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314 | Pharm. Unserer Zeit | 34. Jahrgang 2005 | Nr. 4 DOI:10.1002/pauz.200500131 © 2005 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Effektive und nebenwirkungsarme Therapie Topische Calcineurin-Inhibitoren in der Dermatologie U LRICH HENGGE | T HOMAS RUZICKA Epidemiologie des atopischen Ekzems Das atopische Ekzem (AE) ist eine häufige, 3 bis 5 % der in- dustrialisierten Bevölkerung betreffende, stark juckende, entzündliche Hauterkrankung mit chronisch-rezidivieren- dem Verlauf. Die Prävalenz des AE ist in den letzten zwei bis drei Dekaden stark angestiegen (Abb. 1). Die Lebens- zeitprävalenz in Europa wird gegenwärtig mit 5 bis 20 % be- ziffert [1]. Die Erkrankung ist häufiger bei Kindern und Ju- Für mehr als fünf Dekaden waren topische Corticosteroide und rückfettende Externa die hauptsächlichen Therapeutika des atopischen Ekzems. Aufgrund der Chronizität der Erkran- kung kam es bei längerfristiger Anwendung topischer Corti- costeroide zu Nebenwirkungen an der Haut. Wegen des un- terschiedlichen Wirkmechanismus der Calcineurin-Inhibitoren stellen Tacrolimus-Salbe und Pimecrolimus-Creme hautselek- tive Therapeutika dar, die die wesentlichen Faktoren der Pathogenese des atopischen Ekzems günstig beeinflussen. gendlichen und manifestiert sich in 70 % der Fälle vor dem 5. Lebensjahr. Der klassische Verlauf sieht vor, dass etwa ein Drittel der Patienten bis zum Erwachsenenalter die Symp- tome verlieren, bei einem Drittel die Symptome bis in das Erwachsenenalter persistieren und bei einem Drittel die Symptome des AE erst im Erwachsenenalter auftreten. Auf- grund des Juckreizes sind die Patienten in ihrer Lebens- qualität stark eingeschränkt (Schlafdefizit, Superinfektion aufgrund der wund gekratzten Haut). Hinzu kommt die so- ziale Stigmatisierung in der Schule, in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz. Darüber hinaus stellt die Erkrankung des AE eine hohe Belastung der Volkswirtschaft dar [2]. Obwohl die genaue Ätiologie des AE unklar bleibt, wird in der Pathogenese von einer Kombination unbekannter ge- netischer Faktoren sowie der Interaktion zwischen der Um- welt und dem Immunsystem ausgegangen. Die immunolo- gischen Veränderungen und die verstärkte T-Zellaktivierung mit den entsprechend sezernierten inflammatorischen Zy- tokinen spielen hierbei eine wesentliche Rolle. ABB. 1 PRÄVALENZ DES ATOPISCHEN EKZEMS IN GROßBRITANNIEN 25 15 20 10 5 0 Prävalenz [% der Bevöl- kerung] Gezeigt sind die Geburtsjahre der betroffenen Kinder. Nach [3]. ABB. 2 REALISIERUNGSFAKTOREN DES ATOPISCHEN EKZEMS exogen: Veranlagung endogen 70 % Reizstoffe Umwelt- allergene Trockene Haut Klima Kratzen Viren Pilze Nahrungs- mittel Stress Bakterien Please note: corrected DOI, in print wrong DOI!

Topische Calcineurin-Inhibitoren in der Dermatologie: Effektive und nebenwirkungsarme Therapie

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314 | Pharm. Unserer Zeit | 34. Jahrgang 2005 | Nr. 4 DOI:10.1002/pauz.200500131 © 2005 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Effektive und nebenwirkungsarme Therapie

Topische Calcineurin-Inhibitorenin der DermatologieULRICH HENGGE | THOMAS RUZICKA

Epidemiologie des atopischen EkzemsDas atopische Ekzem (AE) ist eine häufige, 3 bis 5 % der in-dustrialisierten Bevölkerung betreffende, stark juckende,entzündliche Hauterkrankung mit chronisch-rezidivieren-dem Verlauf. Die Prävalenz des AE ist in den letzten zweibis drei Dekaden stark angestiegen (Abb. 1). Die Lebens-zeitprävalenz in Europa wird gegenwärtig mit 5 bis 20 % be-ziffert [1]. Die Erkrankung ist häufiger bei Kindern und Ju-

