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--~------------------------ Tierexperimentelle Untersuchungen im Ral1men der Qualitätskontrolle von Arzneimittel n Durchsicht des Europäischen Arzneibuches 4. Ausgabe 2002 Gisbert Sponer Stiftung zur Förderung der Erforschung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zur Einschränkung von Tierversuchen, D-Mainz Zusammenfassung In der 4. Ausgabe des Europäischen Arzneibuches werden eine Reihe von tierexperimentellen Untersuchungen erwähnt, die im Rahmen der Qualitätskontrolle von Arzneimitteln durch- zuführen sind. Dies betrifft sowohl Untersuchungen zur Wert- bestimmung als auch Sicherheitstests. Zu den letzteren zählen die Untersuchungen auf Histamingehalt. auf pyrogene Ver- unreinigungen sowie die Prüfung auf anomale Toxizität. Auch wenn die Sicherheit von Arzneimitteln von hoher Bedeu- tung ist, sollten diese Tests auf ihre Unerlässlichkeit (im Sinne von § 7, Deutsches Tierschutzgesetz. 2002) geprüft werden. Für die Untersuchung auf Histamingehalt gibt es möglicher- weise chemisch-analytische Methoden, die sich als Alternativen zum Tierversuch eignen. Die Prüfung auf anomale Toxizität ist wegen ihrer Unsperifität wissenschaftlich zu hinterfragen. Bei der Prüfung auf pyrogene Verunreinigungen wird in vielen Monographien der Test auf Bakterien-Endotoxine als Alter- native beschrieben; bei den verbleibenden Monographien istje- doch eine nochmalige Überprüfung im Einzelfall wünschens- wert, um abzuklären, ob der Pyrogenitätstest am Kaninchen unverzichtbar ist. Durch den globalen Handel von Arznei- mitteln, die andererseits den nationalen Qualitätsstandards entsprechen müssen, ist eine Verminderung von Tierversuchen nur zu erreichen, wenn man durch eine fruchtbare Kooperation zwischen Arzneimittel-Herstellern, Gesundheitsbehörden und Arzneibuch-Kommissionen zu einem Konsens kommt. Die Inter- national Conference on Harmonization könnte ein Gremium sein, das diese Themen aufgreift und zu einer international akzeptierten und wissenschaftlich fundierten Verminderung von Tierversuchen beiträgt. Summary: Animal experiments in the context of quality control of pharmaceuticals. Review of the European Pharmacopoeia, 4 th edition, 2002 In the 4 th edition of the European Pharmacopoeia, animal ex- periments are described, which are requiredfor the quality con- trol of pharmaceuticals. This refers to investigations regarding both biological activity and safety aspects of the medication. The latter include investigations to find contaminations with histamine and pyrogenic substances and tests for abnormal to- xicity. Even though the safety of medical drugs is of great importance, it should be examined whether these tests are still indispensable (in terms of § 7 of the German Animal Protection Law of2002). The determination ofhistamine content may also be possible by chemical-analytical methods, which could re- present an alternative to the animal experiment. The testing of abnormal toxicity should be scientijically questioned due to its lack of specijicity. Although the in vitro test detecting bacterial endotoxins is mentioned in many monographs, the in vivo test on rabbits to test for pyrogenicity is still mentioned in some other monographs. The in vivo test should be rechallenged as to whether it can be replaced. In light of the global trade in pharmaceuticals, which must also fulfill national quality stan- dards a reduction in animal experiments can only be reached by fruitful cooperation between pharmaceutical companies, health authorities and the commissions of the pharmacopoeias, lea- ding to the formation of a consensus. The International Conference on Harmonization could prove an auspicious panel to take up this subject and to contribute to an internationally accepted and scientijically based reduction of animal ex- periments. Keywords: quality control, European Pharmacopoeia, bioassays, abnormal toxicity, pyrogenicity 1 Einleitung Über tierexperimentelle Untersuchungen, die im Rahmen der Qualitätskontrolle von Arzneimitteln durchgeführt werden, ist bereits in vielen Gremien und Publi- kationen diskutiert worden (Ronneberger, 1993; Charton and Castle, 2001; Krämer et al., 1996; Miethe und Sponer, 2002). Welche Tierversuche auf diesem Gebiet durchzuführen sind, ist in den Arznei- büchern festgelegt. Maßgeblich für unsere geographische und politische Region ist das Europäische Arzneibuch, in begrenz- tem Maße auch das Deutsche Arzneibuch. Andererseits sind durch den weltweiten Handel und Vertrieb von Arzneimitteln auch die Amerikanische Pharmacopoeia sowie die entsprechenden amtlichen Publikationen aus Japan und anderen Ländern von Bedeutung, damit beim möglichen Export den internationalen An- forderungen Rechnung getragen werden kann. Zu beachten sind schließlich auch die Empfehlungen der WHO (2003). Auf der Grundlage einer Durchsicht der 3. Ausgabe des Europäischen Arznei- Das Manuskript wurde am 18.2.2004 eingereicht; am 7.5.2004 wurde die revidierte Fassung zum Druck angenommen ALTEX 21, 2/04 73

