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| Der Hautarzt 2·97 100 Dorothee Nashan 1 · Gerhard Strittmatter 2 · Ute Schäfer 3 · Jutta Lehmkuhl 1 · Peter J. Frosch 3 1 Universitäts-Hautklinik, Münster 2 Fachklinik Hornheide, Münster 3 Hautklinik, Städtische Kliniken, Dortmund und Lehrstuhl Dermatologie der Universität Witten/Herdecke Therapiestudien in der dermatologischen Onkologie Empfehlungen für das Aufklärungsgespräch mit dem Patienten klärung ist besonders bei Schwerkran- ken und Sterbenden von Bedeutung. Entsprechende Ratgeber für die Sterbe- begleitung wurden formuliert [5–8]. Die Art und Weise eines Aufklärungs- gespräches von Studienpatienten war bei Studientreffen der „Arbeitsgemein- schaft für Dermatologische Onkologie“ im Rahmen anderer Prüfertreffen zu Studien des malignen Melanoms mehr- fach Gegenstand von längeren Diskus- sionen. Es wurde allgemein bemängelt, daß keine Richtlinien existieren, die insbesondere jüngeren Kollegen den Einstieg in dieses Gespräch erleichtern. Die Autoren haben unter Berücksichti- gung der Literatur versucht, wichtige Kriterien für die Ausgestaltung dieses Gespräches zu erarbeiten. Aufklärender Arzt Ein kompetenter, engagierter Arzt, der nicht nur über die durchzuführende Studie, sondern auch über therapeuti- sche Alternativen gut informiert ist und über umfangreiche persönliche Erfah- rungen verfügt, sollte das Aufklärungs- gespräch führen. Patienten spüren in- tuitiv die Sicherheit eines Arztes. Der Einsatz eines erfahrenen Kollegen un- terstreicht zudem die Bedeutung des Patienten und den Stellenwert der Stu- die. Gesprächsgestaltung Der Arzt muß sich für das Gespräch ausreichend Zeit nehmen. Die Ge- sprächsatmosphäre muß ruhig und Die Struktur der Protokolle für die Durchführung von Studien ist in ihrem Design definiert [1]. Die juristischen Grundlagen sind im AMG und der De- klaration von Helsinki festgelegt [2]. Die schriftlichen Grundlagen für den sog. „informed consent“ werden von der Ethikkommission geprüft [3, 4]. Nach dem Arzneimittelgesetz und den Richtlinien der Good Clinical Practice (GCP) muß eine umfassende Aufklä- rung des teilnehmenden Studienpati- enten erfolgen. Anhand dieser Vorgaben und der Protokolle erfolgt das aufklärende Arzt- Patienten-Gespräch. Die Patientenauf- Originalien Der Hautarzt 1997 · 48:100–102 © Springer-Verlag 1997 Zusammenfassung Bei der Durchführung von klinischen Studien nach den Richtlinien der Good Clinical Practice (GCP) muß der Patient umfassend über Studienziel, Art der Behandlung und mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt wer- den. Der aufklärende Arzt stößt auf Schwie- rigkeiten, wenn es sich dabei um randomi- sierte Studien mit einem sog.„Null-Arm“ handelt (keine Therapie, Placebo, nur Opera- tion ohne zusätzliche medikamentöse Therapie). Die Autoren haben aufgrund der Literatur und ihrer eigenen Erfahrungen mit Tumorpatienten Kriterien erarbeitet,die die- ses Aufklärungsgespräch effektiver gestalten sollen.Wesentliche Punkte sind: Die Aufklärung sollte durch einen erfahre- nen Arzt, der nicht nur über die Studie, son- dern auch über therapeutische Alternativen informiert ist, erfolgen. Eine ruhige Gesprächsatmosphäre unter Hinzuziehung einer Vertrauensperson des Patienten ist wünschenswert. Die Notwendigkeit der Studie muß einge- hend erläutert werden. Bei mehreren Studi- enarmen sollte der aufklärende Arzt keine Präferenz erkennen lassen. Die Prognose ist zu erläutern, ohne jedoch primär exakte statistische Zahlen zu nennen. Verabreichung der Studienmedikation, mögliche Nebenwirkungen und begleitende Kontrolluntersuchungen sind detailliert zu er- klären. Die Kooperation mit dem Hausarzt bei der Durchführung der Studie ist zu be- sprechen. Dem Patienten ist die Entscheidungsauto- nomie zu verdeutlichen. Für die Entschei- dung muß ausreichend Bedenkzeit einge- räumt werden. Dem Patienten sollte klar sein, daß er jederzeit seine Entscheidung rückgängig machen kann, und trotzdem die Prof. Dr. P.J. Frosch Städtische Kliniken Dortmund, Beurhausstraße 40, D-44137 Dortmund& / f n - b l o c k : & b d y : gleiche aufmerksame ärztliche Fürsorge er- halten bleibt. Durch Beachtung dieser Grundsätze können gravierende Fehler vermieden werden, die das Arzt-Patienten-Verhältnis in der Tumor- therapie beeinträchtigen. Ein gutes Aufklä- rungsgespräch als Grundlage für die weitere Zusammenarbeit von Arzt und Patient kann auch dem möglichen Empfinden und Presse- mitteilungen entgegenwirken, daß „der Pati- ent ein Versuchsobjekt“ sei. Das Bemühen des Arztes um die optimale Therapie wird transparent und der Patient wird verstehen, daß die Studienplanung in seinem Sinne und im Sinne der zukünftigen Therapiever- besserung angeboten wird. Schlüsselwörter Good clinical practice · „Null-Arm“ · Arzt-Patienten-Zusammenarbeit

