T-Kit 9 2 Sprachtraining

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    Sprachtraining

    T-Kit 2

    Herausgeber der deutschsprachigen Version:JUGEND fr Europa Deutsche Agentur fr das EU-Aktionsprogramm JUGEND

    Heussallee 30D-53113 Bonn

    www.webforum-jugend.de

    Verantwortlich:Hans-Georg Wicke

    bersetzung:EU-Kommission

    Redaktionelle Betreuung der deutschsprachigen Version:Dr. Helle Becker, Frank Peil

    Graphische Bearbeitung der deutschsprachigen Version:bild-werk, Dortmund

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    Verlag des EuroparatsF-67075 Straburg Cedex

    Europarat und Europische Kommission, Juli 2000

    Der Nachdruck von Auszgen aus dieser Publikation ist mit Quellenangabe gestattet, sofern diese ausschlielich fr nichtgewerbliche Bildungszwecke eingesetzt werden.

    Dieses Dokument gibt nicht notwendig die offizielle Meinung der Europischen Kommission oder des Europarats, deren Mitgliedstaaten oderder Organisationen, die mit diesen Institutionen kooperieren, wieder.

    Willkommen bei der T-Kit-Reihe

    Einige von Ihnen werden sich gefragt haben, was sich hinter dem BegriffT-Kit verbirgt. Wir knnen Ihnen mindestens zwei Antworten auf dieseFrage geben. Die erste ist ganz einfach, denn T-Kit ist die Abkrzung frden englischen Begriff Training Kit. Die zweite Antwort hat mehr mitdem Klang des Wortes zu tun. T-Kit klingt wie Ticket und ein Ticketbrauchen wir in der Regel, wenn wir verreisen. Spiffy, die kleine Figur aufder ersten Seite, hlt ein Zugticket fr eine Reise durch die neuen Medienin der Hand. Wir betrachten dieses T-Kit als Werkzeug, das jeder von unsbei seiner Arbeit einsetzen kann. Konkret mchten wir Jugendbetreuerund Trainer ansprechen und ihnen theoretische und praktische Instru-mente fr ihre Arbeit anbieten, die sie beim Training von Jugendlicheneinsetzen knnen.

    Die T-Kit-Reihe ist das Ergebnis eines einjhrigen gemeinsamen Projekts,an dem Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, Berufen und Organisa-

    tionen beteiligt waren. Trainer in der Jugendarbeit, Jugendleiter in NROund Fachautoren haben gemeinsam fundierte Publikationen erarbeitet,die auf die Bedrfnisse der Zielgruppe zugeschnitten sind und in denendie unterschiedlichen Anstze in den europischen Lndern zu den je-weiligen Themen bercksichtigt werden.

    Dieses T-Kit ist einer von vier Titeln, von denen der erste im Jahr 2000erschienen ist. Weitere Titel werden in den nchsten Jahren folgen. Dasvorliegende T-Kit ist im Rahmen des Partnerschaftsprogramms zum Trai-ning von Jugendbetreuern entstanden, das von der Europischen Kom-mission und dem Europarat durchgefhrt wird. Zu den Aktivitten dieserPartnerschaft zwischen den beiden Institutionen gehren neben denT-Kits auch gemeinsame Projekte in anderen Bereichen, wie zum BeispielTrainingskurse, das Magazin Coyote und eine dynamische Internetseite.

    Aktuelle Informationen ber die Partnerschaft (Neuerscheinungen, An-kndigung von Trainingskursen usw.) erhalten Sie auf der Webseite derPartnerschaft www.training-youth.net.

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    SprachtrainingT-Kit

    Koordination der T-Kit-ReiheSilvio Martinelli

    Redakteure dieses T-KitsSilvio Martinelli, Mark Taylor

    Autorinnen und Autoren dieses T-KitsPhillip CurranSandrine DeguentSian Williams LundHeather MilettoCarla Van der Straeten

    Weitere Beitrge vonJohn OReganJohn Watermann

    RedaktionsausschussBernard Abrignani

    Institut National de la Jeunesse

    et de lEducation PopulaireElisabeth Hardt

    European Federationfor Intercultural Learning

    Esther HookwayLingua Franca

    Carol-Ann MorrisEuropisches Jugendforum

    Heather RoyWorld Association of Girl Guidesand Girl Scouts

    SekretariatSabine Van Migem (Verwaltung)Genevieve Woods (Bibliothek)

    Titelseite und Figur SpiffyThe Big Family

    Unser besonderer Dank gilt auchPatrick Penninckx, der die Einfhrung der T-Kit-

    Reihe koordinierte, uns unermdlich unter-sttzte und fr die Verknpfung des Projekts mitanderen Projekten im Rahmen des Partner-schaftsabkommens sorgte. Anne Cosgrove undLena Kalibataite danken wir fr ihre Beitrge inder Frhphase des Projekts.

    Wir danken allen Herausgebern und Autorin-nen/Autoren, von denen wir die Genehmigungzum Abdruck urheberrechtlich geschtztenMaterials erhielten.

    Und schlielich gilt unser Dank all denen, die inverschiedenen Funktionen, in verschiedenenPhasen und auf unterschiedliche Art und Weise

    zum Zustandekommen dieses T-Kit beigetragenhaben!

    Europisches Jugendzentrum Straburg30 Rue Pierre de Coubertin

    F-67000 StraburgFrankreich

    Tel: 00 33-3-8841 2300Fax: 00 33-3-8841 2777

    Europisches Jugendzentrum BudapestZivatar ucta 1-3

    H-1024 BudapestUngarn

    Tel: 00 36-1-2124078Fax: 00 36-1-2124076

    EuroparatGD IV Direktorat fr Jugend und Sport

    Europische KommissionDG Bildung und Kultur

    Abteilung D5: Jugendpolitik und Programme

    Rue de la Loi, 200B-1049 Brssel, BelgienTel : 00 32-2-295 110 Fax: 00 32-2-299 4158

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    SprachtrainingT-Kit

    Inhalt

    Willkommen bei der T-Kit-Reihe..........................................................................2

    Einleitung ..............................................................................................................7

    1 berlegungen zum Sprachenlernen ...............................................................9

    1.1 Sprachen lernen und Sprachen lehren .....................................................................................................................10

    1.2 Rollen von Lernenden und Lernmoderatoren.......................................................................................................13

    1.3 Verschiedene Lernstile.....................................................................................................................................................15

    1.4 Umgang mit Fehlern ........................................................................................................................................................16

    2 Aufgabenorientiertes Lernen........................................................................20

    2.1 Einfhrung und Begriffsdefinition.............................................................................................................................20

    2.2 Aufgabenorientiertes Sprachtraining........................................................................................................................20

    2.2.1 Hintergrundinformationen............................................................................................................................................20

    2.2.2 Aufgabenorientiertes Sprachtraining........................................................................................................................22

    2.2.3 Methodik..................................................................................................................................................................................23

    2.2.4 Sprachliche Fhigkeiten und Lernstile .....................................................................................................................27

    2.3 Wichtige Faktoren.............................................................................................................................................................272.3.1 Profil der Lernenden..........................................................................................................................................................27

    2.3.2 Verhandeln ber Trainingsinhalte.............................................................................................................................28

    2.3.3 Trainingsort und verfgbare Ressourcen................................................................................................................28

    2.3.4 Interkulturelle Dimension...............................................................................................................................................28

    2.4 Ein praktisches Beispiel...................................................................................................................................................30

    3 Beispiele fr aufgabenorientiertes Lernen...................................................33

    3.1 Arbeiten ohne vorgefertigte Materialien .................................................................................................................33

    3.2 Arbeiten mit einem Foto ................................................................................................................................................35

    3.3 Arbeiten mit einem Zeitungsartikel...........................................................................................................................44

    4 Materialien auswhlen und verwenden ......................................................55

    4.1 Allgemeine berlegungen.............................................................................................................................................55

    4.2 Materialquellen..................................................................................................................................................................56

    4.2.1 Materialien der Lernenden............................................................................................................................................56

    4.2.2 Materialien aus dem Fernsehen..................................................................................................................................56

    4.2.3 Bilder..........................................................................................................................................................................................57

    4.2.4 Gegenstnde...........................................................................................................................................................................57

    4.2.5 Informationszettel und -broschren ..........................................................................................................................58

    4.2.6 Spiele..........................................................................................................................................................................................58

    4.2.7 Lieder und Klnge..............................................................................................................................................................58

    4.2.8 Trainingsort............................................................................................................................................................................58

    4.2.9 Informationstechnologie ..................................................................................................................................................58

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    SprachtrainingT-Kit

    5 DIY (Do It Yourself).........................................................................................61

    5.1 Einleitung .............................................................................................................................................................................61

    5.2 Material .................................................................................................................................................................................62

    Aufgabe 1................................................................................................................................................................................................63

    Aufgabe 2................................................................................................................................................................................................65

    Aufgabe 3 ................................................................................................................................................................................................67

    5.3 Leeres Planungsformular ...............................................................................................................................................69

    5.4 Nutzung von Materialien...............................................................................................................................................71

    Anhang 1: T-Kit Sprachtraining Evaluierungsformular .............................73

    Anhang 2: Verweise und Literaturhinweise.....................................................75

    Theorie des Sprachenlehrens und - lernens ......................................................................................................................75

    Praktische Beispiele und Untersttzung fr Lernmoderatoren/Lernmoderatorinnen....................................75

    Weitere Publikationen des Direktorats fr Jugend und Sport...................................................................................76

    Die Autorinnen und Autoren des T-Kits Sprachtraining...............................77

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    SprachtrainingT-Kit

    Fremdsprachenkenntnisse und interkulturellesBewusstsein sind wesentliche Voraussetzungen frdie Organisation internationaler Veranstaltungen.Immer mehr Jugendorganisationen stehen vor derAufgabe, ihren Mitgliedern oder europischen Frei-

    willigen die notwendigen Fhigkeiten zu vermit-teln, um in einem internationalen Umfeld (interna-tionale Veranstaltungen oder Freiwilligendienst ineinem Gastland) kommunizieren zu knnen.Dieses T-Kit prsentiert Methoden fr das Sprach-training und die Entwicklung von kommunika-tiven Fhigkeiten in der Zielsprache.

    Dabei handelt es sich nicht um eine rein sprach-liche, sondern um eine umfassende Methode, dieauf dem aufgabenorientierten Lernen (Task BasedLearning) beruht. Die Autoren (Sprachtrainer mitErfahrung in der Schulung europischer Fach-krfte in der Jugendarbeit) haben diese Methodegewhlt, da sie authentische Kommunikationssitu-

    ationen simuliert und den Lernenden das ntigeVokabular liefert. So knnen sie in der Zielspracheeine Ttigkeit erfolgreich ausfhren, die eine engeVerbindung zu ihrer Realitt hat. Diese Methodehat sich fr die Jugendarbeit und nicht formale Bil-dungskontexte als besonders geeignet erwiesen.Sie wurde unter vielen anderen Methoden zumLernen und Lehren von Sprachen ausgewhlt, dasie an unterschiedliche Zielsprachen, Lernum-gebungen und Bedrfnisse angepasst werdenkann. Es ist eine Methode, die vom Lernendenaktive Mitarbeit, Eigeninitiative und Engagementverlangt.

    Das T-Kit wurde entwickelt fr Sprachtrainer/innen, die nach einem innova-tiven Ansatz beim Sprachtraining in einer nicht for-malen Lernumgebung suchen, fr alle, die anderen beim Erwerb von Fremd-sprachkenntnissen helfen (Lernmoderator).

    Das T-Kit ist in sechs Hauptabschnitte unterteilt,wobei erst theoretische, nach und nach aberimmer praktischere Inhalte behandelt werden.Die Autoren mchten den Benutzern auch dienotwendigen Fhigkeiten fr die Anwendung der

    Methode vermitteln. Am Ende des T-Kits finden Siedaher einen Abschnitt zum Selbstunterricht mitbungen und einigen Vorschlgen fr die Arbeitmit den Lernenden.

    Kapitel 2 beginnt mit einer allgemeinen Ein-fhrung in die Thematik des Lernens und Lehrensvon Sprachen. Er beschreibt die Entwicklung desSprachtrainings und verschiedene Unterrichts-anstze. Er behandelt auch die Rollen von Lernen-den und Lernmoderatorn (Trainer).