Für mehr als fünf Dekaden waren topische Corticosteroideund rückfettende Externa die hauptsächlichen Therapeutikades atopischen Ekzems. Aufgrund der Chronizität der Erkran-kung kam es bei längerfristiger Anwendung topischer Corti-costeroide zu Nebenwirkungen an der Haut. Wegen des un-terschiedlichen Wirkmechanismus der Calcineurin-Inhibitorenstellen Tacrolimus-Salbe und Pimecrolimus-Creme hautselek-tive Therapeutika dar, die die wesentlichen Faktoren der Pathogenese des atopischen Ekzems günstig beeinflussen.

gendlichen und manifestiert sich in 70 % der Fälle vor dem5. Lebensjahr. Der klassische Verlauf sieht vor, dass etwa einDrittel der Patienten bis zum Erwachsenenalter die Symp-tome verlieren, bei einem Drittel die Symptome bis in dasErwachsenenalter persistieren und bei einem Drittel dieSymptome des AE erst im Erwachsenenalter auftreten. Auf-grund des Juckreizes sind die Patienten in ihrer Lebens-qualität stark eingeschränkt (Schlafdefizit, Superinfektionaufgrund der wund gekratzten Haut). Hinzu kommt die so-ziale Stigmatisierung in der Schule, in der Gesellschaft undam Arbeitsplatz. Darüber hinaus stellt die Erkrankung desAE eine hohe Belastung der Volkswirtschaft dar [2].

Obwohl die genaue Ätiologie des AE unklar bleibt, wirdin der Pathogenese von einer Kombination unbekannter ge-netischer Faktoren sowie der Interaktion zwischen der Um-welt und dem Immunsystem ausgegangen. Die immunolo-gischen Veränderungen und die verstärkte T-Zellaktivierungmit den entsprechend sezernierten inflammatorischen Zy-tokinen spielen hierbei eine wesentliche Rolle.

A B B . 1 PR Ä VA L E N Z D E S ATO PI S C H E N E K Z E M S

I N G RO ß B R I TA N N I E N

25

15

20

10

5

0

Prävalenz[% der Bevöl-

kerung]

Gezeigt sind dieGeburtsjahre derbetroffenen Kinder. Nach [3].

A B B . 2 R E A L I S I E R U N G S FA K TO R E N D E S

ATO PI S C H E N E K Z E M S

exogen:

Veranlagung

endogen 70 %

Reizstoffe

Umwelt-allergene

TrockeneHaut

Klima

Kratzen

VirenPilze

Nahrungs-mittel

Stress

Bakterien

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Nr. 4 | 34. Jahrgang 2005 | Pharm. Unserer Zeit | 315

T O P I S C H E C A L C I N E U R I N - I N H I B I T O R E N | K L I N I K

Atopische ErkrankungsformenDas AE ist als Erkrankung des so genannten atopischen For-menkreises mit allergischer Rhinitis oder Asthma bronchialevergesellschaftet. Häufig kommt es im jugendlichen/frühenErwachsenenalter zum Etagenwechsel von der allergischenRhinitis („Heuschnupfen“) zum Asthma bronchiale. Derätiologisch verwandte Begriff „atopischer Marsch“ bezeich-net hierbei das konsekutive Auftreten verschiedener Erkran-kungen; z.B. nach Abklingen der Beschwerden des AE dasAuftreten von Asthma und allergischer Rhinitis. Gegenwär-tig gibt es Hinweise zur Annahme, dass der „atopischeMarsch“ durch eine frühe und intensive Behandlung deratopischen Dermatitis abgemildert oder sogar verhindertwerden kann [3].

Die Ursachen und Auslösefaktoren der Neurodermitis(Genetik, Psyche, Umwelt) sind sehr komplex und multi-faktoriell (Abb. 2). Ein wichtiger Faktor ist die Erblichkeit(genetische Disposition), wichtige äußere Faktoren sindUmwelteinflüsse wie Klima oder Erreger von Infekten. In-nere Faktoren sind persönlicher, psychischer und emotio-naler Natur, betreffen aber auch die verminderte zelluläreImmunität und das veränderte Neurovegetativum. Die Häu-figkeit von Nahrungsmittelallergien bei Neurodermitikernliegt bei 33 %. Häufige Nahrungsmittelallergene sind Kuh-milch, Hühnerei, Weizenprodukte, Sojaprodukte, Erdnüsse(USA), Fisch und evtl. Zitrusfrüchte. Stark überschätzt wer-den Süßigkeiten, Farbstoffe und Konservierungsmittel. Ei-ne gewisse Rolle spielen Hautallergene wie Thiomersal,Nickel, Quecksilber, Kobaltchlorid und Duftstoffe.

