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Theorien der Literatur Grundlagen und Perspektiven BAND V Herausgegeben von Günter Butzer und Hubert Zapf francke VERLAG

Theorien der Literatur - Philologisch-Historische Fakultät · Die genannte postmoderne ,Autorität6 Roland Barthes äußerst sich selbst so da- zu: ,,Heute wissen wir, ... Damit

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Theorien der Literatur

Grundlagen und Perspektiven

BAND V

Herausgegeben von Günter Butzer und Hubert Zapf

francke VERLAG

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Postmodernes Mittelalter? (Un)arten des Erzählens und ihre Theorie(n)

Freimut Loser

Der Titel vom postmodernen Mittelalter, mit Fragezeichen versehen, mag - und dies könnte durchaus postmodern gemeint sein - enigmatisch erscheinen. Definitionen sind nötig. Beim ,hhttelalter' mögen die Epochengrenzen und Untergrenzen im Einzelnen umstritten sein. Dennoch kann ansatzweise gelten: Mittelalter sei die Zeit vom 4. (Christentum unter Konstantin) oder 5. Jahrhundert (Ende Westroms) bis 1453 (Ende Ostroms), 1492 (Entdeckung Amerikas) oder 1517 (angeblicher Thesen- anschlag Luthers). Ich werde mich der Einfachheit halber im Wesenuichen auf das Hochmittelalter und die Vertreter der Literatur um 1200 konzentrieren. Was aber ist ,die Postmoderne'? Eine Epoche?

I. Postmoderne

Laut Wikipedia vom 22.01.20101 ließe sich sagen:

„Die Diskussion um die Epochendiagnose der Postmoderne, die in den 1980er Jahren sehr intensiv [...I geführt wurde, ist seit 1989 erlahmt. Der Begriff beginnt außerdem den festen Charakter einer Epochenbezeichnung zu verlieren, was U. a. daran liegt, dass einige seiner Vertreter auch Verbindungen zur Modeme pflegen. Von anderen, wie beispielswei- se Umberto Eco, wird dagegen versucht, den Begriff von jeglicher Beziehung zur Moder- ne zu befreien und ihn als allgemeines künstlerisches Streben zu propagieren, welches in jeder historischen Epoche auftreten kann."

Als glaubwürdigen Zeugen für die letztgenannte Tendenz kann man in der Tat Um- berto Eco, der ja auch eine bekannt gute Beziehung zum Mittelalter pflegt, aufführen und mit ihm präzisieren:

,,Ich glaube indessen, daß ,postmodern' keine zeitlich begrenzbare Strömung ist, sondern eine Geisteshaltung oder, genauer gesagt, eine Vorgehensweise, ein Kunstzvollen. Man könnte geradezu sagen, daß jede Epoche ihre eigene Postmoderne hat, so wie man gesagt hat, jede Epoche habe ihren eigenen Manierismus (und vielleicht, ich frage mich, ist postmodern überhaupt der moderne Name für Manierismus als metahistorische Katego- rie)."2

Eben diese These gilt es für die deutsche Literatur des Mittelalters und ihre Erzahl- theorie zu überprüfen. Vorher aber muss der Begriff ,postmodern', nun nicht nur

1 Datum des Vortrags; benutzt wurde: http://de.wikipedia.org/wiki/Postmoderne. 2 Eco, Umberto: Nacbschnj2 pm ,Namen der Rose: München/Wien 21984, S. 77 (Original: Mailand

1983).

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epochenspezifisch, defuiiert werden. Man kann auf der Suche nach der Postmoderne einen Band dieser Reihe (II) zugrundelegen und Hubert Zapf (,,Postmoderne Litera- turtheoriec') zitieren, der die Postmoderne als allgemeinen kulturgeschichtlichen Epochenbegriff erfasst und die bekannte ursprüngliche Herkunft des Begriffs aus der Architektur hervorhebt; er bezeichnete ,,eine mit Elementen vergangener Archi- tekturepochen arbeitende, spielerische Stilmischung, die sich vom Fortschrittpathos und den als uniform empfundenen funktionalen Emheitskonzepten der Moderne, etwa des Bauhauses, absetzte und stattdessen Fragment, Zitat, Heterogenität und Nichtlinearität als ästhetische Prinzipien etablierte." Der Begriff wurde dann aber bald ausgeweitet und auf Tanz, Theater, Musik, Photographie, Literatur, Philosophie und Kulturwissenschaften übertragen. Als allgemeine Kennzeichen galterdgelten mit Zapf „die rekursiven, nichtlinearen Strukturen komplexen Denkens".

Man sah ,,im Ubergang von Moderne und Postmoderne eine epochale Wende in der Geschichte der westlichen Zivilisation" und focht „deren konträre Positionen teilweise in wahren Glaubenskriegen ausc'. In der Begriffsbildung post-modern, so Zapf, sei bereits

„eine doppelte Implikation enthalten - sowohl der Anspruch der Überwindung der vo- rausgehenden Moderne als auch das Eingeständnis, von ihr unentrinnbar abhängig und auf ihre Denk- und Stilvorgaben angewiesen zu bleiben. Diese eigentümliche Doppel- struktur durchzieht [...] die Debatten um das Selbstverständnis der Postmoderne, die ei- nerseits mit dem Gestus epochaler Innovation auftritt, andererseits aber gerade die Un- möglichkeit originärer Innovation, die unvermeidliche Abhängigkeit d e s Neuen vom bereits Dagewesenen postuiiert."3

Mitprägend für den Begriff „postmodern" war, so wieder der Sache nach der ge- nannte Wikipedia-Artikel, Jean-Francois Lyotards Daspostmoderne Wissen (La condition postmoderne, rqport szlr le savoir, Paris, Ed. de Minuit, 1979), wo die philosophischen Systeme der Moderne für gescheitert erklärt worden waren. Bekannt und viel zitiert wurde Lyotards These vom Ende der gmJ'en Eqahlungen (grands ricits): Lyotard spricht nicht von philosophischen Systemen, sondern von ,Erzddungenc. Diese einzelnen modernen ,Erzddungenc hätten der Welterklärung jeweils ein zentrales Prinzip zu Grunde gelegt (2.B. Gott oder das Subjekt), um auf dieser Grundlage zu allgemein gultigen Aussagen gelangen zu können. Damit hätten sie jedoch das Hete- rogene ausgeschieden oder das Einzelne unter eine allgemeine Betrachtungsweise gezwungen, welche gewaltsam dessen Besonderheiten einebnete. Lyotard setzt an die Stelie dieser Allgemeingültigkeit und Absolutheit beanspruchenden Erklärungsprin- zipien (Gott, Subjekt, Vernunft, Systemtheorie, marxistische Gesellschaftstheorie etc.) eine Vielzahl von Sprachspielen, welche verschiedene ,Erzahlungenc, also unter- schiedliche Erklärungsmodelle anbieten. Nach Lyotard gibt es [oder besser gab] es, dem zitierten Artikel zufolge, drei große Meta-Erzählungen: Aufklärung, Idealismus und Historismus. Diese bilden in der Postmoderne keine vereinheitlichende Legiti- mation und Zielorientierung mehr. Man könnte ergänzen: Im Mittelalter, das als

3 Zapf, Hubert: „Postmoderne Literaturtheone. Grundlagen und Perspektiven", in: Theotien der Literatur, Bd. 2, Hans-Viar Geppert/Hubert Zapf [Hg.], Tübingen 2005, S. 205-224, S. 206f.

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Prämoderne manches mit der Postmoderne gemein haben könnte, gibt es sie, min- destens die genannten, demnach noch nicht. ,,Die Emanzipation des Individuumscc, so der Wikipedia-Artikel, „das Selbstbewusstsein des Geistes, das im Sinne Hegels in eine Ganzheitsideologie mündet, die Idee eines sinnhaften Fortschritts der Ge- schichte hin zu einer Utopie sind die großen Erzählungen, denen man Feute (oder besser: zur Zeit Lyotards)] nicht mehr glauben kann." Dazu kommt aber noch: „Es gibt keine übergeordnete Sprache, keine allgemeinverbindliche Wahrheit, die wider- spruchsfrei das Ganze legitimiert." Es lassen sich vielmehr einzelne Elemente fest- stellen, die immer wieder als Charakteristika der ,Postmoderne' aufgeführt werden. Im genannten ,WikipediaC-Artikel sind dies die folgenden:

,,In der Postmoderne steht nicht die Innovation im Mittelpunkt des (künstlerischen) Inte- resses, sondern eine Rekombination oder neue Anwendung vorhandener Ideen. Die Welt wird nicht auf ein Fortschrittsziel hin betrachtet, sondern vielmehr als pluralistisch, zufäl- lig, chaotisch. Ebenso gilt die menschliche Identität als instabil und durch viele, teils dis- parate, kulturelle Faktoren geprägt [...I. Die postmoderne Kunst zeichnet sich u.a. aus durch den erweiterten Kunstbegriff und zitathafte Verweise auf vergangene Stile, die teils ironisch in Szene gesetzt werden."

Elemente solchen postmodernen Denkens und Urteilens sind, laut Wikipedia vom 22.01.2010:

Absage an das seit der Aufklärung betonte Primat der Vernunft (ratio), und dezidiert an die Zweckrationalität (die bereits in der Moderne erschüttert wurden) Verlust des autonomen Subjekts als rational agierende Einheit Ablehnung oder kritische Betrachtung eines universalen Wahrheitsan- spruchs im Bereich philosophischer und religiöser Auffassungen und Sys- teme; gemeint sind damit die sogenannten Metaerzählungen oder Mythen wie Moral (wodurch Postmoderne zum ,Amoralismus' werden kann), Ge- schichte, Gott, Ideologie, Utopie oder Religion, aber auch, insofern sie ei- nen Wahrheits- oder Universalitätsanspruch trägt, Wissenschaft Verlust traditioneller Bindungen Sektoralisierung des gesellschafüichen Lebens in eine Vielzahl von Gruppen und Individuen mit einander widersprechenden Denk- und Verhaltenswei- sen Toleranz, Freiheit und radikale Pluralität in Gesellschaft, Kunst und Kultur Dekonstniktion, Sampling, Mmng von Codes als (neue) Kulturtechniken Zunehmende Zeichenhaftigkeit der Welt

Diese Reduzierung der Welt auf ihren Zeichencharakter hat mindestens drei Impli- kationen, die sich wieder mit Zapf beschreiben lassen:

Eine der zentralen Signaturen der Postmoderne sei - erstens - der „sogenannte lingzltic turn, d.h. die These der sprachlich-zeichenhaften Vermitteltheit allen ver- meinüichen Wirklichkeitsbezugs des Denkens", das damit ,,seiner ontologischen Basis beraubt und zu einer selbstreferentiellen Aktivität der Zeichenproduktion und Zeichenauslegung umgedeutetcc werde. An die Stelle außersprachlicher Realität tritt

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das nur noch sprachlich vermittelte Konstrukt des Realen. Aus der ,,Konstniiertheit d e s vermeintlich Wirklichen" folgt - zweitens - „die Aufhebung jedes Unterschieds zwischen Realität und Fiktion: ,Everythmg is fiction', war einer der Slogans, mit denen postmodernes Denken jeden Wahrheits- und Objektivitätsanspmch auf pro- vozierende Weise zurückwies. Zeichen und Texte bilden keine außertextliche Welt ab, sondern produzieren sie erst."4 Oder wie man seinerzeit, damals in der Postmo- derne, verkündete: ,Fact is Fiction'. Man könnte genauso sagen: ,Fiction is Fact'. Denn - und dies wäre der dritte Punkt, in dem ich Zapf folgen möchte:

„Die Blickrichtung verschiebt sich von der Welt zum Text, von der Identität zur Diffe- renz, vom Signifikat zum Signifikanten. Damit löst sich die Vorstellung eines gesicherten Wissens ebenso auf wie die eines verlässlichen Wertekodex oder eines einheitlichen Sub- jekts. Denn die Sprache und die Zeichenprozesse, in denen sich diese konstituieren, sind weder durch außersprachliche Referenz noch durch binnensprachliche Kohärenz stabilisierbar. Sie sprengen vielmehr jeden Systemcharakter in einem Prozess unendlicher Differenzen, der sich einer logozentrischen Eingrenzung entzieht, weil die Kriterien ver- lorengegangen sind, nach denen sie sich gultig strukturieren und hierarchisieren ließen. Es gibt daher keinen festen Grund und kein festes Zentrum des Wissens, der Werte und des Selbst mehr, und dieser Verlust eines gesicherten Grundes und Zentrums, mit d den Im- plikationen der Sinnkrise, des Wertverlustes und der existentiellen Verunsicherung, aber auch des Feiems von Pluralität, Produktivität und Spiel, ist ein wesentliches Merkmal postmodernen Denkens. ,Spiel', so sagt, Jacques Dernda, ist die ,Abwesenheit eines Zent- rums'; doch in der Postmoderne gehe es darum, nicht wie die Modeme in der Melancho- lie von Verlust und Entfremdung zu verharren, sondern das Spiel der Offenheit und Dif- ferenz zu affirmieren, das Denken gleichsam als Tanz der Zeichen über dem Abgrund zu inszenieren. In diesem Tanz der Signifikanten, in dem sich keine Außenreferenzen, son- dern immer nur die Selbstreferenz der Zeichen ausdrückt, lösen sich alle vertrauten Be- griffsoppositionen auf - nicht nur die zwischen Realität und Fiktion, oder zwischen Welt und Text, sondern auch zwischen wahr und falsch oder gut und böse, auf denen schein- bar unverzichtbar die Geschichte westlichen Denkens und der Ziviiisationsprozess auf- baute."5

Die Konsequenzen all dessen für die Literaturtheorie und die Literatur sind vielfältig. Mein Band I1 der hiesigen Theorie-Reihe benennt sieben (und verbindet sie mit bekannten Namen): 1. Die von Michael Foucault inspirierte Diskursanalyse, von Christoph Henke prä- sentiert, die literarische Texte als ,,Manifestation diskursiver Machtprozesse [...] be- trachtet, die mit Formen des Wissens, der Geschlechter- und Klassenbeziehungen, der Ausschließungsmechanismen von Gesellschaften zusammenhängen. Für die Literaturtheorie bedeutet dies auch, dass der literarische Text den ästhetischen Son- derstatus verliert"6 und in den Diskursen der Gesamtkultur verortet wird, deren Niederschlag und Kreuzungspunkt er ist. Von höchster Relevanz ist hier Roland

4 Zapf, S. 207. 5 Ebd., S. 207f. 6 Henke, Christoph: „Diskursanalyse und Literatur: Michel Foucaults Anti-Hermeneutik", in:

Theorien d r Literatzir, Bd. 2, Hans-Vilmar Geppert/Hubert Zapf pg.], Tübingen 2005, S. 243- 260.

