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The Investigation of OrganicReactions and their Mechanisms
Herausgegebenvon HowardMaskill. Blackwell,Oxford 2006.392 S., geb.,99.50 £.—ISBN1-4051-3142-1
Die spektakul�ren Fortschritte der or-ganischen und metallorganischen Syn-these in den letzten Jahrzehnten w�renunm�glich gewesen ohne das Verst�nd-nis chemischer Reaktivit�t, wie es durchdie mechanistischen Untersuchungen inder Mitte des 20. Jahrhunderts geschaf-fen wurde. Heute sehen wir es alsSelbstverst�ndlichkeit an, dass moderneLehrb)cher f)r die Einf)hrung in dieorganische Chemie meist eine mecha-nistische Herangehensweise w�hlen.Dennoch spielt die Aufkl�rung vonReaktionsmechanismen im Unterrichtvieler Hochschulen nur noch eine un-tergeordnete Rolle, sodass mancherHochschul-Absolvent hilflos ist, wennes darum geht, den Mechanismus einerReaktion aufzukl�ren. Hier will diesesBuch Hilfestellung leisten: „This book isto help chemists who do not have astrong background in physical/mecha-nistic organic chemistry but who want tocharacterise an organic chemical reac-tion and investigate its mechanism. Theymay be in the chemical or pharmaceuti-cal manufacturing industry and need re-action data to help identify reactionconditions for an improved yield or ashorter reaction time, or to devise saferreaction conditions. Another potential
user could be a synthetic chemist whowants to investigate the mechanism of anewly discovered reaction in order, forexample, to optimise reaction conditionsand avoid troublesome side reactions.“Howard Maskill, Autor der von mir
sehr gesch�tzten Monographie ThePhysical Basis of Organic Chemistry(1985), ist es gelungen, sehr kompetenteAutoren f)r das vorliegende Werk zugewinnen, und in den Kapiteln, die zubeurteilen ich mir zutraue, sind mirkaum sachliche Fehler aufgefallen. Ichbin auf zahlreiche interessante und ak-tuelle Literaturhinweise gestoßen undwurde durch die Lekt)re angeregt,wieder einmal eine Vorlesung )ber dieAufkl�rung von Reaktionsmechanis-men zu halten, wobei dieses Buch einewertvolle St)tze sein wird.Der Aufbau des in zw�lf Kapitel
unterteilten Werks ist f)r mich jedochnicht nachvollziehbar. Das Buch be-ginnt mit drei Beitr�gen, die unter demStichwort „Methoden zur Aufkl�rungvon Reaktionsmechanismen“ zusam-mengefasst werden k�nnen: dem vonT. W. Bentley verfassten Kapitel 2 „In-vestigation of Reaction Mechanisms byProduct Studies“ und den von H. Mas-kill zusammen mit M. Canle und J. A.Santaballa verfassten Kapiteln 3 und 4„Experimental Methods for Investiga-ting Kinetics“ und „The RelationshipBetween Mechanism and Rate Law“.Damit unmittelbar verkn)pft ist C. I. F.Watts Beitrag „The Detection andCharacterisation of Intermediates inChemical Reactions“, das erst in Kapitel9 folgt. F)r sich genommen ist jedesdieser Kapitel eine interessante undn)tzliche Lekt)re f)r Leser, die mit derThematik schon vertraut sind und nichtirritiert werden, wenn Gedankeng�ngemit Hinweis auf Fortsetzung in anderenKapiteln unterbrochen werden. F)r dieeingangs erw�hnten Adressaten desBuches w�re es jedoch hilfreich gewe-sen, wenn man den Inhalt dieser vierKapitel so aufbereitet h�tte, dass eineAnleitung zum systematischen Vorge-hen bei der Aufkl�rung von Reaktions-mechanismen herausgekommen w�re.Auf diese Weise h�tten sich auch diezahlreichen Bberschneidungen zwi-schen diesen Kapiteln beseitigen lassen.W�hrend in den Kapiteln 2, 3, 4 und
9 das allgemeine Handwerkszeug ver-mittelt wird, folgen in den )brigen Ka-