Neben den Standbeinen einer multimodalen Ekzem-The-rapie (siehe Infokasten) stellen die neuen Calcineurin-Inhi-bitoren (TCI) eine wesentliche Bereicherung dar [4, 5]. Diesesteroidfreien TCI sind eine neue Klasse von topisch anzu-wendenden Medikamenten. Zwei Mitglieder dieser Klassesind zugelassen: Tacrolimus-Salbe (Protopic® 0,03 % und 0,1 %)und Pimecrolimus-Creme (Elidel® 1 % und Douglan® 1 %).

WirkmechanismusTacrolimus und Pimecrolimus sind strukturell verwandteMakrolidlactone mit immunmodulatorischen Eigenschaften.

Tacrolimus ist ein natürliches Produkt des pilzähnlichenBakteriums Streptomyces tsukubaensis, während Pime-crolimus ein chemisch modifiziertes Derivat des Ascomy-cins ist, das von S. hygroscopicus var. ascomyceticus pro-duziert wird.

Der Wirkmechanismus ist selektiver als derjenige vonCorticosteroiden (Abb. 3). TCI inhibieren spezifisch we-sentliche immunologische Mechanismen mit Bedeutung fürdie Pathogenese des AE. Sie wirken primär auf aktivierte T-Zellen in der befallenen Haut. Tacrolimus und Pimecrolimusblockieren die T-Zellaktivierung, indem sie im Zytosol an dasFK-506-bindende Protein (FKBP)-12 binden, um mit diesemeinen Komplex zu bilden, der das Enzym Calcineurin inhi-biert. Dies verhindert die Aktivierung des nukleären FaktorsNFAT und blockiert dadurch die Transkription des T-Zellzy-tokins Interleukin (IL)-2. Hieraus resultiert eine Blockadeder T-Zellaktivierung und -proliferation sowie sekundär ei-ne Inhibition weiterer Zytokine. Tacrolimus hat in vitro ei-ne dreifach höhere Affinität für FKBP-12, was im Vergleichzu Pimecrolimus dessen größere In-vivo-Effektivität erklärt.

Darüber hinaus haben In-vitro-Studien gezeigt, dassTacrolimus die Zytokinproduktion aus Eosinophilen, Mast-zellen und Basophilen sowie die Kapazität von Langerhans-Zellen zur Aktivierung von T-Zellen reduziert [6-10]. In mitTacrolimus behandelten Hautarealen findet sich eine Re-duktion der läsionalen dendritischen epidermalen Zellensowie eine Reduktion der Expression des Hochaffinitäts-IgE-Rezeptors Fce-RI auf inflammatorischen dendritischenepidermalen Zellen und Langerhans-Zellen [9]. Pimecroli-mus reduziert auch die Zytokinfreisetzung von Mastzellenund hat in muriner Epidermis keine Auswirkungen auf dieLangerhans-Zellen [10].

Hautselektivität der TCIIdealerweise sollten topische Agenzien für die Behandlungdes AE das Stratum corneum penetrieren und in der Epider-mis und Dermis in therapeutisch ausreichenden Konzentra-tionen vorhanden sein, ohne in die Blutbahn zu gelangen.

M U LT I M O DA L E E K Z E M -T H E R A PI E |Allergologisches ManagementAntipruriginöse TherapieAntibakterielle TherapieAntiinflammatorische Therapie∑ für leichte und mittelschwere Formen:

� topische Glucocorticoide� UV-Licht (UVA, UVB 311 nm)

∑ für schwere Formen:� UV-Licht (Hochdosis-UVA1, PUVA)� Systemische Therapie (Glucocorticoide, Cyclosporin A,

Mycophenolat mofetil)Psychosoziale Betreuung und Schulung

IL-2, TNF,IL-4/6

Mastzelle,Basophile

APZ T-Zelle

Tacrolimus,Pimecrolimus

IL-13Zytokine

Mediatoren

Eosinophile

A B B . 3 TCI reduzieren das proinflammatorische Milieu.TNF: Tumornekrosefaktor; IL: Interleukin; APC: Antigen-präsentierende Zelle.