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Barthes' These vom „Tod des Autors", d.h. die ,,Verschiebung der Textbetrachtung vom individuellen Autor zur kollektiven Instanz der kcriture, die aus einem Gewebe von Zitaten in unzähligen Stätten der Literatur besteht.'q

Die genannte postmoderne ,Autorität6 Roland Barthes äußerst sich selbst so da- zu:

,,Heute wissen wir, dass ein Text nicht aus einer Reihe von Wörtern besteht, die einen einzigen, irgendwie theologischen Sinn enthüllt (welcher die Botschaft des Autor-Gottes wäre), sondern aus einem vieldimensionalen Raum, in dem sich verschiedene Schreibwei- sen [imtures], von denen keine einzige originell ist, vereinigen und bekämpfen. Der Text ist ein Gewebe von Zitaten aus unzähligen Stätten der Kultur [...I. Als Nachfolger des Au- tors birgt der Schreiber keine Passionen, Stimmungen, Gefühle oder Eindrücke mehr in sich, sondern dieses riesige Wörterbuch, dem er eine Schrift entnimmt, die keinen Auf- enthalt kennt. Das Leben ahmt immer nur das Buch nach, und das Buch ist selbst nur ein Gewebe von Zeichen, eine verlorene, unendlich entfernte Nachahmung. Die Abwesen- heit des Autors macht es ganz überflüssig, einen Text entziffern [dechzffmrj zu wollen. So- bald ein Text einen Autor zugewiesen bekommt, wird er eingedämmt, mit einer endgulti- gen Bedeutung versehen."

Damit befreit der „Tod des Autors" den Text für den Leser. Barthes sieht dies so:

„Die traditionelle Kritik hat sich niemals um den Leser gekümmert; sie kennt in der Lite- ratur keinen anderen Menschen als denjenigen, der schreibt. Inzwischen lassen wir uns nicht mehr von solchen Antiphrasen täuschen, mit denen die gute Gesellschaft anmaßend Anschuldigungen erhebt zugunsten dessen, was sie selbst gerade ausgrenzt, übersieht, er- stickt oder zerstört. Wir wissen, dass der Mythos umgekehrt werden muss, um der Schrift eine Zukunft zu geben. Die Geburt des Lesers ist zu bezahlen mit dem Tod des Autors."S

2. Jean-Francois Lyotards schon erwähnter Beitrag zur Literaturtheorie besteht vor allem in seiner vielzitierten These vom Ende der großen sinngebenden Erzahlun- gen', der grand rh-its der Moderne, d.h. der narrativen Ordnung der Vielgestaltigkeit der Welt in einheitlichen Systemen und teleologischen Geschichtsbildern. Dieses Ende der großen Erzählungen' ist in der Literatur überall dort spürbar, wo

„die Auflösung von Kohärenz, Kausalität, einheitlichem Plot und totalisierenden Welt- entwürfen zugunsten fragmentarischer, mehrperspektivischer und nichtlinearer Schreib- weisen charakteristisch ist."9

3. Jacques Lacan (hier von Erik Redling dargestellt) hat deutlich werden lassen, dass „das Unbewusste nicht nur maßgeblich an der Zirkulation kultureller Signifikanten betehgt, sondern seinerseits wie eine Sprache strukturiert ist."1° 4. ,,Eine besonders nachhaltige Wirkung in der Literaturperiode", so Hubert ZapFl, ,,entfaltete indessen Jacques Derrida, der ab den 70er Jahren vor d e m in den USA

7 Zitiert nach: Barthes, Roland: Theorie derAutorschaJ, Stuttgart 2000, S. 190f. Barthes, S. 190f. Zapf, S. 210.

10 Redling, Erik: ,Jacques Lacan: Psychoanalyse und Aspekte der Schrift", in: Theorien der Literatur, Bd. 2, Hans-Vilmar Geppert/Hubert Zapf [Hg.], Tübingen 2005, S. 261-276. Zapf, S. 21 1.

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prägend wurde für den sogenannte Dekonstruktivismus, der seine Hauptvertreter in der Gruppe der Yale Critics fand, Harold Bloom, Geoffrey Hartman, J. Hillis Miller und Paul de Man. Die teilen Demdas Auffassung, dass der Einzeltext nicht in seinen Bedeutungen eingrenzbar und kontroliierbar ist, weil er Teil des größeren Prozesses der Schrift und der Intertextuahtät ist, der die Kultur als ganze prägt, und dass er außerdem stets in sich heterogen und widersprüchhch ist, weil die Grundbedingung der Differenz und Temporalität alle in sich geschlossenen Sinn- und Bedeutungs- konstruktionen immer wieder zunichte macht." Daraus ergibt sich freilich ein Spezi- fikum der Literatur, nämlich

,,ihre Eigenart als einer solchen Form der Textualität, die sich ihres Text- und Zeichen- charakters in besonderem Maße bewusst ist und sich damit von anderen, dogmatischeren Formen der Textualität abhebt. Gerade die Literatur zeigt jenes Bewusstsein der irredu- ziblen Pluralität, Fiktionalität und Selbstreferenz der Zeichen, das der Dekonstruktivismus als allgemeine Merkmale von Textualität propagiert. So kann Paul de Man behaupten: 'The deconstruction is not something we have added to the text but it constituted the text in the first place. A literary text sirnultaneously asserts and denies the authority of its own rhetorical mode. [. . .] Poetic writing is the most advanced and reiined mode of decon- ~truction."'12

5. Daraus ergibt sich eine These etwa Harold Blooms, die allgemeine Intertextualität sei ein „Grundprinzip poetischer Kreativität." Hier wird der „Text als Resultat eines psychodramatischen Aneignungshandelns gegenüber den großen Autoren und Wer- ken der Tradition im Kampf um literarische Unsterblichkeit betrachtet."13 6. Geoffrey Hamnan zufolge wird die Literatur - und übrigens auch die Literatur- wissenschaft - zum „Experimentierraum mit [. . .] unendlichen Möglichkeiten des Denkens und der Sprache."14 7. Bei J. Hillis Miller wird der Charakter der

,,Selbstreferenz der Sprache in der Literatur zu einem Höchstmaß gesteigert, so dass der Text als in sich selbst zurücklaufende Reflexionsstruktur erscheint, für die die Metaphern des Labyrinths, des Spiegelkabinetts, des mise en abyme (d.h. eines Textes oder Bildes, die sich selbst in verkleinerter Form enthalten ad injnitum) paradigmatisch erscheinen."l5

Vor diesem allgemeinen Hintergrund ließe sich nun versuchen, postmoderne Er- zahlmuster zu defuiieren. Im zitierten ,WikipediaC-Artikel versucht man dies - wie häufig - in Abgrenzung vom ,modernen Roman'. Die erste Definition im Artikel ,Postmoderner Roman' vom 22.01.2010 scheint mir einigermaßen hilflos:lG

„Als vorläufige Definition mag gelten, dass der postmoderne Roman zeitgenössisch ist und sich inhaltlich oder formal bewusst vom modernen Roman absetzt. Dieser wird von Gero von Wilpert irn ,Sachwörterbuch der Literatur' folgendermaßen definiert: Er sei eine

De Man, Paul: Allegoones ofReading. F&ural Language in Rousseau, Niekphe, Rilke, and Pmust, New Haven 1979, S. 17; zit. bei Zapf, S. 21 1.

'3 Ebd., S. 212. '4 Ebd. '5 Ebd. l6 h t t p : / / d e . w i k i p e d i a . o r g / w i k i / P o s m o d e ~ .

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,dichterische Eqiblung: die den Blick richte, auf die einmalig geprägte Einzelpersödchkeit oder eine Gruppe von Individuen mit ihren Sonderschicksalen in einer ... Welt, in der nach Verlust der alten Ordnungen und Geborgenheiten die Problematik, Zwiespältigkeit, Gefahr und die ständigen Entscheidungsfragen des Daseins an sie herantreten und die ewige Diskrepanz von Ideal und Wirklichkeit."'

Konstitutiv für den modernen Roman seien demnach:

[l.] Narrativität, [2.] Subjektivität und [3.] eine jeweils für verbindlich gehaltene Vorstel- lung von Welt (,Wirklichkeit'), mit der sich das individuelle Subjekt auseinanderzusetzen hat, um so den Sinn seines Schicksals zu erkennen (oder ihn ihm abzugewinnen). Daraus folgt, dass im postmodernen Roman eben diese drei Bestimmungsfaktoren des modernen Romans geleugnet oder vernachlässigt werden (wobei es zur Zugehörigkeit reichen mag, wenn nur ein Merkmal zumfft):

1. Der postmoderne Roman verweigert sich einer linearen Erzählweise; erzählt wird stattdessen häufig fragmentarisch oder unchronologisch, so dass der Leser sich selbst das Geschehen konstruieren muss.

2. Der postmodere Roman dekonstmiert die Möglichkeit seiner Protagonisten, zu selbstbestimmten Subjekten zu werden. Die Möglichkeit einer Entwicklung wird geleugnet, die Protagonisten bleiben also gleich oder degenerieren; sie erfahren ihr Leben auch nicht als Ergebnis eigener, frei gewählter Entscheidungen, sondern werden als fremdgesteuert und konditioniert geschildert.

3. Die Welt erscheint als Konstrukt sprachlicher Zeichen.

Als weitere Kennzeichen des postmodernen Romans gelten den Wikipedia- Verfassern die folgenden: Intertextualität

,,Postmoderne Autoren beziehen sich in ihren Romanen oft auf ältere, bekannte Texte, die sie zitieren, collagieren und persiflieren. Durch diese Intertextualität, die auch der Er- kenntnis geschuldet ist, dass sich, wie die Modeme glaubte, substanziell Neues ohnehin nicht mehr generieren ließe, wird spielerisch ein ,Sinn' konstruiert, von dem nicht sicher ist, ob er außerhalb des Referenzrahmens des Romans existiert."

Metafiktionalität

„Der postmoderne Zweifel an einer univokalen, durch Autoritäten vordefrnierten Welt- sicht äußert sich neben der Aufgabe der ,Großen Erzählungen' auch in einer zunehmend kritischen Haltung gegenüber der übergeordneten Stellung des Autors als eine das Ro- mangefüge definierende Größe. Konkret schlägt sich dieser Zweifel im Gebrauch meta- fiktionaler Techniken nieder, d.h. der Thematisierung des Schreibprozesses im oder aus dem geschriebenen Werk heraus. Die Fiktionalität einer Romanwelt rückt so systematisch in den Vordergrund zahlreicher Geschichten. Dies mag explizit geschehen - Autoren tre- ten als Romanfiguren auf, Figuren thematisieren ihre Fiktionalität im Dialog miteinander oder mit dem Erzähler - oder implizit - eine lineare narrative Abfolge der Handlungsele- mente wird verweigert und durch parallele, sich überschneidende Handlungsstränge er- setzt."

Hubert Zapf sieht die Richtung des postmodemism in der amerikanischen Literatur geprägt durch „eine doppelte, ja in sich widersprüchliche Bewegung":

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„Sie tritt einerseits auf mit dem Gestus radikaler Innovation, indem sie aus der Zertrüm- merung bisheriger Formen des Schreibens ganz neue Dimensionen der Imagmation zu er- schließen verheißt. [. . .] Aus der Diagnose einer Erschöpfung literarischer Themen und Formen in einer ,literature of exhaustion' ergab sich paradoxerweise gleichzeitig ein emi- nent produktiver Erneuerungsschub einer Jiterature of replenishment', wie sie John Barth in zwei aufeinander bezogenen Essays bezeichnete." Das Recycling vorgefundener Gat- tungen, Stile, Texte, Formen und Bilder wird zum Kennzeichen dieser Art von Literatur, die gerade die Erkenntnis ihrer Konventionsabhängigkeit zum Ausgangspunkt ihrer Krea- tivität macht. Ihre Merkmale sind daher, ganz im Sinne der postmodernen Episteme, Pas- tiche, Parodie, Zitat, Intertextualität, Betonung des Signifikanten gegenüber dem Signifi- kat, Pluralsierung der Zeichen und Bedeutungen, Stilmischung, Collagen, Selbstreferenz, Metafiktion. Bevorzugte Metaphern für den Text sind die imaginäre Bibliothek, das Laby- rinth, das Spiegelkabinett, das mise en a b e , das Gewebe oder Geflecht. Der Text reprä- sentiert nicht mehr etwas Außertextliches, sondern besteht im Akt seiner eigenen Hervorbringung, er wandelt sich von der Repräsentation eines Anderen zur Performanz seiner selbst."~s

Damit verwischen sich, meine ich, aber auch die Grenzen zwischen ,literatureC und ,literary criticc, zwischen Literatur und Theorie. Die Literatur wird zur Theorie, die Theorie zur Literatur. Ort der Theorie ist die Literatur selbst. Ein letztes Mal mit Hubert Zapf:

„Die postmoderne Literatur beschränkt sich nicht auf die bloße Illustration vorgegebener Theorien, sondern exemplifiziert sich erst in ihrem eigenen Vollzug. Sie entwickelt konse- quentenveise keine systematische, sondern eine perfonnative Form der Literaturtheorie die sich erst in der Vielgestaltigkeit und Prozesshaftigkeit ihrer literarischen Realisierung immer neu beglaubigt. Wenn mit dem Poststrukturalismus die Theorie zum Paradigma des Textes wurde, so wird hier umgekehrt der Text zum Paradigma der Theorie, der je- doch zugleich den Systemcharakter herkömmlicher Theoriebildung dementiert.""J

11. Postmodernes Mittelalter?

In Teil II wäre nun zu fragen: Was ist das Postmoderne am Mittelalter, was sind Arten b m . (Un-)arten des Erzählens und was ist/sind deren Theorie(n) irn Mittelal- ter? Ich beginne mit der dritten Frage und hoffe, daß sich die erste am Ende beant- worten lässt:

Mittelalterliche Literaturtheoretiker gibt es nicht. Manche sind darüber nicht un- glücklich und doch betreiben mittelalterliche Autoren - an verstreuten Orten - vor- nehmlich in Prologen und Epilogen, aber eben auch performativ im Erzählvorgang - die Reflexion des Erzählens, ihres eigenen Erzählens, des Erzählens Anderer und der Bedingungen des Erzählens schlechthin. Walter Haug hat darüber ein bemer-

17 Barth, John: „The Literature of Exhaustion", in: Tbe Athntic 220 (1967), S. 29-34; „The Litera- ture of Replenishment", in: Essentials of tbe Tbeoty of Ficton, Michael J . HoffmannlPatrick D. M q h y (Hg.), Durham 1988, S. 165-76.

l 8 Zapf, S. 214. '9 Ebd., S. 221.

