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246 J. MAYER : 12. J. MAYER-Wien/0sterr.: Tempor~ire Recurrensschiidigungen im Tierexperiment. (Mit 3 Textabbildungen.) Die Kenntnis fiber Reeurrenssch~digungen sind ffir den Chirurgen und Laryngologen yon ausschlaggebender Bedeutung. Vor allem sind es die tempori~ren,reversiblen Sch~digungen am Nerven, die yon besonderem Interesse sind, da sie doch am Erfolgsorgan eine Restitution zulassen. Die akute Sch~digung eines Nerven, sei es durch Quetschung,stumpfes Trauma usw. unterscheidet sich yon der chronischen Schiidigung wie durch Dauerdruck, sowohl bezfiglich der Prognose der Restitution als aueh der morphologischen Veri~nderungen am Nerven selbst. Hat die chronische Seh~digung des Nerven nach KRiYCKE eine ungfinstige Restitutions- prognose, so ist sie beim akuten Trauma wesentlich gfinstiger. Untersuchungen an den versehiedensten Nerven zum Zweck des Studiums des Funktionsausfalles am Erfo]gsorgan oder der histologisch- morphologischen Veriinderungen am Nerven selbst wurden yon zahl- reichen Autoren durchgefiihrt. HILLER, BROW~ U. DOHERTY studierten die morphologischen Vergnderungen ~m peripheren Nerven wie am N. ischiadicus yon Katzen bei Kontusion, Schul]- verletzungen und Durchtrennungen. Sie funden, dal~ bei leichter Kontusion die Schgdigung der Markseheiden im Vordergrund steht. Je geringer die Schgdigung derselben is~, desto besser ist die ldinische Prognose einer friihzeitigen und be- friedigenden Wiederherstellung der Funktion. Bei der sehweren Verletzung zeigen sich auch Schadigungen am Achsenzylinder wie Kontinuit~tsdurehtrennungen. Es finden die zentralen Achsenzylinder nicht mehr oder in ungentigender Anzahl den AnschluB an die peripheren geschgdigten. In solchen F~llen kann der ~erv ~uch makroskopisch in seiner Xontinuitgt erhalten sein. So sehen wir in unserer klinischen Praxis, dab auch bei makroskopisch nicht geschgdig~en Nerven eine restitutio am Erfolgsorgan ausbleibt, da die feingewebliche S~ruktur zerstSrt ist. Am N. reeurrens wurden die funktionellen zum Teil aueh morphologischen Vergnderungen in zahl- reiehen klinischen und tierexperimentellen Versuchen studiert und oft leidenschaftlich diskutiert, tiber KI~AUSE, SEMON-t%OSENBACIt, HOFE]r u. JESCHEK geht die Diskussion noch weiter. Uns interessierte vor allem der Zusammenhang zwischen Art und Grad der Sehiidigung des N. reeurrens und die Zeitdauer bis zum Eintritt der Restitution. Gleichzeitig untersuchten wir die histologiseh morpho- logischen Veranderungen am Nerven zur Zeit der gesetzten Sehadigung und nach erfolgter Restitution. Da derartige Untersuchungen gar nieht oder nut unzusammenhi~ngend vorliegen, machten wir Ms Beitrag zur Klarung der aufgewoffenen Fragen tierexperimentelle Untersuchungen. Methodik In J~thernarkose wurde bei I(atzen der linke N. recurrens so schonend als m6glich auf einer 2 cm langen Strecke freigeleg~ und bei einer Gruppe yon 5 Tieren mit einer Klemme gefal3t und nach 1 min dieselbe wieder entfernt. Gleichzeitig

Temporäre Recurrensschädigungen im Tierexperiment

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Page 1: Temporäre Recurrensschädigungen im Tierexperiment

246 J. MAYER :

12. J. MAYER-Wien/0sterr.: Tempor~ire Recurrensschiidigungen im Tierexperiment. (Mit 3 Textabbildungen.)

Die Kenntnis fiber Reeurrenssch~digungen sind ffir den Chirurgen und Laryngologen yon ausschlaggebender Bedeutung. Vor allem sind es die tempori~ren,reversiblen Sch~digungen am Nerven, die yon besonderem Interesse sind, da sie doch am Erfolgsorgan eine Restitution zulassen. Die akute Sch~digung eines Nerven, sei es durch Quetschung,stumpfes Trauma usw. unterscheidet sich yon der chronischen Schiidigung wie durch Dauerdruck, sowohl bezfiglich der Prognose der Restitution als aueh der morphologischen Veri~nderungen am Nerven selbst. Hat die chronische Seh~digung des Nerven nach KRiYCKE eine ungfinstige Restitutions- prognose, so ist sie beim akuten Trauma wesentlich gfinstiger.