Tierexperimentelle Untersuchungen im Ral1men der ... · genität bei Erythromycin (1784, 3544), Erythromy-cinestolat (1787), Erythromycinmethylsucci-nat (1788, 3883), Erythromycinstearat

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Tierexperimentelle Untersuchungenim Ral1men der Qualitätskontrolle vonArzneimittel nDurchsicht des Europäischen Arzneibuches 4. Ausgabe 2002Gisbert SponerStiftung zur Förderung der Erforschung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zur Einschränkung von Tierversuchen, D-Mainz

ZusammenfassungIn der 4. Ausgabe des Europäischen Arzneibuches werden eineReihe von tierexperimentellen Untersuchungen erwähnt, die imRahmen der Qualitätskontrolle von Arzneimitteln durch-zuführen sind. Dies betrifft sowohl Untersuchungen zur Wert-bestimmung als auch Sicherheitstests. Zu den letzteren zählendie Untersuchungen auf Histamingehalt. auf pyrogene Ver-unreinigungen sowie die Prüfung auf anomale Toxizität.Auch wenn die Sicherheit von Arzneimitteln von hoher Bedeu-tung ist, sollten diese Tests auf ihre Unerlässlichkeit (im Sinnevon § 7, Deutsches Tierschutzgesetz. 2002) geprüft werden.Für die Untersuchung auf Histamingehalt gibt es möglicher-weise chemisch-analytische Methoden, die sich als Alternativenzum Tierversuch eignen. Die Prüfung auf anomale Toxizität istwegen ihrer Unsperifität wissenschaftlich zu hinterfragen. Beider Prüfung auf pyrogene Verunreinigungen wird in vielenMonographien der Test auf Bakterien-Endotoxine als Alter-native beschrieben; bei den verbleibenden Monographien ist je-doch eine nochmalige Überprüfung im Einzelfall wünschens-wert, um abzuklären, ob der Pyrogenitätstest am Kaninchenunverzichtbar ist. Durch den globalen Handel von Arznei-mitteln, die andererseits den nationalen Qualitätsstandardsentsprechen müssen, ist eine Verminderung von Tierversuchennur zu erreichen, wenn man durch eine fruchtbare Kooperationzwischen Arzneimittel-Herstellern, Gesundheitsbehörden undArzneibuch-Kommissionen zu einem Konsens kommt. Die Inter-national Conference on Harmonization könnte ein Gremiumsein, das diese Themen aufgreift und zu einer internationalakzeptierten und wissenschaftlich fundierten Verminderung vonTierversuchen beiträgt.

Summary: Animal experiments in the context of quality controlof pharmaceuticals. Review of the European Pharmacopoeia,4th edition, 2002In the 4th edition of the European Pharmacopoeia, animal ex-periments are described, which are requiredfor the quality con-trol of pharmaceuticals. This refers to investigations regardingboth biological activity and safety aspects of the medication.The latter include investigations to find contaminations withhistamine and pyrogenic substances and tests for abnormal to-xicity. Even though the safety of medical drugs is of greatimportance, it should be examined whether these tests are stillindispensable (in terms of § 7 of the German Animal ProtectionLaw of2002). The determination ofhistamine content may alsobe possible by chemical-analytical methods, which could re-present an alternative to the animal experiment. The testing ofabnormal toxicity should be scientijically questioned due to itslack of specijicity. Although the in vitro test detecting bacterialendotoxins is mentioned in many monographs, the in vivo teston rabbits to test for pyrogenicity is still mentioned in someother monographs. The in vivo test should be rechallenged asto whether it can be replaced. In light of the global trade inpharmaceuticals, which must also fulfill national quality stan-dards a reduction in animal experiments can only be reached byfruitful cooperation between pharmaceutical companies, healthauthorities and the commissions of the pharmacopoeias, lea-ding to the formation of a consensus. The InternationalConference on Harmonization could prove an auspicious panelto take up this subject and to contribute to an internationallyaccepted and scientijically based reduction of animal ex-periments.

Keywords: quality control, European Pharmacopoeia, bioassays, abnormal toxicity, pyrogenicity

1 Einleitung

Über tierexperimentelle Untersuchungen,die im Rahmen der Qualitätskontrollevon Arzneimitteln durchgeführt werden,ist bereits in vielen Gremien und Publi-kationen diskutiert worden (Ronneberger,1993; Charton and Castle, 2001; Krämeret al., 1996; Miethe und Sponer, 2002).