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Das Molekulargewicht und die Lipophilität sind für die Ab-sorption und Penetration entscheidende Faktoren. TCI sindlipophiler als Corticosteroide und besitzen folgende Mole-kulargewichte: Tacrolimus 822 Da, Pimecrolimus 810 Da.Die intakte Epidermis hat eine Barrierefunktion für Mo-leküle > 800 Da. Die im Rahmen des AE gestörte epidermaleBarriere wird von Tacrolimus und Pimecrolimus über-wunden. Im Rahmen der Reduktion der Entzündung kommtes zu einer Wiederherstellung der epidermalen Barriere,was die weitere Penetration der TCI erschwert. DieserMechanismus limitiert eine Überdosierung.

Klinische EvidenzTacrolimus

Tacrolimus-Salbe wurde für die Therapie des mittelschwe-ren und schweren AE zugelassen. Es entspricht der Stärkepotenter topischer Corticosteroide. In vier Vehikel-kontrol-lierten, dreiwöchigen Phase-III-Studien an erwachsenen undminderjährigen Patienten mit AE in den USA und Europa

wurde die Wirkung demonstriert. Signifikante Verbesse-rungen des Erythems, der Exkoriation, der Lichenifikation,des Ödems, des Nässens, der Schuppung und des Juckrei-zes wurden auch in einer weiteren Studie mit Tacrolimusbei Kindern über zwei Jahre gefunden (Abb. 4). Die Neben-wirkungen umfassten Brennen, grippale Symptome undKopfschmerzen, jedoch wurde eine Hautatrophie nicht ver-zeichnet. Die Behandlung mit Tacrolimus führte zu einerdeutlichen Verbesserung der Lebensqualität.

PimecrolimusTopisch applizierte 1 % Pimecrolimus-Creme wurde für dieKurzzeittherapie sowie die intermittierende Langzeitthera-pie des leichten bis mittelschweren AE im Alter ≥ 2 Jahrezugelassen, die schlecht auf konventionelle Therapie ange-sprochen haben oder bei denen die herkömmliche Thera-pie mit Nebenwirkungen einhergeht. Die Wirksamkeit imRahmen der Behandlung des AE wurde in acht randomi-sierten, doppelblinden, Vehikel-kontrollierten Studien anErwachsenen, Kindern und Kleinkindern gezeigt (Abb. 5).Bei deutlich schwächerer Wirkung als potente Cortico-steroide zeigte sich nach längerfristigem intermittierendemEinsatz von topischem Pimecrolimus eine Verringerung derInzidenz ekzematöser Exazerbationen, was einen Vorteilder TCI gegenüber den Corticoiden darstellt. 60 % der überein Jahr mit Pimecrolimus behandelten Kinder gegenüber35 % der mit Vehikel behandelten Kinder wiesen in den ers-ten sechs Monaten der Behandlung keine Ekzemschübe auf. Gegenwärtig werden weitere Studien durchgeführt, umden Effekt der Verlängerung des „schubfreien Intervalls“ zubestätigen (Abb. 6).

Unerwünschte Wirkungen undGegenanzeigen

Bei Anwendung von topischem Tacrolimus und Pime-crolimus sind keine klinisch relevanten systemischen un-erwünschten Wirkungen bekannt. Unter TCI treten keineHautatrophie und keine nachteilige Beeinflussung des Er-folgs der Kinderschutzimpfungen auf. Hautbrennen undJuckreiz sind die häufigsten Nebenwirkungen. Diese sindvorübergehend und treten während der ersten 3 bis 4 Ta-ge nach Beginn der Therapie bei bis zu 50 % der Patienten

unter Tacrolimus auf. Hierübersind die Patienten aufzuklären, umeinen Therapieabbruch zu verhin-dern. Das Hautbrennen bei Be-handlung mit Tacrolimus ist bei Er-wachsenen generell häufiger alsbei Kindern. Unter der Therapiemit Pimecrolimus tritt dieses Bren-nen in 10 bis maximal 20 % auf. Alsmögliche Erklärung wird die Frei-setzung von Neuropeptiden (z.B.Substanz P) postuliert. Erythemetreten in weniger als 10 % der Pa-tienten auf. Ein Gesichts-Flush in

A B B . 4 Abheilung des atopischen Ekzems mit Tacrolimus-Salbe 0,1 %. Links: vorder Behandlung, rechts: nach vierwöchiger Therapie.