    In den Kapiteln 3, 4 und 5 wird die Theorie des auf-gabenorientierten Lernens vorgestellt. Diese ent-halten auch konkrete Beispiele, wie die Methode in

    einer nicht formalen Lernumgebung angewendetwerden kann.

    Kapitel 6 ist der bungsteil des T-Kits. Hier findenSie bungen mit Anleitungen, mit deren Hilfe Siediese Methode ausprobieren knnen, sowie Feed-back.

    Die Versionen in englischer und franzsischerSprache weichen insbesondere in Kapitel 4 etwasvom deutschen T-Kit ab, da fr jede Sprache Origi-nalbeitrge gewhlt wurden, die nicht auf dieanderen Sprachen bertragbar sind. Inhaltlich sind

    jedoch alle Versionen gleich.

    Wir hoffen, dass Sie an diesem T-Kit Interesse fin-den und dass Ihnen die Anwendung dieser Me-thode im Sprachtraining Spa macht. Wir wrdenuns ber Feedback von Ihnen ber Ihre Erfah-rungen freuen.

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    Einleitung

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    SprachtrainingT-Kit

    Alle Lehrer/innen und alle Lernenden haben einebestimmte Vorstellung davon, was Lehren und Ler-nen ist. Diese Vorstellungen sind etwas Implizites,kaum jemals explizit Ausgesprochenes, und wer-den deshalb als selbstverstndlich vorausgesetzt.

    Diese Vorstellungen sind durch die Erfahrungengeprgt, die wir seit frhester Kindheit mit dem Bil-dungswesen und dem Lernen gemacht haben. Wiralle akzeptieren diejenigen Lernerfahrungen alsNorm, die wir in unserem eigenen soziokulturellenUmfeld gemacht haben. Nur wenn wir die Gele-genheit haben, andere Anstze kennen zu lernen,knnen wir unsere eigenen hinterfragen und be-urteilen.

    Lehrer/innen bringen ihre fest verankerten pda-gogischen Ansichten in das Klassenzimmer mit.Nur uerst selten werden die Rollen von Lehrern/Lehrerinnen und Lernenden geprft und hinter-fragt. Trotz vieler Anstrengungen, Entwicklung

    und Unabhngigkeit der Lernenden zu frdern undsie zu selbststndigem Lernen anzuhalten, ist dieSituation in den meisten Klassenzimmern nochimmer lehrerbezogen. Dies ist keine Kritik, son-dern nur eine Beschreibung der Realitt, diezahlreiche Beobachtungsstudien besttigen, unddie keineswegs berraschend ist. Traditionelle Vor-gehensweisen vermitteln allen Beteiligten Sicher-heit. Die anregendste Lernumgebung schaffen je-doch Trainer/innen, die es verstehen, ihren Ansatzan die jeweiligen Einzelpersonen, Gruppen undSituationen anzupassen.

    Es ist schwierig, Sprachtraining qualitativ zu be-urteilen. Eine Sprache ist kein abgeschlossenesWissensgebiet, keine Reihe von Fakten, die mansich merken und bei Tests und Prfungen wie-dergeben kann. Sie ist eine dem Menschen ange-borene Fhigkeit und als solche etwas Orga-nisches. Sie gedeiht und entwickelt sich in einergnstigen Umgebung, verkmmert bei Vernach-lssigung und wird durch emotionale Faktorenbeeinflusst. Es gibt eine Reihe von Kompetenzen,die beurteilt werden knnen, doch unsere sprach-liche Leistung ist je nach Situation starken Schwan-kungen unterworfen. Die Fhigkeit zum Sprechenist die unmittelbarste, aber auch die anflligsteund flchtigste. Wir alle wissen, wie beredt wirsind und wie gut wir uns ausdrcken knnen,

    wenn wir entspannt mit Freunden zusammen-sitzen und gemeinsam die Welt verbessern.Doch vor Publikum, bei einem Vorstellungs-gesprch oder bei Gericht ist das schon etwasganz anderes! Es macht auch einen Unterschied,ob wir mde oder krank sind, ob wir gerade ver-liebt sind oder Liebeskummer haben. Jedermenschliche Faktor beeinflusst unsere Fhigkeit,Sprache kompetent anzuwenden, selbst wenn esunsere Muttersprache ist. Und selbstverstndlichwirken alle diese Faktoren auch in einer Fremd-sprache.

    Welche Schlsse ziehen wir nun daraus? Vor allemmssen wir uns vor Augen halten, welches Ziel und

    welchen Zweck wir mit einer Trainingssituationverfolgen. Warum lernen Menschen eine Sprache?Die meisten lernen eine zweite oder weitere Sprache

    weil sie die Sprache fr die Arbeit bentigen, als Freizeitbeschftigung, um sich sozial integrieren zu knnen, aus akademischen Grnden.

    Im Rahmen der europischen Jugendarbeit spielenwahrscheinlich alle diese Aspekte eine Rolle, wobeider akademische der am wenigsten wichtige ist.

    Wir nehmen an, dass viele qualifizierte Sprach-lehrer/lehrerinnen am Anfang ihrer Karriere allesandere als Experten waren. Sie waren etwa im Aus-land und wurden gebeten, jemanden ihre Sprachezu lehren. Sie taten es und es machte ihnen Spa.Auch das ist Sprachtraining: Sie sind im Urlaub, inder Bar, in der Disco, egal wo und man fragt Sie:Wie heit das in Ihrer Sprache? Was bedeutet IhrName auf ...? Was ist mit diesem Ausdruck ge-meint? etc. Oft sind gerade solche nicht formalenLernsituationen uerst erfolgreich.

    Auf einer anderen Ebene des nicht formalen Ler-nens geht es darum, dass Fachkrfte der Jugend-arbeit sich selbst oder andere auf internationaleArbeit vorbereiten oder dass sie eine Sprache er-lernen mssen, um an lokalen Jugendprojektenmitzuwirken.

    Es wird auch immer zahlreiche Lernsituationengeben, in denen keine ausgebildeten Trainer/innenzur Verfgung stehen und in denen Lehren undLernen auf ganz natrliche Weise stattfindet. Wirnehmen an, dass wohl die meisten Menschen inder Lage sind, einem willigen und motivierten Ler-nenden ihre Muttersprache beizubringen. Das Zieldieses T-Kits ist es daher, solchen Nicht-Trainer/innendie notwendigen Mittel und das Selbstver-trauen zu geben, um eine derartige Situation zumeistern.

    Wir mchten hier kurz ein neues trilaterales Pro-gramm beschreiben, an dem Schweden, Italien unddas Vereinigte Knigreich beteiligt sind. DasProgramm heit Work Away (im VereinigtenKnigreich) oder Breaking Barriers (in Schwedenund Italien). Projektmanager im VereinigtenKnigreich ist Princes Trust, eine von PrinzCharles im Jahr 1976 gegrndete karitative Orga-nisation, deren Ziel es ist, jungen Menschen

    zu helfen, die in ihrem Leben nicht Mglichkeitenhaben, die anderen offen stehen, oder die aufdie eine oder andere Weise in Schwierigkeitengeraten sind (Kriminalitt, Drogen, gestrte Bezie-hungen etc.). Das Projekt richtet sich an 18- bis24 -Jhrige, die gefhrdet sind, von langfristigerBeschftigung ausgeschlossen zu werden. Solche

    Jugendliche werden vor Ort angesprochen undbekommen Gelegenheit, vor der Abreise inihr Gastland Arbeitserfahrung zu sammeln sowieeine Trainingswoche zu absolvieren (blicherweiseim Internat). Nach der Ankunft im Gastlanderhalten sie dort wiederum zwei Wochen einTraining und eine Anstellung, sodass sie schlie-lich mit verbesserten Beschftigungschancen

    heimkehren. Dies ist ein interessantes Projekt imPilotjahr (1999/2000), das als Modellprojektdurchgefhrt wird.

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    1 berlegungen zum Sprachenlernen1

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    SprachtrainingT-Kit

    Trainingspartner in Grobritannien ist die EdwardsLanguage School, die sowohl fr das Training der

    jungen Leute aus dem Vereinigten Knigreich vorihrer Abreise als auch fr das Training der ausSchweden und Italien kommenden Jugendlichen

    zustndig ist.

    Whrend des Trainings vor der Abreise werden dieLernenden auf die Lebens- und Arbeitssituation imAusland vorbereitet. Es finden Workshops zurSchulung des interkulturellen Bewusstseins undnatrlich Sprachtraining statt.

    Gerade weil sie keine ausgebildeten Trainer/innensind, wurden als Sprachtrainer muttersprachlicheInformanten im Alter von Mitte bis Ende zwanzigeingesetzt. Diese Informanten werden durcheinen qualifizierten und erfahrenen Sprachtrainer/eine Sprachtrainerin in konzentrierter Form in ihreAufgabe eingewiesen. Der Rahmen fr vier

    Trainingssitzungen, die im Groen und Ganzen dieGrundstufe I (breakthrough level) abdecken,wird ihnen vorgegeben. Es existiert zwar ein Stun-denplan, doch alles ist verhandelbar. Manchmalbevorzugen die Lernenden einen schulhnlichenUnterricht, obwohl das Training nicht in Klassen-zimmern stattfindet. Alle Lernenden erhalteneinen Ordner mit Unterlagen, die die meistenfleiig wie richtige Studierende benutzen. Sie erfra-gen und erhalten die sprachlichen Informationen,die sie ihrer Meinung nach bentigen. Die Lernen-den sind uerst pnktlich und versumen denUnterricht nur selten.

    Da der Kurs im Internat stattfindet, verbringen dieInformanten auch die Freizeit mit den Teilneh-mern/Teilnehmerinnen, sodass kontinuierlicherInput und stndiges Lernen mglich sind.

    Das Training vor der Abreise dauert nur fnf odersechs Tage, in denen neben den sprachlichen auchviele andere Fragen zu behandeln sind. Wir sind

    jedoch der Meinung, dass es sich hier um ein aus-gezeichnetes Beispiel dafr handelt, wie Lernen ineinem nicht formalen Kontext aussehen kann.Ausschlaggebend sind die Bedrfnisse und Inter-essen der Lernenden, die Trainier/innen sind keineAutorittspersonen, und Angst, eine Empfindung,die sich uerst negativ auf das Sprachenlernen

    auswirkt, gibt es berhaupt nicht.Wenn nicht ausgebildete Informanten die Unter-weisung bernehmen, ist ihre Vorbereitung durchprofessionelle und erfahrene Trainer/innen einganz wesentlicher Faktor. Diese Trainer/innenerstellen Arbeitsbltter, geben den Rahmen vorund machen Vorschlge fr Aufgaben, die die Ler-nenden zu erfllen haben. Sie sind im Hintergrundverfgbar und berwachen den Lernprozess.

    Diese Broschre versteht sich als Trainer im Hin-tergrund fr die zahlreichen muttersprachlichenInformanten oder Lernmoderator, die vor der

    Aufgabe stehen, ihre eigene Sprache in einemnicht formalen Kontext zu unterrichten. ImAbschnitt 2.2 ber die Rollen von Lernenden undLernmoderatorn finden Sie weitere Informationenund Denkanste.

    1.1 Sprachen lernen und

    Sprachen lehren

    Das Erlernen von modernen Fremd-sprachen : Kleiner geschichtlicherberblick

    Das Sprachtraining, wie wir ihn heute kennen,entwickelte sich im 20. Jahrhundert. Im Lauf dieses

    Jahrhunderts wurden berland-, Schiffs- und Flug-

    reisen fr immer mehr Menschen mglich, anfangsnur fr Europer und Nordamerikaner, dann aberfr Menschen aus allen Kontinenten. AufAuslandsreise begaben sich nicht mehr nurfromme Pilger und Missionare, khne Entdeckerund Eroberer oder reiche Miggnger in Be-gleitung einer Heerschar von Dienern. Allmhlichkonnten die meisten Menschen in der industriali-sierten Welt ins Ausland reisen. Darber hinauswurde es den Menschen durch die Entdeckung derElektrizitt und die Entwicklung der drahtlosenKommunikation mglich, miteinander in Kontaktzu treten, egal wo sie lebten oder arbeiteten.