piteln speziellere Abhandlungen. InKapitel 5 „Reaction Kinetics in Multi-phase Systems“ beschreibt J. H. Ather-ton die Komplikationen, die bei den inder industriellen Praxis besonderswichtigen Mehrphasensystemen auftre-ten. O. Hammerich nimmt in seinemBeitrag in Kapitel 6 „ElectrochemicalMethods of Investigating Reaction Me-chanisms“ R)cksicht auf den mit elek-trochemischen Verfahren nicht vertrau-ten Leser und gibt viele praktischeHinweise. In Kapitel 7 „ComputationalChemistry and the Elucidation of Me-chanism“ gibt P. R. Schreiner einenknappen Bberblick )ber die Leistungs-f�higkeit der meist genutzten theoreti-schen Methoden und diskutiert die Ro-tationsbarrieren des Ethans und dieStruktur des Norbornylkations. Im dar-auffolgenden Kapitel „CalorimetricMethods of Investigating OrganicReactions“ beschreiben U. Fischer undK. Hungerb)hler die Grundlagen derReaktionskalorimetrie und deren An-wendungen zur Bestimmung der Reak-tionskinetik wie auch die IR-ATR-Spektroskopie und deren Kopplung mitder Kalorimetrie. Warum die Compu-terchemie zwischen Elektrochemie undKalorimetrie platziert wurde, ist unver-st�ndlich.Die Kapitel 10–12 zeigen schließlich,
wie die in den Kapiteln 2–4 und 9 ein-gef)hrten Methoden verwendet werdenk�nnen, um bestimmte Reaktionstypenund Intermediate mechanistisch zuuntersuchen. F. Aldabbagh, W. R.Bowman und J. M. D. Storey befassensich in Kapitel 10 mit „Investigation ofReactions Involving Radical Interme-diates“. Im Kapitel 11 „Investigation ofCatalysis by Acids, Bases, Other SmallMolecules and Enzymes“ gelingt A.Williams der Br)ckenschlag von derklassischen organischen Chemie zurBiologie. Im abschließenden Kapitel„Catalysis by Organometallic Compo-unds“ diskutiert G. C. Lloyd-Jonesneuere mechanistische Untersuchungenzu Rhodium-katalysierten Additionenvon Organoborons�uren an Enone,Palladium-katalysierten Cycloisomeri-sierungen von Dienen und Olefin-Me-thathesen und stellt dabei fest, dass viele„Mechanismen“ der metallorganischenChemie eher als Arbeitsmodelle dennals etablierte Mechanismen zu verste-hen sind.
AngewandteChemieB�cher
5141Angew. Chem. 2007, 119, 5141 – 5144 & 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim
Fazit: Auch wenn der rote Faden oftnicht leicht zu finden ist, kann diesesBuch wegen der großen Sachkompetenzder Einzelbeitr�ge sowie wegen derBehandlung neuer methodischer Ent-wicklungen und aktueller Anwen-dungsbeispiele insgesamt als wertvollerBeitrag zur chemischen Literatur be-zeichnet werden.
Herbert MayrDepartment Chemie und BiochemieLudwig-Maximilians-Universit9t M:nchen
DOI: 10.1002/ange.200685497
From Alchemy to Chemistry inPicture and Story
Von Arthur Green-berg. Wiley-Inter-science, New York2007. 637 S., geb.,69.95 E.—ISBN978-0-471-75154-0
Das neue Buch von Arthur Greenberggleicht einer Matroschka, einer Pup-penart, f)r die bekanntlich gilt, dass sieumso h�herwertiger ist, je weniger sichdie großen von den kleinen Puppen inihrer Bemalung unterscheiden. Willsagen: In dieser neuen Chemie-geschichte des bekannten Autors stecktnicht nur sein fr)heres Werk The Art ofChemistry aus dem Jahre 2003, sondernauch wiederum dessen Vorg�nger AChemical History Tour (2000). DerAutor nennt den Prozess „Konsolidie-rung“, und tats�chlich mag das neueWerk auch in einem Reifungs- und Ab-lagerungsprozess entstanden sein. Den-noch sei nicht verschwiegen, dass es hiereine betr�chtliche Anzahl von Kapitelngibt, die in Wort und Bild exakt denentsprechenden Abschnitten der Vor-g�nger entsprechen, den Verdichtungs-vorgang also unver�ndert )berstandenhaben. Wer also zum ersten Mal auf diegesamte Serie trifft, dem sei der aus-schließliche Erwerb des neuesten Up-dates empfohlen, fr)here Versionen