Welche Tierversuche auf diesem Gebietdurchzuführen sind, ist in den Arznei-büchern festgelegt. Maßgeblich für unseregeographische und politische Region istdas Europäische Arzneibuch, in begrenz-tem Maße auch das Deutsche Arzneibuch.Andererseits sind durch den weltweitenHandel und Vertrieb von Arzneimittelnauch die Amerikanische Pharmacopoeia

sowie die entsprechenden amtlichenPublikationen aus Japan und anderenLändern von Bedeutung, damit beimmöglichen Export den internationalen An-forderungen Rechnung getragen werdenkann. Zu beachten sind schließlich auchdie Empfehlungen der WHO (2003).Auf der Grundlage einer Durchsicht

der 3. Ausgabe des Europäischen Arznei-

Das Manuskript wurde am 18.2.2004 eingereicht; am 7.5.2004 wurde die revidierte Fassung zum Druck angenommen

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Page 2: Tierexperimentelle Untersuchungen im Ral1men der ... · genität bei Erythromycin (1784, 3544), Erythromy-cinestolat (1787), Erythromycinmethylsucci-nat (1788, 3883), Erythromycinstearat

SPONER ~..=.:....:..::.-=------------------~-

buches haben wir bereits früher zusam-mengestellt, welche tierexperimentellenUntersuchungen zur Qualitätskontrollevon Arzneimitteln in den einzelnen Mo-nographien festgelegt sind (Miethe,2002; Miethe und Sponer, 2002). Dabeihaben wir uns verstärkt mit der Wertbe-stimmung von biologisch gewonnenenArzneimitteln befasst und Möglichkeitenfür alternative Methoden aufgezeigt.In der Zwischenzeit ist die 4. Ausgabe

des Europäischen Arzneibuches ein-schließlich einiger Nachträge erschienen(Council of Europe, 2002). Wir habendieses Standardwerk (Stand Januar 2004)erneut daraufhin durchgesehen, für wel-che Arzneimittel weiterhin Tierversuche

im Rahmen der Qualitätskontrolle in denMonographien erwähnt sind. In der jetztaktualisierten Durchsicht wurden auchdie Monographien für Sera und Impfstof-fe einbezogen. Im Folgenden werdeninsbesondere die Sicherheitstests bespro-chen, also die tierexperimentellen Unter-suchungen, mit denen Verunreinigungenausgeschlossen werden sollen.Unseren Untersuchungen haben wir

die Deutsche Ausgabe des EuropäischenArzneibuches zugrunde gelegt, wohlwissend, dass sie Übersetzungen ausdem Englischen enthält und dass bereitsNachträge in der englischen Fassung vor-liegen, die als deutsche Version nochnicht verfügbar sind.

2 Bioassays als Sicherheitstests

2.1 Prüfung auf Histamin-gehalt und aufblutdrucksenkende SubstanzenDie Prüfung auf Verunreinigung mitHistamin ist bei den Wirkstoffen vorge-sehen, die auch weiterhin aus histamin-oder histidinreichen Geweben gewonnenwerden, närulich bei Aprotinin, Trypsinund Chymotrypsin (s. Tabelle).Diese Untersuchungen werden am iso-

lierten Darm von getöteten Meerschwein-chen durchgeführt. Geprüft wird aufglattmuskuläre Kontraktion des Darmes(Kapitel 2.6.10. Ph. Eur.). Bei unklaremVersuchsergebnis muss eine Unter-

Tabelle zur Übersicht über die in der Europäischen Pharmakopöe verlangten tierexperimentellen Untersuchungen aufanomale Toxizität (An, Pyrogenität, Histamingehalt sowie biologische Wertbestimmung

Titel Seite im Europ. Prüfung auf Bemerkungen/Arzneibuch (deut- Anomale Bakterien- Pyro- Histamin Wertbe- Methodensche Fassung, Toxizität ende- genität stimmung4. Ausg. 2002) toxine

Cholera-Impfstoff 793, 794 X

Gel bfieber-l mpfstoff 809 X

Haemophilus- Typ B-Impfstoff 813 X X X

Hepatitis A-Impfstoff 817, 3461 X

Hepatitis NB-Impfstoff 820 X

Hepatitis B-Impfstoff 821 X X

Influenza-Impfstoff 823, 825, 828 X

Masern-Impfstoff 830 x

Masern-, Mumps-, 832 XRöteln-Impfstoff

Meningokokken-Impfstoff 834 X X

Mumps-Impfstoff 836 X

Pneumokokken-Impfstoff 847 X X

Poliomyelitis-Impfstoff 850 X bei Poliomyelitis-Oral (854)keine Prüfung auf ATgefordert

Röteln-Impfstoff 859 X

Tollwut-Impfstoff 863 X X X

Typhus-Impfstoff 866,869,3470 X bei Typhus-Lebend-Oral(867) keine Prüfung auf ATgefordert

Varizellen-Impfstoff 871,4635 X

99mTc Technetium- 1041 XMacrosalb-Injektionslösung

99mTc Technetium 1045 XMikrosphärenlösung

99mTc Technetium 1048 XRheniumsulfat-Kolloidlösung

99mTc Technetium 1050 XSchwefel-Kolloid-Injektionslösung

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Titel Seite im Europ. Prüfung auf Bemerkungen/Arzneibuch (deut- Anomale Bakterien- Pyro- Histamin Wertbe- Methodensche Fassung, Toxizität endo- genität stimmung4. Ausg. 2002) toxine

99mTc Technetium 1052 X Bei mehrerenZinnphosphat- anderen 99mTc TechnetiumInfusionslösung Injektionslösungen keine

Prüfung auf Pyrohenitäterwähnt

N-Acetyltyrosin 1108 X

Albuminlösung am Menschen 1120,3483 XAlt-Tuberkulin zur An- 1151 (X) X als Prüfung auf Toxizitätwendung beim Menschen (nicht AT) im Abschnitt

"Reinheit" erwähnt, ent-spricht aber in Ausführungund Unspezifität der AT

Anikacinsulfat 1167 X

Antithrombin III-Konzentrat 1210 Xvom Menschen

Aprotinin 1213, 1215, 4385, X X Histaminprüfung ersetzbar4387 durch HPLC?