    In frheren Zeiten wurden nur die klassischenSprachen Latein und Griechisch als Fremdspra-chen studiert, und auch nur von der Minderheit,die Zugang zur formalen Bildung hatte. Spter kamFranzsisch hinzu, die Sprache der Oberschichtzum Beispiel in Russland und England. Mutter-sprachliche Kindermdchen und Lehrer/innenwurden angestellt, die die Kinder zu Hause unter-richteten.

    Im 20. Jahrhundert war Europa Schauplatz zweierWeltkriege. Darber hinaus oder als Folge dieserKriege gab es verschiedene soziologische Ent-wicklungen. Frauen wurden allmhlich gleich-berechtigte Brgerinnen, die ihr Recht auf Bildung

    und ihr Wahlrecht einforderten; es wurde einefriedliche Koexistenz angestrebt, anstatt grau-same Territorialkmpfe gegeneinander zu fhren.Am Ende des Jahrhunderts hatten sich in den meis-ten europischen Lndern demokratische Regie-rungssysteme entwickelt.

    Eine Grundbildung fr alle war Realitt geworden.Es gab bessere Arbeitsbedingungen, fr Arme,Kranke und Unterprivilegierte gab es sozialeUntersttzung. In der zweiten Hlfte des Jahrhun-derts war Reisen zu beruflichen Zwecken und alsFreizeitbeschftigung zur Norm geworden. Durchdie steigende Lebenserwartung waren sogar Men-

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    Grundstufe (/ Mittelstufe/ Oberstufe): Im Rahmen des Modern Language Project (Fremdsprachenprojekt) des Europaratesfestgelegte Skala mit Beschreibungen des Niveaus der Kommunikationsfhigkeiten in einer Zielsprache. Die Grundstufe I(breakthrough level) entspricht elementaren Kenntnissen.

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    SprachtrainingT-Kit

    schen im dritten Lebensabschnitt in der Lage,Reisen zu unternehmen, die ihnen in ihrer Jugendversagt gewesen waren.

    Im Gefolge dieser soziologischen, politischen und

    wirtschaftlichen Vernderungen entwickelte sicheine Bildungspolitik, die den Unterricht in moder-nen Fremdsprachen als wichtigen Bestandteil derLehrplne staatlicher Schulen ansah. Der bergangvom Studium klassischer, alter Sprachen wieGriechisch und Latein (die als Voraussetzung frden Zugang zu hherer Bildung und zu den aka-demischen Berufen betrachtet wurden) zum Unter-richt in modernen, neuen Sprachen soll im folgen-den berblick beschrieben werden.

    Grammatik-bersetzungs-MethodeIm Europa des 16. Jahrhunderts entstanden dieGrammatikschulen, in denen die Schler einenstreng reglementierten Unterricht in lateinischer

    Grammatik erhielten. Sie studierten die Deklinatio-nen und Konjugationen, bersetzten und btendurch das Schreiben von Modellstzen, wobeihauptschlich zweisprachige Texte und Dialogeverwendet wurden. Nach den Grundzgen derSprache standen fortgeschrittene Grammatik undRhetorik auf dem Programm. Diese Disziplin galtals geistige bung, durch die die Schler dienotwendigen intellektuellen Fhigkeiten fr alleFormen der hheren Bildung erlangten. Es ist nichtverwunderlich, dass diese Unterrichtsmethode auchauf die modernen Sprachen bertragen wurde, alsdiese ab dem 18. Jahrhundert in die Lehrplne dereuropischen Schulen aufgenommen wurden.

    Das auf Grammatikunterricht und bersetzungberuhende Verfahren blieb bis ins 20. Jahrhundertdie einzige Methode fr den Unterricht in moder-nen Sprachen. In abgenderter Form wird sie invielen Situationen auch heute noch auf der ganzenWelt verwendet. Dieser Ansatz funktioniert sehrgut, wenn das Ziel des Sprachunterrichts darinbesteht, den Schlern Zugang zu literarischen Tex-ten zu verschaffen, die sie nur in der Mutter-sprache diskutieren mssen. Was beim Studiumeiner alten Sprache funktioniert, in der keinemndliche Interaktion erforderlich ist, stellt jedochein erhebliches Handicap dar, wenn es sich umeine moderne Sprache handelte. Bis ins 20. Jahr-

    hundert hinein erwarben die Schler zwar Kennt-nisse in Syntax und Rhetorik der Zielsprache, eswurde jedoch kaum von ihnen verlangt, sie ineinem Gesprch anzuwenden. Der Schwerpunkt lagauf dem Lesen und Schreiben. Auf das Hren undSprechen wurde wenig bis gar keinen Wert gelegt.Kritiker dieser Methode sind der Meinung, dass dieSchler schlielich zwar ber die Sprache Bescheidwissen, die Sprache selbst aber nicht beherrschen es geht so einmal mehr um die alte Streitfrage, waswichtiger ist: Theorie oder Praxis.

    Direkte MethodeDiese Methode entstand am Ende des 19. und zuBeginn des 20. Jahrhunderts. Sie beruht auf den

    Ideen der Reformbewegung der franzsischen unddeutschen Linguisten in der Mitte des 19. Jahrhun-derts. Der Ansatz ist auch als natrliche Methode

    bekannt. Die Grundstze der Methode sind fol-gende: Es wird prinzipiell nur die Zielsprache ver-wendet, der Lehrer spricht langsam und deutlich, eswerden die vier Fhigkeiten Hren, Sprechen, Lesenund Schreiben geschult. Die Sprache muss zuerst

    gehrt und dann gelesen werden, Grammatikregelnwerden erst nach ihrer praktischen Anwendunggelehrt, bersetzungen sind zu vermeiden.

    Diese Methode wird noch immer hufig angewen-det, vor allem in den weltweit bekannten Berlitz-Schulen. Kritiker der Methode wenden ein, sie seizu einschrnkend, langweilig fr Lehrende undLernende und funktioniere nur bei Schlern gut,deren Lernstil genau diesem Ansatz entspreche. Sielasse wenig Spielraum fr sinnvolle Gesprche underlaube nicht, vom Thema abzuschweifen, was inder natrlichen sprachlichen Interaktion stndiggeschehe.

    Situationsbezogener AnsatzDiese Methode enthlt Elemente der direkten Me-thode und ist deren Weiterentwicklung. Die Spra-che wird anhand von Situationen unterrichtet: imBahnhof, im Restaurant etc. Neue Formulierungenwerden mndlich mit Satzmustern eingebt. Dasin einer Situation bentigte Vokabular wird gelehrtund abgeprft. Die meisten Lehrbcher fr dasSprachtraining der Sekundarstufe enthalten nochElemente dieses Ansatzes. Er beruht auf dererprobten und bewhrten PPP-Methode: prsen-tieren, probieren, produzieren. Der Lehrer prsen-tiert neue Formulierungen, die Lernenden pro-bieren sie in kontrollierten, mechanischen bungenaus. Dann folgt die so genannte freie Produktion,das heit, die Lernenden bilden eigene Stze unterVerwendung des anfnglich vorgestellten Modells.Dies ist der bei Lehrern/Lehrerinnen und Lernen-den beliebteste Ansatz fr den Unterricht in mo-dernen Sprachen.

    Audiolinguale MethodeDiese Methode wurde von den USA whrend deszweiten Weltkriegs fr militrische Zwecke ent-wickelt. Sie besteht darin, uerungen auf einemTonband zu hren und entsprechend darauf zuantworten. Das ursprngliche Ziel war, Spio-nagepersonal in die Lage zu versetzen, die ge-sprochene Sprache zu imitieren, um feindliche

    Bros zu unterwandern und sich selbst als Mutter-sprachler ausgeben zu knnen. Es wurden auchmuttersprachliche Informanten herangezogen, umsprachliche Modelle zu liefern, und Sprachtrainergaben den Lernenden Ratschlge fr das Lernenund Imitieren der Sprache. Die Methode funktio-nierte bei sprachbegabten und motivierten Perso-nen, die Topspione und V-Leute werden wollten.Doch mglicherweise wrden wir alle sehr raschflieend russisch, franzsisch oder sogar marsia-nisch sprechen, wenn unser Leben davon abhinge!

    Diese Methode fhrte zur explosionsartigen Ver-mehrung von Sprachlabors, in denen die Lernen-den mit Kopfhrern auf den Ohren sitzen und das

    Gehrte beliebig oft nachsprechen wobei siehufig nur darauf warten, dass die Glocke das Endeder Lektion ankndigt.

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    SprachtrainingT-Kit

    Kommunikativer AnsatzDiese Methode entstand aus dem Bedrfnis derMitgliedstaaten des Europarates, einen Ansatz frdas Lehren und Lernen der wichtigsten europi-schen Sprachen zu finden, der es mglich macht,

    dass erwachsene Lernende von den zahllosenGelegenheiten profitieren, die ihnen in der neuenEuropischen Union und den Lndern des Europa-rates offen stehen. Wie schon der Name sagt, liegtder Schwerpunkt dieser Methode darauf, Fhig-keiten hauptschlich fr die mndliche Konver-sation zu erwerben.

    Das so genannte Communicative LanguageTeaching (CLT Kommunikatives Sprachtraining)baut auf frheren Anstzen auf; der Schwerpunktliegt auf mndlichen Fhigkeiten. Strukturen(Grammatikregeln) und Vokabular sind wenigerwichtig. Den Befrwortern dieser Methode zufolgewerden diese von den Lernenden automatisch

    aufgesogen, hnlich wie die Muttersprache vonKindern aufgenommen wird. Noam ChomskysGlaube an eine Gehirnregion, in der eine demMenschen eigene, angeborene Fhigkeit zumSpracherwerb (Language Acquisition Device,LAD Spracherwerbsmuster) angesiedelt ist, undseine Theorie von der Universalgrammatik lieendie berzeugung entstehen, dass jeder, der eineFremdsprache erlernen will, dies auch kann.

    Zu diesem breiten und schwierig zu definierendenAnsatz gehrt auch der Notional Syllabus (ima-ginrer Lehrplan) von Wilkins, eine Methode, dievon den gewnschten kommunikativen Fhigkei-ten und den Inhalten ausgeht. Dieser Ansatzwurde bei der Entwicklung des gemeinsameneuropischen Referenzrahmens fr Sprachen ver-wendet, der sechs verschiedene Stufen, aufbauendauf der elementaren Grundstufe I , unterscheidet.CLT war in den siebziger und achtziger Jahren diedominierende Methode beim Fremdsprachen-unterricht in Europa. Sie galt als Zaubermittel, umFranzsisch ohne Trnen zu lernen. DasUnterrichtsziel waren kommunikative Fhigkeiten akademische Strenge und Prfungen warennicht vorgesehen. Das Klassenzimmer sollte dieProbebhne fr echte mndliche Interaktion sein,und durch CLT entstanden zweifellos sehr kreativeUnterrichtsmaterialien und -praktiken.

    Der Ansatz war jedoch nicht die Lsung aller Pro-bleme beim Erlernen von Sprachen. VieleLehrer/innen und Schler/innen fhlten sich nichtwohl mit CLT, einer Methode, bei der es keine for-malen, strukturierten, stufenweise aufbauendenElemente gibt, die Stein fr Stein aufeinandergelegt werden knnen. Wie die direkte Methode istauch CLT nur fr Lernende geeignet, deren Lernstildiesem Ansatz entspricht.

    Total Physical Response(TPR umfassende physische Reaktion)Diese Methode wurde von James Asher ausKalifornien entwickelt. Sie benutzt Befehle und

    macht die Lernenden zu Zuhrern und Befehlsaus-fhrern. Ashers Methode beruht auf der Beobach-tung von Kindern beim Erlernen der Sprache:

    Erwachsene erteilen kleinen Kindern Befehle, aufdie sie reagieren. Man kann dagegen einwenden,dass es sich hier um etwas hnliches wie Hunde-dressur handelt. Der Lehrer/die Lehrerin gibt Kom-mandos wie zum Beispiel: Steh auf!, Geh zur

    Tr!, Gib Martin das Buch! etc., und die Schlergehorchen.

