer bradykarden Thyreotoxikose. Als therapeutisches Gebiet des Ergocholins k~imen daher nut die ja wesentlich h~iufigeren tachykarden Thyreotoxikosen in Betracht. Dieselbe Vorsicht ist Ierner bei begriindetem Verdacht auI gleichzeitige Coronarsklerose angezeigt, da wit auch in diesen Fitllen wegen h~iufig erh6hter Sensibilit~t auf vagotrope iReize jede weitere Tonussteigerung des Herzvagus vermeiden miissen, yon der wir nicht gleieh- zeitig eine bessere Durchblutung des Herzmuskels erwarten k6nnen.

Was nun die 3. Pat ient in mit der mesaortitischen Coronar- stenose betrifft, so nehmen wir anch fiir diesen Fall einen vasoconstrictorischen Effekt der intramuskul~iren Gynergen- injektion auf das Coronarsystem als ausl6sende Ursache ffir den tOdlichen Status anginosus an. Hier sei nochmals auf die Beobachtung v o n LABB]~, BESANCON und COUYEN hingewiesen, die bei einer ]3asedowpatientin nach jeder Gynergeninjekfion schwere Angina pectoris-Anf~ille auftreten sahen. Zu unserem Falle w~ire noch Iolgendes zu sagen: Die sehwere, abet bisher

R I F T . 14. J A H R G A N G . Nr. 14 6. APR1L i935

subjektiv symptomlose Coronarstenose hatte bei der Patienfin vor einem halben Jahr und vor ihrem jetzigen Spitalsaufent- halt jedesmal im AnschluB an sctlwere Uterusblutungen Angina pectoris-Anf~ille bei k6rperlieher Anstrengung hervor- gerulen. Als Grundlage dieser Arbeitsangina kommt somit beidesmal der allgemeinen An~imisierung und der dadurch bedingten Hypox~imie des Herzmuskels groBe Bedeutung zu, delln bei normalem Blutbefund kam es trotz der Coronar- stenose noch nicht zu angin6sen Beschwerden, war also der Sauerstoffbedari des Herzmuskels noch relativ gut gedeckt. Aus diesem Grnnde konnten wir bei der Pat ient in auch schon nactl ein paar Stunden Bettruhe vSllige Beschwerdefreiheit nnd auch ein fast normales t~kg. (Abb. 2) feststellen. Jedoch glauben wir, dab bei unserer Pat ient in der An~imie nur in- sofern groBe Bedeutung zukam, als die Coronarstenose keinle weitere Regulation der Coronardnrehbln~nng ffir den Fal~ eines gesteigerten Sauerstoffbedarfes zulieB. Also auf dem Boden der hochgradigen Coronarstenose wurde die An~imie Mitursache ftir das Anftreten der Angina pectoris. Wit wollen bier nicht wetter auf die Frage des Zusammenhangs yon An~imien und Angina pectoris eingehen, da wir dazu an anderer Stelle ausffihrlieh Stellung nehmen werden. Ether blutdrucksteigernden Wirknng des Ergotamins nnd einer dadurch bedingten Mehrarbeit des l-Ierzens k6nnen wir keine ernstliche Bedeutung in der Pathogellese nnseres Falles zu erkennen, da nach eigenen Erfahrungen dutch intramusknl~ire Gynergeninjektionen in therapeutischen Dosen blog ein Anstieg des systolischen und diastolischen ]31utdrucks nm rund IO mm Hg hervorgerufen werden konnte. Wir glauben daher, dab eine erh6hte Sensibilisierung des dutch die Lues schwer gesch~digten Coronarsystems, welchem Umstand auch bet der Coronarsklerose sicherlich eine betr~ichtliche t~edeutung zukommt, zu ether gesteigerten Empfindlichkeit ftir vagotrope Reize geffihrt ha• so dab durch die Gynergen- injektion ein l~nger dauernder Krampf der Coronargei~i3e ausgel6st wurde. Die dadurch gesetzte weitere schwere St6rung der Sanerstoffversorgung des Herzmuskels ftihrte innerhalb yon Stundell zu einem Versagen des t-Ierzens, da bet der hochgradigen Verengerung beider Coronarostien und der gleichzeitigell schweren An~imie die verabreichten gef~ifl- erweiterndell Pr~parate wirkungslos bleiben muBten und die diesem Coronarsystem auch nactl Wegfall des Krampfzustan- des m6gliche Sauerstoffversorgung des Herzens nicht mehr gen/igte, um dell inzwischen gesetzten Sehaden wieder aus- zugleichen.