Blutgerinnungsfaktor VII 1223 Xvom Menschen

Blutgerinnungsfaktor VIII 1225,3497 Xvom Menschen

Blutgerinnungsfaktor IX 1227,3498 Xvom Menschen

Bacitracin-Zn 1240 X X Keine Prüfung aufPyrogenität bei Bacitracin(1239)

Calciumlävulinat-Dihydrat 1388 X

Chloramphenicol 1490 XChloramphenicolhydrogen- 1491 X bei Chlorampheni-succinat colpalmitat (1492) keine

Prüfung auf Pyrogenität

Choriongonadotropin 1520 X Gewichtszunahme Samen-blase männlicher Ratten

Chymotrypsin 1521 X Histaminprüfung ersetzbardurch HPLC

Cholistimethat-Na 1595,3857 XDicloxacillin-Na 1670 X

Dihydrostreptomycinsulfat 1693 X einziges Tierarzneimittelfür Tiere mit Prüfung auf ATErythromycinlactobionat 1789 X keine Prüfung auf Pyro-

genität bei Erythromycin(1784, 3544), Erythromy-cinestolat (1787),Erythromycinmethylsucci-nat (1788, 3883),Erythromycinstearat (1792,3547)

Fibrinogen vom Menschen 1796 X

Erythropoietin 1799 X a) polytythämische Maus(Fe-Einbau in Erys)b) normozythämischeMaus (AnstigeRetikulozyten)

Flucloxacillin-Na 1883,3905 XGlukagon 1953 X Hypoglykämie beim

Kaninchenwasserfreie Glukose 1956 X

Glukose-Monohydrat 1957 X keine Prüfung auf Pyro-genität bei Glukose-Sirup(1959, 1960)

Griseofulvin 1979 X AT im Abschnitt "Reinheit"erwähnt

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Titel Seite im Europ. Prüfung auf Bemerkungen/Arzneibuch (deut- Anomale Bakterien- Pyro- Histamin Wertbe- Methodensehe Fassung, Toxizität endo- genität stimmung4. Ausg. 2002) toxine

Hämodialyselösungen 1991,3925 X

Hämofiltrations- und 1994 X X auch Prüfung aufHämodiafiltrationslösungen Bakterien- Endotoxi ne

Immunglobuline 2076, 3935 Xvom Menschen

Immunglobuline vom 2079 XMenschen zur intravenösenAnwendung

Kanamycinmonosulfat 2179,2180 X X

Lösungen zur Aufbewahrung 2262 X X auch Prüfung aufvon Organen Bakterien-Endotoxine

Natriumcitrat 2464 XNystatin 2543 X

Peritonealdialyselösungen 2633 X X auch Prüfung aufBakterien-Endotoxine

Pferdeserum Gonadotropin 2643 Xfür Tiere

Plasma vom Menschen 2702 X keine Prüfung auf(gepoolt, virusinaktiviert) Pyrogene bei Plasma vom

Menschen zur Fraktio-nierung (2704, 4012, 4799)

Polymyxin-B-Sulfat 2709 X

Polysorbat 80 2712,4016 X keine Prüfung auf Pyro-genität bei Polysorbat 20(2710) und Polysorbat 60(2711)

Protaminhydrochlorid, 2768,2770 X-sulfat

Prothrombinkomplex 2772 Xvom Menschen

Rifamycin-Na 2805 X

Streptokinase 2912,4570 X X AT im Abschnitt "Reinheit"erwähnt

Streptomycinsulfat 2914 X

Tetanus-Immunoglobulin 2975 X Neutralisierende Wirkungvon Menschen gegen T.-Toxin in Mäusen,

im Kap. "Herstellung"erwähnt

Tetracosactid 2978 X Anstieg der Biosynthesevon Glukokortikoiden inNebennierenzellen vongetöteten Ratten

Trypsin 3077 X Histaminprüfung ersetzbardurch HPLC?

gereinigtes Tuberkulin 3082 X Reaktion nach intrader-aus M. avium maler Injektion in

Meerschweinchen

gereinigtes Tuberkulin 3083 X Reaktion nach intra-aus M. bovis dermaler Injektion in

Meerschweinchen

gereinigtes Tuberkulin zur 3084 (X) X als Prüfung auf ToxizitätAnwendung beim Menschen (nicht AT) im Abschnitt

"Reinheit" erwähnt, ent-spricht aber in Ausführungund Unspezifität der AT;Wertbestimmung: Reaktionnach intradermalerInjektion in Meer-schweinchen

