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Wirtschaftskammer Steiermark Institut für Wirtschafts- und Standortentwicklung (IWS) STUDIE Steirische Regionalpolitische Studien Nr. 02/2012 Die Vertreter der Wirtschaftskammern in den Selbstverwaltungsorganen Dr. Heinz Rothe

STUDIE 02 2012 - WKO.at · 2013. 11. 18. · Thema „Entsendung“ vor, die sich aus den §§ 4-6 WKG, aus dem Grundsatzprogramm der WKO 1992 und aus dem „alten“ Grundsatzprogramm

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Wirtschaftskammer SteiermarkInstitut für Wirtschafts- und Standortentwicklung (IWS)

STUDIE

Steirische Regionalpolitische StudienNr. 02/2012

Die Vertreter der Wirtschaftskammern in den Selbstverwaltungsorganen

Dr. Heinz Rothe

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Die Vertreter der Wirtschaftskammern in den Selbstverwaltungsorganen der österreichischen Sozialversicherung

Eine Untersuchung über Zielsetzungs-, Planungs- und Controllingsysteme bei der Entsendung und

Funktionsausübung

(1995)

Kurzfassung

Heinz Rothe

Dezember 2011

   

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Inhalt

 Auftragsgrundlagen  .................................................................................................................................  3  

Einleitende  Bemerkungen  .......................................................................................................................  4  

Gegenstand  der  Untersuchung  ...............................................................................................................  5  

Entsenderecht  .........................................................................................................................................  6  

Bisherige  Grundsätze,  Leitbilder,  strategische  Konzepte  ........................................................................  8  

Entsendepraxis:  Erhebungsergebnisse  ....................................................................................................  9  

Konzeptphase  ........................................................................................................................................  10  

Vorschlag  für  eine  Entsenderichtlinie  ...................................................................................................  12  

Entsendevoraussetzungen  ................................................................................................................  12  

Ziel-­‐  und  Aufgabenplanung,  Zielvereinbarung  ..................................................................................  13  

Controlling  .........................................................................................................................................  13  

Sonderproblem  „Verschwiegenheitsplicht“  ..........................................................................................  15  

Sonderproblem  „Haftung“  ....................................................................................................................  15  

Zusammenfassung  ................................................................................................................................  16  

 

 

 

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Auftragsgrundlagen

Im Rahmen eines Postgraduate-Lehrgangs am VMI (Verbandsmanagement Institut) der Universität Freiburg/Schweiz in den Jahren 1994/95 wurde die gegenständliche Seminararbeit zur Erlangung des Diploms eingereicht.

Die Thematik hat nach wie vor Aktualität.

Der Autor wurde daher vom IWS (Institut für Wirtschafts- und Standortentwicklung) der WK Steiermark ersucht, die Ergebnisse der Untersuchung in einer Kurzfassung darzulegen.

 

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Einleitende Bemerkungen

Das österreichische Sozialversicherungssystem wird durch die sogenannte „Selbstverwaltung“ organisiert.

Damit spiegelt sich die sozialpartnerschaftliche Struktur der österreichischen Arbeitsbeziehungen auch im Sozialversicherungssystem wieder und bietet der Wirtschaftskammer-Organisation Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten.

Die Wirtschaftskammer, die im Rahmen dieses Systems Interessen ihrer Mitglieder wahrzunehmen hat, nutzt durch Entsendungen von „Versicherungsvertretern“ diese Möglichkeiten.

Die dabei gehandhabte Praxis der Wirtschaftskammer, deren Ziele, Strategien und sonstigen Steuerungsinstrumente werden untersucht und Verbesserungs-möglichkeiten aufgezeigt.

Eine fundierte innerorganisatorische Auseinandersetzung mit den überantworteten Kompetenzen ist daher notwendig.

Damit kann sich die sozialpartnerschaftliche Selbstverwaltung gegenüber kritisch eingestellten politischen Kräften mit Sachargumenten legitimieren.

Geschlechtsneutrale Bezeichnungen:

Sämtliche Begriffe sind geschlechtsneutral zu verstehen. Die Verwendung der weiblichen Form schließt die männliche ein und umgekehrt.