An der Hand unserer Beobachtung m6chten wir zu der Bedelltung des Gynergens als ausl6sendem Faktor yon Angina pectoris-Anf~illen folgendes sagen. Trotz der reichlichen Anwendung yon Mutterkornpr~iparaten in der gyn~kologischen Praxis geh6ren die geschilderten unangenehmen Zwischenf~ille gewiB zu den gr6Bten Seltenheiten. Der Grund daftir ist sicherlich darin zu suchen, dab das Gynergen wie auch in unserem Falle erst infolge des Vorliegens verschiedeller dispositioneller Faktoren, wie der Coronarstenose, der An~imie und der vegetativen Sensibilit~itssteigerung, seine unerwiinschte Herzwirkung hervorzurufen in die Lage kommt. Dennoch erseheint es uns wichtig, auf die M6glichkeit der Ansl6sung yon Angina pectoris-Anf~llen durch Secalepr~parate hinzu- weisen. Wenn der klinische Befund oder das Elektrokardio- gramm Anzeichen einer gest6rten Coronardnrchblutung er- geben und vor allem anamnesfisch schon angin6se Beschwer- den angeffihrt werdell, rfickt der Gefahrbereich n~iher, wo wir durch energische Secaledosen den Coronarkreislauf ungilnstig beeinflussen k6nnen. Diese Erkenntnis empfiehlt im Falle einer notwendigen Indikation yon Seealepr~iparaten bet der H6he tier Dosierung IZiicksicht auf eine vorliegende Herz- sch~digung zu nehmen und beim Auftreten oder bei Zunahme yon angin6sen Beschwerden lieber auf eine weitere Verab- reichung dieser Pr~parate zu verzichten oder gleichzeitig coronargef~Berweiternde Mittel in Anwelldung zu bringen.

Zuaa~cmen/asaung: Bei der Beobachtung dreier Eglle konnte das Auftreten yon schweren Coronardurehblutungs- st6rungen im Anschlul3 an eine Ergotamintherapie fest- gestellt werden. Bet 2 Thyreotoxikosen kam es nach Ergo-

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cholin zu wiederholten Anf~Ilen yon tachykardem Vorhof- Ilimmern, bei einer dri t ten Pat ient in ~mrde durch eine Gynergeninjektion ein t6dlicher Status anginosus ansgel6st. In s~mtlichen FMlen waren bestehende Myokard- oder Coronarsystemschgdigungen Voraussetzung der u n e ~ n s c h - ten Ergotaminreaktion. Bei Vofiiegen yon dispositionellen Faktoren im Sinne einer Coronarstenose, einer Neigung zu erh6hter Vagotonie des Herzens und insbesondere beim Hinzu- treten yon begfinstigenden Umst~nden, -~de einer Thyreo- toxikose oder einer schweren AnS~mie, wird Vorsicht in der Anwendung yon SecaleprAparaten empfohlen.

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KOCHSALZBELASTUNG BEI ALLERGISCHEN KRANKHEITEN.

Won

Dr. B. PAUL u n d Dr. PAUL V. V~GH. Aus der M~liziuischen KIirdk der ,,Graf Stepha~ Tis~"-Universit~it Debrecen, Ungarn

(Vorstand: Prof. Dr. B. FOI~XU~T).