Urofollitropin 3099 X Gewichtszunahme Ovarienweiblicher Ratten

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Arzneibuch (deut- Anomale Bakterien- Pyro- Histamin Wertbe- Methodensche Fassung, Toxizität endo- genität stimmung4. Ausg. 2002) toxine

Urokinase 3101 X

Diphtherie- Tetanus- 3235 XPertussis-Hämophilus B-Impfstoff

Diphtherie-Tetanus- 3238 XPertussis-Hepatitis B-Impfstoff

Diphtherie- Tetanus- 3241 X XPertussis-Polyomyelitis-Impfstoff

Blutgerinnungsfaktor XI 3500 Xvom Menschen

Immunsera von Tieren zur 3768 X XAnwendung am Menschen

Diphtherie- Tetanus- 3781 XHepatitis B-Impfstoff

Diphtherie- Tetanus- 3783,3789 X XPertussis-Poliomyelitis-Hämophilus B-Impfstoff

Diphtherie- Tetanus- 3786 X Keine Prüfung aufPertussis-Poliomyelitis- Pyrogenität erwähntImpfstoff

Titel Seite im Europ. Prüfung auf Bemerkungen/

Allgemeine Anmerkungen zur Tabelle:1) Bei Impfstoffen werden Wertbestimmungen in der Tabelle nicht erwähnt, da sie unverzichtbar sind, ebenso Prüfungenauf spezifische Toxizität.2) Die Prüfung auf Bakterien-Endotoxine ist in der Tabelle nur markiert, wenn sie in der Monographie zusätzlichzur Prüfung auf Pyrogenität erwähnt ist.3) Die Monographien von Corticotropin (3036) und Lypressin (2274) sahen Bioassays zur Wertbestimmung vor. DieseMonographien sind durch Nachträge zur 4. Ausgabe des Europäischen Arzneibuches gestrichen worden.4) Die Wertbestimmung für Pflanzenextrakte aus Digitalispflanzen ist im Deutschen Arzneibuch enthalten: Bestimmung dercardialen Letalität an Meerschweinchen.5) Bei Impfstoffen für Tiere ist keine Prüfung auf AT vorgesehen.

suchung auch auf blutdrucksenkendeWirkung an der narkotisierten Katze(Kapitel 2.6.11. Ph. Eur.) erfolgen. Ab-gesehen davon, dass diese beiden Testssehr unspezifisch sind, sollte bedachtwerden, dass mittlerweile hoch-empfind-liche und spezifische chemisch-analyti-sche Methoden existieren, die z.B. inder Lebensmittel-Überwachung einge-setzt werden und sogar eine Analyse intrypsin-haltigen Lösungen erlauben(Übersicht bei Miethe und Sponer, 2002;Miethe und Surmann, 2001). Die Prü-fung auf Histamin ist bei den Mono-graphien der genannten Arzneimittel imAbschnitt "Herstellung" zu finden. Dasbedeutet, dass auf sie bei der Qualitäts-kontrolle der einzelnen Charge verzichtetwerden kann, zumindest, wenn eineandere Methode zur Verfügung steht undwährend der Entwicklung eines Präpara-tes ein behördlich akzeptiertes und gegenden Bioassay validiertes Verfahren ein-gesetzt wurde, mit dem die Verun-

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reinigungen erkannt werden. DurchNachweis der Konsistenz im laufendenProduktionsverfahren muss dann sicher-gestellt sein, dass Verunreinigungen mitHistamin ausgeschlossen werden kön-nen.In Anbetracht der Tatsache, dass che-

misch-analytische Methoden zur Ver-fügung stehen, sollten diese auf ihreEignung in der Qualitätskontrolle vonArzneimitteln überprüft werden, zumalsie im Gegensatz zu den Bioassaysspezifisch sind. Die Hersteller der ent-sprechenden Arzneimittel sollten behörd-lich aufgefordert werden, diese Unter-suchungen durchzuführen und die Er-gebnisse der Europäischen Arzneibuch-Kommission mitzuteilen, die ja anmehreren Stellen des Standardwerkesdarauf hinweist, dass Tierversuche nurnoch dort angezeigt sind, wo sie nichtersetzbar sind. Sollte sich bei den Unter-suchungen herausstellen, dass eine ver-fügbare chemisch-analytische Methode

anwendbar ist, müsste sie in die allge-meinen Monographien aufgenommenwerden. Im Gegenzug würden die Kapi-tel 2.6.10. und 2.6.11. gestrichen. Essollte darauf gedrängt werden, dass dieentsprechenden Passagen auch in denArzneibüchern der anderen Länder (z.B.US-Pharmacopoeia) geändert werden.Die Texte in den einzelnen Monographienfür die genannten Arzneimittel müsstenadaptiert werden; dann dürften die Bio-assays zur Prüfung auf Verunreinigungmit Histamin bzw. mit blutdrucksenken-den Substanzen nicht mehr durchgeführtwerden, da sie dann gegen § 7 des Deut-schen Tierschutzgesetzes (Unerlässlich-keit) verstießen.