Therapiestudien in der dermatologischen Onkologie Empfehlungen für das Aufklärungsgespräch mit dem Patienten

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Page 1: Therapiestudien in der dermatologischen Onkologie Empfehlungen für das Aufklärungsgespräch mit dem Patienten

| Der Hautarzt 2·97100

Dorothee Nashan1 · Gerhard Strittmatter2 · Ute Schäfer3 · Jutta Lehmkuhl1 · Peter J. Frosch3

1 Universitäts-Hautklinik, Münster2 Fachklinik Hornheide, Münster3 Hautklinik, Städtische Kliniken, Dortmund und Lehrstuhl Dermatologie der UniversitätWitten/Herdecke

Therapiestudien in derdermatologischen OnkologieEmpfehlungen für das Aufklärungsgesprächmit dem Patienten

klärung ist besonders bei Schwerkran-ken und Sterbenden von Bedeutung.Entsprechende Ratgeber für die Sterbe-begleitung wurden formuliert [5–8].Die Art und Weise eines Aufklärungs-gespräches von Studienpatienten warbei Studientreffen der „Arbeitsgemein-schaft für Dermatologische Onkologie“im Rahmen anderer Prüfertreffen zuStudien des malignen Melanoms mehr-fach Gegenstand von längeren Diskus-sionen. Es wurde allgemein bemängelt,daß keine Richtlinien existieren, dieinsbesondere jüngeren Kollegen denEinstieg in dieses Gespräch erleichtern.Die Autoren haben unter Berücksichti-gung der Literatur versucht, wichtigeKriterien für die Ausgestaltung diesesGespräches zu erarbeiten.

Aufklärender ArztEin kompetenter, engagierter Arzt, dernicht nur über die durchzuführendeStudie, sondern auch über therapeuti-sche Alternativen gut informiert ist undüber umfangreiche persönliche Erfah-rungen verfügt, sollte das Aufklärungs-gespräch führen. Patienten spüren in-tuitiv die Sicherheit eines Arztes. DerEinsatz eines erfahrenen Kollegen un-terstreicht zudem die Bedeutung desPatienten und den Stellenwert der Stu-die.

GesprächsgestaltungDer Arzt muß sich für das Gesprächausreichend Zeit nehmen. Die Ge-sprächsatmosphäre muß ruhig und

Die Struktur der Protokolle für dieDurchführung von Studien ist in ihremDesign definiert [1]. Die juristischenGrundlagen sind im AMG und der De-klaration von Helsinki festgelegt [2].Die schriftlichen Grundlagen für densog. „informed consent“ werden vonder Ethikkommission geprüft [3, 4].Nach dem Arzneimittelgesetz und denRichtlinien der Good Clinical Practice(GCP) muß eine umfassende Aufklä-rung des teilnehmenden Studienpati-enten erfolgen.