    Silent Way-Methode(Methode des stillen Weges)Dies ist eine weitere humanistische Methode, diein den siebziger Jahren von Gattegno in New Yorkentwickelt wurde. Wie TRP erhebt sie denAnspruch, nicht bedrohend, sondern stressfrei zusein und Anfngern von Anfang an Selbstver-trauen zu vermitteln. Die Lernenden hren Mut-tersprachler zu und sprechen nur dann, wenn siedazu bereit sind und das Bedrfnis dazu haben.Das US Peace Corps, das ab den siebziger Jahrenmuttersprachliche Freiwillige fr Sprachtraining

    vor allem in Osteuropa und Sdostasien vermit-telte, benutzte diese Methode in groem Umfang,es gibt jedoch sehr wenige Aufzeichnungen berdie Erfahrungen.

    Aufgabenorientiertes LernenBei diesem Ansatz steht die zu erfllende Aufgabeim Mittelpunkt der Unterrichtsstunde. Den Ler-nenden werden Probleme vorgelegt, die sie unterVerwendung der Zielsprache lsen sollen. Siemssen allein oder gemeinsam bestimmte Auf-gaben erfllen. Der Lehrer liefert den sprachlichenInput, der die erfolgreiche Realisierung erleichtert.Die Lernenden mssen selbst aktiv nach denWrtern suchen und die Fertigkeiten ben, die siefr die Erfllung der Aufgabe bentigen. DieseMethode setzt selbstbewusste, abenteuerlustigeSchler voraus, die gewillt sind, sprachliche Risi-ken auf sich zu nehmen und fr ihren Lernerfolgselbst die Verantwortung zu bernehmen. Sie istweit entfernt von herkmmlichen lehrerzentrier-ten Anstzen, bei denen der Lehrer/die Lehrerindie gesamte Kontrolle ber alle Facetten des Lern-prozesses hat (beziehungsweise haben soll). DieUnabhngigkeit der Lernenden wird gefrdert;einzige Belohnung ist die erfolgreiche Erfllungder Aufgabe.

    Themenorientierter Ansatz

    Bei diesem Ansatz ist das Thema vorherrschend.Die Lernenden whlen eine Reihe von Themen, diefr sie interessant oder relevant sind (bezie-hungsweise der Lehrer/die Lehrerin schlgt solcheThemen vor). Die fr ein Thema bentigtensprachlichen Elemente werden vom Lehrer/vonder Lehrerin geliefert. Dazu gehren Strukturenund Wortschatz, gegebenenfalls auch Anmerkun-gen zum Stil und zum Sprachregister. Wesentlichbei themenorientierten Anstzen ist, dass sie dieSprache in einen Kontext einbinden. Auch sind dieLernenden motivierter, wenn sie Themen selbstwhlen knnen.

    Interkulturelles Sprachtraining

    Dieser Ansatz geht davon aus, dass das Erlernenvon Fremdsprachen und interkulturelles LernenTeile eines Ganzen sind. Diesem Ansatz zufolge ist

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    es unmglich, eine Sprache wirklich zu erlernen,ohne sich der interkulturellen Aspekte bewusst zusein. Umgekehrt ist es unmglich, ein Gefhl frInterkulturalitt zu bekommen, ohne sich dersprachlichen Elemente bewusst zu werden, die

    dabei eine Rolle spielen. Diese Methode basiert aufdem Gedanken, dass auf das Verhltnis vonVorstellung und Sprache die berhmte FrageHenne oder Ei? zutrifft: Erzeugt eine Vorstellungdie Sprache oder bringt die Sprache die Vorstellunghervor? Ganz unzweifelhaft kommt der Menschmit einer angeborenen Sprachfhigkeit zur Welt,und Begriffe sind keineswegs universell. Daherdrfen wir nie voraussetzen, dass das, was ich miteinem von mir verwendeten Wort meine, dasselbeist wie das, was Sie mit einem Wort meinen, wennSie es verwenden!

    Interkulturelles Sprachtraining behandelt dieSprache interkulturell. Bei diesem Ansatz ana-

    lysieren wir kulturelle Begriffe, Stereotype, Verall-gemeinerungen und Annahmen. Wir versuchendie Tiefen zu ergrnden, die sich unter der Ober-flche der Sprache verbergen. Das bedeutet, dasswir uns mit dem Gegenber konfrontieren ms-sen, wobei das Ziel darin besteht, alles zwischenuns in der Luft Liegende auszurumen, sodasswir schlielich tolerant, selbstbewusst und kon-struktiv in einem Europa leben knnen, in demgilt: Vive la diffrence! Es lebe der Unter-schied!

    Dieses T-Kit sttzt sich vor allem auf die drei zu-letzt genannten Anstze (Aufgabenorientiertes Ler-nen, Themenorientierter Ansatz, InterkulturellesSprachtraining) da sie fr nicht formale Situationenam besten geeignet sind. Doch wie alle Lehr- undLernmethoden sind auch diese eine organischeWeiterentwicklung der vorangegangenen Metho-den, wobei der Schwerpunkt hier aber eherbeim Lernenden und beim Lernen, anstatt beimLehrer/bei der Lehrerin und beim Lehren liegt. Aufdiese Weise knnen wir uns zu Beginn des21. Jahrhunderts auf die Errungenschaften undKenntnisse frherer Epochen sttzen und dabeidie Methoden whlen, die unserer Zeit und der

    jeweilige Situation am besten entsprechen.

    1.2 Rollen von Lernendenund Lernmoderatoren

    In diesem Abschnitt werden wir die Rolle desLehrenden und des Lernenden nher betrachten.Wir untersuchen, inwieweit jeder Beteiligte an derPartnerschaft zwischen Lehrer/innen und Schlerseine Rolle und sein Verhalten prfen und ber-denken muss, um eine mglichst frderliche Ler-numgebung zu schaffen. Dies gilt in verstrktemMa im Bereich der nicht formalen Bildung.

    Dieses Thema wurde auch im Rahmen des Semi-nars ber interkulturelles Lernen (ICL) im Sprach-training behandelt, das im November 1998 in

    Straburg stattfand. Es wurden vier Typen vonLernumgebungen definiert: die ultra-didaktische,die didaktische, die lernerorientierte und die ultra-informelle. Die Seiten 47-49 im Bericht [CEJ/TCICLL (98) 2] ber den Workshop bieten eine

    Zusammenfassung der diesbezglichen Arbeiten.In der folgenden Tabelle sind die Hauptmerkmaleder vier Lernumgebungstypen zusammengefasst.

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    Lernumgebung 1 : Ultra-didaktisch

    formelle Gestaltung des Kursraumes; autori-trer Lehrender; strenge Hierarchie; kein Raumfr Eigeninitiative der Lernenden; die Lernen-den sind leere Gefe; der Lehrende ist dieQuelle alles Wissens; passive Lernende unbe-dingt notwendig; alle Macht liegt beim Leh-renden

    Lernumgebung 2 : Didaktisch

    auf den Lehrerenden hin ausgerichtete Kurs-raumgestaltung; Beteiligung der Lernendenist nur Lippenbekenntnis; relativ starre Hierar-chie; der Lehrende hat die Kontrolle; passiveLernende bevorzugt.

    Lernumgebung 3 : Schlerzentriert

    aufgabenorientiertes Lernen; flexible Kurs-raumgestaltung der Lehrende gestaltet denKursraum je nach der gestellten Aufgabe; dieLernenden werden ermuntert, gemeinsam zuarbeiten; sie sollten versuchen, ein Problemzuerst selbst zu lsen und den Lehrenden alsletzte Instanz zu verwenden; es gibt verschie-dene Aktivitten, um jedem Lernstil gerechtzu werden; aktive Lernende bevorzugt; locke-re Hierarchie.

    Lernumgebung 4 : Ultra-informell

    planloser Ansatz ; alles ist mglich ; der Leh-rende wird als Leidensgefhrte betrachtet;die Lernenden bestimmen blicherweise dieVorgehensweise; der Lehrende braucht dieLernenden, um seine eigene Arbeitsmoral zuheben; vorgetuschte Freundschaften; keine

    Hierarchie; es herrscht Anarchie.

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    Eine nicht formale Bildungssituation erfordert eineLernumgebung, in der auf kooperative Weisegelehrt und gelernt wird. Der Lehrer beziehungs-weise die Lehrerin fungieren als Lernmoderator er/sie untersttzt und ermuntert, damit das Lernen

    gelingt. Er/sie ist nicht der Ansicht, dassSchler/innen nur dann etwas lernen, wenn be-stimmte Dinge unterrichtetwerden. Auch die Ler-nenden mssen sich dessen bewusst werden, dassihnen die aktivere Rolle zukommt, dass sie es sind,die lernen mssen! Sie mssen herausfinden,

    welcher Lernstil ihnen liegt, und gewillt sein, ihreLernstrategien anzupassen und zu erweitern.

    Es gibt ebenso viele Unterrichtsstile wie Lehrer/innen, und natrlich ebenso viele Lernstile wie

    Lernende! Die wichtigste Ressource, die dieLehrer/innen und die Schler zum Sprachenlernenmitbringen, sind sie selbst. Von nun an werden wirdie Begriffe Lernmoderator und Lernende bent-zen, da diese ihre Rollen in unserem Kontext ambesten beschreiben.

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    Der Lernmoderator

    macht den Lernenden bewusst, dass esverschiedene Lernstile gibt.

    liefert przise und geeignete Modelle frdie sprachlichen Elemente, die zur Aus-fhrung einer Aktivitt oder Aufgabenotwendig sind.

    ermutigt die Lernenden, bei ihren Lern-

    strategien abenteuerlustig zu sein.

    hilft dabei, eine gute, angstfreie Lern-umgebung zu schaffen, in der niemandbehindert wird.

    berwacht die Anwendung der Sprachedurch den Lernenden und korrigiert impassenden Moment Fehler.

    glaubt an den Erfolg der Lernenden; siehtjedes Ergebnis als Erfolg.

    sieht das Lernen als gemeinsamen Prozessmit stndigen Verhandlungen zwischenLernmoderator und Lernendem, bei denendie Ziele und Arbeitsmethoden festgelegtwerden.

    Der Lernende

    macht sich bewusst, dass es verschiedeneLernstile gibt und ist bereit, neue Lern-strategien auszuprobieren.

    ist ein abenteuerlustiger Lernender, derbereit ist, Risiken einzugehen und auchmanchmal nur zu raten, ntzt jede Gele-genheit, um zu lernen, wobei er sich aufden Lernmoderator und alle anderen ver-fgbaren Ressourcen sttzt.

    arbeitet sowohl allein als auch in derGruppe, um die sprachlichen Ziele zuerreichen und die gestellten Aufgaben zuerfllen.

    berwacht seine eigenen sprachlichenFortschritte und die der anderen und machtsich bewusst, welche Fehler alle gemeinsammachen.

    fhrt Aufzeichnungen ber das, was erlernt, und berarbeitet diese stndig.

    erkennt, dass er eine aktive Rolle spielenmuss, und ist bereit, mit dem Lernmode-rator ber Ziele und Arbeitsmethoden zuverhandeln.

    Die Rollen des Lernmoderators und desLernenden kann man so beschreiben:

    Auf der Grundlage dieser Tabelle kann man nuneine Liste von Dingen erstellen, die Lernmoderator

    und Lernende in nicht formalen Kontexten tunbeziehungsweise vermeiden sollten. Wenn sichdo (Was Sie tun sollten) und dont (Was Sie ver-

    meiden sollten) auf den Lernenden beziehen,haben wir dies durch ein L gekennzeichnet, ein

    F hingegen heit, dass der Lernmoderator diesenHinweis beachten sollte. Die meisten Ratschlgegelten fr beide Partner der Lernsituation.