2.2 Prüfung auf Pyrogenität(Fieber erzeugend)Aus der Erfahrung, dass bei parenteraler- insbesondere intravenöser - Applika-tion von Arzneimitteln Temperaturan-stiege beobachtet werden können, hat

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sich die Vorschrift entwickelt, beiParenteralia solche Nebenwirkungendurch gezielte Tests auszuschließen. Da-bei werden alle Produktions-Chargendiesen Prüfungen unterzogen; die Testssind im Abschnitt "Reinheit" der einzel-nen Monographien erwähnt. Die "klassi-sehe" Methode ist die Untersuchung anwachen Kaninchen, bei denen auf An-stieg der Körpertemperatur unter demEinfluss der Arzneimittel geprüft wird(Kapitel 2.6.8 Ph. Eur.). Die Prüfung aufPyrogenität ist ausdrücklich erwähntbei einer Reihe von Impfstoffen/Sera, ra-dioaktiven Arzneimitteln und sonstigenArzneimitteln (s. Tabelle).Als weitgehenden Ersatz dazu gibt es

den Bakterien-Endotoxin-Test, auch alsLimulus-Amöbozyten-Lysat- Test (LAL)bezeichnet, der im Europäischen Arznei-buch (Kapitel 2.6.14 Ph. Eur.) beschrie-ben und in einer großen Anzahl von Mo-nographien von Arzneimitteln erwähntist. Allerdings ist auch für diesen Testbiologisches Material (Hämolymphe vonPfeilschwanzkrebsen) erforderlich. Inden allgemeinen Monographien, indenen der Bakterien-Endotoxin- Testbeschrieben ist (Kapitel 2.6.14 Ph. Eur.),wird darauf hingewiesen, dass der LAL-Test als Alternative zum Pyrogenitätstestan Kaninchen (Kapitel 2.6.8 Ph. Eur.)anzusehen ist. Die Erwähnung in derGegenrichtung (Hinweis in Kap. 2.6.8,dass eine Alternative zu diesem Zweck inKap. 2.6.14 Ph. Eur. zu finden ist) gibt esnicht, wäre aber sicher sinnvoll.Der Pyrogenitätstest kann durch den

Bakterien-Endotoxin- Test nur ersetztwerden, wenn eine Validierungsstudiebewiesen hat, dass letzterer als Alterna-tive infrage kommt. Bei einigen Arznei-stoffen ist offenbar der LAL-Test unge-eignet, zudem erfasst er nicht die Fieberauslösenden Eigenschaften grampositi-ver Keime.Der Pyrogenitätstest wird immer noch

in einer großen Anzahl von Arzneimittel-Monographien erwähnt. Es stellt sichdaher die Frage, ob in all diesen Fällender Bakterien-Endotoxin-Test aus bio-logischen Gründen - oder weil er keinschlüssiges Resultat liefert - tatsächlichnicht anwendbar ist. Immerhin könnteder Pyrogenitätstest in den Monographi-en auch erwähnt sein, weil die Herstellerder betreffenden Arzneimittel keine Un-

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terlagen für Untersuchungen mit demBakterien -Endotoxin -Test einschließlichder Validierungsstudien vorgelegt haben.Mindestens in einigen Fällen muss manLetzteres annehmen. Als Beispiel sei Po-lysorbat 80 genannt. In der Monographiefür Polysorbat 80 wird der Pyrogenitäts-test gefordert, in denen für Polysorbat 20und 60 jedoch nur der Bakterien-Endo-toxin-Test (erst in der 8. Nachlieferung,engl. Fassung, der Ph. Eur. wird derPyrogenitätstest nicht mehr erwähnt).Weitere Auffälligkeiten sind der Tabellezu entnehmen (z.B. die Erwähnung derPrüfung auf Bakterien-Endotoxine undauf Pyrogenität in derselben Monogra-phie). Die Hersteller der Arzneimittel,für die laut Ph. Eur. noch der Pyroge-nitätstest ausdrücklich vorgeschriebenist, sollten aufgefordert werden, Unterla-gen dafür vorzulegen, dass der Bakteri-en-Endotoxin- Test nicht anwendbar ist.In all den Fällen, in denen der Test je-doch als Alternative zum Pyrogenitäts-test aussagefähig ist, sollten die Mono-graphien entsprechend geändert werden;damit entfiele dann für diese Tierver-suche die Unerlässlichkeit nach § 7 Tier-SchG.Auffällig ist übrigens, dass der Pyroge-

nitätstest für keines der Tierarzneimittel,die in der Ph. Eur. erwähnt sind, aus-drücklich gefordert wird. Bei der Durch-sicht des Europäischen Arzneibuchesfällt schließlich auf, dass es für einigeviel verwendete Lösungen keine Mono-graphien gibt. Dies trifft z.B. für isotoneKochsalzlösung zu, die in großer Mengefür Infusionen, insbesondere in Kranken-häusern, benötigt wird. Diese Lösungensind häufig mit der Bezeichnung "pyro-genfrei" deklariert. Da man annehmenkann, dass diese Bezeichnung nur ver-wendet werden darf, wenn das Produkttatsächlich getestet worden ist, müssendie Chargen aus dieser Produktion aufPyrogenität und nicht nur auf Freiheitvon Bakterien-Endotoxinen überprüftworden sein. Es stellt sich die Frage, obfür solche Lösungen nur der "klassische"Pyrogenitätstest anwendbar ist oder obdie Deklaration und die auf dieserGrundlage durchgeführten Tierversucheals Wettbewerbs-Argument benutzt wer-den. Wäre Letzteres der Fall, so wärendie Untersuchungen nach § 7 TierSchGnicht gerechtfertigt.