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Gegenstand der Untersuchung

• Gebietskrankenkassen • Pensionsversicherungsanstalt (damals noch getrennt in PVArb und PVAng) • Allgemeine Unfallversicherungsanstalt • Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft

Auf die Darstellung der organisatorischen Besonderheiten und Strukturen wird im Rahmen dieser Kurzfassung verzichtet.1

Die von der Wirtschaftskammer entsandten „Funktionäre der Selbstverwaltung“ finden sich in den Leitungsorganen und Aufsichtsgremien, in fachlich orientierten Ausschüssen und in sonstigen, unterstützenden Gremien.

Diese 3-Teilung der Funktionen nach Einfluss- und Gestaltungsspielraum wird im Rahmen dieser Untersuchung für die Erarbeitung von Entsenderichtlinien empfohlen.

• Spitzenfunktionen • mittlere (insbesondere fachliche) Funktionen • weitere „unterstützende“ Funktionen

Ausweitung der Anwendungsmöglichkeiten der Ergebnisse

Entsenderichtlinien lassen sich aber auch auf andere Institutionen übertragen, die ähnlich strukturiert sind, und bei denen der Wirtschaftskammer Entsenderechte und damit Mitsprache eingeräumt wird (z.B. AMS).

 

                                                                                                                         1  Details dazu sind auf den Seiten 11 bis 21 der Langfassung enthalten.  

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Entsenderecht

Gesetzliche Grundlagen

Nach den gesetzlichen Entsendebestimmungen wird neben den persönlichen Voraussetzungen (Volljährigkeit, kein Ausschluss vom Wahlrecht, Wohn- bzw. Beschäftigungsort, Zugehörigkeit zur Versichertengruppe als DN oder DG etc.2) nur eine

• fachliche Eignung und • eine Bedachtnahme auf die zu vertretenden Berufsgruppen

verlangt.

Eine Mehrfachentsendung gleicher Personen in verschiedene Organisations-einheiten ist gesetzlich nicht ausgeschlossen, jedoch kann ein und dieselbe Person nicht in ein geschäftsführendes Organ und ein Aufsichtsorgan desselben Selbstverwaltungskörpers entsandt werden.

Mit der Bestellung eines Versicherungsvertreters ist auf dieselbe Art ein Stellvertreter zu bestellen. Es gelten die gleichen Entsendevoraussetzungen.

Entsendekompetenz in der WK

Die Kompetenz zur Entsendung wird im WK-Gesetz nicht konkret geregelt. Dem Vorstand obliegt die Beschlussfassung in allen Angelegenheiten, die keinem anderen Organ durch Gesetz oder durch die GO zugewiesen sind. Im Regelfall delegiert der Vorstand Entsendungsaufgaben an Präsidium oder Präsident.

Regeln für die Mandatsausübung

Das Amt ist ein Ehrenamt. Es wird kein Dienstverhältnis zum Sozialversicherungsträger begründet.

Eine Annahmeerklärung des Versicherungsvertreters ist vorgesehen.

Die Versicherungsvertreter werden mit Hinweis auf ihre Pflichten angelobt.

Die Amtsdauer beträgt 5 Jahre.

Die Versicherungsvertreter sind zur Verschwiegenheit verpflichtet und haften unbeschadet des Amtshaftungsgesetzes für jeden Schaden, der dem Versicherungsträger aus der Vernachlässigung ihrer Pflichten erwächst.

                                                                                                                         2  Siehe § 420 ASVG bzw. § 197 GSVG

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Versicherungsvertreter erhalten eine Aufwandsentschädigung: Funktionsgebühren bzw. Sitzungsgeld.3

Enthebung: Versicherungsvertreter können von ihrem Amt enthoben werden. Neben formellen Enthebungsgründen, Enthebungen auf eigenen Wunsch oder Enthebung wegen Pflichtverletzungen, kann auch eine Enthebung durch die Aufsichtsbehörde auf begründeten Antrag der zur Entsendung berufenen Stelle erfolgen.