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kenswertes Buch geschrieben, das die Aufmerksamkeit darauf gelenkt hat, das aber eher wie eine Sammlung von Aufsätzen zu Einzelautoren und Texte wirkt und dem ein übergreifendes Ordnungsmuster zu fehlen scheint.20 Dies liegt aber nicht an Haugs großartiger Leistung, sondern offenbar daran, dass sich mittelalterliche Litera- turtheorie nicht in ein System fügen will.

Zunächst: Gibt es einen Ort mittelalterlicher Emähltheorie, dann ist dies - auch das f d t bei den Belegen Haugs sofort auf - zu allererst der Prolog der großen Er- zählungen. Ich nenne die zwei berühmtesten: Wolframs von Eschenbach ,Parzival' und Hartrnanns von Aue ,Iwein6. Dazu kommt hier nicht der Prolog, sondern der sogenannte Literatur-Exkurs von Gottfrieds ,Tristanc, in dem Gottfried von Straß- burg sich anlässlich der Schwertleite seines Helden Tristan seinen Kollegen zuwen- det.

Der zuletzt genannte Text beantwortet auch die zweite Frage nach den ,(Un-) Ar- ten des Emählens'. Aus Gottfrieds Sicht. Dabei fangt es noch ganz ,artigc an:

Hartman der Ouwaere, /labt; wie der diu maere /beide ixen unde innen /mit worten und mit sinnen /durchuenvet und durchZ;eret! /wie er mit rede figieret /der rluentiure meine! /wie Liter und wie reine /siniu mistalihen worteIn /beidiu sint und iemer müeren stn! / lsi koment den man mit siten an, /si tuont sich nahen ruo dem man /und liebet rehtem muote. /swerguote rede reguote /und ouch Xe rehte kan uerstan, /der muox dem Ouwaere Dn /stn sch@el und slfi lhpf 2'

Man sieht: Literatur ist Konkurrenz. Sie ist im Sinne Foucaults/Lacans ein Spiel um Macht und Ansehen. Gewinner ist - in Gottfrieds Augen - der, in dessen Erzählung Form und Inhalt, Wort und Gedanken, Idee und Handlung übereinstimmen. Der folgt dem alten Prinzip der claritas und pespicuitas. Der drückt sich klar und verständ- lich aus. Der gefdt dem Leser mit A t e m muote und der versteht dieguote rede auch Xe guote. Es gibt eine richtige Leseart: Xe rebte. Spräche man mit Jean-Francois Lyotard, man würde wohl kaum zögern hier von den grands &its zu reden. In Gottfrieds Au- gen folgt Erzählung selbst auch einer ,großen Erzählung', der nämlich von der Über- einstimmung zwischen Form und Inhalt, von Klarheit und Durchsichtigkeit und Verständlichkeit und dem rechten Verständnis durch die Leser, auf das der Autor intentional abzielt, und dem Lohn für die Besten. Das ist die ,Art'. Gottfried hat sie beschrieben, um davon die ,Unarti abzuheben:

swer n i des hasengeselle st /und i2fder wortheide /h6chp%nge und wthveide /mit bickelworten welle stn /und i2fdax lhchapehk?n /wrln dne uolge welle hrln, /der lrlxe uns bt dem Ivane strln. /wir wellen an der kiir auch Wesen. /wir, die die bkuomen he&n lesen, /mit den da7 selbe lobe& /undenilohten ist in

20 Haug, Walter: Literaturtheorie im deutschen Mittehber von den Anfängen bbis zum Ende des 13. Jahrhunderts, 2. überarb. und env. Aufl., Darmstadt 1992.

21 Gottfried von Straßburg: Tnstan, nach dem Text von Friedrich Ranke neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkornmentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn, 3 Bde., Stuttgart 1993, V. 4620-4637. Übersetzung „Hartmann von Aue, ja, wie der seine Geschichten sowohl formal wie inhaltiich mit Worten und Gedanken vöiiig ausschmückt und verziert! Wie er mit seiner Sprache den Sinn der Erzählung ausformt! Wie klar und wie durchsichtig rein seine kristallenen Worte sind und immer sein werden! Mit edlem Anstand nahen sie dem Leser und gefallen den, die rechten Geistes sind. Wer gute Sprache gut und auch richtig zu verstehen vermag, der muß Hamnann seinen Siegerkranz und Lorbeer lassen."

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bbomen wls. /wzr wellen wiqen, wes erger. /man swer esger, der pinge her /und stecke stne bluomen 22

dar.

Das Kollektiv der Dichter entscheidet über die Krönung des Poeta hreattls. Dichtung selbst bemisst sich nicht nach Novität, Innovation oder Geniestreich. Dichtung ist Blütenlese. Und die Krönung der Dichtung ist sicher nicht bei jenen zu suchen, die wie die Hasen agieren, sprunghaft, deren Wortwahl zufällig, flüchtig, momenthaft, chaotisch ist; der Lorbeer gebtihrt nicht dem flüchtigen Verfasser sprunghafter Er- zählung. Kurz: Einem postmodernen Romancier wie dem immer flüchtigen Thomas Pynchon würde Gottfried seinen Lorbeerkranz sicher nicht verleihen. Dazu kommt:

so" nemen tuir an den bluomen war, /ob st so" wol dar an geTemen, /day wirk dem Ouwaere nehmen / und geben ime dar lOq$ / stt aber noch nieman komen st; /der ey billtcher süle hin, /so" he@ iu got, so" laxen? stin. /wir ensdn er nieman liren tragen, /stniu Wort ensih vil wolgefwagen, /stn rede end ebene unde sleht, /ob ieman sch6ne und dfiht /mit ebenen sinnen dar gehabe, /da? er dar Cber iht besnabe.23

Soll der Leser/Hörer/Rezipient einer Erzählung nicht darüber stolpern, dann muss die Sprache glatt, geläutert und rein sein, die Erzählung geradlinig (ebene tlnde $leb£). Nur dann entspricht sie dem aufrechten Gang des Lesers, der nicht in die Stolperfal- le verwickelter Erzählungen geraten wiü und soll. Gottfrieds Zorn dagegen richtet sich gegen die

Vindaere &der maere, /der maere wikienaen; /die mit den ketenen kegent /und stum$$ sinne tßegent, /die golt von swachen suchen /den kinden kunnen machen /und dy der btthsen gieyen /stoubtne metgn'eren.24

Gottfried wendet sich also gegen Kollegen, die mit großem Gestus aus dem Erzäh- lerzauberhut staubige Kaninchen holen, oder - so könnte man auch übersetzen - ,,die aus ~~othekerbüchsen nutzlose Arzneien gießen"; und zwar, indem sie nicht die Büchse der Pandorra öffnen, aber doch die Streusandbüchse des Schreibers, aus der sich Langeweile ergießt. Ihre Erzählungen haben nichts Erquickliches. Und die

Ebd., V. 4638-4651; „Wer es nun aber dem Hasen gleichtun und auf der Heide der Dichtung herumhüpfen und - weiden will mit hingewürfelten Wörtern und wer sich auf den ~orbeerkranz Hoffnung macht, ohne doch uniere Zustimmung zu haben, der soll uns unseren Standpunkt lassen. Wir wollen bei diesem Preisgericht auch mitwirken. Wir, die wir jene Blüten pflücken helfen, mit denen dieser Ehrenkranz blumig durchflochten ist, wir wollen wissen, worauf er seinen Anspruch stützt. Denn wenn irgendwer diesen Kranz will, so soll er auch seine Blumen dort anstecken." Ebd., V. 4652-4664; „An diesen Blumen werden wir dann erkennen, ob sie so gut dazu passen, dass wir dem von Aue den Lorbeer wegnehmen und ihn ihm geben. Da nun aber bisher niemand gekommen ist, der größeren ~ n i ~ r u c h darauf hätte, so wollen wir ihn - bei Gott! - dort lassen. Niemandem wollen wir ihn verleihen, dessen Worte nicht völlig geläutert sind, dessen Sprache nicht gerade ist und geglättet, so daß niemand, der mit ~ n s t & d und arglos nichtsahnend dieses Weges kommt, darüber stolpere." Ebd., V. 4665-4672; ,,Dichter ungezügelter Geschichten, kunstlose Jäger von Erzählungen, die mit Zauberketten bluffen/lügen und naive Gemüter blenden/berrügen, machen aus wertlosem Material Gold, das bestenfails für Kinder taugt, sie gießen aus Zauberbüchsen Perlen aus Staub."

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Postmodernes Mittelalter? (Un)arten des Erzählens und ihre Theorie(n) 263

Mitglieder von Gottfrieds intendiertem Publikum (die berühmten edehn heqen) soll- ten besser daran vorübergehen, denn:

die selben wildeuere /si miiexen tiutaere /mit ir maeren k2xen giin. /wim mtcgen ir dZ nach niht verstiin, / ah man si hoeret tcnde siht. / s h hiin wir ouch der muoxe nibt, /da% wir die gbse suochen /in den swayen buochen.25

Diese Texte der uil;-Ienaem sind aus sich heraus ( a h man si hoeret tlnde siht) nicht ver- ständlich; sie folgen einem falsch verstandenen elitären Dunkelheitsanspruch, ver- schleiern ihre eigene Aussage, machen es den Rezipienten künstlich schwer und finden ihre Erklärung nur durch andere Bücher. Sie bedürfen der Deutung durch andere Literatur; und zwar solcher, die die Kritik auch noch in die Nahe der (schwarzen) Magie rückt.

Der so Angegriffene wird nicht mit Namen genannt. Gemeint ist wohl Wolfram von Eschenbach. Ob dies so ist (ich glaube es mit der Mehrheit der Forscher), sei dahingestellt. Es geht mir - postmodern - und es geht auch Gottfried, denke ich, nicht um die Beziehung zwischen Dichtern. Es geht um Positionen zur „Erzähltheo- rie". Die Gottfrieds scheint mir hier schon klar formuliert. Fast könnte man sie eine ,modernec nennen. Wäre dies so, müsste die Gegenposition ,postmoderne' Züge tragen. Wie also steht es bei Wolfram?

Ich zitiere den ,Parzival'-Prolog irn Original und nicht eigentlich übersetzt, son- dern romanhaft (aber nicht lügenhaft) übertragen von Peter Knecht (wobei ich in die Ubertragung, wenn sie zu frei wird, von Fall zu Fall eingreife):

Ist .@veI heqen niichgebdr, /dax muox der si% werden sdr. /gesm&t unde geeeret /ist, swii sich panieret /unveyaget mannes muot, /als agehern vanve tuot. /der mac dennoch Wesen geil. /wand an im sint beidiu teil, /des himels und der helle:26

Angenommen, hier sei das Subjekt der Erzählung gemeint, dann hätte es zwar h-~ mittelalterlich-moderneren Sinn die Einheitlichkeit verloren, nicht jedoch schon das Signum des Postmodernen angenommen. Hier ist nicht von Fragmenten, Rollen und Substanzverlust des Charakters die Rede, sondern von zwei Möglichkeiten und der Freiheit der Entscheidung. Aber: Der Held des Romans und die Erzählung selbst tragen - von Wolfram programmatisch so genannt - das von Gottfried gerade kriti-

Ebd., V. 4683-4690; „Eben diese Geschichten-Jäger müssen noch Ausdeuter ihren Erzählungen mitgeben. Man kann sie nämlich nicht verstehen, wenn man sie hört oder wahr&t. Wir haben aber nicht die Muße, nach den Erläuterungen zu suchen in den Lehrbüchern der schwarzen Magie." Wolframs ,Parzivai' wird zitiert nach: Wolfram von Eschenbach: PaqiYal, mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Kar1 Lachrnann und der Übersetzung nach Peter Knecht. De Gruyter, Berlin, New York 22003, I, 1, 1-9; ,,Wenn Zweifel nah beim Herzen wohnt, das muß der Seele sauer werden. Schande und Schmuck sind beieinander, wo eines Mannes unverzagter Mut konfus gemustert gehen will wie Elstemfarben. Trotzdem, der kann doch noch glücklich sein, denn an ihm ist etwas von beiden: vom Himmel und von der Höiie." Zu postmodernen Elementen bei Wolfram (insbesondere bei seinem Helden Parzival) vgl. Caupea, Christina: ,,,Unstuck in Time': Postmodernist Elements in pre-modern Literature", in: Redejning Modernism und Postmodernism, Sebnem Toplu/Hubert Zapf (Hg.), Newcastle upon Tyne 2010, S. 292-303.

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264 Freimut Lciser

sierte Signum der Flüchtigkeit, der Sprunghaftigkeit, des sich Entziehenden, des schwankenden Bodens, der überraschenden Kehrtwenden, mit denen simple Gemü- ter überfordert sind:

dix uliegende b@el /ist tumben liuten gar Te snel, lsine mugens nibt erdenken: /wand ex kan uor in wenken / d t e alhm ein scbellec base.27

Noch einmal - noch deutlicher:

oucb erkante ich nie so" wfsen man, /er möbte gerne künde bdn, /weher stiure disiu man gernt /und wax siguoter ltre wernt. /dar an si nimmer des ueqagent, / beidiu si vLebent unde jagent, /si entw.2hent unde ktwnt, /si lusternt unde twnt.28

Wer hat he r nicht die Struktur des ,Parzival' mit ihren Zeitsprüngen, mit ihrer min- destens doppelten Handlungsführung (Parzival und Gawan), Schnimechnik, mit Retrospektiven und kunstvoller Verästelung vor Augen und die Queste des Helden, die sich dem Ziel nähert, um sich wieder davon zu entfernen? So etwas braucht schon besondere Leser:

swer mit diren scban~en allen kann, /an dem bdt wiqe wolgetdn, /der sich niht versitzt noch ue$t / und sich anders wol verstet.29

Der perfekte Leser ist also der, der d e Würfelwürfe kennt, der sich auf Literatur ver& und zwar so versteht (so verständig ist), dass er nicht nur Wolframs Wortspiele als ,outstanding' wahrnimmt, sondern auch seine intertextuelien Anspielungen ver- steht. Hartmanns Erec hatte sich versexxen (verlegen) und Hartmanns Iwein hatte sich ,vergangenc, d.h. er hatte sich auf seiner Zventhre-Fahrt in dem Sinn verirrt, dass er nur dem Rittertum nachgejagt und von seiner wahren Bestimmung bei Laudine ab- geirrt war und sich damit auch an ihr ,vergangenc hatte. Der Leser/Hörer dagegen ist der Ruhepol, die stehende Säule irn Spiel der sich ständig bewegenden mare:

nu h ~ r t dimo hentiuw site. /diu Et iucb m ' ~ e n beide /uon Lebe und von leid: / ' u d und angest uert ta b2:W

Man könnte dahinter ein @ost)strukturalistisches Muster sehen. Eine bipolare Welt, deren Pole und Gegensätze stets gemeinsam präsent sind: Liebe und Leid, Freude und Angst, Ehre und Laster, Himmel und Hölie. Und als Erzähler einer derart kom- plexen Welt ist eine einzige Instanz überfordert, ist ein Erzahler nicht genug:

27 Pa@al, ebd., I, 1, 15-19; „Dieses fliegende Beispiel ist zu flink/zu kühn für dumme Menschen, sie bringen es nicht fertig, ihm nachzudenken; denn es kann vor ihnen Haken schlagen grade so wie ein verstörter Hase."

