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Aisha
Aisha (14 Jahre) – schwere neurologische Beeinträchtigung
(Kernikterus)
Aspiration und respiratorische Dekompensation
Vom Notarzt intubiert - Aufnahme auf die Intensivstation
- „Weil Ihr es nicht fertig gebracht habt, dass die Eltern die DNR-
order unterschreiben, haben wir nun das „Problem“
Verwandte reisen aus ganz Europa an
- Verabschieden sich vom Kind
- Stehen den Eltern bei
4 Tage später - beenden der Beatmung und Extubation
Aisha verstirbt in den Armen der Eltern
(9 Jahre) – HIE
12/2005 stationäre Aufnahme
Pneumonie
„Sie müssen alles für mein Kind tun!“
Verstorben Februar 2013: Zuhause und symptomkontrolliert
Therapieentscheidungen - Palliativversorgung
Interkurrente Komplikation
(Akute Appendizitis)
Erkrankungsbedingte Komplikation
(Aspiration, Hypoxie)
(Therapierefraktäre Pneumonie)
Erkrankungsbedingte irreversible „Komplikation“
Sterben (Zentrale Atemstörung)
Intensive Therapie
Symptomkontrolle
Gibt es eine palliative Notfall – Entscheidung?
Notfall-Palliativ:
In der Regel vorhersehbar
Antizipation, Vorbereitung und
Prävention leidvoller Symptome
meistens möglich
Bedarf einer sofortigen
Intervention
Lindern leidvoller Symptome
und Erhalt der Lebensqualität
wird erwartet
Notfall: Aisha
Meistens plötzlich eintretend und nicht vorhersehbar
Antizipation ist in der Regel nicht möglich
Bedarf einer sofortigen Intervention
Intensivtherapie und Lebensrettung (Reanimation) wird erwartet
Leid durch Intensivtherapie wird akzeptiert
Gibt es eine optimale palliative Notfall – Entscheidung?
Wdh. stationäre Aufenthalte bei
Pneumonie
Begleitung und
Beziehungsaufbau möglich
Reflektion der zunehmenden
respiratorischen Insuffizienz
und Erreger-Resistenz
Regelmäßige Absprachen –
was lindert Leid des Kindes
EVN lag vor – wurde nicht
benötigt
Aisha
Ganz selten stationär; Einschluss SAPV erfolgt
Wenig Beziehungsaufbau möglich
Kaum Edukation und Begleitung
EVN lag nicht vor…
Antizipation der Komplikationen / des Sterbeprozesses
- Erkrankung
- Aktuelle Therapie (z.B. Chemotherapie)
- Komorbidität
- Zusätzliche Prozeduren (z.B. VP-Shunt)
Vor-Bereitung auf Komplikationen / den Sterbeprozess
- Individuelle Bedürfnissen Patient / Familie
- Gesprächsangebot
- Setting beachten (z.B. zu Hause)
- Medikamente und Geräte bereitstellen
Compliance der Notfall-Versorger
gewährleisten: - Angebot „Empfehlungen zum Vorgehen in
Notfallsituationen“
- Information an Notfall-Versorger
Therapieentscheidungen - Palliativversorgung
16 Jahre
Diagnosen:
Juni 2006 Metastasiertes Lebersarkom (pulmonal)
April 2007 1. Pulmonales Rezidiv
Januar 2008 2. Pulmonales Rezidiv
Januar 2009 3. Pulmonales Rezidiv
Fallbeispiel
Aktuelle Symptome: Ursache:
Schmerz (Bauch, Thorax) (NRS 6/10) Pleurale, peritoneale Metastasen
Ruhedyspnoe Pleurale, peritoneale Metastasen, HI
Fatigue, körperl. Schwäche Kachexie, Anämie, HI
Anämie Chemotherapie
Obstipation Immobilität, peritoneale Metastase
Todes- und Erstickungsangst
Verdeckte Kommunikation Rücksichtnahme auf die Mutter
(Wunsch: keine weitere Chemotherapie
und Krankenhausaufenthalte)
Unsicherheit / Entscheidungsnot Widersprüchliche Therapieoptionen
Hoffnungslosigkeit
Fallbeispiel - Steffen
Übernahme : Akute Herzinsuffizienz – unter Rezidivchemotherapie mit Hydratation
V. Betreuung von schwerstkranken und sterbenden
Kindern und Jugendlichen
… schwerstkranke und sterbende Kinder oder Jugendliche sind
wahrheits- und altersgemäß zu informieren. Sie sollten
regelmäßig und ihrem Entwicklungsstand entsprechend in die
sie betreffenden Entscheidungen einbezogen werden, soweit
dies von ihnen gewünscht wird.