Eine neue Methode als Ersatz zumPyrogenitätstest ist ein Verfahren, beidem an humanem Vollblut die Freiset-zung von Zytokinen unter dem Einflussder Prüfchargen bestimmt wird (Hartungund Wendel, 1995; Hartung et al., 2001).Dieser Test wurde erst 2003 EU-weitfür validiert erklärt (Fennrich, 2003) undist deshalb in der 4. Ausgabe des Eu-ropäischen Arzneibuches noch nicht er-wähnt. Mit der Aufnahme des humanenVollbluttests in eine der nächsten Ausga-ben oder in einem Nachtrag des Euro-päischen Arzneibuchs muss der Pyrogen-test am Kaninchen für alle im humanenVollbluttest validierten Anwendungenzwingend gestrichen werden.

2.3 Anomale ToxizitätVor etlichen Jahren waren bei parenteralerVerabfolgung einzelner Chargen von Arz-neimitteln zum Teil bedrohliche Neben-wirkungen beobachtet worden, die inkeinem Zusammenhang standen mit Be-funden, die mit chemisch-analytischenoder anderen Methoden im Rahmen derQualitätskontrolle erhoben worden waren.Lediglich im Tierversuch waren Auffällig-keiten festgestellt worden. Dieser Test auf"anomale Toxizität" wurde deshalb imRahmen der Qualitätskontrolle weiterhinbeibehalten, er ist im allgemeinen Teil desEuropäischen Arzneibuchs (Kapitel 2.6.9Ph. Eur.) beschrieben.Die Untersuchung wird an Meer-

schweinchen oder Mäusen durchgeführt.Es wird hierbei lediglich überprüft, obdurch die Applikation des PräparatesAuffälligkeiten oder gar Todesfälle auf-treten. Der Test ist also äußerst un-spezifisch und deshalb auch nicht gegenandere definierte Methoden validierbar.Bis auf wenige Ausnahmen ist diePrüfung auf anomale Toxizität jeweils imAbschnitt "Herstellung" der Einzel-monographien erwähnt (s. Tabelle). Dasbedeutet, dass die Prüfungen nicht beider Qualitätskontrolle jeder einzelnenProduktionscharge, sondern während derEntwicklung eines Präparates durchge-führt werden müssen. Sie entfallen dannin der laufenden Produktion, wenn durchgeeignete Maßnahmen, insbesonderedurch den Nachweis der Konsistenz desProduktionsverfahrens, sichergestellt ist,dass Verunreinigungen ausgeschlossenwerden können.

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Aus unserer Sicht ist der Test in seinerSinnfälligkeit sehr fragwürdig. DieseAnsicht wird auch durch eine großeStudie gestützt, die das Paul-Ehrlich-Institut, D-Langen, vor ca. 10 Jahrenunter Einbezug einer beträchtlich großenAnzahl von Sera und Impfstoffen durch-geführt hat. Dabei ergab sich weder eineReproduzierbarkeit der Testergebnissebei dieser Methode, noch konnte ein Zu-sammenhang zwischen Testergebnissenund Nebenwirkungen bei der Anwen-dung der Testchargen bei Patienten ge-funden werden (Krämer et al., 1996).Seit dieser Zeit werden im Paul-Ehrlich-Institut keine Prüfungen auf anomaleToxizität mehr durchgeführt. In welchemUmfang dieser Test anderswo noch zurAnwendung kommt, konnte nicht inErfahrung gebracht werden. Auf jedenFall sind die Prüfungen auf anomaleToxizität in einer größeren Anzahl vonEinzelmonographien weiterhin erwähnt,und zwar sowohl bei Impfstoffen alsauch bei anderen Arzneimitteln im Hu-manbereich.Bei den Herstellern der betreffenden

Arzneimitteln sollte in Erfahrung ge-bracht werden, wie oft (im Stadium derEntwicklung des Präparates) Auffällig-keiten in der Qualitätskontrolle aus-schließlich bei der Prüfung auf anomaleToxizität festgestellt werden konnten.Mit anderen Worten, es ist anzunehmen,dass angesichts der hohen Standardsder übrigen Prüfungen im Rahmen derQualitätskontrolle und durch die strikteImplementierung der Good Manufactu-ring Practice bei positivem Ausgang desTests auf anomale Toxizität auch andereKriterien als auffällig identifiziert wer-den. Sollte diese Annahme zutreffen,darf generell die provokative Frage ge-stellt werden, ob auf den Test nichtgänzlich verzichtet werden kann, ohneQualitätseinbußen hinnehmen zu müssen.Es sollte also in jedem Einzelfall ge-

klärt werden, warum die Prüfung auf a-nomale Toxizität in die Monographienaufgenommen bzw. noch belassen wurde.