Untersuchungen an den versehiedensten Nerven zum Zweck des Studiums des Funktionsausfalles am Erfo]gsorgan oder der histologisch- morphologischen Veriinderungen am Nerven selbst wurden yon zahl- reichen Autoren durchgefiihrt.

HILLER, BROW~ U. DOHERTY studierten die morphologischen Vergnderungen ~m peripheren Nerven wie am N. ischiadicus yon Katzen bei Kontusion, Schul]- verletzungen und Durchtrennungen. Sie funden, dal~ bei leichter Kontusion die Schgdigung der Markseheiden im Vordergrund steht. Je geringer die Schgdigung derselben is~, desto besser ist die ldinische Prognose einer friihzeitigen und be- friedigenden Wiederherstellung der Funktion. Bei der sehweren Verletzung zeigen sich auch Schadigungen am Achsenzylinder wie Kontinuit~tsdurehtrennungen. Es finden die zentralen Achsenzylinder nicht mehr oder in ungentigender Anzahl den AnschluB an die peripheren geschgdigten. In solchen F~llen kann der ~erv ~uch makroskopisch in seiner Xontinuitgt erhalten sein.

So sehen wir in unserer klinischen Praxis, dab auch bei makroskopisch nicht geschgdig~en Nerven eine restitutio am Erfolgsorgan ausbleibt, da die feingewebliche S~ruktur zerstSrt ist. Am N. reeurrens wurden die funktionellen zum Teil aueh morphologischen Vergnderungen in zahl- reiehen klinischen und tierexperimentellen Versuchen studiert und oft leidenschaftlich diskutiert, t iber KI~AUSE, SEMON-t%OSENBACIt, HOFE]r u. JESCHEK geht die Diskussion noch weiter.

Uns interessierte vor allem der Zusammenhang zwischen Art und Grad der Sehiidigung des N. reeurrens und die Zeitdauer bis zum Eintr i t t der Restitution. Gleichzeitig untersuchten wir die histologiseh morpho- logischen Veranderungen am Nerven zur Zeit der gesetzten Sehadigung und nach erfolgter Restitution. Da derartige Untersuchungen gar nieht oder nut unzusammenhi~ngend vorliegen, machten wir Ms Beitrag zur Klarung der aufgewoffenen Fragen tierexperimentelle Untersuchungen.

Methodik In J~thernarkose wurde bei I(atzen der linke N. recurrens so schonend als

m6glich auf einer 2 cm langen Strecke freigeleg~ und bei einer Gruppe yon 5 Tieren mit einer Klemme gefal3t und nach 1 min dieselbe wieder entfernt. Gleichzeitig

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Tempor/~re Recurrenssch/~digungen im Tierexperimen~ 247

wurde endoskopisch kontrollier~ und festgestellt, dal3 eine Parese der Stimmlippe eingetreten ist. Bei einer zweiten Versuehsreihe yon 5 Katzen wurde start der Klemme eine Catgutligatur gesetzt und dieselbe nach 1 rain unter der Lupe wieder gelSst. Gleiehzeitig erfolgte die endoskopisehe Kontrolle. Es wurden in Abst/~nden yon einer Woehe endoskopisehe Untersuchungen durehgefiihrt, hTach Eintritt der vollkommenen Funktion des anfi~nglieh gelahmten Stimmbandes wurde das Tier abermals operiert und das geklemmte bzw. ligierte Nervensttick reseziert. Nach Fixation in 10% Formalin wurden die Gefrierschnitte mit Hamatoxylin Eosin, H~matoxylin Sudan, VA~ GIESO~ und nach SrlELM~Y~I~ gefi~rbt und Silber- impr/~gnationen naeh JAB.~I~O u. Gl~oi~s-SeI~tlLzn angefer~igt. Als Vergleichs- pri~parate wurde ein Tefl des N. reeurrens friseh gequetseht bzw. ligiert und eben- falls den oben angefiihrten Fi~rbemethoden unterzogen.