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    1.3 Verschiedene

    Lernstile

    Der Lernstil ist zum Teil angeboren und zum Teilerlernt. Wir alle werden mit bestimmten Eigen-schaften und Fhigkeiten geboren, und danachsind wir verschiedensten Erziehungseinflssenausgesetzt zu Hause, in der Gesellschaft, in denEinrichtungen der formalen und nicht formalenBildung. Am strksten beeinflussen uns sicherlichdas Zuhause und die formalen Bildungseinrich-tungen. In der Familie werden wir durch die unszugewiesene Rolle geformt wir sind das lteste,

    jngste, einzige Kind, ein Nachzgler, wir sindschwierig, willig, hbsch, hsslich, sport-lich, begabt, faul etc. In der Schule nehmen wirdie Lernnormen unseres kulturellen Umfelds inuns auf. Wir lernen zu respektieren, zu gehorchen,zu frchten, zu hassen, zu fragen oder gegenAutoritten zu rebellieren. Der Autoritt begegnenwir in Form von Lehrern und der Schulhierarchie.Whrend dieser prgenden Jahre lernen wir, mehroder weniger wettbewerbsorientiert zu sein, inBegriffen wie Erfolg und Misserfolg zu denken,Angst im Klassenzimmer zu fhlen, zu wissen, waswir knnen und nicht knnen, unsere Grenzen zuakzeptieren, zu versuchen, unser Potenzialauszuschpfen, Tests und Prfungen zu lieben

    oder zu hassen (je nachdem, wie gut oder schlechtwir dabei abschneiden!), das System auszutricksen,Dinge zu vermeiden, die wir nicht mgen oder

    schwierig finden, zu glnzen und ein Star zu sein,mit oder gegen unsere Kameraden zu arbeiten das sind Prozesse, die im formalen Bildungssystemablaufen. Dabei wird oft vergessen, dass das Fach-wort fr Erziehung Edukation heit und aus denlateinischen Wrtern ex und ducare gebildet ist,was herausfhren bedeutet und nicht: etwas in

    jemanden hineinstopfen!

    Nach Abschluss dieser Lebensphase, wenn wiroffiziell erwachsen sind, knnen wir selbst die Kon-trolle darber bernehmen, was und wie wir ler-nen. Im Rahmen von nicht formalen Lernkontex-ten erhalten wir Gelegenheit fr lebenslangesLernen. Vor langer Zeit sprach Freire von Entschu-lung (Die Pdagogik der Unterdrckten 1972).

    Seine zukunftsweisende Arbeit ist noch immer vongroer Bedeutung. Eine Reihe neuerer Essays zudiesem Thema findet man in Power, Pedagogy andPractice (Hg. Hodge und Whiting, 1996). DieBotschaft ist optimistisch wir knnen uns selbstdie Macht als Lernende erteilen. bernehmen wirselbst die Verantwortung und hren wir auf,andere Menschen, Systeme und Umstnde frunsere Mngel verantwortlich zu machen!

    Die folgende Grafik stellt das Spektrum der Lern-stile dar und erlutert sie. berlegen Sie sich, woSie selbst entlang dieser Linie einzuordnen sind.Der ideale Lernende befindet sich ungefhr in derMitte, denn er vereinigt die Fhigkeiten beider

    Lerntypen des empirischen und des theoreti-schen in sich und ist so flexibel, dass er seinenStil der jeweiligen Situation anpassen kann.

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    Was Sie tun sollten (Do):

    Nehmen Sie Ihre Rolle in demLernabenteuer an. (L & M)

    Betrachten Sie sich als Expeditions-leiter" oder als diejenige Person, dieden Sprachplan hat! (M)

    Seien Sie bereit, mit neuen Lernstra-tegien zu experimentieren ! (L & M)

    Arbeiten Sie im Team, ntzen Sie dieStrken der einzelnen Mitglieder undhelfen Sie ihnen, an ihren Schwchenzu arbeiten! (L & M)

    Ermutigen Sie IhrenExpeditions-leiter, sein Bestes zu geben! (L)

    Erkennen Sie an, dass jeder andersund verschieden schnell lernt! (L & M)

    Seien Sie geduldig und lassen Sie dasLernen geschehen! (L & M)

    Genieen Sie das Abenteuer! (L & M)

    Was Sie vermeiden sollten (Dont)

    Frhere negative Lernerfahrungenin Ihren Rucksack zu packen, wennSie sich auf diese Reise begeben! (L)

    In den Begriffen Lehrer/innen undSchler/innen zu denken"! (L & M)

    Dem Lernmoderator die Schuld zugeben, wenn Sie nicht lernen! (L)

    Sich selbst die Schuld zu geben, wennSie etwas falsch verstehen!(L & M)

    Stndig der/die Beste sein zu wollen !(L & M)

    Sich berlegen oder unterlegenzu fhlen! (L & M)

    In Panik zu geraten und aufzugeben!(L & M)

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    Dies stellt natrlich die beiden Extreme dar. Denmeisten Erfolg beim Lernen von Sprachen oderallen anderen Dingen wird wohl derjenige Ler-nende haben, der mit den Stilen an beiden Endendes Spektrums experimentieren kann und einenStil irgendwo in der Mitte entwickelt das ergibtein optimales Lernergebnis.

    1.4 Umgang mit Fehlern

    Richtigkeit und Flssigkeit beigesprochener Sprache

    In den meisten Lernsituationen (das heit in allen

    Situationen mit Lehrenden und Lernenden) gibt esklare Vorstellungen davon, was Fehler sind undwie sie auszubessern sind. Im Extremfall werdenFehler als Vergehen betrachtet, und die Fehlerkor-rektur ist die Strafe.

    Lehrer/innen sind darin geschult, das Lernen zuberwachen und Korrekturverfahren anzuwenden.Lehrer sind wissend, Schler nicht, daher machendiese Fehler und mssen korrigiert werden! DieDebatte darber, wie Fehler beim Erlernen vonFremdsprachen auszubessern sind, hat eine langeGeschichte, und es wurden plausible, wohlformu-lierte pdagogische Grnde fr die verschiedenenMethoden vorgebracht. Wir wollen trotzdem hier

    fr unsere Zwecke ein eigenes Konzept fr Fehlerund ihre Korrektur entwickeln. (Weitere sinnvolleVerfahren finden sich bei Bartram & Walton, 1991).

    Beim Erlernen von Fremdsprachen werden immerFehler gemacht. Schlielich lernen wir durch Ver-such und Irrtum. Wir probieren etwas aus, undwenn wir damit das erreichen, was wir angestrebthaben, ist unser Verfahren richtig. Erzielen wir dengewnschten Erfolg nicht, haben wir ganz offen-sichtlich etwas falsch gemacht. Wenn wir nacheiner Zeitung fragen, obwohl wir eine Fahrkartebrauchen, werden wir eine Zeitung bekommen.Wir werden unseren Fehler bemerken und ver-suchen, ihn gutzumachen. Wenn wir Glck haben,ist jemand in der Nhe, der uns sagt, dass dasbentigte Wort Fahrkarte lautet. Und whrenddieses Vorgangs haben wir auch gelernt, wie maneine Zeitung kauft!

    Die Methode Versuch und Irrtum ist etwas ganzWesentliches beim Sprachenlernen in einem nichtformalen Kontext. Darber hinaus ist eine gewisse

    Abenteuerlust ntig, und man darf sich auch nichtdavor frchten, Risiken auf sich zu nehmen unddumm zu erscheinen. Es ist die Rolle des Lernen-den, sich wie oben beschrieben zu verhalten, ausFehlern zu lernen, gemeinsam mit anderen zu ler-nen, auf die eigenen Fehler und die der anderen zuachten und Spa am Abenteuer zu haben.

    Die Rolle des Lernmoderators bei der Fehlerkorrek-tur besteht darin, darauf zu achten, welche Fehlergemacht werden, und diese im passenden Momentund auf die passende Weise zu korrigieren. Das istgar nicht so einfach! Wenn das Ziel des Lern-prozesses darin besteht, Kommunikation zuermglichen, so muss die Fehlerkorrektur im Hin-

    tergrund bleiben und von beiden Seiten als Hilfs-mittel betrachtet werden, das es ermglicht, dassalle das Gleiche meinen.

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    Das Spektrum der Lernstile

    Empirisch Theoretisch

    Lernende vom empirischen Typ lerneneine Sprache am besten, wenn sie dieDinge ausprobieren knnen; wenn sieFragen stellen knnen und rasche Ant-worten bekommen; wenn sie ihr Kn-nen nicht bei Tests und Prfungenunter Beweis stellen mssen ; wenn siekeine Aufzeichnungen fhren mssen ;wenn sie Risiken eingehen und selbstdas Tempo bestimmen knnen ; wennsie keine Grammatikregeln lernen undnicht allzu viel in der Fremdsprachelesen und schreiben mssen; wenn siedie Fremdsprache mglichst oft im

    Gesprch anwenden knnen; wenn siesich keine Gedanken ber ihre Fehlermachen mssen und so flssig spre-chen knnen, wie sie es sich zum Zielgesetzt haben.

    Lernende vom theoretischen Typ ler-nen eine Sprache am besten, wennihnen die Sprache in schriftlicher Formprsentiert wird; wenn sie Regeln fralles bekommen; wenn sie alles auf-schreiben und ihren Lernprozess doku-mentieren knnen; wenn sie regelm-ig Tests absolvieren knnen, um ihreFortschritte besttigt zu bekommen;wenn sie die Sprache nicht in uner-probten Situationen sprechen mssen;wenn sie die Sprache lesen und schrift-lich Fragen zum Text beantworten kn-nen; wenn sie stndig verbessert wer-

    den und so korrekt sprechen knnen,wie sie es sich zum Ziel gesetzt haben.

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    Lesen Sie den folgenden Dialog und ber-

    legen Sie, auf welche Weise hier Fehler-

    korrektur geschieht :

    L = Lernender, M = Lernmoderator

    L. Ein Papier, bitte.

    M. Ein Blatt Papier?(Reicht ein Blatt Notizpapier.)

    L. Nein, ein Papier fr Wien!

    M. Einen Stadtplan?(Reicht einen Stadtplan von Wien.)

    L. Nein, nein... ein Papier, nach Wiengehen!

    M. Ach so! Sie brauchen ein Antrags-formular fr ein Visum nach Wien!

    L. Ja, danke!

    Der Lernmoderator/ die Lernmoderatorin war demLernenden dabei behilflich, das gewnschte Ergeb-nis zu erreichen. Der Lernende nahm Risiken aufsich und blieb hartnckig, bis er bekommen hatte,was er brauchte. Fehler wurden auf beiden Seitengemacht und implizit behandelt. In einem Unter-richtskontext ist es mglicherweise ntzlich, dieFehler des Lernenden zu einem anderen Zeitpunktexplizit zu behandeln. Dies kann durch bungs-dialoge in Form situationsbezogener Rollenspiele

    erfolgen, sodass der Lernende die fr den Aus-tausch notwendigen Formulierungen vorplanenund vorlernen kann. Das ist prventive Fehler-korrektur oder -vermeidung.

    Wenn wir an unsere Erfahrungen mit dem Sprach-training denken, so sehen wir, dass die Fehler-korrektur durch die Lehrer meist im Rahmen vonTests erfolgte, die blicherweise zeigten, wie vielwir whrend des Unterrichts nicht gelernt hattenund wie dumm wir deshalb waren.

    In einem nicht formalen Kontext werden die Ler-nenden dazu ermuntert, sich selbst oder die Kolle-gen zu berprfen und zu korrigieren, wann

    immer dies mglich ist. Am erfolgreichsten ist derLernprozess dann, wenn sich der Lernende be-wusst ist, dass er einen Fehler gemacht hat.

    Auf die Frage, was die wichtigsten Eigenschafteneines guten Lehrers/ einer guten Lehrerin seien,antworten die meisten Lernenden wohl: Er/sieverbessert meine Fehler. Doch wenn wir das kon-sequent betrieben, wrden wir wohl whrend des

    ganzen Lebens nichts anderes tun!