28 PaquaI, I, 2, 5-12; „Immerhin, ich kenne niemand, mag er noch so klug sein, der nicht gern erführe, was diese Geschichte von den Ihren fordert und was an guter Lehre sie geben will. Was das betrifft, ist sie ganz unbekümmert: mal flieht sie, mal stürmt sie nach vom, sie zieht sich zurück, sie kehrt sich um; die einen stürzt sie in Schande, die anderen hebt sie empor."

29 Paqjual, ebd., I, 2, 13-16; ,,Wer da noch mithalten kann bei sämtlichen Kadenzen/Glückswürfen beim Würfeln, den hat die Weisheit lieb - das ist der, der sich nicht verhockt und nicht verrennt, er macht was anderes: Er versteht sich drauf."

30 PaqvaI, ebd., I , 3, 28-30; I, 4, 1; ,,Hört lieber, was es mit dieser Geschichte auf sich hat: Sie wird euch Glück und Leiden zeigen, Freude geht mit ihr und Angst."

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Postmodernes Mittelalter? (Un)arten des Erzählens und ihre Theorie(n) 265

nu kit mtn eines Wesen d 4 /der ieskcher sunderphlge /da? mtner künste widenvege: /dar xuo geh6rte wilder funt, /op sz iu geme t&en kunt /da? ich iu eine kiinden wil. / s i beten arbeite vi1.31

Ein Erzähler spaltet sich auf, teilt sich in eine - wohlgemerkt - Trinität des Erzäh- l e n ~ und hat auch damit, mit dieser mt/ItipLdty of uoices, nicht genug. Denn dazu kommt die Leitinstanz seiner Erzählung: Die Geschichte selbst. Der wilde funt, der ihm von Gottfried vorgeworfen wird, ist nicht die Er-Findung, er ist die Findung: Die Geschichte hat immer schon existiert; sie wiil nur gefunden werden. So, wie in der mittelalterlichen Vorstellung die Skulptur im Stein schlummert und nur zum Leben erweckt, befreit werden wiil. Der Dichter erfindet nicht, er findet. Er ist ein ,Trobador6, ein ,Finder6 im wahrsten Wortsinn; und die Geschichte ist da. John Barth würde vielleicht sagen: „The Story always tells itself '. Wolfram sagt:

ein m@re wd i'u niuwen, /da? seit von g*en tnuwen, [. . .]/er stahel, swa er xe shhte quam, /stn hant dz sigehhen nam /uiL mangen lobekchen pds. /er küene, tracIcbe wz', /(den belt ich a h s grüexe) /er wtbes ougen süere, /unt da bt wtbes beqen suht, /vor missewende ein whiufluht. /den ich hie xuo hin erkom, /er ist mareshatp noch ungebom, /dem man d im hentiure gibt, /und wunders vil des dran geschiht.32

Der Erzähler ist bestenfalls dazu da, eine alte Geschichte zu erneuern. „Fiction upon fiction" nennt so etwas einer der ,Erfmder der Postmoderne', Ihab Hassan, und in Anlehnung an Foucaults Archäologie des Wissens hat mein amerikanistischer Lehrer Gerhard Hoffmann für die postmoderne Literatur immer von der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen und ,,Layers upon Layers of (Hi)story" gesprochen.33 Der Held der Geschichte ist nicht ihr Subjekt, sondern ihr Objekt, erwählt und vorgeführt vom Erzähler, aber eben ,vorgeführt', was auch ,herausgeführtc heißt aus einer ,Tie- fenschicht' der Literaturquellen, bestimmt vom mme selbst (für das und durch das er geboren oder eben noch nicht geboren ist) und von der Auentiwe, die man ihm nach- sagt oder zuspricht. John Barth nimmt solche Verhältnisse (dem man dimo 2uentiuregihzj in ,Letten' grammatikalisch wörtlich und erzählt seinen eigenen Helden früherer Romane deren Geschichten oder lässt sie sich neu erzählen, in denen er Briefwechsel mit ihnen führt. Wolframs ,Parzivai' ist eine Geschichte, die man erzählt und die der Erzahler nur erneuert.

Paqiual, ebd., I , 4, 2-8; „Stellt euch nun vor, ich einer wäre drei, und jeder einzelne von denen hätte soviel Kunst, wie ich deine auf die Waage bringe: Man müsste dazu noch wilde Erfindung tun, bevor sie es versuchen könnten, euch zu berichten, was ich ganz aiieine euch berichten will - den dreien würde es sauer werden." Paqi'val, ebd., I, 4,9-10 U. 15-26; „Eine Geschichte will ich euch neu vorführen, die erzählt von großer Treue [...I. Er war ein Stahl in dem Streit, wo immer er auch hinkam. Seine Hand hat mit dem Recht des Siegers manche Ehre und viel Ruhm an sich genommen; kühn und spät erst weise war der Held, den ich so begniße. Süßigkeit in Frauenaugen, doch Siechtum in ihren Herzen war er und eine wahre Zufluchtsstätte vor dem Bösen. Den ich hier irn Auge habe, der ist von der Geschichte her noch ungeboren, von dem man diese Abenteuer sagt und die vielen Wunder, die da geschehen werden." Vgl. ~;ffmann, Gerhard (Hg.): Der peitgenössiscbe amedaniscbe Roman, 2 Bde., München 1988.

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266 Freimut Löser

Man kann ein erstes Zwischenfazit ziehen: Ob es zwischen Gottfried und Wolf- ram eine Debatte gab, sei dahin gestellt. Was sichtbar wird, ist ein Diskurs, dessen postmoderne Seite, wenn man sie so nennen wiü, bei Wolfram zu finden ist: Im Blick auf den Helden der Erzählung, auf die Erzählinstanz, vor d e m aber auf die ErzaWung selbst.

Der dritte der drei großen in mittelhochdeutscher Sprache erzählenden ,Klassi- ker' (zeitlich gesehen ihr erster), Hartmann von Aue, folgt schon einem anderen Erzahler: Hartmann führt mit seinem ,Erec' den Artusroman im Deutschen ein. Er basiert auf Chrktiens de Troyes ,Erec et Enide'. Aber schon Chrktien hat im Prolog seines Werkes postuliert,

es sei vernünftig, daß jeder immerfort darauf sinne und sich befleißige, Gutes zu reden und Nützliches mitzuteilen; und er [Chrktien spricht vom Erzähler 'Chrktien' in der 3. Person] bringt seinerseits eine Reihe von Ereignissen, wie sie erzählt werden, in einen wohlgeordneten Zusammenhang, damit man daraus zu erweisen und zu erkennen ver- mag, daß man nicht klug handelt, wenn man nicht sein Wissen mitteilt, solange Gott ei- nem die Gnade dazu gibt. Von Erec dem Sohne Lacs, handelt die Erzählung, welche die Leute, die vom Geschichtenerzählen leben wollen, vor ihrem Publikum von Königen und Grafen auseinanderzureißen und zu verderben pflegen.34

Daraus sind vier Schlüsse zu ziehen. Erstens: Chrktien stiftet Ordnung. Er ist so gesehen der Meister der grandr r&. Diese Ordnung aber ist ihrerseits - zweitens - schon Reaktion auf Unordnung. An der Grenze zwischen der Oralität des alten conte d'aventtlre und der Schriftiichkeit spiegelt die schöne Ordnung der Erzählung das moderne Prinzip. Drittens gdt Chrktiens Ordnungsversuch der Auseinandersetzung mit dem performativen Charakter mittelalterlichen Erzählens. Die, die vom Erzählen (im Vortrag) leben, erzählen zusammenhanglos (depeber) und indem sie die Geschich- te verderben (comnpre). Erst Chrktien stiftet den Zusammenhang (conjontfire); und dieser Zusammenhang gdt ihm als sehr schön (molt beb). Der postmoderne Zustand mittelalterlicher Geschichten wäre so gesehen demjenigen vergleichbar, den sie hat- ten, bevor Chrktien sie geordnet hat. Was diese neue Ordnung Chritiens - viertens - meint, ist evident: Chrktien stiftet den berühmten ,doppelten Kursus'. Die Geschch- te vom ersten Aufstieg zur Ehre, von der Krise und vom zweiten Aventiurezykius zur Bewährung des Helden, die für den post-chrktienschen Artusroman prägend wird.

Legen wir die Kriterien des modernen Romas an diesen Gang an (Narrativität, Subjektivität, geordnete Wert- und Weltvorstellung) dann treffen sie für Chritiens molt bele conjontfire zu. Was aber macht Hartrnann, der erste große ,Meisterc des höfi- schen Romans im Deutschen, aus dieser modernen Ordnung? Er nützt sie - schein- bar - im Sinn des Ordnungsdenkens zur allgemeingultigen Belehrung:

34 V. 9-22: „Por ce dist Crestiens de Troies /que reisons est que totevoies /doit chascuns panser et antandre /a bien dire et a bien aprandre; /et tret d'un conte d'avanture /une molt bele con- jointure /par qu'an puet prover et savoir /que cil ne fet mie savoir /qui s'escience n'abandone /tant con Dex la grasce Pan done: /d'Erec, le fd Lac, est li contes /que devant rois et devant contes /depecier et corronpre suelent /d qui de conter vivre vuelent." Zitiert nach: Gier, Albert [Hg., Übers.]: Chritien de Troyes: Erec e t Enide, Enc und Enide, Stuttgart 1987, S. 4f.

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Postmodernes Mittelalter? (ün)arten des Erzählens und ihre Theorie(n) 267

Swer an rehte güete /wendet stn gemüete, /dem uolget saue und tre. /des gttgewisse ltre / künec Art.4~ der guote, /der mit dters muote /nach lobe kunde shiten. /er hat bt stnen @ten /gelebet also" schone /da$ er der tren kr6ne /do" truoc und noch stn name treit. /des habent die warheit /she bntkute: / lsa

jehent er lebe noch hiute: /er hat den lop erworben, /ist im der @ erstorben, /so" lebet doch iemer stn na- me. /er ist lasteIcher schame /iemer vdgar erwen: /der noch nach stfim site vert.35

Das scheint eine klare Selbstaussage und eröffnet doch eine Menge Fragen: Ein Wertekatalog (giiete, m M e , tre, guot, fiteers muo£) wird vorgeführt. Die Vergangenheit ist der Beweis fur die Existenz aJI dieser ,Dingec und das Vorbild für die Gegenwart. Die gestorbenen Helden leben fort: ist im der l . erstorben, so lebet doch iemer stn name. Getane Werke werden zu erinnerten Werken; erinnerte Werke werden zu Erzdun- gen: szjehent (sie sagen) er lebe noch hiute. Aber der, der sie erzählt, ist nicht der gelehrte Kleriker Chretien, und schon gar nicht der berufsmäßige Geschichtenerzähler. Es ist einer, der dem rZterA&i% (V. 5 U. 6) an Stand gleicht, einer der an seiner Tafelrunde hätte sitzen können:

Ein der, dergeltret was /unde ep an den buochen las, /swenner stne stunde /niht bap bewenden kunde, /da? er oucb tihtennes pjac / (dap man gerne hoeren mac, /da ktrt er stnen vltp an: /er was genant Hartman /und was ein Ouware), /der tihte dir mare.36

Was ist das für ein Autor, der als Ritter gelehrt ist, und der liest, wenn er dichtet, und nur dann dichtet, wenn er nichts Besseres zu tun hat? Und wer spricht da, wenn der spricht? Der Dichter? Der Leser? Der Ritter? Der Buchgelehrte? Der Unterhalter? Hartmann konstruiert sich selbst und seinen Erzähler und öffnet diesen Erzähler beiläufig für Vieles. Und: Er fuhrt uns die Taten der Vergangenheit als Vorbild vor und dekonstruiea (auf eine geradezu perfide Weise) gleichzeitig genau dieses Vor- bild:

micbjhert warllchen, /und hu-fer iht, ich wolder clagen, /dar n.4 bt unseren tagen /selch weade niemer werden mac /der man Xe den @tenpjac. /doch miexen wiP o d nrj genesen. / i c h wolde do" nibt stn ge- wesen, /dar ich n.4 niht enware, /da uns noch mit ir mare /so rehte wol wesen sok /da taten in diu werc uil w0L37

V. 1-20: „Wer nach dem wahrhaft Guten von ganzem Herzen strebt, dem wird Ansehen vor Gott und den Menschen als sicherer Lohn zuteil. Ein Beweis dafür ist der edle König Amis, der mit ritterlichem Geist verstand, Ruhm zu erringen. Zu seiner Zeit hat er so vorbildlich gelebt, daß er den Kranz der Ehren damals trug, wie auch jetzt noch sein Name ihn trägt. Darum haben seine Landsleute recht, wenn sie sagen, er lebe noch heute. Er hat Ruhm erworben, und ist er selbst auch tot, wird doch sein Name stets fortleben. Der wird sich niemals einer Schandtat schämen müssen, der nach seinem Vorbild handelt." Hartmanns Iwein wird zitiert nach: Text der siebenten Aufl. von G.F. Benecke, K. Lachmann U. L. Wolff, Übersetzung U. Nachwort V. Thomas Cramer, Berlin 2001. Ebd., V. 21-30: „Ein Ritter konnte Latein und las in Büchern, wenn er mit seiner Zeit nichts besseres anzufangen wußte, dichtete er sogar: Er verwandte seine Bemühungen auf das, was man gern hören möchte. Er hieß Hartmann und war von der Aue. Der hat diese Geschichte gedichtet." Ebd., V. 48-58: ,,Wirklich, es bekümmert mich tief, und ich wollte es laut beklagen, wenn es etwas nützte, daß heutzutage eine solche Festesfreude nicht mehr zustandekommt wie man sie damals kannte. Aber auch die Gegenwart hat Vorteile. Ich hätte damals nicht leben mögen, so

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268 Freimut h s e r

Was sagt das? Hätte ich damals in dieser Zeit gelebt, wäre ich heute tot. Deren Taten aber sind unsere Erzihlungen. Ich erzahle, die sind tot. Den Toten die Werke, den Lebenden die Erzählungen. Postmodern gewendet: ,Fact is dead. Long live Fiction'. Dass Hartmann her zugleich - Hartmann, der angebliche ,Traditionalist' unter den drei ,Klassikern6 - ein briliiantes intertextueiles Spiel treibt, zeigt der Vergleich mit seiner unmittelbaren Vorlage, die er nämlich schlicht ins Gegenteil verkehrt. Denn Chrktien sagt an gleicher Steile in seinem Iwein-Prolog:

„Doch reden wir nun von denen, die früher waren, und lassen wir die, die noch am Leben sind! Denn ein untadeliger Ritter ist, so meine ich, tot immer noch besser als ein gemeiner Mensch, der lebt."38

Geradezu zum Programm erhoben hat dieses Wechselverhältnis von toter Vergan- genheit und Leben durch Literatur kein anderer als Gottfried von Straßburg, der von Tristan und Isolde, fast Hartmanns Iwein-Prolog zitierend, sagt:

al eine und s h si lange tot, /ir süezer name der lebet iedoch.