… Soweit der Minderjährige aufgrund seines
Entwicklungsstandes selbst in der Lage ist, Bedeutung und
Tragweite der ärztlichen Maßnahme zu verstehen und zu
beurteilen, steht ihm ein Vetorecht gegen ihre Durchführung
zu, selbst wenn die Sorgeberechtigten einwilligen. Davon wird
ab einem Alter von 16 Jahren regelmäßig ausgegangen.
11
Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung
(2011)
Sterbebegleitung
Maßnahmen zur Pflege und Betreuung von Todkranken und Sterbenden
- Körperliche Pflege
- Löschen von Hunger- und Durstgefühl
- Mindern von Übelkeit, Atemnot, Angst
- Menschliche Zuwendung und Begleitung
Ziel:
Die Fähigkeit des Patienten, den eigenen Willen auch in der Sterbephase zur Geltung zu bringen, so lange zu erhalten, wie es medizinisch möglich, für den Betroffenen erträglich und von ihm gewollt ist.
Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende
Nationaler Ethik-Rat
2006
Sterbenlassen
…wenn eine lebensverlängernde medizinische Behandlung
unterlassen wird und dadurch der durch den Verlauf der Krankheit
bedingte Tod früher eintritt, als dies mit der Behandlung aller
Voraussicht nach der Fall wäre.
Unterlassen:
- keine lebensverlängernde Maßnahme einleiten
- keine Fortführung einer bereits begonnenen Maßnahme
- aktives Beenden einer bereits begonnenen Maßnahme
Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende
Nationaler Ethik-Rat
2006
Patientenautonomie
Der Patient ist nicht einwilligungsfähig
Gespräch mit einem Vertreter des Patienten => Eltern
Orientierung am mutmaßlichen Patientenwillen
(Orientierung am erklärten Patientenwillen)
L.S. Geisler, 2004
N.Jörmann &
B. Schöne-Seifert,
Eltern- und Kindschaft können nur gemeinsam verstanden werden
Kein Grund - Eltern diese Aufgabe nicht zuzutrauen (gerade in existenziellen Fragen)
Aufgaben des Palliativteams :
- Sachlage und Handlungsoptionen wiederholt verständlich erläutern
- Normative Prämissen der Familie ausloten
- Tragfähige Entscheidung gemeinsam finden
- Sorge tragen, dass Eltern in angemessener Weise verstehen
worum es geht
- Eltern Zeit geben, damit ihre emotionale Beteiligung eine gute
Entscheidung unterstützt (nicht verhindert)
G. Rellensmann, 2008
Patientenautonomie Eltern
Patientenautonomie – durch Eltern
Prinzip der Achtung der Patientenautonomie
- Haltung Respekt vor der autonomen Entscheidung
- Wahrhaftigkeit Unvoreingenommenheit gegenüber Entscheidung
T.L. Beauchamp &
J.F. Childress, 2008
Bedingungen für eine richtige Entscheidung
Intentionalität
- Entscheidung bewusst und absichtlich treffen
(Abgrenzung Impulshandlungen)
Angemessenes Verständnis
- Handlungsoptionen und jeweilige Situation
Freiheit von steuernder Einflussnahme
- Kein Zwang oder übermäßigen Druck
Entscheidungs-, Urteils- und Einsichtskompetenz
Ethische Fallbesprechung
Intensivteam:
- Keine Intensivtherapie indiziert
- Beatmung wäre leidvoll für Emre
Palliativteam:
- Eltern brauchen noch Zeit
- gegen den Willen der Eltern zu handeln ist schwer für das Team
Klinikseelsorger:
- Familie mit der Wirklichkeit konfrontieren: Emre stirbt
- Übernahme der Fürsorge für Emre durch das Team
Zentrale Atemstörungen Drohendes Atemversagen
Emre
Elternwunsch Beatmung
Übernahme der Fürsorge
Wenn Eltern, trotz angemessener Unterstützung
- ihre autonome Entscheidung abgeben
- keine autonome Entscheidung treffen können
Therapiemaßnahmen können nicht eingefordert werden,
wenn keine medizinische Indikation besteht, weil
- sie wirkungslos sind
- dem Patienten mehr schaden als nutzen
Jox et al., 2012
G. Rellensmann, 2008
Die Therapiezielfindung kostet viel Kraft:
„Man kann den Prozess nicht glätten.“
Was ist hilfreich?
Gespräche:
im Team
mit dem Patienten
mit der Familie
Supervision
Kollegialer Austausch (Intensivteam)
Ethisches Fallgespräch
Nachgespräch
Sehen, was das Team geschafft hat…