Ergebnisse Klinisch. Bei Schi~digung des Nerven mit der Klemme t ra t die voll-

kommene Funktion der Stimmlippe nach sp~testens 3 Wochen ein. Auf den Ablauf des Bewegungsmeehanismus der Stimmlippen soll hier nicht welter eingegangen werden.

Bei der Traumatisierung des Nerven durch eine gelSste Ligatur war die 57ormalfunktion des Stimmbandes nach 4 Wochen festzustellen.

Histologisch. Der friseh dureh Klemme traumatisierte Nerv zeigt (Abb. 1) bei der Untersuchung eine Verdiekung an der Stelle der Quet- sehung durch 5dematSse Aufloekerung der Markseheiden und Neuro- fibrillen. Nur einzelne Markseheiden zeigen Zerfallserseheinungen derart, da$ sie aufgetrieben sind und kSrnigen Zerfall aufweisen. Diese Schi~di- gungen der Markseheiden sind vorwiegend in den oberfl/~ehliehen Lagen festzustellen.

Der frisch durch Ligatur gesehadig~e Nerv zeigt (Abb. 2) an der Ligaturstelle selbst die zentralen Markscheiden zum Tell unterbrochen. In der Umgebung der Ligatur finder sieh eine Aufloekerung und teilweise kSrniger Markscheidenzerfall. Die Neurofibrillen sind, durch ein 0dem bedingt, starker auseinandergedr/~ngt. Einzelne Fibrillen sind unter- brochen. Im Perineurium sieht man spgrliehe Blutungen.

Die histologische Kontrolle des gequetschten Nerven zeigt naeh wieder- eingetretener Normalfunk~ion des Stimmbandes (naeh 3 Woehen) nur in den dberfl/iehlichen Lagen geringe degenerative Markseheidenver/~nde- rung (dieselben sind aufgetrieben).

Die gelSste Ligaturstelle zeigt nach Wiedereintritt der Normalfunk- tion des Stimmbandes (naeh 4 Woehen) folgenden Befund (Abb. 3): An der Ligaturstelle ist der Nerv eingezogen, die oberfl~chlichen Mark- scheiden sind unterbrochen, im ZenSrum vertaufen sie kontinuierlich, zeigen aber degenerative Veri~nderungen. In der Umgebung der Ligatur- stelle sind die peripheren und zentralen Markscheiden degenerativ ver- ~ndert. Die Neurofibrillen sind durch ein 0dem dissoziiert. In der van- G~sosr-F/irbung sieht man an der Ligaturstelle das endo- und perineurale Bindegewebe deutlich vermehrt; der Nerv ist sichtbar verschm~lert.

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Abb. 1. Fr isch du tch K l e m m e t r auma t i s i e r t e r N. recurrens der Ka tze nach SI ' I~L~YER geft~rb~. Markschei4envedinclerungen

Abb. 2. Fr i sch clutch L iga tu r gesch~idigter N. recurrens, nach SPIEL~IEYEE gef~trbt.

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Tempor/~re 1%ecurrenssch/~digungen im Tierexperiment 249

Bespreehung der Ergebnisse Bei kurzer, wenn auch ziemlich kr/iftiger Traumatisierung des Nerven

wie nach Quetschung bzw. gelSster Ligatur kommt es nach relativ kurzer Zeit (3--4 Woehen) zu einer vollst/~ndigen funktionellen Restitution am Erfolgsorgan. Die histologisch sichtbare Traumatisierung zeigt sich trotz dieser nicht geringen Traumen meist nur in einer MarkseheidenzerstSrung in de,1 peripheren Lagen. Die Neurofibrillen selbst zeigen geringe Ver/inde-

Abb. 3. Derselbe Nerv wie in Abb. 2 nach Wiedereintrit~ der .Normalfunktion des Stimmbandes. (4 Wochea n a c h der Traumatisierung) l~rbung nach SPIIELMEYE:g

rungen, sie sind also weniger empfindlich als die Markseheiden. Be- merkenswert ist die betr~ichtliche Vermehrung des endo- und perineuralen Gewebes an der Ligaturstelle, in welches hinein die Wucherung der SCHWANNsehen Zellen erfolgt. Dieses Bindegewebe spielt hier die Rolle einer Leitbahn ftir die l%egeneration des 1Nervengewebes und nieht die eines Narbengewebes. Dieses geht nach HILLElg vom Peri- und Epineurium aus und wirkt Ms Barriere ffir die Sprossung der Nervenfassern. Ent- scheidend fiir die Restitution des Nerven scheint der Umstand zu sein, dab die Druckwirkung nur yon kurzer Dauer ist. Obwohl die Nerven- fasern oft bis auf einen Bruchteil ihres Kalibers komprimiert werden bleibt doeh ein Tell der Aehsenzylinder (meist sind es die zentralen) in ihrer Kontinuitiit erhalten und unversehrt.