Begründet ist der Antrag in jedem Fall, wenn der Antrag auf Grund einer Neuwahl in die betreffende Interessenvertretung innerhalb von 6 Monaten erfolgt. In allen anderen Fällen birgt aber jeder Enthebungsantrag Konfliktpotential in sich, wenn der zu Enthebende dem Antrag der entsendenden Stelle im Rahmen seines Anhörungsrechts widerspricht. Das Gesetz lässt nämlich offen, wann ein Antrag „begründet“ im Sinne des § 423 Abs. 3 ASVG zu qualifizieren ist.

Bei der Entwicklung eines Controllingsystems oder von Entsenderichtlinien sollten daher auch Grundsätze für eine Enthebung formuliert werden, wenn die vereinbarten Aufgaben vom Entsendeten nicht oder nicht ausreichend erfüllt werden.

                                                                                                                         3 Regelmäßig wird öffentliche Kritik an den Aufwandsentschädigungen geäußert. Dazu ist anzumerken, dass die Höhe der Funktionsgebühren und Aufwandsentschädigungen angemessen ist. Es handelt sich um zu versteuernde Bruttobeträge. Die Kritik kann auch durch Hinweise auf den entsprechenden Zeitaufwand entkräftet werden.

 

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Bisherige Grundsätze, Leitbilder, strategische Konzepte

Die Analyse beruht auf einer im Jahr 1995 durchgeführten Erhebung. Neuerungen und Entwicklungen in der WK-Organisation sind nicht berücksichtigt.

Es liegen durchaus überlegte und verwertbare allgemeine Grundaussagen zum Thema „Entsendung“ vor, die sich aus den §§ 4-6 WKG, aus dem Grundsatzprogramm der WKO 1992 und aus dem „alten“ Grundsatzprogramm der WKO 1978 ergeben.

In Stichworten dargestellt lassen sich relevante und für Aussagen für Versicherungsvertreter allgemein verwendbare Aussagen wie folgt formulieren:

• Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft • Starke Interessenvertretung für die Wirtschaft, hohe Transparenz dieser

Tätigkeit • Agieren statt reagieren! • Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft; aber laufende Überprüfung der

Sozialpartnerschaft hinsichtlich ihrer Funktionsweise • Interessenausgleich innerhalb der Organisation, um nach außen einheitlich

auftreten zu können. • Interessenausgleich nach dem Prinzip der sozialen Marktwirtschaft und

Orientierung an der „dynamischen Wettbewerbsfähigkeit“ • Verlagerung des gesellschaftlichen Leitbildes vom „betreuten“ zum

„unternehmerischen“ Menschen • Deregulierung: Der Staat soll sich auf das konzentrieren, was der Markt nicht

leisten kann. • Erhaltung der Leistungsfähigkeit des sozialen Systems durch laufende

Überprüfung und Anpassung des Leistungsangebots. • Gegen Verschwendung, konsequente Missbrauchsbekämpfung,

angemessene Selbstbehalte: Konzentration bestimmter Sozialleistungen auf Bedürftige.

• Langfristige Sicherung des Pensionssystems • Subjektförderung anstatt Subventionierung von Sachleistungen im

Sozialbereich • Soziale Gerechtigkeit durch Einkommensumverteilung • Finanzierungsgrenzen des Sozialsystems erkennen • Einschränkung der Lohnnebenkosten

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Bei der Suche nach konkreten Zielen, Plänen, Handlungsanweisungen oder strategischen Konzepten wird man weniger fündig.

Die Notwendigkeit derartiger Konzepte wird zwar erkannt und unter Experten kammerintern diskutiert. Formelle Umsetzungsbeschlüsse gibt es nicht. Damit bleibt es bei „ad-hoc-Reaktionen“ zu jeweils gerade aktuellen Themen.

Dadurch entsteht ein uneinheitliches und unkoordiniertes Erscheinungsbild, ein Corporate-Identity-Problem für die Versicherungsvertreter aber auch für die entsendenden Stellen.

Gerade hier bieten sich daher Chancen für eine Interessenvertretung, wenn abgeleitet von den Grundsätzen und Leitbildern kurz-, mittel- und langfristige Strategien für die gesamte WK-Organisation entwickelt und vertreten werden.