Anhand dieser Vorgaben und derProtokolle erfolgt das aufklärende Arzt-Patienten-Gespräch. Die Patientenauf-

OriginalienDer Hautarzt1997 · 48:100–102 © Springer-Verlag 1997

Zusammenfassung

Bei der Durchführung von klinischen Studiennach den Richtlinien der Good ClinicalPractice (GCP) muß der Patient umfassendüber Studienziel, Art der Behandlung undmögliche Nebenwirkungen aufgeklärt wer-den. Der aufklärende Arzt stößt auf Schwie-rigkeiten, wenn es sich dabei um randomi-sierte Studien mit einem sog.„Null-Arm“handelt (keine Therapie, Placebo, nur Opera-tion ohne zusätzliche medikamentöseTherapie). Die Autoren haben aufgrund derLiteratur und ihrer eigenen Erfahrungen mitTumorpatienten Kriterien erarbeitet, die die-ses Aufklärungsgespräch effektiver gestaltensollen.Wesentliche Punkte sind:● Die Aufklärung sollte durch einen erfahre-nen Arzt, der nicht nur über die Studie, son-dern auch über therapeutische Alternativeninformiert ist, erfolgen.● Eine ruhige Gesprächsatmosphäre unterHinzuziehung einer Vertrauensperson desPatienten ist wünschenswert.● Die Notwendigkeit der Studie muß einge-hend erläutert werden. Bei mehreren Studi-enarmen sollte der aufklärende Arzt keinePräferenz erkennen lassen.● Die Prognose ist zu erläutern, ohne jedochprimär exakte statistische Zahlen zu nennen.● Verabreichung der Studienmedikation,mögliche Nebenwirkungen und begleitendeKontrolluntersuchungen sind detailliert zu er-klären. Die Kooperation mit dem Hausarztbei der Durchführung der Studie ist zu be-sprechen.● Dem Patienten ist die Entscheidungsauto-nomie zu verdeutlichen. Für die Entschei-dung muß ausreichend Bedenkzeit einge-räumt werden. Dem Patienten sollte klarsein, daß er jederzeit seine Entscheidungrückgängig machen kann, und trotzdem die

Prof. Dr. P.J. FroschStädtische Kliniken Dortmund,Beurhausstraße 40, D-44137 Dortmund&/fn-block:&bdy:

gleiche aufmerksame ärztliche Fürsorge er-halten bleibt.Durch Beachtung dieser Grundsätze könnengravierende Fehler vermieden werden, diedas Arzt-Patienten-Verhältnis in der Tumor-therapie beeinträchtigen. Ein gutes Aufklä-rungsgespräch als Grundlage für die weitereZusammenarbeit von Arzt und Patient kannauch dem möglichen Empfinden und Presse-mitteilungen entgegenwirken, daß „der Pati-ent ein Versuchsobjekt“ sei. Das Bemühendes Arztes um die optimale Therapie wirdtransparent und der Patient wird verstehen,daß die Studienplanung in seinem Sinneund im Sinne der zukünftigen Therapiever-besserung angeboten wird.

Schlüsselwörter

Good clinical practice · „Null-Arm“ ·Arzt-Patienten-Zusammenarbeit

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D. Nashan ·G. Strittmatter · U. SchäferJ. Lehmkuhl · P.J. Frosch

Clinical studies in dermatologicaloncology. Recommendations for therecruitment of patients

Summary

Guidelines of good clinical practice regulatecontrolled clinical studies. Goal of the study,type of treatment and possible side effectshave to be explained.The physician facesproblems, if the study includes a ”no treat-ment group”. Referring to the literature andbased on our own experience with tumorpatients, several criteria are proposed tooptimize the recruitment of patients.Important points are:

Explanations should be given by anexperienced doctor. He must be informedabout the study and therapeutic alternativetreatments.● The atmosphere for the talk must be quiet.The participation of a person whom thepatient trusts is desirable.● The necessity of the study must beexplained. Randomization in different studygroups should be discussed without anypreference.● Prognosis should be explained withoutany detailed statistical data.● Form of treatment, possible side effects andcontrol examinations have to be discussed.The family physician’s cooperation should bestressed.● Personal autonomy in the patient’sdecision to participate in the study must beemphasized. Enough time for reflection mustbe granted before the final decision. It mustbe assured that the patient receives thesame medical attention even after rejectingthe study.These recommendations might help to avoidmajor mistakes which are harmful for thedoctor-patient-relationship and furthertumor therapy. A good initial discussionforms the basis for effective cooperationduring tumor treatment. It may counteractthe personal fear and negative reports inmedia of being ”a guinea pig”.The patientwill appreciate the efforts of the doctor toprovide optimal therapy. Furthermore, hewill realize that such studies are necessary toimprove future therapies.