    Wenn das Unterrichtsziel darin besteht, sichmndlich verstndlich machen zu knnen, sobehindern stndige Unterbrechungen und Korrek-turen von kleinen und greren Fehlern die Kom-munikation, anstatt sie zu erleichtern. Politikerund Politikerinnen oder Sprecher verschiedenerinternationaler Organisationen geben manchmalInterviews in Deutsch im Radio und im Fernsehen.Ich bewundere dabei immer, wie flieend sie ihreBotschaft vermitteln knnen. Wenn ich pedantischwre, knnte ich natrlich in fast jeder uerungFehler in der Aussprache, der Betonung oder derAnwendung der Worte finden. Doch wir mssen

    uns nur mit denjenigen Fehlern beschftigen, dieeine Kommunikationsbarriere darstellen und dassind normalerweise sehr wenige. Die bermittlungvon Gedanken und Informationen ist auch einezweiseitige Angelegenheit. Wenn man nicht verste-hen will, versteht man auch nicht. Will man hinge-gen verstehen, wird das mglich sein! Die Rede-wendung auf taube Ohren stoen drckt diesesPhnomen sehr anschaulich aus. (Es gibt sicher invielen anderen Sprachen etwas Entsprechendes.)

    Ein Lernmoderator/eine Lernmoderatorin in einemnicht formalen Kontext sollte bei der Fehlerkorrek-tur immer sehr sensibel vorgehen und nur dannBedeutungen erklren und die korrekte Formliefern, wenn dies unbedingt ntig ist. Er sollte aufdie Fehler der Gruppe achten und sich Notizenmachen; zu einem spteren Zeitpunkt kann danndarber gesprochen werden. Er sollte auch auf dietypischen Fehler jedes einzelnen Lernenden ach-ten und die Gruppe auffordern, dem Betreffendenbei der Anwendung der korrekten Form zu helfen.Flssiges Sprechen soll immer im Vordergrund ste-hen, doch auch die Richtigkeit darf nicht vernach-lssigt werden.

    Wie richtig muss die geschriebeneSprache sein?

    Die Fehlerkorrektur in der geschriebenen Spracheist ein anderes Kapitel! Schreiben ist eine hherentwickelte Form der Sprache und eine kom-plexere, akademisch erlernte Fhigkeit. Alle Men-schen bentzen die gesprochene Form der Spra-che, doch weltweit ist nur eine Minderheit derMenschen alphabetisiert, das heit, sie knnenlesen und schreiben. Die geschriebene Spracheerfordert ein hheres Sprachniveau und einenhheren Grad an Korrektheit. Beim Schreibenmuss man bedenken, fr welchen Zweck und frwelches Publikum das Geschriebene bestimmt ist.

    Jemand schreibt, grob gesagt,

    fr den Beruf, fr das Studium, zum Vergngen.

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    Zum Vergngen schreiben Autoren, Dramatikerund Dichter, obwohl sich das bei ihnen manchmalmit der Arbeit berschneidet!

    Die meisten von uns schreiben aus beruflichen

    Grnden oder zu Studienzwecken. Beruflich zuschreiben bedeutet: Formulare ausfllen, Bewer-bungsschreiben verfassen, Geschftsbriefe, Memos,Berichte, Entwrfe schreiben und das mehr undmehr in Form von Emails. Zu Studienzweckenschreiben heit: Formulare ausfllen, sich Notizenmachen, Zusammenfassungen, Aufstze, Disser-tationen schreiben.

    Der Hauptunterschied zwischen geschriebenerund gesprochener Sprache ist, dass die erstgenannte

    einen hheren Grad an Korrektheit verlangt, wennsie effektiv sein soll. Die gesprochene Sprache istvergnglich, und Fehler bleiben meist unbemerkt,sofern das Gesagte nicht auf Tonband aufgenom-men und analysiert wird. Geschriebene Sprache

    hingegen ist etwas Dauerhaftes und liegt Schwarzauf Wei vor, fr alle lesbar. Etwas Geschriebeneskann man nicht zurcknehmen, man kann nichtleugnen, es gesagt zu haben, oder es widerrufen,wie wir es in der gesprochenen Kommunikationgerne tun. Wenn wir mndlich kommunizieren,besteht immer die Mglichkeit, dass der Hreretwas falsch versteht oder missversteht; niemandkann das verhindern. Deshalb mssen wirrechtlich relevante Dinge immer schriftlich vor-legen!

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    Gesprochene Sprache

    Spontan, ungeprobt (auer im Fall einer vor-geplanten Rede oder Vorlesung, wo meisteine geschriebene Form der Sprache vor-getragen wird)

    Vergnglich (auer bei Aufnahmen)

    Viele Fehlstarts, unvollstndige Stze undAndeutungen; korrekte Syntax ist nicht er-forderlich

    Keine Probleme mit Rechtschreibung undHandschrift!

    Bedeutung wird auch durch Stimmqualittvermittelt (Tonhhe, Intonation, Lautstrkeetc.).

    Wenn man jemandem direkt gegenber-steht, wird die Kommunikation auch durchnichtsprachliche Aspekte wie Krperspra-che, Augenkontakt etc. untersttzt (Ausdiesem Grund sind Telefongesprche nor-malerweise schwieriger!).

    Erfordert kein spezielles Material

    Verrt Emotionen

    Aussprache und Satzmelodie mssen be-

    achtet werden.

    Geschriebene Sprache

    Kann geplant und vor der Verwendungberarbeitet werden

    Ist etwas Dauerhaftes (sofern sie nicht zer-strt wird!)

    Stil, Register und Rhetorik mssen beachtetwerden.

    Rechtschreibung kann Probleme bereiten.

    Bei handschriftlichen Dokumenten kommtdie Dimension der Leserlichkeit hinzu.

    Kenntnis und korrekte Anwendung derSyntax erforderlich

    Erfordert mehr Zeit und Anstrengung

    Erfordert Schreibmaterial (Stift und Papieroder Computer und Drucker)

    Ist nur in einer alphabetisierten Umgebungwirksam

    Kann Emotionen verschleiern

    Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Unterschiede zwischengesprochener und geschriebener Sprache zusammen.

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    Auf Grund dieser Tabelle kann man sagen, dass esbei gesprochener Sprache auf Flssigkeit ankommt,whrend bei geschriebener Sprache Richtigkeitausschlaggebend ist und Fehler in diesem Fall kor-rigiert werden mssen. In einem nicht formalen

    Kontext hat die herkmmliche Rotstift-Methodejedoch sicherlich keinen Platz.

    Formelle schriftliche Kommunikation ist im Allge-meinen relativ formelhaft. Das heit, wir knnenModellstze ben, die wir in bestimmten Fllenverwenden. Formulare weisen meist eine standardi-sierte Form auf; beim Briefe schreiben gibt es be-stimmte Konventionen die Form der Anrede,vorgegebene Floskeln, Schlussstze, Gruformelnetc. , die eingelernt werden knnen. Auch frBerichte gibt es ein Schema mit Punkten undAbschnitten. Fr Sitzungsprotokolle verwendetman ebenfalls sehr stereotype Formulierungen, dieman einben kann.

    Der Lernmoderator/ die Lernmoderatorin sollteModelle und Beispiele fr diese standardisiertenschriftlichen uerungen bieten und den Lernen-den dabei helfen, sie ihren persnlichen Bedrfnis-sen entsprechend abzuwandeln.

    Das wichtigste Stadium beim Schreiben ist die Pla-nungsphase. Der Lernmoderator/ die Lernmodera-torin untersttzt die Lernenden dabei, For-mulierungen fr ihre Ideen zu finden und ihreGedanken in eine logische Reihenfolge zu bringen;er/sie hilft mit Vorschlgen fr den Aufbau, zumBeispiel Einleitung, die wichtigsten Gedanken, Zu-sammenfassung/Schlussfolgerung/Empfehlungen,er kontrolliert die Rechtschreibung und ermuntertzum Gebrauch von Wrterbchern, falls solcheverfgbar sind.

    Der Lernmoderator/ die Lernmoderatorin sollteauch whrend der Entwurfphase zur Stelle sein,um bei Bedarf sofort Hilfestellung bieten zu knnen.

    Dann berprft der Lernmoderator/ die Lernmo-deratorin den ersten Entwurf, macht Verbesserungs-vorschlge und stellt sicher, dass die endgltigeForm korrekt, knapp und lesbar ist.

    Eine gute Methode, um mit der schriftlichen Spra-che zurechtzukommen, ist der Aufbau einerDatenbank mit hufig bentigten Formulierun-gen, die als Modell verwendet werden knnen.Dies ist Aufgabe des Lernmoderators/der Lernmo-deratorin, der/die sich dabei ganz auf seine/ihremuttersprachliche Kompetenz verlassen und ein-fache, korrekte Schriftstcke produzieren sollte.Mit der Zeit werden diese Beispiele eine ntzlicheRessource fr den betreffenden Lernkontext wer-den, die durch nachfolgende Lernende und Lern-moderator ergnzt werden kann.

    Informelles Schreiben, wie das Schreiben vonBriefen oder Karten an Freunde, macht normaler-

    weise keine Probleme. Hier gelten die Regeln frformelles Schreiben einfach nicht, und es darf sogeschrieben werden, wie man spricht. Die Emp-fnger/innen oder Leser/innen werden alleRegelverletzungen verzeihen, sodass diese Art vonschriftlicher Kommunikation fr den Schreiber vielleichter und vergnglicher ist.

    Ich mchte noch eine kurze Anmerkung zur Kom-munikation per Email hinzufgen. Diese Form desschriftlichen Austausches scheint uns insofern vonden fr das Schreiben geltenden Konventionen zubefreien, als Fehler toleriert werden. In dieser elek-tronischen Form drfen sogar ansonsten eher for-male Schriftstcke in informellerem Stil geliefertwerden, ohne dass es eine Beleidigung darstellt.Das knnen wir nur begren, und es sollte dieMenschen dazu ermutigen, ungezwungener zuschreiben. Es wre aber natrlich schade, wenn derReichtum der traditionellen schriftlichen Formen,die Vorbild und Inspiration fr den Leser sind, ver-loren ginge.

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    Dieser Abschnitt liefert die theoretische Basis fr

    die Anwendung des aufgabenorientierten Lernensim Sprachtraining. Er umreit die Grundzgedieser Methode, bietet Erklrungen, weist daraufhin, was bei der Einfhrung des aufgabenorien-tierten Sprachtrainings zu beachten ist und be-schreibt schlielich ein konkretes Beispiel.

    Wir mchten in diesem Kapitel zeigen, wie gut sicheine leicht abgenderte Version des aufgabenorien-tierten Sprachtrainings fr einen nicht formalenLernkontext eignet, wie er im Rahmen der euro-pischen Sprachprogramme vorgesehen ist. DieseMethode sttzt sich in hohem Ma auf die Mitar-beit der Lernenden und ihr Weltwissen. Ganzwichtig sind die Informationen und Erfahrungen,

    die die Teilnehmer in den Unterricht mitbringen.Die Teilnehmer werden ihr Wissen, ihre Erfahrun-gen und ihre Meinungen austauschen. Dabei wer-den sie die Fremdsprachenkenntnisse bentzen,ber die sie bereits verfgen, und gleichzeitig wer-den sie mit neuen sprachlichen Elementen kon-frontiert werden und zahlreiche Strategien zurVerbesserung ihrer sprachlichen Fhigkeiten ent-wickeln.

    Beim aufgabenorientierten Sprachtraining kannder Lernmoderator/ die Lernmoderatorin authenti-sches, themenbezogenes Material verwenden, dasfr die Teilnehmer relevant ist und sie dazuermutigt, sich die Fhigkeiten anzueignen, die frdie erfolgreiche Ausfhrung von Aufgaben im All-tag notwendig sind.

    Begriffsdefinition

    Sprachwissenschaftliche Fachtermini sind berch-tigt wegen ihrer Mehrdeutigkeit. VerschiedeneBegriffe bedeuten fr unterschiedliche Menschenunterschiedliche Dinge. Der Klarheit halber folgteine Aufzhlung der wichtigsten Begriffe, die indieser Broschre verwendet werden, zusammenmit einer Erklrung.

    Aktivitt:

    Ein Vorgang, der als Schritt in Rich-tung auf die Erfllung der Aufgabe betrachtetwerden kann, ein Teil des Prozesses, Aufgabein Arbeit.

    Kooperatives Lernen: Gemeinsame Arbeit undgegenseitige Untersttzung, um einen maxi-malen Lernerfolg zu erreichen und die Aufgabemglichst gut zu erfllen. Das Gegenteil vonwettbewerbsorientiertem Lernen, bei dem jederLernende versucht, besser als die Kollegen zusein.