In einer frfiheren Mitteilung wurde auseinmldergesetzt, dab Gesunde and Leberkranke nach peroraler Kochsalz- belastung verschieden reagieren (V~GH). Der C1-Spiegel Gesunder steigt, yon der Belastung gerechnet, binnen 3 ~ Mi- nuten an, das Maximum des Anstieges betr~gt, nfit dem Init ialwert verglichen, 4o--5o mg %, das Gleichgewicht ist nach 2 Stunden so weir bereits wiederhergestellt. Bei hepato. eelluliiren Krankheiten hingegen betr~gt der maximale Anstieg bei ungef~hr gleichem Anstiegsanfang und gleicher Ablaufs- zeit etwa 3 ~ rag%. Noch sch~rfer nlacht sich der Unter- schied bemerkbar, wenn wir den bei Leberkranken h~ufigeu anderen Typus mit in Betractlt ziehen, wo der Blut-C1-SpiegeI, yon geringen Schwankungen abgesehen, ~berhaup$ n i e~ an- stei N, sondern sich st~ndig im Ausgangsniveau bewegt. Diesen auffallenden Unterschied e rk l~ ten wit mit der Koeh- salzbindungsbereitseha/t der erkrankten Leber, woraus wir mittelbar au] ihre OdembereiSseha/t schlossen. Diese Auf- fassung scheinen auch Untersuchungen anderer Autoren' zu befestigen, die yon der erh6hten wasserbindenden Bereit- schaft des Organismus sprechen (KRISS and POLLAIL LANDAU und PAPP, GILBERT und LEREBOULLET, KLINGER und ZAK, ADLERSBERG und PAUL usw.). Auch nach BECKMANN ;[St tier Wasserhaushalt und Salzstoffwechsel bei Leberkranken ausgesprochen gest6rt. Die Leber selber n immt an Wasser- gehalt zu, worauf wir noch sparer zu sprechen kommen.

Die Experimente der letzten Jahre sprachen der Leber bei allergischen Krankheiten mit groBer Wahrscheinlichkeit eine aktive Rolle zu. Sowohl im experimentellen anaphylak- tischen Shock Ms auch in diesbezfiglichen Erkrankungen der menscMicllen Pathologic konnte man die versehiedensten Leberflmktionsst6rungen nachweisen. PAUL und Ro'rI~ zeigten im Tierversueh, dab bei Eintreten des Shocks die Gallesekretion sofort oder nach kleinem Anfangsansfieg auf- h6rt. FODOR and KuNos fanden in der Anamnese vieler Kranker mi t Cholecystopatlfie Zeichen, die auf noch vor- handene oder schon abgeklungene allergische Zust/~nde hin- wiesen. An 22 % ihrer Kranken konnten sic neben Chole-