A B B . 5 Abheilung des atopischen Ekzems mit Pimecrolimus-Creme. Links: vor der Behandlung, rechts: nach zweiwöchiger Therapie. (Fotos wurden freundlicherweise von Dr. D. Thaci zur Verfügung gestellt)

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Zusammenhang mit Alkoholgenuss ist eine weitere typi-sche, aber relativ seltene Nebenwirkung der Behandlungmit TCI. Hautinfektionen (Follikulitis, Akne) traten in ver-schiedenen Studien nicht über die Kontrolle gehäuft auf[11]. Einige Untersuchungen zeigten jedoch eine grenz-wertig erhöhte Inzidenz viraler Infektionen. Letztendlichist bei der jetzigen Datenlage ein abschließendes Urteil zurLangzeitsicherheit der neuen TCI noch nicht möglich. Aus-wirkungen auf die zelluläre Immunität (Stimulation vonLymphozyten mit Recall-Antigenen) lassen sich nicht nach-weisen. Mit der klinischen Verbesserung des AE sinkt dasRisiko für die Staphylococcus aureus-Infektion der Haut[12, 13]. Untersuchungen zur Langzeit-Sicherheit der Tacro-limus-Behandlung zeigten über einen Vierjahres-Zeitraumein sehr gutes Verträglichkeitsprofil bei Kindern und Er-wachsenen [14, 15]. Zur Behandlung in der Schwanger-schaft liegen keine sicheren Daten vor.

Pharmakokinetische Studien wurden durchgeführt, umklinisch signifikante Blutspiegel nach systemischer Ab-sorption zu messen, die das Potenzial für unerwünschte Ne-benwirkungen haben. Hierbei fanden sich niedrige bis feh-lende Konzentrationen im Plasma (< 0,5 ng/mL) [16, 17].Außerdem fand sich nach wiederholter Applikation für biszu zwölf Monate keine Akkumulation [17, 18]. Auswirkun-gen auf die systemische Immunkompetenz fanden sichnicht. Die Inzidenz von Infektionen und von Hautkrebs stiegunter Therapie nicht an. Aufgrund eines FDA-Hearings am15. Februar 2005 wurde über einen möglichen Zusam-menhang der lokalen Immunsuppression bei Kindern unterTherapie mit TCI und der Entstehung maligner Neoplasienberaten.

Neueste Daten von der 61. American Academy of Der-matology zeigten keine gegenüber der gesunden Normal-bevölkerung erhöhte Inzidenz von nicht-melanozytäremHautkrebs oder von Lymphomen.

KarzinogenitätSystemische Immunsuppression ist ein bekannter Risiko-faktor für das gehäufte Auftreten von so genanntem „weißenHautkrebs“ (aktinische Präkanzerose, Morbus Bowen, Basal-zellkarzinom, Plattenepithelkarzinom). Dementsprechendkönnen TCI ein erhöhtes Risiko kutaner Malignome bein-halten. Präklinische Langzeit-Karzinogenitätsstudien mitTacrolimus und Pimecrolimus haben gezeigt, dass keinesder beiden Medikamente ein Karzinogen darstellt (Fujisawa

und Novartis, data on file). Die darüber hinaus durchge-führten Photokarzinogenitäts-Studien zeigten keine signifi-kanten Unterschiede zwischen Vehikel und Tacrolimus inder klinisch angewandten Dosierung. In klinischen Studienmit Tacrolimus wurde die Inzidenz von weißem Hautkrebsbei 9.813 Erwachsenen ≥ 40 Jahre untersucht [19]. Hierbeifand sich keine über das normale Maß der entsprechendenUS-Kontrollbevölkerung hinausgehende Inzidenz vonweißem Hautkrebs [20]. Jedoch sind auch hier Langzeitda-ten über mehrere Jahrzehnte zu fordern.