Key words

Good clinical practice · ”No treatment group”·Doctor-patient-interaction

oder anderen Therapieform häufig aufeindrucksvollen Einzelverläufen oderauf noch nicht aussagekräftigen Pilot-studien beruht. In der Vergangenheithaben große randomisierte Studien ge-zeigt (z.B. BCG-Impfungen), daß derpersönliche Eindruck häufig korrigiertwerden mußte.

Der innere Zwiespalt mag dannnoch einmal offenkundig werden, wennim Verlauf der Studie die geringere Effi-zienz eines Studienarmes transparentwird [1, 10]. Es ist jedoch bei großen,randomisierten Tumorstudien üblich,Zwischenauswertungen vorzunehmen.Sollten statistisch belegbare Aussagenfür die Überlegenheit der Therapie ei-nes Armes vorliegen, so wird die Studieabgebrochen. Grundsätzlich sollten fürden Patienten unangemessene Verglei-che ausgeschlossen werden; d.h. gut do-kumentierte unwirksame Therapiensollten nicht mit Präparaten verglichenwerden, die z.B. in Pilotstudien wirk-sam waren.

Ausgangspunkt für den Therapie-versuch im Rahmen einer Studie ist dieHoffnung auf eine bessere Behandlung.Dem Tumorpatienten wird klar, daß bis-herige Behandlungsmöglichkeiten un-zureichend sind. Der Patient sucht aberBeistand bei Jemandem, der das „Beste“macht. Er muß die Unkenntnis des Arz-tes in dem Punkt – „Was ist das „Beste“?– erkennen, und wird verunsichert sein.In einem so schwerwiegenden, lebens-bedrohlichen Punkt wie Tumorbehand-lung entscheidet der Zufall über die Be-handlung und vielleicht auch die Zu-kunft. Hier hilft das Vertrauen in den gutinformierten Arzt, der wirklich nochnicht weiß, welcher Weg der bessere ist.Nur die umfassende offene Ausspracheverhilft dem Patienten zu der persönli-chen Akzeptanz 2 verschiedener Varian-ten für seine Tumorbehandlung.

Sollte die Randomisierung in den„Null-Arm“ einer Studie erfolgen, sokann das z.B. Operation ohne nachfol-gende adjuvante Therapie mit einemPrüfpräparat bedeuten. Der Patientkönnte über die Zuteilung zum „Null-Arm“ enttäuscht sein [11]. Um diesemsubjektiven Empfinden vorzubeugen,ist zu betonen, daß die regelmäßigenKontrolluntersuchungen im Rahmender Studie mit besonderer Sorgfaltdurchgeführt werden und häufig überdas Maß der routinemäßigen Nachun-tersuchungen hinausgehen, was einen

durch Telefonanrufe ungestört sein.Wünschenswert ist die Anwesenheit ei-ner für den Patienten wichtigen Bezugs-person. Der Patient hat dann die Mög-lichkeit, einzelne Fragen noch einmalprivat mit einem informierten Partnerzu besprechen. Ebenso können Fragender Bezugsperson direkt vom Arzt be-antwortet werden. Ansonsten bestehtdie Gefahr, daß der Patient Informati-onen falsch oder unzureichend weiter-gibt und die Entscheidung durch un-sachliche Vorbehalte beeinflußt wird.

Das Gespräch richtet sich in derAusführung nach dem Verständnis desPatienten. Die Aufklärung muß allge-mein verständlich sein, speziell Fachter-mini sind zu meiden oder zu erklären.

Gesprächsinhalte

Notwendigkeit der Studie und Randomisierung

Das Ziel der Studie und deren Notwen-digkeit müssen dem Patienten erläutertwerden. Auf Grund unzureichenderTherapiemodalitäten für das maligneMelanom sollte neuen oder im homö-opathischen Trend liegenden Therapi-en kein unkritischer Vorschub geleistetwerden. Zwei Gründe für die Durchfüh-rung qualitativ hochwertiger Therapie-studien, in denen das „Neue“ mit dembisherigen Standard verglichen wird,sind die Rechtfertigung für: 1. eine un-nötige Mehrbelastung der Patienten,z.B. durch Medikamentennebenwir-kungen; 2. eine kostenintensivere The-rapie. Nur fundierte Studien erlaubeneine Änderung des bisher anerkanntenVorgehens. Entscheidende Kriteriensind die Rezidivfreiheit, die Lebensqua-lität und als wichtigster Faktor dieÜberlebenszeit des Patienten.