Zusammenfassung In einer Versuchsreihe werden bei Ka%zen tempor~ire mechanische

Sehiidigungen durch Klemme und Ligatur am 57. recurrens einer Seite

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250 O. N o v o ~ :

gesetzt und der weitere Verlaui durch direkte Laryngoskopie klinisch am Erfolgsorgan beobaehtet. Hierbei finder sich, da] im Verlauf yon 3 bis 4 Wochen unter standiger endoskopiseher Kontrolle wieder vSllige restitutio eintritt. Die gesetzten frisehen Seh~digungen am Nervcn und der l%estitutionszust~nd werden histologisch untersucht. Dabei zeigt sich, da~ trotz des nicht geringen Traumas, wie z.B. Ligatur, dieVer~nderungen sieh nur in Markseheidensehi~digungen zeigen. Die Neurofibrillen zeigen nur geringe Veri~nderungen.

Literatur B~ow~, D., and M. 1~. DOHERTY: Arch. of Neur. ,~4, 116 (1945). - - HILLER, F. :

Dtsch. Z. Nervenheilk. 160, 176--195 (1949). - - J. of Neuropath. 7, 94 (1948). - - J~,SCI~EK: Arch. Ohren- usw. Heflk. u. Z. Hals- usw. I-teilk. 162, 237--303 (1953). - - K~avs~: Virchows Arch. 102, 301 (1885). - - Berl. klin. Wschr. 1892, 478. - - K~i~cxn: Erkrankungen d. peripheren Nerven: LvB~se~, HEdge. t~SSSLE, Handb. d. path. Anat. Springer 1955. - - SE~o~-Ros~B~C~: Handb. Hnu162 Bd. !/1.

13. 0. N0VOTNu ~ber die Operation nach erlolgloser Arypexie.

Es ist eine bekannte Tatsache, da~ die Arypexie (Laterofixation) bei fast allen Operateuren nicht yon einem 100 ~ igen Effolg begleitet ist. Die Zahl der Versager ist ziemlich einheitlich und dfirfte im I)urchschnitt bei etwa 10~ liegen.

KInG berichtet fiber 2 Versager bei 108 Operationen, HS~BST fiber 1 bei 18 (bzw. 3 bei 31), KECHT iiber 2 bei 31, M~va~A~ 2 yon 20, C L ~ 3 yon 66, NOVOT•Y 2 yon 20, WOODMA~ 61 yon 521, T~O~ELL 13 yon 160, KaESSNE~ 7 yon 57 usw.

Die Erfolge verbessern sich zwar bei zunehmender Erfahrung - - Kl~SSN]~ ist, alle F~lle berficksichtigt, in 12,3 ~o mit der Atmung nicht zufrieden, unter den letzten 30 Patienten sind nur mehr 6,7 ~o Versager - - es bleiben aber immer Patienten, die nicht dekaniiliert werden kSnnen. Auch diesen Kranken kann geholfen werden, indem man die andere Seite operiert (H61~BST, THOR~ELL, HAVENS, WOODMAN, HOLINGER). Besonders originell und damit speziell erwi~hnenswert scheint bier das Operations- verfahren yon BER~NDES, dessen Technik ein l%egulieren der Glottis- weite, ein Nachstellen, allerdings im Wege eines 2. Eingriffes, zul~l~t. Die stellknorpelexstirpierenden Methoden sollen eine beidseitige Ausiiihrung laut H o o v ~ nicht zulassen, da es sonst zu einem Kollaps des Larynx kommen kSnnte. Anch CL~Rr spricht sich gegen eine beidseitige Opera- tion aus, weft die fixierten Stimmb~nder mit Sicherheit das Wieder- eintreten einer stimmhaften Sprache vermissen ]assen; i~hn]iches meint WooDmAn.

Es besteht somit sieher ein Bedarf an korrigierenden Eingriffen naeh Laterofixation und wit haben uns die Frage vorge]egt, welehe Techn~k in