Kosteneffektivität der TCIDie finanzielle Bedeutung des AE für das Gesundheitswesenist immens, wobei neben Arbeitsausfall und Reha-Maßnah-men ein signifikanter Anteil des Geldes für die Therapieeingesetzt wird. In einer US-amerikanischen und britischenStudie wurde die Kosteneffektivität von Tacrolimus-Salbeund topischen Corticosteroiden in der Behandlung des mit-telschweren bis schweren AE untersucht [21]. Es konnte ge-zeigt werden, dass Tacrolimus mindestens so kosteneffektivwie Corticosteroide war. Die mittleren Kosten pro Tag mitkontrollierter Dermatitis betrugen 9,08 $ für zweiwöchent-liche Zyklen topischer Corticosteroide, 6,80 $ für einenVierwochenzyklus von Corticosteroiden bzw. 6,97 $ fürTacrolimus. Für Pimecrolimus liegen nur limitierte Daten zu

Start mit TCl

Start mit TCl

Stopp Stopp

1. Behandlung

2. Behandlung

Basispflege Basispflege

A B B . 6 | A KU T T H E R A PI E U N D S C H U B KO N T RO L L E M I T TC I

Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Firmen Novartis Pharma GmbH, Fujisawa Deutsch-land GmbH und 3M DeutschlandGmbH.

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diesem Thema vor [22]. In einem Vergleichstest für Tacroli-

mus und Pimecrolimus wurden die durchschnittlichen Ta-

geskosten für das kontrollierte AE mit 7,34 $ für Tacrolimus

und 11,34 $ für Pimecrolimus kalkuliert.

Fazit für die PraxisTrotz einiger Unterschiede in der Wirkpotenz und im Ne-

benwirkungsprofil scheinen Pimecrolimus und Tacrolimus

ähnliche Indikationen in der dermatologischen Therapie zu

haben. Bis zum Vorliegen von Vergleichsstudien kann gel-

ten, dass topisches Pimecrolimus bei der Behandlung des

leichten bis mittelschweren AE z.T. in Kombination mit

Corticosteroiden eingesetzt werden kann. Andererseits ist

die typische Indikation für topisches Tacrolimus sowohl bei

Kindern (0,03 % Salbe) als auch bei Erwachsenen (0,1 % Sal-

be) das mittelschwere bis schwere AE, und zwar typi-

scherweise ohne den gleichzeitigen Einsatz von Cortico-

steroiden. Beiden Substanzen ist gemeinsam, dass sie nicht

mit den typischen unerwünschten Wirkungen einer Corti-

coidtherapie – wie z.B. Hautatrophie, Depigmentierung,

Steroidakne, Teleangiektasien sowie einer Suppression der

Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse – einher-

gehen. Insbesondere können TCI auch in sensiblen Arealen

(z.B. Gesicht, periorbital, intertriginös) und ohne Begren-

zung der Behandlungsfläche eingesetzt werden. Es existie-

ren eine Reihe weiterer potenzieller Indikationen.

ZusammenfassungImmunsuppressive Calcineurin-Inhibitoren wurden vor kur-zem erfolgreich in die dermatologische Lokaltherapie einge-führt. Die beiden Wirksubstanzen Tacrolimus und Pimecroli-mus hemmen nach Bindung an Immunophiline wichtige Sig-nalwege in T-Zellen, Mastzellen und basophilen Granulozyten,was letztlich zur Hemmung der Synthese proentzündlicherTH1-Zytokine führt. Mit Einführung dieser neuen Medika-mentenklasse hat das Post-Cortisonzeitalter in der Therapieentzündlicher Hauterkrankungen (z.B. atopisches Ekzem) begonnen. Die vorhandenen und weitere topische Calcineurin-Inhibitoren werden in Ergänzung zu Corticosteroiden die spe-zifische dermatologische Therapie verbessern helfen. Lang-zeituntersuchungen müssen deren Verträglichkeit und Sicher-heitsprofil bei Erwachsenen und Kindern dokumentieren.

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[21] Ellis, C.N., Drake, L.A., Prendergast, M.M., Abramovits, W., Bogunie-wicz, M., Daniel, C.R., Lebwohl, M., Paller, A.S., Stevens, S.R., Whita-ker-Worth, D.L., Tong, K.B.: Cost-effectiveness analysis of tacroli-mus ointment versus high-potency topical corticosteroids in adultswith moderate to severe atopic dermatitis. J. Am. Acad. Dermatol.48 (2003), 553-563.