Aber Gottfried geht noch weiter als Hamnann:

und sol ir t6t der werlde noch / pe guote lange und iemer leben, /den tniwe gernden t&we geben, /den tre gernden tre: / ir tot muop iemer mtre /uns lebenden leben und niwe wesen; /wan nvi man noch hoeret lesen / ir triuwe, ir triuwen reinekeit, / i r heqeliep, ir heqekit, /Deist aller edelen heqen bdt. /hie mite so lebet ir beider toi. /wir lesen ir kben, wir lesen ir tot /und ist uns dap siiepe ahe bdt.39

Die Anspielung auf die Eucharistie ist unüberhörbar. Tod wird zu Leben, dort wo er gelesen wird. Der Leser ist es, der Tote zurn Leben erweckt und die Lektüre ist die Nahrung des Lebenden.

Ir leben, ir t6t sint unser bdt. /sus kbet ir kben, sus lebet ir tot. /sus lebent si noch und sint doch t6t /und ist ir t6t der lebenden brot.4

Auch formal-stilistisch (leben/hm) strebt der Text eine ununterscheidbare Emheit an, in der nahezu alle Schranken failen: Zwischen Erzähler und Leser, zwischen Erzähler

daß ich heute nicht existierte, da uns mit der Erzählung von ihnen wahres Vergnügen bereitet wird, sie aber freuten sich an den Taten selbst."

38 V. 29-32: „Mes por parler de $aus, qui furent, /Leissons $aus, qui an vie durent! /Qu'ancor vaut rniauz, ce m'est avis, /Uns cortois morz qu'uns vilains vis." Chretien de Troyes: Yvain, übers. und eingel. V. Ilse Nolting-Hauff, Klassische Texte des Romanischen Mittelalters in zweisprachigen Ausgaben, Bd. II., München 1983, S. 16f.

39 Gottfried, Ttistan, V. 222-236: „Und wenn sie auch schon lange tot sind, so lebt ihr lieblicher Name doch fort. Der Tod aber SOU der Welt zurn Nutzen noch lange weiterleben, den Treuesuchenden Treue und den Ehrsuchenden Ehre geben. Ihr Tod soli auf ewig uns Lebenden lebendig sein und immer wieder neu. Denn d&, wo man noch erzählen hört von ihrer Anhänglichkeit, der Reinheit ihrer Treue, von dem Glück und der Bitternis ihrer Liebe: Dort finden alie edlen Herzen Brot. Hierdurch lebt ihrer beider Tod. Wir lesen von ihrem Leben, wir lesen von ihrem Tod, und es erscheint uns erquicklich wie Brot."

40 Ebd., V. 237-240: ,Ihr Leben und ihr Tod sind unser Brot. Also lebt ihr Leben, lebt weiter ihr Tod. Also leben auch sie noch und sind doch tot, und ihr Tod ist für die Lebenden Brot."

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Postmodernes Mittelalter? (ün)arten des Erzählens und ihre Theorie(n) 269

und Publikum, zwischen den Toten und den Lebenden, zwischen Literatur und Leben, zwischen Fact und Fiction.41

Zusammengefasst: Mittelalterliches Erzählen ist bei seinen Theoretikern, die gleichzeitig seine Literaten sind, keine Einheit. Schon jeder der drei ,Klassiker6 hat eine unterschiedliche ,Erzähltheorie6. Am ,postmodernsten6 ist die Wolframs; aber selbst der angebliche ,Traditionalist6 Hartmann überschreitet die Grenzen zur De- konstniktion und der ,Modernist6 Gottfried diejenigen zwischen Fakt und Fiktion. Alie drei zeigen ein hochgradiges Fiktionalitätsbewusstsein. Mehr: Sie machen den fiktiven Charakter ihrer Scheinreahtät zum Thema ihrer fiktionalen Welten und trei- ben ein geradezu aberwitziges Spiel an der Grenze zwischen dem Faktischen und dem Fiktiven. Sie geben die fktiven Taten der märchenhaften Artuszeit als Fakten aus, entblößen sie dann als Bestandteile ihrer eigenen Fiktion und machen diese Fiktion wiederum zum Fakt (vielleicht zum einzigen Fakt, den es gibt).

Am tollsten treibt es - auch hier - Wolfram. Ich spreche - natürlich - von Kyot. Gab es ihn, gab es ihn nicht? Die Forschung hat das Kyot-Problem bis heute nicht gelöst. Ich will das nicht einmal versuchen. Mich fasziniert, dass Wolframs Spiel so fasziniert, dass er für sein ,Kyot-Gamble6 bis heute Mitspieler fuidet. Zuletzt Michael Daliapiazza:

Noch heute sind viele von der Existenz dieser Quelle, deren Notwendigkeit, überzeugt, obgleich sich bislang nie auch nur der Hauch einer Spur jener Schrift hätte entdecken las- sen. Im Grunde spricht d e s für eine, durchaus humoristisch konnotierte Quellenfiktion, die Wolfram stückweise aufbaut. Wenn Kyot, Frau Aventiure und Wolfram gar zu erzähl- technischen Abkommen vorstoßen, in einer Art ,,Schelrnenkonferenz", der das Geheim- nisvolle Chritiens „zum Opfer gefallen ist", wie es Bertau genannt hat (Bertau 1973,992), hat das d e s wohl auch für das Publikum den Charakter eines ,,Ulks".42

Für mich ist das ein bisschen mehr als ,Ulk'; und für mich ist es dennoch irrelevant, ob es Kyot gab. Hätte es ihn nicht gegeben, hätte man ihn erfinden müssen; hätte es ihn gegeben, hätte man ihn ,dekonstruieren6 müssen. Bei Kyot ist es nicht wichtig, ob es ihn gab oder nicht, seine Funktion ist der Hinweis auf die Irrelevanz dieser Frage.

do" dszi rede was getan, / do" stuont da einer skiintges man, /der was geheixen Liddamus. /@o"t in selbe nennet sus. / Q & la schantiure h i e ~ /den sin kunst des niht erbe5 /er ensunge und sprache so" /des noch genuoge werdentfl. /@& ist ein Pmvenx& /der dise aventiur von PaqvdL /heidensch geschnben such. / w a x er e n p a n ~ y s da von gespracb, /bin ich niht der wiqe la3 /da? sage ich tiuscben@rba~.43

41 Grundlegend und wegweisend dazu: Knapp, Fritz Peter: Histone und Fiktion in der mitteIalterbchen Gattungspoetik. Sieben Studien und ein Nachwort, Heidelberg 1997; Ders.: Histone und Fiktion in der mittehlterlichen Gattungspoetik (II). Zehn neue Studien und ein Vorwort, Heidelberg 2005; Ders. und Niesner, Manuela [Hg.]: Histon>ches undjktionaks Eqählen im Mitfehlter, Berlin 2002.

42 Daüapiazza, Michael: Wo@-am von Escbenbacb: Paqiival, Berlin 2009, S. 58 f. 43 Paqivai, VIII, 416, 17-30: ,,Ais diese Rede getan war, da stand einer von des Königs Leuten

auf, der hieß Liddarnus - Ky6t selber nennt ihn so. Ky6t hieß der Chansonnier, der gar nicht anders konnte vor lauter Kunst, als so zu singen und zu dichten, daß noch heute viele davon fröhlich werden. Ky6t ist ein Provenzale, und der hat diese Geschichte von Parzivil in

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270 Freimut LOser

Ein provenphscher Chansonnier berichtete (mündlich?) in französischer Sprache (das ist nicht das gleiche wie in provenphscher) etwas, was er heidnisch geschrieben gesehen hatte, was wiederum ein deutscher Erzähler, wenn sein Verstand ihn nicht im Stich lasst, weiter wrbad auf Deutsch erzählt. Wie viele Ebenen des Erzählers sind denn das jetzt schon? Und wer konnte/wollte jemals glauben, dass hier ausge- rechnet die Authentizität des Berichts beglaubigt werden soll? Aber es kommt ja noch toller, wenn die Vielfalt der Stimmen immer mehr zunimmt und das Schweigen auch noch zum Thema wird. Man fragt sich, ob wirklich Bakhtins ,multiplicity of voices' ein Kennzeichen nur der ,Postmoderne' sein soll? Und muss ein Erzahler, der das Nicht-Erzählen thematisiert, auf die Postmoderne warten, um etwa auch noch Hassans Begriff der ,Literature of Silence' zum Spielball zu machen? Denn erzählt Wolfram, der Vielstimmige, nicht auch noch vom Nicht-Erzählen irn Erzäh- len?

an dem erveri nu P a ~ ' v d l /diu verholnen mare umben grdL /Swer mich dervon tp2gte /unt dmmbe mit mir bkgte, /ob ichs im niht sagte, /umpts der dran bejagte. /mich bate? helen Ky64 /wand im diu dventiure gebot /da? es immer man gedahte, / t ex d'dventim brahte /mit worten an der m#re gmoq /da? man dervon doch @rechen muoz /&6t der meister wol bekant /?e D& venvo7fen Igen vant /in heidenischer schnfte / d i m dventiuregeshjrte. /der karakter d b c lmuoser hin gelemet 4 / i n den lirt von nigroman$. / e? hay da? im der touf was bi: /anders war di? mar noch unvemumn. [. . .] ein heiden Flegetdnis /bejate an kkiste h6henpds. /der selbejsf6n /wasgebom von Salmen, /& srahtlscher sip- pe e q l t /von alter her, un? unser schilt /der toufwartfuq hellej;uz /der schreip vonsgrdles dventiur.44

„Von der Vaterseite her", erzählt Wolfram weiter, „war er Heide, dieser Flegetinis, und betete zu einem Kalb, als ob es für ihn ein Gott wäre. 1.. .l Dieser Heide - - Flegetinis sah etwas am Sternenhimmel mit den Augen, davon sprach er nur mit Scheu, es war verborgen und geheimnisvoll. Er sagte nämlich, es gebe da ein Ding, das heiße Der Gr26 diesen Namen konnte er ganz leicht lesen in den Sternen, da stand es geschrieben, daß er so heiße. [. . .] Der gelehrte Magister Ky6t fing nun an, in der lateinischen Literatur nach dieser Geschichte zu suchen, danach, wo es denn jemals Leute gegeben hätte, die ihr Leben so eingerichtet hatten, daß sie zum Gralsdtenst taugten, und die rein sein wollten in allen Dingen. Er las die Chroniken

heidnischen Handschriften gefunden. Was er auf französisch davon berichtet hat, das sage ich, wenn mein Verstand mich &ht irn Stich läßt, jetzt weiter auf deutsch." Pa@val, X, 452, 29 - 453,30: ,Bei ihm prevrizent) erfährt jetzt Pazival die Geheimnisse des Grals. Wenn mich vorher einer danach gefragt oder gar mit mir geschimpft hätte, weil ich's nicht erzählen wollte, so hätte er damit nichts erreicht, worauf er stolz sein könnte. Ky6t hat mich gebeten, es zu verschweigen. Dem wiederum hat die Aventiure selbst eingeschärft, es dürfe nichts davon auch nur angedeutet werden, bis sie, die Aventiure selber, es zur Sprache gebracht hätte, dort nämlich, wo es der Geschichte willkommen wäre; dann aber m k e man sogar davon reden. Der berühmte Magister Ky6t fand in Toledo, irgendwo in einem Winkel vergessen, die Urfassung dieser Geschichte in heidnischer Schrift. Da mußte er zuerst das ABC der Buchstaben lernen, und zwar ohne irgendwelche schwarzen Künste zu Hilfe zu nehmen. [. . .] Ein Heide, FlegetMs, hatte es in den Wissenschaften zu einigem Ruhm gebracht. Dieser Physiologist stammte von Salomon ab, er war der Sproß einer alten israelitischen Familie, noch vor der Zeit, da die Taufe unser Schild vor dem Höllenfeuer wurde. Der verfaßte eine Schnft über die wunderbare Geschichte des Grals."

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Postmodernes Mittelalter? (Un)aaen des Erzählens und Ihre Theorie(n) 271

der Länder, in Britannien und überall, wo er hinkam, in Frankreich und in Yrland. In Anschouwe fand er schließlich die Geschichte. Wenn der Magister Christian von Troys diese Geschichte mit Willkür behandelt, dann hat Kybt ganz recht, sich zu empören: Er allein, Kybt, hat uns die wahre Geschichte treu überliefert."

Freilich. Nur welche? Erzählt Kybt die Geschichte, die der Heide Flegetanis in heidnischer Schrift auf dem Gral in den Sternen gelesen hatte und die Kybt dann in Chroniken Britanniens, Frankreichs, Irlands und Anschouwes fand? Eine schönere Beispielerzählung für den ,hguistic turn' wird sich kaum finden lassen. Mich erin- nert das stark an John Barths Erzahlband ,Lost in the Funhouse', wo in einer der vielen verschachtelten Figurenerzählungen, (über Menelaos) die zentrale Frage ge- stellt wird: „Wh0 am I"? Sie wird so beantwortet: " ' " ' " ' " 7 7 7 7 7 > >> m 4 5 . Der Platz zwischen den Anführungszeichen bleibt leer. Und auch für Wolfram gilt: Mes ist sprachliches Zeichen; selbst das Zentralzeichen (der unverwechselbare Gral) ist sprachlicher Natur (er transportiert Schrift), die Sterne sind Sprache, genauso wie die Chroniken (übrigens ein frbhes Beispiel für Fredric Jamesons Thesen und dafür, dass auch die Grenze zwischen Histoty und Stoty fließend und jede Histoty Stoty ist). Kurz: Ob Wolframs Quelle Kyot fiktiv ist oder nicht, ist gleichgultig. Was die benihmte Steile offenbart, ist folgendes: Erzählung ist Erzählung über Erzählung über Erzäh- lung über Erzaiiiung.. .