Eine Randomisierung muß offenangesprochen und begründet werden.Untersuchungen haben gezeigt, daßdies nicht immer erfolgt [9]. Der auf-klärende Arzt sollte die gewählten The-rapieverfahren entsprechend des wis-senschaftlichen Kenntnisstandes alsz.Zt. gleichwertig klarmachen und aucheine neutrale Haltung diesbezüglichausstrahlen. Dies kann beim Arztdurchaus zu einem ethischen Konfliktführen, insbesondere dann, wenn esdem Arzt nicht gelingt, eine vorgefaßteMeinung zurückzustellen. Der rando-misierende Arzt sollte sich vergegenwär-tigen, daß seine Neigung zu der einen

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Gewinn für den Patienten darstellt. Esdarf auch nicht vergessen werden, daßdie Effizienz des Prüfpräparates zu be-weisen bleibt und trotzdem Nebenwir-kungen der Medikation in Kauf zu neh-men sind, die diesem Patienten nun er-spart bleiben. Der Patient ist mögli-cherweise dadurch zu motivieren, daßein Solidaritätsgefühl mit anderen glei-chermaßen Erkrankten erzeugt wird,und die Notwendigkeit, den Kenntnis-stand zu verbessern, vermittelt wird.

Der Patient fühlt sich nur dannnicht in seiner Entscheidungsautono-mie beeinträchtigt, wenn er die Wertig-keit der Behandlungsarme verstandenund beide Möglichkeiten für sich ak-zeptiert hat. Sollte der Patient in diesemFalle eine klare Entscheidungspräfe-renz zeigen, so ist eine Randomisierungzu unterlassen.

Der Patient sollte informiert wer-den, daß die Genehmigung durch eineEthikkommission vorliegt, gesetzlicheRegelungen wie z.B. Patientenversiche-rungen eingehalten werden und um-fangreiche pharmakologische Sicher-heitsprüfungen dieser Studie vorausge-gangen sind.

PrognoseDer Patient soll über die Tumorerkran-kung informiert werden, ohne daß manihm die Hoffnung nimmt. M. Vol-kenandt [12] weist in einem rezentenArtikel auf wichtige Details hin (1995).Der Arzt darf nicht nur „eine Diagnose“mitteilen. Neben einem adäquaten Mit-gefühl des Arztes wird eine Führungdurch den Arzt nicht nur auf somati-scher, sondern auch auf psychischerEbene erwartet. Eine realistische Ein-schätzung der Zukunft soll vermitteltwerden, ohne Verdrängung, sondernmit Motivation für eine gute Complian-ce. Strategien zu Verbesserung der Pati-entencompliance wurden am Beispielder Aknebehandlung erarbeitet [13].

Der Patient ist primär nicht mit„Prozentsätzen“ statistischer Überle-bensraten zu belasten. Bei explizitemNachfragen des Patienten sind vorsich-tig prozentuale Kollektivwerte zu nen-nen; auf die große individuelle Streu-breite ist aufmerksam zu machen.

Medikation, Nebenwirkungen,Kontrolluntersuchungen

Diese Punkte sind in dem jeweiligenStudienprotokoll festgelegt. Präparate

Die gleiche aufmerksame Betreuungdurch die behandelnden Ärzte mußihm zugesichert werden.

SchlußfolgerungEin Aufklärungsgespräch, das anhandvon Richtlinien, wie sie auch hier erar-beitet wurden, durchgeführt wird, kannEnttäuschungen bei Patienten und Ärz-ten vermeiden und zu einem effiziente-ren Studienablauf beitragen, indemsich mehr Patienten zur Beteiligung anStudien bereit erklären und durch guteCompliance die „drop out“ Rate ge-senkt werden kann.

Die Autoren verstehen diese Emp-fehlung als eine Bestandsaufnahme undAnregung für die Optimierung derpharmakologisch-klinischen Forschung.Für weitere Anregungen aus der Praxissind sie sehr dankbar.