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Die Autoren:Prof. Dr. Ulrich Hengge (geb. 1963); 1984-1990 Stu-dium der Humanmedizin an der Universität Heidel-berg; 1990-1993 Ausbildung an der Klinik für Der-matologie des Universitätsklinikums Essen; 1994-1995 Klinische Spezialisierung, Walter-Reed ArmyHospital (Col. W. D. James MD) und National NavalHospital, Washington D.C und Bethesda, MD, USA;1996 Facharzt für Dermatologie und Oberarzt an derKlinik für Dermatologie, Venerologie, Allergologiedes Universitätsklinikums Essen; 1998 Habilitation(Dermatologie); seit 2002 C3-Stiftungsprofessur„Dermatologische Gen-/Immuntherapie“ der Hein-rich-Heine Universität Düsseldorf.

Prof. Dr. Dr. Thomas Ruzicka (geb. 1952); 1971-1977 Studium der Medizin an der Universität Düs-seldorf; 1978-1983 Weiterbildung zum Facharzt;seit 1982 tätig an der Dermatologischen Klinik undPoliklinik der Ludwig-Maximilians-Universität inMünchen; 1985 Habilitation (Dermatologie und Venerologie); seit 1987 Oberarzt; 1993 Übernahmedes Lehrstuhls für Dermatologie und Venerologieund Direktor der Hautklinik der Heinrich-Heine-Uni-versität Düsseldorf.

Anschrift:Prof. Dr. Ulrich Hengge, Prof. Dr. Dr. Thomas RuzickaUniversitätsklinikum DüsseldorfMoorenstr. 540225 Dü[email protected]@med.uni-duesseldorf.de

Page 7: Topische Calcineurin-Inhibitoren in der Dermatologie: Effektive und nebenwirkungsarme Therapie

320 | Pharm. Unserer Zeit | 34. Jahrgang 2005 | Nr. 4

TO PI S C H E C A LC I N E U R I N I N H I B I TO R E N | S TAT E M E N T

Black-boxed-Warnung der FDA zum Gebrauch topischer Calcineurininhibitoren

Vor einigen Jahren wurde die neue Klasse der sog. selektiven Calcineurininhibitoren (SCI), in die Dermatologie eingeführt. Die beidenPräparate Pimecrolimus (Douglan®, Elidel®) und Tacrolimus (Protopic®) wirken als selektive Inhibitoren der Calcineurinphosphataseund werden aus biologischen Vorläufern isoliert. Protopic® wurde im Dezember 2000 und Elidel® im Dezember 2001 zugelassen.

In der zugelassenen Indikation des atopischen Ekzems (Neurodermitis) füllen diese neuen Medikamente eine Lücke im therapeuti-schen Armamentarium dieser chronisch-entzündlichen Dermatose. Gerade Patienten, die Nebenwirkungen einer langdauernden topischen Corticosteroidtherapie erfahren oder die aus anderen Gründen eine solche Therapie nicht wünschen, profitieren subjektivund objektiv von dieser innovativen Substanzklasse.

In den letzten Monaten traten Berichte zu Tage, in denen über das Auftreten von Neoplasien in Form von Lymphomen oder Haut-tumoren berichtet wurde. Insgesamt wurde über 20 Fälle von Lymphomen verschiedener histologischer Subtypen und das Auftretenvon 10 kutanen Tumoren berichtet. Daneben gibt es verschiedene Tierexperimente in drei unterschiedlichen Spezies, die unter extremen Bedingungen mit oraler Medikation in hoher Dosierung durchgeführt wurden, bei denen Lymphome beobachtet wurden.Demgegenüber wurden weltweit mehr als 40.000 Patienten mit beiden SCI in Studien und etwa 7 Millionen nach der Zulassungdurch Ärzte verschiedener Fachrichtungen behandelt. In diesen Studien konnten nach lokaler Anwendung von Pimecrolimus undTacrolimus nur bei wenigen Patienten und auch nur vorübergehend extrem niedrige Blutspiegel gemessen werden, welche umGrößenordnungen unter denen für eine Hemmung des systemischen Immunsystems erforderlichen Konzentrationen lagen. Ein ver-mehrtes Auftreten systemischer Infekte war genausowenig wie eine verminderte Immunantwort auf in der Kindheit durchgeführteImpfungen zu verzeichnen.