Ich denke, Wolfram treibt dieses Spiel am weitesten, aber: Andere spielen es auch: Wolfram spielt es intertextuell, indem er Gottfrieds Ball aufnimmt. Oder nimmt Gottfried Wolframs Ball auf? Oder spielen beide mit den Bällen ihrer Vor- gänger? Gottfried jedenfalls behandelt irn ,Tristanc seine Vorganger in den berühmt gewordenen Versen so:

Ich w e i ~ WO^, ir ist vilgewesen, /die von Ttistande h2nt gelesen, /und ist ir doch niht uilgewesen, /die uon im rehte haben gel'esen.4

Und im Zusammenhang sagte er dann:

,,Wenn ich jetzt aber so täte und meine Worte so setzte, als ob mir ihrer aller Deutung dieser Geschichte mißfiele, dann handelte ich anders als ich sollte. Ich tue es nicht. Sie haben gut erzählt, aus durchaus edler Gesinnung, mir und der Welt zum Besten. Sie taten es wahrlich in guter Absicht, und was man in guter Absicht tut, das ist auch gut und ge- lungen. Wenn ich aber gesagt habe, daß sie nicht richtig erzahlt haben, dann hat das, wie ich betone, seine Richtigkeit: sie haben nicht in der rechten Weise berichtet, so wie es Thomas von Bntanje tat, der ein Meister der Erzählkunst war und in bretonischen Bü- chern das Leben aller Fürsten nachgelesen und uns davon berichtet hat. Aufgrund dessen, was er über Tristan erzählt, begann ich, intensiv nach der richtigen Fassung zu suchen, und zwar in Büchern sowohl romanischer als auch lateinischer Herkunft. Und ich bemüh- te mich eifrig danun, nach seinem korrekten Vorbild diese Dichtung abzufassen. So stellte ich umfangreiche Nachforschungen an, bis ich in einem bestimmten Buche seinen ganzen Bericht bestätigt fand."47

45 Barth, John: Lost in the Fmhouse, New York 71969, S. 153. 46 Gottfned, Tristan, V. 131-134. 47 Ebd.. V. 135-165.

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272 Freimut Löser

Fast ist es paradox: Die so stark betonte Berufung auf die Quellen und die Wahr- heitsbeteuerung macht zugleich den Konstruktcharakter des ganzen Werkes offen- bar. Man könnte dies nicht nur in Texten, sondern auch an mittelalterlichen Abbil- dungen zeigen, die Vertextungsvorgänge oft besonders schön illustrieren: Benoit de Sainte-Maure komponierte um 1165 seinen ,Roman de Troie'. Und dabei wird mit- unter schon dargestellt, wie er in ihm liest (Abb. 1). Benoit kannte Homer nicht, trug aber fleißig andere Quellen zusammen (Abb. 2). Ja, er komponierte sein Buch aus Büchern (Abb. 3). Und folgte bei seiner eigenen Geschichte der von Troja; und zwar sowohl der faktischen Geschichte als auch dem Geschichtsschreiber Dictis, wie dem Geschichtsschreiber Dares; so lässt sich Benoit bildlich leicht als letzte Stufe einer langen Textgeschichte darstellen, die als erste Stufe das Ereignis in Troja selbst zum Text/Bild hatte werden lassen (Abb. 4).

Der ,Lancelot en Prosec und mit Ihm der deutsche Lanzelot-Prosa-Roman, der erste deutsche Prosa-Roman überhaupt (vor 1230), geht noch weiter. Hier (Abb. 5) besprechen König Henri und der (fiktive!) Verfasser Gautiers Map, was sie in diesem Buch, das gerade geschrieben werden soll, schon über König Artus und den Gral lesen. Woher stammt dieses Buch? Von Amis selbst wird behauptet:

Und der koniggebot vier schnbern die d a ~ g e s a q t warn, das sie all die abentur schriben, die in sim ho- fe geschehen. Der ein was Amdion genant von Koln, und der ander was genant Tantamides von Vernaus und der dritt Tbomas von Dolete, der vierd was Sapiens genant von Budas. D$7e vier schrieben die abentur in des konig A a s h$ Min hern Gawan must allererst sagen, wann er heubt was an der su- chung [weil er der AnfUhrer der Suche war], und darnach Hestor und darnach myns hernn Gawansgeden die mit im an der suchung waren. Was sie sagten das warf alle~geschriben.~~

Am Abend, wenn das ritterliche 2ventizmTagwerk getan ist, oder am Ende der gro- ßen Grals-Queste, da kehrt man eben heim und diktiert (der hierarchischen Reihe nach) den Schreibern des Königs die eigenen Abenteuer.

Da sie betten ge@n kegessen] in dem ho8 der konig Artus det her vor kimmen die schnber, die da pflagen ~u beschnben die abenture der &er von dem hof des koniges Artus. Und da Bohort hett eqalt die abenture von dem hylign gral, in der wise als er esgesehen hett, und die wurden beschnben und be- halten in der abtey von Salabens. Da von myster Gatiers [Gautier] machen begund das buch von dem heihgen grde von /ahn wehsch, umb konig Heinrichs wdlen ynes herren, den er ser lieb hette.49

In Abb. 6 ist zu sehen, wie Gawan berichtet und wie die Geschichte unter Artus' eigener Kontrolle notiert wird. Aber damit nicht genug; der deutsche Bearbeiter findet auch noch eine flämische Bearbeitung vor, in der die Wahrheit des Buches endlich zu ihm gelangt:

48 Lancelot. Nach der Heidelberger Handschrift Cod. Pd. gern. 147, hg. V. Reinhold Kluge, ergänzt durch die Handschrift Ms. Allem. 8017-8020 der Bibliothkque de 1'Arsenal Paris, übersetzt, kommentiert und herausgegeben V. Hans-Hugo Steinhoff, Frankfua am Main 1995, Band I, S. 482,Z. 5-12.

49 Ebd., Bd. 111, S. 383, 2. 15ff.

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Postmodernes Mittelalter? (Un)arten des Erzählens und ihre Theorie(n) 273

Dip buchelin einer stonden /Hain ich inn flemsche geschrieben jönden, /Von yme kostigen meister uemcbt, /Der es u$'j?anqose darcxu hait gedicht. / Dwile das alle dutschen nit konden verstan, /Habe ich unnu~eliche ~ n j t darcp versliepen undgethan, /B$ das ich es hercxu bracht hain.50

Das Endergebnis der langen Textüberliefemng sieht dann so aus: Ereignis > Diktat > Artus' Schreiber (Latein) > i.A. von König Henn Gautier (welsch) > flämisch > deutsch.

Wo die Grenzen zwischen Realität und Fiktion bewusst negiert werden, ist Lite- ratur stets Literatur über Literatur. Wie hatte es über die postmoderne Literatur ge- heißen? „In der Postmoderne steht nicht die Innovation im Mittelpunkt des künstle- rischen Interesses, sondern die Rekombination". Der Spmchdichter ,Der Marner' hat dies in der Mitte des 13. Jahrhunderts so gesagt:

Uhte uinde ich einen uunt, Den si uunden hint die vor mir sintgewesen: Ich muos us irgarten und ir prüden bluomen le~en.5~

Auch Haamann verwendet für die Literatur das Bild der Blütenlese und Heinrich von Mügeln (zweite Hälfte des 14. Jhs.) wählt das Bild des Schneiders:

Was e die meister han Den prüden watgesniten an, die ?eist ich wider unde pan damJ eins nuwes tichtes kled.52

Die Sprüche als Kunstform (und ihr Inhalt) sind also vorhanden. Meister kleideten sie in ein Gewand. Diese Gewänder lassen sich auflösen; daraus dann kann man ein neues dichtes Dichtungskleid weben. Damit ergibt sich zugleich das Bild von der Textur des Textes, vom Text als Gewebe, das aus inteaextuellen Fäden gesponnen wird, indem man die Gewänder, che die Vorginger genäht haben, aufdröselt und neu verwebt. Dies kann, wie bei Heinrich Frauenlob, den Charakter einer sehr pronon- cierten Herausforderung annehmen:

S n q iegesang Reimar und der von Eschenbach, swaz ie geprach

50 Ebd., Bd. 11, S. 115; „Dieses Büchlein habe ich einmal in flämischer Sprache geschrieben gefunden, von einem kunstfertigen Meister gemacht, der es in dieser Sprache aus dem Französischen gedichtet hat. Da nicht aiie Deutschen das verstehen konnten, habe ich müßige Zeit dafür verbraucht und aufgewandt, bis ich es [ins Deutsche] übertragen hatte."

51 Zit. n. Schweikle, Günther (Hg.): Dichter über Dichter in mittelhochdeutscher Lteratur, Tübingen 1970 (= Deutsche Texte 12), S. 33; Kürzel aufgelöst. ,,Möglicherweise mache ich ja einen Fund, der bereits von denen, die vor mir waren, gefunden worden ist. Aus ihrem Garten und aus ihren Sprüchen muss ich Blumen pflücken."

52 Die kleineren Dichtungen Heinrichs von MQeln. Erste Abteilung: Die Spruchsammlung des Göttinger Cod. Phiios. 21, hrsg. V. Kar1 Stackrnann, 3 Teilbände, Berlin 1959 (Deutsche Texte des Mittelalters 50-52), 2. Teilband, 110 (1). „Die Gewänder, die die Meister ehedem den Sprüchen zurechtgeschnitten hatten, die hab ich wieder aufgefädelt und daraus das Kleid einer neuen Dichtung gewebt." Variante in der Handschrift W (ebd., S. 551): ain . . . ticht beklait, zu übersetzen also im ,Schneiderbild': ,,eine neue dichte Kleidung".

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274 Freimut Löser

der von der Vogelweide, mit vergolten kleide ich, Vrouwenlob, veplde ir sang, ah ich iuch bescheide.53

Das klingt so frech und ungewohnt, dass von Johannes Rettelbach die These aufge- stellt wurde (fur mich überzeugend), her spreche gar nicht Frauenlob, sondern einer, der ihn parodiere und der den itl seinen Dichtungen allenthalben greifbaren hohen Kunstanspruch und seine Selbstüberschätzung der Lächerlichkeit preisgebe.54

Durch Parodie, durch Zitat irn Zitat, durch uneigentliches Sprechen besteht (wie das Umbeao Eco und John Barth fur die Postmoderne formuliert haben) wieder die Möglichkeit zum Erzählen, besteht die Möglichkeit gar, zur Verbindlichkeit der grands rin'ts zurückzukehren. Ein mittelalterliches Beispiel dafür findet sich in der didaktischen Dichtung, in Thomasins von Zerklaere ,Welschem Gast' vhomasin ist Zeitgenosse Walthers von der Vogelweide, dem er vorhält mit seiner Papstkritik me" denne tztsent man betoeret zu haben). Für Thomasin sind die genannten großen Romane des Mittelalters - Jugendliteratur:

Ir habt nu vemomen wo/ /waq ein kint hoem und lesen sol. luve die Xe sinne komen sint /die suln an- ders dann ein kint /gemeistert werden, da? ist wir. /wan si suln verlaxen gar /diu .pel diu niht wir sint: /da mit sin gemiiet dit/ kint. /ich enschilte deheinen man /der rlventiure tihten kan: /die hentiure die sintguot, /wan si bereitent kindes muot. /wer niht viirbax kan vernemen, /der sol da bz ouch bilde nemen.

da? selbe so/ tuon ein man /der t i e f e sinne niht ver& kan, /der sol die hentiure lesen, /und l&y im wol dermite Wesen, /wan er vindet ouch dii inne /da? im bexxert she sinne, /menner viirba? versttn mac, /so verlies niht sinen tac /an der riventiure maere. /er sol volgn der xuht Lire /und sinne unde wirheit. /die aventuire sint gekleit /dicke mii liige harte sch6ne: /diu lzlge iis ir geeerde krone. /ich schilt die hentiure niht, /swie uns Xe liegen geschiht /von der iventiure rat, /wan si bexeichenunge hat /der xuht unde der wiirheit: /da7 w& man mit lüge kkle /ein hÜl@ bilde ist niht ein man: /wer ave iht versten kan, /der mac da? versten wol /da? ex einen man be~eichen so(. /sint die hentiur niht war, /si bexeichent doch d g a r /wax ein ieglch man tuon sol /der nach vrümkeit wil leben wol. /da von ich den danken will /die uns der hentiure vil /in tiusche yungen h h t verktrt: /guot aventiure xuht mirt. /doch wold ich in danken b a ~ , /und heten sigetihtet da? /da? vilgar an lüge waere: /des heten si noch groeyer h . 5 5

53 Newman, Barbara: Frauenlob's Song $Songs. A Medieval Geman Poet und bis Masterpiece, University Park 2007, S. 58; ,,Alles, was Reinmar und der von Eschenbach je sangen, was der von der Vogelweide jemals in seinen Sprüchen vortrug - irn vergoldeten Kleid vergolde ich, Frauenlob, ihre Gesänge, wie ich Euch jetzt zeigen werde."

54 Rettelbach, Johannes: ,,Abgefeimte Kunst: Frauenlobs Selbstrühmung", in: Lied im deutschen Mitteiulte~ Überk+mng, qpen, Gebrauch. Chiemee-Kolloquium 1991, hrsg. V. Cyril Edwards u.a., Tübingen 1996, S. 177-193.