    Lernmoderator/Lernmoderatorin: Eine Per-son, die muttersprachliche Kompetenz in derzu erlernenden Sprache besitzt und in derLage ist, den sprachlichen Input zu liefern, der

    notwendig ist, um die Durchfhrung derAktivitten und die Erfllung der Aufgabe zuerleichtern.

    Lernerzentriert: Eine Methode, bei der die Be-

    drfnisse und Interessen der Lernenden imMittelpunkt des Lehrplans stehen.

    Lernstile/Lernstrategien: Verschiedene For-men des Studierens und Lernens; das Spektrumreicht vom empirischen bis zum theoretischenStil (Abschnitt 2.2 Rollen von Lernenden undLernmoderatoren).

    Materialien: Alles, was als Grundlage einerSprachlernaktivitt oder -aufgabe verwendetwird.

    Aufgabe: Das Endprodukt eines geplantenProzesses, fertige Arbeit.

    Thema: Jeder Inhalt, der Mglichkeiten zusituationsbezogenem Sprachenlernen bietet.

    2.2 Aufgabenorientiertes

    Sprachtraining

    2.2.1 Hintergrundinformationen

    Spracherwerb und Sprachenlernen:Was passiert dabei?Es gibt kein allgemein anerkanntes Modell dafr,wie man sich eine Sprache aneignet oder wieKinder das Sprechen lernen. Forschungsergebnissedeuten darauf hin, dass die Menschen die ange-borene Fhigkeit besitzen, die Sprache, der sie aus-gesetzt sind (ihre Muttersprache), zu strukturierenund Regeln daraus abzuleiten, sodass sie nochmehr sprachliche uerungen hervorbringen kn-nen, um sie in verschiedenen Situationen anzu-wenden (LAD, Language Acquisition Device undUniversalgrammatik, Chomsky 1965). Es gibt aberauch Forschungsarbeiten, die zeigen, dass auchtaube Kinder eine Sprache mit einer formalenStruktur entwickeln, ohne dass sie durch sprach-lichen Input stimuliert werden (Goldin-Meadow1990). Zu diesem Ergebnis gelangte man auchdurch das Studium der Pidgin-Sprachen. Dies sindSprachen, die von Menschen ohne gemeinsame

    Muttersprache gebildet werden, die untereinanderkommunizieren mssen und so eine neue Spracheschaffen. Die ersten khnen Entdecker und Han-delsreisenden verstndigten sich mit Pidgin-Sprachen. Wenn Pidgin-Sprachen von der nch-sten Generation als Muttersprache verwendetwerden, entwickelt sich daraus eine Kreolen-sprache (Bickerton 1984). Das bedeutet, eine neueSprache entsteht durch Menschen, die einerSprache ohne vollstndig ausgeformte Strukturenausgesetzt sind! Dieses Phnomen wird auch alsAnregungsarmut (Gleason und Ratner 1998)bezeichnet. Manche Theorien setzen auch die kog-nitive Entwicklung von Kindern und ihrenSpracherwerb miteinander in Beziehung. Hierin

    liegt ein weiterer groer Unterschied zwischendem Erwerb der Muttersprache und dem Erlerneneiner zweiten Sprache, das normalerweise erst

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    2 Aufgabenorientiertes Lernen

    2.1 Einfhrung und

    Begriffsdefinition

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    nach Abschluss der kognitiven Entwicklung in derKindheit geschieht (Bates 1979, Piaget 1926).

    Dies war nur ein ganz oberflchliches Hinein-schnuppern in dieses Fachgebiet, mit dem gezeigt

    werden soll, dass bei den Theorien ber Sprachen-lernen und Spracherwerb das letzte Wort nochlange nicht gesprochen ist. Es soll auch daran erin-nert werden, dass wir hier Ideen zum Erlernen vonFremdsprachen entwickeln wollen und nicht zumSpracherwerb. Wir mssen daher stets den Unter-schied zwischen dem Erwerb der Mutterspracheund dem Erlernen einer zweiten Sprache in einerspteren Lebensphase im Auge behalten. Wie wirin Abschnitt 2.1 Sprachen lernen und Sprachenlehren gesehen haben, gibt es auch zum ThemaFremdsprachen erlernen viele Theorien, die sichin Anstzen und Methoden zum Sprachtrainingniedergeschlagen haben.

    Lernerzentrierte AnstzeLernerzentrierte Anstze nutzen das Wissen, berdas die Lernenden bereits verfgen, und gehenvon deren Bedrfnissen und Interessen aus, wobeiMaterial, Aktivitten und Aufgaben entsprechendgewhlt werden. In allen Phasen werdenLernmoderator und Lernende zum Verhandelnermuntert. Das Lernen wird als gemeinsamesUnternehmen betrachtet. Wir mssen stetsbercksichtigen, in welchem Kontext ein be-stimmter Ansatz angewendet wird, und berlegen,wie der Lernende auf die Methode reagieren knn-te. Werden die Lernenden die gewhlte Methodebereitwillig annehmen? Wenn die Lernenden dievorgeschlagene Methode nicht kennen und ihr mitMisstrauen begegnen, muss der Lernmoderatormit ihnen verhandeln und dafr sorgen, dass siemotiviert sind und gern auf diese Art lernen. Nurso werden die Lernenden der Methode unvorein-genommen gegenberstehen. Es ist daher ganzwichtig, dass die Lernmoderator die jeweilige Lern-umgebung mit bercksichtigen und bei der Ein-fhrung neuer Anstze mit groer Sensibilittvorgehen (Abschnitt 2.2 Rollen von Lernendenund Lernmoderatoren).

    2.2.2 AufgabenorientiertesSprachtraining

    Beim aufgabenorientierten Sprachtraining wird dasLernen durch die Ausfhrung einer Reihe vonAktivitten gefrdert, die jeweils Schritte in Rich-tung auf die erfolgreiche Erledigung einer Aufgabesind. Der Schwerpunkt liegt hier nicht auf dem Ler-nen von verschiedenen Kapiteln in einem nichtkontextbezogenen Vakuum, sondern die Sprachewird als Mittel zur Erfllung authentischer Be-drfnisse im Alltag behandelt. Bei den Bemhun-gen, die Aufgabe zu erfllen, wird die Spracheunmittelbar im Lebensumfeld des Lernenden ange-wendet, wodurch das Lernen authentisch wird.Beim aufgabenorientierten Sprachtraining werdendie Formulierungen nicht vorab ausgewhlt und

    dem Lernenden prsentiert, der sie dann bt, son-dern sie werden mithilfe des Lernmoderators ausdem Lernenden herausgezogen, damit dieser die

    Anforderungen der Aktivitten und der Aufgabeerfllen kann.

    Das aufgabenorientierte Sprachtraining verlangtvon den Lernenden, mit ihrem Wissensschatz zu

    experimentieren und von ihrer Fhigkeit Ge-brauch zu machen, Schlussfolgerungen zu ziehenund die Sprache selbststndig zu analysieren, ummaximalen Nutzen aus einer Situation zu ziehen(Abschnitt 3.4 Ein konkretes Beispiel fr eine Auf-gabe ein Essen zubereiten). In diesem Beispielbesteht das Ziel der Lektion darin, gemeinsam einEssen zuzubereiten, wozu jeder beitragen kann.Dabei wird ein Groteil des Vokabulars zumThema Essen aktiviert. Wie wir sehen werden,muss das Men abgesprochen werden, Lebensmit-tel mssen gekauft und die Handgriffe aufgeteiltwerden. Um sie erfolgreich ausfhren zu knnen,werden die Teilnehmer auf die Aufgabe vorberei-tet, sodass sie sich der bentigten Formulierungen

    bewusst werden.

    Bei diesem Ansatz ist die wichtigste Antriebskraftdie Notwendigkeit zu kommunizieren. Das Schwer-gewicht liegt auf flssiger Kommunikation. Z-gerndes Sprechen, wie es ein strker didaktisieren-der Ansatz, der fehlerlose uerungen verlangt,hervorbringt, soll vermieden werden. Die Lernen-den sollen in einem natrlich vorkommendenKontext mit der Zielsprache konfrontiert werden.Das bedeutet, dass eventuell verwendete Materi-alien nicht extra fr den Unterricht hergestellt wer-den, sondern aus authentischen Quellen aus-gewhlt und adaptiert werden (Abschnitt 5Materialien auswhlen und verwenden).

    Der im Folgenden beschriebene Rahmen fr denaufgabenorientierten Sprachtraining ist eine Adap-tation der Methode nach Willis (1996). Bei dieserleicht abgenderten Methode liegt das Haupt-augenmerk auf der zu erfllenden Aufgabe. DieseAufgabe ist eine Unternehmung, die echte Bedrf-nisse des Lernenden erfllt. Bezogen auf europi-sche Jugendprogramme stehen diese Aufgaben mitden Ttigkeiten der Teilnehmenden im Zusam-menhang und spiegeln die Aufgaben und Situati-onen wider, mit denen sie konfrontiert sind. Wirwerden diese Methode nun anhand eines Schemaskurz prsentieren und anschlieend eingehend

    erklren.

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    Modell eines aufgabenorientierten Sprachtrainings

    (Nach Willis, Jane: A Framework for Task-Based Learning,Oxford: Longman 1996)

    2.2.3 Methodik

    EINFHRUNG IN DIE AUFGABE

    Laut Willis sollte der Lehrer/die Lehrerin (Lern-

    moderator) das Thema mit der Gruppe sondierenund ntzliche Wrter und Stze herausstreichen.Wenn der Lernmoderator Materialien verwendenmchte, so mssen diese bereits in diesem Stadiumeinen Bezug zur Aufgabe aufweisen. Bei der Vor-bereitung der Lernenden auf die zu erfllendeAufgabe muss der Lernmoderator/ die Lernmodera-torin berlegen, wie das gewhlte Material ein-gesetzt werden soll. Das Sondieren des Themasknnte mit Hilfe eines Bildes (Abschnitt 4.2), einesVideoclips (Abschnitt 5) oder eines Textes (Abschnitt4.3) erfolgen. Das verwendete Material dient dabeials Sprungbrett zur Erarbeitung des Inhalts bezie-hungsweise wichtiger Wrter und Phrasen. Es istSache des Lernmoderatorers/ der Lernmoderatorin,

    zu entscheiden, wie viel rein sprachliche Arbeit frdie Lernenden notwendig ist; er sollte jedoch immerbedenken, dass die Arbeit mit Materialien immernur eine Einfhrung vor der eigentlichen Aufgabesein soll.

    Beispiele:

    Auswertung von Materialien: Arbeit mit einem Bild/Text etc. zur Einfhrung in das Thema

    Brainstorming: eine Liste erstellen, Ideen vergleichen,Erfahrungen austauschen

    Aktivieren der Sprache: Vokabeln erarbeiten und zur

    Verfgung stellen

    EINFHRUNG INDIE AUFGABE

    VORBEREITUNG

    DER AUFGABE

    AUSFHRUNG

    DER AUFGABE

    NACHBEREITUNG

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    VORBEREITUNG DER AUFGABE

    Diese Phase wurde zu der von Willis verwendetenEinfhrungsphase hinzugefgt, um deutlich zu ma-chen, wie wichtig eine grndliche Vorbereitung derLernenden ist. In dieser Phase kann, wenn notwen-dig, die Aufgabe nochmals durchgesprochen werden,um die erforderlichen Formulierungen einzubenund die Lernenden so vertraut wie mglich mit demKontext zu machen. Wenn in der vorhergehendenPhase ein Brainstorming zur Erarbeitung der mitdem Thema in Zusammenhang stehenden Wrterdurchgefhrt wurde, so knnen die Lernenden indiesem Stadium dazu aufgefordert werden, zu disku-tieren, Argumente fr eine Debatte vorzubereitenoder Ideen fr eine Broschre zu entwickeln, mit derdie ffentlichkeit auf dieses Thema aufmerksam ge-macht werden soll.