Entsendepraxis: Erhebungsergebnisse

Die im Jahre 1995 bestehende Entsendepraxis der WK-Organisation wurde durch persönliche Interviews und eine Umfrage erhoben. Die Erhebungsergebnisse werden in Stichworten dargestellt.

• Keine Richtlinien für Auswahl; die Auswahl- und Entsendekriterien bleiben auch für die Betroffenen unklar.

• Es werden keine besonderen Voraussetzungen verlangt. • Es gelten jahrelange Übungen. • Die Versicherungsvertreter erhalten keine Aufträge. • Es gibt keine Regelungen über die Abberufung. • Ein Berichtswesen ist nicht vorgesehen.

Schlussfolgerung

Management findet bei der „Entsendung“ nicht statt. 4

Dies wird auch von den Entsendeten selbst als Mangel empfunden, bei denen sich oft das Gefühl einer „sinnlosen Tätigkeit“ verbreitet.

                                                                                                                         4  Auf versuchte Ansätze und Vorarbeiten innerhalb der WK-Steiermark ist in diesem Zusammenhang zu verweisen: Schrank, „Vorschlag für Entsendungsgrundsätze und Arbeitsaufträge“. Zu einer fortgesetzten Diskussion darüber, zu einem Austausch mit anderen Landeskammern oder zu einer Umsetzung ist es nicht gekommen.  

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Konzeptphase

Ausgehend von den Aussagen im Grundsatzprogramm der WKO lassen sich für die Versicherungsvertreter

• Leitbilder, • Entsenderichtlinien, • Arbeitsaufträge, • Abberufungsregeln, • ein Berichtswesen

entwickeln und einsetzen.

Einführung und Umsetzung

Bei Einführung und Umsetzung dieser Maßnahmen ist - wie bei allen Veränderungsprozessen - mit Widerständen innerhalb der Organisation zu rechnen.

Es darf nicht übersehen werden, dass trotz kaum vorhandener Steuerungs-instrumente die in allen Landeskammern jahrzehntelang gut „eingespielten Übungen“ bei Entsendungen im Großen und Ganzen „funktionieren“.

Eine Veränderung der „Üblichkeiten“ berührt wohlerworbene Praktiken und daraus abgeleitete Rechte der entsendenden Stellen. Schließlich muss auch das Thema „Funktionär oder Mitarbeiter“ aufgegriffen werden, also ein Thema, das auf Grund der Verbandsstruktur der WK immer wieder Konfliktpotential in sich birgt.

Dennoch ist nicht nur für außen stehende Experten erkennbar, dass die Kandidatenauslese der Entsendeten und deren Verhalten in den Sozialversicherungsträgern nicht immer optimal verlaufen.

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Projektorganisation 5

• Für die Entwicklung von entsprechenden Richtlinien wird ein „Splittingverfahren mit mehreren Läufen“ empfohlen.

• Die Spitzen der WK-Organisation sind einzubinden. • Nach einem Grundsatzbeschluss auf Vorstands- oder Präsidialebene kommt

es zu Basisveranstaltungen (Versicherungsvertreter-Konferenz). • Projektgruppen erarbeiten ein Zielsetzungs-, Planungs- und

Controllingsystem. • Die Ergebnisse werden einer zweiten Basisveranstaltung präsentiert. • Die endgültige Beschlussfassung bleibt den obersten Organen vorbehalten.

Der Zeitaufwand wurde mit 1 ½ bis 2 Jahren veranschlagt. Der hohe zeitliche Aufwand wird aber durch die damit verbundene Akzeptanz der erarbeitenden Lösungen kompensiert. Die Umsetzung wird dadurch erleichtert.

 

                                                                                                                         5  Detaillierter Projektablauf auf Seite 46 der Langfassung

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Vorschlag für eine Entsenderichtlinie

Wie dargelegt wurde, beschränken sich die gesetzlichen Vorgaben auf formale Kriterien, so dass für die Entwicklung eines eigenen Anforderungsprofils und eigener Richtlinien ausreichend Spielraum besteht.

Dabei sollte auf die unterschiedliche Wichtigkeit und das Ausmaß der Gestaltungsmöglichkeiten und auf die hier vorgenommen Dreiteilung der Funktionsausübung (siehe Seite 4) Bedacht genommen und danach differenziert werden.