55 Thomasin von Zirclaria: Der wahche Gast. Texte des Mitteiulters, hrsg. V. Heinrich Rückert, mit einer Einleitung und einem Register von Fnednch Neumann, Berlin 1965, V. 1079-1092 und V. 1107-1142; „Ihr habt jetzt recht vernommen, was ein Kind hören und lesen soll. Aber diejenigen, die bereits der Vernunft mächtig sind, sollen wahrlich anders als ein Kind belehrt werden. Denn sie sollen die unwahren Spielereien ganz und gar hinter sich lassen. Damit sind Kinder beschäftigt! Ich rüge niemanden, der Zventiare dichten kann; solche dventiure sind gut, da

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Postmodernes Mittelalter? (Un)arten des Erzählens und ihre Theorie(n) 275

Damit ist die Zeichenhaftigkeit jeder Erzählung aufgedeckt. Der Unterschied zur Postmoderne ist - fur den Didaktiker Thomasin - freiltch der, dass dieses Zeichen nicht auf sich selbst verweist, sondern, dass dahinter die tiefere Wahrheit liegt; und dass nicht nur die Erkenntnis dieser Wahrheit möglich ist, sondern auch ihre An- wendung irn Leben (der nach vnimkeit wil leben) ebenso wie ihre Beschreibung. Dies freilich gerade nur - und das ist die entscheidende Beschränkung - irn geistlichen Traktat und in der Lehrdichtung, aber eben nicht in der erzählenden Literatur (iven- tigre), denn da ist sie per se Lüge. Und damit wird auch - in einer intertextuellen Anti-Hartmannschen Wendung Thomasins - Hartmanns und Gottfrieds Theorie vom Fortleben der großen Namen zunichte:

wan swenn wir haben wolgqreit /unsern namen mit arbeit, /so" h i p uns unser name niht, /wan uns Xe uaren doch geschiht /da die andem hin sint. /dem uater uarent nach diu kint /gellche al nach irgetaete, /niich rehte od nach missetaete. Invar in Xe uamegeschiht, / ir name h i p si nihtes niht.56

Angesichts der letzten, wahren Heimat des Menschen, angesichts der Ewigkeit oder des göalichen Gerichts ist der große Name nichts; nein, er ist hinderlich. Und Hart- mann muss sich von Thomasin sagen lassen:

seht, Artus was wol erkant /und ist ouch hiutegenuocgenant: /nu sage mir, war h i p in da?? / im taete ein piiter noster baq /ob Artus gots hulde haben so4 /er enbirt unsers lobes wok /ist auer er in der helle gmnde, /unser /qb m2rt stne sunde, /wan er uns matetgegft /@?er luge 7aIler $t.57

sie die kindlichen Gemüter bilden. Wer es nicht besser versteht, der kann sich daran auch ein Vorbild nehmen. Dasselbe soll ein Mensch tun, der tiefe Gedanken nicht verstehen kann. Der soll die henti~re lesen und es dabei genügen lassen, da er darin auch etwas fmdet, das seine Sinneskräfte etwas verbessert. Wenn er aber etwas weiter blicken kann, so soll er nicht den ganzen Tag mit dem Gang der Geschichte verschwenden, sondern der Lehre des Anstands, des vernünftigen Denkens und der Wahrheit folgeleisten. Die Geschichten sind meist in sehr schöne Lügen gekleidet. Die Lüge ist die Krone ihrer Zier. Ich schelte die Geschichten nicht - auch wenn wir dem Rat der iiuentiure folgend lügen müssen - denn sie hat eine tiefere Bedeutung des Anstands und der Wahrheit. Das Wahre verkleidet man mit der Lüge. Eine hölzerne Figur ist kein Mensch; wer aber auch nur einen Funken Verstandes besitzt, wird wohl einsehen, dass sie einen Menschen bedeuten soii. Sind die Geschichten auch nicht wahr; so sprechen sie häufig doch aus, was jeder Mensch tun muss, der rechtschaffen leben wiii. Deshalb will ich d denen danken, die uns viele Geschichten ins Deutsche übersetzt haben. Eine gute Geschichte fördert anständiges Betragen. Doch wäre ich ihnen noch dankbarer, wenn sie etwas gedichtet hätten, das völlig ohne Lüge wäre; dann hätten sie noch größeren Ruhm." Vgl. auch die Textauszüge nach der Vorlage von Eva Willrns, irx Thomasin von Zerkiaere: Der welsche Gast, ausgew., eingeleitet, übers. und mit Anm. Vers. von Eva Willrns (Hg.), Berlin 2004. Ebd., V. 3525-3534; „Und haben wir auch unserem Namen mühevoii zu großem Ansehen verholfen, so hilft uns doch unser Name nichts, da wir trotzdem dorthin fahren müssen, wo auch die anderen hingefahren sind. Dem Vater folgen die Kinder, jeder seinem Handeln gemäß, ob sie Recht oder Unrecht getan haben. Dort, wohin sie gehen müssen, hilft ihnen ihr Name überhaupt nichts." Ebd., V. 3535-3544; „Seht, Amis war sehr bekannt und wird auch heute noch oft genannt. Doch sage mir, was hilft ihm das? Ein Vaterunser wäre besser flir ihn. Er kann auf unser Lob sehr gut-verzichten, wenn er in Gottes Huld ist. Soiite er sich aber in der Höiie befmden,

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276 Freimut b s e r

Dichtung ist Lüge. Diese Position teilt Thomasin mit Vielen, etwa mit Hugo von Trimberg, der in diesem Zusammenhang auch gleich noch einen Seitenhieb auf die geblümte Rhetorik los wird:

Meister Cuonrat ist an worien schoene, /Diu er gar vem hat gewehselt /Und von hhn also" gedrehselt, /Da? l ü ~ e l leien si uernement: / A n tiutschen buochen diu niht qement. /Swer tihten zu$ der tihte also" /Da? weder Xe nider noch ze ho" /Stnes sinnespirge da? mittel halten, /So" wirt er wert beideywzgen und alten. /Swaq der mensche niht verstet, /Trage eq im in diu 6ren gtt: /Des hoere ich manigen t6ren vernihten /Meister Cuonrades meisterltcheq tihten, /Ich hoere aber stn getihte selten / Wolgeltrtepj2fen schelten. /Swer gar sichJ12Zet an seltdn r h , /Der wii ouch, sfnes sinnes ltm / Uqen an schoenen Worten klebe /Und liiqel nuqes dar inne webe. /Also" sint bekant durch tiutschiu hnt / ~ r e c , Iwan und Tnsttant, /Kiinic Ruother und her ParnjraI, / Wigalois, der gdxen schal /Hat bejaget und hohen P&: /Swer des geloubt, der is unwts. /Swer reden und ozlch s@en kann /Ze d t e , der ist ein wite man. /Mit sünden er st)r houbet toubt /Swer tihtet, des man nihtgeloubt.58

Wenn alle Dichtung Lüge ist, wenn gleichzeitig der Wahrheitsanspruch besteht, wenn hinter der Dichtung der Sprache die göttliche Wahrheit steht, wenn jede sprachliche Außerung nur zeichenhaft ist, wenn diese Zeichen von der Wahrheit abhalten, wenn Dichtung immer nur Nachdichtung ist, dann ist jeder Dichter ein Lügner. Aber er kann es sich vor dem Gericht (des Lesers übrigens) leicht machen, so wie der Pfaffe Lamprecht in seinem ,Alexanderlied'.

Diq Ilt, daq wir ht wurchen, /da? sult ir rehte merchen. /stn gevdge ist ud reht. / I q tibte derphaye Lambret. / E r t2te unsgerne qe m&e, /werAlexander dre . /Alexander l~ar ein wfie man, /ui/manec dche ergewan, /er qesto"rie uilmanec lant. /Phihpptrs war stn uatergenant. /Diq mugit ir wol hhzn /in libm Machabeonrm. /Albetich von Bisinqo /der brate uns diq (tt ~ d . /er heteq in walhisken getihtet. /NU solzch es euh in ddtisken benhten. / N h a n inschulde stn mich: /louc er, sd leuge ich.59

vergrößern wir seine Sünden nur mit unserem Lob, da er uns zu d e r Zeit Stoff gibt, viel zu lügen."

58 Hugo von Trirnberg: Der Renner, hrsg. von Gustav Ehrismann, mit einem Nachwort und Ergänzungen von Günther Schweikle, Band I, Berlin 1970, V. 1202-1230; „Meister Konrad verwendet sehr zierreiche Wörter, die er von weit hergeholt und so aus dem Lateinischen gedrechselt hat, dass die, die des Lateinischen nicht kundig sind, sie nicht verstehen. Solche Worte gehören sich nicht für deutsche Bücher. Wer dichten will, der dichte so, dass die Flüge seiner Meinung - weder zu hoch noch zu niedrig - ein mittleres Maß einhalten. So wird er sowohl von jungem als auch von altem Publikum geschätzt. Was der Mensch nicht versteht, dringt ihm nur träge in die Ohren ein. Deshalb höre ich oft so manchen Toren das meisterliche Dichten Konrads vernichten. Nie aber höre ich, dass Gelehrte seine Dichtung rügen. Wer sich mit seltsamen Reimen befleißigt, der will auch, dass der Leim seines Gedankens außen an schönen Worten klebe und man sonst keinen Nutzen davon habe. Deshalb kennt man in d e n deutschen Landen Erec, Iwein, Tristan, König Rother, Herrn Parzival und Wigalois, der großen Applaus und viel Lob geerntet hat. Wer so etwas glaubt, der ist töricht. Wer reden, aber auch schweigen kann, wahrlich, der ist ein weiser Mann. Derjenige macht sich mit Sünden blind und taub, der Dinge dichtet, die man nicht glaubt."

59 ,„Das Lied, das wir hier machen, dem sollt ihr aufmerksam folgen. Es ist in eine gute Form gebracht. Gedichtet hat es Lambrecht, ein Geistlicher. Er wollte uns kundtun, wer Alexander war. Alexander war ein kluger Mann. Viele Reiche hat er erobert, er zerstörte viele Länder. Sein Vater hieß Philipp. Das könnt ihr aus dem Buch der Makkabäer erfahren. Von Alberic von Pisancon haben wir dieses Lied. Er hat es auf Französisch gedichtet. Nun will ich es euch auf

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Postmodernes Mittelalter? (Un)arten des Erzählens und ihre Theorie(n) 277

Relativ einfach gestrickt und unter einem ersten oberflächlichen Aspekt gesehen, meint dies schlicht die Abhängigkeit von den Vorlagen. Jede Dichtung - auch die historische, auch die der Geschichtsschreiber - kann, heißt das, nicht mehr bieten als ihre literarische Vorlage: Fact is Fiction.

Aber es gib noch eine weitere Stufe der Beziehungen: Fast wörtlich begegnet uns die gleiche Passage hier:

Von Bisen~e meister Albrich, /der brahte ein rede an mich /dx wälscher yngen. /die hin ich des behvungen, /da? man sie in tiutschen vernimet, /swenne kuqwtle ge@net. /nieman der enschelte mich: /Iouc er mir, SO Luge ouch ich.60

Dies ist nun nicht des Pfaffen Lambrecht fiexanderlied', sondern der Prolog eines Artusromans: ,Danie1 von dem bliihenden Tal' des Stricker. Der zitiert die Lamprechtsche Berufung auf Alberic (wörtlich) - lozrc er mir, so" Lage oozlch ich - erfindet schön gelogen eine Quelle für seinen vorlagenlosen, wirklich erfundenen Roman und legt dessen fiktiven Charakter von Anfang an offen: ,,Ich erzähle euch jetzt eine Geschichte, die eine Lügengeschichte ist." Des Strickers Lügengeschichte ist damit mehr als doppelbödig. Sie ist ein intertextuelles Spiel, deren Wahrheitsanspruch in der Aufdeckung des Spielcharakters der Literatur besteht. Und es ist der Leser, der als Kenner der zitierten Literatur diese Aufdeckung leistet.

Wenn alle Dichtung Dichtung über Dichtung und immer nur vermittelt ist - was geschieht, wenn die Vermittlungsinstanzen (Alberic und Chrktien und Kyot und Flegetanis und wie sie alle heißen) ausgeschaltet werden? Es gibt Stellen, wo der Erzähler direkt mit der Erzählung kommuniziert, die sich selbst erzählt. Berühmt ist Wolframs Gespräch mit der Allegorie der Erzählung:

'Tuot i$' wem? Wer sft ir? / 'ich will in? heqe dtn ~ u o dir.' / S O gert ir pngem dme. / 'wax denne, beltbe ich kdme? /mtn dringen soltu selten klagn: /ich will dir nu von wunder sagn. ' /ja stt iqj fiou iventiure? /wie veri dergehiure? /ich meine den werden PaqiviL61

Die Erzählung also begehrt Einlass ins Herz des Erzahlers. Der lässt sie ein und bittet sie, doch selbst weiter zu erzählen: Bt hwen zrns die mme. So erzählt sich irn Herzen des Erzählers die Erzählung selbst. Aber kaum hat sie das bei Wolfram ge- tan, wird sie kurze Zeit später zum Material des nächsten intertextuellen Spiels. In

Deutsch darbieten. Man kann mich deswegen nicht belangen: denn wenn er nicht die Wahrheit gesagt hat, kann ich es auch nicht." Zitat und Übers. bei: Haug, S. 86.

60 „Diese Geschichte stammt aus dem Französischen von Meister Albenc von Pisanqon. Ich habe sie bearbeitet, damit man sie auf Deutsch hören kann, wenn Unterhaltung am Platze ist. Niemand soil mir deswegen Vonvürfe machen: hat er mir etwas vorgelogen, so lüge auch ich." Zitat und Übers. bei: Haug, Walter: Literaturtheorie im deutschen Mittelalter von den Anfängen bis rum Ende des 13. Jahrhunderts, 2. überarb. und erw. Aufl., Darrnstadt 1992, S. 86.

61 PaqiiaI, IX, 433, 1-9: „,Macht auf?' Wem? Wer seid ihr? ,Ich wiil zu dir in dein Herz.' Da wo Ihr hinwollt, ist es aber eng. ,Was denn, zu wenig Platz für mich! Das kommt doch wahrhaftig nicht oft vor, daß ich mich aufdränge und dir so zum Jammern Anlaß gebe. Ich wiil dir jetzt von wunderbaren Dingen reden.'Ja so, Ihr seid es, Frau Aventiure! Wie geht's ihm denn, dem Schönen? Den edlen Parzivil meine ich."

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Rudolfs von Ems ,Wdlehalm von Orlens' tritt jetzt die Erzählung als Fragestellerin auE

W e r hat michguoter hergelesen? /Ist es ieman gewesen /Lebende in solicher wise, (2145) /Lob er mich dex michprise / E s sig man oder W$, /Hab er so getniwen hp, /Ane uaelsche sol er mich /Lieben, das ist fhtlich, (2150) /Mit sueper sinne sture: /Ich bin du Auentbn, / Diu des mit fiehelichen sitten / Wil die ere gernden bitten (2 155) /Das si mich niht verkenn / Unde minen maister lerin, /Der mich bi? hergetihtet hat, /Ane @ot so wisen rat /Das er miGh vollebringe, / Wan ich an in gedinge, (21 60) /Sol er min uurpzcbe wesen, / E r fmme mich also gelesen /Das man fur guot ouch dulde mich. /Ruodo& nu sprich du mich /Und sage der maen mere von mir. (2165)"z

Der Dichter ist hier nur der Advokat der Erzählung, ihr Fürsprecher (2160f.), der der Erzählung auf deren Wunsch hin Worte verleiht (sprich dtl mich). Er ist gleichzeitig aber der Herr der Erzählung (mtn meister, 21 57), der dabei freilich der Hilfe der Leser bedarf, die diesen Meister lehren; denn er selbst ist ja auch nichts anderes als Leser, den die Erzählung fragt: Wer hat mich gtloter hergelesen?