werden durch den neuen Band obsolet.Obwohl der Kritik billig sein k�nnte,was demBuch recht ist – eine Rezensionvon Art of Chemistry erschien in dieserZeitschrift im Jahre 2003 (S. 4257–4258)und k�nnte hier erneut abgedrucktwerden –, soll die neue und erg�nzteAusgabe in Gliederung und Inhalt hiervorgestellt werden.Greenberg teilt sein gegen)ber dem
Vorg�nger um 280 Seiten und damit imUmfang nahezu verdoppeltes Werk inzehn Abschnitt ein, die den Aufstieg derChemie aus einer zum einen sehr prak-tischen T�tigkeit (H)ttenwesen, Me-tallurgie, Kriegswesen), zum anderenaber auch geheimnisvoll-mystischenBesch�ftigung mit den Stoffen (Alche-mie, Manierismus, Okkultismus, Para-wissenschaft) nachzeichnen, wobei diesebeiden Richtungen sich f)r den Bereichder fr)hen Medizin durchdringen. Wieein roter Faden zieht sich – bis auf denheutigen Tag – durch das ganze Werkdie Frage nach der Bindung zwischenStoffen: Was treibt sie zur Vereinigung?Was zur Trennung? Und dementspre-chend werden die wichtigsten fr)henBindungstheorien behandelt, ob Geoff-roys Affinit�ten oder Bergmans Wahl-verwandtschaften in alter, die von Pau-ling oder Lewis in neuer Zeit.Ihrer Bedeutung entsprechend ist
der „Lavoisierschen“ chemischen Re-volution der umfangreichste Abschnittgewidmet. Aber auch die zu diesemWendepunkt f)hrenden Arbeiten ausder Phlogiston-Zeit und der pneumati-schen Chemie kommen nicht zu kurz.Nach diesem Paradigmenwechsel – hiertrifft das Modewort einmal genau – wardann alles anders, und die Chemiebegann sich zu spezialisieren, sie wurdesystematischer, exakter und auch ihrepraktische Bedeutung, sei es in der in-dustriellen oder landwirtschaftlichenProduktion, nahm rapide zu. Das alleswird von Greenberg in gewohnter Weiseabgehandelt: spannend erz�hlt und)ppig illustriert. Tats�chlich sind geradedie Abbildungen noch einmal deutlichbesser geworden: Die Schwarzweiß-Abbildungen, meistens Kupfersticheoder Holzschnitte aus alter Zeit, sindkontrastreicher, und die farbigen Ab-bildungen, oft in einem die ganze Seitef)llenden Format, noch leuchtender ge-worden (vermutlich sind sie sogar„besser“ als die Originale). Es ist be-
wundernswert, welche Sch�tze derAutor hier aus alten Archiven und Bi-bliotheken ausgegraben hat.Geschichtsschreibung ist ohne
Grenzziehung nicht m�glich. Das fielmir gerade im modernen Teil desBuches wieder auf. Die Beispiele, diehier aus der modernen Chemie zitiertwerden (etwa Catenane oder der omi-n�se Nanocar) entsprechen ihren histo-rischen Vorbildern insofern, als auchnicht immer klar ist, ob es sich hier umKuriosit�ten handelt, )ber die sp�tereGenerationen einmal den Kopf sch)t-teln werden, oder um Weichenstellun-gen in der Chemie, die in v�llig neueGebiete f)hren. Es ist offenkundig, dassder Autor vom konstruktiven Elementder Chemie fasziniert ist. Gerade indiesem Bereich h�tte es viel anderevorstellenswerte Beispiele gegeben(etwa die M)llerschen Riesenringe),und der Text erreicht die Internationa-lit�t nicht, die ihn f)r die historischePhase der Chemie auszeichnet. Offen-kundig ist die Konsolidierung der Neu-zeit noch nicht weit genug fortgeschrit-ten.In seinem Vorwort stellt Greenberg
die Frage, ob es denn so schlecht sei,wenn man )ber die Chemie gelegentlichlache oder sich an einem Witz )ber sieerfreue, selbst wenn es sich um einenKalauer (bad pun) handele. „Nat)rlichnicht“ lautet die Antwort, und er gibt sieim abschließenden Kapitel )ber chemi-sches Amusement selbst. Mein Rat analle chemiegeschichtlich Interessierten:Verschenken Sie ihre fr)heren Ausga-ben der Greenbergschen B)cher undkaufen Sie sich die neue.
Henning HopfInstitut f:r Organische ChemieTechnische Universit9t Braunschweig
B�cher
5142 www.angewandte.de & 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Angew. Chem. 2007, 119, 5141 – 5144