Literatur1. Lawrence W (1993) Patient selection for clini-

cal trials. Risks versus benefits and quality oflife issues. Cancer 72:2798–2800

2. Gramer E, Leydhecker W, Krieglstein GK (1982)Zur ärztlichen Aufklärungspflicht – juristischeAspekte – Erwartungen der Patienten.Klin Mbl Augenheilkd 181:46–52

3. Cassileth BR, Zupkis RV, Sutton-Smith D, March V(1980) Informed consent – why are its goal imperfectly realized? N Engl J Med 302:896–900

4. Prout TE (1981) The ethics of informed consent.Controlled Clin Trials 1:429–434

5. Häder J (1987) Schwerkranke und Sterbendeinformieren. GwG Zeitschrift 6

6. Hoerni B (1987) Relation medecin-malade et decision en cancerologie. Bull Cancer74:307–312

7. van de Loo J,Wörmann B (1992) Ärztliche Auf-klärung über die Krankheit zum Tode.Dt Ärztebl 89:A1–1415–1421

8. Kraus MR, Csef H (1993) Sterben in der Institu-tion Krankenhaus. Fortschr Med 18:316–320

9. Williams 1994, Zwitter M (1994) Informed consent in European multicentre randomisedclinical trials – are patients really informed?Eur J Cancer 30A:907–910

10. Lantos J (1994) Ethics, randomization, and technology assessment. Cancer 74:2653–2656

11. Joseph RR (1994) Viewpoints and concerns of aclinical trial participant. Cancer 18:2692–2693

12. Volkenandt M (1995) Zur ärztlichen Aufklärungvon Patienten mit malignen Melanomen. Akt Dermatol 21:182–187

13. Draelos ZK (1995) Patienten compliance:enhancing clinician abilities and strategies.J Am Acad Dermatol 23:S42–48

14. Schain WS (1994) Barriers to clinical trials. PartII: knowledge and attitudes of potential participants. Cancer 74:2666–2671

Eingegangen am 18. April 1996Angenommen am 28. August 1996

und ihre Anwendung sind detailliert zuerläutern. Die Randomisierung in den„Behandlungsarm“ einer Studie wirdmanchmal auch als Belastung empfun-den. Die Medikation sollte dem Patien-ten dann in der therapeutischen Wir-kung klar gemacht werden.

Die zu erwartenden Nebenwirkun-gen sind durchzusprechen. Eine ab-schreckende Aufklärung ist ebenso zumeiden wie ein Herunterspielen derNebenwirkungen [14]. SchwerwiegendeKomplikationen sind anzusprechen. Siemüssen aber besonders realistisch inihrer Inzidenz eingeschätzt werden.Aufdie Reversibilität und Behandlungs-möglichkeiten der Nebenwirkungen isthinzuweisen. Die Nebenwirkungensind dann keine „böse Überraschung“mehr und werden weniger Anlaß sein,die Studie vorschnell abzubrechen.

Der Aufwand der Studie ist genauzu erklären. Dem Patienten muß dieFrequenz der ambulanten und stationä-ren Vorstellungen, die jeweilige Zeit-dauer und die voraussichtliche Gesamt-laufzeit der studienbedingten Aufwen-dungen verdeutlicht werden. Diese Auf-klärung muß so klar sein, daß derPatient anschließend sein beruflichesund familiäres Leben darauf abstim-men kann. Die Möglichkeit des persön-lichen Zuschnittes, der variablen Ge-staltungsmöglichkeiten ist ggfs. zu er-örtern.

Die Kooperation mit dem Hausarztist äußerst hilfreich. Der Hausarzt solltepersönlich über die Studie informiertwerden und zustimmen. Er kann in dieDurchführung (alternierende Untersu-chungen, Blutentnahme etc.) eingebun-den werden.

Autonomie der EntscheidungDer Patient sollte nach dem Gesprächdie Gewißheit haben, daß er eine per-sönliche Entscheidung zur Teilnahmean einer randomisierten Studie fällt,und daß er sich dazu frei nach umfas-sender Information entscheiden konn-te. Er muß verstehen und akzeptieren,daß eine Randomisierung im Sinne derQualitätssicherung notwendig ist under das Risiko eingeht, dem „Null-Arm“bzw. einer Behandlungsmethode mitnicht gesichertem therapeutischen Ge-winn zugeordnet zu werden.

Es muß dem Patienten klar sein,daß er jederzeit die Studie ohne Nen-nung von Gründen abbrechen kann.

| Der Hautarzt 2·97

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