In der nächsten Stufe des intertextuelien Spiels ist es da nur konsequent, wenn die Geschichte (das Buch) selbst das Wort ergreift und wenn sie - Rudolf parodie- rend - in Wirnts von Grafenberg ,WigaloisL sich nun nicht an den Erzähler als Leser, sondern gleich an den lesenden Leser wendet:

Wer hat mich guoter dfgetdn? / s f ep iemen der mich kan / beidiu lesen und versten, /der solgendde an mir begtn, /ob iht wandeh an mir st; /da? er mich doch ldxe vvn /ualscher rede: da? tret in. /ich weip wol dap ich niene bin jgeliutert undgenhtet /noch sO wolgetihtet /michn uelsche lthte ein valscher man, /wan sich niemen vor in kann lbehiieten WO^, swie rehte er tuot. ldehein rede ist sOguot /sine velschen si, da? wezr ich woi. /swa? ich valsches von in dol, /ow4 luem sol ich da? klagen? /ich wilp et harte ringe tragen, /mac ich der besten lop btjagen.63

62 Rudolf von Ems: Wiliehalm von Orkns, zitiert nach: Deutsche Texte des MittelaLter~, hrsg. aus dem Wasserburger Codex der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek in Donaueschingen von Victor Junk, 2. Aufl., D u b h 1967, V. 2142-2165; „Welcher Gute hat mich bis hierher gelesen? Ist es einer, der am Leben ist, so lobe er mich in einer Art, die mich wirklich preise. Egal, ob Mann oder Frau, er möge so aufrichtig sein, ohne Fdschung an mir Gefallen zu fmden, das heißt, freundschaftlich und mit der Lenkung durch reine Gedanken zu handeln. Ich bin die Geschtchte; mit Zurückhaltung flehend bitte ich die, die nach Ehre streben, dass sie mich nicht verkehren und meinen ~errn,-&er mich bisher gedichtet hat, ohne ihn zu verspotten so weisen Rat geben, dass er mich zu Ende bringe. Auf ihn nämlich hoffe ich. Soll er mein Anwait sein, - dann nutzt er mir, wenn ich s o vorgetragen werde, dass man mich auch als gut aufnehme. Rudolf, sprich jetzt du mich aus und erzahle noch mehr Erzählungen von mir."

63 „Welcher gute Mensch hat mich aufgeschlagen? Ist es jemand, der mich lesen und verstehen kann, so soll er Nachsicht mit mir haben, und wenn etwas Fehlerhaftes an mir ist, mich doch von aller (bewußten) Fälschung freisprechen. Das trägt ihm Ehre ein. Ich weiß wohl, daß ich keineswegs geläutert und ausgearbeitet und nicht so gut gedichtet bin, daß mich ein Verleumder nicht leicht schlechtmachen könnte. Denn vor solchen kann sich niemand schützen, wie gut er auch etwas machen mag. Kein Gedicht ist so gut, daß sie es nicht schlechtmachen könnten. Das ist mir wohl bewußt. Was ich an Schmähungen von ihnen zu erdulden habe, ach, bei wem soll ich mich beklagen? Ich ertrage es aber sehr leicht, wenn mir das Lob der Besten zuteil wird." Zitat und Übers. bei: Haug, S. 274f.

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Postmodernes Mittelalter? (Un)arten des Erzählens und ihre Theorie(n) 279

Bleibt ein letzter Blick auf die letzte Erzählinstanz: Den Fälscher selbst, den Täu- scher, den Lügner, den Spieler den Erzähler (oder den Autor?): Nennen wir ihn beim Namen: , ,Cd me - Wolfram." In ,WdlehalmC bezieht sich Wolfram zu Anfang auf den ,Parzival':

Ich Wolfram von Eschenbach, / s w a ~ ich von Par$Algesprach, /des stn iiventiure mich wiste, /etsli'ch man daapriste. /ir war ouch vil, diex smahten /mde baa ir rede wrehten.64

Ich, Wolfram von Eschenbach - dieses ,Ich' wird durch die Erzählung definiert (swax ich von Par@valgesprach). Dies ,Ich' ist nichts als das Medium der Herrin ~ v e n - tiure (des stn aventitrre mich wzjte). Dieses ,Ich' ist abhängig vom Urteil seiner Leser: mancher, sagt er, lobte seinen Roman von Paqjval, viele schmähten ihn. Diese Leser sind auch Dichterkollegen, die besser erzählen können wollen. Und dieses ,Ichc lebt vom Weitererzählen: ,Gönnt mir Gott die Tage, dann erzähle ich jetzt eine neue Geschichte von Liebe und Leid'. „Ich Wolfram von EschenbacW- das ist ein Satz, der keinen ,Autorc meint, sondern einen Text im Text.

In Wolframs ,Wilehalm' (aus dem Französischen vermittelt vom Auftraggeber Herrnann von Thüringen65) wird die Legende des Heiligen Willehalm erzählt. Das Autor-Ich unterstellt sich deshalb Gott, g b t sich inspiriert und wendet sich gegen die Buchgelehrsamkeit:

swax an den buochen stetgeschriben, /des bin ich kiinstelos beliben. /niht anders ich geleret bin: /wan han ich kunst, die git mir sin. /dzk helfe dinergiiete /sende in min gemiiete lunlosen sin so wise, /der in dinem namen gqrise /einen der der din nie vegaa.66

Wie ist diese buchfeindliche Wendung zu erklären? Und wie steht der ,Autorc dazu? Wir treffen Wolfram, der zur Figur seiner selbst wird:

Ich bin Wolfram von Eschenbach, /unt kan ein teilmit sang67 ,,Ich bin Wolfram von Eschenbach und verstehe durchaus etwas vom Liederdichten."

Das ist keine Aussage über die historische Figur aus Eschenbach. Das sind Rollen im Text: Nicht mit ,Minnesingenc werden Damen betört, sondern mit ,Waffenklirren'; und also ist seine Kunst, sagt Wolfram, keine Buchstabenkunst, denn Schildes ambet ist mtn art. Und meine maere ist nicht unter die Bücher zu rechnen, denn

hetens W@ niht@r ein smeichen, /ich solt iu &rbax reichen /an disem mare unkundiu wo@ /ich sprache iu däventiuiure vori. /wer des von mirgemoche, /dem aels Xe keinem buoche, /ine kan decheinen

64 ,,Was ich, Wolfram von Eschenbach, von Parzival erzählt habe, so wie mir seine Geschichte bekannt war, haben manche gelobt. Es gab aber auch viele, die es tadelten und ihre Worte zierlicher setzen." Wolfram von Eschenbach: Wiliehalm. Mittelhochdeutsch - Neuhochdeutsch. Text der Ausgabe von Werner Schröder, Übertragung, Vorwort und Register von Dieter Kartschoke, 3. Auflage, Berlin, New York 2003, I, 4,19-24.

65 Ebd., I, 3, 8-1 1; „Lantgrave von Duringen Herman /tet mir + mare von im bekant. /er ist enfi.anxoys genant lkuns Gmlhms de Orangis."(,,Landgraf Hermann von Thüringen machte mich mit seiner Geschichte bekannt. Auf französisch heißt er Comte Guiiiaume $Orange.")

66 Ebd., I, 2, 19-27; „Ich bin nur insofern gelehrt, als meine Einsicht mir Wissen verleiht. Deine gnadenreiche Hilfe senke in mein Herz so ernste, fromme Einsicht, die in Deinem Namen einen Ritter besinge, der Dich nie vergaß."

67 PaqjualII, 114, 13f.

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buochstap. /d2 nement genuoge ir urbap: /[. . .I / t man si bete P r ein bzroch /ich war t nacket 2ne tuoch.68

Und so (nicht nacket ine tz/och) hat man Wolfram denn auch im Mittelalter gesehen: Die bildhchen Darstellungen sind nicht der Person des Autors gewidmet, sondern dem Bild der Figur Wolframs in den Texten. In der beruhmten großen Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse; Abb. 7) figuriert er im fiktiven ,WartburgkriegC, wo er mit andern Minnesängern den berühmten - fiktiven - Gesangswettstreit aus- führt (Quelle noch für Richard Wagners ,Meistersinger') und einfach nur als ,Bild zum Text': ,,Ich bin Vo@am von Eschenbach ~ n d km ein teil mit sange." Ebenfalls im Co- dex Manesse vor den Minneliedern Wolframs und geradezu als Kontrastprogramm dazu aber wird Wolframs Aussage Schikies ambet ist mtn art zur Vorlage des Autorbil- des (Abb. 8). So gibt es schon zwei ,Wolframc. Und dann muss dem angeblich buch- feindlichen Wolfram (ine kan decheinen bz/ochstap) ausgerechnet das passieren: In der Fortsetzung seines Fragment gebliebenen ,Willehalm' durch den schwäbischen Dich- ter aus Buttenwiesen (auch in Augsburg tätig) Ulrich von Türheim wird er ausge- rechnet als Buchgelehrter dargestellt (Abb. 9) und der Türheimer sagt von ihm:

Hey, ktinstencher Wopam! /daZ nit dem s2xen gotgexam, /do er nit hnger solte leben, /da7 mir war sin kamt gegeben.69

Freilich d Ulrich (Hartrnanns Iwein-Prolog fast wörtlich zitierend) doch nicht Wolfram sein:

ich von Turheim Ulrich /wöbe niht er sin gewesen. /er ist tot und ich genesen.70

Der Autor - und das setzen interessanter Weise gerade die Bilder ins Bild - ist rnit- nichten der Schöpfer des Textes, er ist eine Textinstanz, eine Textstelle, ein Wort von vielen Wörtern. In der Münchner Willehalm-Handschrift ist dies wörtlich zu- nehmen. Sie verleiht der Stimme des Erzählers den - vielgestaltigen - Körper Wolf- rams, der zwischen seinem Helden Willehalrn und dessen feindlicher Schwester ver- mittelt, oder der Wdiehalm an das gleichzeitige Schicksal seiner belagerten Gattin erinnert. Und so wird im Bild der Erzahler in der Erzddung, deren Fäden er zu- sammenhält, zwischen seinem Personal förmlich zerrissen oder so ,verknotet6 wie seine Erzählung (Abb. 10).

Ein kurzes Fazit: Fast alie Parameter der postmodernen Erzählung finden sich im Mittelalter. Freilich: Bei einzelnen Autoren durchaus unterschiedhch. Es gibt schon

68 Ebd., 11, 115,21-116,4.; „Wenn ich mich um die Liebe einer rechten Frau bemühe, so muß ich mir den Lohn der Liebe mit Schild und Speer verdienen; ob ich das kann oder nicht, danach soli sie ihre Gunst bemessen. Mit hohem Einsatz und mit Risiko spielt doch der, der in der Ritterschaft nach Liebe zielt. [. . .] Und ehe man ihn mit einem Buch verwechselt, wollte ich noch lieber ganz nackt bleiben, ohne Tuch, so wie ich in der Wanne sitze - bloß ein Feigenblatt, etwa den Badewedel, müßte ich natürlich haben."

69 Schweikle, S. 52; „Ach, hochgelehrter Wolfram! Dass es dem lieben Gott nicht gefallen hat, ihn länger leben zu lassen. Wenn doch mir seine Kunst gegeben wäre!".

70 Ebd.; „Ich, Ulrich von Türheim, hätte nicht er sein wollen. Denn er ist tot und ich bin arn Leben."

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dort Erzähler, die ,postmodernerc sind als andere. Gewissermaßen aus der Zeit gefal- len. Aber wenn dies so ist: Ist dann ,postmodern' ein Epochensignum, oder bezeich- net es nicht, wie Umberto Eco behauptet, eher einen zeitunabhängigen Typus des Erzahlens? Der schiene mir dann aber mit Ecos Terminus Manierismus eher unzu- reichend bezeichnet. Wir haben es mit einer Form von mittelalterlich/ postmodernem Erzählen zu tun, das seinen eigenen Fiktionalitätscharakter offenbart und das Spielerische der intertextuellen Möglichkeiten ebenso auslotet wie die Möglichkeiten multiplen und multipolaren Erzählens. Fast alle postmodernen Merkmale finden sich auch bei deutschen mittelalterlichen Erzahlern. Zwei allerdings kann ich so nicht sehen: Lyotards Erzählung vom Ende der großen Erzählungen und die These, dass das sprachliche Zeichen nicht über eben dieses sprachliche Zei- chen hinaus verweist. Nun allerdings würde ich mich - stutzig geworden - dann doch fragen, ob eigentlich das tatsächlich die Kennzeichen der Postmoderne sind? Leben wir in einer Zeit, in der die grands rkn'ts keine Geltung mehr haben oder haben wir ihnen in den 70er/80er Jahren ,back in the good old years of Postmodernism' nur ihre Geltung abgesprochen? Und konstituieren wir in unseren Sprachspielen nicht doch Bedeutung jenseits der Spiele? Und wenn es nur die wäre, Spiele als Spie-

Abb. 2

le zu erkennen?

Anhang: Abbildungen

Abb. 1

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Abb. 3

Abb. 4 Abb. 5

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Postmodernes Mittelalter? (ün)arten des Erzählens und ihre Theorie(n) 283

Abb. 6 Abb. 7

Abb. 8 Abb. 9

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Freimut Löser

Abb. 10

Abbildungsverzeichnis

Alie Abbildungen aus Gerald Kapfhamrner, Wolf-Dietrich Löhr und Barbara Nitsche (Hg.), Autorbilder. Zur literarischen Kommunikation in Mittelalter und Fruher Neureit, Münster 2007.

Abb. 1: Ebd., Abb. 33: Benoit de Sainte-Maure, Roman de Tmie, Paris, BN, ms. fr. 782 (ca. 1330/40), fol. 4..

Abb. 2: Ebd., Abb. 31: Benoit de Sainte-Maure, Roman de Tmie, Paris, BN, ms. fr. 782 (ca. 1330/40), fol. 1..

Abb. 3: Ebd., Abb. 32: Benoit de Sainte-Maure, Roman de Troie, Paris, BN, ms. fr. 782 (ca. 1330/40), fol. 2..

Abb. 4 : Ebd., Abb. 34: Benoit de Sainte-Maure, Roman de Tmie, Vatikan, BAV, Reg. Lat. 1505 (Ende 13./Anfang 14. Jhd.), fol. 232v.

Abb. 5: Ebd., Abb. 5: Lancelot en pme, Manchester, The John Rylands Library, French MS I, vol. 2 (um 1315), fol. 2121.

Abb. 6: Ebd., Abb. 55: Lancelot enpmse, Paris, BN, ms. fr. 342 (dat. 1274), fol. 150.. Abb. 7: Ebd., Abb. 101: Manessische Liederhandrcbnft, Heidelberg, UB, Cpg 848 (1. Hälfte 14.

Jhd.), fol. 2197 (Ausschnitt). Abb. 8: Ebd., Abb. 100: Manessische Liederhandrcbnft, Heidelberg, UB, Cpg 848 (1. Hälfte 14.

Jhd.), fol. 149~. Abb. 9: Ebd., Abb. 99: Ulrich von Tiirheim, Rennewarf, Wien, ÖNB, Cod. Ser. Nova 2643 (dat.

1387), fol. 3131 (Ausschnitt). Abb. 10: Ebd., Abb. 29: Wolfram von Eschenbach, Willehalm, München, BSB, Cgrn 193, I11

(um 1270/75), fol. 11 (Ausschnitt).

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Postmodernes Mittelalter? (Un)aaen des Erzählens und ihre Theone(n) 285

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http://de.wikipedia.org/wiki/Postmodeme; aufgerufen am 22.01.2010. http://wikipedia.org/wiki/Postm~derner~Rornan; aufgerufen am 22.01.2010.