    Die Lernenden erarbeiten ihren eigenen Input fr dieAufgabe, indem sie zum Beispiel

    einen Entwurf fr einen Bericht erstellen,

    ein Rollenspiel vorbereiten,

    einen Fragebogen erstellen, der spter angewendetwird,

    sich Argumente fr eine Debatte berlegen,

    in einem Brainstorming die notwendigen Formu-lierungen erarbeiten,

    die Sprache aktivieren, indem sie sich die notwen-digen Formulierungen zurechtlegen.

    EINFHRUNG INDIE AUFGABE

    VORBEREITUNG

    DER AUFGABE

    AUSFHRUNG

    DER AUFGABE

    NACHBEREITUNG

    DER AUFGABE

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    AUSFHRUNG DER AUFGABE

    In den ersten zwei Phasen wurden die Lernendensowohl mental als auch sprachlich umfassend auf dieAufgabe vorbereitet. Dieser Teil der Aufgabe soll eineTtigkeit, die Mitwirkende an der europischen Ju-gendarbeit tatschlich ausfhren mssen, so lebens-echt wie mglich widerspiegeln. Gleich, ob die Auf-gabe ausgefhrt, vorgefhrt, aufgenommen, alsganze Gruppe oder in kleinen Teilgruppen durchge-fhrt wird der Schwerpunkt liegt immer auf dererfolgreichen Ausfhrung der Aufgabe.

    Die Aufgabe wird von den Lernenden durchgefhrt,indem sie zum Beispiel

    ein Poster herstellen,

    ein Rollenspiel auffhren,

    eine Diskussion fhren,

    eine Broschre herstellen,

    Ergebnisse prsentieren.

    EINFHRUNG INDIE AUFGABE

    VORBEREITUNG

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    AUSFHRUNG

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    NACHBEREITUNG

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    NACHBEREITUNG DER AUFGABE

    Sprachliche Aufarbeitung

    Whrend der Ausfhrung der Aufgabe knnte sich der Lernmode-rator/ die Lernmoderatorin Notizen machen: Gibt es noch zustzlicheVokabeln, die man verwenden knnte? Gibt es Strukturen, die zuMissverstndnissen oder Verwirrung gefhrt haben? Htte manetwas anders ausdrcken knnen? Htte man manches treffenderausdrcken knnen, weniger abrupt, berzeugender etc.? Nach derAusfhrung der Aufgabe knnten die Teilnehmer/Teilnehmerinnenzum besseren Verstndnis nochmals einen Blick auf das Materialwerfen, wobei sie besonders auf Strukturen, schwierige oderungewhnliche Vokabeln etc. achten.

    Feedback und Evaluierung

    Vielleicht mchte der Lernmoderator/ die Lernmoderatorin eineFeedback-Sitzung abhalten, um darber zu sprechen, wie erfolgreichdie Aufgabe ausgefhrt wurde, und um Verbesserungsvorschlge zumachen. Die Teilnehmenden haben vielleicht den Wunsch, ber Fra-gen wie Zusammenarbeit, Leistung der Gruppe, Reaktionen auf dasThema oder die Menge des sprachlichen Inputs zu sprechen. Siemchten zum Ausdruck bringen, was ihnen gefallen hat und wasnicht. Eine Evaluierung der Aufgabe wird dem Lernmoderator/ derLernmoderatorin sicherlich Informationen bieten, die fr diePlanung weiterer Aufgaben ntzlich sind.

    Gedanken ber die Ausfhrung der Aufgabe

    War es ntzlich?

    Hat es Spa gemacht?

    Sprachliche Aufarbeitung, mglicher weiterer Input

    Arbeit mit zustzlichem Material, um weiteren sprachlichen Inputzu liefern

    Fehlerkorrektur

    Nachbetrachtung durch die Lernenden

    Anregungen von anderen Teilnehmenden:

    Knntest du erklren, ...?, Knntest du wiederholen ...?

    EINFHRUNG INDIE AUFGABE

    VORBEREITUNG

    DER AUFGABE

    AUSFHRUNG

    DER AUFGABE

    NACHBEREITUNG

    DER AUFGABE

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    SprachtrainingT-Kit2.2.4 Sprachliche Fhigkeiten

    und Lernstile

    Wenn die Lernenden aufgefordert werden, sich mitallen ihnen zur Verfgung stehenden Worten auszu-

    drcken (Willis 1996), so kann es sein, dass sichTeilnehmende, die mit einem solchen Lernkontextnicht vertraut sind, unwohl fhlen und nicht pro-duktiv sein knnen. Das bedeutet nicht, dass ineinem derartigen Fall auf diese Form des Lernensverzichtet werden sollte. Der Lernmoderator/ dieLernmoderatorin muss sich vielmehr bewusstmachen, dass die Lernenden mehr Zeit brauchen,sich darauf einzustellen, Mut zu fassen und Selbst-vertrauen aufzubauen. Manche Teilnehmer habenvielleicht das Gefhl, ins tiefe Wasser geworfen zuwerden, ohne schwimmen zu knnen, vor allem,wenn sie mit Menschen zusammenarbeiten, dieselbstbewusster sind als sie selbst. Die Gruppen-dynamik hat groen Einfluss auf den Erfolg oder

    Misserfolg von Arbeitsgruppen. Wenn ein un-sicherer Teilnehmer in einer Gruppe arbeitet, dieihn untersttzt, so wird er viel Erfahrung sammelnknnen, auch wenn er noch nicht bereit ist, an dieGrenzen seiner Fhigkeiten zu gehen. Wie bereitsin der Einleitung gesagt wurde (Abschnitt 1.2),erfordert eine derartige Methode abenteuerlustige,risikobereite Lernende; daher muss die Abenteuer-lust von den Lernmoderatoren gegebenenfallsetwas untersttzt werden.

    Wenn das Sprachniveau der Lernenden noch nichtausreicht, um die Aufgabe selbststndig vorberei-ten zu knnen, muss die Methode abgendert wer-den, und jeweils so viel sprachlicher Input gebotenwerden, wie es die Situation erfordert. Dabei sollteman jedoch dem Grundprinzip des Ansatzes treubleiben und darauf achten, dass der sprachlicheInput immer mit der Aufgabe in Zusammenhangsteht. Durch einen funktionellen Zugang zumSprachtraining werden sich die Lernendenbewusst, dass Sprache immer in einem Kontextangewendet wird und dass sie fr Situationen imAlltag bentigt wird. Wichtig ist, dass die fr dasaufgabenorientierte Lernen entwickelten Materi-

    alien in verschiedenen Varianten zur Verfgungstehen, um auch den Bedrfnissen von Anfngernund wenig Fortgeschrittenen gerecht zu werden.

    Diese Methode des aufgabenorientierten Sprach-trainings ist auch fr Anfnger geeignet, sofern derLernmoderator/ die Lernmoderatorin ihre Bedrf-nisse bercksichtigt und flexibel genug ist. Dersprachliche Input whrend Einfhrungs- und Vor-

    bereitungsphase ist in diesem Fall entsprechend zuwhlen. Lernende auf dieser Schwierigkeitsstufebitten den Lernmoderator/ die Lernmoderatorinmglicherweise hufiger, innezuhalten, etwas zuerklren und zustzliche Beispiele fr die verwen-deten Strukturen zu bringen. Das Ziel jedoch bleibtdas gleiche: die Erfllung einer lebensechtenAufgabe und die Ausfhrung der dazu notwendi-gen Schritte.

    2.3 Wichtige Faktoren

    Beim aufgabenorientierten Sprachtraining sindverschiedene Faktoren zu bercksichtigen, vondenen wir einige im Folgenden besprechen wollen.

    2.3.1 Profil der Lernenden

    Bei der Vorbereitung der Materialien vor der An-kunft der Gruppe sollte man ein Profil der Gruppeerstellen. Auch wenn es nicht ganz exakt seinsollte, ist es doch ein Anhaltspunkt, von dem manausgehen kann. Es hilft, wenn man bei derAuswahl des Materials eine bestimmte Gruppe vorAugen hat. Feinabstimmungen kann man sptervornehmen, wenn dies notwendig sein sollte. Esgibt kaum einmal eine homogene Gruppe, auchwenn die Teilnehmer aus dem gleichen Land kom-men.

    Zwar werden alle Teilnehmer/Teilnehmerinnenetwas mit europischer Jugendarbeit zu tun habenund hnliche Ziele und Interessen haben, doch ihr

    jeweiliger Lernhintergrund ist sicherlich ganzunterschiedlich. Man muss darauf gefasst sein,dass es mglicherweise ebenso viele Hintergrndewie Teilnehmende gibt! Jede Person bringt ihreeigenen Erfahrungen, Gefhle und Ansichten mit,

    die whrend eines Kurses zum Vorschein kommenknnen. Manche Teilnehmer/innen sind vielleichtnicht bereit oder sind es nicht gewohnt, ber strit-tige Themen zu diskutieren. Sie kommen mg-licherweise aus einem sehr reglementierten Ler-numfeld, in dem man Informationen nicht selberproduziert, sondern nur aufnimmt. Sie sind esnicht gewohnt, kontroverse Meinungen zum Aus-druck zu bringen oder sich in einer bunt zusam-mengesetzten Gruppe zu uern. In diesem Fallmuss man besprechen, wie vorgegangen werdensoll, wenn fr die Aufgabe eine ganz bestimmteMethode notwendig ist. Andere Teilnehmer/innenwollen mglicherweise nicht mit anderen Teil-nehmenden ben, da sie bisher immer nur einem

    Lehrer/ einer Lehrerin geantwortet haben. Wiederandere erwarten vielleicht vom Lernmoderator/von der Lernmoderatorin, dass er/sie alle Antwor-

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    ten liefert, und finden es ungewhnlich, dass siehier whrend der Lektionen mit anderen Teil-nehmenden interagieren sollen.

    Ein entscheidendes Element jedes Sprachtrainings

    besteht auch darin, den Lernenden zu zeigen, wieman lernt. Man kann etwa ber verschiedene Lern-stile diskutieren, sie vorzeigen und erklren. Dasist wichtig, damit die Lernenden eine eigeneLernstrategie entwickeln knnen. Wenn man diesgleich zu Beginn des Kurses tut, verhilft man damitvielleicht sogar neuen Methoden wie dem auf-gabenorientierten Lernen zum Durchbruch.

    Faktoren, die der Lernmoderator/ die Lernmodera-torin bercksichtigen sollte, sind Alter undeventuelle spezielle Bedrfnisse der Teilneh-menden, ihre Rolle in der europischen Jugend-arbeit, ihre Grnde, warum sie die Sprache lernenwollen, verschiedene soziale Gegebenheiten, die

    bisherigen Lerngewohnheiten und -erfahrungender Teilnehmer. Er sollte sich berlegen, wie er dieTeilnehmenden zu selbstbewussten und aben-teuerlustigen Lernenden machen kann (Abschnitt2.2 Rollen von Lernenden und Lernmoderatoren).

    Ausschlaggebend fr die Auswahl der Aufgabenwerden vermutlich die Wnsche der Teilneh-menden sein. Es ist wenig sinnvoll, bestimmteAktivitten zu verlangen, wenn die Lernenden sienur unwillig ausfhren. Die Teilnehmer habenunterschiedliche Terminplne, auch das wird inder Gruppe zu organisieren und zu besprechensein. Wenn die Erwartungen, Anforderungen undWnsche der Teilnehmer bercksichtigt werden,wird man sicherlich einen Kurs zustandebringen,der die dringendsten Bedrfnisse der meisten Be-troffenen erfllt. Es soll nochmals daran erinnertwerden, dass eine unbliche Methode einer Grup-pe nicht ohne Diskussion aufgedrngt werden kann.Der Lernmoderator wird seine Vorgehensweiseund Methode den Wnschen der Gruppe anpassenund sie whrend des Kurses eventuell auch abn-dern mssen, wenn eine Zwischenbewertung diesnahe legt. Sollte es der Lernmoderator/ die Lern-

    moderatorin fr notwendig halten, die Teilnehmermit einer neuen Methode zu konfrontieren, somuss er dies mit ihnen besprechen. Die Teilnehmerwerden dann oft mit berraschung feststellen,wie viel Spa ihnen bisher unbekannte Methodenmachen!

    An welchem Ort das Training stattfindet, hatunvermeidlich einen E