Nachfolgend werden Kriterien vorgeschlagen.

Entsendevoraussetzungen

Persönliche Voraussetzungen

• Fachwissen • Fähigkeit zum Lobbying • Durchsetzungsvermögen • Kommunikationsfähigkeit • Führungsqualität • Zeit für Funktionsausübung

Sonstige Entsendungsvoraussetzungen

• Branchenmix • gemeinsame WK-Interessen vor Einzelinteressen • fachlichen Eignung vor allem dort, wo die Funktion derartige Kompetenzen

erfordert (Ausschüsse) • Mischung aus Funktionären und Mitarbeitern • personelle Kontinuität • keine Mehrfachentsendungen • Aufwertung der Generalversammlungen durch Entsendung von „bewährten“

Funktionären • gleiche Kriterien für Ersatzmitglieder • politisch-fraktionelle Rücksichtnahme • Berücksichtigung regionaler Aspekte

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Ziel- und Aufgabenplanung, Zielvereinbarung

Konkrete Ziele werden formuliert und mit den Entsendeten vereinbart.

Dabei wird zwischen Leistungswirkungszielen (Was wollen wir für unsere Organisation erreichen?), Leistungszielen (Welche Aufgaben erledigen wir?), Potential-Zielen (Welche Ressourcen setzen wir ein?) und Formalzielen (Wie erreichen wir die Ziele?) differenziert.

Wegen der zentralen Bedeutung dieses Kapitels als Orientierungshilfe bei der Erarbeitung von Richtlinien wird auf die Langfassung6 verwiesen.

Controlling

Die mit den Versicherungsvertretern zu vereinbarenden Aufgaben werden durch ein operatives Controlling begleitet.

Dabei zeigt sich, dass eine exakte Bewertung der Aufgabenerfüllung nur schwer möglich ist.

Damit kommt der Implementierung koordinierender Sitzungen und eines aussagefähigen Berichtswesens entsprechende Bedeutung zu. Dadurch ergeben sich weitere Steuerungsmöglichkeiten.

Versicherungsvertreter-Gespräche

Spitzenfunktionäre und weitere Versicherungsvertreter desselben Sozial-versicherungsträgers werden zu regelmäßigen Sitzungen zusammen gerufen.

Die Information, Kooperation sowie Koordination der Tätigkeiten, also ein operatives Controlling, wird Inhalt der Sitzungen sein. Die Führungskompetenz der „Spitzenfunktionäre“ der Sozialversicherungsträger ist hier gefordert.

Standardberichte

Regelmäßige Berichte an die zur Entsendung berechtigten Organe differenziert nach Wichtigkeit und Intensität der Funktion.

                                                                                                                         6  Seiten  56  bis  66  der  Langfassung  

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Einrichtung einer Controller-Stelle bei der Wirtschaftskammer

Die Einrichtung einer eigenen Controllerfunktion (z.B. in einer zuständigen Abteilung) für die Entgegennahme dieser Rückmeldungen wird empfohlen.

Dadurch können Problemfelder rechtzeitig erkannt, Steuerungsmaßnahmen eingeleitet und Anpassungen der Ziele bzw. Strategien eingeleitet werden. Der „Controller“ berichtet seinerseits in „heißen Fällen“ ad-hoc den Leitungsorganen (Spezialberichte).

Jährlicher Standardbericht

Zumindest jährlich wird dem entsendeberechtigten Stellen ein Tätigkeitsbericht vorgelegt.

Versicherungsvertreter-Konferenz

In längerfristigen Abständen (z.B. jährlich) werden alle Versicherungsvertreter der WK-Organisation zu einem Erfahrungsaustausch zusammen gerufen. Einer Gliederung nach Versicherungssparten wäre der Vorzug gegenüber einer bloß regionalen Gliederung zu geben.

Durch Zusammenführung von Spitzenfunktonären mit weniger maßgeblichen Versicherungsvertretern ergeben sich Gelegenheiten zum Gedankenaustausch und andere motivierende Begegnungen.