Während in den USA von der FDA nach einem Mitte Februar stattgefundenen Hearing eine sog. Black-boxed-Warnung (Hinweis aufdas potentielle Risiko für maligne Erkrankungen) diskutiert wurde, hat die für Europa zuständige EMEA eine andere Sichtweise zurSicherheit dieser beiden zur Beurteilung stehenden Produkte.

Die FDA empfiehlt nun, die SCI als „Second-line-Therapeutika“ für die Kurzzeit- und die intermittierende Langzeittherapie für Patien-ten mit atopischem Ekzem einzusetzen, die entweder ein schlechtes Ansprechen auf andere Therapeutika zeigten oder diese nicht tolerieren. Weiterhin empfiehlt die FDA, auf die Anwendung bei Kindern unter 2 Jahren zu verzichten. Bei Patienten mit kompromit-tiertem Immunsystem sollten diese Medikamente ebenfalls nicht angewandt werden. Die Europäische Zulassungsbehörde hat ihreMeinung diesbezüglich noch nicht endgültig gefasst. Die berichtführende Stelle in Dänemark hat sich nach bisherigen Informationender Sichtweise der FDA nicht angeschlossen.

Basierend auf der Datenlage haben verschiedene Fachgesellschaften und Expertenkomitees weltweit Bedenken gegen das Verhaltender FDA geäußert. Anlässlich der DDG-Tagung in Dresden hat auch die Deutsche Dermatologische Gesellschaft eine Stellungnahmeabgegeben. Hierin wird auf das Inzidenzrisiko für Lymphome 22/100.000, für nicht-melanozytären Hautkrebs 533/100.000 und fürMelanome 14/100.000 in der allgemeinen US-Bevölkerung verwiesen. Dementsprechend liegen die berichteten Fällen des Auftretensvon Neoplasien deutlich uunntteerr deren Spontaninzidenz. Außerdem entspricht das histologische Bild der Lymphome nicht demjenigen,das bei immunsupprimierten Patienten beobachtet wird.

Im Einklang mit der Stellungnahme der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft vom 23.04.2005 sehen wir keine wissenschaftlichfundierte Grundlage für eine solche Warnung. Unabhängig davon ist es ärztliche Pflicht, unerwünschte Wirkungen neuer Medika-mente zu melden, um der Ärzteschaft einen Überblick über die Sicherheit der zur Diskussion stehenden Substanzen zu geben. Erin-nert sei hier an die Euphorie über die PUVA-Therapie in den 70er und 80er Jahren, die nachweislich karzinogene Effekte nach 10 und20 Jahren auslöst. Letztendlich wird eine abschließende Sicherheitsbewertung dieser neuen, sehr effektiven Medikamentenklasse nur in entsprechendem zeitlichen Abstand rückwirkend zu erbringen sein. Entsprechende über 10 Jahre laufende Sicherheitsbeobach-tungen haben bereits begonnen. Bis dahin gilt es, das sicherste und effektivste Medikament für den gegebenen Betroffenen aus-zuwählen und sinnvoll einzusetzen.

Prof. Dr. Ulrich R. Hengge, Prof. Dr. Dr. h.c. Thomas Ruzicka

Weitere Informationen:

Stellungnahme der EMEAwww.novartis.de/blob?id=232

Stellungnahme der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft vom 23.04.05www.novartis.de/blob?id=235

Stellungnahme des Präsidenten der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) Prof. Dr. Dr. Johannes Ring, München (www.presseportal.de, 25.04.2005)American Academy of Dermatology (AAD)http://www.aad.org/public/news/newsreleases/fda_decision.htm

American College of Allergy, Asthma and Immunology (ACAAI) and American Academy of Allergy, Asthma and Immunology (AAAAI)http://www.acaai.org/NR/rdonlyres/32BE405B-3F3B-4B12-A3868E112D24485D/0/CalcineurinTaskForceFinalReport.pdf

Lindelof B, et al. PUVA and cancer: a large-scale epidemiological study. Lancet. 1991;338:91-3.