cystopathie Asthma, Urticaria, Migr~ne, Ekzem, Colitis nsw. diagnostizieren. Bei IOO wahtlos ausgesnchten Kranken wax dies nu t in 5% m6glich. Es wird yon ilmen noch hervorgehoben, dab eine Gruppe der Gatlenwegerkrankungen mit Eosinophilie existiert, die in Form yon Gallenkoliken auf- tritt , bei der jedoch Galtensteine weder durch interne, noch durch chirurgischeVer fahren aufzufinden sind. Auch HENSCI~ElV, OESLER, ALEXANDER und EYERMANN berichten yon mehreren F~llen, wo Kranke wegen groger Bauchschmerzen mit Gallen- steindiagnose operiert wurden, deren Gallenblase abet voll- kommen in takt und steinlos war, die jedoeh an Urticaria bzw. Purpura litten. Auch Leberkrisen nach Schutzimpfungen sind beschrieben worden (SINGER). STROEm~ konnte mit Bitirubinbelastung yon Io FMlen bei 9 nach allergischen Hautkranldaeiten LeberschAdigung feststellen, KATSCI~ fund sogar gelbe Leberatrophie nach atlergischen Hauterkran- kungen. Bei Asthmafikern fund HAJ6S im wghrend des An- falls gesammelten Urin sehr oft Urobilinogenurie. Der Kohlehydratstoffwechsel der Leber leidet auch sehr w~hrend des anaphylaktischen Shocks und zeigt Glykogenschwund (MANWARIN~). Wahrscheinlich steht die Hyperglykamie (ZuNz und LA BARRs w~hrend des Shocks and der ver- ~nderte Verlauf der aliment~ren Blutzuckerkurve damit in Zusammenhang (SPIRO). Die Hypercholesterin~mie der Asthmatiker w~hrend des Anfalls deutet auf St6rung des Lipoidstoffwechsels (FoRN~T, PAIJL, DZSlNICH), des weiteren die Tatsache, dab am H6hepunkt des Anfalls das Blutplasma his zu IOO % mit Cholesterin gesSottigt i s t Bei Leberkranken ver~ndert sich die physiko-chemische Struktur des Blutes, Das kommt u. a. auch darin zum Ausdruck, dab das Kom- plementti ter des Blutes sich verringert. Ganz dasselbe finder man bei allergischen Erkrankungen. Schon die wenigen Beispiele beweisen geniigend, dab die Leberflmktion bei allergischen Krm~kheiten ausgesprochen gest6rt ist. Mit Recht spricht also FORNET Yon allergischer Hepatopath&,

Bei Parench?nnerkrankungen der Leber ist der Salz- und W'asserstoffmechsel gestSrt. Bei allergischen Krankheiten war gest6rte Leberfunkdon 1ast immer nachweisbar, &~her sehien es uns sehr wahrseheinlich, da~ bei altergischen Krank- heiten auch die Salz- und Wasserstoffwechselst6rung vor- handen sein wird. Die dem Versuch unterworlenen Kranken erhielten nach ie-Stunden-Fast durch Duodenalsonde eine Kochsalzl6sung yon 15 g Kochsalz ant 2oo g Wasser. Von tier Einfiihrung gerechnet, fanden in der ersten Stunde alle io Minuten und dann nach 2 Stunden die Blut-C1-Bestim- mungen statt. Die genaue Beschreibung unseres Verfahrens besprach V~GH in einer Irfiheren Mitteilung.

Alle untersuchten Personen ti t ten an allergischen Er- lcrankungen (Asthma bronchiale, Urticaria, Quinckesches 0dem, Conjunctivitis vernalis). I lerz and Niere waren ge- sund. Alle hat ten ausgepr~gte Eosinophilie. Die Belastungs- probe wurde zur Zeit der h6chsten Efflorescenz der Symptome (Quinckesches Odem, Urticaria) oder unmit te lbar nach einem Anfall (Asthma) durchgeffihrt. Unsere Ergebnisse haben WiT an der beigefiigten Tabelle veranschaulicht.

Tabel le .

iJ

3

12

37

42

59 61 62

63

64

I0 i Io

I0 i 120

sinkt st~ndig

4 ~ 4 1.2o

3 ~ i I 2 0 30 ! 60 60 �9 12o

sinkt st~ndig

3 o ! i 2 o

Differenz AbIauf. in mg% 2-StundemStand

I +IO -- 18 t Unterm

3~[ Ausgangswert + Ansteigend

-- i I Unterm Ausgangswert --18 + Senkung, dann

Anstieg + 251 Ansteigend + 201 Abgekhmgen

--20 + IIII Senkung,Anstiegdann

--. 32 ~ Unterm , Ausgangswert

+ 151 Ansteigend

Diagnose

Quinckesches 0dem

Asthma bronch. Urticaria

Asthma bronch.

Asthma bronch. Urticaria Asthma bronch~

Asthma bronch.

Conjunc. verB.