Abberufungsverfahren

Im Zusammenhang mit einer Entsenderichtlinie sind Regelungen über die Abberufung als Ergebnis eines begleitenden Controllings unverzichtbar.

Zumindest muss es möglich sein auf Abweichungen zwischen Zielvereinbarung und Aufgabenerfüllung zu reagieren.

Abberufungsregeln und Abberufungsgründe könnten in die Zielvereinbarung eingearbeitet werden. Zu denken ist an Verletzungen der Berichtspflicht, Nichtteilnahme an Sitzungen, Hintanstellung allgemeiner Interessen vor Einzelinteressen etc.

 

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Sonderproblem „Verschwiegenheitsplicht“

Die Versicherungsvertreter sind zur Amtsverschwiegenheit sowie zur gewissenhaften unparteiischen Ausübung ihres Amtes gesetzlich verpflichtet (§ 424 ASVG, § 201 GSVG).

Diese Verschwiegenheitspflicht kann im Widerspruch zu einer kammerintern geregelten Berichtspflicht stehen. Darf sich ein Versicherungsvertreter gegenüber der entsendenden Organisation auf seine Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit berufen? Das Gesetz selbst gibt darauf keine Antwort.

In Analogie zur Amtsverschwiegenheit nach dem Arbeitsverfassungsgesetz für Mitglieder der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsorganen wird die Auffassung vertreten, dass die Verschwiegenheitsverpflichtung dort nicht verletzt wird, wo ihre Einhalten mit Interessenvertretungsaufgaben derart kollidiert, dass der Nachteil für die entsendende Organisation schwerwiegender wäre als der Nachteil für den Sozialversicherungsträger.

Ein Bericht im Rahmen der übertragenen Aufgaben im erforderlichen Umfang und unter Bedachtnahme auf Individualrechte betroffener Personen stellt daher keine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht dar. Der Versicherungsvertreter darf sich darauf nicht berufen. Richtlinien dafür sollten klar kommuniziert und Inhalt der Entsendevereinbarung sein.

Sonderproblem „Haftung“

Nach den bisherigen praktischen Erfahrungen darf die Haftung der Versicherungsvertreter (§ 424 ASVG, § 201 GSVG) nicht überbewertet werden.

Auf eine nähere Auseinandersetzung mit dieser „juristischen“ Thematik kann in der Kurzfassung verzichtet werden.

Der Abschluss einer Versicherung, die eine allfällige Inanspruchnahme der Versicherungsvertreter aus diesem Rechtsgrund absichert, kann in Erwägung gezogen werden.

   

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Zusammenfassung

• Die „Selbstverwaltung“ im österreichischen Sozialversicherungssystem bietet der Wirtschaftskammer-Organisation Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten.

• Diese Möglichkeiten sollten sinnvoll genutzt und gemanagt werden.

• Dies geschieht durch die Implementierung eines Zielsetzungs-, Planungs- und Controllingsystems.

• Während allgemeine Vorgaben für die WK-Organisation vorliegen, sind konkrete Ziele und Maßnahmen nicht entwickelt.

• Die vorliegende Untersuchung schlägt strukturierte Steuerungsinstrumente mit konkreten Ansätzen vor.

• Für die Umsetzung wird eine Projektorganisation empfohlen.

• Die erarbeiteten Empfehlungen sollten nicht nur im Bereich der Sozialversicherung sondern grundsätzlich in allen „Entsendungsfällen“ umgesetzt werden.

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Dr. Heinz Rothe ist ein ehemaliger Mitarbeiter der Wirtschaftskammer Steiermark und Arbeitsrechtsexperte.

Als Autor hat er u.a. einen praxisorientierten Kommentar zur Arbeitskräfteüberlassung „Arbeiterkollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeits-kräfteüberlassung“ verfasst. Aktuell ist er als Unternehmensberater und Wirtschaftsmediator tätig.

Über den Autor

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Ein Produkt des IWS.Institut für Wirtschafts- und Standortentwicklung

der Wirtschaftskammer SteiermarkKörblergasse 111-113, 8021 GrazTelefon +43 (0) 316/601-796 DW

e-mail: [email protected]://wko.at/stmk/iws

21. Februar 2012