3 Bioassays zur Wert-bestimmung

Bioassays zur Wertbestimmung werdennicht nur für Sera und Impfstoffe, wo sie

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unverzichtbar sind und bleiben, auch beieinigen anderen biologisch gewonnenenArzneimitteln sowie bei Tuberkulingemäß den Vorschriften des Arzneibuchsdurchgeführt (s. Tabelle). WesentlicheÄnderungen gegenüber der früherenAusgabe des Europäischen Arzneibuchessind nicht eingetreten, obwohl Alternati-ven für einige dieser Arzneimittel denk-bar und auch offenbar im Stadium derBearbeitung sind (Miethe und Sponer,2002). Dies hat jedoch bislang nochkeine Auswirkungen auf die Texte in denMonographien gehabt.

4 Diskussion

Für eine Reihe von Arzneimitteln werdenin den Monographien des EuropäischenArzneibuches im Rahmen der Qualitäts-kontrolle Tierversuche aufgeführt, insbe-sondere im Hinblick auf die Sicherheitder Anwendung.Die Prüfung auf Verunreinigung mit

Histamin betrifft zwar nur drei Arznei-mittel, und damit dürfte die Anzahl vonTierversuchen für diesen Test nur kleinsein. Dennoch - oder gerade deshalb -sollte in Zusammenarbeit zwischenZulassungsbehörden, Arzneibuchkom-mission und den wenigen Herstellernüberprüft werden, ob dieser Test nichtdurch moderne chemisch-analytischeMethoden ersetzt werden kann. EinErfolg im Sinne des Verzichts auf denTierversuch kann allerdings nur erwartetwerden, wenn die Anforderungen an dieQualitätssicherung global harmonisiertwerden, also in den Arzneibüchern allerLänder auf den Tierversuch verzichtetwird. Es wäre zu überlegen, diesenAspekt in die International Conferenceon Harmonization (ICH) einzubringen,in der Gesundheitsbehörden und Indu-strie weltweit zusammenarbeiten. Einesolche Bemühung ist sicher trotz oderauch wegen der kleinen Anzahl von Tier-versuchen eine große Herausforderung,sollte aber die Mühe wert sein. Daskleine Beispiel könnte Vorbild für dasVorgehen bei den anderen angesproche-nen Aspekten sein.In diesem Zusammenhang wäre dann

die Diskussion über die Prüfung aufanomale Toxizität zu nennen. In interna-tionalen Gremien mit entsprechendem

Sachverstand könnte darüber beratenwerden, ob dieser Test angesichts deshohen Standards der Qualitätskontrollevon Arzneimitteln einerseits und derUnspezifität des Tests andererseits nochseine wissenschaftlich nachvollziehbareBegründung hat. Zwar ist damit, dassder Test vom Abschnitt "Reinheit" - infast allen Fällen - in den Abschnitt"Herstellung" überführt worden ist, dieChargenprüfung entfallen und der Testnur noch für die Entwicklung einesPräparates von Bedeutung. Dennochbleibt die Sinnfälligkeit des Tests gene-rell zu hinterfragen. Auffällig ist jeden-falls, dass in Nachträgen des Arznei-buches für einige Kombinationsimpfstof-fe die Prüfung auf die anomale Toxizitätnicht erwähnt wird.Schließlich sollte auch der Frage der

Prüfung auf Pyrogenität im Einzelfallnachgegangen werden. Möglicherweisewird dies bereits in einigen verantwortli-chen Gremien diskutiert. Wahrscheinlichwird es eine neue Bewertung geben,wenn der im Stadium der Validierungbefindliche Vollblut-Test, bei dem aufFreisetzung von Zytokinen untersuchtwird, behördlich akzeptiert ist und indie Arzneibücher aufgenommen wird. Inder Zwischenzeit sollte in allen Fällen, indenen der Pyrogenitätstest am Kanin-chen in den Monographien noch aus-drücklich erwähnt ist, überprüft werden,ob er nicht durch die Prüfung auf Bakte-rien-Endotoxine ersetzt werden kann,oder ob lediglich von den Herstellernkeine entsprechend validierten Daten fürden Ersatz vorgelegt worden sind. Eswäre wünschenswert, wenn sich dieArzneibuchkommissionen aktiv in sol-che Überlegungen einschalten könnten.Nach der nun abgeschlossenen Validie-

rung des humanen Vollbluttests muss dieAkzeptanz für diese Methode bei allenZulassungsbehörden und weltweit dieAufnahme in die Arzneibücher erreichtwerden; im Gegenzug kann dannderPyrogenitätstest am Kaninchen gestrichenwerden.

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KorrespondenzadresseProf. Dr. Gisbert Sponerc/o Stiftung zur Förderung derErforschung von Ersatz- undErgänzungsmethoden zurEinschränkung von TierversuchenKaiserstr. 60D-55116 MainzTel.: +49-6201-74259Fax: +49-6201-477481